Betrieb und Gewerkschaft

Hunderte Metaller Betriebsräte bei Informationskonferenzen

Gerhard Ziegler (Betriebsrat bei Bilfinger Shared Services)

Auch die 3. Verhandlungsrunde der Metaller Herbstlohnrunde ist gescheitert. Die Gewerkschaft fordert 3%, die Unternehmen halten das für überzogen und schalten auf stur. Am 28. Oktober fanden daher mehrere BetriebsrätInnen-Konferenzen statt.

Mehrere hundert Betriebsräte aus dem Fachverband FMMGI versammelten sich in Leonding (Linz-Land) in Oberösterreich um 9.00 Uhr zu einer Informationskonferenz. Hintergrund war, dass die Unternehmerseite bislang zu keinerlei Angebot bei den Kollektivvertragsverhandlungen im Metallerbereich bereit war. Bereits um 7.30 Früh  gab es einen Flash-Mob von Jugendlichen der Gewerkschaft PROGE vor der Wirtschaftskammer.

Auch wenn Chefverhandler Wimmer von der PROGE („Originalzitat: Ich bin kein Klassenkämpfer!“) nicht dem kämpferischen Flügel zugeordnet werden kann, ist es in der aktuellen Phase durchaus möglich, dass die Gewerkschaften dieses Mal gezwungen sein werden, für ihre Forderungen etwas kämpferischer aufzutreten. Gefordert werden neben der Anhebung der Löhne und Gehälter geht es auch um diverse arbeits- und sozialrechtliche Verbesserungen wie Übernahme der Berufschul- und Internatskosten der Lehrlinge, Recht auf Papamonat etc.. Nachdem die Gewerkschaft im Juni weiteren Flexibilisierung bei der Arbeitszeit zugestimmt hatte gibt es unter den KollegInnen Unmut. In Kombination mit einer harten Position auf der Unternehmerseite kann das der Zündstoff für gewerkschaftliche Aktivitäten sein.

Die Unternehmerseite weigert sich nicht nur ein Angebot bezüglich Lohn- /Gehaltserhöhung zu legen, sondern fordert im Gegenteil von den Gewerkschaften ein neues, reduziertes Angebot und verlangt auch gleich noch u.a.

  • die Streichung diverser „Privilegien“ wie freie Tage bei Heirat oder Übersiedlung und
  • in Betrieben, denen es schlecht geht, soll wieder die 40-Stunden-Woche – allerdings bei gleichem Lohn – gelten
  • weitere Flexibilisierung bei der Arbeitszeit

Damit betreibt sie Klassenkampf von oben. Oder wie es Wimmer auf der Konferenz formulierte: „Das ist gelebte Gier!“ Argumentiert wird mit schlechten Entwicklungen in den Betrieben und vor allem, dass im Export die Personalkosten zu hoch seien. Gleichzeitig sind jedoch die Gewinne und Dividenden in den letzten Jahren stetig gestiegen. Die Unternehmen wollen also einmal mehr auf Kosten der Beschäftigten die Konkurrenzfähigkeit erhöhen.

Auch in Vösendorf bei der Betriebsrätekonferenz für Wien, Niederösterreich und Burgenland platzte der Saal aus allen Nähten. Bei Diskussionen mit KollegInnen im Vorfeld forderten viele, dass jetzt endlich mal gestreikt werden solle und zwar nicht nur halbherzig wie 2011 bzw. gleich gar nicht wie 2013. Auf Nachfragen wurde betont, dass die KollegInnen in den Betrieben bereit sind zu kämpfen, und nicht das selbe ritualisierte Prozedere wie in den letzten Jahren (das dann mit einem mässig guten Abschluss endet) wollen. Die Diskussion selbst war dann aber eher schaumgebremst und die Gewerkschaftsführung gab wenig Anregungen für die nächsten Schritte in den Betrieben mit. 

Wie weiter?

Es wurde einstimmig eine Resolution beschlossen, in der die Haltung der Unternehmer zurückgewiesen wird. Bereits vor der nächsten Verhandlungsrunde am 3.11.2016 sollen in den Betrieben des Fachverbandes FMMGI Betriebsversammlungen für die Tage nach dem 3.11.2016 ausgeschrieben werden. Sofern trotzdem keine Abkehr von der bisherigen Gangart sichtbar wird, sollen auf diesen Betriebsversammlungen Kampfmaßnahmen beschlossen werden.

Es besteht berechtigte Wut über das Verhalten der Unternehmer und Klarheit darüber, dies so nicht zu akzeptieren. Gleichzeitig schwingt doch auch Angst mit, dass es so wie in den letzten Jahren nur ein Schattenboxen bleibt. Es wird daher notwendig werden, wenn es tatsächlich zu Kampfmaßnahmen und Streiks kommt, diese ordentlich in den Betrieben vorzubereiten und offensiv zu führen, damit die Belegschaft auch mitgeht und nötigenfalls auch ein längerer Streik durchgehalten wird. Ein Verhandlungsergebnis muss jedenfalls einer Urabstimmung unterzogen werden.

