Antifaschismus und Antirassismus

Die „Poor People’s Campaign“ wird 50 – Das radikale Erbe des Dr. Martin Luther King, Jr.

Der Artikel erschien erstmals am 29.01.2018 und wir veröffentlichen heute die deutsche Übersetzung anlässlich des Todestages von Martin Luther King
von Eljeer Hawkins, Socialist Alternative (ISA in den USA)

Am 4. Dezember 1967 kündigten Dr. Martin Luther King, Jr. und die Southern Christian Leadership Conference (SCLC) eine neue Kampagne und einen breiten Marsch an, um die endemische Armut, die unzureichenden Wohnverhältnisse und die strukturelle Arbeitslosigkeit zu thematisieren, die inmitten des enormen wirtschaftlichen Aufschwungs in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg herrschten. Um die Bedeutung dieser Initiative zu verstehen, müssen wir uns die Dynamik des schwarzen Freiheitskampfes zu diesem Zeitpunkt und die Entwicklung von Dr. Kings Meinung in eine radikale Richtung anschauen.

Der Nachkriegsboom hatte widersprüchliche Auswirkungen. Er verbesserte die materiellen Bedingungen eines Teils der schwarzen Bevölkerung und steigerte ihre Zuversicht, zu kämpfen, und machte die Rassentrennung und den beißenden Rassismus noch unerträglicher. Gleichzeitig blieben große Gruppen in entsetzlicher Armut auf dem Land und in den Städten zurück. Das Selbstvertrauen zum Kämpfen wurde im Norden durch die Erfahrung hunderttausender schwarzer Arbeiter*innen in militanten industriellen Massengewerkschaften, die im Congress of Industrial Organizations (CIO) zusammengeschlossen waren, weiter gestärkt. Hinzu kam die Erfahrung schwarzer Soldat*innen im Zweiten Weltkrieg und in Korea, die entschlossen zurückkamen, sich nicht länger damit abzufinden, als Untermenschen behandelt zu werden. Diese ehemaligen Soldat*innen spielten eine Schlüsselrolle in der Frühphase der Bürgerrechtsbewegung.

Die Bürgerrechtsbewegung geht in den Norden

Nach den enormen Erfolgen der Bewegung im Süden eröffnete sich im Norden eine neue Phase des Kampfes, die andere Herausforderungen mit sich brachte. Die städtischen Aufstände in Watts, New York, Detroit und vielen anderen Städten Mitte bis Ende der 1960er Jahre waren der Höhepunkt des Versagens des Kapitalismus und des Liberalismus von Präsident Lyndon B. Johnson, die systemischen Probleme zu lösen. Probleme, denen eine junge Generation der Afroamerikaner*innen ausgesetzt war, die in den 1920er und 40er Jahren in den Norden ausgewandert waren, um der ländlichen Armut, der weißen Vorherrschaft, der Gewalt und Jim/Jane Crow (Bezeichnung für rassistische Gesetzgebung, Anm. d. Übers.) zu entkommen. Allein im Jahr 1967 gab es von Januar bis September 160 Aufstände.

Der Bericht der Kerner-Kommission (von Präsident Johnson eingesetzte Kommission zur Untersuchung der Ursachen der Aufstände des Sommers 1967, Anm. d. Übers.) sollte bestätigen, was viele in der schwarzen Freiheitsbewegung und der schwarzen Gemeinschaft wussten – dass die städtischen Aufstände nicht von militanten Unruhestifter*innen verursacht wurden, sondern von den Bedingungen des Rassismus, der bitteren Armut und der systemischen Vernachlässigung durch die US-Regierung.

Dr. Kings Reisen nach Watts in Los Angeles und in die schwarzen Gemeinden in den Städten des Nordens halfen ihm zu erkennen, dass ihre Kultur, ihre Führung und ihre städtische Situation ganz anders waren als die Bedingungen, mit denen die Schwarzen im Süden konfrontiert waren. Die afroamerikanische Community im Norden stellte Dr. Kings Taktik des gewaltlosen zivilen Ungehorsams in Frage. Dr. King und die Bewegung investierten Zeit, um die Bedingungen der schwarzen Arbeiter*innen und armen Menschen im Norden genau zu verstehen. So mieteten Dr. King und seine Familie eine Wohnung in der überwiegend schwarzen West Side von Chicago.

Die Black-Power-Bewegung wurde von den revolutionären Kämpfen in Afrika, Lateinamerika und der Karibik inspiriert. Einzelpersonen wie Robert F. Williams und Malcolm X und Organisationen wie die Black Panther Party, das Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC) und das Radical Action Movement entfachten eine weitreichende Diskussion über Selbstbestimmung, Selbstverteidigung, politische und wirtschaftliche Macht. Die Black-Power-Bewegung umfasste verschiedene politische Strömungen, die vom Sozialismus über den revolutionären Nationalismus bis hin zum Maoismus und schwarzen Kapitalismus reichten. Das forderte Dr. King heraus, sein Denken neu zu formulieren und brachte seine radikale Seite zum Vorschein.

Die frühere Phase und der Charakter der Bürgerrechtsbewegung war mit dem liberalen Flügel der Demokratischen Partei verbunden und wurde von einem gradualistischen Ansatz dominiert, der die brutalen Realitäten der weißen Vorherrschaft und des institutionellen Rassismus im Süden in den Vordergrund stellte. Das Ziel der Bewegung war es, die US-Regierung in Verlegenheit zu bringen und die rechtliche Gleichstellung, einschließlich des Wahlrechts im Süden, durchzusetzen.

King und der Vietnamkrieg

Um die Entwicklung der „Poor People's Campaign“ vollständig zu verstehen, muss man sich mit Dr. Kings „Beyond Vietnam: A Time to Break Silence“-Rede am 4. April 1967 in der Riverside-Kirche in Harlem, New York, beschäftigen. „Beyond Vietnam“ (Jenseits von Vietnam) war eine kraftvolle Anklage gegen den US-Imperialismus. Sie markierte einen Wendepunkt in Dr. Kings öffentlichem Wirken und in der Bürgerrechts- und Antikriegsbewegung. Es waren Ereignisse wie die Umleitung von einer halben Milliarde Dollar aus kommunalen Aktionsprogrammen für Kriegsausgaben in Vietnam sowie die zunehmende Zahl von Todesopfern unter US-Soldat*innen – insbesondere unter schwarzen Soldat*innen, die unverhältnismäßig häufig in Kampfeinheiten eingesetzt wurden –, die Dr. King veranlassten, öffentlich und mit Nachdruck aufzutreten. Von Januar bis November 1966 war fast ein Viertel der Opfer in der Armee Schwarze.

Die Themen der „Beyond Vietnam“-Rede, die von dem Historiker und Reverend Vincent Harding mitverfasst wurde, sollten sich auf die Verflechtung des nationalen und internationalen Kampfes für Freiheit und wirtschaftliche Gerechtigkeit beziehen. Dr. Kings Verwendung der Begriffe Imperialismus, Kolonialismus, Rassismus, Atomkrieg, Militarismus und Armut – er bezeichnete das Großkapital und die amerikanische Regierung als den größten Verursacher von Gewalt und als Unterstützer einiger der brutalsten Diktaturen der Welt – zeigte, dass er begonnen hatte, die Grundlagen des globalen Kapitalismus und seinen gewalttätigen Ausdruck, den Krieg, zu analysieren.

In einer Rede im Jahr 1966 erklärte Dr. King: „Wir haben es mit Klassenfragen zu tun. Etwas stimmt nicht mit dem Kapitalismus. Vielleicht muss sich Amerika in Richtung demokratischer Sozialismus bewegen.“ Sein Sozialismus war jedoch nicht in einer ernsthaften Klassen- und marxistischen Analyse des Kapitalismus verwurzelt, trotz der Lektüre der Werke von Marx. Dr. King war inspiriert vom frühen Christentum und einer egalitären Interpretation des christlichen Glaubens. Dr. Kings christlich-demokratischer Sozialismus wurde nie auf öffentlichen Veranstaltungen oder von der Kanzel aus artikuliert, sondern nur bei privaten Treffen der SCLC. Er war unerschütterlich in seinem Glauben an eine menschlichere und spirituelle Vision der Welt.

Die Geburt der „Poor People's Campaign“

Die Geburt der „Poor People's Campaign“ (Kampagne der Armen) wurzelte in einer Kritik des US-Kapitalismus, einschließlich der Opposition gegen Konsumgesellschaft, Imperialismus, Militarismus, Rassismus und strukturelle Armut. Dr. King sprach davon, die Bedürfnisse der Menschen vor die Profitmargen zu stellen und warf damit die Frage nach politischer und wirtschaftlicher Macht auf. Die „Poor People's Campaign“ entstand aus einer intensiven Debatte und Diskussion innerhalb der SCLC über ihre Ziele und Absichten im Kampf gegen die Armut und über die Ressourcen, die für ein solch großes Projekt benötigt wurden.

Die „Poor People's Campaign“ sollte schließlich zu einer Spaltung innerhalb der SCLC führen, da viele der führenden Aktivist*innen sich ausschließlich als Organisator*innen für Schwarze sahen, und nicht für die breitere Arbeiter*innenklasse und die Armen. Der Plan war, am 22. April 1968 einen riesigen Marsch zu organisieren, der in einem permanenten Zeltlager in Washington, D.C. namens „Resurrection City“ gipfelte, bis ihre Forderungen erfüllt waren. Der Titel des Zeltlagers war eine religiöse Anspielung auf die Auferstehung Christi und diente als Zeugnis für die Auferstehung der Menschen.

Die Forderungen umfassten eine Reihe von radikalen und weitreichenden Reformen:

  • 30 Milliarden Dollar jährliche Mittel für die Armutsbekämpfung [heute 213 Milliarden Dollar];

  • Verabschiedung der Vollbeschäftigung durch den Kongress;

  • Garantierter Jahreslohn;

  • Bau von 500.000 preisgünstigen Wohnungen zur Beseitigung der Slums;

  • Petition an die Regierung zur Verabschiedung einer Economic Bill of Rights.

King erwartete gewaltsame Konfrontationen mit der Bundesregierung und ihren Truppen in Washington, D.C. Historisch gesehen wäre dies nicht das erste Mal gewesen, dass ein Aufmarsch in der Hauptstadt der USA stattfinden würde. Im Jahr 1932 marschierten Veteranen nach Washington D.C. und forderten die Zahlung von Prämien, die ihnen für ihren Militärdienst im Ersten Weltkrieg versprochen worden waren, und wurden von Bundestruppen gewaltsam angegriffen.

