Frauen und LGBT

Kitzbühel - Ein Einzelfall?

Wir müssen gemeinsam für soziale Verbesserungen kämpfen, die Gewalt an Frauen zurückdrängen können.
Moni Jank und Sarah Moayeri

Nach dem Fünffach-Mord in Kitzbühel ist wieder einmal klar geworden, wie dringend der Kampf gegen Gewalt an Frauen ist. In den bürgerlichen Medien ist die Rede von “Familien- oder Beziehungsdramen”. Damit werden die Morde verharmlost und ignoriert, dass es sich bei Frauenmorden um ein gesellschaftlich produziertes Problem handelt. Denn Gewalt gegen Frauen ist weder eine Ausnahme, noch ein “privates” Problem, sondern Alltag. Jede 5. Frau ab dem 15.Lebensjahr war schon körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt, mindestens jede 3. Frau wurde schon einmal sexuell belästigt.

In den vergangenen vier Jahren hat sich die Zahl der Frauenmorde in Österreich mehr als verdoppelt. Dass es sich bei den Tätern überwiegend um (Ex-)Partner oder Familienmitglieder handelt, ist weder Zufall noch auf eine pauschale Gewalttätigkeit von Männern zurückzuführen, sondern mit Familienstrukturen im kapitalistischen System verbunden. Einerseits profitiert der Kapitalismus davon, Hausarbeit und Kindererziehung auf die Familie - und damit auf Frauen abzuwälzen, andererseits spaltet er uns, indem mit “traditionellen” Rollenmustern Frauenunterdrückung verfestigt wird. Männer sollen dominant sein, Frauen werden als Besitz des Mannes gesehen.

Kürzungspolitik und Sparmaßnahmen sind außerdem der soziale Boden, auf dem Gewalt gegen Frauen wächst: Frustration und Armut befördern Gewalt, Frauen können es sich nicht leisten, auszubrechen. Neben gut ausgestatteten Frauenhäusern, Gewaltprävention usw. braucht es deshalb v.a. soziale Verbesserungen. Denn es ist oft nicht nur aus emotionalen, sondern aus finanziellen Gründen ein schwerer Schritt, einen gewalttätigen Mann zu verlassen. Wir brauchen gleiche Löhne für Männer und Frauen, ein Einkommen, von dem man leben kann und Wohnraum, den man sich auch ohne Partner leisten kann. Der ÖGB muss an genau diesen Fragen aktiv werden und so eine gewerkschaftliche Kampagne gegen Gewalt an Frauen organisieren, sowohl am 25. November als auch darüber hinaus. 

 

Kürzungspolitik statt echter Antworten

Die Kürzung der Mindestsicherung zur Sozialhilfe Neu erhöht u.a. den Beschäftigungsdruck auf Bezieher*innen, kürzt bei Mehrkindfamilien (v.a. von Alleinerzieher*innen) und Migrant*innen (weil an Nachweise von Sprachkenntnissen gekoppelt). Frauen sind besonders hart betroffen, da sie stärker auf Mindestsicherung angewiesen sind. Wien wollte die Kürzung nicht umsetzen - ob das bei schwarz-grün hält?

Frauenhäuser sind überfüllt. Aufgrund von Platzmangel oder ihrer Obdachlosigkeit werden viele abgewiesen. Im ländlichen Raum ist der Zugang oft schwerer. 2018 wurde dem Verein Autonomer Frauenhäuser durch das Frauenministerium 6000€ gestrichen. Insgesamt wurden in den letzten beiden Jahren mehr als 400.000€ bei Fraueninitiativen - viele arbeiten im Bereich “Gewalt” - gekürzt.

2017 kürzte die schwarz-blaue Regierung in Oberösterreich die Wohnbeihilfe. Die Voraussetzung einer Erwerbsarbeit oder Sozialversicherungsleistung ist von 36 auf 54 Monate innerhalb der letzten fünf Jahre gestiegen. Nachweise von Deutschkenntnissen müssen vorgebracht werden. Die Miete darf max. 7€/m2 betragen, wobei nur max. 3,50€/m2 gefördert werden. Ausziehen wird schwerer, wenn Wohnen zu teuer ist. 

Das “Gewaltschutzpaket”, noch von ÖVP/FPÖ initiiert, bedeutet höhere Strafen für Gewalttäter. Ausführende medizinischer und therapeutischer Berufe sind verpflichtet, bei Verdacht Anzeige zu erstatten. Gewaltpräventionskurse müssen vom Täter selbst bezahlt werden - Maßnahmen, die von Expert*innen und Frauenhäusern als nicht hilfreich gesehen werden. Sie sollen Law & Order legitimieren und Stimmen fangen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Gewalt an Frauen stoppen!

Die SLP aktiv am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen
Sarah Moayeri

Von Beirut bis Santiago de Chile – Überall kämpfen Frauen an vorderster Front der globalen Massenbewegungen. Die Proteste am diesjährigen Tag gegen Gewalt an Frauen reihten sich in diese weltweite Protestwelle ein. #metoo, die feministischen Massenstreiks am 8. März und die großen Kämpfe in Lateinamerika, Polen und Irland für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch haben schon in den letzten Jahren gezeigt: Frauen wehren sich zunehmend gegen Unterdrückung und Sexismus und lassen sich dabei auch von massiven Repressionen nicht einschüchtern. Viele der Schwersterorganisationen der SLP organisierte am 25.11. im Rahmen eines internationalen Aktionstag Proteste und stellten radikale Forderungen für echte Frauenbefreiung in den Vordergrund.

Auch in Wien organisierte die SLP mit der sozialistisch-feministischen Initiative „Nicht mit mir“ eine gut besuchte Kundgebung, um auf das Thema aufmerksam zu machen und vor allem als ein Angebot zum aktiven Widerstand. Mit Schildern und Straßenkreide wurden die gestiegene Anzahl an Frauenmorden in Österreich, Kürzungen bei Frauenhäusern und -organisationen, sexistische Übergriffe und andere Missstände angeprangert. In Redebeiträgen thematisierten Aktivist*innen unter anderem Gewalt an Transpersonen, den Kampf von Frauen im Nahen und Mittleren Osten, die prekäre Lage von Beschäftigten in sogenannten „frauendominierten“ Berufen und die Notwendigkeit vom gemeinsamen Kampf für soziale Verbesserungen, leistbaren Wohnraum und gleiche Löhne. Es ist klar, dass es auch mit einer schwarz-grünen Regierung bei diesen Fragen keinen Verlass auf die etablierten Parteien und Politiker*innen geben kann, sondern dass wir weiterhin selbst für Frauenrechte aktiv werden und uns organisieren müssen.

