Frauen und LGBT

Für eine sozialistische Frauenbewegung

Echte Frauenpolitik stellt die Profitlogik in Frage!
Sonja Grusch

Der Kampf muss jetzt begonnen und im Sozialismus vollendet werden.

Alle sind für Frauenrechte (auch wenn Unterschiedliches gemeint ist). Das Gefühl, Ungerechtigkeiten und Sexismus nicht mehr hinnehmen zu wollen, ist weit verbreitet. Der Unterschied zwischen der „du kannst alles machen“-Propaganda und der Realität von Frauen ist himmelschreiend. Immer mehr Frauen sind berufstätig und der Druck nimmt spätestens seit der Krise 2007 massiv zu. Die Versprechen wurden nicht eingelöst. Die Bereitschaft, sich zu wehren wächst. Doch es fehlt das Programm.

Analysen und Lösungsvorschläge bleiben weitgehend auf der individuellen Ebene. Das spiegelt den gesellschaftlichen Rückschlag der letzten Jahrzehnte wider. In der 2. Frauenbewegung ab Ende der 1960er Jahre galt „das Private ist Politisch“. Damit wurde auf gesellschaftliche Ursachen von Frauenunterdrückung hingewiesen. Spätestens seit den 1980er Jahren aber dominieren Konzepte, die aus dem universitären Bereich kommend auch Aktivist*innen beeinflussen. Zusammengefasst als „Identitätspolitik“ erklären sie die Gesellschaft als Zusammenspiel verschiedener Interessensgruppen. Man setzt beim individuellen Erleben von Unterdrückung und Benachteiligung an – und bleibt dort stehen. Es fehlt die Analyse der allgemeinen gesellschaftlichen Kräfte, die die Ursache von Unterdrückung sind. Entsprechend einer beschränkten Analyse bleiben dann die Lösungen letztlich auf individueller Ebene stecken.

Im Gegensatz dazu hat Friedrich Engels bereits im 19. Jahrhundert erkannt, dass die Ursachen von Frauenunterdrückung in der Entwicklung von Klassengesellschaften liegen. Die heutige ist der Kapitalismus und dieser braucht die günstige oder kostenlose Arbeit von Frauen bei der „Erzeugung“ neuer Arbeitskräfte und der Pflege und Betreuung der existierenden. Das herrschende Frauenbild (und auch seine Veränderung) folgt dieser Notwendigkeit. Selbstverständlich gibt es individuell sexistisches Verhalten und dieses gehört auf allen Ebenen bekämpft. Die Ursachen dafür sind nicht individuell und nicht biologisch, sondern gesellschaftlich. Und darum können auch alle Lösungsansätze, die die gesellschaftliche Ebene ignorieren letztlich nur scheitern. Das wird konkret, wenn wir uns die dringenden Probleme anschauen: Gewalt, Sexismus, Armut…

Die Regierung erhöht die Strafen bei Sexualdelikten. Das wird nicht zu weniger Vergewaltigungen führen. Die bei weitem meisten Gewaltakte gegen Frauen finden zuhause und durch den (Ex-)Partner bzw. Verwandte statt. Es spricht nichts dagegen, wenn Mädchen Selbstverteidigung lernen. Es ist wichtig, mehr Geld für Frauenhäuser zu fordern. Doch all das wird am Grundproblem nichts ändern: Der finanziellen Abhängigkeit. „Sex statt Miete“ ist die ekelhafte Folge explodierender Mieten. Unzählige Frauen müssen bei einem Mann bleiben, weil sie sich keine eigene Wohnung leisten können. Als Sozialist*innen fordern wir daher eine massive Wohnbauoffensive durch die öffentliche Hand, um ausreichend günstigen Wohnraum zu schaffen. Und wir fordern die Enteignung von aus Spekulationsgründen leerstehenden Wohnungen, damit niemand obdachlos oder in einer Zwangsbeziehung bleiben muss.

