Antifaschismus und Antirassismus

Angriffe der Grauen Wölfe und Co zurückschlagen: Faschismus bekämpfen - Solidarität aufbauen

Sarah Moayeri, Jugendarbeiterin

Nach dem Angriff von türkischen Faschist*innen auf eine Kundgebung von kurdischen und türkischen Aktivist*innen gegen Gewalt an Frauen am 24.06. in Wien ist Wien-Favoriten zu einem Schauplatz von immer heftigeren Angriffen auf Büros der linken Arbeiter*innenorganisationen ATIGF und Didf im EKH, auf Proteste von Kurd*innen, Antifaschist*innen und linken kurdischen und türkischen Vereinen geworden. Es ist dringend notwendig, den antifaschistischen Widerstand gegen solche Angriffe auszuweiten und eine schlagkräftige Bewegung gegen jeden Rassismus, Nationalismus und für soziale Verbesserungen für alle aufzubauen. Auch wenn sich die Situation mittlerweile wieder kurzfristig beruhigt hat, braucht es sowohl unmittelbar antifaschistische Offensiven im Bezirk zur Aufklärung über die Angriffe und den Aufbau von Selbstverteidigungsstrukturen, als auch eine politische Strategie der Linken und Arbeiter*innenbewegung, um Kräfte wie die “Grauen Wölfe” langfristig zurückzudrängen.

Kurdischer Befreiungskampf und politischer Hintergrund

Die Angriffe folgten unmittelbar nach einer erneuten Drohnenattacke der türkischen Armee. Diese hatte Mitte Juni unter dem Namen „Adler-Kralle“ (türk. „Pençe-Kartal“) eine neue Besatzungsoffensive in Südkurdistan eingeleitet. Das Erdogan-Regime führt einen blutigen Krieg gegen die Kurd*innen und ihr Selbstbestimmungsrecht. Türkische Nationalist*innen und Erdogan-Anhänger*innen rechtfertigen diesen Krieg innerhalb und außerhalb der Türkei, indem sie Kurdi*innen und kurdische Organisationen als terroristisch darstellen. Sie nutzen dafür eine gezielte Propaganda, die türkische Communities außerhalb der Türkei erreichen soll; die AKP (die konservative Partei des Erdogan-Regimes) führt auch in Österreich einen weitreichenden Propaganda-Apparat mit eigenen Zeitungen und anderen Medien. Nationalismus und Rassismus gegen Kurd*innen (und andere Minderheiten in der Türkei) waren und sind ein zentrales Mittel für das Erdogan-Regime zur Stabilisierung der Macht; militante Gruppen wie die “Grauen Wölfe” sind ihm dabei sehr dienlich. Erdogans Bündnis mit der ultra-nationalistischen Partei MHP und die Tatsache, dass er die Grauen Wölfe von der Leine gelassen hat, hatte in den letzten Jahren Einfluss auf das Wachstum dieser Organisationen außerhalb der Türkei und zeigt seine Abhängigkeit von diesen Kräften. Gleichzeitig ist sein Regime zunehmend in der Defensive durch eine innenpolitische und wirtschaftliche Krise in der Türkei, verstärkt durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden sozialen Verwerfungen. Das Bündnis zwischen AKP und MHP verliert zunehmend an Unterstützung innerhalb der Türkei, die soziale Basis Erdogans bröckelt immer mehr.

Die “Grauen Wölfe” wurden in der Türkei in den 1960er bzw. 70er Jahren gezielt politisch konsolidiert und militärisch ausgebildet und waren während der Militärputsche ein wichtiger Teil der Kämpfe gegen Linke und Gewerkschafter*innen. Sie nutzen seitdem auch außerhalb der Türkei gezielt die soziale Lage türkischer Migrant*innen in Europa aus, um türkischen Nationalismus zu schüren. Der türkische Staat und diese rechten, nationalistischen Kräfte haben ein Interesse daran, den Konflikt als einen zwischen “Kurd*innen” und “Türk*innen” darzustellen und entlang dieser Linien zu spalten, während es in Wirklichkeit um einen Befreiungskampf der unterdrückten Kurd*innen geht, der nur im Schulterschluss mit der multi-ethnischen Arbeiter*innenklasse in der Türkei gegen das Erdogan-Regime gewonnen werden kann. 

Es geht hier also nicht um einen - wie von den bürgerlichen Medien und Politiker*innen suggerierten - Konflikt zwischen "verfeindeten migrantische Gruppen" oder "Ethnien", der losgelöst von politischen Zusammenhängen und der repressiven Rolle des türkischen Staates stattfindet, es geht um einen politischen Angriff von Rechtsextremen und Nationalist*innen auf nationale Minderheiten, Linke und letztlich auf die Arbeiter*innenbewegung. 

Heuchelei der österreichischen Parteien

Die Bedrohung durch Faschist*innen - unabhängig welcher Herkunft - ist real und eine Bedrohung für uns alle. Die ultra-nationalistischen "Grauen Wölfe" und ähnliche rechtsextreme Organisationen wachsen seit Jahren und werden immer gefährlicher. Zusammenschlüsse und Bündnisse zwischen den Grauen Wölfen, der MHP und Erdogan-Anhänger*innen werden zunehmend schlagkräftiger und radikaler. Gleichzeitig zeigt sich die deutliche Zurückhaltung und auch die Heuchelei der österreischen Bundesregierung sowie der SPÖ im Umgang mit Vereinen und Moscheen, die unter dem Einfluss dieser Organisationen stehen oder von ihnen geführt werden. Die Linzer SPÖ hat beispielsweise vor wenigen Jahren ganz offen ihre Kooperation mit Vereinen wie "Avrasya", eine der Vorfeldorganisationen der Grauen Wölfe unter dem Deckmantel eines Kultur- und Sportvereins, verteidigt. Die österreichische Regierung (und auch die Grünen als Teil von ihr) unterstützt das Erdogan-Regime und kriminalisiert Kurd*innen und Anhänger*innen der PKK genauso wie andere europäische Länder und die EU.

Die FPÖ und andere österreichische Rechte und Rechtsextreme und türkische Faschist*innen sind Brüder im Geiste: Sie stehen nicht nur für dieselbe rassistische, menschenverachtende und nationalistische Ideologie, sondern greifen genauso dieselben linken Räume und Aktivist*innen an. Räumlichkeiten der ATIGF wurden genauso von österreichischen Nazis angegriffen - es geht also insgesamt um rechtsextreme Angriffe auf Strukturen der Arbeiter*innenbewegung. Die Arbeiter*innenbewegung und Linke muss deshalb den Kampf gegen alle faschistischen Strukturen und Kräfte mit der selben Ernsthaftigkeit führen. 

Politische und soziale Ursachen

Die FPÖ fordert jetzt wieder die Abschiebung aller "ausländischen Randalierer" und nutzt damit die Situation, um ihre rassistische Hetze zu verbreiten. In den Medien wird ein Bild von randalierenden migrantischen Jugendlichen gezeichnet, das Angst machen soll, um rassistische Maßnahmen zu rechtfertigen.
Genau diese Hetze sowie der strukturelle Rassismus in Österreich, rassistische Gesetze, Rassismus bei der Polizei und im Staatsapparat, die Diskriminierung von Migrant*innen auf dem Arbeitsmarkt, im Zugang zu Wohnraum, Bildung und Soziales sind der Boden, auf dem Gruppierungen wie die Grauen Wölfe ihre Ideologie unter migrantische Jugendlichen verbreiten können. In den letzten Jahren ist es türkischen Nationalist*innen jeglicher Ausrichtung und Erdogan-Anhänger*innen gelungen, die Wut über diesen Rassismus und die Ausgrenzung in Österreich nach rechts zu kanalisieren.
Gerade ist mit der großen Teilnahme von migrantischen Jugendlichen an den #blacklivesmatter Protesten deutlich geworden, wie groß diese Wut über immer größer werdende soziale Missstände, Rassismus und Polizeigewalt tatsächlich ist. Nur um ein Beispiel zu nennen: Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich in Wien gegenüber 2019 verdoppelt.

Tatsächlich ist es falsch davon auszugehen, dass es sich bei allen Beteiligten auf der Seite der Grauen Wölfe & Co um ideologisch gefestigte Faschist*innen handeln würde. Die Angriffe haben gezielt und organisiert stattgefunden, mobilisiert wurden dabei aber auch Mitläufer*innen und extrem junge Türk*innen, die leicht auf nationalistische Propaganda anspringen. Neben dem Hass auf Kurd*innen, Frauen, Linke und Andersdenkende entlädt sich bei einem Teil der Jugendlichen, die sich an den Angriffen beteiligt haben, verzerrt eine Wut auf ein System, das sie schon immer diskriminiert hat. Das ist keine Verharmlosung der Situation und der Gefahr, die von diesen Organisationen ausgeht, ganz im Gegenteil: Es zeigt die politischen und sozialen Ursachen für den gefährlichen Zulauf, den türkische Nationalist*innen und Faschist*innen verzeichnen können. Das zu verstehen und zu bekämpfen ist die Basis dafür, sie erfolgreich zurückdrängen zu können und Mitläufer*innen von ideologisch gefestigten Faschist*innen zu trennen.

Welche Strategie, um faschistische Kräfte langfristig zu bekämpfen?

Diese sozialen Wurzeln und Repressionen jeglicher Form gegen Migrant*innen sind auch der Grund, warum wir im Kampf gegen Faschist*innen dem Staat und der Polizei nicht vertrauen dürfen. Die antifaschistischen Proteste in den letzten Tagen wurden ganz offensichtlich von der Polizei nicht ausreichend gegen faschistische Angriffe geschützt. Antifaschismus bleibt ein Kampf von unten, von der Arbeiter*innenbewegung und der Linken selbst, die unabhängige Strukturen schaffen muss, um sich zu schützen.

