Frauen und LGBT

LGBTQ-Bewegung und soziale Befreiung

Um echte Befreiung zu erkämpfen, müssen wir den Kapitalismus stürzen.
Pablo Hörtner

In den letzten 50 Jahren wurde eine Menge erkämpft. Und dennoch: Weltweit steigt homophobe und transphobe Gewalt wieder an. In Frankreich erreicht sie ein Rekordhoch. Das zeigt, dass auf Staat und Polizei kein Verlass ist. Dass die gleichgeschlechtliche Ehe in Österreich von der Justiz eingeführt werden musste, weil FPÖVP diese im Parlament bereits zwei Mal blockiert hatten, zeigt auf zynische Weise, dass selbst grundlegende Menschenrechte im „modernen“ Kapitalismus des 21. Jahrhunderts nach wie vor erkämpft werden müssen und keine Selbstverständlichkeit sind. Lieber halten FPÖ und ÖVP an einem reaktionären Weltbild mit klaren Rollenbildern und an der bürgerlichen Kleinfamilie als Ideal fest: Die Frau als liebende Mutter und Hausfrau; der Mann als Oberhaupt und Ernährer der Familie. Gleichzeitig schmücken sich große Konzerne wie Google, Amazon, Facebook oder Microsoft mit dem Label der Vielfältigkeit (Diversität) und Weltoffenheit, doch rühren diese „Global Players“ am Ende keinen Finger, wenn es darum geht, sich solidarisch zu zeigen und eine rechtliche Gleichstellung zwischen In- und Ausländer*innen oder zwischen den Geschlechtern zu erwirken.

Vor dem Kapital sind wir alle gleich: Fleißige Bienchen, die für möglichst wenig Lohn möglichst lange arbeiten und dabei möglichst viele Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt werfen, die wir im Anschluss dann wieder zurückkaufen sollen. Im Idealfall verdienen sich die Kapitalist*innen so ein goldenes Näschen. Unser Geschlecht oder unsere ethnische Zugehörigkeit ist ihnen hierbei im Grunde egal, solange die Rendite stimmt.

Der Kampf gegen LGBTQ-Unterdrückung ist ein Kampf der Arbeiter*innenklasse in all ihrer Vielfalt.

Wehe uns aber, sollten wir auf die glorreiche Idee kommen, uns zusammenzuschließen und gemeinsam für einen europaweiten Mindestlohn, für eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit, für gleiche Rechte für alle – unabhängig von sexueller oder sozialer Identität – oder für gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit zu kämpfen. Schließlich haben die Kapitalist*innen ein grundlegendes Interesse an einer nachhaltigen Spaltung der Arbeiter*innenschaft, profitieren sie doch am meisten von der unterschiedlichen Bezahlung von Frauen und Männern oder von billiger migrantischer Arbeitskraft. Darum sind die Kapitalist*innen keine Bündnispartner*innen und Pink Capitalism oder Corporate Prides keine Lösung.

Dabei drängt sich natürlich unweigerlich die Frage auf, weshalb selbst große und mächtige Gewerkschaftsverbände wie ÖGB, DGB, oder AFL-CIO in den USA und Kanada solche Kämpfe in der Regel weder initiieren noch unterstützen. Der gemeinsame Kampf für das Frauenwahlrecht oder für den Achtstundentag – unabhängig von Geschlecht oder ethnischem Hintergrund – zählt zu den besten Traditionen der Arbeiter*innenbewegung, und es wäre an der Zeit, diese positiven Traditionen aufzugreifen und solche zentralen sozialen Kämpfe wieder gemeinsam zu führen. Wir haben aber nichts davon, wenn ÖGB und AK die Pride formal unterstützen, in der Praxis aber nicht für unsere Rechte eintreten. Die Führungen dieser Strukturen haben es sich schon lange im Kapitalismus gemütlich gemacht und seine Ideologie übernommen. Das führte dazu, dass Auswege aus der Unterdrückung jenseits des Klassenkampfes gesucht wurden. Doch diese enden in identitätspolitischen Sackgassen. Die Konzentration auf die Forderung nach „Ehe für alle“ statt auf soziale Forderungen und die Suche nach individuellen Lösungen statt kollektiver Aktion sind die Folge. Es liegt an uns, die konservative Gewerkschaftsbürokratie herauszufordern und unsere Kämpfe wieder in die Gewerkschaften und Betriebe zu tragen, anstatt auf identitätspolitische Single-Issue-Bewegungen zu setzen.

Aus ihrer Kritik an der Schwarzen Bürger*innenrechtsbewegung und ihrem klassenübergreifenden und identitätspolitischen Fokus auf das Schwarzsein entwickelten Schwarze Sozialistinnen in den USA in den 1970er Jahren ihre Theorie der Triple Oppression oder Dreifachunterdrückung – der Überschneidung (Intersektion) struktureller Unterdrückung aufgrund der sozialen, sexuellen oder ethnischen Zugehörigkeit. Dieser Kritik nach wurde die Mehrfachunterdrückung schwarzer Frauen aus der Arbeiter*innenklasse nur unzureichend von der mehrheitlich männlichen, heterosexuellen und sozial bessergestellten Führung thematisiert. Es war und ist richtig, das zu kritisieren. Wenn aber in heutigen, v.a. akademischen, Debatten verschiedene Formen der Unterdrückung nur nebeneinander aufgereiht werden, gerät ihre gemeinsame Basis aus dem Blickfeld. Die bürgerliche Ansicht des alten liberalen Feminismus kehrt zurück, wonach Rassismus und Sexismus nur Vorurteile seien, denen durch Aufklärung und Erziehung entgegenzuwirken wäre.

So auch in der Intersektionalitätstheorie, welche diese Gedanken aufnahm. Heute wird in postmoderner Manier aus Klassengegensätzen „Klassismus“ – eine Diskriminierungsform unter vielen. Damit wird die Beschaffenheit von Klassenunterdrückung jedoch nicht erklärt, die in den Produktionsverhältnissen wurzelt. Also darin, dass manche Kapital besitzen und andere nur die Arbeitskraft, damit dieses Kapital für erstere profitabel wird. Um LGBTQ-Unterdrückung zu beenden, müssen Menschen nicht aufhören, heterosexuell zu leben. Klassenunterdrückung zu beenden bedeutet jedoch, dass es über den Arbeiter*innen keine Kapitalist*innen geben kann, welche ihre Arbeitskraft ausbeuten.

LGBTQ-Aktivismus und Sozialismus gehören seit jeher zusammen. So war der Arzt und Begründer der modernen Sexualforschung Magnus Hirschfeld (1868–1935) bereits um die Jahrhundertwende einer der Mitbegründer der weltweit ersten LGBTQ-Bewegung – und Sozialist. Er verband den Kampf gegen Homophobie und Transphobie und für rechtliche und politische Gleichstellung stets mit dem Kampf gegen Kapitalismus und für eine andere Gesellschaftsordnung; ebenso seine Freunde und Genossen Kurt Hiller (1885–1972) und Arthur Kronfeld (1886–1941). Der Kampf um soziale und politische Rechte wurde immer wieder mit dem Kampf gegen Kapitalismus verbunden.

Bei den Stonewall-Riots und nachfolgenden Protesten trat die Differenz unterschiedlicher Geschlechteridentitäten (Gender) oder ethnischer Zuschreibungen gegenüber dem gemeinsamen Klassenhintergrund und ähnlichen Lebensumständen, gemeinsamen Interessen und einem gemeinsamen Feind – Staat, Patriarchat und Kapitalismus – in den Hintergrund. Die untrennbare Verbindung der Produktions- und Geschlechterverhältnisse wurde wieder zentral. Bereits Marx und Engels hatten von der Verschränkung von Klassengesellschaft und Patriarchat aufgrund ihrer gemeinsamen Wurzel geschrieben. Auch wenn sich im Kapitalismus einige rechtliche und soziale Verbesserungen erkämpfen lassen, muss uns klar sein, dass diese schon bei der nächsten Krise oder autoritären Wende wieder unter Beschuss geraten könnten. Nur eine gemeinsam erkämpfte Gesellschaft ohne Klassen und gesellschaftliche Zwänge, Ausbeutung und Unterdrückung kann auf Dauer ein gutes Leben für alle garantieren.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Queere Zahlen und Fakten

  • In mehr als 70 Ländern ist Homosexualität von Männern, und in den meisten davon auch von Frauen, illegal und mit Strafen besetzt. Diese reichen von Bußgeld über ein paar Tage Freiheitsentzug bis hin zur Todesstrafe.
  • In der EU wurden 26 % der Homosexuellen und 35 % der Transgender-Personen innerhalb der letzten fünf Jahre wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität körperlich oder verbal angegriffen.

Österreich:

  • Rund 20% der LGBT-Personen fühlen sich am Arbeitsplatz oder auf der Jobsuche diskriminiert. Knapp jede*r Dritte ist auf der Arbeit nicht geoutet.
  • Rund 90 % erinnern sich an Mobbing in der Schule, viele sind in der Ausbildung daher nicht oder nur teilweise geoutet.
  • Seit 1.1.2019 gilt hierzulande die „Ehe für alle“, doch trotzdem gibt es Heiratseinschränkungen für homosexuelle Paare. Nur wenn beide Ehepartner*innen entweder aus Österreich oder einem anderen Land kommen, in dem die Ehe für alle erlaubt ist, können diese auch tatsächlich heiraten. Andernfalls führt Österreich die Diskriminierung der Herkunftsländer fort. Eheschließungen in anderen Ländern von vor 2019 werden hierzulande auch nicht anerkannt.
  • Bei medizinischen Untersuchungen werden die speziellen Bedürfnisse von LGBT-Personen oft nicht berücksichtigt. Und auch wenn die Krankenkasse bei Transpersonen einen Teil der anfallenden Kosten (medizinisch, psychologisch und juristisch) übernimmt, bleiben doch ein bürokratischer Hürdenlauf und immer noch für viele kaum leistbare Beträge.
  • Gehalt: Laut Stadt Wien Statistik differenziert sich das Einkommen der LGBT-Community entlang von Geschlecht, ist jedoch niedriger als im generellen Durchschnitt: Männer verdienen durchschnittlich mehr als Frauen. Homo-/ bisexuelle Frauen bekommen weniger als heterosexuelle Frauen. Homo-/ bisexuelle Männer bekommen weniger als heterosexuelle Männer. Mehr als die Hälfte der Transgender-Personen verdienen weniger als 700€ Netto monatlich.
  • Homo- und Bisexuelle wie auch Trans-Personen haben aufgrund der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz im Vergleich zu Heterosexuellen ein höheres Risiko für Depression und Selbstmord. Das führt zu einer deutlich niedrigeren Lebenserwartung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.
Erscheint in Zeitungsausgabe: 