Die andere Seite der finanziellen Abhängigkeit sind niedrige Löhne, Pensionen bzw. Sozialleistungen. Alle Parteien sind auf dem Papier für gleiche Bezahlung – aber ihre Politik bewirkt das Gegenteil. Weniger Geld bedeutet mehr Abhängigkeit. Es spricht nichts dagegen, Mädchen zu motivieren, in die besser bezahlten Männerberufe zu gehen oder mehr Einkommenstransparenz zu fordern. Doch auch wenn der Equal Pay Day inzwischen von öffentlicher Seite aufgegriffen wird, gibt es ihn immer noch. Weil schöne Worte nichts ändern. Als Sozialist*innen fordern wir als erste Schritte die Einführung eines Mindestlohnes von 1.700.- (sowie Mindestpension und Sozialleistungen in gleicher Höhe) sowie die automatische Anpassung von Löhnen, Pensionen und Sozialleistungen an die Inflation.

Seit 1999 ist im Ehe- und Familienrecht gesetzlich vorgesehen, dass die Hausarbeit ausgewogen aufgeteilt ist. Trotzdem arbeiten Frauen rund doppelt so lang in Hausarbeit wie Männer und verrichten den größten Teil der unbezahlten Pflegearbeit. Es ist nicht falsch, zu fordern, dass die Hausarbeit „halbe-halbe“ aufgeteilt werden soll – nur greift die Forderung Meilen zu kurz! Denn sie stellt nicht in Frage, dass ein großer Teil von gesellschaftlich notwendiger Arbeit kostenlos privat erledigt wird. Kranke werden von überforderten und unqualifizierten Angehörigen gepflegt anstatt von Profis. Und warum soll jedes Fenster in einem Haus individuell geputzt werden? Als Sozialist*innen fordern wir die Vergesellschaftung der Hausarbeit. Ausreichend und gut bezahlte Profis in einem öffentlich finanzierten Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen sollen sich um Kinder, Kranke und Alte kümmern. Wenn für ein Hotel zentral gewaschen, gekocht und geputzt werden kann – warum dann nicht auch für Privathaushalte? Und durch eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich würden nicht nur Jobs geschaffen, sondern wir könnten die gesparte Zeit für uns und „Qualitätszeit“ mit unseren Lieben verwenden.

Seit 1975 gilt in Österreich die Fristenlösung – und zeigt, wozu ein solch individualiserter Ansatz führt. Denn wenn dem Recht auf Abtreibung keine kostenlosen Möglichkeiten in öffentlichen Spitälern folgen, dann können viele Frauen davon nur schwer Gebrauch machen. Gerade einmal 17 Stellen gibt es im ganzen Land für einen Abbruch, in mehreren Bundesländern gar keine, die meisten privat und alle teuer. Dieser Zustand ist die Folge einer Frauenpolitik, die glaubt, dass Frauenbefreiung im Rahmen des Kapitalismus möglich wäre. Doch die Appelle an die Herrschenden wirken nur, wenn ihnen unsere Forderungen gerade in ihr Konzept passen. Sonst werden Errungenschaften auch ganz schnell wieder abgeschafft. Und es kommt die Propagandawalze von der Frau, die die Doppelt- und Dreifachbelastung leicht und lächelnd schupft.

Die Angriffe auf Kinderbetreuung, Recht auf Abtreibung und unsere Löhne sie sind keine „Frauenprobleme“ und können mit individuellen Lösungen nicht zurückgeschlagen werden. Es ist ein Kampf um soziale Rechte und stößt daher zwangsläufig an die Grenzen eines bürgerlichen Staates und kapitalistischer Profitinteressen. Die großen Privilegien liegen nicht bei Männern, die ein paar Euro mehr verdienen, sondern bei einer kleiner Schicht Superreicher, die fast den ganzen Reichtum dieses Planeten besitzen. Diese Elite hat ein Interesse daran, einen Konflikt zwischen uns „hier unten“ zu schüren, um selbst aus dem Schneider zu sein. Ist das eine Entschuldigung für sexistisches Verhalten von Kollegen? Garantiert nicht, das gehört sofort und entschieden bekämpft – nicht zuletzt auch deshalb, weil Sexismus den Kampf gegen das System, das Frauenunterdrückung braucht, erschwert. Wenn wir Frauenunterdrückung auf Dauer und grundlegend beseitigen wollen, dann braucht es den gemeinsamen Kampf all jener, die von diesem System ausgebeutet werden, den Arbeiter*innen. Wir müssen dieses kapitalistische System beseitigen, das auf der Ausbeutung und Unterdrückung der Mehrheit durch eine kleine Minderheit beruht.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Zahlen und Fakten zu Frauen in Österreich

Leon Neureiter

– 74,2 % aller erwachsenen Frauen wurden schon einmal sexuell belästigt, 29,7 % Opfer sexueller Gewalt. 56,8 % aller Frauen haben in ihrem Leben körperliche Gewalt erfahren, 5 % wurden verprügelt.