Es ist richtig, mehr Angebote und Orte für Jugendliche abseits von religiösen und rechtsextremen Orten und Räumen zu schaffen. Jugendzentren sind beispielsweise ein Ort, an dem Jugendliche unterschiedlicher Herkünfte und Religionen einander begegnen können. Es braucht mehr Geld für eine solche Jugendarbeit und unabhängige Räume für Jugendliche, statt einer Aufrüstung der Polizei und zunehmender Repression und Überwachung. Gleichzeitig ist das nicht gleichzusetzen mit dem Bestreben der Bürgerlichen, Jugendlichen ihre Politisierung absprechen zu wollen. Riots wie wir sie schon in Stuttgart gesehen haben werden von den Herrschenden gefürchtet, weil Jugendliche aus ihrer sozialen Not heraus rebellieren. Auch deshalb muss es das Ziel von Organisationen der Arbeiter*innenbewegung sein, migrantische Jugendliche in ihre Reihen zu holen und für gemeinsame und tatsächlich wirksame Kämpfe für soziale Verbesserungen zu gewinnen. Konkret bedeutet das beispielsweise für den 10. Wiener Bezirk, in dem türkisch-nationalistische Vereine präsenter sind als kurdische, dass sich die Linke insgesamt in der Nachbarschaft, unter den Bewohner*innen verankern, Angebote machen und Präsenz zeigen muss, um rechten Kräften nicht das Feld zu überlassen, indem sie die soziale Lage der türkischen Jugendlichen dort für ihre Zwecke nutzen.

Gewerkschaften müssen in die Offensive kommen

Es ist ein großes Problem, dass bei den antifaschistischen Mobilisierungen weit und breit keine Präsenz der Gewerkschaften zu erkennen war. Auf faschistische Angriffe muss die Linke und Arbeiter*innenbewegung mit großen, entschlossenen Mobilisierungen antworten. Wenn Arbeiter*innenvereine wie die didf und Gewerkschaftsräume von Faschist*innen angegriffen werden, ist es Aufgabe des ÖGB und der Fachgewerkschaften, dagegen zu mobilisieren. Es braucht eine offizielle Beteiligung der Gewerkschaften an solchen Demonstrationen, allein diese offizielle Präsenz würde den Protesten relevanten zusätzlichen Schutz gewähren und verhindern, dass die Angriffe als "ethnische Konflikte" dargestellt werden können.

Die Gewerkschaften müssen die aktuelle Situation unmittelbar zum Anlass für antirassistische Kampagnen unter Beschäftigten und in den Betrieben nehmen, um über die Gefahr, die von den Grauen Wölfen und anderen als Organisationen, die in der Türkei Arbeiter*innen und Gewerkschafter ermorden ausgeht, aufzuklären. Gewerkschaftsjugenden brauchen spezifische Angebote für migrantische Jugendliche und müssen gezielt Lehrlinge organisieren und für Arbeitskämpfe und Proteste mobilisieren, dafür müssen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden um junge Migrant*innen in die Arbeiter*innenbewegung zu holen. Internationale Solidarität bedeutet, sich nicht rauszuhalten und zu schweigen, sondern in diesem Sinne aktiv zu werden. Dass die Gewerkschaften in den letzten Jahren und Jahrzehnten in der Frage der kurdischen Befreiungsbewegung geschwiegen und sich passiv verhalten haben, war und ist ein schwerer Fehler.

Es braucht einen gemeinsamen Kampf unabhängig von Herkunft und Nationalität gegen Rassismus, Nationalismus und soziale Missstände: Auch dafür braucht es die Gewerkschaften und einen kämpferischen Kurswechsel von diesen. Die Linke muss zeigen, dass sie es ist, die am entschlossensten gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung kämpft und gleichzeitig diesen Kampf mit Forderungen nach gut bezahlten Ausbildungsplätzen und Joboffensiven, Investitionen in gut ausgestattete Schulen und Freizeitmöglichkeiten, bezahlbarem Wohnraum, einem vollen Zugang zum Sozialsystem, gegen Niedriglöhne, Sozialabbau, Armut und Arbeitslosigkeit und mit einer sozialistischen Perspektive hin zu einer Gesellschaft, in der es keine kapitalistische Ausbeutung und damit keinen Basis für Rassismus und Nationalismus gibt, verbindet. Nur so kann es gelingen, den Erdogan-Unterstützer*innen und Faschist*innen den Boden zu entziehen.

 

 

Der rechte Rand: die grauen Wölfe!

Dieser Artikel wurde ursprünglich im Oktober 2014 in der sozialiistischen Monatszeitung der SLP, dem VORWÄRTS veröffentlicht.

 

Die Grauen Wölfe gelten als Kern des türkischen Rechtsextremismus. Ihr Erkennungszeichen sind drei Halbmonde, die Viele auch als Kette tragen. Sie sind verbunden mit der „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP), die größte rechte Opposition gegen die AKP. Sie sind aber deutlich radikaler und gewaltbereiter. Mit Morden an KurdInnen, AlevitInnen und Linken verbreiteten sie besonders in den 90er Jahren, aber bis heute Terror auch in Österreich.  Besonders in Deutschland und Österreich sind die Wölfe in sogenannten „Idealistenvereinen“ präsent, die jedoch oft nicht als rechtsextrem erkannt werden. Im Gegenteil: offiziell als Sport- und Kulturvereine geführt, werden sie sogar staatlich mitfinanziert. Täglicher Rassismus und Perspektivlosigkeit führen bei vielen, gerade jüngeren MigrantInnen zu einer gefährlichen Radikalisierung: Auf einer Demo in Wien 2011 wurde ein Kebap-Geschäft der Türkis Kette angegriffen, weil die Besitzer Kurden sind. 2013 fanden Solidaritätsdemos zu den Taksimplatz-Protesten unter anderen in Salzburg statt. Auch dort fand man Graue Wölfe, die die kurdischen und/oder linken TeilnehmerInnen provozieren wollten. Im März desselben Jahres wurde in Hannover ein kurdischer Infostand angegriffen. Diesen März tauchte ein Rapsong aus Ried auf Youtube auf, in dem junge Graue Wölfe mit Pistolen posieren. Im April gab es eine Großveranstaltung im Gasometer in Wien, organisiert von der MHP-nahen Avusturya Türk Federasyon (ATF). Außenstehenden wurde der Zugang verweigert.

Massenbewegung gegen Rassismus fegt über USA hinweg

Beginnend in Minneapolis in der Nacht, in der George Floyd ermordet wurde, haben Massenproteste und Besetzungen die USA überflutet. Dies markiert eine neue und weitaus weiter entwickelte Phase in der Black Lives Matter-Bewegung.

Um 20.25 Uhr am 25. Mai hörte George Floyd auf zu atmen. Augenblicke später stoppte sein Puls. Es dauerte zwei Minuten, bis der Polizeibeamte von Minneapolis, Derek Chauvin, sein Knie von Floyds Hals entfernte. Weniger als eine Stunde später wurde Floyd für tot erklärt.

Am Tag von George Floyd's Tod befanden wir uns seit mehr als zweieinhalb Monaten im Lockdown. Millionen von Amerikaner*innen hatten durch COVID-19 Angehörige verloren und waren in vielen Fällen gezwungen, in völliger Isolation zu trauern. Dutzende Millionen hatten ihre Arbeit verloren, und viele weitere verloren Arbeitsstunden oder ihren Lohn. Die Juni-Miete rückte immer näher, und wieder wogen Familien ab, ob sie Miete zahlen und Lebensmittel einkaufen konnten oder ob man eines weglassen musste.

All dies hat sich unverhältnismäßig stark auf die schwarze Arbeiter*innenklasse ausgewirkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Schwarze COVID-19 bekommen, ist dreimal so hoch wie bei Weißen. Millionen von schwarzen Arbeiter*innen sind entweder beurlaubt oder entlassen worden, und die Arbeitslosenquote für Schwarze ist die höchste aller Bevölkerungsgruppen.

In diesem Kontext, in einem System im ungebremsten Fall, entzündete der Tod von George Floyd die größte Protestbewegung in den USA seit 50 Jahren.

#Justice4GeorgeFloyd

Beginnend in Minneapolis in der Nacht, in der George Floyd ermordet wurde, haben Massenproteste und Besetzungen die USA überholt. Dies markiert eine neue und weitaus weiter entwickelte Phase in der Black Lives Matter-Bewegung.

Es hat in jedem einzelnen Bundesstaat Demonstrationen gegeben, mit insgesamt mehr Demonstrationen als bei den Frauenmärschen im Januar 2017, die sich auf über 650 beliefen. Weit davon entfernt, auf Großstädte oder nördliche Bundesstaaten beschränkt zu sein, gab es über 100 Proteste im gesamten Süden der USA. Es gipfelte in Massendemonstrationen am Samstag mit Hunderttausenden auf den Straßen von Washington DC und Hunderttausenden in Städten im ganzen Land.

Diese Proteste brodeln vor energischer Wut. Sie wurden vor allem von schwarzen Jugendlichen angeführt, aber die Demonstrierenden sind auffallend multi-ethnisch. Junge Menschen aller Ethnien sehen diesen Kampf auch als ihren eigenen an. Zehntausende zumeist junger Menschen sind Stadt für Stadt mit einer einfachen, übergreifenden Forderung unterwegs gewesen: keine Morde mehr an unschuldigen schwarzen Menschen durch die Polizei und ein Ende der rassistischen Polizeibrutalität generell.