Viele Passant*innen gaben uns die Rückmeldung, dass sie es bedauernswert finden, wie wenig Aktionen an diesem Tag organisiert wurden. Insbesondere vom ÖGB kam nichts weiter als symbolische Statements, während eigentlich breite betriebliche Kampagnen zu dem Thema notwendig wären. Es gab daher großes Interesse an unserem Material und an weitergehenden Aktivitäten von „Nicht mit mir“. Gewalt ist für die meisten Frauen Alltag, egal ob am Arbeitsplatz, in der Familie oder auf der Straße – und immer mehr Frauen wird bewusst, dass es notwendig ist, sich dagegen zu wehren.

Bei der anschließenden Veranstaltung „Revolution und Frauenbefreiung – Frauen im weltweiten Kampf“ spiegelte sich dieses Interesse wider. Eine Reihe von Teilnehmer*innen die noch nie bei einer Veranstaltung von uns waren diskutierten angeregt die Rolle von Frauen in den aktuellen globalen Massenprotesten, den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Frauenunterdrückung und Kampfstrategien wie die Frage eines Frauenstreiks. „Ich will nicht mehr nur zuschauen. Was kann ich jetzt konkret tun?“ stand im Zentrum der Diskussion. Dabei wurde deutlich, dass es mehr braucht als Protestaktionen am 25. November oder 8. März und dass ein langfristiger und erfolgreicher Widerstand gegen Gewalt an Frauen kollektive Kampfmaßnahmen bedeuten muss der nicht nur die Kürzungspolitik des Kapitalismus, sondern das ganze System in Frage stellt.

 

Russland: Häusliche Gewalt ist politisch

Interview mit Sasha Alekseeva von der "Sozialistisch-Feministischen Alternative" über Proteste gegen häusliche Gewalt

Worum geht es bei den Protesten? 

Konkret um die Unterstützung der drei Chatschaturjan-Schwestern, die nach dem Tod ihres Vaters verhaftet wurden, der sie seit Jahren geschlagen und vergewaltigt hatte. Und insgesamt: Die von der russisch-orthodoxen Kirche unterstützte Regierung hat jüngst häusliche Gewalt entkriminalisiert. Jedes Jahr leiden 16 Millionen Frauen unter häuslicher Gewalt, 14.000 werden getötet! Doch wenn eine Frau den Mann in Notwehr tötet, bekommt sie 20 Jahre Gefängnis.

Was fordert ihr?

Die Finanzierung von Krisenzentren in jeder Region, dass Gewalttäter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden und staatlich finanzierte Rehabilitation der Opfer. Und ganz wichtig: angemessene Bezahlung der Frauen, damit sie nicht von Männern abhängig sind. 

Wie sahen die Proteste aus?

Wir wollten am 31.8. demonstrieren, doch das Moskauer Bürgermeisteramt verbot das. Aber wir schlossen uns unter dem Motto "keine Stimme für jene, die häusliche Gewalt entkriminalisiert haben" einer nicht genehmigten Demo bezüglich politischer Gefangener an. Und wir sind seit Monaten Teil der, in der Regel illegalen, Proteste von vor allem Jugendliche gegen Ungerechtigkeit, Lügen und Korruption. Denn häusliche Gewalt ist politisch und kann nicht von allem anderen, was heute in Russland geschieht, getrennt werden kann.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Gemeinsam QUEERstellen!

Vielen Jungen reicht es nicht mehr, nur den Regenbogen zu feiern und Einhörner zu streicheln!
Aktivistin der SLP

Was wir täglich erleben, zeigen auch Studien: Dass sich v.a. Jugendliche besonders häufig im LGBT-Spektrum einordnen. Vielen ist es dabei sehr wichtig, sich aktiv gegen konservative Rollenbilder aufzulehnen, ihre geschlechtliche/sexuelle Identität offen auszuleben und für die eigenen Rechte einzustehen, nach dem Motto „Wir sind hier und wir sind queer!“. 
Gerade diese jungen Menschen treten auf den Pride-Paraden zunehmend politisch und radikalisiert auf. Nach einer Phase der Entpolitisierung spielen heute bei Pride-Paraden neben LGBT-Themen auch oft Feminismus und Antirassismus eine Rolle und das nicht zufällig. Wenn man sich in der Schule gegen einen homophoben Lehrer wehrt, kommt man rasch drauf, dass der auch noch sexistisch und rassistisch ist. Was liegt also näher, als gemeinsam was gegen ihn zu tun? Und die Probleme, eine leistbare Wohnung zu finden, haben auch Freund*innen, die nicht queer sind. Da zeigt sich, dass der Kampf um LGBT-Rechte nicht isoliert von anderen Themen zu führen ist. Gruppen wie „Queers for Future“ sind Beispiele dafür, wie Menschen nicht „nur“ queer oder „nur“ umweltbewusst sind. Wenn man einmal anfängt, sich zu wehren, merkt man rasch, dass nicht nur dieser gemeinsame politische Kampf notwendig ist, sondern auch, dass die Ursache für die Unterdrückung die gleiche ist!

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Safe Spaces reichen nicht

Wir wollen nicht nur sichere Räume, sondern das ganze Gebäude.
Philipp Chmel

Sexistisches Verhalten und Übergriffe sind auf Musik-Festivals ein häufiges Problem. Viele Festival-Betreiber reagieren darauf zunehmend mit der Bereitstellung von sogenannten „Safe Spaces“.

Historisch geht der Begriff zum einen auf die Schwulen- und Lesbenbars der 60er zurück, die damals häufig die einzigen Orte waren, an denen Menschen ihre Sexualität offen leben konnten. Zum anderen wurde der Begriff zu der Zeit von feministischen Gruppen geprägt. Für sie waren Safe Spaces Räume, um sich auszutauschen und auch, um sich politisch zu organisieren. Das war auch eine Reaktion auf das mangelnde Bewusstsein in der Linken und etablierten Arbeiter*innenbewegung.

