Betrieb und Gewerkschaft

Pflege: Es reicht schon lange

Die heutige Demo kann nur der Anfang von Protesten sein
Flugblatt für die Pflegedemonstration am 12.5.2017

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Die heutige Demonstration ist ein erster Schritt, um auf unsere Probleme aufmerksam zu machen. Und die sind enorm: Die diversen „Reformen“ und „Umstrukturierungen“ führen dazu, dass wir unsere Arbeit nicht machen können. Nicht wir sind an Gangbetten, Spitalsinfektionen und ruhig-gestellten PatientInnen schuld, sondern die PolitikerInnen, die auf unserem Rücken und auf Kosten der PatientInnen sparen.

Die Pflege braucht mehr Personal & mehr Gehalt

Egal ob im öffentlichen Spital, privaten Pflegeheim oder in der Hauskrankenpflege: die Arbeitsbelastung ist viel zu hoch. Viele betroffenen KollegInnen und auch „ExpertInnen“ gehen davon aus, dass 30% mehr Personal nötig ist. V.a. die private Pflege (aber nicht nur) ist unterbezahlt. Ein Plus von mindestens 200 Euro netto in den verschiedenen Kollektivverträgen ist nötig.

Dafür ist angeblich kein Geld da?! Doch für die Hypo, für Aufrüstung und Steuergeschenke für Großunternehmen ist schon Geld da? Was ist das für ein System, in dem die Profite weniger mehr wert sind, als die Gesundheit vieler (PatientInnen UND Beschäftigter)? Wir sollen für die Krise dieses Systems, des Kapitalismus zahlen, obwohl wir sie nicht verursacht haben.

„Ob Dienststellenversammlungen in der Arbeitszeit, Versammlungen auf der Straße, Versammlungen vorm Krankenhaus - es gibt viele Möglichkeiten, für Verbesserungen aktiv zu werden. Wichtig ist, von Anfang an die PatientInnen zu informieren und einzubeziehen.“ Jan, Krankenpfleger in einem Ordensspital

Eine Forderung der Gewerkschaft ist die "Vereinheitlichung der Standards in der Pflege" weil diese in den verschiedenen Spitälern (Öffentlich – Ordensspitäler etc) bzw. Bundesländern unterschiedlich sind. Gespräche von Gewerkschaftsspitzen mit ParteifreundInnen in Stadt und Land und Verhandlungen hinter verschlossenen Türen werden keine echte Verbesserung bringen.

Es besteht sogar die Gefahr der Vereinheitlichung nach unten, also dass die jeweils niedrigsten Standards dann für alle gelten sollen. Wir brauchen aber überall mehr. Im Berliner Krankenhaus "Charité" haben sich die KollegInnen selbst auf die Beine gestellt. Durch eine Mobilisierung von unten und einen Arbeitskampf – auch Streiks – im Spital unter dem Motto „Mehr von uns ist besser für alle“ wurde per Kollektivvertrag ein bessere Personalschlüssel und mehr Personal erkämpft.

Die Charité zeigt: Kämpfen bringts!

Doch dazu hat es die Unterstützung von PatientInnen und der Berliner Bevölkerung gebraucht. Beides war vorhanden. Gerade deswegen ist es ein Fehler, dass von den Gewerkschaften für die heutige Demo so wenig getan wurde. Der Termin war lange bekannt, warum wurde er so spät veröffentlicht? Warum wurde an den Dienststellen nicht mehr informiert und mobilisiert? Wieviele könnten wir heute sein, wenn auch PatientInnen/KlientInnen und ihre Angehörigen angesprochen worden wären? Wieviele mehr, wenn auch andere Berufsgruppen, die ähnliche Probleme haben (Sozialbereich, Kinderbetreuung, Bildungswesen etc.) zur Teilnahme eingeladen worden wären? Eine Demonstration von Zehntausenden oder mehr wäre ein umso deutlicheres Zeichen gewesen. Doch es ist ein guter Anfang, dass wir heute hier sind.

Es ist 5 nach 12: Jetzt den Widerstand beginnen!

Die Gewerkschaft sollte heute die nächsten Schritte bekanntgeben, um mehr Personal und mehr Gehalt zu erkämpfen. Wenn sie das nicht tut, müssen wir in den Dienststellen beginnen, uns in Betriebsgruppen zusammen zu schließen, um uns zu informieren, auszutauschen und die nächsten Schritte zu organisieren. Wir sind die Gewerkschaft, wir sind die Betroffenen, auf uns kommt es an!