Die rassistische Hetze täuscht übrigens – bei der Mordstatistik zeigt sich, dass die Mehrheit der Täter Inländer sind, aus den „typischen“ Flüchtlingsländern waren es auch 2018 weit unter 10%.

– Im ÖGB sind Frauen unterrepräsentiert: Im ÖGB-Vorstand sind nur 39 % weiblich, von sieben Fachgewerkschaften hat nur die GPA eine weibliche Vorsitzende. In der AK beträgt der Frauenanteil in den Ländervorständen durchschnittlich 28 %. (Stand vor der aktuellen AK-Wahl)

– Die Erwerbsquote von Frauen liegt mit 68,2 % acht Prozentpunkte unterhalb jener von Männern (Stand 2017). Dies entspricht einem deutlichen Anstieg im Vergleich zum Jahr 2007 (63,5 %), allerdings hat die Vollzeitbeschäftigung unter Frauen im arbeitsfähigen Alter prozentuell in diesem Zeitraum sogar abgenommen (von 37,3 % auf 35,6 %).

– Fast jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit (47,7 %) (Stand 2017). Das entspricht einem Anteil, der mehr als viermal so groß wie bei Männern ist (10,5 %). Besonders hoch ist der Unterschied bei 35- bis 50-Jährigen, wo die Teilzeitquoten von Frauen in den einzelnen Altersgruppen bei 55–60 % liegen – das Sechs- bis Achtfache der entsprechenden Teilzeitquoten von Männern (Stand 2016). Grund dafür sind zu fast 40 % übrigens Kinderbetreuungs- oder Pflegeverpflichtungen. Von der angeblichen Freiwilligkeit, mit der Politiker*innen wie Frauenministerin Bogner-Strauß argumentieren, ist in der Praxis nicht viel übrig – nur 19 % der in Teilzeit arbeitenden Frauen wollen einfach keine Vollzeitbeschäftigung, ein Anteil, der bei Männern sogar noch höher ist (23,5 %). (Stand 2016)

– Der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen unter ganzjährig Vollzeitbeschäftigten beträgt 16 %. Bezieht man allerdings Teilzeitbeschäftigung (s. o.) mit ein, explodiert dieser Lohnunterschied auf 38 % (Stand 2016).

– Damit kommt ein höheres Armutsrisiko: Alleinerziehende Mütter fallen zu 30 % unterhalb die Armutsgrenze, die Armutsgefährdungsquote für allein lebende Pensionistinnen liegt bei 20 % – fast doppelt so hoch wie bei Pensionisten (Stand 2016).

Gemeinsam gegen Sexismus und Kapitalismus

Weltweit gibt es die Stimmung, dass sich was ändern muss – nun brauchen die Proteste ein Programm.
Monika Jank

In den letzten Jahren gab es in verschiedenen Teilen der Welt zahlreiche Bewegungen, die von Frauen angeführt wurden oder woran sie maßgeblich beteiligt waren. Thematisch wurde eine sehr große Bandbreite aufgegriffen. So wurden Verbesserungen bezüglich des Selbstbestimmungsrechts  über den eigenen Körper wie die Legalisierung von Abtreibung in Irland erreicht und in Argentinien ein starker und bedeutender Schritt in diese Richtung gesetzt. Unter anderem in den USA, Deutschland und Österreich bekämpfen wir Vorstöße, die eben dieses Recht wieder einschränken wollen. Die erzkonservative Regierung Polens wurde von einer mächtigen Frauenbewegung in die Knie gezwungen.

Im Anschluss an ein Gerichtsurteil wegen Vergewaltigung durch die Gruppe „Manada“ (Rudel) kam es in Spanien zu Massenprotesten. Das Urteil selbst sowie die Tolerierung und Unterstützung von sexueller Gewalt durch die kapitalistische Justiz wurden angefochten. Unter #Ibelieveher und #Thisisnotconsent wurde in Irland und unter #YoTeCreo in Argentinien auf die Legitimierung von Vergewaltigungen hingewiesen, wenn Frauen sich „nicht richtig“ verhalten oder kleiden. 2015 protestierten in Argentinien zum ersten Mal unter dem Slogan „Ni Una Menos“ (Keine Weniger) Tausende gegen Frauenmorde. Diese Bewegung gegen Gewalt an Frauen breitete sich auf mehrere Länder Lateinamerikas und auch über die Amerikas hinaus aus. Aktuell wird für die Trennung von Staat und Kirche und eine ganzheitliche Sexualerziehung gekämpft. Die Größe der Bewegung spiegelt sich in der Zahl der Teilnehmer*innen des jährlichen Encuentro Nacional de Mujeres (Nationales Frauentreffen) wider. Zum 33. Treffen im Jahr 2018 kamen über 50.000 aus ganz Argentinien!