Bildung. „Freude“ Inklusive

Ausbildung für Jugendliche: Gute Ausbildung, soziale Kompetenz, Parkplätze? Da liegst du falsch!

Seit September 2015 befinde ich mich in der Lehre zum Maschinenbautechniker im Metallzentrum Attnang-Puchheim des BFI. Obwohl die Einrichtung sich auf ÖBB-Gelände befindet, werden BFI- und ÖBB-Lehrlinge getrennt. Das geht so weit, dass im selben Gebäude Türen verschlossen und Trennwände aufgestellt sind. Parkplätze gibt es nur für Administration und TrainerInnen. Wir BFI-Azubis haben zwar eine lange Anfahrt, müssen aber weit draußen parken.

Viele der TrainerInnen scheinen wenig soziale Kompetenz zu besitzen, aber dafür ein Alkoholproblem. Fälle von Sexismus von deren Seite, wie z.B. das Geben von Küssen an eine Auszubildende, obwohl diese das nicht will, kommen auch vor. Ich habe schon länger einen Konflikt mit einem aus meiner Gruppe, da er mir bereits im Kurs mehrmals Körperverletzung androhte. Weder von AusbildnerInnen noch von der Administration bekomme ich dabei wirkliche Hilfe, da es sie nicht interessiert.

Viele von uns sind völlig unterfordert, da wir etliche Stunden ohne Unterricht zubringen müssen und die Lehrkräfte nicht besonders gut ausgebildet sind. Die Zeit könnte z.B. für den Besuch anderer Betriebe oder zur Vermittlung des Lernstoffs genutzt werden. Um die Statistik schön zu halten, besteht trotzdem Anwesenheitspflicht bis zum Ende. Was dieser Einrichtung an Leistungsdruck fehlt, macht sie durch Langeweile und Apathie wieder wett.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Streik der KAV-ÄrztInnen in Wien!

Gegen das Kaputtsparen des Gesundheitssystems muss der Kampf ein gemeinsamer sein!
Christoph Glanninger

In Wien streikten am 12.9. die ÄrztInnen des Krankenanstaltenverbundes KAV. Von 1.513 zum Dienst eingeteilten ÄrztInnen streikten 446. An der Demonstration beteiligten sich rund 2.000 Menschen. Der Protest richtet sich gegen Kürzungen im Gesundheitssystem, konkret gegen die Einsparung von Nachtdiensten. Hintergrund ist auch das „Wiener Spitalskonzept 2030“, mit dem die Stadtregierung 28 Millionen € sparen will, während Wien wächst.

Das Argument „wir müssen sparen“ stimmt einfach nicht. Allein der Vermögenszuwachs des reichsten 1 % in Österreich in 33 Tagen würde reichen, um sämtliche Schulden der Stadt Wien zu begleichen. Viele Posten sind absurd hoch bezahlt: nicht amtsführende StadträtInnen (ohne Aufgabe!): 9.440€/Monat, KAV-Generaldirektor: 24.000€ /Monat. Dieses Geld wäre in der Gesundheitsversorgung besser angelegt!

Die zuständige Gewerkschaft Younion weigert sich aufgrund ihrer Nähe zur SPÖ-Stadtregierung, Widerstand zu organisieren und wurde am Streik dafür zu Recht angegriffen. Es wäre ihre Aufgabe, die Proteste auf PflegerInnen auszudehnen, die in den letzten Jahren teilweise noch dramatischere Verschlechterungen erleben mussten. Dass die Ärztekammer sich auf die ÄrztInnen beschränkt, ist genauso falsch, aber das war von der Standesvertretung zu erwarten.

Beschäftigte und PatientInnen müssen an der Basis aktiv werden und die Gewerkschaft durch Druck von unten dazu bringen, für unsere gemeinsamen Interessen zu kämpfen. Wie das funktionieren kann, hat 2015 die Basisinitiative Care Revolution Wien gezeigt, die u.a. eine gemeinsame Demonstration mit ÄrztInnen organisiert hat. So konnte die Gewerkschaft dazu gebracht werden, einen Gang hoch zu schalten.

Die ÄrztInnen haben gezeigt: Streik geht auch im Spital. Auch bei den PflegerInnen gärt es – mehr Proteste sind zu erwarten. Überlastetes Personal führt dazu, dass PatientInnen nur unzureichend versorgt werden können und viel zu früh entlassen werden. Ein Streik schadet PatientInnen nicht so sehr wie ein Beibehalten des Normalzustand.

 

 

 

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Jetzt für höhere Löhne kämpfen!

Die kommende KV-Runde nutzen, um für eine deutliche Erhöhung unserer Einkommen aktiv zu werden!
Michael Gehmacher

Die Wirtschaftskrise ist noch lange nicht vorbei. Die Arbeitslosigkeit steigt. In der Industrie und in anderen Bereichen drohen Schließungen. Dazu kommen weitere Angriffe auf unseren Lebensstandard. Die Unternehmen wollen wieder Arbeitszeitflexibilisierung gegen Lohnerhöhung tauschen. Und kriegen dafür Unterstützung von den etablierten Parteien. Wir müssen uns daher selbst wehren.

