Geschichte und politische Theorie

Sieg des Faschismus war Folge der Fehler der Linken

Sozialismus oder (faschistische) Barbarei – diese Frage stellte sich auch in Spanien in den 1930er Jahren.
Lukas Kastner

Beim Spanischen Bürgerkrieg ging es um viel mehr als die bloße Bekämpfung des Faschismus. Millionen trugen eine Revolution mit dem Ziel einer demokratischen sozialistischen Gesellschaft. Revolution und BürgerInnenkrieg entsprangen einer ökonomischen, sozialen und politischen Situation, die von starken Widersprüchen geprägt war: Einerseits die spanische Landwirtschaft, die feudal von wenigen GroßgrundbesitzerInnen kontrolliert wurde, während Millionen KleinbäuerInnen und LandarbeiterInnen in bitterer Armut lebten und brutal unterdrückt wurden. Andererseits wenige moderne industrielle Zentren, die großteils in ausländischer Hand waren. Trotzki beschreibt die politischen Folgen dieser kombinierten und ungleichen Entwicklung: Im Unterschied zu den entwickelten kapitalistischen Ländern war die bürgerliche Klasse äußerst schwach und konnte keine führende Kraft im Kampf gegen Adel, Militär und Klerus werden, sondern war im Gegenteil stark mit diesen verbunden. Da die Unternehmer häufig gleichzeitig Großgrundbesitzer waren, hatten sie an der Etablierung einer bürgerlichen Demokratie kein Interesse und waren auch nicht in der Lage dazu. Das Erkämpfen demokratischer Freiheiten und eine Lösung der Landfrage konnte nicht einfach durch eine bürgerliche Revolution erreicht werden, für die ja die tragenden Kräfte fehlten, sondern nur durch deren Übergang in eine sozialistische.

In den industriellen Zentren kam es zur Formierung einer ArbeiterInnenbewegung. Unter der unterdrückten Landbevölkerung gab es immer wieder Aufstände. Die Stärke des Anarchismus in Spanien hat seine Ursache im verspäteten Auftreten der ArbeiterInnenbewegung und den Protesten der LandarbeiterInnen im 19. Jahrhundert. Aber eben wegen der Bedeutung des Anarchismus entwickelte er in Spanien eine syndikalistische Praxis, in der v.a. Gewerkschaften den antikapitalistischen Kampf führen sollten. Eine revolutionäre Partei, die die verschiedenen Proteste vereinigen hätte können, lehnten sie jedoch ab. Wie die meisten Parteien der 2. Internationale entwickelte auch die spanische Sozialdemokratie bald eine reformistische Praxis und sah als zentrales Ziel den Aufbau einer bürgerlichen Republik.

Das Ende des 1. Weltkrieges – von dem Spaniens Wirtschaft profitiert hatte - führte zu einer massiven Wirtschaftskrise. 1917 und 1918 kam es zu einer Streikwelle und Massenzulauf zu den Gewerkschaften. Die Gründung der kommunistischen Partei PCE folgte 1921. Das Bürgertum setzte auf die Diktatur Primo de Riveras. Unter den sozialen Spannungen brach diese 1931 zusammen. Die neu ausgerufene Republik konnte die Forderungen der ArbeiterInnenklasse und der armen Landbevölkerung nicht lösen. KapitalistInnen, GroßgrundbesitzerInnen, Adel und Kirche aber sahen sich durch die Republik bedroht. Gestützt wurde die Republik v.a. aus den Reihen der bürgerlich-liberalen RepublikanerInnen und der sozialdemokratischen PSOE.