In vielen Ländern wurde mit der MeToo-Bewegung gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz protestiert. Dem schlossen sich weltweit Streiks in den Niederlassungen von McDonalds sowie Google an. Bei letzteren wurde neben sexueller Belästigung gleichermaßen gegen Lohnunterschiede und rassistische Diskriminierung protestiert. In einigen Maquiladoras - Montagebetrieben, die in Folge des Freihandelsabkommens NAFTA an der Grenze Mexiko/USA entstanden sind und in denen mehrheitlich Frauen angestellt sind - kam es Anfang des Jahres ebenfalls zu Streiks. In den USA führten 2018 Lehrer*innen zahlreiche „wilde“ Streiks durch, da die Gewerkschaft ihnen keine Unterstützung bot. In Österreich kam es Anfang 2018 und Anfang 2019 im Sozialbereich – wie die Lehrer*innen eine Branche, in der überdurchschnittlich viele Frauen beschäftigt sind – ebenfalls zu Streiks.

In Indien legte im Jänner ein 48stündiger Generalstreik mit circa 220 Millionen Teilnehmer*innen das Land lahm. In Sri Lanka kam es wegen der ausbeuterischen Verhältnisse in den Teeplantagen, wo v.a. Frauen arbeiten, zur Arbeitsniederlegung. Diese Beispiele zeigen Potenzial und Verantwortung von Gewerkschaften im Kampf gegen Sexismus und Unterdrückung der Frau - wenn sie dies wahrnehmen würden.

Auch als Antwort auf die Wahl von rechtsextremen, reaktionären und sexistischen Politikern wurden Demonstrationen in verschiedenen Ländern mit Massencharakter abgehalten, an denen maßgeblich Frauen teilnahmen. So besuchten circa 5 Millionen in weltweit mehr als 600 Demonstrationen den Women’s March on Washington kurz nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Gegen die Ernennung von Brett Kavanaugh zum Richter des obersten Gerichtshofs der USA (trotz zahlreicher Vorwürfe wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung) protestierten viele Frauen. Auch die Wahl von Jair Bolsonaro zum brasilianischen Präsidenten wurde von Protesten unter dem Hashtag #EleNão (#ErNicht) begleitet – findet er doch, dass Frauen weniger verdienen sollen um sich um die Kinder zu kümmern.

Diese zahlreichen Proteste sind ein Ausdruck der weltweiten Stimmung, den aktuellen Zu- oder besser Missstand nicht mehr zu akzeptieren und sich dagegen zu wehren. Damit diese Kämpfe erfolgreich werden, braucht es Perspektive und ein klares, sozialistisches Programm. Andernfalls können die Herrschenden und ihre Ideen diese dominieren und so deren Schlagkraft nehmen. Als Sozialist*innen sehen wir die Notwendigkeit, verschiedene Proteste untereinander zu verbinden und ihnen Programm zu bieten, mit dessen Hilfe Frauenunterdrückung und Kapitalismus überwunden werden können.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Regierung greift Frauen an! Schlagen wir zurück!

Wo sind die Gewerkschaften, wenn es darum geht, die Angriffe der Regierung auf Frauen abzuwehren?
Sonja Grusch

Am 8. März ist Frauentag. In den Tagen rund um diesen Termin wird wieder viel geschrieben darüber, dass Frauen „viel erreicht“ haben aber auch noch „viel zu tun“ ist. In manchen Ministerien werden vielleicht Blumen verteilt, oder vielleicht kocht der Herr Minister sogar höchstpersönlich einen Kaffee für die Kolleg*innen! Und natürlich gibt es auch ganz viele Pressetermine wo die Regierung – ganz im Sinne der Kurzschen „Message Control“ - sich abfeiert dafür, was sie alles für Frauen tut. Soweit die Propaganda.

