Sieg des Faschismus war Folge der Fehler der Linken

Sozialismus oder (faschistische) Barbarei – diese Frage stellte sich auch in Spanien in den 1930er Jahren.
Lukas Kastner

Beim Spanischen Bürgerkrieg ging es um viel mehr als die bloße Bekämpfung des Faschismus. Millionen trugen eine Revolution mit dem Ziel einer demokratischen sozialistischen Gesellschaft. Revolution und BürgerInnenkrieg entsprangen einer ökonomischen, sozialen und politischen Situation, die von starken Widersprüchen geprägt war: Einerseits die spanische Landwirtschaft, die feudal von wenigen GroßgrundbesitzerInnen kontrolliert wurde, während Millionen KleinbäuerInnen und LandarbeiterInnen in bitterer Armut lebten und brutal unterdrückt wurden. Andererseits wenige moderne industrielle Zentren, die großteils in ausländischer Hand waren. Trotzki beschreibt die politischen Folgen dieser kombinierten und ungleichen Entwicklung: Im Unterschied zu den entwickelten kapitalistischen Ländern war die bürgerliche Klasse äußerst schwach und konnte keine führende Kraft im Kampf gegen Adel, Militär und Klerus werden, sondern war im Gegenteil stark mit diesen verbunden. Da die Unternehmer häufig gleichzeitig Großgrundbesitzer waren, hatten sie an der Etablierung einer bürgerlichen Demokratie kein Interesse und waren auch nicht in der Lage dazu. Das Erkämpfen demokratischer Freiheiten und eine Lösung der Landfrage konnte nicht einfach durch eine bürgerliche Revolution erreicht werden, für die ja die tragenden Kräfte fehlten, sondern nur durch deren Übergang in eine sozialistische.

In den industriellen Zentren kam es zur Formierung einer ArbeiterInnenbewegung. Unter der unterdrückten Landbevölkerung gab es immer wieder Aufstände. Die Stärke des Anarchismus in Spanien hat seine Ursache im verspäteten Auftreten der ArbeiterInnenbewegung und den Protesten der LandarbeiterInnen im 19. Jahrhundert. Aber eben wegen der Bedeutung des Anarchismus entwickelte er in Spanien eine syndikalistische Praxis, in der v.a. Gewerkschaften den antikapitalistischen Kampf führen sollten. Eine revolutionäre Partei, die die verschiedenen Proteste vereinigen hätte können, lehnten sie jedoch ab. Wie die meisten Parteien der 2. Internationale entwickelte auch die spanische Sozialdemokratie bald eine reformistische Praxis und sah als zentrales Ziel den Aufbau einer bürgerlichen Republik.

Das Ende des 1. Weltkrieges – von dem Spaniens Wirtschaft profitiert hatte - führte zu einer massiven Wirtschaftskrise. 1917 und 1918 kam es zu einer Streikwelle und Massenzulauf zu den Gewerkschaften. Die Gründung der kommunistischen Partei PCE folgte 1921. Das Bürgertum setzte auf die Diktatur Primo de Riveras. Unter den sozialen Spannungen brach diese 1931 zusammen. Die neu ausgerufene Republik konnte die Forderungen der ArbeiterInnenklasse und der armen Landbevölkerung nicht lösen. KapitalistInnen, GroßgrundbesitzerInnen, Adel und Kirche aber sahen sich durch die Republik bedroht. Gestützt wurde die Republik v.a. aus den Reihen der bürgerlich-liberalen RepublikanerInnen und der sozialdemokratischen PSOE.