In den folgenden Jahren kam es zu Streiks und Protesten. 1934 brachen Massenproteste gegen die rechte, arbeiterInnenfeindliche Regierung unter Lerroux aus. Diese Bewegung erlangte mit der Besetzung von Fabriken und ganzer Städte in der Asturischen Kommune ihren Höhepunkt, welche aber aufgrund ihrer Isolation brutal niedergeschlagen werden konnte. 1935 und `36 bildete die PSOE mit bürgerlichen Kräften die Volksfront, um die in den Wahlen zuvor verlorene Mehrheit wieder zu erlangen. Auch die nun stalinistische PCE trat später der Volksfront bei. Diese konnte bei den Wahlen 1936 einen Sieg einfahren. Das veranlasste KapitalistInnen und GroßgrundbesitzerInnen, sich endgültig von der parlamentarischen Demokratie abzuwenden. Vielmehr setzten sie nun auf die faschistische Falange. In den ersten Monaten 1936 verstärkte sich deren Terror gegen die ArbeiterInnenbewegung. Auf Drängen der traditionellen Eliten putschte schließlich das Militär am 17. Juli. Eine Machtübernahme der FaschistInnen wurde durch demokratische ArbeiterInnenmilizen verhindert und der Faschismus vorerst zurückgeschlagen. Doch die Volksfrontregierung verweigerte eine Bewaffnung der ArbeiterInnen. Dies ermöglichte es den FaschistInnen erst, Fuß zu fassen. Mit dem BürgerInnenkrieg erstarkten die revolutionären Umwälzungen massiv. Auf dem Land wurde Großgrundbesitz enteignet und das Land kollektiv bewirtschaftet. Die Macht des Klerus und des Kapitals wurde gebrochen. ArbeiterInnen übernahmen die Betriebe. Vielerorts entstanden lokale Komitees, deren Aufgabe die Verteidigung der revolutionären Errungenschaften und die Durchführung sozialer, politischer und ökonomischer Umwälzungen waren. So wurde z.B. die kollektive Bewirtschaftung von Land von den Komitees organisiert, die jederzeit über ihre Entscheidungen rechenschaftspflichtig und abwählbar waren. Alle zentralen Entscheidungen wurden nur in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Bevölkerung getroffen.

Von den Volksfrontparteien wurde die Revolution stets bekämpft. Die ursprünglich kleine PCE, welche durch den Einfluss und später die Waffenlieferungen der Sowjetunion an Einfluss gewann, spielte eine zentrale Rolle. Die stalinistische Bürokratie selbst hatte ein Interesse daran, die sozialistische Revolution zu unterdrücken. Zum einen war man bemüht, ein Bündnis mit britischen und französischen Bürgerlichen zu schmieden. Zum anderen hätte ein echtes sozialistisches System in Spanien auch die Macht der Bürokratie in der Sowjetunion gefährdet. Die Stalinisten forderten einen (in ihrer Erklärung vorläufigen) Verzicht auf eine sozialistische Gesellschaftsveränderung mit der Behauptung, zuerst müsse der Faschismus besiegt werden. Die linke POUM isolierte sich von den Massen, beugte sich später dem Druck der Volksfrontlogik und wurde darin zerrieben und von den StalinistInnen brutal verfolgt. Die anarchistische Führung hatte keinen Plan, wie die Revolution zu Ende geführt werden sollte und schreckte davor zurück, selbst die Macht zu übernehmen. Folglich arrangierte sie sich mit der Volksfrontregierung. Ihr fiel die Aufgabe der Zügelung der revolutionären Basis zu. Die Milizen und die Komitees wurden zurück gedrängt. Als im April 1937 in Barcelona die ArbeiterInnenmilizen aufgelöst und sogar die Maidemonstrationen verboten wurden, kam es zu Aufständen und Streiks. Diese Bewegung wurde letztendlich Anfang Mai niedergeschlagen. Die anarchistische CNT-Führung stellte sich dabei gegen ihre protestierende Basis. Tausende RevolutionärInnen wurden von Regierung und sowjetischem Geheimdienst gefoltert und ermordet. Die Hoffnung auf Unterstützung durch bürgerliche Staaten zerschlug sich: während das faschistische Deutschland und Italien ihre spanischen Bündnispartner mit Personal und Waffen versorgte, verweigerten bürgerlich-demokratische Staaten der Republik ihre Unterstützung.