Die Realität sieht aber anders aus. Abseits der schönen Worte setzt die Regierung Maßnahmen um, die für all jene negative Folgen haben, die nicht reich und mächtig sind. Und dazu gehören Frauen überdurchschnittlich oft. Längere Arbeitszeiten drängen Frauen aus dem Job, insbesondere wenn gleichzeitig die Kinderbetreuung verteuert wird. Kürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen zwingen Frauen zu mehr unbezahlter Arbeit in der Familie. Die Steuerreform begünstigt jene, die viel verdienen. Frauen, insbesondere Alleinerziehende gehören in der Regel nicht dazu. Das Thema Gewalt gegen Frauen interessiert die Regierung nur, wenn sie es für rassistische Maßnahmen nutzen kann. Und die Kürzung bei diversen Fraueneinrichtungen sowie die Angriffe auf die Fristenlösung rundet das reaktionäre Bild ab.

Dass all das nicht unwidersprochen bleibt zeigt sich auf allen Ebenen: Bei den Streiks im Sozialbereich waren Frauen an der Spitze. Auch bei den Protesten gegen die Angriffe auf Krankenkassen, Sozialversicherung und Arbeitszeit. Es sind gerade auch junge Frauen, die ein „zurück“ nicht so einfach hinnehmen. Wer allerdings fehlt sind die Gewerkschaften. Frauenthemen sind für sie nur „Randthemen“. Ein Streik für die Forderungen von Frauen – für bessere Bezahlung, kürzere Arbeitszeiten, kostenlose Kinderbetreuung, Selbstbestimmungsrecht über unsere Körper etc. – wie er in immer mehr Ländern aufgestellt wird kommt in der Gedankenwelt der Gewerkschaftsspitzen nicht vor. Solange das so bleibt, nützt das der Regierung. Also ändern wir es und beginnen den Kampf – Jetzt!


Die SLP fordert:

  • Milliarden für Bildung, Gesundheit und Soziales: Das reduziert die unbezahlte Arbeit von Frauen!

  • Löhne rauf, Mieten runter hilft gerade auch Frauen!

  • Frauenthemen sind Gewerkschaftsthemen – 365 Tage im Jahr!

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Nicht mit mir macht sich bereit für 2019

Am 5.1.2019 starteten wir mit einem sozialistisch-feministischen Seminar in das neue Jahr.
Ella Kempter

Wir eröffneten das Seminar mit einer Diskussion zur Frage des Verhältnisses von sozialistischem Feminismus zu Identity Politics. Nach der Mittagspause ging es weiter mit einem Start in die Debatte zu Sexarbeit und Prostitution. Abgeschlossen wurde das Seminar mit einem Argumentationstraining, bei dem die 17 Teilnehmer*innen von Situationen berichten können, in denen Sie mit gewissen Argumenten konfrontiert waren, mit dem Ziel, in der Gruppe mögliche Antworten und Herangehensweisen zu finden. Man merkte die Aktualität der Themen speziell bei der Diskussion zu Identity Politics. Identity Politics entstanden aus der Bestrebung, die Bedürfnisse von bestimmten unterdrückten Gruppen zu artikulieren. Es ist wichtig für eine Bewegung, spezielle Unterdrückungsformen bestimmter Gruppen anzuerkennen. Der sozialistische Feminismus betont allerdings die Notwendigkeit, aber auch die Chance des gemeinsamen Kampfes der gesamten Arbeiter*innenklasse in all ihrer Vielfalt gegen das auf Unterdrückung basierende kapitalistische System. Identity Politics klammern das jedoch aus und reduzieren uns auf voneinander abgegrenzte Identitäten. Dadurch schaden sie Bewegungen. Wir müssen nicht alleine für unsere jeweiligen Bedürfnisse kämpfen, weil unsere Bedürfnisse einander nicht widersprechen. Wir können es uns nicht leisten, im Kampf um Befreiung unsere gemeinsame Stärke nicht zu nutzen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