Bei den Ordensspitälern hat allein die Androhung von Streiks eine Lohnerhöhung von 9% gebracht. Streik im Spital ist schwer, aber möglich. Die Regierungen gefährden uns und unsere PatientInnen. Wenn wir für mehr Personal und mehr Gehalt streiken, dann weil wir PatientInnen und uns selbst vor dieser Politik schützen müssen!

„Wir sollten uns an den KollegInnen der Charité ein Beispiel nehmen. Sie haben nicht nur gezeigt, dass im Spital gestreikt werden kann, dieser Kampf hat auch Verbesserungen erreicht, die mit Verhandlungen alleine nie möglich gewesen wären.“ Flo, Pflegehelfer in Linz

 

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Schutz am Arbeitsplatz darf nicht eingeschränkt werden!

Stefan Gredler

Die Arbeitgeber haben ein neues Feindbild entdeckt: Das Arbeitsinspektorat. Warum ist Arbeitsschutz und dessen Kontrolle auf Einhaltung aber wichtig? Immer noch gibt es viel zu viele Arbeitsunfälle: 2015 (letzte veröffentlichte Zahlen) waren es 104.312, davon 149 tödlich. In vielen Sektoren kann Arbeit lebensgefährlich werden, Beispiel Bahn: Arbeitet man am Gleis, kann die Sogkraft eines Zuges jemanden aus meterweiter Entfernung in die Waggons reißen. Bei Verschubarbeiten können Menschen zwischen die Puffer von Verschubwaggons kommen. Ob bei unmittelbar lebensgefährlichen Situationen oder dauerhafter gesundheitlicher Belastung – Arbeitsschutz ist nicht nur zu verteidigen, er muss ausgebaut werden! Es reichen dabei aber nicht nur Regelungen am Papier, die dann im Falle des Falles die Verantwortung den „bereits informierten“ ArbeitnehmerInnen sogar noch umhängen. Was es zusätzlich braucht ist, statt steigendem Arbeitsdruck und 12-Stunden-Tag, eine dringende Entlastung durch Arbeitszeitverkürzung. Durch kürzere Arbeitstage und mehrere Arbeitsplätze wäre jedeR weniger unter Druck. Fehler steigen laut Studien massiv ab der 8. Arbeitsstunde an - und diese Fehler können tödlich sein.

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Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Gesundheitsausgliederung gestoppt?

Christian Bunke

Die Auslagerung des Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) passiert durch die Hintertür.

Im KAV befinden sich elf Spitäler, vier Geriatriezentren und acht Pflegewohnheime. Sie sind im Besitz der Stadt Wien. Über Monate plante die Stadt eine Auslagerung des KAV. Im März wurde zurückgerudert. Die Auslagerung sei vom Tisch, so die Gesundheitsstadträtin. KAV-Generaldirektor Janßen musste den Hut nehmen.

Damit scheint man dem großen Unmut in der Belegschaft Rechnung zu tragen. Grund zum Zurücklehnen gibt es nicht. Denn die rot-grüne Landesregierung möchte ihr „Spitalskonzept 2030“, mit dem „Effizienz“ gesteigert werden soll, weiter umsetzen.

In Wirklichkeit geht es um die Fortsetzung des seit Jahren betriebenen Sparkurses. Bis 2020 sollen 10% des Wiener Stadtbudgets gestrichen werden. Der KAV mit seinen 30.000 Beschäftigten soll eine große Last dieser Einsparungen tragen – u.a. durch Ausgliederung(en).

Schon jetzt sind viele Bereiche städtischer Infrastruktur ausgegliedert (z.B. Fonds Soziales Wien, Wien Holding, Wiener Stadtwerke AG). Ausgliederung ist eine Vorstufe zur Privatisierung – also zum Verkauf öffentlichen Eigentums an profitorientierte Unternehmen. Eine Folge sind Lohneinbußen für neu eingestellte KollegInnen. Für diese wird ein neuer, schlechterer Kollektivvertrag als der bislang gültige geschaffen.

Das war der Gewerkschaft Younion zu viel, die die geplante Ausgliederung kritisierte. Doch in den Jahren zuvor hatte sie gerade jenen Verschlechterungen zugestimmt, die einer Ausgliederung den Weg bereiten. Dazu gehört auch, dass immer größere Bereiche im KAV fremdvergeben, also an Privatfirmen ausgelagert werden, darunter Küchen und Wäschereien. Manche Spitäler, wie das Sophienspital, wurden bereits geschlossen. Beraten wird das KAV-Management dabei von externen Beraterfirmen, die ihrerseits dafür aus Steuern bezahlt werden.