Mit der Niederschlagung der Revolution wurde auch der Wille, gegen den Faschismus zu kämpfen, gebrochen. Auf Basis des Kapitalismus war der Faschismus nicht zu verhindern. Eine revolutionäre sozialistische Partei hätte einen anderen Weg aufgezeigt: Sie hätte den weiteren Aufbau des Rätesystems und die Machtübernahme der Räte vorantreiben können. Ihre zentrale Aufgabe wäre es gewesen, die revolutionären Massen gegen die reformistische Volksfront zu führen und so die sozialistische Revolution zu verteidigen UND den Faschismus zu schlagen.

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Frauen zwischen Revolution und Konterrevolution

Der aktive Kampf von Frauen war in der Spanischen Revolution essentiell. Ihre Verdrängung fatal.
Theresa Reimer

„Die Stellung der Frau ist der anschaulichste und wirkungsvollste Indikator, um die Entwicklung eines sozialistischen Regimes und einer staatlichen Politik einzuschätzen“ schrieb der russische Revolutionär Leo Trotzki 1938. Das trifft auch auf Spanien zu. Bis zur Revolution war es ein extrem rückständiges Land. Kirche und Staat waren bis zu den revolutionären Ereignissen der 1930er Jahre eng miteinander verflochten. Die Schwäche der ArbeiterInnenbewegung führte auch dazu, dass Frauenrechte, besonders am Land, so gut wie nicht vorhanden waren. In den meisten Dörfern war der tägliche Gottesdienst die einzige Möglichkeit für Frauen, am gesellschaftlichen Leben teil zu haben. „Die Priester haben die Frauen beherrscht“ meinte Clara Thalmann, Marxistin und Kämpferin im Spanischen BürgerInnenkrieg u.a. auf Seiten der POUM.

Der Rollenaufteilung waren klare Rahmen gesetzt, Frauen hatten zwar die Entscheidungsmacht im Haushalt, aber im gesellschaftspolitischen Leben nichts zu suchen. Durch die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen in Städten und Frauen in ländlichen Gebieten, in denen die katholische Kirche noch mehr Einfluss hatte, war auch das Verhalten und die Teilnahme von Frauen eine andere. Während am Land reaktionäre Ansichten sich erst langsam nach der Revolution aufweichten, lief diese Entwicklung in den Städten schneller ab. Frauen diskutierten über politische Themen, bewegten sich zum ersten Mal frei und alleine in der Öffentlichkeit und beteiligten sich auch direkt an den Kämpfen. Von Anfang wollten Frauen Teil der Milizen sein, 2-3% aller KämpferInnen an der Front waren Frauen (milicianas). Auch in den Räten spielten Frauen eine wichtige Rolle, besonders was die Verwaltung und Aufteilung von Lebensmitteln anbelangte. Mit dieser praktischen Arbeit begannen viele Frauen das erste Mal, aktiv mitzubestimmen. Erst durch die Kontrolle der stalinistischen Bürokratie ab 1937 war die Lebensmittelversorgung nicht mehr gesichert. Kleine Betriebe wurden aus der Kollektivierung zurück an die Eigentümer abgegeben, was zu höheren Preisen, schlechter Aufteilung und der Entstehung von Schwarzmärkten führte.

Im Verlauf der Revolution bildeten sich auch Frauenorganisationen heraus. Am wichtigsten war hierbei wohl die anarchofeministische Organisation „Mujeres Libres“ (Freie Frauen), die sich als Teil der anarchosyndikalistischen CNT verstand und bis zu 38.000 Mitglieder zählte. Diese hatten eine doppelte Aufgabe im Sinn, die Errichtung einer neuen Gesellschaft und gegen sexistische Traditionen (auch in den eigenen Reihen) aufzustehen. Die „Mujeres Libres“ kämpften an der Front, bildeten aber auch Frauen aus und besprachen Themen wie sexuelle Aufklärung, Verhütung und Abtreibung. Weiters kämpften sie gegen die ökonomische Abhängigkeit von Frauen. Ab 1939 wurden viele verfolgt und in Lagern interniert.