Es ist sinnvoll, sichere Räume zu schaffen, in denen versucht wird, die Unterdrückungsmechanismen dieser Gesellschaft nicht eindringen zu lassen. Wenn sich solche Strukturen aber nur nach „innen“ wenden, gerät das „draußen“ leicht aus dem Blickfeld. Festivalveranstalter können dann zu „Pausenräumen“ zurechtgestutzte Safe Spaces einrichten, ohne sich dann um weiterführende Konzepte wie Ansprech-Teams kümmern zu müssen, die auf dem ganzen Gelände bei sexistischen Vorfällen eingesetzt werden – und damit den „Betrieb stören“ könnten.

Sexismus und andere Unterdrückungsformen müssen aber in der ganzen Gesellschaft bekämpft werden – besonders Gewerkschaften sind daher gefordert, sich in Schulen und Betrieben gegen Diskriminierung einzusetzen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Antworten auf den Fragenkatalog des "Österreichischen Frauenrings" für die Nationalratswahl 2019

>> Im August schickte der Österreichische Frauenring einen Fragenkatalog zu ungelösten frauen- und gleichstellungspolitischen Problemen an alle bundesweit kandidierenden Parteien – ihre Antworten wurden nun auf der Website des Frauenrings veröffentlicht.
„Frauen stellen in Österreich die Mehrheit in der Bevölkerung und werden die Wahl entscheiden. Die Konzepte der Parteien zu Fragen wie Kinderbetreuung, Altersarmut von Frauen oder Schwangerschaftsabbruch möchten wir ihnen als Entscheidungshilfe für die Nationalratswahl zur Verfügung stellen“, so Klaudia Frieben, Vorsitzende des Frauenrings.
Erfreulicherweise haben mit ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS, Liste JETZT, Die Grünen, Der Wandel und KPÖ alle bundesweit wahlwerbenden Parteien unseren Fragenkatalog beantwortet.
„Der Österreichische Frauenring wird auch nach der Wahl den Parteien und vor allem der Regierung auf die Finger schauen und sich für die Rechte aller in Österreich lebender Frauen stark machen“, so Frieben. << (Presseaussendung, "Österreichischer Frauenring", 17.09.2019)

Link zur Veröffentlichung des "Österreichischen Frauenrings" und Zusammenfassung aller Antworten der Parteien als PDF zum Download: https://www.frauenring.at/nationalratswahl-frauenpolitischen-konzepte-pa...

Hier die Antworten der SLP in voller Länge und Orginalwortlaut:

1.    Welche Maßnahmen gedenken Sie zu setzen, um Einkommensunterschiede zwischen Frauen* und Männern* zu beseitigen?

In Wahlkampfzeiten reden alle Parteien gerne von „gleichem Lohn für gleiche Arbeit“, doch die wirkliche Veränderung bleibt aus. Schöne Worte oder Regelungen, die am Papier bleiben, helfen uns nicht weiter. Es braucht die Offenlegung aller Bücher und regelmäßige gesetzliche Kontrollen aller Betriebe hinsichtlich der Lohn- und Gehaltszahlungen, in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Betriebsratskörperschaften. Die Gewerkschaften sind speziell dazu aufgerufen, Kommissionen einzurichten, die in den Betrieben (auch in Kleinstbetrieben) für gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit kämpfen.

2.    Besonders Frauen* sind häufig von Armut bedroht. Dabei droht vielen Frauen aufgrund geringer Pension wegen langer Kindererziehungszeiten und/oder  Teilzeitbeschäftigungen Armut im Alter. Welche Maßnahmen werden Sie gegen diese Armutsgefährdung setzen? 

Die SLP fordert einen Mindestlohn von 1.700 Euro netto, ein unbefristetes Arbeitslosengeld ohne Schikanen auf der Höhe des Mindestlohns sowie eine gesicherte, eigenständige Mindestpension für alle in derselben Höhe. Karenz darf nicht mit finanziellen Verschlechterungen einhergehen, deswegen fordern wir vollen Gehaltsbezug während der Karenzzeit sowie die Garantie, nachher wieder in den Job einsteigen zu können. Um zu verhindern, dass Frauen gegen ihren Willen vom Erwerbsleben ferngehalten werden, braucht es flächendeckende, kostenlose und hochwertige Kinderbetreuung.

Um die Teilzeitfalle zu bekämpfen soll bei Teilzeitarbeit die tägliche Normalarbeitszeit grundsätzlich auf ein Fünftel der vereinbarten Wochenarbeitszeit reduziert werden - wird über die tägliche Normalarbeitszeit gearbeitet, sollen Überstundenzuschläge bezahlt werden, also Aufzahlungen in der Höhe von 50% (nicht 25% wie in der aktuellen Mehrstunden-Regelung). Alle Arbeitnehmer*innen, auch geringfügig Beschäftigte und freie Dienstnehmer*innen, müssen voll sozialrechtlich abgesichert und gesetzlich geschützt sein - z.B. was die Lohnersatzleistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie anteilsmäßige Altersversorgung angeht.

Das Arbeitszeitmodell, das sich an einem 40-Stundenjob als Normalfall orientiert, ist Ausdruck des patriarchalen Charakters des Kapitalismus: Es setzt voraus, dass Haus- bzw. Reproduktionsarbeit von „jemandem“ (also Frauen) geleistet wird, während der Mann in der Arbeit ist. War damit in der Zeit des Nachkriegsaufschwungs noch ein durch entsprechende Rollenbilder abgesichertes Kleinfamilienleben finanzierbar, so ist es das heute selbst mit zwei 40-Stundenjobs kaum mehr. Deswegen brauchen wir eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn und Personalausgleich sowie eine Senkung der täglichen Maximalarbeitszeit auf 6 Stunden. Darüber kämpfen wir gegen alle Versuche, das Pensionsalter zu erhöhen. Es braucht eine Verkürzung der Lebensarbeitszeit mit der Möglichkeit, bei voller Pensionszahlung mit 55 Jahren aufzuhören.

3.    Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Perspektive notwendig, damit strukturelle Ungleichbehandlungen am Arbeitsmarkt (Gender Pay Gap, hohe Teilzeitquoten bei Frauen, ungleiche Aufstiegschancen, geschlechterstereotype Berufswahl, Einkommens- und Pensionseinbußen aufgrund von Elternkarenz) endlich aufgebrochen werden?

