Russland: Häusliche Gewalt ist politisch

Interview mit Sasha Alekseeva von der "Sozialistisch-Feministischen Alternative" über Proteste gegen häusliche Gewalt

Worum geht es bei den Protesten? 

Konkret um die Unterstützung der drei Chatschaturjan-Schwestern, die nach dem Tod ihres Vaters verhaftet wurden, der sie seit Jahren geschlagen und vergewaltigt hatte. Und insgesamt: Die von der russisch-orthodoxen Kirche unterstützte Regierung hat jüngst häusliche Gewalt entkriminalisiert. Jedes Jahr leiden 16 Millionen Frauen unter häuslicher Gewalt, 14.000 werden getötet! Doch wenn eine Frau den Mann in Notwehr tötet, bekommt sie 20 Jahre Gefängnis.

Was fordert ihr?

Die Finanzierung von Krisenzentren in jeder Region, dass Gewalttäter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden und staatlich finanzierte Rehabilitation der Opfer. Und ganz wichtig: angemessene Bezahlung der Frauen, damit sie nicht von Männern abhängig sind. 

Wie sahen die Proteste aus?

Wir wollten am 31.8. demonstrieren, doch das Moskauer Bürgermeisteramt verbot das. Aber wir schlossen uns unter dem Motto "keine Stimme für jene, die häusliche Gewalt entkriminalisiert haben" einer nicht genehmigten Demo bezüglich politischer Gefangener an. Und wir sind seit Monaten Teil der, in der Regel illegalen, Proteste von vor allem Jugendliche gegen Ungerechtigkeit, Lügen und Korruption. Denn häusliche Gewalt ist politisch und kann nicht von allem anderen, was heute in Russland geschieht, getrennt werden kann.

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