Die Privatisierung des KAV durch die Hintertür findet bereits statt. Der Rest könnte nach den nächsten Wahlen in Wien auch durch die SPÖ verscherbelt werden. Gegen diese und alle anderen Sparmaßnahmen in Wien muss deshalb breiter Widerstand aufgebaut werden.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Frisch gekämpft ist halb gewonnen: Catering-ArbeiterInnen streiken in Kanada

Moritz Bauer

„Food Workers“ an der York University (Kanada) konnten einen Stundenlohn von 15 Dollar, Gesundheitsversorgung sowie fairere Arbeitsbedingungen erkämpfen. Dies ist Ergebnis eines fast dreiwöchigen Streiks, sowie monatelanger Kampagnenarbeit. Die 160 Catering-Beschäftigten bei Aramark waren monatelang für Solidarität unter den Studierenden aktiv. Sie demonstrierten, veranstalteten Massentreffen und organisierten sich. So konnten sie mit 100% Zustimmung zum Streik den Kampf mit dem multinationalen Konzern aufnehmen. Am 2. Februar gab es einen ersten eintägigen Streik, der alle Filialen am Campus lahmlegte. Ab 16. Februar gingen die Angestellten in einen Streik auf unbestimmte Zeit. Hier zeigte sich, wie wichtig die vorbereitende Kampagne war. Denn Studierende und andere Angestellte des Campus organisierten die Proteste mit. Und dank dieses breiten Drucks auf Konzern- und Unileitung konnten die Beschäftigten am 6. März ihre Forderungen durchsetzen.

Dieser Sieg ist einer von vielen für den 15-Dollar Mindestlohn. In den USA konnte die Bewegung „15Now“ Verbesserungen bei Lohn und Arbeitsbedingungen erkämpfen. Teile der Forderungen richteten sich gegen rassistische und sexistische Diskriminierung und machten es so dem Management unmöglich, hinein zu spalten. Es hat sich gezeigt, dass eine Kampagne von Angestellten gemeinsam mit Betroffenen (in diesem Fall Studierenden) genügend Druck aufbauen kann, um Kämpfe erfolgreich zu machen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Für Nachhaltigkeit! Auch bei Jobs!

Nicolas Prettner

Umweltschutz und soziale Forderungen schließen sich einander nicht aus, sondern ergänzen sich sogar.

Von Teilen der herrschenden Klasse wird gern ein Widerspruch zwischen Umweltschutz und Arbeitsplätzen konstruiert. Trump behauptet, dass „wir Regulierungen für den Umweltschutz beibehalten können, aber nicht viele, denn sie schaden der Wirtschaft“. Im Regierungsübereinkommen der oberösterreichischen Landesregierung steht: „In diesem Sinne bekennen wir uns zu einer umsichtigen Umweltpolitik, welche auf die Bedürfnisse des Wirtschaftsstandortes Rücksicht nimmt und diesen nicht über Gebühr behindert.“ Wenn sie von „Wirtschaft“ sprechen, meinen sie Profite, sagen aber „Jobs“. Und in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit fühlen sich viele angesprochen. So sammelten einige deutsche Teilgewerkschaften Unterschriften gegen die Klimaziele der Bundesregierung. Der Grund? Um die Klimaziele zu erreichen, sollen in Deutschland Kohlekraftwerke geschlossen werden. Die Gewerkschaft fürchtet, dass dadurch Jobs verloren gehen. Auch in Graz unterstützen ÖGB und Arbeiterkammer den Bau des Murkraftwerks. Und die Gewerkschaft Vida erhofft sich Jobs vom ökologisch mehr als umstrittenen Megaprojekt 3. Landepiste am Flughafen Schwechat. Die Angst vor Jobverlust ist verständlich, doch der Schulterschluss mit der Industrie schafft mittel- bis langfristig keine Jobs, sondern vernichtet diese sogar.

Tatsächlich sind Umweltschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen nichts, was sich widerspricht. So könnten z.B. durch den großflächigen Ausbau des öffentlichen Verkehrs tausende dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen werden und der Umwelt wäre auch geholfen. Für die Herrschenden sind aber weder die Umwelt, noch unsere Arbeitsplätze vorrangig. An erster Stelle steht für sie einzig und allein der Profit.