Zur Frage nach dem Gender Pay Gap, den Teilzeitquoten und der Elternkarenz verweisen wir auf unsere Antworten zu den Fragen 1 und 2, da diese Fragen eng mit der Frage der strukturellen Ungleichbehandlung am Arbeitsmarkt zu tun haben. An den Schulen und Bildungseinrichtungen muss das kritische Hinterfragen und Auflösen von Rollenbildern nicht nur in den Lehrplänen, sondern vor allem auch in der Praxis des Unterrichts verankert werden. Geschlechterstereotype Berufswahl wird nicht aber nicht nur durch solche Aufklärungsarbeit oder durch Imagekampagnen und „Girls Days“ behoben werden: Es braucht eine massive materielle Aufwertung von als „weiblich“ abgewerteter Arbeit, etwa im Gesundheits- und Sozialbereich durch höhere Löhne und mehr Personal.

Unter struktureller Benachteiligung, nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens, leiden auch Frauen mit Migrationserfahrung und jene ohne österreichische Staatsbürger*innenschaft. Wir fordern deswegen die Abschaffung aller fremdenfeindlichen Gesetze (Aufenthalts-, Asyl-, Melde- und Ausländerbeschäftigungsgesetz). Weg mit allen Hürden, die migrantischen Frauen extra in den Weg gelegt werden: Legalisierung aller hier lebenden Migrant*innen und uneingeschränktes Bleiberecht für alle. Legalisierung aller Arbeitsverhältnisse von Migrant*innen  und volle soziale Absicherung aller hier Erwerbstätigen. Wohnungs- und Mietbeihilfen für Migrant*innen zu den gleichen Bedingungen wie für österreichische Staatsbürger*innen und volle demokratische Rechte auf allen Ebenen.

4.    Noch immer leisten Frauen den Löwinnen-Anteil der unbezahlten Arbeit, weswegen seit den 1980er Jahren Kinderbetreuungsplätze flächendeckend in ganz Österreich gefordert werden. Wie werden Sie sich für diese dringend benötigten Einrichtungen einsetzen?

Wir gehören zu den Kräften, die diese Forderung seit der Gründung unserer Vorgängerorganisation in den 1980ern aufstellen. Dass sie – wie etwa auch die Forderung nach gleichen Löhnen – noch immer nicht realisiert ist, ja sich die Lage in vielerlei Hinsicht vor allem in strukturschwachen Regionen durch die Kürzungspolitik sogar verschlechtert hat, zeigt, dass wir uns nicht auf die etablierte Politik verlassen können. Wir brauchen nicht nur Anträge in Gemeinden, Landtagen und im Parlament. Die Geschichte – vor allem die der Frauenbewegungen – zeigt deutlich, dass kein Weg an der Selbstorganisation der Betroffenen und dem gemeinsamen Kampf mit Verbündeten vorbeigeht. Wir brauchen Kämpfe wie den „Kindergartenaufstand“, bei dem sich vor einigen Jahren Elementarpädagog*innen für bessere Arbeitsbedingungen und Personalschlüssel eingesetzt haben, oder Initiativen wie den „Aufstand der Alleinerziehenden“ bei der sich Alleinerziehende selbst organisieren und für flächendeckende, kostenlose und hochwertige Kinderbetreuung kämpfen. Die SLP versteht Mandate in parlamentarischen Gremien deswegen vor allem als Sprachrohre für solche außerparlamentarischen Bewegungen. In Irland, wo unsere Schwesterorganisation Socialist Party im Parlament sitzt, wurde das Recht auf Schwangerschaftsabbruch auch deswegen erkämpft, weil sich die sozialistischen Parlamentarier*innen nicht in den institutionellen Rahmen zwängen ließen, sondern in der ersten Reihe von solchen außerparlamentarischen Kämpfen zu finden waren und diese unterstützten.

Unbezahlte Arbeit bedeutet aber nicht nur Kinderbetreuung, sondern auch eine Reihe anderer haushaltlicher reproduktiver Tätigkeiten, die immer noch zum größten Teil von Frauen geleistet werden. Als Sozialist*innen stehen wir deshalb für die Vergesellschaftung von Hausarbeit, um diese geschlechtliche Arbeitsteilung zu überwinden. Das beinhaltet die flächendeckende Einrichtung von öffentlichen Kantinen, in denen günstig, gesund und hochwertig gegessen werden kann, sowie die Kollektivierung Waschvorgängen durch flächendeckende Waschküchen. Entsprechend muss der Wohnbau neu orientiert werden – weg von auf „klassische“ Kleinfamilien zugeschnittenen Bauformen hin zu günstigen öffentlichen Wohnbauten mit einer Architektur, die verschiedenen Lebens- und Familienformen offensteht, selbstbestimmtes Leben ermöglicht und Einrichtungen zur kollektiven Bewältigung reproduktiver Arbeiten bereitstellt. Zwar reichen auch Maßnahmen wie diese für sich genommen nicht aus, um die geschlechtliche Arbeitsteilung in diesem Bereich verschwinden zu lassen, doch sie bieten die dafür notwendige materielle Basis.

5.    Österreich hat die Istanbul-Konvention ratifiziert und sich verpflichtet alles zu tun, um gewaltbetroffene Frauen und Kinder zu schützen und zu unterstützen. Wie kann aus Ihrer Sicht der Gewaltschutz für Frauen verbessert werden und welche konkreten Pläne haben Sie dafür?

In den Jahren nach 2013 hat die Kürzungspolitik die Lage oftmals massiv verschlechtert. Als Sofortmaßnahme braucht es die Rücknahme aller Subventionskürzungen für Beratungsstellen und Vereine wie Maiz. Autonome feministische Einrichtungen (wie z.B. der “Verein Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen”) müssen finanziell ausreichend unterstützt und ausgebaut werden. Wir fordern ein flächendeckendes Angebot an gut ausgebauten, selbstverwalteten Frauenhäusern. Ob städtisch oder autonom, die finanziellen Mittel müssen dafür von öffentlicher Hand sichergestellt werden. Dazu benötigt es einen sensiblen unbürokratischen Umgang der SachbearbeiterInnen in Wohnungs- und Sozialämtern mit den Opfern von Gewalt. Hier haben Gewerkschaften und Personalvertreter*innen eine wichtige Rolle zu spielen, indem sie das Thema auf den Tisch bringen - denn unter ihren Kolleg*innen wie “Kund*innen” gibt es sowohl betroffene Frauen als auch Täter.

Jede Frau, die Opfer häuslicher Gewalt wurde, soll ein Übergangsgeld von mindestens 1.700 Euro netto erhalten, bis sie Arbeit findet. Frauen und Kinder müssen Zugang zu kostenloser juristischer, sozialer und psychologischer Betreuung haben.