Anders als während der "Black Lives Matter"-Bewegung 2014-2015 hat diese Bewegung in einer Reihe von Städten den Charakter einer umfassenden Rebellion und Besetzung angenommen.

In Minneapolis haben Demonstrierende den Ort des Todes von George Floyd zum Hauptquartier der Bewegung gemacht. Der gesamte Block rund um den Ort, an dem George Floyd ermordet wurde, hat sich in ein permanentes Camp verwandelt.

Auch in Brooklyn sind die Blöcke um das Barclay's Center ein fast ständiges Zuhause für die Demonstrierenden. Fast wie bei einem Schichtwechsel protestieren tagsüber Kinder und Familien, während sie nachts von Jugendlichen und jungen Erwachsenen abgelöst werden.

Trump und "Recht und Ordnung"

Die Verwandlung dieser Proteste in eine breitere Rebellion in einigen Städten ist zum Teil auf die brutale Antwort der Polizei auf frühe Demonstrationen zurückzuführen. Sie setzten wiederholt Tränengas, Gummigeschosse, Schlagstöcke ins Gesicht und – in einigen wenigen Fällen – direktes Hineinfahren in die Menschenmengen ein, und das gegen friedliche Proteste.

Die Stadträtin Kshama Sawant der Socialist Alternative (Schwesterorganisation der SAV in den USA) hat im Stadtrat von Seattle ein Gesetz eingebracht, das den Einsatz von chemischen Waffen (Tränengas, Pfefferspray, Reizgas), Gummigeschossen/Gummiballgranaten/Beanbag-Geschossen, Wasserwerfern und Schallwaffen verbietet. Diese Forderung ist inzwischen weitgehend viral gegangen und zeigt die wichtige Rolle, die sozialistische Mandatsträger*innen spielen können.

So brutal die Unterdrückung durch die Polizei auch war, sie kann der Brutalität nicht das Wasser reichen, die Trump sich für die Demonstrierenden wünscht. Er hat die Gouverneure gedrängt, die Demonstrierenden zu "dominieren", und hat erklärt: "Wenn Plünderungen beginnen, wird geschossen". Er hat das US-Militär nach Washington DC geschickt und damit gedroht, weitere Truppen in andere Städte zu entsenden, um die Bewegung niederzuschlagen. Er wies die Polizei und die Nationalgarde an, einen friedlichen Protest vor dem Weißen Haus mit Tränengas zu unterdrücken, um den Weg für seine Fotoaufnahmen mit einer Bibel in der Hand vor der St. John's Kirche freizumachen.

Trump hat keine breite Unterstützung für seine autoritären Drohungen in der amerikanischen Öffentlichkeit und nicht einmal innerhalb seiner eigenen Regierung gefunden, da hochrangige Offiziere den Einsatz des Militärs ablehnten. Gegenwärtig betrachten 62% der Amerikaner*innen die Proteste als legitim. Noch überraschender für das Establishment ist, dass 54% der Amerikaner*innen glauben, dass das Niederbrennen der Polizeistation des dritten Bezirks in Minneapolis legitim war.

Trumps Vorgehen sowie die gewaltsame Reaktion der Polizei auf die Proteste haben die Situation nur noch verschärft. Trump versucht, sich mit seiner brutalen Reaktion als "Präsident von Recht und Ordnung" neu zu profilieren. Er scheint auf Richard Nixon zurückgreifen zu wollen, der 1968 die Wahl gewann und auf der gleichen Agenda von "Recht und Ordnung" verfolgte. Doch der Kontext ist ein völlig anderer. Im Jahr 1968 war Nixon der Herausforderer, während Lyndon Johnson und die Demokraten den Vorsitz über das Debakel in Vietnam und die massiven Unruhen führten. Politisch gesehen hat Trumps Ansatz Biden Vorteile gebracht, der in nationalen Umfragen deutlich führt. 

Demokraten entlarvt

Auf nationaler Ebene hat die Demokratische Partei Lippenbekenntnisse für die Bewegung abgegeben. Doch gleichzeitig verhängen demokratische Bürgermeister*innen und Gouverneur*innen im ganzen Land Ausgangssperren, genehmigen massive Ausgaben für die Polizei bei gleichzeitigem Abbau sozialer Dienstleistungen, und leugnen die Gewalt ihrer eigenen Polizeikräfte.

Skandalöserweise wiederholten viele demokratische Bürgermeister*innen und Gouverneur*innen die Erzählung von Trump und Generalstaatsanwalt Barr, dass Konfrontationen mit der Polizei und Plünderungen das Werk "externer Agitatoren" seien. Trump dröhnte gegen Anarchist*innen und „die Antifa“ und sagte einmal sogar, er würde letztere zu einer "terroristischen Organisation" erklären. Die Demokraten, insbesondere in Minneapolis, verbreiteten Angst und Fehlinformationen über eine Welle weißer Rassist*innen, die die Demonstrationen stören wollten. Es wurden so gut wie keine Fakten vorgebracht, um diese Erzählungen zu untermauern, die die Aufmerksamkeit von Polizeigewalt ablenken und weitere Repressionen rechtfertigen sollten.

Der Redaktionsausschuss der New York Times veröffentlichte am Freitag eine vernichtende Stellungnahme, in der das dramatische Versagen des New Yorker Bürgermeisters Bill DeBlasio ausführlich beschrieben wurde, der während seiner Kandidatur 2014  versprochen hatte, er werde die Polizeiarbeit reformieren, sowie das Versagen von Gouverneur Andrew Cuomo,  den Bedürfnissen dieses Augenblicks gerecht zu werden.

Die NY Times schrieb: "Welche dringenden Aufgaben haben diese beiden Beamten so sehr beschäftigt, dass sie nicht die Zeit haben, dafür zu sorgen, dass die Sicherheit der New Yorker geschützt und die Rechte der New Yorker respektiert werden? Wie ist es möglich, dass sie sich nach so vielen Berichten über polizeiliches Fehlverhalten immer noch nicht die Mühe machen, die Polizei zu überwachen?“

Dies spiegelt die Spaltungen im Establishment wider, wobei ein Teil der Beamten beginnt, auf ernsthaftere Reformen der Polizeiarbeit zu drängen. In New York haben die Staatsanwaltschaften von Manhattan und Brooklyn erklärt, dass sie die vielen hundert wegen "unrechtmäßiger Versammlung" und "ungebührlichen Verhaltens" verhafteten Personen nicht strafrechtlich verfolgen würden.

In Seattle herrscht eine ungeheur machtvolle Stimmung, die demokratische Bürgermeisterin Jenny Durkan aus dem Amt zu treiben, aufgrund ihrer Unfähigkeit, Polizeibeamte, welche Demonstrierende terrorisierten, zu kontrollieren. Kshama Sawant hat sich diesem Aufruf angeschlossen und offiziell den Rücktritt Durkans gefordert.

Einige Stadtratsmitglieder in Minneapolis haben mutige Versprechungen zur Abschaffung der Polizei gemacht. Zweifellos wird es als Reaktion auf den Druck der Bewegung Reformen in der Polizeiarbeit geben. Doch in einer Welt, in der acht Milliardäre so viel Reichtum besitzen wie die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung und in der aktuell 40 Millionen Amerikaner*innen arbeitslos sind, wird sich der Staat zur Aufrechterhaltung der Ordnung immer auf irgendeine Art repressiver Gewalt verlassen. Sozialist*innen argumentieren, dass eine Welt ohne Polizei nur auf einem Fundament von garantierten Arbeitsplätzen, Wohnraum, Gesundheitswesen, Schulen und demokratischer Kontrolle der Ressourcen der Gesellschaft aufgebaut werden kann.

Leider ist Bernie Sanders während dieser Revolte weitgehend abwesend gewesen. Dies ist nur eine weitere Bestätigung für die schrecklichen Folgen seiner vollständigen Kapitulation vor dem Establishment der Demokratischen Partei. Wäre er im Rennen geblieben, hätte er mit seiner Kampagne dazu beitragen können, einen entscheidenden Wandel durchzusetzen.

Diese Bewegung hat zweifellos die Autorität der Demokratischen Partei geschwächt, da man gesehen hat, wie Schlüsselfiguren Angst schürten und weitere Eskalationen der Polizeigewalt ermöglichten und entschuldigten. Aber ein Teil der Partei arbeitet hart daran, die Bewegung zu vereinnahmen.

Eine Ausnahme im Gesamtbild der Demokraten ist die Stärkung von Bidens Kampagne. Dies ist jedoch in erster Linie auf die breite Ablehnung von Trumps gefährlichem Autoritarismus zurückzuführen. Während Biden ein wenig aus seiner Deckung gekommen ist, um Trump anzugreifen, hat er erst vor zwei Wochen skandalöserweise gesagt: „Wer Trump unterstützt, ist nicht schwarz.“

Den Kampf organisieren

Diese Bewegung hat bereits die Entlassung, die Verhaftung und die Anklageerhebung gegen alle vier an der Ermordung von George Floyd beteiligten Polizisten gewonnen. Dies war bei weitem nicht selbstverstädnlich und wurde durch die Ausdauer und Entschlossenheit der Demonstrierenden im ganzen Land - vor allem aber in Minneapolis - herbeigeführt.