Ab Herbst werden wieder die Erhöhungen der Löhne und Gehälter verhandelt. Jede und Jeder kann da was tun. Zu Recht sind viele von uns wütend über die niedrigen Abschlüsse der letzten Jahre. Schreib das gemeinsam mit deinen KollegInnen per Mail, Brief oder Unterschriftenliste an deine zuständige Gewerkschaft. Machen wir der Gewerkschaftsspitze klar, dass wir bereit sind, aktiv etwas zu tun. Machen wir gemeinsam Druck. Fordern wir unsere Betriebsräte auf, gemeinsam eine Versammlung im Betrieb zu organisieren. Dort sollten die wichtigsten Forderungen für die Verhandlungen beschlossen werden. Bleiben wir dabei nicht stehen: wir können Flugblattaktionen und Kundgebungen vor dem Betrieb oder an öffentlichen Plätzen organisieren. Während der Verhandlungen können wir Plakate oder Transparente mit Forderungen aufhängen und KundInnen/KlientInnen informieren.

Von 27. bis 29. Oktober gibt es "Aufbruch" Aktionstage unter dem Motto: "Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten". Diese Aktionstage können Beschäftigte nutzen, um mehr Dynamik in die KV-Verhandlungen zu bringen, z.B. im Sozialbereich.

Die Streikbewegung 2003, der Metallerstreik 2011 und andere Anlässe haben gezeigt, dass der ÖGB und Fachgewerkschaften kämpfen können. Immer hat eine große Mehrheit der KollegInnen die Aktionen aktiv unterstützt. Das wäre auch jetzt so! Mit einer bundesweiten BetriebsrätInnen- und AktivistInnenkonferenz könnte der ÖGB Druck machen. Um tatsächlich ein "Einkommen zum Auskommen" zu erkämpfen, braucht es mehr: ein gemeinsamer Aktions- und Streiktag im November kann ein erster Höhepunkt in einem heißen Herbst sein.

Die SLP steht für:

  • Aktiv: Mit Aktionen im Betrieb und auf der Straße echte Erhöhungen erkämpfen!

  • Demokratisch: Die Betroffenen auf Betriebsversammlungen informieren und in Urabstimmungen über Verhandlungsergebnisse abstimmen

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Oktoberstreik - Die Realität hinter den Legenden über die Streikbewegung im Herbst 1950

Im Herbst 1950 kam es in Österreich gegen das 4. Lohn-Preisabkommen zu Massenstreiks. Die ÖGB-Spitze tat alles, um das Abkommen, die Vorform der Sozialpartnerschaft, zu verteidigen und die Proteste zu kriminalisieren. Neben massiver staatlicher Repression und einer vom späteren ÖGB-Chef Olah aufgestellten Prügeltruppe gab es auch eine Hetzkampagne. Den Streikenden wurde unterstellt, eine stalinistische Diktatur errichten zu wollen. Dass die KPÖ die Streikbewegung unterstützte, wurde vor dem Hintergrund des kalten Krieges ausgeschlachtet.

In einer Bundesvorstandsitzung im Oktober 2015 widerrief die ÖGB-Spitze die Putschthese. Eine HistorikerInnenkommision wurde beauftragt und das Ergebnis liegt nun in Buchform vor. Eine viel zu späte Genugtuung für die (meist schon verstorbenen) Betroffenen. Was dem Buch fast vollkommen fehlt, ist eine Auseinandersetzung mit den politischen Motiven der damaligen ÖGB-Führung: nämlich der Einzementierung der Sozialpartnerschaft gegen die ArbeiterInnenklasse. Für diesen Schritt ist auch die aktuelle ÖGB-Spitze zu sehr Teil der Sozialpartnerschaft. Aber: das Buch ist lesenswert, weil es zeigt, welche enorme Kampfkraft die österreichische ArbeiterInnenklasse 1950 entfaltete. Die vielen Einzelbiographien geben einen kleinen Einblick in das Leben von KämpferInnen. Zu den ÖGB-Ausschlüssen kamen Entlassungen in Betrieben. Hunderte streikende ArbeiterInnen bezahlten ihre Kampfbereitschaft mit einem sozialen Abstieg. Ihr Schicksal wäre ein eigenes Buch wert...


Oktoberstreik - Die Realität hinter den Legenden über die Streikbewegung im Herbst 1950 Sanktionen gegen die Streikenden und ihre Rücknahme. ISBN 978-3-99046-204-1

ÖGB-Verlag

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Streik der Wiener SpitalsärztInnen

Schluss mit dem Kranksparen durch die Wiener Stadtregierung – gemeinsamer Widerstand von Beschäftigten und PatientInnen nötig.

Am Montag den 12. September kam es zum Streik der Wiener SpitalsärztInnen, konkret jener, die im KAV (Krankenanstaltenverbund der Gemeinde Wien) angestellt sind. Rund 2.000 TeilnehmerInnen waren zur Demonstration vom Stubentor zum Stephansplatz gekommen. Die Teilnahme war beachtlich, der Gegenwind ebenso. Und die Gewerkschaft kann noch einiges lernen.

