Faschismus und ArbeiterInnenklasse: Unversöhnliche Gegner!

Rechte schwächen ArbeiterInnenklasse, um Kapitalismus zu stärken – Antifaschismus braucht Antikapitalismus!
Moritz Erkl

Der Kapitalismus ist in der Krise. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, muss die Ausbeutung der Beschäftigten erhöht werden. Durch Rassismus soll Widerstand gegen erhöhten Arbeitsdruck und niedrigere Löhne gespalten und damit geschwächt werden. Die Ideologie von „Volk“, „Nation“ oder „Identität“ soll von den Klassengegensätzen zwischen ArbeiterInnen und UnternehmerInnen ablenken. Der Front National ist gegen die aktuellen Proteste in Frankreich (siehe Seite 12). Obwohl 60% ihrer WählerInnen den Widerstand befürworten, bezeichnet z.B. die Nichte von Marine le Pen (selbst Abgeordnete) die Menschen als „Randalierer“. Die FN unterstützt die Polizei, die mit äußerster Gewalt auf die Demonstrationen einprügelt – und zeigt so ihr wahres Gesicht. Auch in Österreich kann man eine Verbindung zwischen Klassenkampf und dem Kampf gegen Rechts ziehen. So war auf dem Höhepunkt des Widerstandes gegen die schwarz-blaue Regierung (2003) das streikreichste Jahr seit 1945 und bei starken gesellschaftlichen Bewegungen wie Unibrennt oder bei größeren Klassenkämpfen wie den Metallerstreiks ist die FPÖ in die Defensive gedrängt. Sie traut sich erst wieder in die Offensive, wenn diese Bewegungen abflauen bzw. als Niederlage enden.
FaschistInnen gehen noch weiter, sie greifen die Organisationen der ArbeiterInnenklasse, Gewerkschaften und ArbeiterInnenparteien, direkt an. Immer wieder greifen Neonazis in Deutschland 1. Mai Kundgebungen und Aufmärsche der Gewerkschaft an, in Dortmund, Weimar und anderen Orten. Auch in anderen Ländern greifen Rechtsextreme nicht nur MigrantInnen und Linke an, sondern speziell auch GewerkschafterInnen und Streikende. Die ArbeiterInnenbewegung hat daher mehr als nur ein moralisches Interesse daran, Rechtsextreme und FaschistInnen zu bekämpfen.
Um effektiv alte und neue Rechte zurückzuschlagen, brauchen wir den gemeinsamen Kampf von In- und AusländerInnen, vereint in den Wohnbezirken und in den Gewerkschaften. Das tausendste „Fest der Freude“, die x-te moralische Entrüstung über das Tragen einer Kornblume (Erkennungszeichen der illegalen Nazis) sind absolut unzureichend.
Dazu braucht es v.a. eine Gewerkschaftspolitik, die keinen Unterschied zwischen „österreichischen“ und „migrantischen“ Beschäftigten macht. In Hamburg hat die Gewerkschaft ver.di Lampedusa-Flüchtlinge als Mitglieder aufgenommen und deren Kampf organisiert. In Berlin hat die Gewerkschaft GEW der LehrerInnen und ErzieherInnen den Aufruf für eine antirassistische Demonstration unterstützt, wo die Verbindung zwischen sozialer Frage und Rassismus hergestellt wurde. In Kassel sprachen auf den Demonstrationen gegen Pegida führende GewerkschafterInnen, darunter der Betriebsratsvorsitzende von VW. In Österreich haben Teile der Gewerkschaften zu den Protesten gegen den WKR-Ball aufgerufen. Das war ein wichtiger Baustein dabei, einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen, was der „Akademikerball“ ist: ein Vernetzungstreffen von Rechtsextremen und Faschisten. In Deutschland stellen die Gewerkschaften, auch weil es eine starke Linkspartei gibt, die ein Wegsehen der Gewerkschaft erschwert, teilweise die Infrastruktur und rufen auch auf zu den großen Mobilisierungen gegen Naziaufmärsche wie in Dresden. Gegen den „Anti-Islam“-Kongress in Köln 2008 gab eine Großmobilisierung unter Beteiligung des deutschen Gewerkschaftsbundes, der 60.000 Menschen auf die Straße brachte. Auch FPÖ Granden wie Gudenus oder Vilimsky wurden so stundenlang blockiert. In England gehören Gewerkschaftsfahnen zur Grundausstattung antirassistischer und antifaschistischer Demonstrationen.
Oft ergreifen Beschäftigte auch spontan die Initiative: als im Dezember 2012 eine junge schwarze Frau in Montevideo (Uruguay) von Rassisten fast zu Tode geprügelt wurde, gingen spontan die Spitalsbeschäftigten nach Dienstende auf die Straße, tausende schlossen sich an.
Als in Malmö (Schweden) ein LGBT-Aktivist von Neonazis ermordet wurde, kam es gerade aus den ArbeiterInnenvierteln und unter linken GewerkschafterInnen zu einer Mobilisierung. 10.000 marschierten gegen rechte Gewalt in Malmö, 5.000 in Göteborg. Solche großen Mobilisierungen sind ein Rückschlag für die Rechten, weil sie zeigen, dass die Rechten eine isolierte Minderheit sind, die durch Gewalt Stärke aufbauen will. Auch in Stockholm gab es 2013 mehrmals riesige Demonstrationen als Reaktion auf Naziübergriffe. Sie wurden organisiert von einem Netzwerk von lokalen AktivistInnen, v.a. aus ArbeiterInnenvierteln. Der zentrale Sprecher des Netzwerks war ein Busfahrer und Gewerkschafts-Aktivist. Eine liberale Zeitung beschwerte sich darüber, dass die Demonstration soziale Fragen aufgegriffen hatte, weil sie meinte, das hätte nichts mit Antirassismus zu tun. Die Nazis aber waren massiv demoralisiert und geschwächt! Das zeigt, wie wichtig es ist, soziale Fragen, also die steigenden Mietpreise, die schlechte Bezahlung im Job oder die Angst, die kaputte Waschmaschine nicht bezahlen zu können, von Links zu beantworten. Weil Antifaschismus und Antirassismus auch eine Perspektive braucht, waren auch früher schon Mobilisierungen gegen rechts mit dem Ziel einer anderen, einer demokratischen und sozialistischen Gesellschaft verbunden.

 

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