Der Streik der Arbeiter*innen im Sanitärbereich von Memphis im Jahr 1968 war ein Beispiel für den Kampf um wirtschaftliche Gerechtigkeit. Die Arbeiter*innen forderten ein Ende der Armutslöhne und griffen damit Dr. Kings Frage auf: „Was nützt es einem Mann, an einem integrierten Mittagstisch essen zu können, wenn er nicht genug Geld hat, um sich einen Hamburger zu kaufen?“ Der Streik forderte die Kultur der Unterdrückung und Minderwertigkeit heraus, die die schwarzen Arbeiter*innen, die schwarze Arbeiter*innenklasse und die Armen von der Sklaverei bis zu Jim und Jane Crow täglich ertragen mussten. Dr. Kings Teilnahme am Streik war kein Zufall; sie war in den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zielen der „Poor People's Campaign“ verankert.

Dr. King verstand politisch die Bedeutung der Verbindung zwischen der Arbeiter*innenbewegung und der Bürgerrechtsbewegung. Die Industriellen und das Großkapital bekämpften sowohl die Arbeiter*innen- als auch die Bürgerrechtsbewegung, indem sie die Löhne niedrig hielten und Streiks für gewerkschaftliche Vertretung und bessere Arbeitsbedingungen gewaltsam angriffen. Die Kapitalist*innenklasse der USA und ihre politischen Vertreter*innen haben immer Rassismus und Sexismus benutzt, um die Arbeiter*innenklasse zu spalten und den schwarzen Massen, Immigrant*innen und Frauen Menschenrechte, wirtschaftliche Gerechtigkeit und sozialen Aufstieg zu verweigern.

Die „Poor People's Campaign“ sollte eine multiethnische Koalition von Organisationen und Einzelpersonen aus der Gruppe der Puertoricaner*innen, Latinx, Indigenen, Schwarzen, Weißen aus den Appalachen, der Arbeiter*innen, der Kirchen und der Armen zusammenbringen. Die Einbeziehung von alleinerziehenden Müttern, sozialhilfeabhängigen Haushalten und Organisationen wie der National Welfare Rights Organization (NWRO) würde sexistische Vorstellungen in der Bewegung herausfordern und Dr. King über die Probleme von Frauen und Familien, die von Sozialhilfe abhängig sind, aufklären. Dr. King und die Bewegung versuchten, einen Weg zu finden, das dreifache Übel von Armut, Rassismus und Krieg zu beenden. Dr. King begann, eine militantere Herangehensweise an zivilen Ungehorsam und Taktiken der direkten Aktion zu propagieren als die, die in der Südstaatenbewegung gegen Jim Crow verwendet wurde.

Ein Beispiel dafür waren die Proteste, Boykotte und Sit-ins vor Firmensitzen, die der organisatorische Arm der SCLC, die „Operation Breadbasket“, unter der Leitung des damals radikalen Jesse Jackson in Chicago durchführte. Dies waren die Anfänge einer kämpferischen Antwort auf die Armut, in deren Mittelpunkt die Forderung nach einer radikalen Umverteilung von Reichtum und Ressourcen stand.

Dr. King reiste als Organisator für den Marsch der „Poor People's Campaign“ im ganzen Land hin und her. Der erste von Dr. King angeführte Marsch in Memphis zur Unterstützung der Arbeiter*innen am 28. März 1968 endete in Gewalt, als Polizeiprovokateure, Mitglieder der Organisation „The Invaders“ und Jugendliche begannen, Fensterscheiben einzuschlagen und Eigentum zu zerstören. Da Dr. King immer erklärt hatte, er würde niemals einen gewalttätigen Marsch anführen, verließ er den Marsch.

Am 3. April 1968 kehrte Dr. King nach Memphis zurück, um einen weiteren Marsch zu organisieren und kämpfte gegen eine Verfügung der Stadtverwaltung und des Großkapitals. An diesem Abend hielt er seine letzte Rede, „I've Been to the Mountaintop“, eine Rede, die er schon einmal gehalten hatte. Diese Version war jedoch von einer unheimlichen Stimmung erfüllt. Dr. Kings politischer Werdegang führte zu einer Zunahme der täglichen Morddrohungen und einer intensiven Überwachung durch das FBI. Dr. King war eine zunehmende Bedrohung für den US-Imperialismus im In- und Ausland. Am 4. April um 18:01 Uhr auf dem Balkon des Lorraine Motels wurde das Leben und die Mission eines Revolutionärs mit einem einzigen Schuss beendet.

Der Maultierzug nach Resurrection City

Die öffentliche Ermordung von Dr. Martin Luther King, Jr. war ein gewaltiger Tiefschlag für die Bewegung gegen Rassismus, Kapitalismus und Krieg. Der neue Marsch auf Washington verlor seinen wichtigsten Wortführer, dessen neue Richtung eine neue Phase der Freiheitsbewegung hätte einleiten können – die Vereinigung der arbeitenden und armen Menschen unabhängig von Hautfarbe, Glaubensrichtung und Nationalität. Im ganzen Land explodierten die schwarzen Gemeinden in berechtigter Empörung über Dr. Kings Tod. Die „Poor People's Campaign“ wurde unter der Führung von Dr. Kings engem Freund und Mitarbeiter, Rev. Ralph Abernathy, weitergeführt. Der Marsch auf Washington D.C. wurde auf den 12. Mai 1968 verschoben.

Die Kampagne begann in Marks, Mississippi, in einer der ärmsten Regionen des Landes, die Dr. King zweimal aufgesucht hatte. Mehrere Karawanen von Armen, die von verschiedenen Punkten des Landes aus starteten, sollten in Washington D.C. zu der von Coretta Scott King, Dr. Kings Witwe, angeführten Kundgebung zusammenkommen und danach sollte die Zeltstadt „Resurrection City“ errichtet werden.

Die Shanty-Stadt sollte an die Bedingungen der Armen unter dem US-Kapitalismus und Rassismus erinnern. Die nächste Phase der Kampagne zielte auf eine massenhafte Störung des Alltagsgeschäfts der staatlichen Institutionen ab. Die Demonstrant*innen würden sich in gewaltlosem zivilen Ungehorsam engagieren, der Verhaftungen provozieren sollte. Die zweite Phase würde zu einem landesweiten Boykott von Betrieben und Einkaufszentren in Großstädten führen, mit dem erklärten Ziel, Druck auf die Anführer*innen der Wirtschaft auszuüben, um den Kongress zu zwingen, die Fünf-Punkte-Forderungen der „Poor People's Campaign“ zu akzeptieren.

Auf dem Höhepunkt der „Poor People's Campaign“ gab es 7.000 Teilnehmende, was unter den geschätzten 50.000 lag. Schlechte Wetterbedingungen, Angriffe der Medien, Politiker*innen und organisatorische Querelen führten zum Untergang dieser mächtigen Initiative. „Resurrection City“ würde offiziell am 19. Juni 1968 enden, heimgesucht von Gewalt in der Zeltstadt und Provokationen der Strafverfolgungsbehörden.

50 Jahre später: Ein neues goldenes Zeitalter

Fünfzig Jahre nachdem Dr. King versuchte, eine Massenkampagne der Armen zu starten, ist die Realität der Ungleichheit in den USA und der Welt noch extremer. Fünf Milliardär*innen besitzen mehr Vermögen als die untere Hälfte der Weltbevölkerung, das sind 3,8 Milliarden Menschen. Oxfam hat gerade berichtet, dass 82% des im letzten Jahr erwirtschafteten Geldes an die reichsten 1% der Welt gingen. Wir leben wirklich in einem neuen goldenen Zeitalter, in dem der Reichtum und die Ressourcen der Welt in so wenigen Händen gehalten werden.

Vor kurzem hat der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für extreme Armut und Menschenrechte einen Bericht veröffentlicht, nachdem er durch die Vereinigten Staaten gereist war. Der Bericht hob das tiefe Ausmaß der Einkommensungleichheit, der Armut und der beklagenswerten Bedingungen in der reichsten Nation der Menschheitsgeschichte hervor.

In den letzten Jahren hat Black Lives Matter (BLM) schwarzen Arbeiter*innen, Jugendlichen und den am meisten Unterdrückten ein kraftvolles Beispiel für den sozialen Kampf gegen die Gewalt der Strafverfolgungsbehörden gegeben. Aber BLM hat sich schwer getan, sich wirklich in der schwarzen Arbeiter*innenklasse zu verwurzeln und eine anhaltende Bewegung um ein Programm herum aufzubauen, das die Bedürfnisse der Arbeiter*innen und Armen anspricht. Hinzu kommt, dass Trump und der rassistische Justizminister Jeff Sessions in die Offensive gegen die BLM-Bewegung und den Aktivismus gegangen sind. BLM steht heute an einem Scheideweg.

Rev. Liz Theoharis und Rev. Dr. William J. Barber II – die den NAACP Ortsverband in North Carolina und die Moral-Monday-Bewegung leiteten – haben zu einer 2018er Version der „Poor People's Campaign“ aufgerufen. Diese Initiative kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt, da die Republikaner versuchen, eine Tagesordnung umzusetzen, die sich direkt gegen die Armen, People of Color, Immigrant*innen und die breitere Arbeiter*innenklasse richtet.

Es ist schwer zu sagen, ob die neue „Poor People's Campaign“ wirklich durchstarten wird, aber ihre Organisator*innen gehen in die richtige Richtung – in Richtung der Notwendigkeit einer neuen multiethnischen Bewegung der arbeitenden Menschen, der Armen und der am meisten Unterdrückten. Bernie Sanders' Kampagne im Jahr 2016 hat auch die Notwendigkeit einer massiven Umverteilung der gesellschaftlichen Ressourcen zur Beendigung der Armut angesprochen. Aber wir werden noch weiter gehen und eine neue politische Partei schaffen müssen, die sich an den Interessen der arbeitenden Menschen und der Armen orientiert und die das gesamte kapitalistische Establishment herausfordern kann, das am Entstehen der Bedingungen, die wir heute sehen, mitschuldig ist. Wie Dr. King kraftvoll ausrief: „Unterdrückte Menschen können nicht ewig unterdrückt bleiben.“

Gewerkschaftliche Offensive als Alternative zu Corona-Leugner*innen und Regierung

Der nationale Schulterschluss der Gewerkschaftsführung mit der Regierung hilft weder gegen Leugner*innen und Rechtsextreme noch gegen Corona.
Sonja Grusch

Widerstand regt sich - aber wo bleibt der ÖGB?