Hintergrund des Konfliktes

Einer EU-Verordnung folgend wurde schon vor längerem die Arbeitszeit der ÄrztInnen reduziert. In vielen Bundesländern wurde die Mehrarbeit zumindest teilweise dem Pflegepersonal umgehängt, weswegen es zu Protesten in Salzburg (CaRevolution) und Wien (Care Revolution) kam. Den ÄrztInnen wurden zumindestens teilweise durch Gehaltserhöhungen der Einkommensentfall abgeglichen, die KollegInnen in der Pflege bekamen v.a. mehr Arbeit und nur geringe Verbesserungen beim Gehalt. Doch auch bei den ÄrztInnen ist nicht alles paletti – nun scheint sich die Gemeinde Wien nicht an die Abmachungen zu halten. Obwohl das Ganze recht komplex ist, lässt es sich doch folgendermaßen zusammen fassen: Arbeitszeiten werden flexibilisiert, Dienste verkürzt, verschoben bzw. abgeschafft ohne entsprechend Ausgleich zu schaffen. Der unmittelbare Grund ist die Streichung von 40 von 350 Nachtdiensträdern durch die Stadt Wien. Der KAV nützt eine an sich sinnvolle Arbeitszeitverkürzung für Spar- und Kürzungsmaßnahmen. Unterm Strich werden nachher weniger ÄrztInnen kürzer für die PatientInnen da sein.

Da es aber nicht weniger PatientInnen zu betreuen gibt und Wien im Gegenteil um rund 40.000 Menschen pro Jahr wächst bedeutet das eine schlechtere Versorgung und noch mehr Stress für ÄrztInnen und Pflegepersonal. Schon in den letzten Jahren wurden in Österreich und vor allem auch in Wien im Gesundheitssystem eine Einsparung nach der anderen beschlossen. Das Resultat sind Gangbetten, absurd lange Wartezeiten und Beschäftigte mit Burn-out.

Der Streik

Am 12. September waren rund 2.000 Personen auf der Demonstration. Laut KAV waren von 1.513 zu diesem Zeitpunkt zum Dienst eingeteilten ÄrztInnen 446 nicht im Dienst. 30% waren also im Streik während in den Spitälern, wie angekündigt, ein Notbetrieb aufrecht gehalten wurde. Es demonstrierten auch KollegInnen die gerade nicht im Dienst waren, solidarische niedergelassene ÄrztInnen, PatientInnen sowie einige KollegInnen der Pflege. Als Grund für den Streik erklärt der Vorsitzender der Ärztekammer Thomas Szekeres, der erst vor kurzem seine Mitgliedschaft in der SPÖ ruhend gestellt hatte: „Diese Maßnahmen sind vom KAV ohne vorherige Evaluation oder Diskussion mit den betroffenen Abteilungen beschlossen worden. Damit wird das System kaputtgespart. Denn dadurch ist eine durchgehende effiziente ärztliche Betreuung während der Nacht nicht mehr gewährleistet.“

Die Stadtregierung und der KAV hetzen gegen den Streik und behaupten der Streik würde nur aus wahltaktischen Gründen für die Ärztekammerwahl im März 2017 stattfinden. Mag sein, dass die Ärztekammer auch Wahlkampf betreibt. Tatsächlich zeigt aber die Zustimmung von 93% der 3.500 KAV-ÄrztInnen, dass die Kammer im Interesse der Beschäftigten handelt. Dass die Ärztekammer eine oft arrogante Standesvertretung ist steht außer Frage. Das die Wiener Stadtregierung hier aber nicht nur gegen die ÄrztInnen, sondern auch gegen die KollegInnen in der Pflege und gegen die PatientInnen ihr Kürzungsprogramm durchdrücken will ist auch klar. Die Gemeinde Wien ist massiv verschuldet, Gerüchte sprechen von einem Sparprogramm im Außmaß von 10% des Budgets. Vor diesem Hintergrund ist die Diffamierung der Streikenden durch Stadträtin Wehsely und KAV-Chef Janßen zu interpretieren.

Die Reaktion der „rot“-grünen Stadtregierung auf die Proteste zeigt einmal mehr, wie weit die Sozialdemokratie schon von ihren Wurzeln entfernt ist. Michael Häupl bezeichnet den Streik als „abartig“, Wehsely behauptet "Es gibt keinen Grund für einen Streik." und der KAV Generaldirektor nett den Arbeitkampf "unmoralisch" während der KAV in einer Aussendung Beschäftigten generell das Recht auf Streik abspricht: „Eine Reduktion der Leistungen bzw. Ärztinnen-und Ärztepräsenz analog zu einem Feiertags- bzw. Wochenendbetrieb ist nicht zulässig“. Er wartn davor, dass eine Beteiligung am Streik eine Dienstpflichtverletzung sei. Wie ganz normale kapitalistische UnternehmerInnen wird hier Beschäftigten das Streikrecht abgesprochen. Der Wiener Ärztekammerchef Szekeres, selbst ein „Roter“ meint dazu: "Die Gründerväter der Sozialdemokratie würden im Grab rotieren, wenn sie erfahren würden, dass die rot regierte Stadt Wien einen Streik untersagen will."