Dabei ist die Umweltfrage eine Klassenfrage. Denn weltweit sind v.a. ArbeiterInnen, KleinbäuerInnen und Arme von den Folgen des Klimawandels betroffen. Die herrschende Klasse hat die finanziellen Möglichkeiten, vor den Folgen der Klimaerwärmung zu fliehen oder sich gesundheitlich zu schützen. Für die Organisationen der ArbeiterInnenklasse, für sozialistische Parteien und Gewerkschaften, wird die Frage von Umweltschutz immer mehr zur Überlebensfrage.

Auch diese Erkenntnis findet sich in den Reihen der Gewerkschaften: So haben in Deutschland die meisten Gewerkschaften Beschlüsse gegen das teure und unnötige Großbauprojekt Stuttgart 21 verabschiedet. VertreterInnen von Gewerkschaften redeten auf Demonstrationen. AktivistInnen gegen Stuttgart 21 hatten sich auch mit dem Streik im Einzelhandel solidarisiert und zusammen mit den KollegInnen Streikposten organisiert. Im italienischen Susa-Tal gab es eine kämpferische Bewegung gegen eine Hochgeschwindigkeitstrasse. Die Gewerkschaft unterstützte die Proteste mit einem regionalen Massenstreik.

Solche kämpferischen Kampagnen der Gewerkschaft braucht es mehr. So z.B. auch in Graz. In der steirischen Landeshauptstadt sind seit Wochen die Proteste gegen das Murkraftwerk das bestimmende Thema. Dieses Kraftwerk richtet großen Schaden an der Umwelt an und verschlingt Millionen. Schon mehrmals sind tausende Menschen dagegen auf die Straße gegangen und es kam auch zu Besetzungen der Baustelle.

Von den Spitzen aus Politik und Wirtschaft wird behauptet, dass durch den Bau des Murkraftwerks über 1.000 Arbeitsplätze geschaffen würden. Selbst wenn das stimmen sollte, so sind diese Arbeitsplätze nicht dauerhaft. Sobald der Bau beendet ist, gehen sie verloren. Mittelfristig könnten sich die Arbeitsbedingungen für die KollegInnen bei der „Energie Steiermark“, dem Unternehmen, das hinter diesem Projekt steht, sogar noch verschlechtern. Das Kraftwerk reißt eine große Lücke in das Budget des Unternehmens. Solche Lücken werden gerne durch Entlassungen, Lohnkürzungen und Erhöhung der Arbeitszeit geschlossen.

Die Unterstützung der Gewerkschaft für das Murkraftwerk ist daher kurzsichtig. Stattdessen sollte die Gewerkschaft eine kämpferische Kampagne gegen das Murkraftwerk starten, die klar macht, dass Umweltschutz ein Thema ist, das auch ArbeiterInnen betrifft. Stellen wir uns vor, dass die Gewerkschaft in den Grazer Betrieben für die Demonstrationen gegen das Murkraftwerk mobilisiert und die Baustelle nicht besetzt, sondern bestreikt wird. Ein Anfang könnte sein, dass der ÖGB auf der nächsten Demonstration einen eigenen Block organisiert. Die Gewerkschaft hätte die Kraft dazu, eine solche Kampagne auf die Beine zu stellen, doch dafür müssen wir von der Basis aus Druck auf sie ausrichten. In Stuttgart und im Susa-Tal unterstützte die Gewerkschaft die Proteste, da ihre Mitglieder zu Tausenden in der Bewegung aktiv waren. Der Bau von Stuttgart 21 wirkt sich auch negativ auf die KollegInnen der Bahn aus. Sie drängten darauf, dass ihre Gewerkschaft aktiv dagegen wird. Gleiches gilt auch für Österreich. Der ÖGB ist unsere Kampforganisation, wir müssen sie uns nur zurückholen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Sozial“Partnerschaft“ nur wenn der Chef profitiert

Stefan Gredler

Auch in Österreich gehen Unternehmen immer dreister gegen Gewerkschaften und Arbeitsrecht vor. Sowohl bei „Servus TV“ als auch bei der Drogerie-Kette „Müller“ mit 75 Filialen in Österreich wurde die Gründung eines Betriebsrates vom Management verhindert. Insgesamt werden nur 49% der Beschäftigten von einem Betriebsrat vertreten, obwohl ein solcher ab fünf ArbeitnehmerInnen gesetzlich vorgesehen ist.