VORWÄRTS-Schwerpunkt zu 50 Jahre Pride

erschienen in der VORWÄRTS Nr. 278 - Juni 2019

SLP-Aktivist*innen auf der Pride in Linz

queere Zahlen und Fakten

Aktivist*innen der "Socialist Party" (ISA in Irland)

50 Jahre Pride: Der Kampf geht weiter!

Erkämpfte Errungenschaften müssen heute verteidigt, echte Befreiung aber noch erkämpft werden.

von Monika Jank

Am 28. Juni 1969 fanden in der Christopher Street in Manhattan/USA die Stonewall-Proteste statt. Das queere Proletariat New Yorks in seiner ganzen Vielfalt wehrte sich mit tagelangen Straßenschlachten gegen die ständigen Razzien, Kontrollen und Schikanen der zutiefst rassistischen und homophoben Staatsmacht. 50 Jahre später ist v.a. auf der offiziellen Ebene einiges erreicht: Seit Juni 2018 sieht die Weltgesundheitsorganisation Transidentitäten nicht länger als geistige Störung. Das ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Diskriminierung, der Trans- und Intersexpersonen weltweit ausgesetzt sind, da ihnen das individuelle Recht auf Selbstbestimmung und Selbstidentifikation von staatlicher Seite oder religiösen und rechten Vereinen und Parteien meist abgesprochen wird. Homosexualität wurde in vielen Ländern entkriminalisiert oder legalisiert, verschiedene Formen von Ehe für alle wurden eingeführt - in Österreich z.B. zu Beginn des Jahres. Seit 2015 haben lesbische Paare Zugang zu künstlicher Befruchtung. Es gibt offen homosexuelle Politiker*innen und die Stadt Wien schmückt zur Pride auch die Straßenbahnen. Diese Veränderungen sind auch Ausdruck der Stärke der LGBTQ-Bewegung.

Doch sie wird auch vom Kapital instrumentalisiert. So präsentieren sich einige Firmen und Teile des politischen Establishments als Unterstützer*innen von LGBTQ-Rechten. Dies ist aber nur vorgeschoben: Der Kapitalismus ist flexibel und macht alles zur Ware. Die LGBTQ-Community wird schlicht als Markt gesehen.

Auch neoliberale Parteien wie die NEOS oder Hillary Clintons US-Demokraten geben sich scheinbar progressiv. Dadurch wollen sie Stimmen einfangen und lenken von ihrer eigenen Kürzungspolitik ab. Von genau dieser und ihren Folgen - Wohnungslosigkeit, Gewalt, Arbeitslosigkeit… - sind jedoch die Mehrheit der LGBTQ-Personen noch stärker betroffen als andere. Denn sie sind in ihrer überwiegenden Mehrheit Teil der Arbeiter*innenklasse und nicht der High Society. Dieselbe scheinheilige Politik nützt auch der autoritären Rechten. Diese nutzt die Pseudo-Solidarität des Establishments für ihre Hetze, indem sie Neoliberalismus mit gesellschaftlich fortschrittlichen Positionen gleichsetzt.

Durch die Wahl von rechtsextremen Politiker*innen wie Trump und Bolsonaro wird homophobe Diskriminierung verfestigt und der Boden für homophobe Gewalt geebnet. Kurz nach der Wahl Bolsonaros in Brasilien sah sich ein offen schwuler Politiker gezwungen, das Land zu verlassen. Doch beide Präsidenten sind auch mit großem Widerstand auf der Straße konfrontiert. Dem Mord an Marielle Franco, einer offen lesbischen sozialistischen Politikerin in Rio de Janeiro, folgten Massenproteste, mitgetragen von der LGBTQ-Community. In Argentinien wird im Zuge der Bewegung für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbruch darauf hingewiesen, dass Transmänner ebenfalls unter der Kriminalisierung von Abtreibung leiden. Ihre spezifische Situation soll nicht aus der Bewegung ausgeschlossen werden.

Es ist einiges erreicht worden, doch es ist eben immer noch nicht „normal“, schwul, lesbisch, bi- oder transsexuell zu sein oder sonst nicht ins „traditionelle“ Mann-Frau bzw. Vater-Mutter-Kinder Bild zu passen. Immer noch muss man sich „outen“ und gibt es die Notwendigkeit für eine queere „Szene“.

Um das zu überwinden ist es wichtig, sich nicht auf die Unterschiede in sexueller Orientierung, Geschlecht, Gender oder auch Hautfarbe, Religion etc. zu versteifen, sondern den Kampf gegen jede Form der Unterdrückung zu vereinen. Viele Menschen radikalisieren sich durch den Kampf für LGBTQ-Rechte und beginnen von dort aus, andere Ungerechtigkeiten, die Kapitalismus und Klassengesellschaft mit sich bringen, in Frage zu stellen. In Linz beispielsweise findet dieses Jahr zum 3. Mal die Regenbogenbogenparade statt. Im Vergleich zur Wiener Ausgabe, die eher Party-Charakter aufweist, ist sie viel kämpferischer und hat letztes Jahr inhaltlich den Kampf für LGBTQ-Rechte mit dem Kampf gegen den 12-Stunden-Tag verbunden. Diese Verbindung ist sehr wichtig, da die Unterdrückung von LGBTQ-Personen nur durch einem gemeinsamen Kampf gegen und durch die Überwindung des Kapitalismus beendet werden kann.

Der „Christopher Street Day“ fand vor dem Hintergrund der 68er Bewegung, der Bewegung gegen den Vietnamkrieg und dem Generalstreik in Frankreich statt. Auch die heutige Welle von Protesten ist Teil einer weltweiten Politisierung gegen Unterdrückung und Ausbeutung. Die sehr lebendige LGBTQ-Bewegung ist heute aber fest im Establishment verankert, beschränkt sich auf Lobbyarbeit statt auf Kämpfe. Klar ist: Queer sein bedeutet nicht automatisch, links oder fortschrittlich zu sein. Die AfD-Politikerin Alice Weidel lebt offen in einer lesbischen Beziehung… Die Debatte über das „wie“, „wofür“ und „mit wem“ kämpfen ist daher in der Bewegung dringend notwendig.

 

Queere Zahlen und Fakten

  • In mehr als 70 Ländern ist Homosexualität von Männern, und in den meisten davon auch von Frauen, illegal und mit Strafen besetzt. Diese reichen von Bußgeld über ein paar Tage Freiheitsentzug bis hin zur Todesstrafe.
  • In der EU wurden 26 % der Homosexuellen und 35 % der Transgender-Personen innerhalb der letzten fünf Jahre wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität körperlich oder verbal angegriffen.

Österreich:

  • Rund 20% der LGBT-Personen fühlen sich am Arbeitsplatz oder auf der Jobsuche diskriminiert. Knapp jede*r Dritte ist auf der Arbeit nicht geoutet.
  • Rund 90 % erinnern sich an Mobbing in der Schule, viele sind in der Ausbildung daher nicht oder nur teilweise geoutet.
  • Seit 1.1.2019 gilt hierzulande die „Ehe für alle“, doch trotzdem gibt es Heiratseinschränkungen für homosexuelle Paare. Nur wenn beide Ehepartner*innen entweder aus Österreich oder einem anderen Land kommen, in dem die Ehe für alle erlaubt ist, können diese auch tatsächlich heiraten. Andernfalls führt Österreich die Diskriminierung der Herkunftsländer fort. Eheschließungen in anderen Ländern von vor 2019 werden hierzulande auch nicht anerkannt.
  • Bei medizinischen Untersuchungen werden die speziellen Bedürfnisse von LGBT-Personen oft nicht berücksichtigt. Und auch wenn die Krankenkasse bei Transpersonen einen Teil der anfallenden Kosten (medizinisch, psychologisch und juristisch) übernimmt, bleiben doch ein bürokratischer Hürdenlauf und immer noch für viele kaum leistbare Beträge.
  • Gehalt: Laut Stadt Wien Statistik differenziert sich das Einkommen der LGBT-Community entlang von Geschlecht, ist jedoch niedriger als im generellen Durchschnitt: Männer verdienen durchschnittlich mehr als Frauen. Homo-/ bisexuelle Frauen bekommen weniger als heterosexuelle Frauen. Homo-/ bisexuelle Männer bekommen weniger als heterosexuelle Männer. Mehr als die Hälfte der Transgender-Personen verdienen weniger als 700€ Netto monatlich.
  • Homo- und Bisexuelle wie auch Trans-Personen haben aufgrund der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz im Vergleich zu Heterosexuellen ein höheres Risiko für Depression und Selbstmord. Das führt zu einer deutlich niedrigeren Lebenserwartung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.

 

LGBTQ-Bewegung und soziale Befreiung

Um echte Befreiung zu erkämpfen, müssen wir den Kapitalismus stürzen.von Pablo Hörtner

In den letzten 50 Jahren wurde eine Menge erkämpft. Und dennoch: Weltweit steigt homophobe und transphobe Gewalt wieder an. In Frankreich erreicht sie ein Rekordhoch. Das zeigt, dass auf Staat und Polizei kein Verlass ist. Dass die gleichgeschlechtliche Ehe in Österreich von der Justiz eingeführt werden musste, weil FPÖVP diese im Parlament bereits zwei Mal blockiert hatten, zeigt auf zynische Weise, dass selbst grundlegende Menschenrechte im „modernen“ Kapitalismus des 21. Jahrhunderts nach wie vor erkämpft werden müssen und keine Selbstverständlichkeit sind. Lieber halten FPÖ und ÖVP an einem reaktionären Weltbild mit klaren Rollenbildern und an der bürgerlichen Kleinfamilie als Ideal fest: Die Frau als liebende Mutter und Hausfrau; der Mann als Oberhaupt und Ernährer der Familie. Gleichzeitig schmücken sich große Konzerne wie Google, Amazon, Facebook oder Microsoft mit dem Label der Vielfältigkeit (Diversität) und Weltoffenheit, doch rühren diese „Global Players“ am Ende keinen Finger, wenn es darum geht, sich solidarisch zu zeigen und eine rechtliche Gleichstellung zwischen In- und Ausländer*innen oder zwischen den Geschlechtern zu erwirken.

Vor dem Kapital sind wir alle gleich: Fleißige Bienchen, die für möglichst wenig Lohn möglichst lange arbeiten und dabei möglichst viele Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt werfen, die wir im Anschluss dann wieder zurückkaufen sollen. Im Idealfall verdienen sich die Kapitalist*innen so ein goldenes Näschen. Unser Geschlecht oder unsere ethnische Zugehörigkeit ist ihnen hierbei im Grunde egal, solange die Rendite stimmt.