Diese Argumente kommen nur allzu bekannt vor. Diejenigen, die seit Jahren mit ihrer Kaputtsparpolitik die Bedingungen für Beschäftigte und PatientInnen dramatisch verschlechtern, jammern darüber, dass diejenigen die für bessere Gesundheitsversorgung kämpfen Menschen gefährden. Tatsächlich schaden aber nicht Streikmaßnahmen den PatientInnen, sondern der Normalzustand.

Die Antwort auf die Privilegien einiger Primar-ÄrztInnen, die neben ihrer Anstellung noch teure Privatpraxen führen (und an denen es auch von den demonstrierenden ÄrtzInnen selbst Kritik gab) und dafür das öffentliche Gesundheitssystem schröpfen ist nicht die Verschlechterung der Gesundheitsversorgung für alle. Die steigende Anzahl von privaten Krankenversicherungen zeigt, dass die Angst vor einer ungenügenden medizinischen Versorgung weit verbreitet ist. Wer es sich leisten kann, versichert sich privat. PolitikerInnen wie Häupl und Wehsely leben in jener Welt der privilegierten Behandlung und kennen es nicht, stundenlang in einer Ambulanz zu warten oder monatelang auf einen Reha- oder Operationstermin. Für sie gelten nur die Zahlen und die müssen „verbessert“ werden.

Wo war Younion?

Die zuständige Gewerkschaft der Gemeindebediensteten Younion glänzte durch Abwesenheit. In einer Stellungnahme auf ihrer Homepage stellt sie sich auf Seite der Stadtregierung und gegen den Streik. Das zeigt die enge Verbundenheit der Spitzen dieser Gewerkschaft mit der Wiener SPÖ bzw. der Landesregierung. Anstatt den Protest auf andere Teile des Gesundheitsbereiches, die ebenfalls überlastet sind wie die Pflege auszuweiten, macht sich die Gewerkschaft zum verlängerten Arm der SPÖ. Sie treibt damit ÄrztInnen aus der Gewerkschaft hinaus und direkt in die Arme der konservativen und in vielen Fragen sogar reaktionären Ärztekammer. Die Gewerkschaft schwächt damit ihre eigene Basis – in Bezug auf Mitglieder und auch auf Kampfkraft, da sie die Spaltungsversuche der Landesregierung voll mitträgt anstatt Proteste des ganzen Gesundheitsbereiches zu organisieren.

Von Vorbereitung und Inszenierung des Streiks der KAV-ÄrztInnen kann die Gewerkschaft noch was lernen. Durch Infoflyer und Kinospots wurden WienerInnen darüber informiert, wie die Stadt Wien mit unserer Gesundheit spielt. Außerdem startet die Ärztekammer eine Online Petition an Sonja Wehsely, amtsführende Wiener Stadträtin für Gesundheit, in der es heißt "Als Wienerinnen und Wiener fordern wir Sie als politisch verantwortliche Stadträtin auf, patientenfeindliche Maßnahmen wie die Reduktion von Nachtdiensten, die Schließung von Ambulanzen und die Kürzungen von Leistungen zurückzunehmen und mit der Ärzteschaft in einen Dialog zu treten, um so die Zerstörung des Wiener Gesundheitssystems zu verhindern“. Es wurde als im Vorhinein auf die Anliegen aufmerksam gemacht, man versuchte PatientInnen zumindest zu informieren. Das fehlt bei gewerkschaftlichen Mobilisierungen oft, die sich auf das Zusammenkommen von Gewerkschafts-Hauptamtlichen und FunktionärInnen beschränken. Der Demonstrationszug selbst war eher lahm, aber die Abschlusskundgebung war wieder gut organisiert. Es gab zahlreiche SprecherInnen und sogar eine Videobotschaft aus Deutschland. Zum Abschluss wurden gemeinsame Forderungen de facto gemeinsam beschlossen. Die ÄrztInnen gingen also mit einem klaren Programm nach Hause. Was allerdings fehlte – wie auch bei gewerkschaftlichen Mobilisierungen – war die Präsentation ein gemeinsamer Plan für die nächsten Kampfschritte. Hier bräuchte es eine demokratisch gewählte Streikleitung, die diese vorbereitet und dann auf Dienststellenversammlungen diskutieren und abstimmen/abändern lässt.

Wie weiter?