In den folgenden Jahren kam es zu Streiks und Protesten. 1934 brachen Massenproteste gegen die rechte, arbeiterInnenfeindliche Regierung unter Lerroux aus. Diese Bewegung erlangte mit der Besetzung von Fabriken und ganzer Städte in der Asturischen Kommune ihren Höhepunkt, welche aber aufgrund ihrer Isolation brutal niedergeschlagen werden konnte. 1935 und `36 bildete die PSOE mit bürgerlichen Kräften die Volksfront, um die in den Wahlen zuvor verlorene Mehrheit wieder zu erlangen. Auch die nun stalinistische PCE trat später der Volksfront bei. Diese konnte bei den Wahlen 1936 einen Sieg einfahren. Das veranlasste KapitalistInnen und GroßgrundbesitzerInnen, sich endgültig von der parlamentarischen Demokratie abzuwenden. Vielmehr setzten sie nun auf die faschistische Falange. In den ersten Monaten 1936 verstärkte sich deren Terror gegen die ArbeiterInnenbewegung. Auf Drängen der traditionellen Eliten putschte schließlich das Militär am 17. Juli. Eine Machtübernahme der FaschistInnen wurde durch demokratische ArbeiterInnenmilizen verhindert und der Faschismus vorerst zurückgeschlagen. Doch die Volksfrontregierung verweigerte eine Bewaffnung der ArbeiterInnen. Dies ermöglichte es den FaschistInnen erst, Fuß zu fassen. Mit dem BürgerInnenkrieg erstarkten die revolutionären Umwälzungen massiv. Auf dem Land wurde Großgrundbesitz enteignet und das Land kollektiv bewirtschaftet. Die Macht des Klerus und des Kapitals wurde gebrochen. ArbeiterInnen übernahmen die Betriebe. Vielerorts entstanden lokale Komitees, deren Aufgabe die Verteidigung der revolutionären Errungenschaften und die Durchführung sozialer, politischer und ökonomischer Umwälzungen waren. So wurde z.B. die kollektive Bewirtschaftung von Land von den Komitees organisiert, die jederzeit über ihre Entscheidungen rechenschaftspflichtig und abwählbar waren. Alle zentralen Entscheidungen wurden nur in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Bevölkerung getroffen.

Von den Volksfrontparteien wurde die Revolution stets bekämpft. Die ursprünglich kleine PCE, welche durch den Einfluss und später die Waffenlieferungen der Sowjetunion an Einfluss gewann, spielte eine zentrale Rolle. Die stalinistische Bürokratie selbst hatte ein Interesse daran, die sozialistische Revolution zu unterdrücken. Zum einen war man bemüht, ein Bündnis mit britischen und französischen Bürgerlichen zu schmieden. Zum anderen hätte ein echtes sozialistisches System in Spanien auch die Macht der Bürokratie in der Sowjetunion gefährdet. Die Stalinisten forderten einen (in ihrer Erklärung vorläufigen) Verzicht auf eine sozialistische Gesellschaftsveränderung mit der Behauptung, zuerst müsse der Faschismus besiegt werden. Die linke POUM isolierte sich von den Massen, beugte sich später dem Druck der Volksfrontlogik und wurde darin zerrieben und von den StalinistInnen brutal verfolgt. Die anarchistische Führung hatte keinen Plan, wie die Revolution zu Ende geführt werden sollte und schreckte davor zurück, selbst die Macht zu übernehmen. Folglich arrangierte sie sich mit der Volksfrontregierung. Ihr fiel die Aufgabe der Zügelung der revolutionären Basis zu. Die Milizen und die Komitees wurden zurück gedrängt. Als im April 1937 in Barcelona die ArbeiterInnenmilizen aufgelöst und sogar die Maidemonstrationen verboten wurden, kam es zu Aufständen und Streiks. Diese Bewegung wurde letztendlich Anfang Mai niedergeschlagen. Die anarchistische CNT-Führung stellte sich dabei gegen ihre protestierende Basis. Tausende RevolutionärInnen wurden von Regierung und sowjetischem Geheimdienst gefoltert und ermordet. Die Hoffnung auf Unterstützung durch bürgerliche Staaten zerschlug sich: während das faschistische Deutschland und Italien ihre spanischen Bündnispartner mit Personal und Waffen versorgte, verweigerten bürgerlich-demokratische Staaten der Republik ihre Unterstützung.

Mit der Niederschlagung der Revolution wurde auch der Wille, gegen den Faschismus zu kämpfen, gebrochen. Auf Basis des Kapitalismus war der Faschismus nicht zu verhindern. Eine revolutionäre sozialistische Partei hätte einen anderen Weg aufgezeigt: Sie hätte den weiteren Aufbau des Rätesystems und die Machtübernahme der Räte vorantreiben können. Ihre zentrale Aufgabe wäre es gewesen, die revolutionären Massen gegen die reformistische Volksfront zu führen und so die sozialistische Revolution zu verteidigen UND den Faschismus zu schlagen.

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