Wir müssen diese Dynamik unbedingt nutzen, um die Bewegung weiter aufzubauen. Hier sind die nächsten Schritte, die die Socialist Alternative der Bewegung vorschlägt:

Forderungen: Wir brauchen möglichst konkrete Forderungen sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene. Aufrufe zur Entziehung der Finanzierung und Umstrukturierung von Polizeidienststellen im ganzen Land haben an Kraft gewonnen, wobei einige Städte wie LA sogar schon Schritte zur Kürzung der Polizeifinanzierung unternommen haben. Städte im ganzen Land geben unangemessen hohe Beträge für die Polizei aus. Kshama Sawant hat gefordert, den Polizeihaushalt von Seattle um die Hälfte zu kürzen. Socialist Alternative unterstützt die Umverteilung erheblicher Teile des Polizeibudgets in die Bereiche Wohnen, Bildung und Gesundheitsversorgung.

Wir brauchen auch eine Säuberung der Polizeikräfte im ganzen Land. Jede*r Polizist*in mit einer Vorgeschichte bezüglich Rassismus, Sexismus oder Gewalt sollte sofort entlassen werden. Dies sollte von demokratisch rechenschaftspflichtigen Aufsichtsgremien der Gemeinden durchgeführt werden.

Unsere Forderungen müssen das Ausmaß der Krise widerspiegeln, mit der die arbeitenden Menschen konfrontiert sind. Auch wenn der Ausgangspunkt für diese Forderungen zweifellos speziell auf die Bekämpfung rassistischer Polizeibrutalität ausgerichtet ist, sollten wir uns nicht darauf beschränken. Die steigenden Mietkosten, die anhaltend niedrigen Löhne und unser völlig unzureichendes Gesundheitssystem wirken sich alle unverhältnismäßig stark auf schwarze Amerikaner*innen aus. Wir befinden uns mitten in einer Pandemie und im Anfangsstadium einer globalen Wirtschaftsdepression.

Die Arbeiter*innenbewegung sollte sich beteiligen: Der Kampf gegen den Rassismus erfordert die Beteiligung der gesamten Arbeiter*innenklasse. Das Motto der Arbeiter*innenbewegung lautet: "Ein Angriff auf eine*n von uns ist ein Angriff auf alle". Die Gewerkschaften müssen dringend ihre Beteiligung an den Protesten organisieren. Dies kann in Form von neunminütigen Solidaritätsstreiks anlässlich der neun Minuten geschehen, in denen Derek Chauvin sein Knie auf George Floyd's Hals gedrückt hatte. Dazu kann auch gehören, die Verteidigung der Demonstrationen gegen Polizeigewalt zu organisieren, Gewerkschaftshallen in Depots für die Protestierenden umzuwandeln, damit sie sich mit Vorräten und Schutzausrüstung versorgen können, sowie Kontingente für die tägliche Teilnahme an Märschen und Protesten zu bilden. In Minneapolis hat die Socialist Alternative dazu aufgerufen, in Solidarität mit der Bewegung einen eintägigen lokalen Generalstreik vorzubereiten und ein Ende der Besetzung der Stadt durch die Nationalgarde zu fordern.

Strukturen: Die Bewegung in jeder Stadt braucht Strukturen, damit wir die nächsten Schritte besprechen können. Zu Beginn sollte es tägliche Treffen unter freiem Himmel geben, bei denen wir uns über Pläne für den Tag informieren und Fehler beheben können. Wenn die Bewegung in diesem Tempo weitergehen sollte, müssten diese Treffen in formelle Organisationsgremien mit Vertreter*innen der teilnehmenden Organisationen umgewandelt werden. Wir brauchen auch sichere Online-Foren für eine schnelle Kommunikation.

Verteidigung: Wir brauchen bei jeder Demonstration ein ernanntes, multi-ethnisches Verteidigungsteam, das vor unsozialen und kriminellen, die Situation ausnutzenden Kräften schützen kann. Dies geschieht nicht aus moralischen Bedenken zum Schutz von Privateigentum, sondern um zu verhindern, dass Menschen Taktiken anwenden, die die breitere Unterstützung für die Bewegung untergraben könnten.

"Ein Angriff auf eine*n von uns ist ein Angriff auf alle"

Ein wichtiger Teil der Arbeiter*innenbewegung hat dieser Revolte bereits ihren Stempel aufgedrückt. Ein herausragendes Beispiel dafür ist die sozialistisch geführte Busfahrer*innengewerkschaft in Minneapolis, die sich bereits in der ersten Nacht der Demonstrationen weigerte, die Demonstrierenden ins Gefängnis zu bringen. Dies breitete sich rasch auf New York City und Washington D.C. (neben anderen Städten) aus, wo die Verkehrsbetriebe eine ähnliche Haltung eingenommen haben.

Am 11. Tag der Demonstrationen knieten Pflegekräfte im ganzen Land in Solidarität mit Black Lives Matter auf dem Rasen ihrer Krankenhäuser nieder. Die rückwärtsgewandten Prioritäten unseres Systems waren diesen Krankenpfleger*innen ins Gesicht geschrieben, die durch eine Pandemie gezwungen wordensind , mit Müllsäcken zu arbeiten, während draußen vor ihrem Fenster die Polizei in voller Kampfausrüstung durch die Straßen marschiert.

Als die erste Woche der Proteste zu Ende ging, begannen die Beschäftigten in Lebensmittelgeschäften in Minneapolis damit, Streiks und Arbeitsniederlegungen zur Unterstützung der Bewegung zu organisieren. Am 5. Juni sorgte eine Lebensmittelarbeiterin, die auch Mitglied der Sozialistischen Alternative in Minneapolis ist, dafür dass ihre gesamte Schicht den Arbeitsplatz verließ. Sie marschierten an die Vorderseite ihres Geschäfts, wo sie 8 Minuten und 45 Sekunden lang Sprechchöre riefen und Schilder hochhielten, bevor sie zur Arbeit zurückkehrten. Darüber hinaus leiteten Mitglieder der Socialist Alternative, die im Postamt von Minneapolis arbeiten, eine Solidaritätskundgebung mit 60 Postangestellten an. Sie marschierten von ihrer ausgebrannten Arbeitsstelle zur Besetzung und erklärten mutig, dass ein Gebäude immer wieder aufgebaut werden kann, wohingegen das Leben eines von der Polizei ermordeten Menschen nicht wiederaufgebaut werden kann.

Während die Märsche durch die großen Straßen und Autobahnen des Landes führen, werden einige der lautesten Jubelrufe durch Demonstrierende von einem einfachen Akt der Solidarität anderer gewöhnlicher Arbeiter*innen ausgelöst. Jedes Mal, wenn in New York ein*e Busfahrer*in, Taxifahrer*in oder Lieferwagenfahrer*in zur Unterstützung der Proteste hupt, bricht die Menge in stolzen Jubel aus. 

Das Potenzial für organisierte Solidarität seitens der breiteren Arbeiter*innenbewegung ist immens. Allerdings hat sich die bestehende Führung der meisten großen Gewerkschaften – wieder einmal – als völlig unzureichend erwiesen. In einer von der AFL-CIO veranstalteten Pressekonferenz hatte die Führung einiger der größten Gewerkschaften des Landes kaum mehr zu sagen als: "Rassismus ist schlecht, Trump ist schlecht, bitte gehen Sie wählen". Das ist völlig unbefriedigend. Die Anliegen der Bewegung können nicht bis November warten. Wenn die bestehende Gewerkschaftsführung nicht in der Lage ist, ihre Mitglieder im Kampf gegen den Rassismus voll zu mobilisieren, dann brauchen wir eine neue Führung. Wir brauchen die kämpferischsten und bereitwilligsten Elemente in der Arbeiter*innenbewegung, die sich organisieren, um die Gewerkschaften als echte Kampforganisationen zurückzufordern.

Die Notwendigkeit wirksamer Taktiken

In einigen Städten sind die Proteste vorübergehend in eine Arte "Riot Modus" ausgebrochen, wobei Polizeiautos (und im Fall von Minneapolis ganze Polizeireviere) niedergebrannt wurden. Eine sehr kleine Minderheit der Protestierenden hat antisoziales Verhalten wie Plünderungen an den Tag gelegt. In einigen Fällen sind diese Plünderungen deutlicher auf Armut zurückzuführen, und es wird berichtet, dass Eltern Essen und Windeln mitnehmen. In anderen Fällen sind es jedoch Menschen, die das Chaos opportunistisch ausnutzen. 

Die Wut, die hinter den Ausschreitungen steckt, ist nicht nur verständlich, sondern auch positiv. Wir sollten wütend sein. Es gibt viel, über das man wütend sein kann. Wir müssen jedoch strategisch vorgehen, um diese Wut zu kanalisieren. In Abwesenheit demokratischer Strukturen für die Bewegung zum Debattieren des weiteren Vorgehens werden die Menschen eine ganze Reihe von Taktiken anwenden - einige effektiv und andere nicht.

Um aus dieser Rebellion eine anhaltende Massenbewegung zu machen, die in der Lage ist, einen dauerhaften Wandel herbeizuführen, müssen auf lokaler und nationaler Ebene demokratische Strukturen aufgebaut werden, um Strategie und Taktik der Bewegung zu koordinieren. Die Taktiken sollten mit dem Ziel beschlossen werden, weitere Teile der Arbeiter*innenklasse in den Kampf einzubinden.

"Das ganze beschissene System ist verdammt nochmal schuldig"

Im ganzen Land strömen derzeit Menschen auf die Straßen, die über den grassierenden Rassismus in unserer Gesellschaft wütend sind. Doch schon aus einer Meile Entfernung ist klar, dass die Wut viel tiefer sitzt. Sie hängt wie eine Wolke über den Demonstrationen. Für viele Demonstrierende, die Gerechtigkeit für George Floyd fordern, ist es offensichtlich, dass unser gesamtes wirtschaftliches und politisches System kaputt ist.