Der Warnstreik am 12. September war ein starkes Zeichen. Er kann ein wichtiger Input für alle Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich sein. Er hat gezeigt, das ein Streik in diesem Bereich absolut möglich ist. Wenn der Kampf gewonnen wird – und das ist mit einer entschlossenen kämpferischen Strategie möglich – dann wird er eine starke Signalwirkung haben. Die wirkliche Schwäche der bisherigen Proteste ist, dass sie auf die ÄrztInnen beschränkt bleibt. Als letztes Jahr die KollegInnen in der Pflege protestierten versuchte die Basisinitiative Care Revolution Wien sowohl mit der Gewerkschaft als auch mit der neu gegründeten Ärztegewerkschaft Asklepius zusammen zu arbeiten. Erste benützte das nur zum Dampfablassen, zweitere mehr für ihre eigenen Interessen. Wollen die ÄrztInnen wirklich die Situation im Gesundheitswesen verbessern, dann geht das nur, wenn auch die Situation von Pflege, Reinigungskräften, medizinisch-technischem Personal und anderen Gesundheitsbeschäftigten verbessert wird. Doch auch schon in der Mobilisierung wurde völlig darauf verzichtet auch Forderungen aufzustellen, die andere Berufsgruppen miteinbeziehen. Es braucht aber einen gemeinsamen Kampf auf Augenhöhe sowie eine kämpferische Gesundheitsgewerkschaft. Die verschiedenen Initiativen die es in diese Richtung gibt müssen nicht nur in den Protesten aktiv sein sondern auch offensiv daran arbeiten, die Proteste auszuweiten. Das könnte z.B. ein gut mobilisierter Pflege-Block auf der nächsten Demonstration sein der eigene, offensive Forderungen aufstellt. Das können aber auch Aktionen rund um die neue politische Initiative Aufbruch sein, in der viele Menschen aus dem Sozial- und Pflegebereich aktiv sind. Aufbruch plant Ende Oktober österreichweite Aktionstage die das Thema Gesundheit sehr konkret aufgreifen könnten und auch die Frage der Finanzierung unter dem Motto „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“ aufgreifen könnten.

Denn die Frage, wo das Geld für ein verbessertes Gesundheitswesen herkommen soll muss und kann beantwortet werden. Die Wiener Stadtregierung argumentiert ja in schlechter neoliberaler Art mit der Notwendigkeit zu Sparen (bzw. behauptet sie dass eh nicht gekürzt würde). Tatsächlich braucht es viele Milliarden zusätzlich für den Ausbau des Gesundheitswesen, damit jede und jeder eine optimale, menschenwürdige Versorgung bekommt. Und das Geld dafür ist da! Allein die Stadt Wien verschwendet ca. 87 Millionen jährlich für Eigenwerbung, nicht amtsführende Stadträte (u.a. von der FPÖ) verdienen 9.440 € und der KAV-Generaldirektor sogar 24.000 € im Monat. Allein der Vermögenszuwachs in 33 Tagen des reichsten 1 Prozent in Österreich würde ausreichen um sämtliche Schulden der Stadt Wien zu begleichen. Die Beispiele liesen sich fortführen, klar ist, dass bei den Superreichen weit mehr Geld gebunkert liegt, als es überhaupt braucht, um mehr Personal und zu ordentlichen Einkommen einzstellen. Dort muss das Geld geholt werden, anstatt das Gesundheitswesen kaputt zu sparen. Was ist das für ein krankes Systems, wo Profite von Firmen bzw. der Reichtum einiger Weniger schützenswerter ist als eine umfassende Gesundheitsversorgung für alle? Im Kapitalismus ist alles Ware: wir und unsere Gesundheit inbegriffen. Private Unternehmen führen Spitäler, stellen Leiharbeitskräfte ein, die Pharmaindustrie verdient an Patenten und die Versicherungen an der Angst aufgrund der staatlichen Kürzungspolitik im Gesundheitswesen. Wir brauchen eine umfassende, flächendeckende, staatliche Gesundheitsvorsorge, mit genug Personal, einem dichten Netz von lokalen Ambulanzen, mit echter Vorsorgemedizin und raschen Terminen bei Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen. Um eine breite Bewegung für ein besseres und ausfinanziertes Gesundheitssystem aufzubauen und Solidarität von PatientInnen zu organisieren müssen die Forderungen nach Finanzierung und die Quellen dafür (nämlich bei den Superreichen) auch während Kampagne und Streik offensiv aufgestellt werden.

  • Mehr Personal und mehr Geld für die Beschäftigten im Gesundheitsbereich

  • Verbesserungen im Gesundheitsbereich sollen von den Betroffenen selbst – Beschäftigten und PatientInnen – erarbeitet werden und nicht von "ExpertInnen" deren zentrale Aufgabe das Sparen ist

  • Ausweitung der Proteste auf Pflege und andere Beschäftigte des Gesundheitsbereiches

  • für eine kämpferische Gesundheitsgewerkschaft

  • Milliarden für Gesundheit und Soziales statt für Banken und Konzerne

  • für die Übernahme des Gesundheitsbereiches und der Pharmaindustrie durch die Öffentliche Hand, verwaltet durch demokratische Strukturen durch Gesellschaft, Beschäftigte, PatientInnen und den Organsiationen der ArbeiterInnenbewegung

Was dem Hofer sicher nicht hilft...