Im juristischen Bereich braucht es die Einrichtung einer unabhängigen Anlauf- und Beratungsstelle für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, in den Bezirksgerichten. Diese soll erstens juristische Beratung, Vermittlung zu in diesem Bereich erfahrenen AnwältInnen etc. anbieten und zweitens als Beschwerdestelle für diskriminierende Behandlung von Frauen durch Richter*innen, Staatsanwält*innen etc. fungieren. Die in Scheidungsverfahren oder in Prozessen wegen Vergewaltigung oder Körperverletzung amtierenden Richter*innen etc. müssen der öffentlichen Kontrolle durch Gewerkschaften, Jurist*innen und Frauenbeauftragten unterliegen.

Gewalt an Frauen findet zwar – auch wenn das konservative Kräfte gerne leugnen – zum größten Teil im häuslichen Rahmen statt, aber sie beschränkt sich nicht darauf. Gerade Bewegungen wie MeToo haben die Dimension von sexueller Belästigung anderem gewalttätigen Verhalten am Arbeitsplatz aufgezeigt. Es braucht deswegen einen konsequenten Kampf gegen Sexismus am Arbeitsplatz: Betriebsrät*innen müssen durch fachliche Schulung für das Problem sensibilisiert werden, damit sich die Betroffenen an sie wenden können, im Vertrauen darauf, dass ihre Beschwerde ernst genommen wird. 

6.    Werden Sie die Forderungen des bekanntlich weit unterstützten Frauen*volksbegehrens in der nächsten Legislaturperiode umsetzen? Wie gedenken Sie dies zu tun?

Die SLP hat das Frauen*volksbegehren unterstützt und mit dessen Aktivist*innen auch gemeinsame Veranstaltungen organisiert und anderweitig zusammengearbeitet. Dabei haben wir jedoch auch immer betont, dass Volksbegehren auch trotz breiter Unterstützung in den Schubladen der Politik vergammeln, wenn der Kampf nicht außerhalb dieser Institutionen fortgesetzt und intensiviert wird. Die SLP wird nicht in der nächsten Regierung sein – doch wir werden uns weiterhin auf der Straße, in Betrieben und Ausbildungseinrichtungen für Forderungen des Volksbegehrens wie Arbeitszeitverkürzung, Ausbau der Kinderbetreuung, Kampf gegen Gewalt an Frauen etc. einsetzen. Wir laden die Aktivist*innen des Frauenvolksbegehrens dazu ein, hier zusammenzuarbeiten und Druck durch Kampagnen aufzubauen, anstatt zu hoffen, dass das Parlament sich darum kümmern wird.

7.    Wie halten Sie es mit Quoten? Sind Sie aus Ihrer Sicht notwendig und wo bzw. sollen sie zur Anwendung kommen?

Die SLP lehnt Quoten nicht ab, besonders dort wo es sie bereits gibt – doch sie behandeln Symptome eines tiefer liegenden Problems, welches durch Quoten nicht gelöst werden wird. Wir unterstützen Quoten in Fällen, wo sie als Mittel gedacht sind, um die Beteiligung und Einbindung von Frauen im Kampf gegen Sexismus und Kapitalismus zu kämpfen, nicht jedoch dort, wo sie als rein symbolische Maßnahmen von genau diesem Kampf ablenken sollen. So halten wir wenig von der Frauenquote der „Expert*innen“regierung, welche die kapitalistischen und sexistischen Verhältnisse im Sinne der Herrschenden weiterverwaltet. Wir halten es für einen Fehler, zu glauben, dass Frauen in mächtigen Positionen automatisch die Situation von allen Frauen verbessern. Es ist kein Sieg für Frauen, dass aggressive Neoliberale wie Christine Lagarde oder Ursula von der Leyen jetzt Spitzenpositionen in der EU besetzen. Sie werden das kapitalistische Kürzungsdiktat und die imperialistische Agenda, unter denen insbesondere Frauen leiden, fortführen. Als Sozialist*innen weisen wir immer darauf hin, dass die unversöhnlichen Trennlinien in der Gesellschaft zwischen oben und unten, also zwischen den Klassen, verlaufen. Ziel sozialistisch-feministischer Politik muss es sein, diese Spaltung zu überwinden. Das bedeutet den gemeinsamen Kampf aller, die „unten“ sind - die in ihrer großen Mehrheit nicht männlich und nicht weiß sind - gegen die Herrschenden in Politik, Betrieb und Gesellschaft - die in ihrer großen Mehrheit männlich und weiß sind.

8.    Die letzten Monate waren unter anderem geprägt von Diskussionen um eine Einschränkung der Fristenlösung. Welchen Stellenwert haben reproduktive Rechte für Sie und wie gedenken Sie, diese für Frauen zu schützen?

Die SLP ist seit Jahrzehnten im Kampf für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch aktiv. Wir haben unzählige Kampagnen geführt, auch gemeinsam mit Aktivist*innen von Organisationen, die im Frauenring aktiv sind. Für eine ausführliche Darstellung unserer Aktivitäten und unseres Programms in diesem Bereich verweisen wir auf unsere Broschüre „Volle Selbstbestimmung für Frauen“ (https://www.slp.at/sites/default/files/brochure_fulltext_pdf/frauenbrosc...).

Wir fordern die komplette Legalisierung von Schwangerschaftsabbruch. Schwangerschaftsabbrüche müssen kostenlos in allen Bundesländern und in allen öffentlichen Spitälern bzw. Spitälern, die Geld vom Staat erhalten, durchgeführt werden. Dafür braucht es eigene Abteilungen. Die SLP tritt außerdem für die Schaffung von selbstorganisierten Frauengesundheitszentren durch die öffentliche Hand ein, die auch Beratung und Behandlung bei Schwangerschaftsabbrüchen anbieten.

Wir fordern umfassende Aufklärung in Kindergärten und Schulen, die sich nicht auf Heterosexualität beschränkt, sondern alle Formen von Sexualität inkludiert. Weiters fordern wir die kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln. Diese müssen außerdem anonym abgegeben werden, ebenso wie Abtreibungen anonym durchgeführt werden müssen, damit Frauen nicht durch Eltern bzw. Partner überwacht und kontrolliert werden können.

Wir fordern eine Bannmeile für Abtreibungsgegner*innen rund um Kliniken und Arztpraxen. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, können wir uns dabei nicht auf die Polizei verlassen – deshalb ist es notwendig, dass Betroffene, Klinikpersonal und Anrainer*innen einen Schutz organisieren.