Der Kampf gegen LGBTQ-Unterdrückung ist ein Kampf der Arbeiter*innenklasse in all ihrer Vielfalt.

Wehe uns aber, sollten wir auf die glorreiche Idee kommen, uns zusammenzuschließen und gemeinsam für einen europaweiten Mindestlohn, für eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit, für gleiche Rechte für alle – unabhängig von sexueller oder sozialer Identität – oder für gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit zu kämpfen. Schließlich haben die Kapitalist*innen ein grundlegendes Interesse an einer nachhaltigen Spaltung der Arbeiter*innenschaft, profitieren sie doch am meisten von der unterschiedlichen Bezahlung von Frauen und Männern oder von billiger migrantischer Arbeitskraft. Darum sind die Kapitalist*innen keine Bündnispartner*innen und Pink Capitalism oder Corporate Prides keine Lösung.

Dabei drängt sich natürlich unweigerlich die Frage auf, weshalb selbst große und mächtige Gewerkschaftsverbände wie ÖGB, DGB, oder AFL-CIO in den USA und Kanada solche Kämpfe in der Regel weder initiieren noch unterstützen. Der gemeinsame Kampf für das Frauenwahlrecht oder für den Achtstundentag – unabhängig von Geschlecht oder ethnischem Hintergrund – zählt zu den besten Traditionen der Arbeiter*innenbewegung, und es wäre an der Zeit, diese positiven Traditionen aufzugreifen und solche zentralen sozialen Kämpfe wieder gemeinsam zu führen. Wir haben aber nichts davon, wenn ÖGB und AK die Pride formal unterstützen, in der Praxis aber nicht für unsere Rechte eintreten. Die Führungen dieser Strukturen haben es sich schon lange im Kapitalismus gemütlich gemacht und seine Ideologie übernommen. Das führte dazu, dass Auswege aus der Unterdrückung jenseits des Klassenkampfes gesucht wurden. Doch diese enden in identitätspolitischen Sackgassen. Die Konzentration auf die Forderung nach „Ehe für alle“ statt auf soziale Forderungen und die Suche nach individuellen Lösungen statt kollektiver Aktion sind die Folge. Es liegt an uns, die konservative Gewerkschaftsbürokratie herauszufordern und unsere Kämpfe wieder in die Gewerkschaften und Betriebe zu tragen, anstatt auf identitätspolitische Single-Issue-Bewegungen zu setzen.

Aus ihrer Kritik an der Schwarzen Bürger*innenrechtsbewegung und ihrem klassenübergreifenden und identitätspolitischen Fokus auf das Schwarzsein entwickelten Schwarze Sozialistinnen in den USA in den 1970er Jahren ihre Theorie der Triple Oppression oder Dreifachunterdrückung – der Überschneidung (Intersektion) struktureller Unterdrückung aufgrund der sozialen, sexuellen oder ethnischen Zugehörigkeit. Dieser Kritik nach wurde die Mehrfachunterdrückung schwarzer Frauen aus der Arbeiter*innenklasse nur unzureichend von der mehrheitlich männlichen, heterosexuellen und sozial bessergestellten Führung thematisiert. Es war und ist richtig, das zu kritisieren. Wenn aber in heutigen, v.a. akademischen, Debatten verschiedene Formen der Unterdrückung nur nebeneinander aufgereiht werden, gerät ihre gemeinsame Basis aus dem Blickfeld. Die bürgerliche Ansicht des alten liberalen Feminismus kehrt zurück, wonach Rassismus und Sexismus nur Vorurteile seien, denen durch Aufklärung und Erziehung entgegenzuwirken wäre.

So auch in der Intersektionalitätstheorie, welche diese Gedanken aufnahm. Heute wird in postmoderner Manier aus Klassengegensätzen „Klassismus“ – eine Diskriminierungsform unter vielen. Damit wird die Beschaffenheit von Klassenunterdrückung jedoch nicht erklärt, die in den Produktionsverhältnissen wurzelt. Also darin, dass manche Kapital besitzen und andere nur die Arbeitskraft, damit dieses Kapital für erstere profitabel wird. Um LGBTQ-Unterdrückung zu beenden, müssen Menschen nicht aufhören, heterosexuell zu leben. Klassenunterdrückung zu beenden bedeutet jedoch, dass es über den Arbeiter*innen keine Kapitalist*innen geben kann, welche ihre Arbeitskraft ausbeuten.

LGBTQ-Aktivismus und Sozialismus gehören seit jeher zusammen. So war der Arzt und Begründer der modernen Sexualforschung Magnus Hirschfeld (1868–1935) bereits um die Jahrhundertwende einer der Mitbegründer der weltweit ersten LGBTQ-Bewegung – und Sozialist. Er verband den Kampf gegen Homophobie und Transphobie und für rechtliche und politische Gleichstellung stets mit dem Kampf gegen Kapitalismus und für eine andere Gesellschaftsordnung; ebenso seine Freunde und Genossen Kurt Hiller (1885–1972) und Arthur Kronfeld (1886–1941). Der Kampf um soziale und politische Rechte wurde immer wieder mit dem Kampf gegen Kapitalismus verbunden.

Bei den Stonewall-Riots und nachfolgenden Protesten trat die Differenz unterschiedlicher Geschlechteridentitäten (Gender) oder ethnischer Zuschreibungen gegenüber dem gemeinsamen Klassenhintergrund und ähnlichen Lebensumständen, gemeinsamen Interessen und einem gemeinsamen Feind – Staat, Patriarchat und Kapitalismus – in den Hintergrund. Die untrennbare Verbindung der Produktions- und Geschlechterverhältnisse wurde wieder zentral. Bereits Marx und Engels hatten von der Verschränkung von Klassengesellschaft und Patriarchat aufgrund ihrer gemeinsamen Wurzel geschrieben. Auch wenn sich im Kapitalismus einige rechtliche und soziale Verbesserungen erkämpfen lassen, muss uns klar sein, dass diese schon bei der nächsten Krise oder autoritären Wende wieder unter Beschuss geraten könnten. Nur eine gemeinsam erkämpfte Gesellschaft ohne Klassen und gesellschaftliche Zwänge, Ausbeutung und Unterdrückung kann auf Dauer ein gutes Leben für alle garantieren.

 

Marx aktuell: Regenbogen über Russland

von Jan Millonig

Die Revolution 1917 in Russland bedeutete den Sturz der zaristischen Monarchie und der kapitalistischen Wirtschaft durch die Massen der Arbeiter*innen und Bauern. Angeführt von der bolschewistischen Partei stellten die darauffolgenden sozialistischen Maßnahmen einen neuen Maßstab für sozialen Fortschritt dar. So war es auch der erste Arbeiter*innenstaat der Welt, der vor 100 Jahren eine unschätzbare Pionierarbeit für die Rechte von LGBTQ-Personen leistete. Das revolutionäre Russland war weltweit das erste Land, das Homosexualität und die gleichgeschlechtliche Ehe legalisierte. Auch geschlechtsangleichende Operationen und die Eintragung des anderen Geschlechts im Pass wurden ermöglicht. Inter- und transsexuelle Menschen erhielten medizinische Behandlung und Forschungen zu diesen Themen wurden staatlich finanziert. Offen homosexuelle Menschen konnten in Regierungsämtern und öffentlichen Positionen arbeiten, wie zum Beispiel Georgy Chicherin, der 1918 Außenminister wurde. Es begann eine breite gesellschaftliche Diskussion zu Themen wie Beziehung und Sexualität. Die Zwangsinstitution der heterosexuellen bürgerlichen Kleinfamilie sollte aufgehoben werden – nicht wiederum durch Zwang, sondern durch die Vergesellschaftung der Hausarbeit durch kommunale Wäschereien, Kindergärten und Kantinen.

Aber die Folgen des 1. Weltkrieges, der nachfolgende Bürgerkrieg und imperialistische Interventionen, kombiniert mit der vor der Revolution unterentwickelten Wirtschaft und dem Ausbleiben von erfolgreichen Revolutionen im Rest Europas trieben das Land in Isolation und Mangel. Das führte zur Herausbildung einer bürokratischen Diktatur in Form des Stalinismus. Es war Ausdruck der Degenerierung der Sowjetunion, dass u.a. LGBTQ- und Frauenrechte im Zuge der stalinistischen Konterrevolution in den 1930er Jahren wieder abgeschafft wurden. Der Stalinismus setzte Homophobie sogar bewusst als Propagandainstrument ein. Das war der Anfang vom Ende – der kapitalistischen Restauration mit all den homophoben und reaktionären Auswüchsen, die wir heute in Russland sehen.

Doch der revolutionäre Geist lebt in der Vision, die diese Erfahrung gezeigt hat, weiter. Denn abgesehen davon, dass solche Verhältnisse zu jener Zeit in jedem anderem (bürgerlichen) Land unvorstellbar waren, stellen viele der damaligen Errungenschaften auch noch heutige Staaten in den Schatten. Die Perspektive, die die Russische Revolution aufgezeigt hat, nämlich die Möglichkeit der Arbeiter*innenklasse, die Herrschaft der Oligarchen und Konzerne zu stürzen und selbst eine demokratische Gesellschaft frei von Ausbeutung und Unterdrückung aufzubauen, gibt uns Hoffnung. Wir wissen: Der Kapitalismus und sein Establishment kann uns kein Leben in Würde bieten. Doch wir sind es, die ihn stürzen können.

Zum Weiterlesen:

Queer stellen! – Broschüre der SAV, deutsche Schwesterorganisation der SLP - hier per E-Mail bestellen!

 

Gemeinsam kämpfen – gemeinsam gewinnen!

Konzerngesponserte Party-Umzüge haben wenig mit dem Aufstand am Christopher Street Day 1969 zu tun.von Flo Klabacher

Der Kapitalismus braucht Spaltung, um von den wirklichen Problemen abzulenken. Er braucht das Idealbild der traditionellen Familie, um Hausarbeit an unbezahlte Frauen auszulagern. Auch wenn Teile der herrschenden Klasse Profite aus dem LGBTQ-“Markt“ schlagen und Liberale wie Neos oder Grüne eine rechtliche Gleichstellung herstellen wollen: Insgesamt setzen herrschende Klassen weltweit vermehrt auf Sexismus, Rassismus – und auch Hetze gegen LGBTQ-Personen.