Sonja Grusch

Ein breiter Schulterschluss soll Hofer verhindern. Auch GewerkschafterInnen sind dabei. Bald beginnt die Herbstlohnrunde der Metallbranche. Seit Jahren versuchen die KapitalistInnen, die Verhandlungen aufzuspalten, die Gewerkschaft zu schwächen und längere Arbeitszeiten durchzudrücken. Erst vor kurzem hat die Gewerkschaft hier Zugeständnisse gemacht. Heuer könnte sie noch zahmer daher kommen. Wegen der Bundespräsidentschaftswahl könnte die Gewerkschaftsführung meinen, man dürfe die Unternehmensseite nicht verärgern, weil sie sonst vielleicht Hofer unterstützt. Dass man daher heuer besonders entgegenkommend sein müsse. Und dass ein schlechter KV-Abschluss ja immer noch weniger schlimm wäre als ein Präsident Hofer.

Sollten GewerkschafterInnen so denken oder gar argumentieren, dann könnten sie falscher gar nicht liegen! Das Einzige, was den Aufstieg des Rechtsextremismus stoppen kann ist eine selbstbewusste, kampfbereite und kampffähige ArbeiterInnenbewegung. Wer seine Rechte verteidigt und Verbesserungen erkämpft ist auch in der Lage sich eine neue Kampforganisation aufzubauen und setzt nicht auf rechte PopulistInnen. Die Gewerkschaft muss mit offensiven Forderungen auftreten und die Kandidaten zwingen, sich zu positionieren. Die FPÖ hat schon in der Vergangenheit im „Ernstfall“ von Arbeitskämpfen die Seite der Unternehmen eingenommen.

Sich von KapitalistInnen erpressen zu lassen hätte fatale Folgen. Auf diese Erpressung würde die nächste folgen. Und es wäre keineswegs sicher, dass sie wegen einer braven Gewerkschaft auf eine Hofer-Unterstützung verzichten würden, brauchen sie doch angesichts der Krise brutalere Angriffe auf die Gewerkschaften. Eine schwache Gewerkschaft – das hilft doch nur dem Hofer! Kämpferische Gewerkschaften aber helfen all jenen, die unter der FPÖ leiden und die zu Recht keine Illusionen in Van der Bellen haben.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Warum Jugendliche sich in Gewerkschaften organisieren sollten

Unterbezahlt und befristet
Nino Berkhan, Hamburg (Mitglied der SAV, der deutschen Schwesterorganisation der SLP)

Auszubildende haben es oft nicht leicht für ihre Rechte einzustehen. Laut einer DGB-Umfrage leisten 38 Prozent der Auszubildenden regelmäßig unbezahlte Überstunden. Jeder zehnte Azubi muss häufig oder immer ausbildungsfremde Tätigkeiten ausführen. Und 33 Prozent haben keinen betrieblichen Ausbildungsplan. Sie werden häufig mit den „Irgendwer muss es ja machen“-Aufgaben beauftragt und damit einfach nur als günstige Arbeitskraft missbraucht. Die Auszubildenden nehmen die Zustände häufig hin, denn sie stehen meist alleine da, mit der Angst um ihren Ausbildungsplatz oder ihre Chance auf Übernahme.

von Nino Berkhan, Hamburg

Das zeigt, dass dringend ein Kampf um bessere Arbeitsbedingungen, sowohl für die Azubis als auch für die Beschäftigten, her muss. Aber das allein reicht nicht, der Kampf um mehr Gehalt und Personal muss auch immer der Kampf gegen ein profitorientiertes System der Unterdrückung sein. Und gerade in diesem Kampf spielen Auszubildende und junge Beschäftigte eine große Rolle. Sie bringen häufig Schwung in die immer wichtiger werdenden Tarifbewegungen und zeigen, dass eine Gewerkschaft kein bürokratisierter Serviceleister für Arbeitnehmer, sondern eine Möglichkeit zur Vernetzung und Organisation aller Beschäftigten ist. Auch wenn Dinge wie Streikgeld, kostenlose Rechtsberatung und finanzielle Vorteile vor allem für die unterbezahlten Azubis gut und teilweise auch sehr wichtig sind, sollten gute Aktionen gegen Ausbeutung und ein profitorientiertes System sowie die Organisation von Arbeitskämpfen immer im Vordergrund stehen.

Eine Alternative muss her!

Die Suche nach einer Systemalternative wird auch unter Jugendlichen in den Gewerkschaften größer. Beim letzten ver.di-Bundeskongress gab es zum Antrag des Gewerkschaftsrates zum Thema „Wirtschaftsdemokratie“ einen Gegenantrag der ver.di-Jugend unter dem Titel „Alternativen zum Kapitalismus“. Eine Beschlussfassung dazu blieb letztlich aus.

„Es zeigt, dass angesichts der immer härteren Auswirkungen des kapitalistischen Systems auf die Lebensbedingungen der Beschäftigten, die Frage der Systemalternative dringender wird.“ (Angelika Teweleit, Sprecherin des Netzwerks für eine demokratische und kämpferische ver.di)

Für kämpferische Gewerkschaften!

Um weiterhin Erfolge in Arbeitskämpfen zu erzielen, ist eine Demokratisierung der Gewerkschaft zwingend von Nöten. Die Einbeziehung von Beschäftigten an der Berliner Charité oder auch die Streikdelegiertenkonferenzen während des Streiks bei den Sozial- und Erziehungsdiensten sind gute Beispiele für eine Demokratisierung. Auch wenn diese noch ausbaufähig sind, steigern sie auch die aktive Beteiligung, vor allem von jungen Beschäftigten, in Arbeitskämpfen. Die gute Resonanz unter jungen Beschäftigten ermöglicht auch, dass Reaktivieren von eingeschlafenen Strukturen wie zum Beispiel Betriebsgruppen, Vertrauensleute oder auch Jugendbetriebsgruppen.