Während die Black Lives Matter-Demonstrationen in den Jahren 2014-2015 vor allem bei schwarzen Jugendlichen das Gefühl zum Ausdruck brachten, dass das gesamte System gegen sie gerichtet ist - hat sich dies nun noch ausgeweitet, da Millionen weiter in Armut versinken.

Der gestärkte Wunsch nach ernsthaften Veränderungen an allen Fronten, die notwendig sind, kann nicht von den allgemeineren Bedingungen getrennt werden, mit denen wir konfrontiert sind. Junge Menschen und Menschen aller Ethnien aus der Arbeiter*innenklasse verlieren Menschen, die sie lieben, an einen Virus, der hätte eingedämmt werden können. Gleichzeitig sehen sie zu, wie ihre Schulden steigen, ihre Löhne gekürzt werden, ihre Arbeitsplätze verloren gehen, und fragen sich: Gibt es einen Weg nach vorn?

Die Antwort ist ein klares Ja, aber wir müssen dafür kämpfen. Wir müssen im Hier und Jetzt für eine vollständige Überarbeitung der Polizeiarbeit, für sichere und stabile Wohnungen und Gesundheitsfürsorge, für Beschäftigungsprogramme sowie für voll finanzierte Bildungs- und Sozialdienste kämpfen.

Aber wir können diese Reformen auch nicht als Endziel betrachten. Unser Projekt muss darin bestehen, eine multi-ethnische Bewegung der Arbeiter*innenklasse zu schaffen, um dem System des Kapitalismus ein Ende zu setzen - dem System, das die Basis unserer Gesellschaft bildet.

Unsere politischen Institutionen - einschließlich der Polizei - existieren, um die Interessen der kapitalistischen herrschenden Klasse zu verteidigen, nicht die der arbeitenden Menschen. Wenn wir den jahrhundertelangen anti-schwarzen Rassismus und alle anderen Formen der Unterdrückung wirklich überwinden wollen, brauchen wir ein völlig neues System. Eines, das Spaltung, mörderischen Wettbewerb und das Horten von Ressourcen nicht belohnt, sondern echte Solidarität, Zusammenarbeit und eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums belohnt, eine sozialistische Gesellschaft.

Der rechte Rand

Franz Neuhold

Die Corona-Krise bestätigt, worum es der extremen Rechten mit ihrem Gerede von „Volk“ und „natürlichen Gesetzen“ eigentlich geht. Dabei haben es diese Ideolog*innen gerade mit den Naturwissenschaften nicht so. Darwin legte 1859 mit der Veröffentlichung von „Über die Entstehung der Arten“ den Grundstein der Evolutionsbiologie. Dem folgten über 160 Jahre Forschung bezüglich der Entwicklung von Leben und Lebensformen sowie der Wechselwirkungen von Evolutionsfaktoren und Umwelt. Nirgendwo geht es darum, dass ein Löwe ins Fitnessstudio geht, um stärker zu werden. Nirgendwo liest man, dass man nach den „Gesetzen der Natur“ einen verletzten oder verletzlichen Menschen liegen lassen sollte, weil er/sie schwach sei. Nirgendwo gibt es eine wissenschaftliche Substanz für „sozialdarwinistischen“ Rassismus-Müll.

Der republikanische Vizegouverneur von Texas, Dan Patrick, gewinnt wohl den Idiotie-Preis für Sozialdarwinismus: "Es gibt wichtigeres als Leben.". In Deutschland sorgt sich die AfD ebenso um das „Wiederhochfahren unserer Wirtschaft“ wie hierzulande die FPÖ. Wessen Wirtschaft? Könnte es sein, dass das ganze Geschwafel von „Volk“ und „dem Stärkeren“ nur den kapitalistischen Profiten dienen soll?

Die „Herde“, um die es beim epidemiologischen Begriff der Herdenimmunität geht, ist übrigens die Weltbevölkerung. Jeder nationalistische Ansatz eines Krisenmanagements ist von vornherein ungenügend. Internationalismus und Anti-Rassismus sind in Verbindung mit der Überwindung des Profitsystems Kapitalismus die Problemlöser.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

50.000 gegen Rassismus und Polizeigewalt

Bis zu 50.000, vor allem junge Menschen, haben gestern in Wien in Solidarität mit den Protesten in den USA demonstriert. Die Stimmung war beeindruckend kämpferisch und entschlossen. Wir waren mit einem lautstarken Block dabei und haben vor allem betont, dass wir rassistische Gewalt auch in Österreich bekämpfen müssen. Auch hier ermordet die Polizei Schwarze und Geflüchtete. Den alltäglichen staatlichen Rassismus spürten während der Corona-Ausgangsbeschränkungen vor allem Jugendliche mit Migrationshintergrund, die am stärksten von der Repression betroffen waren.

Hier der Text des Flyers, den wir verteilt haben:

"You can't have capitalism without racism" - Malcolm X

Die Ermordung von George Floyd durch die Polizei von Minneapolis hat die größten antirassistischen Proteste in den USA seit der Bürger*innenrechtsbewegung ausgelöst. Die Wut über die tägliche rassistische Polizeigewalt, aber auch über 100.000 Tote durch das Coronavirus und über 40 Millionen, die durch die aktuelle Krise bereits arbeitslos wurden, entlädt sich nun in einer Rebellion von unten. In den USA, der Hochburg des Kapitalismus, zeigt sich, wie brutal und verrottet dieses System ist - und wie tief der Rassismus darin verwurzelt ist.

Doch das ist hierzulande nicht anders. Die Morde an Marcus Omofuma und Seibane Wague sind nur zwei Beispiele für den systemischen Rassismus im österreichischen Staatsapparat. Ja, FPÖ und ÖVP sind offen rassistisch - doch es ist pure Heuchelei, wenn Vertreter*innen von SPÖ und Grünen jetzt mit dem Finger auf die USA zeigen und sich antirassistisch präsentieren. Die SPÖ hat jahrzehntelang an der Regierung den staatlichen Rassismus mitorganisiert. Sie hat das Asylrecht eingeschränkt. Sie hat die “Obergrenzen” eingeführt. Das Regierungsprogramm, auf dem die Grünen stehen, sieht den Kampf gegen “illegale Migration” genauso vor wie die “Sicherungshaft ”. Alle Parteien, die auf dem Boden des Kapitalismus stehen, machen rassistische Politik.

Die Bewegung in den USA sollte uns allen ein Vorbild sein: Der furchtlose Widerstand gegen die Polizeirepression, die mutige und off ensive kollektive Aktion, und vor allem die Solidarität der Basis der organisierten Arbeiter*innenbewegung. Ein Busfahrer in Minneapolis wurde über Nacht weltbekannt, nachdem er sich weigerte, verhaft ete Demonstrant*innen ins Gefängnis zu transportieren. Dieser Busfahrer ist Mitglied von Socialist Alternative, der US-Schwesterorganisation der SLP. Seine Gewerkschaft , die ATU, griff sein Beispiel auf, woraufh in sich auch in New York Busfahrer*innen weigerten, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Zahlreiche andere Gewerkschaft en zeigen sich mit der Bewegung aktiv solidarisch. Es ist gut, wenn der ÖGB sich nun im Internet ebenfalls solidarisiert - doch er hat es jahrzehntelang verabsäumt, einen konsequenten Kampf gegen die rassistische Spaltung der Arbeiter* innenschaft zu führen. Den schönen Worten über die USA müssen nun Taten in Österreich folgen!

Die Macht der organisierten Arbeiter*innenklasse in all ihrer Vielfalt ist die einzige gesellschaft liche Kraft , die dieses rassistische System tatsächlich bezwingen kann: Durch Mobilisierungen, Streiks, Besetzungen, organisierte Selbstverteidigung und den Aufb au einer politischen Kraft , die konsequent auf der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten ist: eine revolutionäre, sozialistische Kraft . Dafür kämpfen Socialist Alternative in den USA, die SLP in Österreich und unsere Schwesterorganisationen der ISA in über 30 anderen Ländern. Werde auch du Teil nicht nur des Widerstands, sondern der Revolution!

Auf der Rückseite verbreiteten wir einen Aufruf unserer US-Schwesterorganisation Socialist Alternative:

#JusticeForGeorgeFloyd

We need mass, coordinated protests and days of action which are prepared to resist attempts by the military to suppress the demonstrations. The wider working class, and especially the labor movement, should fully mobilize its membership to these actions, and should find ways to disrupt the military’s use of our workplaces to suppress calls for justices. If the violence at the hands of the military are any indication of what’s coming, with community members being shot with rubber bullets for simply standing on their porch, unions should also make immediate preparations for a one day general strike.

 

Socialist Alternative calls for:

  • One Down, Three to Go – Immediately prosecute all four killer cops. 

  • National Guard Out – So far the National Guard presence has achieved nothing but terrorizing working class communities, injuring journalists covering non-violent protests, and protecting banks and police precincts. Time to go!

  • Expand The Struggle – Mass, coordinated protests and national days of action for #JusticeForGeorgeFloyd. 

  • An Injury to One Is an Injury to All – Unions should fully mobilize their memberships to the protests, assist with solidarity contingents to protect the protests, and lay plans for a one day general strike. 

  • Community Councils – Organize community councils to discuss next steps, protect against the threat emboldened vigilante violence as well as the National Guard, and distribute aid and resources.

  • No Trust in Minneapolis Mayor Frey – Launch an elected community-led restructuring of the Minneapolis Police Department, including an elected civilian board with real teeth, including over hiring, firing, reviewing budget priorities, and the power to subpoena. Spread this model nationally. 