An der Front wurden die Milizen auch von Prostituierten unterstützt, die ebenfalls gegen die Faschisten kämpften, nachdem Revolutionäre und Frauen gemeinsam Zuhälter umgebracht oder vertrieben hatten. Aufgrund der stalinistischen Volksfronttaktik wurde erst den ehemaligen Prostituierten „empfohlen“, sich von der Front zurückzuziehen. Sie würden für Unruhe innerhalb der Milizen sorgen und sollten sich deshalb „im Hinterland für die Revolution einsetzen“. Dies stellte einen der ersten Schritte der Aushöhlung von Frauenrechten dar. Es folgte ein Dekret, wonach keine Frauen mehr an der Front kämpfen sollten, später sollten die revolutionären Milizen durch die Volksarmee verdrängt werden.

Die Dominanz des Stalinismus und damit das Zurückdrängen revolutionärer Errungenschaften stellte auch einen Wendepunkt für Frauen dar. Die Entwaffnung der Kämpferinnen, die Rückkehr zu traditionell-bürgerlichen Rollenbildern hatte nicht nur pragmatische Gründe eines angeblich besseren Ressourceneinsatz. Es handelte sich auch um ein politisches Zugeständnis im Rahmen der Volksfront bzw. spiegelte auch die stalinistisch-reformistische Ideologie wider. Wie auch in der Sowjetunion drückte sich der Niedergang der Revolution durch die Machtübernahme des Stalinismus gerade auch in der Rolle der Frauen aus. Mit dem Scheitern der Volksfronttaktik und dem Sieg des Franco-Regimes wurden Frauen dann vollständig wieder zurück in die konservativen Rollenbilder gedrängt und ihnen das Recht auf Mit- und Selbstbestimmung abgesprochen. Ihre Rolle im Kampf für die Revolution und gegen den Faschismus war eine unverzichtbare gewesen.  

 

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Rote Seitenblicke - Nostradamus

Fabian Lehr

Vor 450 Jahren starb der Astrologe und Prophet Nostradamus, heute Inbegriff belächelter Zukunftsdeuterei. Aber sind wir heute über solche Phantastereien hinaus? Leben wir nicht in einer Zeit, in der Rechte breiten Applaus bekommen für hanebüchene Prophezeihungen über den nahen Untergang des Abendlandes? Sind die, die heute vom drohenden Kalifat Europa fabulieren, nicht würdige Erben des Nostradamus?

Auch in der "seriösen Wissenschaft" sieht es nicht viel besser aus. Die jahrelange wirtschaftliche Stagnation Österreichs wird ebenso lange vom Mantra begleitet "Aber nächstes Jahr wird es dann wirklich aufwärts gehen" - und jedes Jahr kommt es anders. Formuliert werden diese in jedem neuen Jahr abgelieferten Fehlprognosen nicht von Jüngern des Nostradamus - sondern von höchst respektablen "WirtschaftsforscherInnen". Von ähnlicher Güte erweisen sich oft die in wissenschaftlichem Gewand daherkommenden Wahlprognosen von Meinungsforschungsinstituten. Seriöse Prognosen sind umso schwieriger, auf ein je kurzfristigeres Ereignis sie sich beziehen. Es gibt keine Glaskugel, die uns erlauben würde, konkrete politische oder ökonomische Ereignisse in einem oder fünf Jahren sicher vorherzusagen. Vorhersagen lassen sich aber die großen gesellschaftlichen Entwicklungen: Nicht, wie hoch das Wirtschaftswachstum 2018 sein wird, aber sehr wohl, dass der Kapitalismus in seiner schwersten Krise steckt und die Optionen bald lauten "Sozialismus oder Barbarei". Dafür braucht es keine Glaskugel und keinen Nostradamus.

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Das Kleinbürgertum als Basis des Faschismus.