23.2. Selbstbestimmung verteidigen - Folter- und Entmündigungspläne der Regierung stoppen

Eine Aktion von Nicht mit Mir

Schon im Regierungsprogramm steht es, nun kommen die ersten Schritte - die Regierung will, unterstützt und getrieben von religiösen Fanatiker*innen und Ultrarechten, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen einschränken.
Kommt zur Protestaktion von Nicht mit mir gegen die Regierungspläne! Bringt Schilder mit, Kleiderbügeln und v.a. viele Freund*innen: https://www.slp.at/termine/selbstbestimmung-verteidigen-folter-und-entm%C3%BCndigungspl%C3%A4ne-der-regierung-stoppen
Während das Geld für Menschen mit Behinderung und für Frauenschutzeinrichtungen durch diese Regierung gestrichen wird, spielen sie sich als Lebensschützer auf. Das ist nicht nur verlogen, sondern gefährlich!
Die "Spätabtreibung" ist ein heikles Thema - was die Regierung hier plant hat allerdings nichts mit der Unterstützung von Menschen mit Behinderung zu tun sondern bedeutet systematische Folter von Frauen die gezwungen werden sollen eine Schwangerschaft neun Monate zu erleiden an deren Ende ein totes bzw. nicht lebensfähiges Kind steht. Wir fordern stattdessen die Rücknahme aller Kürzungen im Behindertenbereich, mehr Geld für den Sozialbereich und ordentliche Bezahlung in Behindertenwerkstätten für Betreuer*innen UND Klient*innen.
Mit den Plänen, eine "Bedenkzeit" bzw. eine verpflichtende Beratung vor einer Abtreibung einzuführen erklärt die Regierung die Hälfte der Bevölkerung für unmündig, weil nicht in der Lage, eigenständig eine Entscheidung zu fällen. Dieser Angriff muss auch als ein Schritt auf dem Weg des Demokratieabbaus der Regierung gesehen werden. Wir fordern stattdessen kostenlose Verhütungsmittel und Abtreibung in allen öffentlichen Spitälern und allen Spitälern, die mit Steuergeldern (co-)finanziert werden!
Die meisten Frauen, die einen Abbruch vornehmen lassen haben bereits eines oder mehrere Kinder. Doch können sich viele das nicht leisten - die soziale Lage wird für Frauen auch durch die Politik der Landes- und Bundesregierungen immer schwerer. Darum fordern wir einen Mindestlohn von 1.700.- und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn, einen garantierten kostenlosen Kinderbetreuungsplatz für jedes Kind und die Schaffung von günstigem Wohnraum durch die öffentliche Hand.

 

Ein mörderisches System

Frauenmord ist kein Problem von Fremden dass es bei uns nicht gibt!
Sonja Grusch

Die Serie an Morden an Frauen 2018 ist ein Rekord, auf den in Österreich niemand stolz ist. Doch die Medien geilen sich an den Berichten auf und die Bundesregierung bedient sich ihrer in geradezu widerlicher Art und Weise. Der Gipfel der absurden Argumentation ist jene von Staatssekretärin und ÖVP-EU-Kandidatin Edtstadler die tatsächlich das Bild zeichnet, es wäre es ein importiertes Problem und österreichische Männer würden nur dem schlechten Beispiel von Migranten folgen.

Die „Unsrigen“ können das (leider) auch

Tatsache ist, dass die Ermordung von Frauen durch ihre Männer, Partner und Ex-Männer/Partner keine neue Erscheinung ist. Rund zwei Drittel aller Morde finden im Familienkreis statt. Bei der Statistik geht die Regierung frei nach dem Motto „ich glaube nur der Statistik die ich selbst gefälscht habe“ vor und agiert mit zumindest verzerrten Informationen. Vor 2018 war in der jüngeren Vergangenheit 2012 das Jahr mit den meisten Morden – lange vor dem „Flüchtlingsjahr“ 2016. Täter aus den Herkunftsländern der meisten Flüchtlinge von 2016 finden sich kaum. Jeder einzelne ist einer zu viel, aber Tatsache ist dennoch, dass die Mehrheit der Täter schlicht „waschechte Österreicher“ sind.

In den Medien werden diese Morde häufig als „Beziehungstaten“ verharmlost. Außer die Täter haben Migrationshintergrund – dann nützen diverse Rechte die Taten für ihre rassistische Propaganda. Da schwingen sich dann genau jene zu „Frauenrechtlern“ auf, die sonst gern auf die „natürliche“ Rolle der Frau, den „Jagdtrieb“ des Mannes und eine gottgegebene Ungleichheit hinweisen. Verfechter solcher reaktionärer Rollenbilder finden sich in Politik (Hofer), Kultur (Gabalier), Sport (Baumgartner) etc. und natürlich den diversen „heimischen“ Religionsgemeinschaften. Sie sind alle „echte Österreicher“ und stellen sich gern als Vertreter einer überlegeneren, moderneren Gesellschaft dar. Ihr Frauenbild und ihre Wertvorstellungen aber ähneln jenem der von ihnen kritisierten islamischen Fundamentalisten. Im Film „Womit haben wir das verdient“ verbinden sich in einer der Schlussszenen Neofaschisten, Österreich-Patrioten und islamische Fundamentalisten gegen den Aufstand von jungen, muslimischen Frauen gegen Bevormundung – sehr treffend!