Die Infektionszahlen bleiben hoch, die Übersterblichkeit ist Ausdruck des Versagens der Herrschenden. Arbeitslosigkeit, Zukunftsangst und damit einhergehend psychische Erkrankungen erreichen traurige Höchstwerte. Monatelange Lockdowns sowie mangelhafte oder sogar falsche Informationen durch die Regierung und dazu noch das Impfchaos - all das macht unsicher und wütend. Doch nichts davon musste so kommen! Im Gegenteil ist die aktuelle Situation weder “gottgegeben” noch “natürlich” oder “unvermeidbar”: sie ist das Ergebnis einer Politik, für die “die Wirtschaft” im Zentrum steht und Menschen nur das nötige Anhängsel sind. Die aktuellen Engpässe im Gesundheitswesen hätten vermieden werden können. Langfristig, indem der Kürzungswahnsinn z.B. im Gesundheitswesen schon vor Jahren gestoppt und umgekehrt hätte werden müssen. Aber auch kurzfristig, in den rund 12 Monaten seit Ausbruch der Pandemie, hätte mit den entsprechenden Maßnahmen die gesundheitliche, soziale, psychische und ökologische Katastrophe verhindert werden können. Und grundsätzlich: wenn nämlich nicht Profite, sondern Menschen im Zentrum stehen - doch das ist im Kapitalismus nicht vorgesehen und nicht möglich.

Von einer Regierung der Reichen und Kapitalist*innen war nicht zu erwarten, die notwendigen Maßnahmen zu setzen, hätte das doch bedeutet, Geld von oben nach unten umzuverteilen und die Politik an gänzlich neuen Parametern auszurichten. Doch es gibt ja nicht nur die Regierung, sondern eine Organisation mit über einer Million Mitglieder, die den Anspruch hat, die Interessen der Beschäftigten und ihrer Familien, die Arbeiter*innenklasse, zu vertreten. Die Rede ist vom ÖGB sowie den Fachgewerkschaften. Dieser ist Teil diverser Verhandlungen und kreidet auch einige der aktuellen Missstände an. Doch wir wollen hier ein paar zentrale Punkte aufzeigen, die nötig gewesen wären - und immer noch sind - um die Corona-Krise wirklich zu bekämpfen. Wir können hier nur einige Punkte anführen, weit mehr haben wir in zahlreichen anderen Artikeln zum Thema erarbeitet:

Schutz der Menschen, nicht der Profite

Die Maßnahmen der Regierung waren und sind halbherzig. Während wir private Kontakte einschränken sollen, werden bei den Öffis die Intervalle reduziert, was dazu führt, dass die Unzähligen, die nach wie vor in die Arbeit oder zur Schule fahren müssen, in vollen Bussen, Straßenbahnen und Zügen stecken. Unternehmen bleiben offen und in vielen Betrieben wird dicht an dicht gearbeitet. Wäre es in der ersten Welle zur Schließung von nicht systemrelevanten Unternehmen wie z.B. den Waffenproduzenten Glock bei Jobgarantie und voller Bezahlung der Beschäftigten gekommen, hätte eine weitere Ausbreitung vielleicht überhaupt gestoppt werden können. Doch je länger die Pandemie andauert um so weniger ist das komplette Runterfahren der Wirtschaft eine Option - auch weil die meisten Beschäftigten froh sind, überhaupt noch einen Job zu haben. Nun brauchen wir einen Überblick, Koordination, Umstellung und Planung der gesamten Wirtschaft: was ist sinnvoll und soll weiter produziert werden? Wo kann Produktion umgestellt werden? Welche Sicherheitsmaßnahmen können gesetzt werden Und wo kann die Arbeitszeit bei vollem Bezug gekürzt werden. Eine solche Planung kann nicht “Expert*innen” von außen überlassen werden sondern muss von Beschäftigten selbst gemeinsam mit Vertreter*innen von Gesellschaft und Arbeiter*innenklasse erfolgen. Wofür hätte die Gewerkschaft stattdessen einen Kampf organisieren müssen:

  • Das Recht, bei vollem Bezug bei den Kindern zuhause bleiben zu können.

  • Zentrale Planung für gestaffelte Anfangszeiten in Firmen und Schulen, mehr Ressourcen für die Öffis und Nulltarif.

  • Umfassende Schutzmaßnahmen, inklusive ausreichender Pausen für alle Beschäftigten, erarbeitet von Sicherheitsteams aus Kolleg*innen vor Ort die die Situation am besten kennen. Überwachung dieser Maßnahmen durch Beschäftigte, Betriebsrät*innen, zusätzliche Kräfte bei den Arbeitsinspektoraten, AK und Gewerkschaft. Voller Schutz für Beschäftigte, die Missstände aufzeigen, vor Schikanen durch die Firmen.

  • Ein gesamtgesellschaftlicher Plan, erarbeitet durch Gewerkschaften, Betriebsräte und Beschäftigte zur Kontrolle, wie Wirtschaft und Produktion im Interesse von Gesundheit und Erhalt von Arbeitsplätzen organisiert werden können. 

Insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen waren die Bedingungen schon vor Corona mehr als Mangelhaft: zu wenig Personal, zu wenig Ressourcen, zu wenig Zeit. Viele Beschäftigte im Gesundheitswesen fühlen sich zu recht verarscht, wenn ihnen als “Held*innen” auf die Schulter geklopft wird, dann aber kein zusätzliches Personal angestellt wird. Die Überlastung des Gesundheitswesens hat nicht erst mit Corona begonnen sondern ist das Ergebnis von Jahrzehnten von Kürzungen und Sparmaßnahmen. Im Bildungswesen ignoriert die Gewerkschaft das Sicherheitsbedürfnis der Beschäftigten weitgehend und argumentiert für “Öffnung”, ohne sich um den gesundheitlichen Schutz von Beschäftigten, Schüler*innen und ihren Angehörigen zu kümmern. Dabei geht es nicht um “die Kinder”, wie gerne behauptet wird, sondern die Schule wird im wesentlichen als Aufbewahrungseinheit für Kinder gebraucht, damit die Eltern arbeiten können. In diesem Bereich wird besonders deutlich, dass die Gewerkschaft, als Folge ihres staatstragenden Agierens, weit hinter den Notwendigkeiten zurück bleibt. Anstatt die breite Solidarität und Wertschätzung mit den Beschäftigten in den “systemrelevanten” Bereichen zu nutzen um durch breite Kampagnen endlich notwendige Verbesserungen durchzusetzen, beschränkt sich die Gewerkschaft im großen und ganzen auf Presseaussendungen. Wofür hätte die Gewerkschaft stattdessen einen Kampf organisieren müssen:

  • Corona-Zulage pro Monat erschwerter Arbeit unter Corona-Bedingungen, ohne Schlupflöcher für die Firmen

  • Zusätzliches Personal auf Basis eines Bedarfs-Planes, erstellt von den Beschäftigten selbst, die am besten wissen, was nötig ist.

  • Bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen, um ehemalige Pflegekräfte und Lehrer*innen zurück zu gewinnen.

  • Bezahlte Ausbildung und Jobgarantie, um zusätzliches Personal zu schaffen.

  • Nutzung der Ressourcen in den Ministerien, Bildungsdirektionen und bei Lehramtsstudierenden, um alternatives Unterrichtsmaterial für Distance-Learning, Outdoor-Unterricht und Projektunterricht zu schaffen.

  • Längerfristige Planung um gestaffelten Unterricht, ausreichend Personal, zusätzliche Räume etc. rechtzeitig bereit zu stellen - diese Planung nicht durch “Expert*innen” die keine Ahnung von der Praxis haben, sondern von Schüler*innen, Lehrer*innen etc. selbst.

  • Ausreichend finanzielle Mittel um sicherzustellen, dass notwendiger Schutz und gute Betreuung nicht an Finanzierungsfragen scheitern

Seit Monaten herrscht das Chaos, sei es bei Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen, bei der Schule und nun beim Impfen. Der Grund ist, dass die Interessen “der Wirtschaft” im Vordergrund stehen - bei der Frage “Skifahren” wird das überdeutlich. Zwei Probleme kommen hier zusammen: ein Föderalismus, der den Mangel verwalten soll, und der heilige Markt, dem die Regierung letztlich alles überlässt. Im 21. Jahrhundert, mit Internet und Großrechnern ist es geradezu absurd, welches Chaos beim Impfen herrscht. Wofür hätte die Gewerkschaft stattdessen einen Kampf organisieren müssen:

  • Die Information nicht den Medien und den Verschwörungs-Schwurblern überlassen, sondern selbständig regelmäßige, mehrsprachige, wissenschaftlich fundierte und niedrigschwellig aufbereitete Informationen aus dem Blickwinkel der Arbeiter*innenklasse produzieren und über Betriebsräte, aber auch Zusendung an Gewerkschaftsmitglieder (bzw. über die Arbeiterkammer), öffentliche Informationskampagnen und Diskussionen auf Betriebsversammlungen verbreiten.

  • Kampf für die Umstellung der Produktion, wo dies möglich ist (und das wissen die Beschäftigte der Firmen sehr genau) auf Schutz (Masken, Desinfektionsmittel, Test etc.) und Behandlung (Beatmungsgeräte, Impfstoff etc.) - auch in Österreich gibt es Pharmaunternehmen!

  • Kampf für die Offenlegung aller Patente und Forschungsergebnisse, damit diese für alle genutzt werden können.

  • Kampf für die kostenlose Abgabe von Masken, Schnelltests, Impfungen etc. in ausreichender Menge

  • Kampf für einen nationaler Impfplan auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und nicht von Freunderlwirtschaft

  • Kampf für eine Kontrolle der Produktion und Verteilung durch demokratisch gewählte Vertreter*innen der Arbeiter*innenklasse und der Beschäftigten - keine Profite mit Corona, keine Chance der Korruption!

Corona hat die tiefste Wirtschaftskrise seit 100 Jahren ausgelöst die zu Pleitewelle und Massenarbeitslosigkeit führen wird, wenn die Gewerkschaftsführung weiter ihre Politik des nationalen Schulterschlusses fährt. Die Wirtschaftskrise ist kein Naturereignis und wird auch mit dem Ende von Corona, so es denn kommt, zu Ende sein, weil sie in den tieferliegenden Widersprüchen des Kapitalismus wurzelt. Die Gewerkschaftsführung ist sich bewusst, dass sie im Rahmen der kapitalistischen Logik wenig Möglichkeiten hat, die Interessen der Arbeiter*innenklasse (der Beschäftigten, der Arbeitslosen und ihrer Familien) durchzusetzen, wenn die Krise an Fahrt aufnimmt. Deshalb hofft sie mit pseudo-cleveren Argumenten wie “mehr Beschäftigte bedeuten mehr Nachfrage” Regierung und Unternehmen zu “überzeugen”. Sie übersieht dabei aber völlig, dass jedes Unternehmen will, dass die anderen gut zahlen, damit deren Beschäftigte den eigenen Kram kaufen, aber selbst billig produzieren muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Auch wenn die Herrschenden von neoliberalen Dogmen abgehen und auf stärkere Staatsintervention setzen, bedeutet das nicht das Ende von Angriffen auf Löhne, Soziales und Jobs. Es gibt keine “gemeinsamen” Interessen, sondern widersprüchliche, es gibt daher auch keine gemeinsamen Lösungen! Die Zahlen zeigen: Österreich hat trotz des Stillhaltens der Gewerkschaft (die z.B. Anfang 2020 den Streik im Sozialbereich abgewürgt hat) den tiefsten wirtschaftlichen Einbruch in der EU. Es braucht  also ganz andere Maßnahmen! Wofür hätte die Gewerkschaft stattdessen einen Kampf organisieren müssen:

  • Job- und Einkommensgarantie für alle Beschäftigten, egal ob Firmen wegen Corona und/oder Wirtschaftskrise geschlossen sind.