Die SLP ist eine aktive Kraft im Kampf gegen die reaktionäre Offensive aus kirchlichen, konservativen und rechtsextremen Kreisen. Die Fristenlösung steht schon lange auf der Abschussliste dieser Kräfte, nun sehen sie die Zeit gekommen, aus ihren Löchern zu kriechen. Die SLP wird den Widerstand gegen die selbsternannten „Lebensschützer“ (die in Wahrheit Frauenmörder sind) weiter auf die Straße tragen, zusammen mit der von uns initiierten feministisch-sozialistischen Plattform „Nicht mit mir“ und anderen feministischen Zusammenhängen. Wir brauchen jetzt schon eine Kampagne für eine starke gemeinsame Mobilisierung am 8. März, um die reaktionäre Offensive zurückzuschlagen.

9.    Viele Frauen und vor allem feministische Aktivist*innen sind im Netz immer wieder mit massivem Frauenhass im Netz konfrontiert. Nicht zuletzt der Fall von Sigi Maurer zeigt deutlich, dass es hier endlich deutliche gesetzliche Regelungen geben muss. Welche Maßnahmen bzw. Gesetzesänderungen sind hier aus Ihrer Sicht wichtig?

Der Fall Sigi Maurer hat Licht auf das gewalttätige Verhalten geworfen, dem Frauen und insbesondere LGBTQIA+Personen täglich ausgesetzt sind. Das Internet verdichtet diese Gewalt auf verschiedenste Weisen und bietet Sexisten zahlreiche Schlupflöcher für ihre Hetze. Gleichzeitig hat jedoch die (verbliebene) Anonymität im Internet gerade für Frauen und auch hier insbesondere LGBTQIA+Personen auch ein wichtige Schutzfunktion. Der Kampf gegen Online-Belästigung darf deswegen nicht zur Aufweichung allgemeiner persönlicher Rechte, etwa durch Klarnamenpflicht (welche z.B. Transpersonen speziell diskriminieren würde) führen. Zielführender wäre es, dafür zu kämpfen, dass diese Formen virtueller Gewalt als Straftatbestand anerkannt werden und verfolgt werden müssen. Die Erfahrung zeigt, dass die Polizei und das Rechtssystem hier aus eigener Initiative nichts unternehmen wird. Ein erster Schritt, um Druck aufzubauen, kann eine bundesweite Dokumentationsstelle für sexistische Hetze im Internet sein, die von Frauenorganisationen kontrolliert und durch öffentliche Gelder finanziert wird.

Our Pride Is Political!

Sarah Lammer

Der vergangene „Pride-Month“ stand im Zeichen der Straßenschlachten von 1969 in der Christopher Street, bei denen sich sexuelle Minderheiten gegen homophobe und rassistische Razzien in New Yorker Schwulen- und Transbars wehrten.

Der radikale Ursprung der Massenbewegung wird heute oft vom Party-Charakter der Pride-Paraden verdeckt. Die queere Community kann 50 Jahre nach den Aufständen stolz auf viele Errungenschaften zurückblicken. Mit ihrem Wachstum weckt sie allerdings auch zunehmend die Profitinteressen des Kapitals. Wir als Sozialist*innen lehnen diesen Regenbogen-Kapitalismus ab. So wie auch die etablierten Parteien sind Großkonzerne nicht unsere Verbündeten im Kampf um LGBTQI+ Rechte, da sie an tatsächlichen Verbesserungen kein Interesse hegen. Coca Cola unterstützt beispielsweise die homophobe Politik des Königreichs Eswatini (Swasiland), während es sich gleichzeitig mit der Regenbogenfahne schmückt. Bürgerliche Parteien wie SPÖ und NEOS, die sich tolerant geben, schaden mit ihrer Kürzungspolitik im Wohnungs-, Sozial- und Gewaltpräventionsbereich LGBTQI+ Personen besonders, da diese überproportional hoch in der Arbeiter*innenklasse vertreten sind.

Diese antikapitalistischen Schlussfolgerungen konnte die SLP besonders auf der 5000 Menschen großen Linzer Pride verbreiten, wo eine erfolgreiche Intervention gelang: 20 Aktivist*innen verliehen der Regenbogenparade mit Demosprüchen, Flugblättern, 100 verkauften Zeitungen und der starken Rede unseres Genossen und Pride-Mitorganisators Jan Millonig am Pride-Hauptwagen eine sehr politische Stoßrichtung. In den Wochen zuvor mobilisierten wir mit vielen Verteilaktionen und Infotischen für die Pride und unseren antikapitalistischen Block. In Wien organisierte die SLP zum wiederholten Male eine Aktion gegen den sexistischen und homophoben „Marsch für die Familie“, der jedes Jahr am Tag der Wiener Pride stattfindet. In Graz trotzten unsere Genoss*innen und weitere 1500 Demonstrant*innen dem schlechten Wetter.

Das zunehmende Wachstum der Bewegung bestätigt die Notwendigkeit, den Kampf um LGBTQI+ Rechte weiterhin aufzugreifen und ihn mit dem Kampf für Sozialismus zu verbinden. Nur so können Menschen ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung und ihrer Geschlechtsidentität gleichberechtigt miteinander leben.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Antwort auf Kritik von HOSI Linz und Grüne Andersrum OÖ

SLP Oberösterreich

Wir, die Sozialistische LinksPartei (SLP), treten in Oberösterreich zu den Nationalratswahlen 2019 an. Im Rahmen unseres Wahlkampfs haben wir am Samstag, 17. August, am Linzer Taubenmarkt eine Kundgebung für die Rechte von LGBTQIA+-Personen organisiert. Das ist nichts Neues, wir machen das seit Jahren, zum Teil im Bündnis mit anderen Organisationen, zum Teil, so wie am Samstag, ausdrücklich als SLP. Was dieses Mal anders war: Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Linz und die Die Grünen Andersrum OÖ haben es als notwendig erachtet, sich in Online-Statements von unserer Aktion zu distanzieren. Es wurden Vorwürfe aufgetischt, auf die wir antworten möchten.

Links zu den Statements:
- HOSI Linz: https://bit.ly/2NhmooJ)
- Grüne Andersrum OÖ :https://bit.ly/2MmrY9K

Ein Vorwurf ist, dass wir in der Bewerbung der Veranstaltung versuchen, die Linz-Pride zu vereinnahmen und für unsere politischen Zwecke zu missbrauchen. Dies weisen wir zurück. In unserer Veranstaltungs-Beschreibung steht:

“Im Juni 2019 sind mehr als 5.000 Menschen im Rahmen der Linzer Regenbogenparade für die Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intergeschlechtlichen Personen, Queers und Anderen auf die Straße gegangen: ein großer Erfolg für die LGBTQIA+ Community und alle Organisator*innen der Linzpride, darunter auch wir – die Sozialistische LinksPartei (SLP).