Marcus Volodarsky

Viele Theorien über das Wesen rechtsextremer und faschistischer Bewegungen führen den Faschismus einfach auf psychologische Merkmale oder die Leichtgläubigkeit von Menschen zurück, die sich in Krisenzeiten von DemagogInnen ansprechen lassen würden. Doch diesen Theorien fehlt ein Bezug auf die kapitalistischen Klassenverhältnisse, aus denen der Faschismus hervorgeht und auf die er sich stützt. Um den Faschismus zu verstehen, ist es aber nötig, auf seine sozialen Bedingungen einzugehen. Trotzki hat das Kleinbürgertum als Basis des Faschismus analysiert – eine bunte und widersprüchliche Mischung aus KleinunternehmerInnen, Gewerbetreibenden, höheren Beamten, Selbstständigen usw. Es existiert zwischen den zwei Hauptklassen, Proletariat und Bourgeoise, und schwankt dementsprechend zwischen ihnen. Es „will antikapitalistisch sein, ohne aufzuhören, kapitalistisch zu sein. Es will den schlechten Charakter des Kapitalismus zerstören, d.h. die Tendenzen, die es selbst ruinieren, und zugleich den 'guten Charakter' des Kapitalismus erhalten, der es ihm erlaubt, zu leben und sich zu bereichern.“ (Abraham Leon, Die jüdische Frage, 1940) Durch kapitalistische Krisen wird es verdrängt und bekommt Angst vor einer Deklassierung.
Wenn in Zeiten der schweren sozialen Krise die ArbeiterInnenbewegung auch unter einer politischen Krise leidet, die Führung also keinen revolutionären Ausweg zeigen und somit das Kleinbürgertum für einen gemeinsamen Kampf gewinnen kann, wird es für den Faschismus anfällig. Dieser verspricht ihm einen solchen „antikapitalistischen Kapitalismus“, vor allem durch den Antisemitismus: „Während er sich vor dem kapitalistischen System verbeugt, bekriegt der Kleinbürger den bösen Geist des Profits in Gestalt des polnischen Juden“ (Leo Trotzki, Porträt des Nationalsozialismus, 1933). Die kleinbürgerliche Basis ist auch bei heutigen rechtsextremen Bewegungen erkennbar: Eine von der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte Untersuchung über die TeilnehmerInnen bei einer Pegida-Demonstration in Dresden 2015 ergab, dass sie überwiegend gut ausgebildet (28% hatten einen Hochschulabschluss) sind und über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügen. Die Mitgliedschaft und Führung der FPÖ setzt sich stark aus KleinunternehmerInnen und AkademikerInnen (wie die Burschenschaften) zusammen.
Wenn sich die Krise radikal verschärft und nicht von links beantwortet wird, kann es in diesen Schichten ein faschistisches Potential geben, das zum Rammbock gegen die ArbeiterInnenbewegung eingesetzt werden kann: "Durch die faschistische Agentur setzt das Kapital die Massen des verdummten Kleinbürgertums in Bewegung, die Banden deklassierter, demoralisierter Lumpenproletarier und all die zahllosen Menschenexistenzen, die das gleiche Finanzkapital in Verzweiflung und Elend gestürzt hat." (Was Nun? 1932). An der Macht zerschlägt der Faschismus die ArbeiterInnenbewegung und alle ihre Organisationen zugunsten des Großkapitals – doch das Kleinbürgertum hat davon wenig bis nichts. Die versprochene Volksgemeinschaft erweist sich als Lüge, das Großkapital dominiert noch brutaler. Aus seiner zwiespältigen Position kann das Kleinbürgertum nur durch die Abschaffung aller Klassen durch den Sozialismus gerettet werden.