Andererseits gaben 95% aller befragten Führungskräfte von Unternehmen mit Betriebsrat in einer Studie an, „großes Vertrauen“ in ihre Betriebsräte zu haben. In zahlreichen Betrieben sind Betriebsräte Teil der „Firmen-Kultur“ – sie sind entweder neutral und nicht aktiv auf der Seite der Beschäftigten oder im schlimmsten Fall aktiv auf der Seite der Chefs. Das Erbe der Sozialpartnerschaft führt dazu, dass Betriebsräte oft nach dem Prinzip „gehts der Firma gut, kriegen wir auch ein bisschen ab“ agieren. Wenn die Maschinen immer schneller laufen, die Löhne hinter den Preisen herhinken, wenn die Zahl von prekären Jobs steigt – dann brauchen wir Betriebsräte, die in ihren Betrieben mobilisieren und den KollegInnen zeigen, dass wir nicht alles akzeptieren müssen. Und solche Betriebsräte wollen die Firmen gleich im Keim ersticken.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Skandal im Technischen Museum?

Dem neoliberalen Dogma folgend soll „Ausgliederung“ Kosten sparen. Aber ist das wirklich der Fall?
Michael Gehmacher

Wie 'derstandard.at' berichtet, ist im Technischen Museum Wien (TMW) die Aufsicht ausgegliedert. Die Beschäftigten müssen um weniger Geld arbeiten, während Steuergeld zu einer privaten Security-Firma fließt. In einer parlamentarischen Anfrage von 2013 steht: „wenn Outsourcing … tatsächlich billiger ist, stellt sich die Frage, auf wessen Kosten diese Einsparungen gehen und wer davon profitiert – die Arbeitnehmerin, das Haus, der Auftragnehmer? ...Oder soll die Auslagerung überhaupt nur dazu dienen, die Personalkosten scheinbar gering zu halten und den beliebten betriebswirtschaftlichen Kniff anzuwenden, Personal- als Sachaufwand zu verschleiern?“

Der Standard schreibt nun im Fall des TMW von „Mehrkosten in Höhe von einer Million Euro“! Laut damaliger Ministerin lag 2012 der Umfang des Outsourcing im TMW bei über drei Mio. €. Allein an Siwacht wurden 951.700 € bezahlt. Das ist fast ein Zehntel jener Gelder aus Steuermitteln, die an das TMW ausbezahlt wird (Siehe „Kulturbericht“ auf www.kunstkultur.bka.gv.at).

Wir fragten Franz Neuhold, Vorsitzender des Betriebsrates. Er bittet um Verständnis, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht allzu viel sagen zu können, da auch er von der Veröffentlichung überrascht ist und viele Fragen zu klären sind: „Der Betriebsrat hat bereits vor Jahren auf eine Umstellung in diesem Bereich gedrängt. Wir erkannten, dass es sich um 'Überlassene Arbeitskräfte' handelt. Ausgangspunkt war die arbeitsrechtliche Situation der Beschäftigten. Es darf keine 'KollegInnen zweiter Klasse' geben. Wir haben damals nicht angenommen, dass auch betriebswirtschaftlich das Argument auf unserer Seite liegen könnte.“

Seit längerem häufen sich Berichte aus den großen Museen, dass aufgrund zu geringer Gelder vom Ministerium „der Gürtel enger geschnallt werden muss“, das gilt wohl auch fürs TMW. Doch dieser „Sparzwang“ scheint nur dann zu gelten, wenn es zur Rechtfertigung sozialer Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen und Erwerbslose dienen soll. Was ist mit der großen Verantwortung und Umsicht von ManagerInnen, die ja meist auch fürstlich bezahlt werden?

 

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Frisch gekämpft ist halb gewonnen: Frauenstreik

Thomas Hauer

 Zum heurigen Weltfrauentag am 8. März wurde weltweit zu Frauenstreiks aufgerufen. So auch in Österreich. Doch was ist eigentlich ein Frauenstreik? Mit Bezug auf das historisch-mythologische Beispiel wird von manchen darunter ein „Sexstreik“ verstanden. Das Bestreiken der unbezahlten und v.a. von Frauen geleisteten Hausarbeit hat starke symbolische Wirkung, v.a. in der Partnerschaft. Die (ein)drucksvollste Form bleibt aber der Streik am Arbeitsplatz. Solche haben 1975 in Island und 1991 in der Schweiz stattgefunden. Dabei ging es den OrganisatorInnen um mehr Gleichheit, gerechtere Bezahlung und bessere Kinderbetreuung bzw. um gleiche Rechte für Mann und Frau.

