Identitäre: Sonst habt ihr keine Probleme?

Arbeitslosigkeit, Armut und Wohnungsnot sind unsere wahren Probleme – nicht eine Krise der „Identität“.
Lukas Kastner

Credits: Michael Bonvalot, bonvalot.net

In Österreich macht sich die kapitalistische Krise immer mehr bemerkbar. Rund 500.000 Menschen haben keinen Job. Rund 1,5 Millionen Personen sind arm oder armutsgefährdet. An Wohnungen mangelt es ebenso wie an Spitalsbetten oder Sozialeinrichtungen. Genau davon versuchen die Herrschenden abzulenken. Und die extreme Rechte von FPÖ bis Identitäre leisten tatkräftige Hilfe dabei. Dafür kommen Rassismus und das Märchen von „unserem“ kulturellen Niedergang bzw. Identitätsverlust durch MigrantInnen und Muslime/Muslimas gerade recht. So beschloss die schwarz-blaue oberösterreichische Landesregierung die stärkere Vermittlung von Brauchtum an Kindergärten. Zur Schaffung von ausreichend Kindergartenplätzen trägt sie jedoch nicht bei. Diese fehlen aber und machen es Frauen oft unmöglich, einen Job zu finden.
Die zur Zeit stärkste und dynamischste Gruppe auf der extremen Rechten, die Identitären, versuchen besonders stark von sozialen Problemen und deren Ursachen abzulenken. In ihrer Propaganda werden soziale Unterschiede und entgegengesetzte Interessen von UnternehmerInnen, Banken- und Konzernchefs und der ArbeiterInnenklasse geleugnet. Stattdessen phantasieren sie von einer gemeinsamen regionalen, nationalen und kulturellen „Identität“. Diese willkürliche Definition ist nur ein anderer Begriff für Rasse und ignoriert auch ganz bewusst Unterschiede zwischen Arm und Reich oder die Tatsache, dass immer mehr Menschen gar nicht gläubig sind. Diese Identität sei unvereinbar mit der Identität „anderer Völker“. Alle aktuell existierenden Probleme werden auf eine angebliche Krise der Identität zurückgeführt. Gemeinsame Interessen von ArbeiterInnen (wie höhere Löhne, günstige Wohnungen etc.) gibt es für die Identitären nicht. Sie betreiben damit die uralte Teile und Herrsche Politik. Dies geschieht im Interesse von Superreichen, Banken und Konzernen. Wir hier unten sollen uns die Köpfe einschlagen, während sie dort oben weiter auf unsere Kosten Profite machen können.
Doch die wahren Ursachen für Kriege, Armut und Wirtschaftskrisen liegen nicht in der Krise einer angeblichen Identität. Sie liegen im kapitalistischen Profitstreben einer Minderheit auf Kosten der Mehrheit. Soziale Probleme interessieren die Identitären selbst nicht. In ihren Texten und Reden findet sich kein Wort zu Wirtschaftskrise, Armut und sozialer Verelendung. Während ihnen die Wahrung von Identität heilig ist, spielen Lohnkürzungen, Arbeitszeiterhöhung und Kürzungspolitik für sie keine Rolle. So meinte einer der Anführer der Identitären auf eine unserer Reden über Jobs und leistbaren Wohnraum: "Warum redet ihr über Jobs und Wohnungen? Das interessiert doch keinen". Dies spiegelt klar wider, welcher Klasse die Identitären angehören. Ihre Führung sind Kinder der reichen Eliten, die von sozialen Problemen und den Anliegen von ArbeiterInnen nichts wissen und auch nichts wissen wollen. Sie sind der Feind sozialer Bewegungen und Gewerkschaften und schrecken auch nicht vor Gewaltbereitschaft gegen deren AktivistInnen zurück.
Eine Alternative zu den etablierten Kürzungsparteien stellen sie somit keineswegs dar. Deren Politik können wir nur vereint – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Religion – zurückschlagen. Die Spaltungslinien unserer Gesellschaft verlaufen nicht entlang künstlicher Identitäten, sondern zwischen unten und oben. So sind zum Beispiel sowohl Flüchtlinge, MigrantInnen, als auch österreichische ArbeiterInnen von Wohnungsnot oder Arbeitslosigkeit betroffen. Dagegen besitzt 1% der Bevölkerung rund 700 Milliarden. Sie profitieren von unserer Arbeitskraft, Krieg und Immobilienspekulation. Der Kapitalismus braucht den Rassismus der Identitären, um sich mit all seinen Ungerechtigkeiten am Leben zu erhalten. Wirkliche Antworten auf die Krise wären u.a. eine Arbeitszeitverkürzung, ein Mindestlohn von 1.700 Euro und eine Offensive im sozialen Wohnbau. Das müssen wir aber gemeinsam – verbunden durch unsere „Identität“ als ArbeiterInnen -  erkämpfen und mit einem Kampf für demokratische sozialistische Gesellschaft verbinden.

 

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