 

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Wie Reichtum entsteht – Aneignung des Mehrwerts

Nikita Tarasov

Reichtum fällt nicht vom Himmel. Doch woher kommt er dann? Die Mär von den unternehmerischen Individuen, die alles riskieren, Firmen gründen, nebenbei Arbeitsplätze schaffen, und somit für die Vermehrung des Reichtums in der Gesellschaft sorgen, sitzt tief in den Köpfen. Demnach wird der Wert und der Wohlstand durch Eigeninitiative und Investitionen von Reichen geschaffen. Solch bürgerliche Theorien greifen aber zu kurz, denn sie erklären nicht, wieso das Endprodukt mehr Wert hat als die Summe seiner Bestandteile. Und genau das haben Marx und Engels in der marxistischen Arbeitswerttheorie analysiert. Der (Tausch)Wert einer Ware entsteht durch die Arbeit, die daran verrichtet wird. Ein Sessel bekommt nicht auf eine magische Weise seinen Wert, sondern durch menschliche Arbeit, die den Baum fällt und das Holz bearbeitet. Das bedeutet, der Wert einer Ware entsteht durch die innewohnende Arbeit. Zur Herstellung einer Ware brauchen die KapitalistInnen Produktionsmittel (Fabriken, Maschinen, Rohstoffe...) und Arbeitskraft. Die Ware Arbeitskraft kaufen sie, indem sie die ArbeiterInnen für eine bestimmte Zeit für sich arbeiten lassen. Der bezahlte Lohn wird für Essen, Erholung, Fortpflanzung... benötigt – alles, was nötig ist, um weiterhin arbeitsfähig zu sein. Marx nennt das „Reproduktion“. Bezahlt aber wird die Arbeitszeit und nicht die erbrachte Leistung. Die ArbeiterInnen leisten nämlich in der gekauften Arbeitszeit mehr, als ihr Lohn (also ihre Reproduktionskosten) ausmacht. Nur einen Teil der Arbeitszeit arbeiten die ArbeiterInnen also für ihren Lohn, die restliche Mehrarbeit erzeugt den Mehrwert, den sich die KapitalistInnen einstecken. Das Verhältnis von Mehrarbeit zu notwendiger Arbeit (also jene Zeit, die dem Lohn und damit den Reproduktionskosten entspricht) ist die Ausbeutungsrate. Je schneller und effizienter Waren im Wert vom Lohn produziert werden können, desto mehr Mehrwert kann sich der Kapitalist einstecken und desto reicher wird er von unserer Arbeit.

Im Kapitalismus ist also nicht nur die Hausarbeit, sondern auch ein Teil der im Job verrichteten Arbeit immer unbezahlte Arbeit. "Aller Mehrwert - wie er sich auch verteile, als Gewinn des Kapitalisten, Grundrente, Steuer etc. - ist unbezahlte Arbeit." (Friedrich Engels 1867 in der Rheinischen Zeitung). Das bedeutet auch, dass ein höherer Lebensstandard oder Lohn nicht bedeutet, dass mensch weniger ausgebeutet wird. Es kann durchaus sein, dass einE VielverdienerIn mehr ausgebeutet wird, wenn er/sie ein Vielfaches an Mehrwert einbringt. Seit Anfang des Kapitalismus ist der Lebensstandard der Menschen tendenziell gestiegen, aber auch immer wieder die Ausbeutungsrate. Das, was zu uns an Wohlstand abbröckelt – und das Meiste davon müssen wir hart erkämpfen – haben die Kapitalisten als x-faches z.B. in Panama gebunkert. Ihre Milliarden entstammen unserer unbezahlten Arbeit! Im Kapitalismus wird es trotz Reformen so bleiben bzw. in Krisen wie jetzt sogar noch verschärft. Solange den Reichen die Bäckerei gehört, werden sie entscheiden, wie groß die Brösel sind, die wir bekommen. Kämpfen wir für größere Brösel, den ganzen Kuchen und letztendlich die Bäckerei.