  • Angesichts der steigenden psychischen Belastung: mehr Zugang zu psychologischer Betreuung, Recht auf voll bezahlten Krankenstand, ohne Schikanen von AMS oder ÖGK. 

  • Offenlegung der Unterlagen über Reserven, Ausschüttungen und die wirtschaftliche Lage der Firmen insgesamt. Diese müssen herangezogen werden, um Jobs und Einkommen der Beschäftigten zu sichern, dabei müssen auch die Vermögen der Eigentümer herangezogen werden. 

  • Gibt es keine Mittel mehr, Übernahme dieser Firmen durch die öffentliche Hand und unter Kontrolle und Verwaltung der Beschäftigten. So kann die Basis für den Aufbau eines öffentlichen Sektors gelegt werden, der genutzt werden kann, um die zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft, wie die ökologische Transformation, zu bewältigen.

  • Unterstützung für Kleinstunternehmen und Ein-Personen-Unternehmen bei erwiesener Bedürftigkeit.

  • Eine internationale Vernetzung und einen länderübergreifenden Kampf, um weltweit zu verhindern, dass Superreiche, Banken und Konzerne die Krise auf dem Rücken von Arbeiter*innen und Jugendlichen abladen. Dazu braucht es auch gemeinsame, demokratische Planung der Produktion und Verteilung.

Wir alle erleben Tag für Tag, wie unsere Erfahrungen nicht zur Propaganda der Regierung passt. Wir sehen, dass Kranke, selbst mit Corona, zum Arbeiten gezwungen werden, dass in den Schulen die versprochenen Tests nicht da sind, dass die Pensionist*innen die versprochenen Masken nicht erhalten haben, dass Kolleg*innen aus dem Krankenstand zurückgeholt werden obwohl sie krank sind… Wir alle erleben Tag für Tag, dass die Einhaltung der Maßnahmen nicht daran scheitert, dass die Menschen kein Verständnis dafür haben, sondern keine Möglichkeit. Gemeint sind hier nicht die “reichen und schönen” Freund*innen der ÖVP in ihren Luxuswohnungen, sondern Menschen, denen in zu kleinen Wohnungen die Decke auf den Kopf fäll,t oder Alleinerzieher*innen, die Arbeiten gehen müssen und kein Recht auf Sonderbetreuungszeit haben. 

Die Gewerkschaft macht auf staatstragend

Zu vielen der Missstände schweigt die Gewerkschaft - viele Kolleg*innen gerade im Gesundheits- und Bildungswesen fühlen sich von “ihrer” Gewerkschaft allein gelassen. Wo ist der Aufschrei über fehlende Unterstützung angesichts der monatelangen Dauer-Überlastung? Wo sind die Aktionen gegen die Schikanen gegenüber Kranken? Wo die Kampfmaßnahmen gegen Betriebsschließungen und Massenarbeitslosigkeit? Nicht einmal die sonst zum ohnehin zahnlosen Arsenal gehörenden Klagen werden eingereicht, sondern die Beschäftigten schutzlos der Willkür von Chefs, Behörden und Krankenkassen überlassen.  Der Deutsche Kaiser sagte 1914 bei Kriegsbeginn: “Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche! " und meinte damit, dass die Arbeiter*innenklasse für die Interessen des deutschen Kapitals in den Schützengräben verrecken soll. Und die SPD trug diesen Kurs mit. Ähnlich agiert die ÖGB-Führung heute: wie in einer Kriegssituation stellt sich die Gewerkschaftsführung fast bedingungslos hinter bzw. neben die Regierung und damit die Interessen der Unternehmen und der herrschenden Klasse. Es ist ein Trugschluss zu glauben, angesichts von Corona und Wirtschaftskrise würden die unterschiedlichen Interessen zwischen Reich und Arm, zwischen Oben und Unten, zwischen Kapital und Arbeit in den Hintergrund treten. Das Gegenteil ist der Fall: Ja, Corona trifft alle, aber eben nicht alle gleich!

Die aktuelle Situation verunsichert, und zwar nicht nur, weil wir alle die Lockdowns satt haben, sondern weil die Perspektive einer sich weiter vertiefenden Wirtschaftskrise Angst macht. Die Corona-Leugner*innen und Maßnahmen-Skeptiker*innen versuchen hier anzusetzen. In den letzten Wochen haben ihre Aufmärsche an Fahrt und Stärke aufgenommen. Der organisierte Kern dieser Mobilisierungen sind Rechtsextreme und Neofaschist*innen, Kräfte aus der FPÖ, christliche Fundamentalist*innen, Verschwörungsmythiker*innen und Mischformen daraus. Aber die Teilnehmer*innen  repräsentieren mehrheitlich andere Schichten - die allerdings offensichtlich zumindest in Kauf nehmen , gemeinsam mit dem rechten Sumpf zu marschieren, anstatt diesen aus den Demos zu entfernen. Radikal sind die Aufmärsche auch nur vermeintlich, decken sich ihre spärlichen Forderungen doch im wesentlichen mit jenen der kurzsichtigeren Wirtschaftsvertreter*innen. Doch sie können sich als “Opposition” darstellen, weil es sonst keine Opposition gibt. Eben weil die Gewerkschaft im nationalen Schulterschluss erstarrt, können Rechtsextreme, Neofaschist*innen und Verschwörungsmytiker*innen sich eine Bühne verschaffen. Klar ist aber auch: das Vertrauen in die Regierung ist im Keller, der Unmut über das Missmanagement ist enorm und viel, viel größer als diese “Demonstrationen”. Das zeigt, dass die meisten sehr genau verstehen, dass dort keine Lösungen angeboten werden, sondern bestenfalls wirres Zeug oder gar Hetze und Gewalt. Die Regierung kann sich noch halten, weil sie in einer verqueren Logik des “kleineren Übels” nicht gestürzt wird. Der überwiegenden Mehrheit ist klar: wir brauchen Sicherheit und Schutz vor Corona, die Leugner*innen und Skeptiker*innen können das nicht anbieten. Die wirkliche “schweigende Mehrheit” sind die Millionen Arbeiter*innen, Jugendlichen und ihre Familien, die Schutz vor Corona, Schutz vor der Wirtschaftskrise wollen und mit Rechtsextremen nichts am Hut haben. Bisher hat der ÖGB hier auf voller Linie versagt, es ist dringend an der Zeit endlich aktiv zu werden. 

So geht Widerstand aufbauen

Seit Jahren wächst der Unmut besonders im Gesundheits- und Sozialbereich. Nun kommt ein gesteigertes Bewusstsein über die Bedeutung dieses Bereichs dazu. In vielen Betrieben gibt es hier Kolleg*innen, teilweise sogar Betriebsrät*innen, die für einen kämpferischen Kurs stehen. Sie können um die Forderung nach “Ausfinanzierung des Sozial- und Gesundheitsbereichs” und “Mehr Personal” sowie “Sichere Jobs, sicheres Arbeiten” organisiert und mobilisiert werden. Eigentlich wäre es die Aufgabe der Gewerkschaften, diese Organisierung und diesen Kampf zu führen - doch wir wissen, dass das von den Gewerkschaftsspitzen nicht zu erwarten ist. Darum müssen wir selbst aktiv werden und gleichzeitig am Aufbau einer organisierten kämpferischen Opposition in den Gewerkschaften arbeiten: Beginnend mit Betriebsgruppen, die selbst die Sicherheitsmaßnahmen organisieren und festlegen was nötig ist, kann hier der Widerstand organisiert werden. Gerade beim Impfen hat sich gezeigt, dass Mangel dazu führt, dass manche - und das sind in der Regel Reiche und Mächtige - es “sich richten”. Nicht die Vorstände, sondern die Beschäftigten “an der Front” müssen die ersten sein, die geimpft werden - kontrolliert werden muss das von demokratisch gewählten Komitees. Gemeinsam mit Klient*innen und Patient*innen, solidarischen Menschen, mit Kolleg*innen in Ausbildung kann der Protest auf die Straße getragen werden. Spätestens der 1. Mai (“Tag der Arbeit” - nicht  Tag der Selbstbeweihräucherung der SPÖ!) und der 12. Mai (“Tag der Pflege”) sollten für große Mobilisierungen genutzt werden. 

Auch Streiks sind nötig - und möglich. Natürlich schlägt niemand vor, in Corona-Stationen zu streiken, aber das Gesundheitswesen umfasst noch ganz andere Bereiche - z.B. die Buchhaltung, wo es u.a. um das Verschicken von Rechnungen an Patient*innen geht - kein Problem, wenn das mal steht… Als echte Opposition und Alternative zu den Corona-Schwurbler*innen können corona-sichere Menschenketten und Großdemonstrationen aufzeigen, wer die Gesellschaft wirklich am Laufen hält (weder Chefs noch Politiker*innen). Zu den Kolleg*innen im Gesundheits- und Sozialbereich kommen jene im Bildungsbereich dazu: auch hier ist die Wut über den Widerspruch zwischen Regierungspropaganda und der Wirklichkeit, nämlich allein gelassen zu werden, riesig. Ein Funke kann das zum Explodieren bringen. Auch hier gilt: Komitees an Schulen, durchaus von Lehrer*innen, Schüler*innen, Eltern und Verwaltungs- und Reinigungspersonal gemeinsam kann die Missstände öffentlich machen, aufzeigen was es braucht und Widerstand organisieren. Dazu noch die Beschäftigten bei den Öffentlichen Verkehrsmitteln, die Sicherheit und mehr Ressourcen brauchen um ÜBerlastung zu verhindern. Und die hunderttausenden, die arbeitslos sind oder um ihren Job fürchten, müssen Teil des Widerstandes sein und können sich organisieren. Die Gefahr an der aktuellen Herangehensweise der Gewerkschaft ist auch, dass sie einen letztlich nationalistischen Standpunkt einnimmt,  in Richtung “unsere Leute zuerst”. Das Problem ist: in einer Wirtschaftskrise, aber auch bei Mangel an Impfstoff und ähnlichen Situationen, wird das gerne als Problem zwischen Ländern dargestellt, obwohl es doch ein Problem zwischen Arm und Reich, Oben und unten, Kapital und Arbeit ist. Überall drängt sich die Elite beim Impfen vor, überall sind es prekär Beschäftigte, Frauen und Junge, die zuerst den Job verlieren. Die Lösung ist daher auch keine nationalstaatliche sondern eine internationale - all das, was an gesellschaftlicher Planung und Organisierung in einem Land nötig und möglich ist, muss auf internationale Ebene umgelenkt werden. Wenn Kurz behauptet “Das Virus kommt mit dem Auto” und damit meint, dass Menschen, die im Sommer ihre Familien am Balkan besucht haben, schuld wären an hohen Infektionszahlen, dann ist das ein rassistischer Ablenkungsversuch vom Versagen der Bundesregierung. Wer auf nationale Lösungen setzt findet sich bald Seite an Seite mit Rechtsextremen und Corona-Schwurbler*innen, während jene, die sogar noch von der Situation profitieren ungeschoren davon kommen.