  • Fund Schools and Affordable Housing, not the Police – Police violence is part and parcel of the capitalist system, which rests on structural racism and inequality. Tax the rich to invest in green jobs, social programs, public education, and permanently affordable social housing.

  • The Whole System is Guilty – Malcolm X said: “You can’t have capitalism without racism.” To win lasting change, the fight against police racism and the corporate political establishment must be expanded into a fight against the capitalist system itself. Join Socialist Alternative today!

Rassistischer Mord in den USA - Gerechtigkeit für George Floyd

Minneapolis - Kein Vertrauen in Bürgermeister Frey oder Trumps FBI
Sozialistische Alternative Minnesota

George Floyd ist am 25. Mai 2020 erstickt, durch das Knie eines Polizeibeamten aus Minneapolis auf seinem Hals. Ein Video von Floyds Ermordung, das von der Washington Post veröffentlicht wurde, zeigt deutlich, dass die Polizei gelogen hat, was Floyds Widerstand gegen seine Verhaftung angeht. Ermordet, weil er "wie ein Verdächtiger aussah": Die Ereignisse um George Floyds Tod enthüllen die beiläufige, aber tödliche Brutalität der Polizei.

Die Polizei verhaftete Floyd aufgrund des Hinweises, jemand in der Gegend habe versucht, mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein zu bezahlen. Abgesehen davon, dass Mord eine schreckliche und ungerechte Reaktion auf die bloße Beschuldigung eines Armutsverbrechens bleibt, ist der Mord an Floyd ein Vorgeschmack auf die Reaktion des Staates während einer sich vertiefenden Wirtschaftskrise, die fast 40 Millionen Menschen arbeitslos gemacht hat. Immer wieder wurden Floyds Worte "Ich kann nicht atmen" auf Video aufgenommen, was auf tragische Weise an Eric Garner erinnert, der 2014 von der Polizei ermordet wurde. Sein Tod löste Massenproteste auf dem Höhepunkt der Black Lives Matter-Bewegung aus.

Innerhalb weniger Stunden wurde aus Wut Widerstand. Mehrere tausend Menschen marschierten zum Dritten Bezirk. An den Häusern entlang der Marschroute hingen Schilder zur Solidarität an den Türen und Vordächern, unterstützt von der breiten Bevölkerung. Die Antwort auf den Protest waren Tränengas, Pfefferspray, Gummigeschosse und Blendgranaten.

Um #JusticeforGeorgeFloyd zu erreichen, können wir nicht dem gleichen politischen Establishment vertrauen, das uns an diesen Punkt gebracht hat. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass diese Proteste die beste Möglichkeit sind, Gerechtigkeit für George F. Lloyd durchzusetzen und die Aufmerksamkeit auf die anhaltende Realität der Polizeibrutalität zu lenken. Wir sollten den Kampf ausweiten und breitere Mobilisierungen für koordinierte Massenaktionstage organisieren, an denen Jugendliche, people of colour und die breitere Arbeiterklasse teilnehmen. Es besteht die Gefahr, dass Proteste ohne eine nachhaltige, koordinierte Struktur an Schwung verlieren können. Eine gut organisierte Massenbewegung kann damit beginnen, den strukturellen Rassismus und die Ungleichheit der Polizeigewalt  zu bekämpfen, indem sie Forderungen nach Sozialprogrammen, öffentlicher Bildung und dauerhaft erschwinglichen Sozialwohnungen aufgreift.

Kein Vertrauen in Bürgermeister Frey oder Trumps FBI

Die Reaktion der Polizei von Minneapolis (MPD) auf diese Proteste steht in krassem Gegensatz zu der Art und Weise, wie bewaffneten "Liberate the State"-Proteste Wochen zuvor begegnet wurde. Die Reaktion der MPD erhöht das Risiko, dass rechte Bürgerwehren sich ermutigt fühlen, Demonstrant*innen zu terrorisieren, wie das bei den Gewaltaktionen rassistischer Bürgerwehren gegen die Besetzung des Vierten Bezirks im Jahr 2015 der Fall war. Der Boss der Polizeigewerkschaft der MPD, Bob Kroll, ist ein glühender Anhänger von Trump, den er bei einer Kundgebung im Jahr 2019 präsentierte was das Risiko erhöht, dass Trump und rechte Kräfte eingreifen könnten.

Um der gewaltsamen Unterdrückung durch die MPD oder der Drohung  rechtsextremer Bürgerwehren zu begegnen, müssen Massenorganisationen wie Gewerkschaften die Proteste unterstützen und ihre Ressourcen nutzen, um Solidaritätskomitees zum Schutz der Demonstrant*innen zu organisieren. Das Potenzial für die Solidarität haben die Krankenpflegegewerkschaften von Minnesota und die Lehrergewerkschaften von Minneapolis durch Erklärungen gezeigt, in denen sie den Mord an Floyd verurteilen. Andere Gewerkschaften sollten dasselbe tun.

Unter dem immensen Druck eines massiven öffentlichen Aufschreis und in der Erkenntnis, dass die Menschen kein Vertrauen in die Ermittlungen der MPD haben, drängte Bürgermeister Jacob Frey schnell darauf, dass die Ermittlungen durch das Minnesota Bureau of Criminal Affairs und das FBI geleitet werden sollten. Politiker*innen nutzen diese Taktik, um Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen, welche die sofortige strafrechtliche Verfolgung der beteiligten Beamten fordern, und um Bewegungen zu schwächen, die für strukturelle Änderungen der Polizeiarbeit kämpfen.

Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass die staatlichen und bundesstaatlichen Strafverfolgungsbehörden keine Freunde von Menschen aus der Arbeiter*innenklasse sind, insbesondere von Migrant*innen und schwarzen Gemeinschaften. Das Minnesota Bureau of Criminal Affairs war die Organisation, die den Mord an Philando Castille untersucht und den Weg für den Freispruch des Beamten geebnet hatte. Andere Methoden wie eine Grand Jury funktionieren selten und führen in weniger als 2% der Fälle zu Anklageerhebungen wegen Polizistenmordes.

Wir sollten auch nicht denken, dass das FBI es besser machen wird. Unter der Leitung von Donald Trump, der sich routinemäßig auf die Seite von Mörderpolizisten und von rechtsextremen Kräften stellt, hat das FBI eine lange Geschichte der Terrorisierung von Arbeiter*innenorganisationen vorzuweisen. Dazu gehören das Spionageprogramm, mit dem lokale muslimische Jugendliche in die Falle gelockt werden, die Unterdrückung von indigenen Menschenrechtsaktivisten und Programme wie COINTELPRO, die auf Gewalt gegen Bewegungen von Schwarzen und People of colour abzielen.

Während wir für die sofortige Strafverfolgung der in den Fall verwickelten Beamten kämpfen sollten, brauchen wir eine Veränderung der MPD von Kopf bis Fuß. Denn die Ermordung von George Floyd folgte auf die Ermordung von Justine Damond im Jahr 2017, auf die Ermordung von Jamar Clark im Jahr 2015 und auf die Ermordung von Terrance Franklin im Jahr 2013, um nur einige Beispiele zu nennen.

Schon jetzt weisen Politiker aber jede strukturellen Veränderung zurück. So fordert zum Beispiel Minnesotas hochrangige US-Senatorin Amy Klobuchar, eine von Joe Bidens obersten VIP-Entscheidungen, eine Untersuchung der "beteiligten Personen". Ihre Erklärung blendet die Realität aus, dass nur wenige diensthabende Polizist*innen jemals für ihre Verbrechen strafrechtlich verfolgt wurden, auch wenn sie auf die brutalen und rassistischen Praktiken innerhalb der MPD im Umfeld dieses Vorfalls hinweist.

Wir haben kein Vertrauen in Bürgermeister Frey oder das FBI von Trump, wenn es darum geht, Gerechtigkeit durchzusetzen. Ihr anhaltendes Versagen bei der Säuberung der rassistischen Polizei und bei der Beendigung der tief verwurzelten rassistischen Voreingenommenheit in der Strafverfolgung zeigt die dringende Notwendigkeit einer völlig unabhängigen, von gewählten Gemeindevertretern geführten Untersuchung mit vollen Befugnissen über die Polizei von Minneapolis, einschließlich der Befugnis, vorzuladen, einzustellen, zu entlassen und die Haushaltsprioritäten zu überprüfen. Diese Befugnisse sollten zu einem ständigen, demokratisch gewählten kommunalen Kontrollgremium ausgebaut werden.

Das gesamte System ist schuldig

Der Stadtrat hat nur das Nötigste getan und dies nur nach massivem Druck der Bevölkerung. Trotz vieler bekannt gewordener Polizistenmorde haben sich die Polizisten, anstatt die Polizei zur Säuberung zu drängen, dem Ruf der Kommunen nach Gerechtigkeit widersetzt. Selbst der "progressive" Flügel des Stadtrats ergreift keine Maßnahmen. Im Jahr 2018 stimmten die Ratsmitglieder Alondra Cano und Rats-Vizepräsidentin Andrea Jenkins zusammen mit Lisa Goodman, Abdi Warsame und Linea Palmisano gegen eine Ausweitung der Befugnisse des Stadtrats, um eine gewisse Aufsicht über die Polizei von Minneapolis zu gewährleisten. Sie stellten sich auf die Seite des Polizeichefs Medaria Arradondo, dessen Ernennung zum ersten schwarzen Polizeichef selbst als eine fortschrittliche Maßnahme angesehen wurde, und des Bürgermeisters Jacob Frey, der sich "hartnäckig" gegen jede zusätzliche Aufsicht über die MPD aussprach.

