Werbe-KV: Es gibt einen Abschluss - aber es besteht die Gefahr von weiteren Angriffen in einem KV Neu

Betriebsrätin Irene Mötzl

Der Abschluss zeigt: kämpfen zahlt sich aus. Denn der Kollektivvertrag wurde (bzw. wird) seitens der Arbeitgeber bereits seit geraumer Zeit in Frage gestellt. Viele BetriebsrätInnen aus der Branche begrüßen den Abschluss daher. Vor allem weil er angesichts der Ausgangslage einen, zum Schluss fast unerhofften, Erfolg bedeutet. Dazu kommt die Unsicherheit, ob, aufgrund der schlechten Organisierung der Branche und dem defensiven Verhalten der Gewerkschaften, ein Kampf für eine echte Verbesserung Erfolg gehabt hätte.

Der Abschluss bringt den Beschäftigten eine Erhöhung der KV-Gehälter um 1,33% (ab März) sowie einen zusätzlichen freien Tag. Allerdings nur jenen KollegInnen, die nur ein KV-Mindestgehalt haben. Wer ein paar Euro drüber verdient sieht von den 1,33% nichts, außer es gibt eine entsprechende betriebliche Regelung. Der Geltungsbeginn ab März bedeutet für die Beschäftigten zwei volle Monate Gehaltseinbußen und einen Sieg der Erpressungsstrategie der Arbeitgeber. Mit ihre Taktik, die Verhandlungen zu verschleppen, haben sie es geschafft, dass die Erhöhung nicht für das ganze Jahr gilt. Es ist davon auszugehen, dass sie dasselbe nun jedes Jahr probieren - weil es ja einmal schon funktioniert hat.

Dazu kommt, dass die Arbeitgeber sich nur unter dem Versprechen von Verhandlungen über einen „KV-Neu“ auf einen Abschluss eingelassen haben. Ihr Begehr ist offensichtlich: den bereits schlechten KV noch weiter zu verschlechtern. Im Visier steht vor allem eine weitere Deregulierung der Arbeitszeit und noch mehr zeitliche Kontrolle über die Beschäftigten. Und aus Sicht der Arbeitgeber stehen die Chancen gut. Einige BetreibsrätInnen und KollegInnen sehen den Abschluss daher kritischer.

Irene Mötzl, Betriebsrätin beim Wohnservice Wien und SLP-Aktivistin, meint zum Abschluss: "Ich kann alle verstehen die froh sind, dass wir was erreicht haben. Nach genauer Überlegung und vielen Gesprächen mit KollegInnen glaube ich aber, dass mit einer konsequenteren Orientierung auf die gemeinsame Durchsetzungsstärke der Belegschaften mehr drinnen gewesen wäre. Viele KollegInnen waren sehr motiviert und haben sich super eingebracht. Es ist falsch, diese Kampfkraft nicht zu nutzen!“

Die Kampfkraft nutzen!

Die erreichten Verbesserung wurden mit viel Einsatz auf der Straße und in den Betrieben geschafft. Und zwar durch zahlreiche Betriebsversammlungen, der Kundgebung am 2. Februar und vielen spontanen Aktionen vor Betrieben verschiedener Arbeitgeber der Branche. Aber unabhängig davon, wie einzelne BetriebsrätInnen und KollegInnen zu dem Abschluss stehen, geht es jetzt darum, diese gezeigte Kampfkraft zu erhalten und für die "KV-Neu" Verhandlungen in den nächsten Wochen und Monaten zu nutzen. In den nächsten Wochen wird es daher auch darum gehen, eine gemeinsame Strategie für echte Verbesserungen zu entwickeln. Dazu ist es notwendig, dass möglichst viele KollegInnen in die Diskussionen, Aktivitäten und Entscheidungen eingebunden werden. Vor allem müssen die Belegschaften entscheiden können, ob sie einen Abschluss annehmen, oder (weitere) Arbeitskämpfe für Verbesserungen organisieren und durchführen wollen. Das verlangt transparente Diskussionen, Strategien und Verhandlungen. Ein solches Vorgehen ist wichtig, um das notwenige Vertrauen in den Belegschaften aufzubauen, das es braucht, um für einen Kollektivvertrag im Interesse der Beschäftigten zu kämpfen. Verhandlungen und Entscheidungen hinter verschlossenen Türen unter Ausschluss der betroffenen KollegInnen und BetriebsrätInnen (wie es jetzt bei diesem KV-Abschlus der Fall war), schwächen das Vertrauen der KollegInnen in die eigene Stärke und die Gewerkschaft und und die Motivation gemeinsam für die Interessen der Beschäftigten zu kämpfen. Deshalb ist es wichtig, dass auf Betriebsversammlungen und Betriebsratskonferenzen klare Beschlüsse gefasst werden und dass es über das Verhandlungsergebnis Urabstimmungen unter der Belegschaft gibt. Manchmal kann es notwendig sein, einen schlechten Abschluss zu nehmen, wenn das Kräfteverhältnis einen besseren Abschluss nicht zulässt. Aber es muss von denen entschieden werden, die den Kampf führen und mit dem Ergebnis leben müssen: den Beschäftigen der Branche!

Wir müssen uns auf einen längeren Kampf einstellen!

In den nächsten Tagen und Wochen geht es darum, einen klaren Plan zu entwickeln wie wir beschäftigtenfeindlichen Forderungen der Arbeitgeber für einen „KV-Neu“ entgegentreten. Wir müssen zeigen, dass wir auch bereit sind, für unsere Interessen zu kämpfen. Das wir nicht bereit sind, für einen Gehaltsabschluss 2018 und die Rettung des KVs weitere Verschlechterungen in Kauf zu nehmen. Darauf müssen wir uns jetzt schon vorbereiten. Und das bedeutet, von Beginn an auch Aktionen zu planen, demokratische Strukturen aufzubauen und die KollegInnen der Branche besser zu organisieren. Hier können wir auf den Erfahrungen und Aktionen der letzten Wochen aufbauen. Gleichzeitig müssen wir echte Verbesserungen fordern. Und zwar nicht nur, um den Begehrlichkeiten der Arbeitgeber etwas entgegen zu setzten, sondern auch, weil viele KollegInnen überarbeitet und unterbezahlt sind und dringend Verbesserungen bei Arbeitszeit und Einkommen brauchen.

In den letzten Jahren war der Werbe-KV immer wieder Thema und BetriebsrätInnen und aktive GewerkschafterInnen aus der Branche haben sich auf ein paar zentrale Forderungen geeinigt:

  1. Ist-Lohnerhöhung im KV verankern
  2. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn
  3. Deutliche Anhebung der Gehaltstabellen

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Arbeitgeber entschlossen sind, ihre Verschlechterungen durchzukriegen. Wir müssen uns also auf einen längeren und härteren Kampf einstellen Unsere Forderungen müssen mit Aktionen auf der Straße und im Betrieb eingeforderten werden. Solche Aktionen werden schon mit Beginn der Verhandlungen für einen "KV - Neu" nötig werden. Nur mit echten Verbesserungen ist sichergestellt, dass der Werbe KV nicht als Ausweich-KV missbraucht werden kann. Gerade weil wir hier einen langen Atem brauchen werden ist die Einbindung der Beschäftigten über regelmässige Betriebsversammlungen und demokratische Strukturen so wichtig.
Die SLP war mit Beschäftigten und BetriebsrätInnen in der Branche ein wichtiger Teil der Bewegung anlässlich des KVs. Wir werden den Arbeitskampf auch weiter aktiv unterstützen und uns mit solidarischen Vorschlägen dazu einbringen.