Das Potential und  die Anzahl derer, die nicht mehr können und “was tun” wollen, ist groß. Statt sich staatstragend mit der Regierung zu verbünden, muss der die Gewerkschaft endlich wirklich die Interessen der Beschäftigten und ihrer Familien verteidigen. Es ist höchste Zeit, endlich Widerstand zu organisieren.  

Was  muss der ÖGB dringend tun?

  • oben genannte und noch weiter gehende Maßnahmen fordern und für deren Umsetzung entschieden kämpfen.

  • den Schulterschluss mit Regierung und Unternehmen umgehend beenden und stattdessen ein Programm aufstellen und umsetzen, das einzig die Interessen und Notwendigkeiten der Arbeiter*innenklasse als Ansatz hat.

  • Die Missstände aufzeigen und anprangern.

  • Umfassende Information auf wissenschaftlicher Basis in allen Publikationen von Gewerkschaft und AK sowie durch Betriebsrats-Strukturen.

  • Demokratische Komitees auf allen Ebenen aufbauen, in den Betrieben und Stadtteilen und an der Basis der Gewerkschaften um Corona und Wirtschaftskrise zu bekämpfen.

  • Corona-Sichere Proteste bis hin zu Streiks organisieren für eine Ausfinanzierung des Gesundheitswesens, für mehr Personal im Bildungswesen, für Jobgarantie und Delogierungsschutz für Arbeitslose etc.

  • Gemeinsamer Kampf mit allen, die die Interessen der Beschäftigten, Arbeitslosen und der Kleinst-Unternehmen vertreten - keine Bündnisse, keine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen, Faschist*innen und Verschwörungsmythiker*innen.

Gegen jede Abschiebung - Bleiberecht für alle

Christine Franz

Die Abschiebung von Familien nach Georgien und Armenien am 28.01. haben für viel Protest gesorgt. In der Nacht organisierten Schüler*innen der Stubenbastei einen Protest vor dem Schubhaftzentrum in der Zinnergasse in Wien und haben versucht, die Abschiebung zu verhindern. Nachdem die Abschiebung mit massiver Polizeigewalt durchgesetzt wurde, haben über 1.000 Menschen in Wien, Graz und anderen Städten protestiert. Es ist unglaublich grausam, was hier getan wurde. Die zwölfjährige Tina war noch nie in Georgien, Deutsch ist ihre Muttersprache. 

Wir dürfen uns jedoch auch nicht auf die Logik einlassen, dass nur bestimmte Abschiebungen schlecht sind. Jede Abschiebung ist ein Verbrechen. Abschiebungen töten - Menschen werden in Kriegsgebiete zurückgeschickt oder in Länder, in denen sie aufgrund der globalen Ausbeutung nicht genug zum Leben haben. 

Heuchelei der Grünen und der SPÖ

Auch die Krokodilstränen der Grünen sind nur noch absurd und machen zurecht viele Menschen wütend. Worte des Bedauerns sind nichts als Heuchelei: Die Grünen sitzen mit in der Regierung und sind für die aktuelle Migrations- und Flüchtlingspolitik mitverantwortlich. Schon wenn man sich das Koalitionsabkommen durchliest, lassen sich keine Unterschiede zu einem ÖVP-FPÖ Abkommen finden. Hier ist die Rede von Frontexausbau, von harten Außengrenzen, von Rückkehrzentren, von keiner unabhängigen Rechtsberatung und von einem koalitionsfreien Raum, was es der ÖVP jederzeit ermöglicht, mit der FPÖ Gesetze zu beschließen. Es werden mehr Rücknahmeabkommen gefordert, ganz nach dem Vorbild des EU-Afghanistan Deals. Dieser Deal ermöglicht es, dass jährlich 60000 Geflüchtete von Afghanistan zurückgenommen werden und im Gegenzug erhält die afghanische Regierung 1,2 Milliarden Euro. Dieses Geld verschwindet bei den korrupten afghanischen Politiker*innen. Also liebe Grüne: Tut nicht so, als würdet ihr euch um eine menschliche Asylpolitik bemühen. Mitten in der Pandemie ist diese Abschiebung keine Seltenheit. 2020 wurden 900 Menschen aus Österreich abgeschoben, darunter auch in eines der unsichersten Länder der Welt, Afghanistan.

Der Wiener SPÖ Bürgermeister Michael Ludwig meinte kurz nach den Ereignissen, dass man die “Gfrasta” abschieben sollte. Damit meint er Geflüchtete, die strafbar geworden sind. Damit treibt er bewusst die Spaltung in “gute” und “schlechte” Geflüchtete voran. Es wird in der Debatte ignoriert, warum manche Geflüchtete straffällig werden: Im Asylverfahren dürfen sie keine Arbeit ausüben, bekommen nur 250€ im Monat Grundversorgung. Diese Forderungen von Ludwig und anderen sind ein Versuch, die Arbeiter*innenklasse zu spalten und uns gegeneinander aufzuhetzen. Wir dürfen uns nicht spalten lassen in hier geborene und nicht hier geborene Kinder. In gut integriert und nicht gut integriert. Wäre es etwa menschlicher gewesen, ein nicht hier geborenes zwölfjähriges Kind abzuschieben? 

Vergessen wir auch nicht, dass die SPÖ in der Regierung keine andere Abschiebe- und Flüchtlingspolitik verfolgt hat. Auch die Argumentation, einzelnen Bundesländern seien die Hände gebunden, ist nicht haltbar. Die Abschiebung hat in Wien stattgefunden. Wenn der Wiener SPÖ wirklich etwas daran gelegen hätte, sie zu verhindern, hätten sie alles in ihrer Kraft stehende in Bewegung setzen können, um das auch wirklich zu tun.

Die Polizei hat beim Protest in der Zinnergasse gezeigt, wo sie steht: Gewalt und Hohn gegen Schüler*innen. Wenn wir uns ansehen wie behutsam die Polizei am Samstag gegen die Demonstrierenden gegen die Coronamaßnahmen vorgegangen ist, ist das schon sehr bezeichnend: Die Polizei schritt weder ein, als Journalist*innen angegriffen wurden, noch hat sie darauf reagiert, dass ein Großteil der Demonstrierenden keine Maske getragen hat. Wäre das eine Demonstration gegen eine Abschiebung gewesen, wäre die Polizei sicher viel brutaler vorgegangen.

Kampf um Bleiberecht und soziale Verbesserungen für alle

Mit ihrer harten Migrationspolitik versucht die Regierung wieder einmal, von ihrem Versagen in der Bewältigung der Corona-Krise abzulenken. Nach wochenlangen Lockdowns sind die Zahlen immer noch hoch, weil die Wirtschaft noch immer nicht heruntergefahren wird. Auch das Impfchaos, wo sich einerseits Politiker*innen vorgedrängt haben und andererseits Impfdosen weggeworfen wurden, sorgt für berechtigten Unmut.

Wir müssen den Kampf gegen Abschiebungen mit sozialen Fragen verbinden: Wir kämpfen nicht nur für ein Ende aller Abschiebungen, sondern auch für gleiche Rechte für alle die hier leben, für gute Gesundheitsversorgung für alle, für leistbaren, menschenwürdigen Wohnraum, für die Enteignung von leerstehendem Wohnraum und für Jobs und Löhne, von denen man leben kann und andere soziale Verbesserungen. 

Der ÖGB steht in der Pflicht, sich klar auf die Seite der Geflüchteten zu stellen und Widerstand gegen Abschiebungen aufzubauen. Unter den Protestierenden waren auch viele kämpferische Betriebsrät*innen, Kolleg*innen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich und aus anderen Branchen. Der ÖGB hätte die Möglichkeit und die Ressourcen, daran anzuknüpfen und für eine geeinte Arbeiter*innenklasse einzutreten und Geflüchtete und Migrant*innen zu organisieren. Es könnten gezielte Kampagnen geführt werden, wo die Gewerkschaft Geflüchtete einbeziehen könnte. Gewerkschaften könnten Streiks gegen Abschiebungen organisieren. Denn Rassismus schwächt die Arbeiter*innenklasse. Rassismus lenkt von den eigentlichen Problemen ab: Zu lange Arbeitszeiten, zu wenig Lohn, miese Arbeitsbedingungen, Arbeitslosigkeit etc.

In die Offensive kommen

In der Vergangenheit konnten durch Widerstand bereits Abschiebungen verhindert werden. Der Protest in der Zinnergasse hat das leider nicht geschafft. Zu wenige sind gekommen, um zu demonstrieren, unter anderem weil es sehr kurzfristig organisiert werden musste. Das zeigt die Notwendigkeit, sich kollektiv und langfristig gegen Abschiebungen zu organisieren: In Betrieben, an Schulen, in den Nachbarschaften. Die Polizei ist hier mit unglaublicher Brutalität hinein gegangen: Bei der Abschiebung wurden die WEGA und scharfe Hunde eingesetzt. Über die protestierenden Schüler*innen hat man sich lustig gemacht und einen Schüler sogar geschlagen. Der Schulsprecher der Stubenbastei hat was sehr Richtiges gesagt: “Wenn das geltendes Recht ist, muss dieses Recht geändert werden.”

Damit unser Protest lauter und wirksamer wird, müssen wir uns in den Betrieben und an den Schulen in Aktionsgruppen organisieren, um eine breite Bewegung aufzubauen. Aktionskomitees, die sich untereinander vernetzen, könnten zur Verhinderung jeder nächsten Abschiebung Kolleg*innen, Schüler*innen usw. mobilisieren und einen Schulterschluss mit den Kolleg*innen suchen, die in den letzten Monaten und Jahren für bessere Bedingungen im Gesundheits- und Sozialbereich gekämpft haben, was auch die Betreuung von Geflüchteten betrifft. 

Unsere Solidarität und Druck von unten durch massenhafte Mobilisierungen kann nicht nur einzelne Abschiebungen verhindern, sondern noch viel mehr durchsetzen. Der Protest gegen diese Abschiebung war nur ein Zeichen von vielen, dass sich viele eine andere Flüchtlingspolitik wünschen. Man braucht nur sich die Bilder der letzten Sammelaktionen für die SOS Balkanroute anschauen, wo in ganz Österreich Spenden gesammelt wurden, diese Wut und Aktivität von vielen müssen wir nutzen. Protest hat bereits in der Vergangenheit viel bewirkt. Man denke nur an 2015, wo einzelne Abschiebungen tatsächlich verhindert werden konnten. Auf die etablierten Parteien können wir uns nicht verlassen, alle Veränderungen sind schon immer durch Druck von unten erkämpft worden.