Der heurige 8. März mit seinem Aufruf zum Frauenstreik war ein wichtiger Schritt in der Bewusstseinsbildung. Der Aufruf geht über Appelle, Pressekonferenzen und Stellungnahmen hinaus und fordert ein lautes und kämpferisches Zeichen. Das wurde noch nicht wirklich erreicht, weil dem Aufruf keine wirkliche Organisierung folgte. Es wurde zwar dazu aufgerufen, nicht zu arbeiten, jedoch wurde den Frauen überlassen, wie sie das umsetzen. Also blieb es beim Hoffen auf wohlmeinende Chefs oder frau musste sich Urlaub nehmen. Damit das Ganze über eine bloße Symbolwirkung hinausgeht und wirklich etwas bewirkt, müsste der ÖGB das nächste Mal die Organisation übernehmen, damit alle Frauen, aber auch Männer in Solidarität, auf die Straßen gehen können, um für die Rechte von Frauen einzutreten – ohne Urlaubstag.

 

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„Joboffensive“? Eine Farce!

Wer Arbeitsplätze schaffen will, verkürzt die Arbeitszeit - statt den Druck auf Arbeitslose zu erhöhen.
Alexander Svojtko

Unter dem Titel „Für Österreich“ stellte die rot-schwarze Bundesregierung im Jänner ihr aktualisiertes Arbeitsprogramm vor. Es baut auf jenem von 2013 auf, und enthält weitere Maßnahmen gegen die konstant hohe Arbeitslosigkeit – doch die richten sich nur gegen die Arbeitslosen selbst. Zwei Beispiele:

Besonders ältere Langzeitarbeitslose geraten ins Visier: Schon 2013 wollte man für sie den „Zweiten Arbeitsmarkt“ ausbauen. In der Praxis bedeutet das für die Betroffenen, dass sie vom AMS einem „Sozialökonomischen Beschäftigungsbetrieb“ (SÖB) zugebucht werden, der sie an Unternehmen wie „Dyson“ oder „ISI“ weitergibt. Dort werden sie für maximal ein halbes Jahr 25 – 35 Wochenstunden beschäftigt. Böser Nebeneffekt: Wer danach wieder in die Arbeitslosigkeit rutscht, hat meist geringeres Arbeitslosengeld / Notstandshilfe als davor. Die Verweigerung wird mit der Streichung des Leistungsanspruchs bestraft. Im Rahmen der „Beschäftigungsaktion 20.000“ stellt das neue Regierungsprogramm für derartige Angriffe auf (50+)-Arbeitslose zusätzliche 200 Millionen € zur Verfügung!

Auch eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen findet sich im aktuellen Programm. Die generelle „Mindestverfügbarkeit“ wird von 16 auf 20 Wochenstunden angehoben. Wer nicht länger als 16 Stunden arbeiten kann, kann Arbeitslose, Notstand oder Mindestsicherung verlieren. Das trifft z.B. AlleinerzieherInnen, haben doch manche Kindergärten zu kurze Öffnungszeiten. Jobs werden so nicht geschaffen. Aber Hunderttausende werden schikaniert.

Aufweichung von Schutzbestimmungen ist Förderung der Unternehmen

Mit 1.1.2011 wurde der Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung weitgehend aufgehoben – mit der Behauptung, so die Erwerbstätigkeit in dieser Gruppe zu steigern. In einer Evaluierung heißt es: „[Es] scheint die Novelle am Einstellungsverhalten von DienstgeberInnen (noch) nicht die erhofften Veränderungen bewirkt zu haben“ (Sozialministerium, Juli 2013). Tatsächlich steigt der Anteil von arbeitslosen Menschen mit Behinderung!

Da ist wohl auch die Lockerung des Kündigungschutzes ab 50+ wenig zielführend, um Ältere im Ersten Arbeitsmarkt wieder dauerhaft zu verankern. Vielmehr profitieren davon die ArbeitgeberInnen, die „teure“ ältere leichter loswerden oder die Erfahrung und Expertise oft langgedienter Fachleute zu einem Spottpreis absaugen können: immerhin werden bis zu 50 % der Lohnkosten aus den Mitteln des AMS refundiert.