Regierungspolitik macht es noch schlimmer

Besonders scheinheilig sind die Krokodilstränen der Regierung. Medienwirksam schickt sie die weiblichen Regierungsmitglieder vor und konzentriert sich auf Täter mit Migrationshintergrund. Gleichzeitig hat genau dieselbe Regierung bei Fraueneinrichtungen und Initiativen die im Bereich Gewalt gegen Frauen arbeiten die finanziellen Mittel gekürzt. Eine neue Hotline für Gewaltopfer – obwohl es längst eine gibt – und gerade einmal 100 neue Plätze in Frauenhäusern sollen in den nächsten Jahren (!) geschaffen werden. Die Expert*innen vor Ort fordern schon lange mehr Ressourcen, doch die Regierung versteckt sich hinter angeblich noch notwendigen Untersuchungen, um den Bedarf feststellen zu können. Wohl eher hofft man darauf, dass das Thema wieder aus den Medien verschwindet, ohne dass man einen Cent dafür ausgeben musste.

Doch es sind nicht nur die fehlenden Plätze in Frauenhäusern – die ganze Regierungspolitik macht das Leben für Frauen immer unsicherer. Ist das eigene Einkommen zu gering um davon unabhängig leben zu können, müssen Frauen in gefährlichen Beziehungen bleiben. Fehlt die Kinderbetreuung, bzw. wird sie teurer wie unter schwarz-blau in Oberösterreich, fehlt das Geld noch mehr, die Abhängigkeit steigt. Kann man die „freiwillige“ Mehrarbeit auf 12 Stunden pro Tag nicht leisten (z.B. weil die Kinderbetreuung fehlt) besteht sogar die Gefahr dass der Job weg ist. Und die Mindestsicherung ist schon vor der drohenden Kürzung „zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben“. Dasselbe gilt für hohe Mieten – wer sich keine der von Kurz gelobten Eigentumswohnungen leisten kann scheitert oft auch an den steigenden Mieten. Wieder wird so Abhängigkeit verstärkt. Die Pläne für ein neues Mietrecht durch die Regierung werden die Mieten weiter anheizen. Es sind individuelle Männer, die „ihre“ Frauen ermorden – aber es ist die Politik der Regierungen (Bund wie auch Länder!) die Frauen zwingt in gefährlichen, gewalttätigen Beziehungen zu bleiben.

Der Schutz von Frauen vor Gewalt ist daher v.a. auch eine soziale Frage. Mehr Geld für Frauenschutzeinrichtungen ist eine wichtige Forderung. Doch es braucht weit mehr:

  • Ein Mindesteinkommen in der Höhe von 1.700.- (Lohn/Gehalt aber auch Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Mindestsicherung) von dem ein unabhängiges Leben möglich ist. Kürzungen bei der Mindestsicherung schaffen keine Jobs, aber ketten Frauen an einen gewalttätigen Partner. Und wenn Kurz sich Sorgen macht, dass dann niemand mehr Arbeiten würde gibt es eine einfache Lösung: Rauf mit Löhnen und Gehältern! Das Maß aller Ding dürfen nicht die wirtschaftlichen „Notwendigkeiten“ von Unternehmen sein sondern die menschlichen Bedürfnisse!
  • Her mit leistbarem Wohnraum: das bedeutet massive Investitionen in öffentlichen Wohnbau durch Bund und Länder. Das bedeutet eine Mietzinsobergrenze von 20% des persönlichen Einkommens. Und das bedeutet die Enteignung von aus Spekulationsgründen leer stehendem Wohnraum um ihn jenen zu geben, die ihn dringend brauchen!

Kein Thema für die Gewerkschaft?