Das Referendum zur „Ehe für alle“ in Irland entlarvte das Märchen, dass Arbeiter*innen, weil „primitiv“ und ungebildet, besonders anfällig für homophobe Hetze seien. Im Gegenteil, die Vorsitzende der größten „Yes“-Kampagne erklärte: „Es schien, dass Haushalte mit viel Geld, vor denen zwei Autos geparkt waren, einfach weniger offen für eine Ja-Stimme waren“. Die Viertel, die am stärksten von der Wirtschaftskrise getroffen waren, stimmten mit den größten Mehrheiten von bis über 90% für eine Legalisierung. Kein Zufall: In genau diesen Gegenden wurde zeitgleich der Kampf gegen die geplante Wassersteuer geführt, die eine enorme Belastung für Arbeiter*innenfamilien darstellen würde. Ein Boykott der Steuer, begleitet von Massendemonstrationen und Nachbarschaftstreffen, angeführt von den Sozialist*innen der „Socialist Party“ (irische Schwesterpartei der SLP), wurde zur größten sozialen Bewegung seit Jahrzehnten. Dieser Kampf zeigte den Arbeiter*innen und sozial Schwachen deutlich, dass nicht Kolleg*innen und Nachbar*innen mit LGBTQ-Hintergrund, sondern die Parteien und Vertreter*innen des Kapitals ihre Gegner*innen sind. Während diese Bewegung im Gange war, fand das Referendum zur „Ehe für alle“ statt. In ihrer Kampagne legte sie einen Fokus darauf, den Zusammenhang vom Wassersteuer-Angriff und dem Versuch, Betroffene durch Homo- und Transphobie zu spalten, aufzuzeigen. Die Arbeiter*innenklasse in all ihrer Vielfalt nutzte das Referendum, um den konservativen Eliten einen Schlag zu versetzen. Viele wurden dabei zum ersten Mal in ihrem Leben politisch aktiv: Die Kampagne wurde zu einer sozialen Bewegung.

Die bürgerlichen Konzepte von Familie und Ehe müssen in einer freien Gesellschaft überwunden werden. In der aktuellen kapitalistischen Gesellschaft muss jedoch die volle rechtliche Gleichstellung von LGBTQ-Personen auch bei der Ehe eine Forderung der Arbeiter*innenklasse sein. Denn wehren sich verschiedene Gruppen gegen Benachteiligung und Unterdrückung, wird für Betroffene sichtbar, dass sie im Kampf gegen die Eliten nicht alleine sind und eine Verbindung der Kämpfe sie schlagkräftiger macht – Solidarität ist eine starke Waffe. Das erkannten auch die Aktivist*innen von „Lesbians and Gays Support the Miners“ (LGSM) bzw. „Lesbians Against Pit Closures“: LGBTQ-Aktivist*innen wurden von Massenmedien ganz im Sinne der Thatcher-Regierung als „Perverse“ beschimpft. Sie erkannten: Nicht nur sie, sondern auch die um ihre Jobs kämpfenden Bergarbeiter*innen wurden von Thatcher und Medien attackiert. Sie begannen, Geld für die Streikenden zu sammeln, besuchten ihre Treffen und organisierten Soli-Events. Nach jahrelangem Kampf wurde die Bewegung der Bergarbeiter*innen besiegt. Doch die Solidarität der LGBTQ-Aktivist*innen wurde von den Gewerkschaften erwidert. Sie führten Pride-Paraden an, setzten in der Labour-Party eine pro-LGBTQ-Position durch und legten so den Grundstein für rechtliche Verbesserungen für LGBTQ-Personen in Großbritannien.

Auch im vermeintlich reaktionären Polen führte die Tatsache, dass man sich der selben reaktionären Regierung und ihren Angriffen gegenüber sah, dazu, dass 2006 Bergarbeiter und ihre Familien die Pride vor Angriffen von Faschisten schützten.

Dass sich die rechtliche Situation verbessert und sich immer mehr Leute gegen die Diskriminierung von LGBTQ-Personen stellen ist gut und wichtig. Doch es bedeutet nicht, dass sich die Situation aller Betroffenen verbessert. Die Auswirkungen der Krise treffen uns als Lohnabhängige alle, aber bestimmte Gruppen besonders. Hohe Arbeitslosigkeit, teure Mieten, prekäre, schlecht bezahlte Jobs, Arbeitslosigkeit, Armut – je weiter unten wir auf der sozialen Stufenleiter stehen, desto härter betrifft uns das. Der größte Teil der LGBTQ-Personen ist Teil der Arbeiter*innenklasse und überproportional stark betroffen. Denn trotz rechtlicher Verbesserungen existiert die Diskriminierung in der harten Realität (durch Chef*in, Vermieter*in,…) weiter und wird durch die rechte Hetze noch angefeuert. Gibt es ausreichend Jobs und Wohnungen, fehlt eine Grundlage für die Diskriminierung. Eine wirkliche Gleichstellung erreichen wir nicht mit Pride-Partys, sondern durch den stolzen Kampf gegen den krisenanfälligen Kapitalismus. Der Mensch als Mensch in seiner Buntheit und Vielseitigkeit kann sich erst in einer Gesellschaft entfalten, in der die Bedürfnisse der Menschen und nicht Profite das Wesentliche sind – eine demokratisch geplante, sozialistische Wirtschaft.

   

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Queer stellen gegen Reaktion und Kapital!

Am Samstag, den 15.6., mobilisierte die SLP mit der sozialistisch-feministischen Kampagne "Nicht mit mir" gegen den Aufmarsch der christlichen Fundamentalist*innen, welche wieder den Tag der Pride-Parade nutzen wollten, um ihre reaktionäre Hetze zu verbreiten. Dabei demonstrierten rechtsextreme, katholische Fundamentalist*innen gegen Frauen und LGBTQI+ - Personen (Lesbisch, Schwul, Bi, Trans, Queer, Intersex und andere). Deswegen hielten wir eine Protest-Kundgebung gegen ihr rückwärtsgewandtes Weltbild, und für Frauen* und LGBTQI+ Rechte ab! Wir hinterließen Nachrichten am Stephansplatz, wo die Abschlusskundgebung der christlichen Fundamentalist*innen stattfinden sollte. SLP-Aktivist*innen hielten Reden, in denen sie erklärten, warum es wichtig ist, gegen die reaktionäre Hetze aufzutreten, und warum wir, wenn wir gegen Unterdrückung kämpfen, das gesamte kapitalistische System ins Visier nehmen müssen. Denn der "pink Capitalism" von Coca-Cola & Co, welche die Pride für ihre Profite missbrauchen, festigt nur das System, auf dessen Basis Homo- und Transphobie entstehen.

Nicht die Kapitalist*innen sind unsere Bündnispartner*innen im Kampf um Befreiung, sondern die Milliarden Arbeiter*innen dieser Welt. Nur im gemeinsamen Kampf der Arbeiter*innenklasse in all ihrer Vielfalt können wir Homo- und Transphobie, sowie das kapitalistische Ausbeutungssystem überwinden. Deswegen ist es gut, dass Gewerkschaften wie vida die Pride unterstützen - doch es braucht noch viel mehr: gewerkschaftliche Kampagnen in Betrieben und Schulen gegen Homo- und Transhobie und einen entschlossenen Kampf gegen Sozialabbau, Wohnungslosigkeit und Kürzungen im Gesundheitsbereich - alles Themen, von denen LGBTQI+-Personen überdurchschnittlich betroffen sind. Und nicht zuletzt braucht es ein sozialistisches Programm, mit dem wir den Reichtum, den wir tagtäglich produzieren, den Klauen der Kapitalist*innen entreißen können und Wirtschaft und Gesellschaft nach unseren Bedürfnissen - und nicht nach denen des Profits - gestalten können!

Dokumentiert: Zwei Reden von SLP-Aktivist*innen von der Kundgebung:

S.:
Wir stehen heute hier, weil wir rechte und religiöse Fundamentalist_innen nicht ungestört marschieren lassen dürfen. Wir stehen heute hier, weil es in unserer Gesellschaft keinen Platz für Ausgrenzung, Homophobie und Intoleranz geben darf. Wir stehen heute hier, um das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung gegen Angriffe der religiösen Rechten zu verteidigen. Denn auch im Jahr 2019 gibt es immer noch zahlreiche Staaten, in denen auf Homosexualität die Todesstrafe steht. In mehr als 70 Ländern sind gleichgeschlechtliche Beziehungen illegal. In 28 der 49 afrikanischen Länder südlich der Sahara ist Homosexualität nach wie vor strafbar. Erst im Mai hatte das Oberste Gericht in Kenia die Gesetzgebung gegen gleichgeschlechtliche Beziehungen bestätigt. Das ist ein herber Rückschlag für die zahlreichen unermüdlichen Kämpfer_innen für Homosexuellenrechte. Der asiatische Kleinstaat Brunei hat im April – trotz massiver internationaler Kritik – die Todesstrafe für Homosexuelle eingeführt. Wie im Mittelalter droht bei gleichgeschlechtlicher Liebe nun die Steinigung. Von dieser Regelung betroffen sind übrigens auch Ausländer_innen. Das bisher geltende Strafmaß von bis zu 10 Jahren Haft, war bereits ungeheuerlich. Nun aber sollen Menschen umgebracht werden, die nichts anderes tun, als zu leben und zu lieben wie und wen sie wollen. Diese Entwicklungen sind Teil eines Backlashs, der nicht nur im globalen Süden oder in muslimischen Ländern Einzug hält.

Konservative, klerikale und erzreligiöse Kräfte nutzen ihre politischen Netzwerke weltweit, um die Rechtsprechung zu beeinflussen und den gesellschaftlichen Diskurs mitzubestimmen. Dagegen und gegen alle Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung müssen wir auch weiter aufstehen, weiter Druck aufbauen und uns mit Betroffenen solidarisieren. Dass sich Solidarität und Widerstand auszahlt, hat zuletzt das Beispiel Botswanas gezeigt. Hier hat sich eine Privatperson an den Obersten Gerichtshof gewandt, um gegen das Verbot von gleichgeschlechtlichem Sex vorzugehen. Diese Person hat Recht bekommen. Der Oberste Gerichtshof hat den entsprechenden Paragrafen, der ein Strafmaß von bis zu 7 Jahren vorsieht, außer Kraft gesetzt. In Botswana dürfen sich gleichgeschlechtliche Paare nun straffrei lieben. Das ist ein Erfolg für die Bewegung, für alle Betroffenen und für unseren gemeinsamen Kampf. Dieser Erfolg zeigt, wie wichtig es ist, Widerstand zu leisten und gegen Ungerechtigkeit, gegen Ausgrenzung und gegen Diskriminierung aufzustehen. Vor uns liegt ein langer Weg. Wir kämpfen gegen konservative Weltbilder, gegen die Macht der Kirche und gegen jene Menschen, die heute wieder ihren „Marsch für die Familie“ abhalten. So lange irgendwo auf dieser Welt Menschen aufgrund ihrer Sexualität, ihres Geschlechts, ihrer Lebensweise angegriffen und ausgegrenzt werden, werden wir weiter laut, wütend und entschlossen auf die Straße gehen. Gemeinsam können wir den Kampf gewinnen! Solidarität ist eine Waffe, Religion ist Opium für das Volk!