Fluchtursachen bekämpfen

In ganz Europa wird immer mehr eine Festung aufgebaut: Schon im Regierungsprogramm wird ein Ausbau von Frontex gefordert. Frontex ist für diverse Menschenrechtsverletzungen verantwortlich und gehört sofort abgeschafft. Es braucht auch ein Ende der grausamen Rückübernahmeabkommen nach dem Vorbild des EU-Afghanistan Deals.

Die Lager in Moria (Griechenland) und Lipa (Bosnien) sind katastrophal. Menschen hausen in Schmutz und Elend. Es gibt keine sanitären Anlagen, unzureichende Essensversorgung. Die Menschen leiden an Krankheiten wie Krätze. Kinder versuchen Suizid zu begehen. In Bosnien rennen die Menschen in Flip Flops im Schnee herum. Diese Lager gehören sofort evakuiert, die Menschen in Ländern wie Österreich aufgenommen, die Geflüchteten brauchen eine Perspektive. Sie wollen ein neues Leben beginnen, arbeiten. 

Asyl ist schon lange kein Grundrecht mehr. In ganz Europa wird es immer mehr eingeschränkt und ausgehebelt. Familienzusammenführungen sind mittlerweile so kompliziert geworden, dass es kaum mehr eine Chance gibt. Asyl wird nur mehr auf maximal 1 Jahr in Österreich gewährt. Eine Staatsbürgerschaft kann erst nach 10 Jahren erlangt werden. Es wird höchste Zeit, ein wirkliches Bleiberecht für alle zu erkämpfen. Alle die hier leben müssen gleiche Rechte haben, sie müssen wählen und arbeiten dürfen.

Kriegsprofiteure wie beispielsweise Glock gehören zur Verantwortung gezogen und müssen zur Kassa gebeten werden, um die notwendige Versorgung und Unterbringung in Österreich sowie soziale Verbesserungen für alle zu finanzieren. Geld dafür ist nämlich genug da, es werden jährlich mit Waffenexporten Milliarden Profite gemacht. Waffenlieferungen müssen sofort gestoppt und die Produktion umgestellt werden auf das, was tatsächlich von der Mehrheit der Bevölkerung benötigt wird. 

Das kapitalistische System ist die Fluchtursache Nr.1. Weltweit werden mit Ausbeutung und Krieg Profite gemacht, was Menschen zur Flucht aufgrund von Verfolgung, Armut, Hunger und Perspektivlosigkeit zwingt. Auch in Österreich stellen nicht Geflüchtete, sondern dieses System eine existenzielle Bedrohung dar, das hat sich gerade in der Corona-Krise, in der Profite vor Gesundheit gestellt werden, gezeigt. Stattdessen kämpfen wir als SLP für ein Wirtschaftssystem, in dem demokratisch nach den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt produziert wird. 

SLP für Moria-Flüchtlinge

Die SLP hat eine lange Tradition, sich für die Rechte von Migrant*innen und Flüchtlingen einzusetzen.
Karin Wottawa

Die verheerenden Verhältnisse rund um Moria führten dazu, dass Flucht wieder in den Schlagzeilen landete. Das Lager „einfach“ wiederaufzubauen, ist keine Lösung. Die SLP war Teil der verschiedenen Proteste und überall versuchten wir konkrete Vorschläge einzubringen.

Am 9.9. sprach SLP-Bundessprecherin Sonja Grusch auf der spontanen Demo „Schluss mit der Festung Europa“. Sie strich heraus, dass Hilfe nicht durch Umverteilung von „Arm-zu-Arm“ stattfinden darf, weil die Regierungsmilliarden und Vermögen der Superreichen zeigen, dass das Geld da ist.

Auch am 10., 11. und 12. 9. war die SLP in Solidarität mit den Geflüchteten auf Demos und Kundgebungen – „Sofortige Evakuierung, Tore Europas öffnen“. Mit ca. 1.000 anderen waren wir am 14.9. vor dem Bundeskanzleramt „Das ist Moria – Das ist Mord“.

In Linz beteiligten sich SLP-Aktivist*innen am 18.9. an „Moria liegt in Asche – Menschlichkeit statt EU-Grenzregime“ und wiesen auf die Verantwortung der EU für die Missstände hin.

In Verbindung mit den Entwicklungen im Sozial- und Gesundheitsbereich fordert die SLP u.a., dass alle Geflüchteten in menschenwürdigen Verhältnissen untergebracht werden, dafür leerstehende Unterkünfte verwendet und mehr Leute im Sozialbereich angestellt werden müssen. Auch zur Finanzierung haben wir Vorschläge: Zahlen sollen die, die für die Fluchtursachen verantwortlich sind: Glock, OMV &Co.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Stellungnahme: Solidarität gegen Terror, Rassismus und Hetze

Stellungnahme der SLP-Bundesleitung

Für eine entschlossene Reaktion der Arbeiter*innenbewegung

Stellungnahme auf türkisch: https://www.slp.at/artikel/avusturya-ter%C3%B6re-irk%C3%A7%C4%B1l%C4%B1%...

Der Schock über den Terroranschlag in der Wiener Innenstadt am Montag Abend sitzt bei uns allen noch sehr tief. Unsere Gedanken sind bei den Opfern dieses grausamen Angriffes. Auch wenn noch nicht sehr viel über das Attentat bekannt ist, es ist schon jetzt klar, dass der oder die Attentäter mit diesen brutalen Angriffen Menschen, die den letzten Abend vor dem Lockdown draußen verbringen wollten, Beschäftigte aus der Gastronomie und Passant*innen getroffen hat/haben. Das Ziel war, Angst zu schüren, zu spalten und einzuschüchtern. Zusätzlich betroffen sind die Krankenpfleger*innen, Sanitäter*innen, Sozialarbeiter*innen und andere; die Kolleg*innen, die zusätzlich zu den massiven Belastungen der Corona-Krise mit voller Kraft jetzt für die Versorgung der Opfer und Angehörigen sorgen. Ein Personalvertreter der Wiener Rettung sagte in der Nacht in der ZIB: “Ich fordere alle meine Kolleginnen und Kollegen auf, sich zum Dienst zu melden und sich an ihren Arbeitsplätzen einzufinden. Politisch inspiriert wurde ich durch Bürgermeister Zilk, der sagte: ‘Ich garantiere jedem Wiener einen Krankenwagen und ein Krankenhausbett’. Jetzt haben wir COVID-19 und sogar diesen Terroranschlag oben drauf, und diese Stadt ist gewachsen, aber nicht die Zahl der Krankenwagen.”

Die Arbeiter*innenbewegung muss jetzt eine Antwort auf diesen Anschlag, auf die reaktionären Gruppen des rechten islamischen Fundamentalismus, auf die Gefahr der rassistischen Instrumentalisierung durch die Herrschenden & Rechten und auf die Frage nach einem Programm gegen Terror, Rassismus und Spaltung finden. 

Gefahr von rechtsextremen islamisch-fundamentalistischen Kräften

Es ist noch nicht klar, ob das Hauptziel des Anschlages die Synagoge und das Hauptmotiv Antisemitismus war. Doch schon jetzt wissen wir, dass es sich bei zumindest einem der Attentäter um einen Anhänger des “Islamischen Staates” gehandelt hat. Die Terroranschläge der vergangenen Wochen in Frankreich haben uns die Gefahr, die vom rechten islamischen Fundamentalismus für die Arbeiter*innenklasse ausgeht, vor Augen geführt. Der Hass und die Gewalt, die von diesen Kräften ausgeht, trifft immer in erster Linie ganz normale Arbeiter*innen und Jugendliche, die zur Zielscheibe werden - auch weil die Reichen und Mächtigen abgesondert von der normalen Bevölkerung leben und feiern. 

Auch in Österreich haben in den letzten Monaten reaktionäre Kräfte versucht, in die Offensive zu kommen. Als im Sommer kurdische und türkische Linke und Gewerkschafter*innen beim EKH in Wien 10 von faschistischen Grauen Wölfen angegriffen wurden, waren es Linke und Antifaschist*innen, die den Kampf gegen diese Angriffe geführt haben, während die ÖVP, die jetzt großes Mitgefühl heuchelt, die Schließung des EKHs gefordert hat. Auch jetzt ist es international nur die Arbeiter*innenbewegung, die auf diese Anschläge eine wirksame Antwort finden kann. Die Herrschenden schwingen zwar große Reden und inszenieren Betroffenheit, in Wirklichkeit sind es aber sie und ihre Regierungen, die mit ihrer Politik solche Anschläge mitzuverantworten haben. Zur angeblichen “Verteidigung unserer Werte” haben die Herrschenden schon nach 9/11 genau diese “Werte”, also demokratische Grundrechte, beschränkt - es ist zu befürchten, dass die Kurz-Regierung Ähnliches vorhat. Wie die Maßnahmen zur “Terrorbekämpfung” in Frankreich und in anderen Ländern zeigen, wird die Gefahr, die von rechten islamischen Fundamentalist*innen ausgeht, mit mehr Repression und Überwachung nicht weniger. Der US-geführte “Krieg gegen den Terror”, der jahrelange Ausnahmezustand in Frankreich und die Zunahme rassistischer Hetze gegen Migrant*innen und Geflüchtete haben im Gegenteil die Situation nur noch verschärft, weil sie zur Spaltung der Gesellschaft beigetragen haben. Wer den Terror bekämpfen will, muss an die Ursachen und Wurzeln ran.

Heuchelei der Kurz-Regierung und der herrschenden Parteien

Die Worte von Kanzler Kurz, Innenminister Nehammer und Co nach diesem Anschlag gleichen schon jetzt zum Teil der Rhetorik der französischen Regierung, die in den vergangenen Tagen vom “Krieg gegen den Islamismus” gesprochen hat. Kurz ist als einer der führenden Politiker*innen des populistischen rechten Randes der Bourgeoisie in Europa mit seiner rassistischen Hetze und Politik mitverantwortlich für eine zunehmende Ausgrenzung migrantischer und muslimischer Teile der Bevölkerung in Österreich und in Europa. Die Politik der Kurz-Regierung hat im Mittelmeer, in den Kriegsregionen, in den Abschiebegefängnissen und in den Krankenhäusern während Corona schon tausendfach Leben gekostet. Rassismus, Ausgrenzung und Hass spielt immer reaktionären Kräften wie eben auch dem IS in die Hände. Bei den vergangenen Wien Wahlen haben ÖVP, FPÖ und Co auch wieder ganz bewusst mit dem Schüren von Rassismus Wahlkampf gemacht: Sie waren für mehr Abschiebungen, Abschottung und Ausgrenzung. Gleichzeitig arbeitet die Bundesregierung  mit reaktionären Regimen wie in der Türkei oder in Saudi-Arabien zusammen, exportiert Waffen, die in den blutigen Kriegen im Nahen und Mittleren Osten eingesetzt werden. Und diese Regierung will jetzt die Verteidigerin der “freien Gesellschaft” gegen den reaktionären Islam sein? Diese Heuchelei muss aufgedeckt werden! 