Und doch gibt es noch viel zu tun: Darum kämpfen wir das ganze Jahr über für die Gleichberechtigung ALLER MENSCHEN – unabhängig ihres Geschlechts, ihrer Sexualität, Hautfarbe, Herkunft etc.”

(Link zur Facebook-Veranstaltung mit ganzen Aufruftext: https://www.facebook.com/events/347446926204710/)

Die Linzer Regenbogenparade ist inzwischen die zweitgrößte in Österreich. Wir gehören von Anfang an zu den Initiator*innen und Organisator*innen der Parade. Wir stecken jedes Jahr – wie andere auch, die das ja auch öffentlich machen – viel Arbeit in die Organisierung und Mobilisierung für die Pride Parade. Darauf sind wir zu Recht stolz und sagen es auch öffentlich. Das machen ja mit jedem Recht auch HOSI und Grüne Andersrum.

Wir analysieren, dass die Ursachen für Diskriminierung und Unterdrückung ihre Wurzeln im kapitalistischen Wirtschaftssystem haben. Und sie erfüllen aus Sicht der Herrschenden in diesem System auch einen wichtigen Zweck. Solange wir uns durch Homo- und Transphobie, Rassismus, Sexismus und andere Hetze spalten lassen, werden wir nicht auf die Idee kommen, alle gemeinsam für Arbeits- und Ausbildungsplätze, gute Löhne, leistbaren Wohnraum oder ein Gesundheitssystem für alle zu kämpfen. Denn wenn wir uns gegenseitig für soziale Probleme verantwortlich machen, bleiben Reichtum und Macht der Reichen, der großen Banken und Konzerne unangetastet.

Wir haben diesen unseren Standpunkt nie versteckt und auch nie zur Bedingung für eine Zusammenarbeit mit anderen Organisationen gemacht – im Antifaschismus, in der Frauenbewegung, in der LGBTQIA+-Bewegung oder anderswo. Auch zu SLP-Veranstaltungen und Aktionen haben wir immer wieder Aktivist*innen von HOSI und Grüne Andersrum eingeladen, und immer wieder haben auch Kolleg*innenteilgenommen. Und: Wir kritisieren in unserem Text nicht Grüne Andersrum oder die Sozialdemokratische Homosexuellen-Initiative (die beide Mitorganisator*innen der Pride sind) dafür, dass sie wertvolle Arbeit im LGBTQIA+-Bereich machen. Wir kritisieren ausdrücklich die Grüne Partei und die SPÖ für ihre tatsächliche Sozialabbau-Politik und – in staatstragender und pro-kapitalistischer Manier – auch ihre Akzeptanz des staatlichen Rassismus.

Wir sehen es als notwendig an, den Kampf für LGBTQIA+-Rechte mit anderen Kämpfen zu verbinden, die auch LGBTQIA+-Menschen betreffen, und wegen der gesellschaftlichen Diskriminierung oft sogar härter als andere. Und hier grenzen wir uns klar und deutlich von der Politik von SPÖ, Grünen und NEOS ab. Auch wenn sie auf rechtlicher Ebene fortschrittliche Positionen vertreten was LGBTQIA+-Rechte betrifft: Mit ihrer Politik für Verschlechterungen in der Lebensrealität von LGBTQIA+-Personen sind diese Parteien mitverantwortlich: Beispiele sind Schließungen von mehreren Jugendzentren in Linz (SPÖ), Spitalsreform OÖ (SPÖ & Grüne), Budgetkürzungen im OÖ-Sozialbereich (Grüne), 12-Stunden-Tag (NEOS) und andere. Auch das gehört zur parlamentarische Arbeit von SPÖ und Grünen. Seit wann darf man das nicht mehr kritisieren?

Wir waren und sind aktiver Teil aller Bewegungen gegen diese Angriffe. Diese Politik machen die etablierten Parteien, weil sie eben fest auf dem Boden des Kapitalismus stehen, und in diesem System stehen Profite über Bedürfnissen. Wer sich diesen „Sachzwängen“ fügt, nimmt damit auch in Kauf, dass Menschen ins gesellschaftliche Abseits gedrängt werden (auch LGBTQIA+-Personen). Rechtsextreme haben dann erst recht wieder die Möglichkeit, Migrant*innen, Muslime/Muslima, Jüd*innen oder eben auch eine erfundene „Homo-Lobby“ für die sozialen Probleme verantwortlich zu machen.

Wir stehen für eine grundsätzlich andere Politik und wollen den Wahlkampf nutzen, um Menschen zu finden, die auch über die Wahlen hinaus mit uns aktiv werden wollen. Wir glauben, dass nicht abgehobene parlamentarische Arbeit, sondern nur Organisierung von unten Schluss machen kann mit Diskriminierung, Ausbeutung und Unterdrückung. Ja, wir grenzen uns sehr bewusst ab von der Politik, die Grüne, SPÖ oder NEOS machen. Wir glauben, dass wir gerade auch konservative Menschen damit besser ansprechen können als Grüne oder SPÖ, die von vielen als abgehobene Parteien betrachtet werden.

Das ändert nichts daran, dass wir weiterhin mit vollem Einsatz für die Regenbogenparade und andere gemeinsame Aktionen und Kampagnen mobilisieren und mit anderen Gruppen und Initiativen zusammenarbeiten. Wir werden unsere Kritik weiterhin nicht verstecken und freuen uns auch über sachliche Kritik an unserem Programm. Denn offene inhaltliche Kritik bildet einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer Bewegung.

Let’s talk about Sex, Herr Prof.

Linke Aktivist*innen brachten ans Licht, wie der Verein „Teen Star“ unter dem Deckmantel des Aufklärungsunterrichts an Schulen in OÖ christlich-fundamentalistische Propaganda verbreitet. Die Reaktion der Regierung macht es aber nur schlimmer: Künftig muss die Lehrkraft beim Aufklärungsunterricht im Raum sein. Das heißt: Fundi-Gruppen können weiter an Schulen, wenn konservative Lehrkräfte sie reinholen, während fortschrittliche Aufklärungsarbeit dadurch massiv erschwert wird. Denn mit der Lehrkraft im Raum, die sie täglich sieht, benotet und diszipliniert, können Schüler*innen nicht offen über Sexualität reden. Statt Fundis und Anstands-Wauwaus braucht es Aufklärungsunterricht auf der Höhe der Zeit durch öffentliche Einrichtungen!