Oliver Giel:

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Aktivistinnen und Aktivisten, wir sind heute hier, um gegen organisierte Homophobie zu demonstrieren. Dabei passt das Wort überhaupt nicht, denn Phobien bezeichnen mit Angst verbundene krankhafte Wahrnehmungsstörungen. Dagegen zu protestieren wäre sinnlos. Abwertung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Trans- und Intergenären ist keine Krankheit, die medizinisch behandelt werden kann. Es ist eine Krankheit nicht einzelner Menschen, sondern das Symptom einer gesellschaftlichen Krankheit, und diese Krankheit heißt Kapitalismus und Patriarchat! Die kapitalistische Moderne hat im 18. Jh. eine Gesellschaft hervorgebracht, in der die Menschheit in verschiedene Rassen, Klassen und Geschlechter zu zerfallen hat. Der starke Mann hat als Boss einen Betrieb oder als Politiker einen Staat zu führen, und wer’s nicht schafft, soll sich zumindest den Buckel krumm arbeiten und als Soldat sein Leben für das Vaterland opfern. Die Frauen haben Kinder zu kriegen, dass der Boss etwas zu vererben hat, bzw. diese Erben jemanden haben, der sich für sie den Buckel krumm arbeiten kann. Für ein Leben außerhalb dieser Geschlechterrollen ist in diesem Denken kein Platz.

Aber schon von Anfang an haben Menschen gegen diese sogenannte natürliche Ordnung aufbegehrt. Männer wollten ihr Leben nicht mehr für Vaterland und Profit hergeben, Frauen wollten selbstbestimmt leben, Schwule und Lesben mit ihren Liebsten offen zusammen leben und Trans* und Intergenäre nicht mehr mit dem Stempel eines Geschlechtes leben, das nicht das ihre ist. Es war ein langer Kampf. Es war ein mühsamer Kampf. Und dieser Kampf, dessen Errungenschaften wir heute verteidigen, ist noch lange nicht zu Ende. Weil wir immer noch in einer Welt leben, in der Schwule von einer Mullah-Diktatur an Baukränen aus Deutschland aufgehängt werden. Weil wir immer noch in einem Europa leben, in dem Vergewaltiger freigesprochen werden. Weil wir immer noch in einem Land leben, in dem Schwangerschaftsabbruch eine Straftat ist. Weil es immer noch selbstverständlich ist, dass „schwul“ ein Schimpfwort ist. Weil Beleidigungen gegen Homo- und Bisexuelle, Trans* und Intermenschen immer noch normal sind. Aber es geht auch anders. Das in durch Klassenkämpfe gegen das europäische Spardiktat aufgerüttelte Irland hat die gleichgeschlechtliche Ehe und das Recht auf Schwangerschaftsabbruch per Volksentscheid gegen den Widerstand der katholischen Kirche durchgesetzt. Lasst auch uns unsere Kämpfe verbinden: Gegen Sexismus, gegen Kapitalismus, gegen Homo- und Transphobie, für eine Gesellschaft, die des Menschen würdig ist.

 

 

Konservativ ist gefährlich

Religiöse Fundamentalist*innen sind keine harmlosen Spinner sondern brandgefährlich!
Sonja Grusch

Auf der Straße spielen sie die moralisch Betroffenen. Doch dann demonstrieren sie auch ohne moralische Probleme gemeinsam mit Rechtsextremen und Faschist*innen. Und sie netzwerken sehr aktiv, um das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Kindergärten, Ganztagsschulen, Aufklärungsunterricht, Verhütung und Abtreibung – aber auch Homosexualität und Scheidung sind für sie Teufelswerk und gehören abgeschafft und verboten. Was wie aus einem schlechten Film klingt, ist leider bittere Realität. Diese christlichen Fundis haben beste Verbindungen in ÖVP und FPÖ. Und die versucht auch aktiv, Schritte zu setzen, um die Rechte von Frauen, LGBTQ+-Personen und von Jugendlichen zu beschneiden. Konservative tragen nämlich nicht nur gerne Lederhose und Dirndl, sondern wollen auch ihr konservatives Weltbild allen anderen aufzwingen. Ihre „Werte“ dienen v.a. dem Machterhalt von Wirtschaft, (ehemaligem) Adel und reicher Elite. Dass sie damit nicht einfach durchkommen – dafür müssen wir gemeinsam sorgen. Join us now!

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

LGBTQI+: Party und Kampf!

LGBTQI+ Personen sind ganz anders – und doch auch ganz normal!
Jan Millonig

Der Christopher Street Day (CSD), der zentrale Feiertag für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Queere, Intersex und Menschen mit anderen sexuellen Identitäten (LBGTQI+), feiert am 28. Juni sein 50-jähriges Jubiläum. Der Kampf um Gleichberechtigung begann denkbar militant, als Aufstand gegen Polizeirepression.

Von diesem Geist ist bei den heutigen Regenbogenparaden nicht viel übrig. Unternehmen und bürgerliche Politiker*innen haben die Szene für profitable Geschäfte und politisches Kleingeld entdeckt. Die vollständige Kommerzialisierung  zu Party-Paraden geschah im Einklang mit der Beschränkung des Kampfes für rechtliche Verbesserungen.

Fortschritte wurden erreicht, doch von einem tatsächlich freien Leben für LGBTQI+ Personen sind wir weit entfernt. Gerade in Zeiten der Krise werden alte Rollenbilder und konservative Ideologien wieder hervorgeholt. Damit lenken v.a. rechte Politiker*innen von ihrer unsozialen und neoliberalen Politik ab. Während man sich darüber aufregt, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen, wird gleichzeitig bei Kinderbetreuung gekürzt. Es ist auch im Interesse der Chefetagen, dass sich die Beschäftigten untereinander aufgrund von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung runtermachen, anstatt ihren Ärger gemeinsam gegen Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen zu richten.

Tatsächlich sind Menschen, die unter Diskriminierung aufgrund ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung leiden, oft stärker von sozialen Problemen, wie Obdachlosigkeit, Problemen bei der Arbeitssuche oder psychischen Belastungen betroffen. Die Kürzungspolitik trifft sie noch härter.

Höchste Zeit also, reine Klientelpolitik und den Rückzug ins Private aufzugeben und das Bündnis mit allen Betroffenen rückschrittlicher Politik zu suchen. Wir müssen gemeinsam für bessere Lebensbedingungen für alle kämpfen - für genügend bezahlbaren Wohnraum, gute Jobs, ausreichend soziale Angebote und gegen jede Diskriminierung - ob Homophobie, Rassismus oder Sexismus.

Gerade weil LGBTQI+ Personen auch ganz „normale“ Kolleg*innen sind, haben die Gewerkschaften die Pflicht, diese auch gegen Diskriminierung zu unterstützen und Solidarität aufzubauen. Inspirierende Beispiele aus verschiedenen Ländern zeigen, wie Arbeitskämpfe von der LGBTQI+ Szene unterstützt wurden oder Arbeiter*innen sich mit der LGBTQI+ Bewegung solidarisch erklärten. Beispielsweise haben Bergarbeiter*innen in Polen gemeinsam mit der LGBTQI+ Community gegen die Repression der Regierung, von der sie gleichermaßen betroffen waren, gekämpft.

Letztlich müssen wir das kapitalistische System, in dem sich alles um die Profite und Herrschaft einer kleinen Elite dreht, überwinden, um Spaltung und Unterdrückung zu beenden. Eine sozialistische Gesellschaft würde die Macht in die Hände aller geben und könnte so genug Ressourcen und Freiheiten für jede*n bereitstellen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Es braucht mehr Kampf zum Frauentag

Sarah Lammer

1909 initiierten amerikanische Sozialist*innen einen Kampftag für politische und soziale Gleichstellung von Frauen. Die Sozialistin Clara Zetkin forderte 1910 die internationale Ausweitung. Am 8.3.1917 streikten russische Arbeiterinnen und lösten damit eine revolutionäre Welle aus. 1921 wurde beim 2. Treffen der Kommunistischen Fraueninternationale der 8. März als internationaler Frauenkampftag beschlossen. Seitdem gehen Frauen weltweit an diesem Tag auf die Straße. Seit Jahrzehnten versuchen bürgerliche Feminist*innen den Tag zu entpolitisieren, doch seit einiger Zeit wird er wieder kämpferischer.

Die SLP war stets Teil der Demonstrationen und bringt dort ihr Verständnis von Frauenunterdrückung als Merkmal der Klassengesellschaft ein. Auch dieses Jahr waren Aktivist*innen der SLP und unserer sozialistisch-feministischen Initiative „Nicht Mit Mir“ vertreten:

In Wien wurde mit eigenem Block und neuem Banner gleich auf zwei Demos interveniert. Dabei wurde mit Demosprüchen das Thema „Streik als nötiges Kampfmittel“ aufgegriffen. In Linz hielten wir Reden über die aktuellen Angriffe auf das Selbstbestimmungsrecht und Frauenarbeit im Sozialbereich (dazu wurden Flugblätter der Initiative „Sozial aber nicht blöd“ verteilt, an der mehrere SLPler*innen beteiligt sind). In Salzburg organisierten wir eine Kundgebung am Hauptbahnhof mit Reden zu Arbeitsverteilung, Gewalt an Frauen, Kürzungen von FPÖVP, Selbstbestimmungsrecht und Frauen in (internationalen) Arbeitskämpfen. Die Demo in Graz erreichte mit etwa 1.500 Protestierenden eine neue Größenordnung. Die Vorwärts und die pünktlich erschienene neue Zeitung von „Nicht mit mir“ stießen dabei auf großes Interesse.