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Sonne & Sozialismus: Internationales Sommercamp in Kärnten

Unser Sommercamp vom 21.-28.8. im Kinderland Feriendorf Turnersee/Zablaško Jezero in Kärnten/Koroška versucht auch dieses Jahr wieder den Ausgleich zwischen Spannung und Entspannung:
Es geht uns um die perfekte Mischung aus Sommerurlaub und politischer Schulung. Mit SozialistInnen aus mindestens sechs Ländern bereiten wir ein Programm mit Themen aus der Geschichte der ArbeiterInnenbewegung, marxistischer Theorie und v.a. Berichten von internationalen Klassenkämpfen vor. Praxis-Workshops z.B. zum Reden-Halten oder Kampagnen-planen runden das Programm ab. Aber es ist auch Urlaub: Angefangen beim See, gutem Essen, netten Leuten, Lagerfeuer, Platz und Zeit für Sport, Wandern...ist alles da was es braucht, um Kraft für die anstehende politische Arbeit zu schöpfen.
Anmeldung ab jetzt möglich unter http://till@slp.at

 

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Spanien: Revolution und Bürgerkrieg – Trotzki Schriften zum Spanischen Bürgerkrieg neu erschienen

Der aktuelle SLP-Lesetipp

Vor 80 Jahren brachten Neuwahlen in Spanien die Volksfront an die Macht. Damit nahm die Spanische Revolution von 1931 deutlich an Fahrt auf. Doch gleichzeitig begann auch der Widerstand gegen diese. Am 17. Juli putschten große Teile der Armeeführung unter Franco gegen die Regierung und der Bürgerkrieg in Spanien begann. Von der spanischen Revolution und dem Kampf gegen den Putsch des faschistischen Generals Franco geht eine besondere Aura aus. „No Pasarán“ – sie kommen nicht durch – lautete der Schlachtruf der AntifaschistInnen. Er wird heute noch von jugendlichen AntifaschistInnen in der ganzen Welt verwendet. Die spanischen Ereignisse beinhalten aber vor allem viele Lehren für den Kampf gegen Faschismus und Kapitalismus heute. Gerade die Frage der Methoden und der möglichen BündnispartnerInnen sind hochaktuell. Der Spanische Bürgerkrieg zeigt brandaktuell auf, wie der Kampf gegen Faschismus mit dem Kampf gegen Kapitalismus zusammen hängt.
Diese umfangreiche Sammlung von Schriften Leo Trotzkis zum Thema beinhaltet auf 482 Seiten insgesamt über 70 historische Texte inklusive bisher auf deutsch unveröffentlichtem Material. Dazu kommt eine umfangreiche Einleitung, ein ausführlicher Anhang mit Zeittafel, sowie die Erläuterung der Abkürzungen, Personen, Organisationen und Parteien, wie Zeitschriften. Erläuterungen von Fachbegriffe, historischen Ereignissen etc. erleichtern das Verständnis der vorliegenden Texte.
Für 18.- ist der umfangreiche Sammelband quasi ein Schnäppchen zum Lesen und Grundlage für die aktuelle politische Arbeit. Das Buch kann über die SLP bezogen werden.

 

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SLP-Bus zur Befreiungsfeier KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Auch dieses Jahr organisiert die SLP wieder eine gemeinsame Anreise zur Befreungsfeier im ehemaligen KZ Mauthausen. Das Gedenken an die Opfer des Faschismus ist angesichts einer erstarkenden, rechtsextremen Szene in Österreich und Deutschland keine leere Geste. Das Erinnern gibt Kraft und Motivation für die heute anstehenden Kampagnen gegen Rechts aber auch das Weiterführen des Kampfes der in Mauthausen ermordeten SozialistInnen und GewerkschafterInnen. Deshalb ist es für uns schon lange eine Pflicht an der Befreiungsfeier teilzunehmen, genauso wie es für uns eine Pflicht ist weiter aktiv gegen Rassismus&Sozialabbau zu bleiben.
Nie wieder Faschismus! Hoch die internationale Solidarität!