Besonders widerlich ist, dass Kurz & Co. alles tun werden, um das Attentat für ihre Zwecke zu benützen. Die Herrschenden in Österreich wollen von ihrer rassistischen und unsozialen Politik, die gerade in der Corona-Krise spürbar wird, ablenken und sprechen von “nationaler Einheit” gegen den “äußeren Feind”. Diese Rede vom “nationalen Schulterschluss” kennen wir spätestens seit Beginn der Corona-Krise. Uns wird erzählt, wir würden alle im selben Boot sitzen - doch unser tägliches Erleben zeigt, wie wenig das stimmt. Gerade jetzt darf die Arbeiter*innenbewegung und dürfen die Gewerkschaften diesem Druck nicht nachgeben. Sie dürfen nicht auf die so notwendige offensive Kritik an den Maßnahmen der Bundesregierung, an fehlenden Spitalbetten, an der Abwälzung der Krisenkosten auf die Arbeiter*innenklasse und an den kommenden, repressiven Reaktionen auf diesen Terroranschlag verzichten. Der Hinweis des Personalvertreters der Wiener Rettung über den Ressourcenmangel war nicht nur verständlich, sondern notwendig - dass in der späteren Berichterstattung auf solche kritischen Punkte verzichtet wurde, darf die Gewerkschaft nicht hinnehmen. Wir müssen uns auf Versuche zunehmender staatlicher Repression und Überwachung unter dem Vorwand der “Inneren Sicherheit” vorbereiten. Die Politiker*innen, die sich jetzt bei den Krankenpfleger*innen, Rettungssanitäter*innen und anderen Einsatzkräften bedanken, sind auch diejenigen, die verantwortlich sind für die katastrophalen Arbeitsbedingungen dieser Kolleg*innen, mangelnde Ausrüstung und Finanzierung. Dieselben, die jetzt mehr Geld für die Polizei fordern und beschließen werden, haben in den letzten Monaten keine zusätzlichen Mitteln für das Gesundheitswesen locker gemacht und sind so auch verantwortlich für Corona-Tote.

Ursachen des Terrorismus

Es sind die Kriege, die Waffenexporte und es ist die Hetze der europäischen und der US-Regierungen, die den rechten islamischen Fundamentalismus erst haben groß werden lassen. Die Menschen, die aus dem Irak, aus Syrien und aus anderen Ländern fliehen, fliehen vor genau solchem Terror und terroristischen Regimes, die unter diesen Kriegssituationen gewachsen sind. Unabhängig davon, wer die Täter*innen waren, es muss jetzt darum gehen, dem Terror den Boden zu entziehen. Gruppen wie der “Islamische Staat” setzen seit Jahren darauf, dass Migrant*innen und Muslime in Europa systematisch diskriminiert werden. Der Journalist Karim El-Gawhary verdeutlichte das in einem Facebook-Post: “In einem Manifest 2015 im IS-Online-Magazin Dabiq, wurde eine Dynamik beschrieben, die die militanten Islamisten für sich nutzen wollen. Die Idee war relativ einfach. Mit jedem islamistischen Anschlag in Europa und dem Westen wächst dort die antiislamische Stimmung. Die Folge wäre eine Polarisierung und wie es damals hieß, ‘die Eliminierung der grauen Zone‘, wie die Koexistenz zwischen Muslimen und Nichtmuslimen dort umschrieben wurde. Mit der Ausgrenzung der Muslime im Westen, könnten diese so leichter in die Arme der militanten Islamisten und ihrer Ideologie getrieben werden und wären leicht zu rekrutieren.”

Sollte in Folge der Attentate der Rassismus in Österreich zunehmen, geschürt auch ganz bewusst durch zumindest Teile der Politik, dann haben die Attentäter*innen ihr Ziel erreicht. Sie wissen ganz genau, dass solche Anschläge rasstisch instrumentalisiert werden und dass das wiederum ihnen in die Hände spielt. Die Zunahme von Rassismus, aber auch zunehmende soziale Probleme durch die globale Krise des kapitalistischen Systems führen dazu, dass reaktionäre Kräfte unterschiedlicher Spielart sich als Retter*innen darstellen und für ihre Ideologien rekrutieren können. Armut, Arbeitslosigkeit, soziale Not und Perspektivlosigkeit haben auch in Österreich gerade bei einer Generation, die vollkommen abgehängt und ausgeschlossen wird, zum Teil zu Radikalisierungen nach rechts geführt - der islamische Fundamentalismus ist die eine Seite dieser Medaile, der österreichische Rechtsextremismus die andere. Es ist eine Tatsache, dass die absolute Mehrheit aller Moslems/Muslima ebensowenig mit Terror zu tun haben wie die absolute Mehrheit der Christ*innen nichts mit den Attentätern von Christchurch. Aber es sagt etwas über das rassistische Klima aus, wenn viele Moslems/Muslima sich genötigt fühlen, sich explizit zu distanzieren (was Anhänger*innen anderer Religionen, in deren Namen Terror verübt wurde nicht machen). Rechtsextremer Terror, egal ob er als faschistischer oder islamisch-fundamentalistischer Terror daher kommt muss von der Arbeiter*innenbewegung bekämpft werden. Dazu braucht es eine linke Alternative, um die Wut auf dieses System zu kanalisieren, damit diesen Kräften das Wasser abgegraben wird. Es braucht jetzt ein wirksames Programm gegen Terror, Hass, Hetze und Rassismus: Mehr Geld für Soziales, Jobs, höhere Löhne, Bildung und Gesundheit, einen Kampf gegen jede Form von Rassismus, Sexismus und Diskriminierung, ein Ende der Kriegspolitik und der Waffenexporte des europäischen und des US-Imperialismus und eine Offensive der Linken und Gewerkschaften für eine Einheit der Arbeiter*innenklasse.

Es braucht mehr Geld für Jugendzentren und ähnliche Betreuungseinrichtungen, weil sie ein Ort sein können, der die gesellschaftliche Isolation von Jugendlichen, gerade in der Corona-Krise, aufbricht. Es braucht milliardenschwere Investitionen in Schulen und Bildungseinrichtungen, mehr Personal, mehr Lehrer*innen und Sozialarbeiter*innen. Es braucht dringend einen Ausbau und eine Ausfinanzierung der Rettungsdienste und des Gesundheitsbereichs und mehr Personal. Es kann nicht sein, dass diese schon im “Normalfall” am Limit sind, sondern sie brauchen genügend Ressourcen, um in Krisensituationen problemlos Versorgung garantieren zu können. Schluss mit Waffenexporten und mit der Zusammenarbeit mit den Unterstützer*innen fundamentalistischen Terrors in der Türkei, in Saudi-Arabien etc. Stopp jeglicher militärischen Zusammenarbeit mit der NATO und mit anderen kriegführenden Ländern. Es braucht eine Wirtschaft und eine Gesellschaft, die gerade Jugendlichen eine echte, lebenswerte Zukunft ermöglicht.

Solidarität ausbauen

Gerade in diesen Stunden ist die überwältigende Solidarität der Arbeiter*innenklasse zu spüren: Die zwei jungen Männer, die unter Lebensgefahr zwei Verletzte retteten (worüber in den bürgerlichen Medien kaum bis gar nicht berichtet wurde, vielleicht weil sie selbst Moslems sind), unzählige Menschen, die ihre Wohnung als Unterschlupf angeboten haben, Beschäftigte von Einsatzkräften und Freiwillige, die innerhalb kürzester Zeit bereit waren usw. Ähnliche Solidarisierungen haben wir auch nach den rechtsextremen Terroranschlägen in Deutschland, in den USA und anderswo gesehen. Die Menschen haben mit ihrem Einsatz, ihrer Anteilnahme und ihrer Solidarität gezeigt, dass ihr Zusammenhalt stärker sein muss und kann als Terror und Hass. Daran müssen wir ansetzen. Statt einer Staatstrauer im Sinne des “nationalen Schulterschlusses” im Interesse der Herrschenden braucht es eine entschlossene Reaktion der Arbeiter*innenbewegung und Gewerkschaften. 

Es wäre ein wichtiges Zeichen, wenn Linke, Antifaschist*innen und Gewerkschaften zu einer Kundgebung gegen Terrorismus, Rassismus und Hetze und den Ursachen davon aufrufen würden. Genauso könnte die Gewerkschaft kurze Streikaktionen organisieren, um ein starkes Zeichen für  die Einheit der Arbeiter*innenklasse unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Religion zu setzen. Ein gewerkschaftlicher Aktionsplan würde dabei helfen, die wahren Verantwortlichen und Ursachen solcher Gräueltaten anzuprangern. Der Kapitalismus ist global in seiner tiefsten Krise und kostet täglich Menschenleben. Das Jahr 2020 hat das wahre Gesicht dieses verrotteten Systems auf grausame Art uns allen vor Augen geführt. Dieses System hat keine Zukunft, es produziert Pandemien, Terror, Krieg, Hass und Elend. Diese kapitalistische Barbarei muss von uns, von der Arbeiter*innenklasse, entschlossen, international und mit der Perspektive einer sozialistischen Alternative bekämpft werden. 

Identitäre: 2x Adieu!

Peter Hauer

25. Juli: Die „Österreicher“ (Nachfolgeorganisation der Identitären) versuchen in Linz eine Straßenaktion zu veranstalten. Zahlreiche Antifaschist*innen, darunter auch SLP-Aktivist*innen, blockieren die Kundgebung, indem sie sie umringen und den Passant*innen Sackerl zum Wegwerfen der Flyer der Identitären anbieten.

22. August: Nun versuchen sie ein Treffen in Vöcklabruck abzuhalten. Ca. 40 Gewerkschafter*innen, Betriebsrät*innen und andere Antifaschist*innen verhindern durch eine Kundgebung das Treffen und damit ein Fußfassen der Rechten vor Ort. Plan der Neo-Faschist*innen wäre gewesen, in Rutzenmoos Interessierte aus der Gegend aufzusammeln und dann zum Lokal zu gehen. Wegen der Gewerkschaft wurden sie aus dem Lokal ausgeladen und die Antifa-Kundgebung am Treffpunkt gab ihnen den Rest. Organisiert wurde die Aktion durch Aktivist*innen des Bündnisses Vöcklabruck gegen Rechts und der SLP. Eine Woche wurde mobilisiert. Es wurden Flyer-Aktionen am Wochenmarkt und in der Stadt veranstaltet, es gab zentrale Flyer-Abholstationen für alle Aktivist*innen, damit jedeR zu jeder Zeit aktiv sein kann und es wurden in vielen Cafés Flyer aufgelegt, um vor den Faschist*innen zu warnen. Kaum ein Platz blieb in Vöcklabruck uninformiert.