Während Unternehmen wie Target in der Zeit des Corona-Lockdowns Rekordumsätze verbuchen und Wall-Street-Firmen wie die US Bank hier ihren Hauptsitz haben, führen die Demokraten mit  Minneapolis einer der ethnisch und wirtschaftlich ungleichsten Städte des Landes. Der Stadtrat widersetzte sich jahrelang hartnäckig dem Mindestlohn von 15 $/Std. und verabschiedete ihn schließlich erst unter dem Druck einer wachsenden Bewegung, wobei er häufig rechtsgerichtete Parolen über Niedriglohnarbeiter*innen, Löhne und Arbeitsplatzschaffer wiederholte. Jahrelang hat er versucht, das zu privatisieren, was vom öffentlichen Wohnungsbau übrig geblieben ist, und förderte stattdessen Anreize für die Entwicklung von Luxusgütern mit der Begründung, dass dabei auch Vorteile für Arbeiter*innenklasse abfallen würden. So kamen vor einem Jahr fünf Menschen bei einem Brand in einer Hochhauswohnung ums Leben. Das hätte verhindert werden können, wenn die städtischen Bauvorschriften den Vermieter verpflichtet hätten, eine Sprinkleranlage zu installieren.

Im Kapitalismus wird die Rechtsstaatlichkeit als Vorwand für die Unterdrückung der Beschäftigten und der marginalisierten Gemeinschaften benutzt. Sie verflüchtigt sich immer dann, wenn es zu massenhaftem Unternehmensbetrug durch die Milliardärsklasse kommt.

Wir können eine Alternative aufbauen. Die Schwächen im Stadtrat von Minneapolis stehen im Kontrast zu den Aktiväten von Kshama Sawant, einem Mitglied der Sozialistischen Alternative, die dreimal in den Stadtrat von Seattle gewählt wurde. Sie war eine so verläßliche Stimme für die Menschen der Arbeiter*innenklasse, dass Unternehmen wie Amazon 1,5 Millionen Dollar für den Versuch ausgaben, ihre Wiederwahl im vergangenen Jahr zu verhindern. Das war die Rache für ihre Bemühungen, gegen Milliardengewinne von Großunternehmen eine Bewegung für eine "Amazon-Steuer" aufzubauen.

Kshama Sawant ist auch eine konsequente Stimme gegen Polizeibrutalität. Sie kämpft gegen eine weitere Militarisierung der Polizei von Seattle und steht als einzige "Nein"-Stimme im Stadtrat gegen einen Polizeivertrag, der grundlegende Maßnahmen zur Rechenschaftslegung abschafft. Dies erzürnte das Establishment der Demokratischen Partei und die rechte Führung der Polizeigewerkschaft, die sich an der Seite des Großkapitals für ihre Niederlage einsetzte. Stellen wir uns vor, was wir in Zeiten wie diesen mit auch nur einem gewählten Abgeordneten in Minneapolis tun könnten, der sich im Gegensatz zu den üblichen Politikern als rechenschaftspflichtig gegenüber Bewegungen der sozialen Gerechtigkeit versteht!

Wir müssen alles daran setzen, die Proteste mit dem Ziel der Gerechtigkeit für George Floyd zu organisieren.

Die Sozialistische Alternative fordert:

  • Strafverfolgung der Polizei - Sofortige Festnahme und Anklage der vier an der Ermordung von George Floyd beteiligten Beamten.
  • Gerechtigkeit für George Floyd - koordinierte Massenproteste und Aktionstage, die Jugendliche und Leute aus der Arbeiter*innenklasse, besonders People of Color völlig, in die Planung und Mobilisierung einbeziehen.
  • Kein Vertrauen in Bürgermeister Frey oder Trumps FBI - Start der Umstrukturierung einer von der Gemeinde gewählten MPD, einschließlich Einstellung, Entlassung, Überprüfung der Haushaltsprioritäten und der Befugnis zur Vorladung.
  • Armut ist Staatsgewalt - Polizeigewalt ist ein wesentlicher Bestandteil des kapitalistischen Systems, das auf strukturellem Rassismus und Ungleichheit beruht. Besteuerung der Reichen, um in ökologisch nachhaltige Arbeitsplätze, Sozialprogramme, öffentliche Bildung und dauerhaft erschwingliche Sozialwohnungen zu investieren.
  • Das ganze System ist schuldig - Malcolm X hat gesagt: "Man kann keinen Kapitalismus ohne Rassismus haben." Um dauerhafte Veränderungen zu erreichen, muss der Kampf gegen den Polizei-Rassismus und das politische Establishment, was im Interesse der Grosskonzerne handelt, zu einem Kampf gegen das kapitalistische System selbst ausgeweitet werden.

Foto: Sigal Photos (https://www.facebook.com/pg/bsigalphotos/photos/?tab=album&album_id=1039439206532466)

 

Die Festung Europa im Schatten von Corona - Die Lager sind das Problem, nicht die Geflüchteten

von Ianka Pigors, Hamburg (dieser Artikel ist erschienen auf sozialismus.info, der Website unserer deutschen Schwesterorganisation)

OSCE Parliamentary Assembly (CC BY-SA 2.0)

Bereits vor dem Ausbruch der Corona-Krise war die Situation für Flüchtlinge an den europäischen Außengrenzen katastrophal. Nach Schätzungen von Pro Asyl sind rund 125.000 Geflüchtete, die von Frontex und der libyschen Küstenwache an der Überquerung des Mittelmeeres gehindert werden, in Libyen gestrandet. Tausende sind in den von verschiedenen Bürgerkriegsparteien und kriminellen Organisationen betriebenen Lagern und Gefängnissen unter grausamen Bedingungen zusammengepfercht. Medizinische Versorgung ist kaum vorhanden, Mangelernährung, Folter und sexuelle Gewalt sind an der Tagesordnung.

In Bosnien sind ca. 5800 Menschen, davon etwa 1000 Kinder, die versucht haben, über die sogenannte „Neue Balkan-Route“ in die EU zu gelangen, in überbelegten staatlichen Lagern eingesperrt. Mindestens 3000 weitere leben in wilden Camps nahe der kroatischen Grenze und versuchen, sie bei Nacht heimlich zu überqueren. Die kroatische Polizei ist mit mehreren tausend Mann im Einsatz, um diejenigen, die es über die Grenze geschafft haben, mit rücksichtsloser Gewalt zurück zu prügeln. Solche „push-backs“ verstoßen gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, aber das interessiert die Entscheidungsträger*innen in der EU wenig.

Türkei

Die Türkei versuchte, ihre Beteiligung an den Kampfhandlungen in Syrien zum Nato-Bündnisfall zu erklären und forderte Unterstützung von den USA und der EU. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, stellte das türkische Regime den „Flüchtlingsdeal“ zwischen der EU und der Türkei erneut in Frage und öffnete Anfang März die Grenze zu Griechenland. Etwa 13.000 Menschen versuchten daraufhin, in die EU zu gelangen. Griechenland und Frontex reagierten mit massiven Polizeieinsätzen und setzten Gummigeschosse und Tränengas an der Grenze ein. Wer es trotzdem nach Griechenland schaffte, landete in einem eilig errichteten Lager. Für illegale Grenzübertritte wurden unter Verstoß gegen internationales Flüchtlingsrecht drakonische Haftstrafen von bis zu vier Jahren eingeführt. Mindestens fünfzig Menschen aus dem Auffanglager wurden bereits in Schnellverfahren abgeurteilt. Nach Auskunft von „Monitor“ wurden auch Minderjährige, unter anderem ein 12 jähriges Mädchen, angeklagt. Das Asylrecht wurde vorläufig ausgesetzt. Auch wenn einige Flüchtlinge sich inzwischen von der Grenze zurückgezogen haben, harrten Ende März noch etwa 10.000 Menschen unter freiem Himmel auf türkischer Seite aus und hoffen auf eine Weiterreise.

Griechische Inseln

Auf den griechischen Inseln sitzen derweil mehr als 50.000 Geflüchtete fest. Nachdem die EU 2016 ihren „Flüchtlingsdeal“ mit der Türkei geschlossen hat, dürfen sie nicht weiterreisen. Allein in dem berüchtigten Lager Moria auf Lesbos kämpfen in einem für 3000 Personen ausgelegten Camp über 20.000 Menschen ums Überleben.

Mit der Zuspitzung der Corona-Krise hat die EU, die schon bisher nur schleppend umgesetzten Umsiedlungsmaßnahmen für Flüchtlinge fast vollständig ausgesetzt. In den überfüllten Camps bahnt sich eine humanitäre Katastrophe an. Unter den bei schlechten hygienischen Bedingungen zusammen gedrängten und bereits durch andere Krankheiten und Parasiten geschwächten Menschen könnte sich das Corona-Virus ungehindert ausbreiten und ein Massensterben verursachen. Bereits jetzt gibt es Berichte über Verdachtsfälle in libyschen Lagern.