Kämpfe zusammenbringen!

In den letzten Jahren zeigte sich, dass wieder mehr Jugendliche auf Streiks anzutreffen sind als vor zehn Jahren. Ein Zusammenbringen von Arbeitskämpfen, aber auch anderen politischen Bewegungen ist gut und nötig. Denn all diese Arbeitskämpfe und politischen Bewegungen haben eins gemeinsam: den Kampf gegen ein System der Banken und Konzerne, ein System der Ausbeutung und Unterdrückung, ein System der Profite.

 

Diagnose: zu wenig Ressourcen

Der Pflegenotstand ist eine politische Entscheidung. Geld ist genug da, nur nicht im Gesundheitssystem.
Drei Pflegekräfte aus Oberösterreich

Die kapitalistische Spar- und Kostenlogik durchdringt alle Lebensbereiche und durch die Krise wird das auch im Gesundheitsbereich immer spürbarer. Der chronische Mangelzustand in der Altenpflege und in den Spitälern macht Pflege immer mehr zu einem „Abarbeiten“ nur des absolut Notwendigsten. Das Personal leidet unter den gesundheitlichen Folgeschäden der Arbeitsbelastung, wie umfangreiche Studien darstellen. Die Bedürfnisse der PatientInnen kommen oft zu kurz, wie wir in unserer Arbeit täglich erleben. Mit einem Zynismus, der seinesgleichen sucht, wirft die Politik den Beschäftigten vor, nur zu „sudern“ anstatt „es sich besser einzuteilen“. Es wird (bewusst) ein Zustand geschaffen, in der unter den KollegInnen selbst Streit und Druck entsteht. Mit Schlagworten wie „Sachzwänge“ oder „Finanzierbarkeit“ wird der Vormarsch des Neoliberalismus in der sozialen Versorgung gerechtfertigt. Die schwarz-grüne Spitalsreform in Oberösterreich soll (2009-20) 2,3 Milliarden Euro einsparen, das sind 778 Betten und fünf Abteilungen!

Die Ergebnisse sind, dass die erhaltenen Fähigkeiten der KlientInnen nicht ausreichend gefördert werden können, weil die Zeit fehlt. So werden Menschen unweigerlich „ins Bett gepflegt“. Wir haben eine Situation, wo sich die Würde von Kranken und Sterbenden mit der Unterbesetzung auf der Station schlägt. KollegInnen bleiben teilweise (illegal) mehrere Stunden länger im Dienst, damit das Arbeitspensum erfüllt werden kann. Durch das ständige „Reduzieren“ von Personal werden Dienste herumgeschoben. Die Nachbesetzung frei werdender Personalstellen lässt gerne auf sich warten. Stattdessen werden Auszubildende und Zivildiener als leicht verfügbare, aber unterqualifizierte Arbeitskräfte ausgenutzt.

Die beschriebenen Missstände sind nur einige Beispiele aus einer Liste, die AltenbetreuerInnen, PflegeschülerInnen, KollegInnen aus der Pflege für diesen Artikel zusammen gestellt haben. Die Situation ist untragbar, da sind wir uns einig. Es wird Zeit, dass wir beginnen, von unten Widerstand zu organisieren!

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Hitze: Mehr Sorge um den Computer als um die Beschäftigten!

Thomas Hauer

Die Sommerzeit ist da, und die nächste Hitzewelle naht. Trotz jährlicher Rekordtemperaturen gibt es keine gesetzliche Regelung für Hitzeferien. Bei einer vorhandenen Klimaanlage sollte an heißen Tagen die Raumtemperatur zwar nicht über 25°C liegen. Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Klimaanlage gibt es aber nicht. Ist keine vorhanden muss zwar regelmäßig gelüftet, die Fenster beschattet, Ventilatoren und kalte Getränke bereitgestellt werden. Nur ist das an vielen Tagen auch nur ein Tropfen auf der heißen Stirn. Bei Arbeiten im Freien gibt es zwar eine Regelung ab 35°C im Schatten, ob gearbeitet wird entscheidet aber der/die ArbeitgeberIn. Anstatt sich im Sommer zu erholen, arbeiten sehr viele bis an den Rand der Erschöpfung und darüber hinaus.

Bezeichnend für die Prioritäten im Kapitalismus ist, dass es Fälle gibt, in denen erst für Abkühlung gesorgt wird, wenn Geräte und Materialien der Hitze nicht mehr standhalten oder Kundschaft abgeschreckt wird. Die Gewerkschaft müsste eine menschliche und vor allem gesundheitlich vertretbare Regelung erkämpfen. Die kalte Dusche für die Beschäftigten im Herbst bei den miesen Lohnabschlüssen kommt dann auch viel zu spät.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

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