Trotz der wachsenden Demonstrationen und der jährlichen medialen Thematisierung feministischer Inhalte am 8. März zeigen die Kommerzialisierung des Feminismusbegriffes, Träume vom „goldenen Matriarchat“, sowie der globale rechtskonservative Backlash, dass der Kampf für echte Frauenrechte notwendiger denn je ist. Als sozialistische Feminist*innen sind wir der Überzeugung, dass die Freiheit aller Menschen nur in der Überwindung des kapitalistischen Systems möglich ist und es daher eine Zusammenführung der Proteste unter einem sozialistischen Programm braucht.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Internationaler Frauen*kampftag 2019

Unterdrückung beenden und für Sozialismus kämpfen!
Clare Doyle, Mitglied im Internationalen Sekretariat des CWI

Am Freitag den 8. März werden Frauen* auf dem gesamten Globus anlässlich des Internationalen Frauen*tages streiken, marschieren, protestieren und feiern, in bisher nie dagewesenen Größenordnungen. Es ist zu begrüßen, dass sie dabei von mehr Männern* begleitet werden, als in der Vergangenheit, die verstehen, weshalb gegen die spezielle Unterdrückung von Frauen* gekämpft werden muss. Nicht alle, die sich diesen speziellen Tag in den Kalender eingetragen haben, wissen, dass sein historischer Ursprung in den Streiks, Kämpfen und Konferenzen von arbeitenden und sozialistischen Frauen am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts liegt. Dieser Tag ehrt daher auch die Leben der weiblichen Pionier*innen und Sozialist*innen. Wir erinnern an Elenor Marx – die Tochter des großartigen Theoretikers und Kämpfers Karl Marx – die sich unermüdlich dafür eingesetzt hat, die Arbeiter*innenbewegung zu stärken, für sowohl weibliche* als auch männliche* Arbeitende. Wir gedenken zudem der heldenhaften Revolutionärin Rosa Luxemburg, die genau vor hundert Jahren brutal ermordet wurde.

Eingeführt von Sozialist*innen im Jahr 1910, ist der Internationale Frauen*tag ein Tag für Arbeitende um zu streiken und bessere Bedingungen zu fordern. Im Jahr 1917 verließen genau an diesem Tag die Textilarbeiter*innen in Petrograd ihre Maschinen und marschierten zum Palast des Zaren, um Essen für ihre Kinder und ein Ende des verheerenden Krieges zu fordern. Als Arbeiter*innen in den benachbarten Fabriken auf deren Appell reagierten, indem sie ebenfalls ihre Werkzeuge niederlegten, wurde die Revolution unaufhaltbar. Als die Bolschewiki neun Monate später die Macht eroberten, verordneten sie radikale Reformen, die das Leben von Frauen* veränderten. Das Versprechen eines „Neuen Lebens“ für arbeitende Frauen* in den Städten und auf dem Land – auf der Grundlage der Verstaatlichung von Boden und Industrie, zusammen mit echter Demokratischer Planwirtschaft – wurde von Stalins Konterrevolution gebrochen. Frauen* schufteten in den Fabriken, sie schufteten auf den Feldern und zu Hause und dabei die nächste Generation von Arbeiter*innen heranzuziehen.

Frauen* und Revolution

Die Unterdrückung von Frauen* ist ein vorherrschendes Merkmal aller Klassengesellschaften. Sie wird nicht enden, bis die Voraussetzungen für eine klassenlose Gesellschaft felsenfest stehen, auf Grundlage der Abschaffung des Kapitalismus. Im 21. Jahrhundert zeigen internationale Bewegungen ganz aktuell, dass die Bedingungen für eine Revolution der Arbeitenden existieren und von einem Land zum nächsten überspringen sowohl in den industrialisierten als auch in den Ländern der ex-kolonialen Welt. Um eine Revolution zu erreichen, ist eine Partei dringend notwendig, die sich für Arbeiter*innendemokratie und Sozialismus auf der Grundlage der Verstaatlichung von Industrien, dem Finanzsystem und Ländereien einsetzt, deren Stärke die Arbeiter*innenklasse international nutzen kann.

Mehr als zehn Jahre nach der Finanzkrise von 2007/08 hat sich keine wirkliche Erholung der Weltwirtschaft eingestellt. In den meisten Länder ist das Wachstum höchstens schleppend und neue Generationen von Arbeiter*innen landen auf dem Schrotthaufen noch bevor sie sich überhaupt ein eigenes Leben aufgebaut haben. Privat- und Staatsverschuldungen waren nie höher. Der Lebensstandard ist eingebrochen oder stagniert bestenfalls, auch in den reicheren Ländern. In Europa und den USA sind vor allem Frauen* am stärksten von Kürzungsmaßnahmen betroffen. Viele der schwer erkämpfen Fortschritte hinsichtlich der Lebensbedingungen von Frauen*, sind zurückgenommen worden. Die staatlichen Sozialdienste, von denen viele abhängig sind und in denen viele zugleich arbeiten sind bis auf die Knochen weggekürzt worden, seien es Kinder- oder Altenbetreuung und Pflege, die jetzt vor allem auf den Schultern von Frauen* lasten. Frauen* werden gezwungen schlecht bezahlte und unsichere Jobs anzunehmen oder staatliche Hilfe zu beantragen, die jedoch ebenfalls durch Kürzungen kaum der Rede wert sind. Frauen*unterdrückung wirkt sich dadurch am stärksten auf den weiblichen Teil der Arbeiter*innenklasse oder der armen Schichten aus. Diese sehen sich zunehmend seltener in der Lage unglückliche oder gewalttätige Beziehungen zu beenden, aufgrund des Fehlens eines eigenen Einkommens oder alternativem Wohnraum.

Während die Reichen reicher werden, lebt eine überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung in einer scheinbar nicht enden wollenden Armut. Ein Handvoll Milliardäre besitzt so viel Reichtum wie 3,6 Milliarden der ärmsten Hälfte der Weltbevölkerung. Sogar die kapitalistische Klasse und ihre Berater*innen sind sich des kommenden Tsunami von Revolten bewusst, der derzeit entsteht. In Frankreich zeigte sich dieser bereits am Wutausbruch gegen die Regierung des ehemaligen Bankers Emmanuel Macron. Eine „Mittelschicht“ der Gesellschaft inklusive der gut Ausgebildeten und Geschäftsleute hat gemeinsam mit den Arbeiter*innen aus den ‚peripheren‘ kleinen Städten und Dörfern dabei zusehen müssen, wie ihr Lebensstandard in den Keller stürzte. Die Proteste der Gelbwesten weisen in ihrer Beteiligung einen großen Anteil von Frauen auf – womöglich etwa 50%. Der Eintritt der organisierten Arbeiter*innenklasse in die Bewegung mit substanziellen Streikmaßnahmen in diesen sehr vorgezeichneten „Aufstand“ würde ihm die nötige Kraft geben, nicht nur die Regierung, sondern auch die Chefs in einem der größten kapitalistischen Länder der Welt zu stürzen und die Veränderung der Gesellschaft entlang sozialistischer Gleise zu ermöglichen, insofern die Bewegung von einer Massenpartei der Arbeiter*innenklasse mit einer marxistischen Führung unterstützt wird. Das würde tatsächlich zu einem Flächenbrand führen!

Befreiung

Trotz der internationalen Abwesenheit großer Kämpfe auf der politischen oder industriellen Ebene haben sich Bewegungen zu bedeutenden Fragen wie Umwelt, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, gegen Gewalt gegen Frauen*, Anti-Rassismus, der Diskriminierung in den Kasten, LGBTQ-Rechte etc. gebildet, von denen die meisten jedoch noch nicht mit der breiteren Arbeiter*innenbewegung verknüpft sind. Diese Bewegungen spiegeln eine große Radikalisierung einer neuen Generation insbesondere junger Menschen wieder und das Potential für ein antikapitalistisches Bewusstsein. Für sozialistische Feminist*innen ist dennoch entscheidend, die pro-kapitalistischen feministischen Ideen zurück zu drängen, die global in den Frauen*bewegungen auftreten, Ideen wie jene, dass die Unterdrückung von Frauen* auch im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaft beendet werden kann. Hinsichtlich der Vorstellungen, die spezifische Kämpfe unterdrückter Gruppen bevorzugen, heben wir die entscheidende Bedeutung der Zentralität eines gemeinsamen Kampfes der Arbeiter*innenklasse und der Armen hervor um Unterdrückung zu beenden. Universitäten sind Ideologiefabriken, die Verwirrung erzeugen und Sozialismus gegenüber ablehnend sind, indem sie gleichzeitig Kapitalismus bevorzugen. Tendenzen, die die „Identität“ über die Klasse stellen, gibt es reichlich und sie dienen dazu zu spalten, anstatt die weitläufigen Kräfte gegen das System zu vereinen. Als sozialistische Feminist*innen erkennen wir an, dass die wirkliche Befreiung der Frauen* ganz und gar verbunden ist mit der Notwendigkeit Kapitalismus abzuschaffen, der auf der ungleichen Verteilung von Macht und Reichtum basiert und die Frauenunterdrückung verfestigt. Wir stützen uns auf die Arbeiter*innenklasse als die entscheidende Kraft in der Gesellschaft um eine wirkliche anhaltende Veränderung zu erreichen.

Feminismus und Klassenkampf

Sozialist*innen begrüßen die neue Welle von Massenbewegungen gegen Unterdrückung sehr. Wir müssen aber darum kämpfen, dass diese Bewegungen die Bedingungen für Frauen real verbessern gegen die spezifische Unterdrückung angesichts der kapitalistischen Gesellschaft zu kämpfen. Mit der Verbreitung von #metoo von der USA nach Europa und kürzlich erst nach China – gab es noch nie mehr Anteilnahme und Widerstand angesichts des Horrors, den Frauen durch sexuelle Belästigung und Vergewaltigung durchleben. Es gibt einen Aufschwung von Massenprotesten von Frauen* (und Männern*) gegen dieses und einer Vielzahl anderer Themen, die das Leben der Hälfte der Weltbevölkerung vergiften. Die fürchterlichen Veröffentlichungen von Fällen sexueller Belästigungen an der „Spitze“ der Gesellschaft nehmen kein Ende, vor allem in der Unterhaltungsbranche und der Politik. Das machtvolle Echo dieser Entwicklung erschallt in der ganzen Welt, denn gerade lohnabhängige und arme Frauen sind besonders von sexueller Belästigung betroffen. Im Vergleich dazu gibt es kaum oder nur wenig Aufmerksamkeit für Millionen von Frauen*, die tagtäglich mit sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen – am Arbeitsplatz, in den Feldern, auf dem Markt und in den Fabriken auf der ganzen Welt konfrontiert sind. 71% der 40,3 Millionen Menschen, die in Formen moderner Sklaverei leben, sind Frauen und Mädchen. Zusätzlich wird geschätzt, dass 15,4 Millionen Menschen in Zwangsehen leben. Die überwiegende Mehrheit der weltweiten Anzahl Geflüchteter und Wohnungsloser besteht ebenfalls aus Frauen* und Kindern. In vielen Ländern der Welt ist Schwangerschaftsabbruch immer noch illegal und wird Vergewaltigung in der Ehe immer noch nicht als Verbrechen betrachtet.