Selbst die sinnloseste „Maßnahme“ ist Arbeitslosen „zumutbar“

Welcher Arbeitsplatz oder welche AMS-Maßnahme als „zumutbar“ gilt, wird vom Arbeitslosenversicherungsgesetz (ALVG) bestimmt. Und „zumutbar“ ist im großen Ganzen alles, was der „körperlichen Fähigkeit“ entspricht und keine „Gefährdung der Gesundheit oder Sittlichkeit“ darstellt. Das öffnet Schikanen seitens des AMS die Tür: So sollen arbeitslose PersonalchefInnen lernen, wie man einen Lebenslauf schreibt; gelernte InstallateurInnen stecken in Coachings über „gesunde Ernährung - Erfolg in der Arbeit“; studierte BiologInnen lässt man „Lebensbäume“ zeichnen.

Dadurch, so das AMS, „sollen Ihre Chancen am Arbeitsmarkt verbessert werden.“ Dazu passt, dass die TrainerInnen der diversen Einrichtungen wie „ibis-Acam“, „Trendwerk“ etc. zumeist selbst nur prekär beschäftigt sind und alle halben Jahre um ihren eigenen Job bangen müssen.

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Werbe-KV: Es gibt einen Abschluss - aber es besteht die Gefahr von weiteren Angriffen in einem KV Neu

Betriebsrätin Irene Mötzl

Der Abschluss zeigt: kämpfen zahlt sich aus. Denn der Kollektivvertrag wurde (bzw. wird) seitens der Arbeitgeber bereits seit geraumer Zeit in Frage gestellt. Viele BetriebsrätInnen aus der Branche begrüßen den Abschluss daher. Vor allem weil er angesichts der Ausgangslage einen, zum Schluss fast unerhofften, Erfolg bedeutet. Dazu kommt die Unsicherheit, ob, aufgrund der schlechten Organisierung der Branche und dem defensiven Verhalten der Gewerkschaften, ein Kampf für eine echte Verbesserung Erfolg gehabt hätte.

Der Abschluss bringt den Beschäftigten eine Erhöhung der KV-Gehälter um 1,33% (ab März) sowie einen zusätzlichen freien Tag. Allerdings nur jenen KollegInnen, die nur ein KV-Mindestgehalt haben. Wer ein paar Euro drüber verdient sieht von den 1,33% nichts, außer es gibt eine entsprechende betriebliche Regelung. Der Geltungsbeginn ab März bedeutet für die Beschäftigten zwei volle Monate Gehaltseinbußen und einen Sieg der Erpressungsstrategie der Arbeitgeber. Mit ihre Taktik, die Verhandlungen zu verschleppen, haben sie es geschafft, dass die Erhöhung nicht für das ganze Jahr gilt. Es ist davon auszugehen, dass sie dasselbe nun jedes Jahr probieren - weil es ja einmal schon funktioniert hat.

Dazu kommt, dass die Arbeitgeber sich nur unter dem Versprechen von Verhandlungen über einen „KV-Neu“ auf einen Abschluss eingelassen haben. Ihr Begehr ist offensichtlich: den bereits schlechten KV noch weiter zu verschlechtern. Im Visier steht vor allem eine weitere Deregulierung der Arbeitszeit und noch mehr zeitliche Kontrolle über die Beschäftigten. Und aus Sicht der Arbeitgeber stehen die Chancen gut. Einige BetreibsrätInnen und KollegInnen sehen den Abschluss daher kritischer.

Irene Mötzl, Betriebsrätin beim Wohnservice Wien und SLP-Aktivistin, meint zum Abschluss: "Ich kann alle verstehen die froh sind, dass wir was erreicht haben. Nach genauer Überlegung und vielen Gesprächen mit KollegInnen glaube ich aber, dass mit einer konsequenteren Orientierung auf die gemeinsame Durchsetzungsstärke der Belegschaften mehr drinnen gewesen wäre. Viele KollegInnen waren sehr motiviert und haben sich super eingebracht. Es ist falsch, diese Kampfkraft nicht zu nutzen!“

Die Kampfkraft nutzen!