Die SLP macht in dieser Arbeit klar: Um Rechtsextremismus entgegenzutreten braucht es eine Kampagne, an der sich möglichst viele beteiligen können und ein klares Programm. Wir haben daher gefordert, den Sozialbereich auszufinanzieren und dass alle Kürzungen bei Jugendzentren zurückgenommen werden.

Rechtsextremismus hat eine Funktion im Kapitalismus. Er soll uns spalten und so den gemeinsamen Kampf schwächen, darum reden die identitären „Österreicher“ auch v.a. über Volk, Nation und Migration. Unser Programm gegen Rechtsextremismus stellt das System dahinter in Frage und eine konkrete Alternative vor: Sozialismus.

„Vöcklabruck gegen Rechts“ kann nicht bei dieser Kundgebung stehenbleiben, denn die Identitären werden weiter versuchen, sich festzusetzen. Wir werden aufzeigen, dass die Kürzungen im Sozialbereich, Sexismus und der steigende Rechtsextremismus zusammenhängen. Nichts davon existiert isoliert. Alles ist Teil des selben kaputten Systems, des Kapitalismus.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Der rechte Rand

Alexander Svojtko

HC Strache will sich und sein Team in der Wienwahl 2020 als die „wahre freiheitliche Bürgerbewegung“ vermarkten. Ein Blick auf die Kandidat*innenliste zeigt freilich, was der Ibiza-Fan darunter versteht. Da ist zum einen Christian Höbart, der im Herbst 2014 Asylsuchende pauschal als „Erd- und Höhlenmenschen“ beleidigte. Er ist nun Generalsekretär von Straches Gruselkabinett. Da ist auch Gernot Rumpold – einst einer der lautesten aus Jörg Haiders „Buberlpartie“. Er wurde wegen Korruption in der „Telekom-Affäre“ zu 33 Monaten teilbedingter Haft verurteilt. Der vorbestrafte Rumpold ist derzeit PR-Berater der Strachetruppe. Und da wäre noch Christina Kohl, bis vor kurzem Flugbegleiterin bei der AUA und ebenfalls Kandidatin auf Straches Liste. Sie ist auf einer Demo mit Parolen wie „Soros muss weg“, „Antifa muss weg“, „Rothschild muss weg“, „Rockefeller muss weg“ und „Illuminati müssen weg“ aufgefallen.

Fragt sich, wer den Wahlkampf einer solchen Truppe finanziert. Strache behauptet, das Team arbeite mit „vollstem Idealismus“ und einem „Minimundusbudget“. Tatsache ist, dass es kurz nach Straches Rücktritt ein Treffen mit ihm und Frank Stronach gegeben hat. Tatsache ist auch, dass sich die Logos des verblichenen „Team Stronach“ und jenes Straches verblüffend ähneln. Stronach-Anwalt Michael Krüger, im Februar 2000 für gute drei Wochen Justizminister auf FPÖ-Ticket, schließt eine Absprache oder Kooperation freilich „zu hundert Prozent“ aus, Unterstützung seitens Stronach gebe es „in keiner Weise“.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Schluss mit der Festung Europa

SLP-Flyer zu den Protesten in Solidarität mit Geflüchteten

Lager auflösen und alle Geflüchtete aufnehmen! 
Gesundheit und Soziales ausfinanzieren!
OMV, Glock und Co. - Fluchtverursacher sollen zahlen!

Moria brennt, die tatsächlichen Brandstifter sitzen in den EU-Regierungen. Denn schon seit Monaten war klar, dass die humanitäre Situation in dem Lager absolut menschenunwürdig ist und es jederzeit zu Katastrophen kommen kann – trotzdem hetzt die Bundesregierung weiter und weigert sich Geflüchtete aufnehmen. Aber gerade die Corona-Krise hat aber klargemacht, dass die echten Probleme in unsere Gesellschaft nicht durch Geflüchtete kommen, sondern durch “unsere” Politiker*innen und Bosse. Es waren diese Politiker*innen, die unsere Sozialsysteme zusammengekürzt haben und jetzt mit Milliardenhilfen die Profite der Superreichen schützen. Wir brauchen einen gemeinsamen Kampf für mehr Geld für Bildung, Soziales und Gesundheit für alle und die Aufnahme von Geflüchteten.

Wir fordern:

  • Evakuierung aller Lager
  • Aufnahme der Geflüchteten in Österreich
  • Menschenwürdige Unterbringung und leistbarer Wohnraum für alle - Leerstand dafür beschlagnahmen - Immobilienkonzerne enteignen
  • Gleiche Rechte für alle - für eine antirassistische Kampagne des ÖGB und der Teilgewerkschaften
  • Fluchtursachen bekämpfen: Rüstungskonzerne enteignen, Rüstungsexporte verbieten, die Reichen und Konzerne sollen für Jobs, Wohnraum & Soziales zahlen
  • Kapitalismus als Fluchtursache Nr.1 mit seinen Kriegen, Ausbeutung und Umweltzerstörung abschaffen!

"Das Lager in Moria ist ausgebrannt, die Menschen sind obdachlos, tausende weitere sind auf der Flucht - diese Menschen müssen wir aufnehmen. In Österreich wurden aber in den letzten Monaten und Jahren Einrichtungen im Flüchtlingsbereich geschlossen und Menschen entlassen. Es gilt also den Kampf für die Aufnahme von Geflüchteten mit der Ausfinanzierung des Sozialbereichs zu verbinden. Ein wichtiger Schritt in diesem Kampf sind Betriebskomitees im Sozialbereich und darüber hinaus, die für Demos aufrufen und Betriebsversammlungen organisieren.”
Michael Gehmacher ist SLP-Mitglied und Betriebsrat im Sozialbereich und hat davor als Flüchtlingsbetreuer in verschiedenen Notquarieren gearbeitet.

Deshalb müssen wir den Kampf für eine Ausfinanzierung von Gesundheit und sozialem mit dem Kampf gegen das EU-Grenzregime verbinden und klar machen: Geflüchtete überfordern uns nicht, es gibt die Einrichtungen und die Fachkräfte um Menschen zu betreuen! Das braucht ausreichend finanzielle Mittel um menschenwürdige Betreuung und gute Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Geld ist genug da, österreichische Konzerne profitieren von Krieg und Ausbeutung, die Menschen zur Flucht zwingen - aus ihren Vermögen und Gewinnen kann menschenwürdige Unterbringung für Geflüchtete und ein besseres Leben für alle finanziert und die katastrophale Situation in Moria und anderen Lagern überwunden werden.
Die Regierungen, die Geflüchtete niederknüppeln; sind dieselben die Sozialsysteme aushungern um die Profite der Superreichen zu garantieren. Was wir brauchen ist ein gemeinsamer Kampf für ein gutes Leben für Alle unabhängig von der Herkunft. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Geflüchteten und “Österreicher*innen”, sondern zwischen oben und unten!

Demo: APPLAUS IST NICHT GENUG! Arbeitszeitverkürzung - mehr Personal - höhere Löhne!
Am 3. Oktober 14:00 demonstrieren Kolleg*innen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich für bessere Arbeitsbedingungen.

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An injury to one is an injury to all!

Christian Melt

In den letzten Wochen gingen hunderttausende Menschen weltweit auf die Straßen, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu demonstrieren. Auch in Österreich waren mehrere Zehntausende auf den Straßen. Am 4. Juni waren es in Wien 50.000 Menschen und am 5. Juni nochmal fast 10.000 – viele Jugendliche und von Rassismus betroffene Menschen. In Linz haben 3.000 Menschen am Hauptplatz demonstriert. Auch eine Form von Polizeigewalt in Zeiten von Corona: Die Polizei hat den Organisator*innen verboten, zu marschieren, weswegen es keinen Platz für einen Sicherheitsabstand gab! Und weil die Öffis mitten durch die Demo fuhren, haben wir versucht, mit unserem Megaphon die Demo ein wenig zu vereinen, in dem wir Sprüche vom einen Teil zum anderen weitergeleitet haben.

Auch in Salzburg, Graz und Innsbruck gingen tausende Menschen auf die Straßen und die SLP war auf der Mehrheit der Demos dabei. In Wien stand unser Zelt im Herz der Auftaktkundgebungen. Unser Block rief Sprüche wie „No Justice no peace - no racist police“ und unsere Materialien zu einer sozialistischen Alternative mit Zeitungen, Broschüren und themenbezogenen Flugblättern wurde gut angenommen. In Linz hielt die ehrenamtliche Flüchtlingshelferin Christine Franz, Aktivistin der SLP, eine Rede, in der sie gleiche Rechte für alle Menschen, die hier leben, forderte. Denn uns ist sehr wichtig aufzuzeigen, dass Rassismus nicht nur ein Problem in den USA, sondern auch in Österreich ist, und dass wir eine internationale Bewegung gegen Rassismus und Polizeigewalt brauchen. Denn nur eine Bewegung, wo sich Jugendliche, Beschäftigte und auch Betroffene solidarisieren, kann die Spaltungen, die Rassismus hervorruft, überwinden. Auch ist es wichtig zu verstehen, dass langfristige Erfolge nur dann erzielt werden können, wenn wir uns organisieren und Strukturen schaffen, mit denen wir auch Lehranstalten und Betriebe miteinbeziehen können. Es braucht also an diesen Orten Aktionskomitees, die sich untereinander vernetzen, koordinieren, und Forderungs- und Aktionsideen diskutieren. Darum fordern wir auch auf unserem Material "Taten statt leere Worte - Straßenmobilisierungen in den kommenden Wochen und Monaten: Betriebliche und gewerkschaftliche Aktionen gegen rassistische Diskriminierung".

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Antifaschistisches Online-Seminar: Erinnern und Kämpfen!

Anlässlich des 75. Jahrestags der Befreiung vom Faschismus organisierte die SLP ein antifaschistisches Online-Seminar. Im ersten Teil des Seminars diskutierten SLP-Aktivist*innen und Interessierte, wie Marxist*innen den Charakter und den Aufstieg des NS-Faschismus als brutalste Form kapitalistischer Herrschaft analysieren – und was wir für den Kampf gegen heutige faschistische Strömungen daraus lernen können. Im zweiten Teil ging es um den Antisemitismus, seine gesellschaftlichen Ursprünge und seine Rolle in der faschistischen Ideologie. Auch dies war keine rein historische Diskussion: Auf der Suche nach Erklärungen für den Wahnsinn des Kapitalismus fallen auch heute immer mehr Menschen auf antisemitische Verschwörungstheorien hinein. Umso wichtiger ist es, marxistische Antworten darauf zu geben.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

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