Widerstand

Auf der anderen Seite erleben in vielen Ländern Arbeitskämpfe der ein oder anderen Form einen neuen Aufschwung. In Schottland sahen wir wie 8.000 Gemeindebeschäftigte, der Großteil von ihnen Frauen*, für gleiche Bezahlung gekämpft und gewonnen haben, mit der Unterstützung ihrer männlichen Kolleg*innen, die sich an illegalen Streikaktionen beteiligten. Es gab Proteste bei Walmart, McDonalds und Amazon hinsichtlich von Frauen*rechten. Die weltweite Arbeitsniederlegung von Google Beschäftigten zeigte wie die potentielle Wut, die in diesen Themen steckt, sich in Arbeitskämpfe kanalisieren lässt. Es gab Massenstreiks für einen Mindestlohn von weiblichen Näher*innen in Bangladesch und Arbeitsniederlegungen für 1.000 Rupien (nur 5,50 US Dollar) von Frauen* auf den Teeplantagen in Sri Lanka Es gab Massenproteste gegen Diskriminierung in Indien, gegen Femizide in Argentinien, Brasilien und Italien. Wir haben Frauen auf der ganzen Welt gesehen, die involviert sind in eine Vielzahl von Protesten für Wohnraum, für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und gegen Kürzungen. In Irland streiken derzeit Krankenpfleger*innen und Hebammen für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen.

Auf eine Vielzahl von Arten wird Frauen* im alltäglichen Leben das Recht auf Selbstbestimmung im alltäglichen Leben verwehrt. Es ist Aufgabe von Sozialist*innen den Ursprung dessen zu erklären und sich ernsthaft an Kampagnen zu beteiligen, die wirkliche Fortschritte für Frauen* aus der Arbeiter*innenklasse bedeuten. Unablässig kämpfen wir für eine Gesellschaft frei von jeder Art von Unterdrückung und Ausbeutung auf der Basis von Geschlecht, Ethnie oder sexueller Orientierung. Das bedeutet einen unermüdlichen Kampf für eine sozialistische Gesellschaft zu führen, in der Privateigentum ersetzt wird durch gesellschaftliches Eigentum und öffentliche Kontrolle von einer geplanten Wirtschaft in der Hand demokratisch gewählter Representant*innen der Arbeitenden und Armen. Alle Frauen* sollten das Recht haben zu wählen wann und ob sie Kinder haben wollen. Aber in Gesellschaften, die von Grundeigentum und Kapitalismus bestimmt sind, werden sie davon abgehalten, durch unzureichende Ressourcen und ebenfalls durch religiöse und kulturelle Vorurteile.

Wurzeln

Während Bildung, Erziehung und Religion eine große Rolle dabei spielen können, Stereotype zu verfestigen und Unterdrückung und Belästigung von Frauen* anzufeuern, sehen Sozialist*innen die Wurzeln dieses Verhaltens in der Teilung der Gesellschaft in Klassen. Für Sklavenbesitzer*innen, Feudalherren und Kapitalist*innen ist die Familie ein entscheidendes Konstrukt, um ihren Besitz und Reichtum von einer Generation zur nächsten zu übertragen. Unter ihrer Herrschaft fungieren Sklav*innen, Bedienstete und Arbeiter*innen als nützlicher „Übertragungsriemen“ für die Idee der Disziplinierung wie der Revolutionär Leon Trotzki es beschrieb. Gehorsam gegenüber dem Männlichen im Haushalt, trainiert Frauen und Kinder, sich dem Befehl von oben zu fügen.
Was die Rolle von Frauen* angeht, sorgt sie, aus Sicht der Industrie- und Landbesitzer*innen, neben billiger Arbeit in den Fabriken und auf den Land für unbezahlte Arbeitskraft bei der Produktion und Pflege der neuen Generation von Arbeiter*innen. Innerhalb der Familie wird zudem von ihnen erwartet, jene zu versorgen, die nicht länger arbeiten können, aufgrund von Krankheit oder Alter. Über die Jahre haben Reformen die Last von Frauen* abgemildert, diese wurden jedoch nicht ohne Kämpfe oder der Androhung von Kämpfen erlangt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Versorgung von Bildung, Gesundheit und Wohlfahrt in den USA und Europa – insbesondere Frankreich und Großbritannien – ein Resultat enormer Radikalisierung, insbesondere unter den heimkehrenden Soldat*innen und deren Weigerung in das Leben zurückzukehren, das sie zuvor führten. Die Reformen waren dazu gedacht, um Revolutionen zu verhindern, die das verrottete System unserer Chefs infrage stellten. In den ehemaligen Kolonien wie Sri Lanka und Malaysia fürchteten sie Revolten von denen, die für Unabhängigkeit gekämpft hatten und weitergehen wollten indem sie auch die neuen Stadthalterkapitalisten angreifen. Reformen wurden eingeführt, um der Revolution und dem Sozialismus das Wasser abzugraben.
Nationale Gesundheitssysteme und öffentliche Bildungssysteme waren nicht nur nette Maßnahmen, die von besonders aufgeklärten Regierungen eingeführt wurden. Sie waren ein Weg, um sicherzustellen, dass die Chefs in den Industrien einen konstanten Nachschub an gesunden und ausgebildeten Arbeitskräften haben, um ihr durch Profite angetriebenes System zu erhalten.

In vielen ehemaligen Kolonien existiert trotzdem immer noch nur sehr rudimentäre Gesundheitsversorgung. Auf der ganzen Welt sterben Millionen an Frauen* und Kindern an vermeidbaren Krankheiten und während der Schwangerschaft oder an der Geburt.
Über die Jahre hat die öffentliche Versorgung in kapitalistischen Ökonomien die Last der Arbeiter*innenklasse in Bezug auf Kinderversorgung und „häusliche“- Verpflichtungen gelockert. Jetzt wird die Uhr zurückgestellt. Sogar die Versorgung durch staatliche Gesundheits- und Bildungssysteme ist bedroht sowohl in entwickelten als auch unterentwickelten Ländern.

Rückschritte

In Europa und den USA werden öffentliche Dienstleistungen durch Kürzungsmaßnahmen abgebaut, insbesondere seit der Krise unserer Chefs im Jahr 2008. Lohnabhängige Frauen* werden nicht nur zur Kasse gebeten, um für eine Krise zu zahlen, die sie nicht zu verantworten haben, insbesondere was die Rückschritte in Sozialdienstleistungen und Gesundheitsversorgung angeht; sondern es sind auch überwiegend Frauen*, die in diesen Sektoren arbeiten und sie sind diejenigen deren Arbeitsplätze -Teilzeit und Vollzeit – weggestrichen werden, was sie wiederum zwingt zu Hause zu bleiben auf Basis eines viel niedrigeren Einkommens. Lohnabhängige und arme Frauen*sind, wie stets, in der ersten Reihe in den Bewegungen gegen diese Rückschritte. Sie sind diejenigen, die am meisten unter fehlenden Wohnraum leiden, um ihre Familien zu versorgen. Aber es sind ebenfalls Frauen*, die am laustärksten gegen Kürzungen im Gesundheitssystem, Altenheimen und Kitas protestieren. Sie fordern Obdach für jene, die vor häuslicher Gewalt fliehen. Denn für jene ist es buchstäblich eine Frage von Leben und Tod.

Sozialist*innen, die für eine andere klassenlose Welt kämpfen, können daher nicht sagen „Wartet!“. Im Norden Englands gibt es eine Kampagne gegen Kürzungen von Anlaufstellen bei häuslicher Gewalt, die sich „Women’s Lives Matter“ [das Leben von Frauen ist wichtig] nennen und die zurecht den Slogan haben „Frauen* können nicht warten!“ und „Keine Kürzungen!“ fordern. Sozialist*innen kämpfen gegen Sozialkürzungen, genauso wie gegen Gewalt gegen Frauen und die sexistischen Charakterzüge und Verhaltensweisen, die der Kapitalismus in unserer Gesellschaft verfestigt. Aber, um anhaltende Reformen zu erkämpfen verlangen all diese Themen ein engagiertes Eingreifen von Arbeiter*innen und ihren Organisationen – vor allem den Gewerkschaften. Wir haben gesehen wie Sozialist*innen in der Vergangenheit für die Unterstützung von Gewerkschaften kämpfen und diese für Kampagnen gegen häusliche Gewalt und für Zuflucht und Unterstützung für jene, die davon betroffen sind, gewinnen konnten. Heute werden die drastischen Kürzungen, die von den Regierungen der Chefs diktiert werden, von lokalen Institutionen aller Couleur ausgeführt. Ein gewerkschaftlicher und sozialistischer Widerstand ist entscheidend!

Aktionen am Internationalen Frauen*Tag

Mitglieder unserer Internationale, dem CWI, sind erfolgreich mit dabei die Tradition am 8. März zu streiken, wiederzubeleben. Letztes Jahr haben wir im Spanischen Staat mit der Initiative der Studierendengewerkschaft “Sindicato de Estudiantes” und “Libras y Combativas”, der sozialistisch-feministischen Plattform des CWI in Spanien dafür gesorgt, dass über zwei Millionen Studierende und Arbeitende die Arbeit niederlegten, um gegen das horrende Level von Gewalt zu protestieren, das sowohl von der Kirche als auch dem (Francoistischen) Staat akzeptiert wird. (Auch am 14. November letzten Jahres beteiligten sich mehr als 1,5 Millionen Studierende und Schüler*innen an Streiks und Demonstrationen gegen Sexismus in den Schulen und im Rechtssystem). Dieses Jahr werden sie mit noch mehr Entschlossenheit am 8. März streiken und demonstrieren.
Auch in Belgien wird es Streiks geben und zehntausende Frauen* werden in Argentinien und Italien die Arbeit niederlegen und unter dem Slogan „Non Una di Meno“ (nicht Eine weniger) protestieren. Genauso wird es in Brasilien Proteste gegen den neugewählten, offen sexistischen Präsidenten Bolsonaro geben, der den niederträchtigen Morden an Frauen*, Schwulen und Lesben und Trans*Aktivist*innen den Rücken zuwendet und der darauf abzielt das Abtreibungsrecht noch weiter einzuschränken.
In den USA wird der Internationale Frauentag ohne Zweifel von Präsident Donald Trump angefeuert und seiner weltweit bekannten Frauenfeindlichkeit. Die Ernennung von Brett Kavanaugh als Richter des “Surpreme Court” erzeugte einen Aufschrei nicht nur aufgrund seines notirischen sexuellen Draufgängertums sondern auch aufgrund seiner Angriffe auf Arbeitende und seine wohlbekannte Intention Fortschritte im Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, die durch harte Kampagnen errungen wurden, zurückzudrängen.