Wohnungen statt Massenunterkünfte

Auch in Deutschland stellt die Massenunterbringung von Geflüchteten – aber auch von deutschen Obdachlosen – ein Problem dar. In der Lagern und Unterkünften, in denen sich häufig sechs- und mehr Menschen einen Schlafraum teilen müssen, ist „social distancing“ unmöglich. Die Leute haben Angst sich anzustecken- und zwar aus gutem Grund. Am 17. März kam es in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl zu einem Großeinsatz mit zwei Hundertschaften in Infektionsschutzausrüstung. In dem berüchtigten Lager, in dem es schon seit Jahren Beanstandungen wegen schlechter Infrastruktur – z.B. stundenlangem Anstehen bei der Essensausgabe – gibt, wurden die über 500 Bewohner*innen wegen eines Coronafalls unter Quarantäne gestellt. Es kam zu Protesten, da die Menschen eine erhöhte Ansteckungsgefahr fürchteten. Einige blockierten den Zugang zur Kantine, riefen zu Hungerstreiks auf und versuchten, über den Zaun des Lagers zu entkommen. Die Polizei drang in die Einrichtung ein und nahm etwa zwanzig angebliche Rädelsführer*innen in Gewahrsam. Die Leute wurden in eine ehemalige Jugendarrestanstalt gebracht, wo sie für den Rest der Quarantänezeit eingesperrt bleiben sollen.

In Hamburg stehen in einer Obdachloseneinrichtung 300 Menschen, von denen viele unter physischen und psychischen Problemen leiden oder drogen- und alkoholkrank sind, unter Quarantäne. Die Ansteckungsgefahr und die psychischen Belastungen für die Betroffenen und die Beschäftigten der Einrichtung sind enorm.

Die Festung schließt die Tore

Im Schatten der Corona-Krise wird die Festung Europa weiter ausgebaut. Das Recht auf Flüchtlingsschutz und die Ausübung demokratischer Rechte werden eingeschränkt, legitimer Protest kriminalisiert. Aus Angst vor Ansteckung in Massenunterkünften und Lagern werden die Menschen vermehrt versuchen, sich der staatlichen Kontrolle in den Einrichtungen zu entziehen und untertauchen oder „Platte machen“. Dadurch wird ihr Zugang zu medizinischer Versorgung erschwert und die Gefahr einer unkontrollierten Verbreitung des Virus gesteigert. Illegalisierte Menschen sind besonders stark von Ausbeutung und sexueller und anderer Gewalt bedroht. Gleichzeitig führt die mit Illegalisierung verbundene Verelendung häufig zu Verzweiflungshandlungen, unter denen auch andere, insbesondere andere Arbeitnehmer*innen, zu leiden haben, z.B. durch Schwarzarbeit zu Dumpinglöhnen, Kleinkriminalität, Zahlung von Wuchermieten in illegal überbelegten Wohnungen und Prostitution.

Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot gibt es im Kapitalismus auch ohne Migration. Das Problem sind nicht die Geflüchteten. Die Umverteilung von unten nach oben führt dazu, dass Wohnungen unbezahlbar und existenzsichernde Arbeit knapp wird. Die Geflüchteten verursachen keine Verbreitung des Virus – aber Lager und Massenunterkünfte können seine Verbreitung beschleunigen.

Um das Risiko für alle zu verringern, müssen die Massenunterkünfte und Lager sofort aufgelöst werden. Den Betroffenen muss nach Abklärung des Gesundheitszustands die geordnete Weiterreise innerhalb Europas ermöglicht werden. Vor Ort muss eine dezentrale Unterbringung und unbürokratische Versorgung mit Sozialleistungen und medizinischer Versorgung sichergestellt werden.

Die SLP fordert: 

Abschiebestopp und Auflösung der Lager und Aufnahme der Geflüchteten in Europa!

Die untragbare Situation nicht nur an der griechisch-türkischen Grenze in Lagern wie Moria muss beendet werden! Wir fordern die Auflösung der Lager und Aufteilung der Geflüchteten auf Wohnungen und nötigenfalls auch leer stehende Hotels in Europa. In Österreich stehen Kapazitäten leer, Einrichtungen für Geflüchtete werden geschlossen und die dort Beschäftigten verlieren ihre Jobs. Auch Enteignung von leerstehendem Wohnraum dafür und überhaupt für Menschen mit Bedarf ist völlig angemessen.Geflüchtete, die bereits hier sind, dürfen nicht abgeschoben werden, zumal ihnen derzeit die Mittel, sich dagegen zu wehren, verwehrt bleiben. Die Kosten sollen von Konzernen wie Glock, OMV&Co getragen werden, die starken Anteil an dem Elend in den Herkunftsländern tragen und außerdem trotz Corona weiter produzieren lassen!

Geflüchtete aufnehmen! Sozialbereich ausfinanzieren! Fluchtprofiteure sollen zahlen!

Flyer zur Demo Transnationale Solidarität gegen Rassismus und Krieg

 

Zeitgleich mit dem Einsatz von Tränengas, Wasserwerfern und scharfer Munition gegen Geflüchtete an der EU-Außengrenze streiken in Österreich die Beschäftigten im privaten Gesundheits- und Sozialbereich, u.a. Flüchtlingsbetreuer*innen, für eine 35-Stundenwoche bei vollem Lohn und Personalausgleich. Es geht darum endlich mehr Geld in Soziales zu investieren: davon profitieren Geflüchtete, Menschen mit Beeinträchtigungen, Ältere, Kinder und Jugendliche … also wir alle und unabhängig von unserer Herkunft! 

"In Österreich werden aktuell Einrichtungen im Flüchtlingsbereich geschlossen und Menschen verlieren ihre Jobs, während Gefüchtete an der griechischen Grenze mit militärischen Mitteln bekämpft werden."

Verbinden wir die Auseinandersetzung im Sozialbereich mit dem Kampf gegen das EU-Grenzregime machen klar: Geflüchtete überfordern uns nicht, es gibt die Einrichtungen und die Fachkräfte; um Menschen zu betreuen! Das braucht ausreichend finanzielle Mittel um menschenwürdige Betreuung und gute Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Geld ist genug da, österreichische Konzerne profitieren von Krieg und Ausbeutung, die Menschen zur Flucht zwingen - aus ihren Vermögen und Gewinnen kann menschenwürdige Unterbringung für Geflüchtete finanziert und die katastrophale Situation an der griechisch-türkischen Grenze zu überwunden werden. 

 

Die Regierungen, die Geflüchtete niederknüppeln; sind dieselben die Sozialsysteme aushungern um die Profite der Superreichen zu garantieren. Was wir brauchen ist ein gemeinsamer Kampf für ein gutes Leben für alle unabhängig von der Herkunft.

 

 

 

File Attachment: 

Bleiberecht statt Profit!

Christine Franz

Zuletzt kam es zu Wellen der Solidarität, um Abschiebungen von Lehrlingen zu verhindern, wie bei Hossein K., der eine Lehre zum Betriebselektriker in Schladming machte. Es protestierten 600 Menschen, eine Petition wurde gestartet und ein Video seiner Pateneltern verbreitet.

Abschiebungen während der Lehre wurden dank der Proteste zwar erschwert – doch finden diese dann nach der Lehre statt. Schellhorn (Neos) wies darauf hin, dass es wirtschaftlich gesehen unklug wäre, Personen abzuschieben, die den „Fachkräftemangel“ ausgleichen können. Auch die ÖVP folgt dieser Logik: Asylwerber ⃰ innen dürfen bleiben, wenn sie für das Kapital profitabel und somit verwertbar sind. Wir stellen uns klar gegen diese Profitlogik! Lehrlinge gehören zur österreichischen Arbeiter*innenklasse, wie wohl die meisten Asylwerber*innen. Werden ihnen Rechte verwehrt, sind wir alle schwächer. Wir sind gegen jede Abschiebung, jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Würde und Sicherheit. Es gibt genug Reichtum, um allen Ankommenden finanzielle Sicherheit zu bieten, ohne von Österreicher*innen zu nehmen – Reichtum, der von Arbeiter*innen geschaffen wird. Höchste Zeit, dass die Gewerkschaft aufhört, der Standortlogik zu folgen, die nur den Bossen nützt und uns spaltet. Höchste Zeit auch, dass sie Geflüchtete im Kampf um ihre Rechte organisiert und aktiv gegen Abschiebungen kämpft!

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Der rechte Rand

Peter Hauer

Zitat von Göring, dass die "Waffen-SS anfangs nichts anderes war als die Kinderfreunde der SPÖ", “Frauen wollen Privilegien [...], aber wollen ihre Beine nicht spreizen”, Werbung machen mit dem Treuelied der SS (an der Linzer Kepler Uni): Das sind Aussagen der selbsternannten Elite von rechts-außen-Uni-Professoren. Dazu gehört Lothar Höbelt (erste beiden Beispiele), der an der Uni Wien unterrichtet und Jeff Hoeyberghs (3. Beispiel), ein Schönheitschirurg aus Belgien, welcher als Redner von einer dortigen Burschenschaft eingeladen war. Viele der Personen, die im Vorlesungssaal sitzen, sind keine 0815 Studenten, sondern überzeugte Rechtsextreme. Diese fühlen sich an den Unis wieder verstärkt wohl und es gibt viele weitere Beispiele: Werner Kuich, Alois Gruber (beides Aula-Autoren), Wilhelm Brauneder… Sie wollen zurück zu einer Universität der finanziellen Eliten. Sie wollen die Kinder v.a. aus der Arbeiter*innenklasse durch Studiengebühren fernhalten und sie wollen endlich die konservative Wende und die „68er“ loswerden. Die Verträge dieser rechten Recken werden aus den Unibudgets mit hunderttausenden Euro finanziert – damit Identitäre, RFJler, Burschenschafter und andere Rechtsaußen mittels Steuergelder ihre rassistischen, sexistischen und homophoben Ideologien verbreiten können. Kein Wunder, dass es dagegen Proteste gibt: An der Uni in Wien z.B. in den Vorlesungen von Höbelt. Oder in Belgien: Hier organisiert die sozialistisch-feministische Initiative ROSA Proteste gegen Hoeybergh.

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