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Gemeinsam kämpfen – gemeinsam gewinnen!

Konzerngesponserte Party-Umzüge haben wenig mit dem Aufstand am Christopher Street Day 1969 zu tun.
Flo Klabacher

Der Kapitalismus braucht Spaltung, um von den wirklichen Problemen abzulenken. Er braucht das Idealbild der traditionellen Familie, um Hausarbeit an unbezahlte Frauen auszulagern. Auch wenn Teile der herrschenden Klasse Profite aus dem LGBTQ-“Markt“ schlagen und Liberale wie Neos oder Grüne eine rechtliche Gleichstellung herstellen wollen: Insgesamt setzen herrschende Klassen weltweit vermehrt auf Sexismus, Rassismus – und auch Hetze gegen LGBTQ-Personen.

Das Referendum zur „Ehe für alle“ in Irland entlarvte das Märchen, dass Arbeiter*innen, weil „primitiv“ und ungebildet, besonders anfällig für homophobe Hetze seien. Im Gegenteil, die Vorsitzende der größten „Yes“-Kampagne erklärte: „Es schien, dass Haushalte mit viel Geld, vor denen zwei Autos geparkt waren, einfach weniger offen für eine Ja-Stimme waren“. Die Viertel, die am stärksten von der Wirtschaftskrise getroffen waren, stimmten mit den größten Mehrheiten von bis über 90% für eine Legalisierung. Kein Zufall: In genau diesen Gegenden wurde zeitgleich der Kampf gegen die geplante Wassersteuer geführt, die eine enorme Belastung für Arbeiter*innenfamilien darstellen würde. Ein Boykott der Steuer, begleitet von Massendemonstrationen und Nachbarschaftstreffen, angeführt von den Sozialist*innen der „Socialist Party“ (irische Schwesterpartei der SLP), wurde zur größten sozialen Bewegung seit Jahrzehnten. Dieser Kampf zeigte den Arbeiter*innen und sozial Schwachen deutlich, dass nicht Kolleg*innen und Nachbar*innen mit LGBTQ-Hintergrund, sondern die Parteien und Vertreter*innen des Kapitals ihre Gegner*innen sind. Während diese Bewegung im Gange war, fand das Referendum zur „Ehe für alle“ statt. In ihrer Kampagne legte sie einen Fokus darauf, den Zusammenhang vom Wassersteuer-Angriff und dem Versuch, Betroffene durch Homo- und Transphobie zu spalten, aufzuzeigen. Die Arbeiter*innenklasse in all ihrer Vielfalt nutzte das Referendum, um den konservativen Eliten einen Schlag zu versetzen. Viele wurden dabei zum ersten Mal in ihrem Leben politisch aktiv: Die Kampagne wurde zu einer sozialen Bewegung.

Die bürgerlichen Konzepte von Familie und Ehe müssen in einer freien Gesellschaft überwunden werden. In der aktuellen kapitalistischen Gesellschaft muss jedoch die volle rechtliche Gleichstellung von LGBTQ-Personen auch bei der Ehe eine Forderung der Arbeiter*innenklasse sein. Denn wehren sich verschiedene Gruppen gegen Benachteiligung und Unterdrückung, wird für Betroffene sichtbar, dass sie im Kampf gegen die Eliten nicht alleine sind und eine Verbindung der Kämpfe sie schlagkräftiger macht – Solidarität ist eine starke Waffe. Das erkannten auch die Aktivist*innen von „Lesbians and Gays Support the Miners“ (LGSM) bzw. „Lesbians Against Pit Closures“: LGBTQ-Aktivist*innen wurden von Massenmedien ganz im Sinne der Thatcher-Regierung als „Perverse“ beschimpft. Sie erkannten: Nicht nur sie, sondern auch die um ihre Jobs kämpfenden Bergarbeiter*innen wurden von Thatcher und Medien attackiert. Sie begannen, Geld für die Streikenden zu sammeln, besuchten ihre Treffen und organisierten Soli-Events. Nach jahrelangem Kampf wurde die Bewegung der Bergarbeiter*innen besiegt. Doch die Solidarität der LGBTQ-Aktivist*innen wurde von den Gewerkschaften erwidert. Sie führten Pride-Paraden an, setzten in der Labour-Party eine pro-LGBTQ-Position durch und legten so den Grundstein für rechtliche Verbesserungen für LGBTQ-Personen in Großbritannien.

Auch im vermeintlich reaktionären Polen führte die Tatsache, dass man sich der selben reaktionären Regierung und ihren Angriffen gegenüber sah, dazu, dass 2006 Bergarbeiter und ihre Familien die Pride vor Angriffen von Faschisten schützten.

Dass sich die rechtliche Situation verbessert und sich immer mehr Leute gegen die Diskriminierung von LGBTQ-Personen stellen ist gut und wichtig. Doch es bedeutet nicht, dass sich die Situation aller Betroffenen verbessert. Die Auswirkungen der Krise treffen uns als Lohnabhängige alle, aber bestimmte Gruppen besonders. Hohe Arbeitslosigkeit, teure Mieten, prekäre, schlecht bezahlte Jobs, Arbeitslosigkeit, Armut – je weiter unten wir auf der sozialen Stufenleiter stehen, desto härter betrifft uns das. Der größte Teil der LGBTQ-Personen ist Teil der Arbeiter*innenklasse und überproportional stark betroffen. Denn trotz rechtlicher Verbesserungen existiert die Diskriminierung in der harten Realität (durch Chef*in, Vermieter*in,…) weiter und wird durch die rechte Hetze noch angefeuert. Gibt es ausreichend Jobs und Wohnungen, fehlt eine Grundlage für die Diskriminierung. Eine wirkliche Gleichstellung erreichen wir nicht mit Pride-Partys, sondern durch den stolzen Kampf gegen den krisenanfälligen Kapitalismus. Der Mensch als Mensch in seiner Buntheit und Vielseitigkeit kann sich erst in einer Gesellschaft entfalten, in der die Bedürfnisse der Menschen und nicht Profite das Wesentliche sind – eine demokratisch geplante, sozialistische Wirtschaft.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

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