Es wird Arbeitsniederlegungen in Südirland geben wo sich die Kampagne zur Abschaffung des Paragraph 8 bald jährt, die einen historischen Erfolg hervorgebracht hat, der allen Frauen* einen legalen Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen erlaubt. Der Druck besteht jetzt darin, dasselbe Recht auch im Norden Irlands einzuführen. In Polen geht der Kampf gegen die drastischen Schleifungen des Rechts auf Schwangerschaft weiter und in Norwegen, wo das Recht ebenfalls unter Beschuss steht, wird es ohne Frage ebenfalls am Freitag Proteste geben. In den nächsten Tagen wird socialistworld [und sozialismus.info] über die diesjährigen Aktionen und Demonstrationen auf der ganzen Welt berichten, den Internationalen Frauentag feiern und alle Anstrengungen intensivieren, um für internationalen Sozialismus zu kämpfen.

Für eine weitergehende marxistische Analyse von Frauen in der heutigen Welt und wie wir für bleibende Veränderungen kämpfen, lest das Buch “Es muss nicht bleiben wie es ist“, geschrieben von Christine Thomas. Bestellungen bei manifest-verlag.de.

 

Demonstrieren, streiken, kämpfen – für Frauenrechte und Sozialismus

Marxist*innen stehen für einen gemeinsamen Kampf von Arbeiter*innen und Frauen für den Sozialismus.
Christian Bunke

Als die deutsche Marxistin Clara Zetkin auf der 2. internationalen Frauenkonferenz der sozialistischen Internationale in Kopenhagen am 27. August 1910 die Durchführung eines internationalen Frauentages vorschlug, stieß sie nicht bei allen männlichen führenden Mitgliedern der internationalen Sozialdemokratie auf Zustimmung. Manche von ihnen sahen in der Initiative eine Ablenkung von den scheinbar „wirklich wichtigen“ Themen des Klassenkampfes.

Doch Zetkin dachte beides zusammen. Ihr Ziel war ein Frauenkampftag, um die Forderungen der Frauen mit den Zielen der Arbeiter*innenbewegung zu verknüpfen. „Nur in der sozialistischen Gesellschaft werden die Frauen wie die Arbeiter in den Vollbesitz ihrer Rechte gelangen“ schrieb sie im Jahr 1889. In den folgenden Jahren griff der internationale Frauentag Themen wie den Kampf für das Recht auf Abtreibung, die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich oder für niedrigere Lebensmittelkosten auf. Marxist*innen wie Zetkin verknüpften dies immer mit der Forderung nach einer sozialistischen Revolution als einziger Weg, um diese Ziele zu erreichen.

Alle oben genannten Themen sind wichtige Arbeitsfelder für sozialistische Feminist*innen geblieben. In Österreich arbeitet „Nicht mit mir“, die sozialistisch-feministische Kampagne der SLP, gegen die Versuche rechter, katholischer religiöser Fundamentalist*innen, das Abtreibungsrecht zu beschneiden. Die Durchsetzung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch in Irland, ein Kampf, an dem unsere irische Schwesterorganisation Socialist Party mit ihrer Kampagne ROSA führend beteiligt war, hat auch in Österreich vielen jungen Frauen Zuversicht gegeben, dass die Fundis geschlagen werden können.

Die SLP setzt sich für Arbeitszeitverkürzung und für die Abschaffung des 12-Stundentages ein. Deshalb hat die SLP auch die Forderung des Frauenvolksbegehrens nach Einführung einer 30-Stundenwoche unterstützt, während liberale und konservative „Feministinnen“ gerade diese Forderung kritisiert haben. Wir sagen: Wir verzichten auf keine notwendige Forderung für ein Bündnis mit bürgerlichen Frauen. Im Gegenteil braucht es einen gewerkschaftlichen Kampf gegen den Zwölfstundentag und für die 30-Stundenwoche.

Tatsächlich gehört der internationale Frauentag schon längst zur revolutionären Geschichte der Arbeiter*innenbewegung. Ein Streik von Arbeiterinnen am 8. März 1917 im russischen Petrograd löste einen Aufstand aus, dessen Folge die erste und bislang einzige erfolgreiche sozialistische Arbeiter*innenrevolution im Oktober 1917 sein sollte. Der 8. März war von Beginn an ein Kampftag arbeitender Frauen.

Die Idee, dass Frauen für ihre Rechte streiken, hat inzwischen wieder an Fahrt aufgenommen. 2018 beteiligten sich vor allem in spanischsprachigen Ländern rund fünf Millionen Frauen, aber auch Männer, an Streiks, die sich gegen die sexistischen Zustände in vielen Ländern richteten. Am 14. November 2018 gab es in Spanien einen Schüler*innen-Generalstreik, der sich unter anderem gegen sexistische Kleidungsvorschriften und den Einfluss der katholischen Kirche richtete.

Die Vorbereitungen für einen feministischen Generalstreik im spanischen Staat sind inzwischen im Gange. Die spanische Schwesterorganisation der SLP, Izquierda Revolucionaria und ihre Kampagne Libres Y Combativas, ruft dazu auf, diesen Streik zu einer echten Streikbewegung zu machen. „Alle unterdrückten Schichten müssen in den Streik einbezogen werden, auch die Wirtschaft muss von ihm betroffen sein. Männer dürfen nicht zu Streikbrechern gemacht werden“ schreibt die Organisation in einem Flugblatt.

Auch in Deutschland sind Frauenstreiks am 8. März geplant. Die Sozialistische Alternative (SAV), Schwesterorganisation der SLP, setzt sich dafür ein, dass die deutschen Gewerkschaften sich am Frauenstreik beteiligen und ihm so die Schlagkraft geben, ein „richtiger“ Streik zu werden.

In Schottland haben sich CWI-Mitglieder an „erobert euch die Nacht zurück“-Demonstrationen beteiligt, die sich gegen Gewalt an Frauen richten. Allerdings kritisiert unsere schottische Schwesterorganisation, dass die Bürgermeisterin von Glasgow auf der Demo reden durfte, obwohl sie 60 Millionen Euro auch bei Fraueneinrichtungen in der Stadt kürzt.

Dieselbe Bürgermeisterin war auch gegen den Streik von 16.000 weiblichen Beschäftigten bei der Gemeinde Glasgow im vergangenen Jahr, die damit gleichen Lohn für gleiche Arbeit und ausstehende Löhne erkämpfen wollten. Dieser Streik wurde von der Gewerkschaft UNISON organisiert, Marxist*innen waren an seiner Vorbereitung führend beteiligt. Der hiesige ÖGB sollte sich davon eine Scheibe abschneiden. Wie schon 1910 sind Frauenthemen in der Gewerkschaft noch immer Randthemen, die man „zusätzlich“ aufgreift, anstatt zu verstehen, dass es Kernthemen der Arbeiter*innenbewegung sind.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Marx aktuell: Frauenstreik und Klassenkampf

Ella Kempter und Sebastian Kugler

In vielen Ländern werden dieses Jahr zum 8. März Frauenstreiks ausgerufen, doch unterscheiden sich die Aktionen oft stark in Form und Inhalt. Die neue Popularität des Streiks als Kampfmethode im Kampf gegen patriarchale Unterdrückung ist ein gutes Zeichen. Sie ist Ausdruck eines steigenden Bewusstseins für gemeinsame, kollektive Kämpfe. Doch noch herrscht viel Verwirrung über den Streikbegriff: Von Sex- bis zu Hausarbeitsstreiks gibt es eine Tendenz, „Streik“ mit jeglicher Form von Verweigerung gleichzusetzen. Streiks sind aber eigentlich eine langbewährte Widerstandsmethode, bei der durch Entzug der Arbeitskraft Druck auf eine ausbeutende Gruppe ausgeübt wird um die Interessen der Streikenden durchzusetzen. Viele „Streik“-Formen, die nun diskutiert werden, wollen durch Formen von Verweigerung Verbesserungen in der häuslichen Sphäre erzielen. Das ist aber nur jenen Frauen möglich, die nicht aufgrund verschiedenster Abhängigkeitsverhältnisse existenziell an ihren Partner und den Haushalt gebunden sind. Außerdem haben diese Abhängigkeitsverhältnisse (Finanzen, Wohnraum, Rechtsansprüche…) ihren Ursprung außerhalb der häuslichen Sphäre, im kapitalistischen System. Im Haushalt sind Männer kurzfristig Nutznießer der Frauenunterdrückung – doch langfristig schadet sie ihnen auch, da Frauenunterdrückung das kapitalistische System stabilisiert, von dem sie selbst ausgebeutet werden.
Kapitalismus bedeutet Sexismus von Oben in Form von ungleichen Löhnen, unleistbarer Kinderbetreuung, Objektifizierung von Frauenkörpern als Werbestrategie und Macho-Justiz. Kapitalismus bedeutet aber auch das Einberechnen der Frau als unbezahlte Arbeitskraft für Tätigkeiten, die die Leistungsfähigkeit der Arbeiter*innen und ihres Nachwuchses, zu gewährleisten - ohne dass der Lohn erhöht werden muss. Um das zu bekämpfen, braucht Streiks, die diejenigen treffen, die von Ausbeutung profitieren. Das bedeutet, den Kampf für Frauenrechte als Klassenkampf zu führen: „Nicht, weil die Klasse die einzige Unterdrückungsform ist oder gar die häufigste, beständigste oder stärkste Quelle sozialer Konflikte, sondern vielmehr, weil ihr Terrain die die materiellen Existenzbedingungen schaffende gesellschaftliche Organisation der Produktion ist.“ (Ellen Meiksins Wood: Demokratie kontra Kapitalismus, 1995)

Wenn wir für frauenspezifische Forderungen streiken, sollten Männer eingebunden aufgefordert werden, sich zu beteiligen – so können sie nicht als Streikbrecher missbraucht werden und sie können Bewusstsein für die Notwendigkeit des Kampfes gegen Frauenunterdrückung gewinnen. Solche Streiks zeigen auch das Potential der vereinten Arbeiter*innenklasse, die gesamte Produktion und Reproduktion der Gesellschaft selbst zu übernehmen – ohne Ausbeutung und Unterdrückung.


Lesetipp:

Christine Thomas: Es muss nicht bleiben, wie es ist. Frauen und der Kampf für eine sozialistische Gesellschaft

In diesem Buch erklärt die sozialistische Aktivistin Christine Thomas die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes für Frauenbefreiung und Sozialismus

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

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