Neben der gemeinsamen Busreise laden wir auch dazu ein mit uns gemeinsam als Fahnenblock im Rahmen der Prozession in das befreite Lager einzuziehen.
Im Anschluss bieten wir auch wieder eine Führung durch das Lager an.
Circa um 15h fahren wir zurück und sind um ungefähr 17h zurück in Wien.

Anmeldung bitte unter till@slp.at


Wann: Sonntag, 15. Mai, 7:00

Wo: Parkplatz beim Anton Kummerer Park; Wien 20

 

Das kleine Demo 1x1

Rechte Gewalt nimmt zu. Nazis&Co drängen auf die Straße, weil sie hoffen, sich an die Hetze gegen Flüchtlinge anhängen zu können. Bei vielen gewalttätigen Übergriffen auf Linke schaut die Polizei einfach zu. Oft genug ist sie auch die größte Gefahr für die Sicherheit einer Demo. Wenn Leute Angst haben müssen, an Demos teilzunehmen, haben Nazis&Polizei ihr Ziel erreicht. Höchste Zeit, sich zur Sicherheit auf Demos Gedanken zu machen: Wichtig ist die Einbindung der Bevölkerung vor Ort und ein Demoschutz. Dieser ist keine Hilfs-Polizei, sondern erfahrene Leute, die schnell eine Verteidigung durch Menschenketten usw. organisieren. Nicht schwarze Gürtel aus dem Kampfsport sind gefragt, sondern ruhig bleiben und zusammenschließen. Dafür sollten die DemonstrantInnen nüchtern reagieren und deshalb nüchtern sein – für SLPlerInnen sind Alkohol oder andere Drogen ein No-Go auf Demos. Der beste Schutz ist es, viele und Teil der lokalen Bevölkerung zu sein. Darum mobilisieren wir schon vorab vor Ort und zeigen, dass wir „Leute wie du und ich“ sind. Statt uns zu vermummen, stehen wir daher auch mit unseren Gesichtern für unsere Ideen ein!

 

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Der aktuelle SLP-Lesetipp: Es muss nicht bleiben, wie es ist

„Es muss nicht bleiben, wie es ist“ zeigt die Ursachen von Frauenunterdrückung im Kapitalismus auf.

Sexistische Werbung oder Lohnungleichheit sind nur zwei Beispiele dafür, dass Frauenunterdrückung noch immer ein alltägliches Problem ist. Durch die Übergriffe in Köln ist das Thema in aller Munde. Es zeigt sich, dass alle Behauptungen darüber, dass Frauen heute gleichberechtigt wären, nicht stimmen. Christine Thomas geht in ihrem Buch „Es muss nicht bleiben wie es ist - Frauen und der Kampf für eine sozialistische Gesellschaft“ auf die Ursachen, Hintergründe und Mechanismen von Frauenunterdrückung ein.

In einem geschichtlichen Abriss über Frauenunterdrückung wird dargelegt, dass diese nicht immer existiert hat oder gar natürlich ist, „sondern dass die Unterdrückung vor etwa 10.000 Jahren entstanden ist, als sich Gesellschaften entwickelten, die auf Privateigentum basierten und in Klassen geteilt waren.“ Auch wird die Situation von Frauen in der heutigen Zeit des Kapitalismus analysiert.

Doch die Autorin bleibt nicht in der Geschichte stehen, sondern stellt diverse Lösungsansätze vor und zieht Schlussfolgerungen aus ihrer Analyse. Am Beispiel der Russischen Revolution wird dargelegt, dass nur im Sozialismus eine wirkliche Frauenbefreiung möglich ist. Der Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen muss mit sozialen Bewegungen und dem Kampf gegen den Kapitalismus an sich verbunden werden. „Wenn sich Frauen aus der arbeitenden Bevölkerung nicht aktiv am Kampf für eine umfassende Veränderung der Gesellschaft beteiligen, ist es unter den heutigen sozialen Umständen unmöglich, Ausbeutung und Unterdrückung zu überwinden.“

 

Christine Thomas

Es muss nicht bleiben, wie es ist

SAV, Berlin 2012

 

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