Die erreichten Verbesserung wurden mit viel Einsatz auf der Straße und in den Betrieben geschafft. Und zwar durch zahlreiche Betriebsversammlungen, der Kundgebung am 2. Februar und vielen spontanen Aktionen vor Betrieben verschiedener Arbeitgeber der Branche. Aber unabhängig davon, wie einzelne BetriebsrätInnen und KollegInnen zu dem Abschluss stehen, geht es jetzt darum, diese gezeigte Kampfkraft zu erhalten und für die "KV-Neu" Verhandlungen in den nächsten Wochen und Monaten zu nutzen. In den nächsten Wochen wird es daher auch darum gehen, eine gemeinsame Strategie für echte Verbesserungen zu entwickeln. Dazu ist es notwendig, dass möglichst viele KollegInnen in die Diskussionen, Aktivitäten und Entscheidungen eingebunden werden. Vor allem müssen die Belegschaften entscheiden können, ob sie einen Abschluss annehmen, oder (weitere) Arbeitskämpfe für Verbesserungen organisieren und durchführen wollen. Das verlangt transparente Diskussionen, Strategien und Verhandlungen. Ein solches Vorgehen ist wichtig, um das notwenige Vertrauen in den Belegschaften aufzubauen, das es braucht, um für einen Kollektivvertrag im Interesse der Beschäftigten zu kämpfen. Verhandlungen und Entscheidungen hinter verschlossenen Türen unter Ausschluss der betroffenen KollegInnen und BetriebsrätInnen (wie es jetzt bei diesem KV-Abschlus der Fall war), schwächen das Vertrauen der KollegInnen in die eigene Stärke und die Gewerkschaft und und die Motivation gemeinsam für die Interessen der Beschäftigten zu kämpfen. Deshalb ist es wichtig, dass auf Betriebsversammlungen und Betriebsratskonferenzen klare Beschlüsse gefasst werden und dass es über das Verhandlungsergebnis Urabstimmungen unter der Belegschaft gibt. Manchmal kann es notwendig sein, einen schlechten Abschluss zu nehmen, wenn das Kräfteverhältnis einen besseren Abschluss nicht zulässt. Aber es muss von denen entschieden werden, die den Kampf führen und mit dem Ergebnis leben müssen: den Beschäftigen der Branche!

Wir müssen uns auf einen längeren Kampf einstellen!

In den nächsten Tagen und Wochen geht es darum, einen klaren Plan zu entwickeln wie wir beschäftigtenfeindlichen Forderungen der Arbeitgeber für einen „KV-Neu“ entgegentreten. Wir müssen zeigen, dass wir auch bereit sind, für unsere Interessen zu kämpfen. Das wir nicht bereit sind, für einen Gehaltsabschluss 2018 und die Rettung des KVs weitere Verschlechterungen in Kauf zu nehmen. Darauf müssen wir uns jetzt schon vorbereiten. Und das bedeutet, von Beginn an auch Aktionen zu planen, demokratische Strukturen aufzubauen und die KollegInnen der Branche besser zu organisieren. Hier können wir auf den Erfahrungen und Aktionen der letzten Wochen aufbauen. Gleichzeitig müssen wir echte Verbesserungen fordern. Und zwar nicht nur, um den Begehrlichkeiten der Arbeitgeber etwas entgegen zu setzten, sondern auch, weil viele KollegInnen überarbeitet und unterbezahlt sind und dringend Verbesserungen bei Arbeitszeit und Einkommen brauchen.

In den letzten Jahren war der Werbe-KV immer wieder Thema und BetriebsrätInnen und aktive GewerkschafterInnen aus der Branche haben sich auf ein paar zentrale Forderungen geeinigt:

  1. Ist-Lohnerhöhung im KV verankern
  2. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn
  3. Deutliche Anhebung der Gehaltstabellen

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Arbeitgeber entschlossen sind, ihre Verschlechterungen durchzukriegen. Wir müssen uns also auf einen längeren und härteren Kampf einstellen Unsere Forderungen müssen mit Aktionen auf der Straße und im Betrieb eingeforderten werden. Solche Aktionen werden schon mit Beginn der Verhandlungen für einen "KV - Neu" nötig werden. Nur mit echten Verbesserungen ist sichergestellt, dass der Werbe KV nicht als Ausweich-KV missbraucht werden kann. Gerade weil wir hier einen langen Atem brauchen werden ist die Einbindung der Beschäftigten über regelmässige Betriebsversammlungen und demokratische Strukturen so wichtig.
Die SLP war mit Beschäftigten und BetriebsrätInnen in der Branche ein wichtiger Teil der Bewegung anlässlich des KVs. Wir werden den Arbeitskampf auch weiter aktiv unterstützen und uns mit solidarischen Vorschlägen dazu einbringen.

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