Gewalt an Frauen ist kein „Frauenthema“. Der überwiegende Teil von Frauen – sowie der Opfer – stammen aus der Arbeiter*innenklasse. Es sind Frauen, die über kein Vermögen verfügen, von dem sie leben können. Löhne & Gehälter, Kinderbetreung und Mieten – all das sind die Top-Themen der Arbeiter*innenbewegung. Oder sollten es zumindest sein. Denn der verlogenen Heuchelei der Regierung steht die totale Passivität der Gewerkschaften gegenüber. Der ÖGB, und sogar die ÖGB-Frauen schweigen sich zum Thema Morde an Frauen aus – zum Thema Gewalt gegen Frauen finden sich immerhin 2 Artikel aus dem Jahr 2012! Geringfügig mehr gibt es bei den Fachgewerkschaften. Geschätzte 90.000 Mitglieder des ÖGB sind Opfer von Gewalt geworden. Gerade weil es auch eine soziale Frage ist, ist es Aufgabe der Gewerkschaften, für Verbesserungen bei Löhnen, Kinderbetreuung, Sozialem und Wohnen zu erkämpfen, die ein unabhängiges Leben möglich machen. Und weil die Gewerkschaften die Macht in der Gesellschaft ist, die das auch tatsächlich könnte. Das bereits 2. Frauenvolksbegehren hat einmal mehr gezeigt, dass Unterschriften und Petitionen den Herrschenden keinen Cent heraus reißen. Verbesserungen werden nie freiwillig gewährt, sondern sind stets das Ergebnis von Kämpfen, von Klassenkämpfen, gewesen. Die Forderungen der Frauenbewegungen wurden dann umgesetzt, wenn sie Teil von großen sozialen Protesten und Bewegungen der Arbeiter*innenklasse war. Auch alles, was heute als fortschrittlichere Kultur verstanden wird – bürgerlich demokratische Rechte, Frauenrechte etc. wurden stets gegen den Willen der jeweils Herrschenden durchgesetzt – unabhängig von der Religion der beherrschten und unabhängig von der Religion der Herrschenden. Versuche, die Herrschenden durch gute Argumente oder moralischen Druck zu überzeugen, sind zum Scheitern verurteilt weil die Ursachen von Frauenunterdrückung und damit auch von Gewalt gegen Frauen im System liegen in dem wir alle leben.

Es ist eine Systemfrage!

Über die Unterdrückung von Frauen – und damit auch über die Ursache von Gewalt gegen Frauen – ist viel diskutiert und geschrieben worden. Viele Erklärungen fußen in der Biologie. Frauen sind dann wahlweise „das schwache Geschlecht“ bzw. die „lebensspendende Muttergöttin“. Männer sind in diesen Modellen „aggressiver“ und entsprechend auch gewalttätiger. Als Erklärung dafür muss Testosteron, mehr Muskelmasse oder auch die Gehirnstruktur herhalten. Hunderttausende Jahre von Evolution, technischer Fortschritt und die Tatsache, dass Menschen soziale und vernünftige Wesen sind wird in diesen Erklärungen letztlich ausgeklammert.

Tatsächlich aber sind Rollenbilder nichts Natürliches sondern das Ergebnis von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Sie entsprechen den vorherrschenden Produktionsverhältnissen und ihren Notwendigkeiten. Kurz gesagt: die Frau als kostenlose Arbeitskraft in Haushalt und Familie ist systemnotwendig. Das Rollen- und Familienbild ist daher auch gemeinsam mit der Klassengesellschaft entstanden (mehr dazu in: Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates von Friedrich Engels). Auch wenn wir heute nicht mehr in einer Sklavenhaltergesellschaft oder im Feudalismus leben, so ist doch auch der Kapitalismus eine Klassengesellschaft in der eine Klasse über eine andere herrscht. Und daher ist die Unterdrückung der Frau und die damit verbundenen Rollenbilder auch bis heute nützlich für die Herrschenden.

Die herrschenden Rollenbilder bedeuten für Frauen den Druck zu gefallen, zu gehorchen, sich zu unterwerfen. Für Männer bedeuten sie den Druck die Familie „zu ernähren“. Was angesichts in der Praxis immer schwerer wird. Die wenigsten Jobs bringen heute genug ein, um damit die gesamte Familie zu ernähren bzw. macht Arbeitslosigkeit das noch schwerer. Und in ihrer Wut nach unten treten – auch weil sie kein Angebot und keine Perspektive sehen, sich nach oben zu wehren. Es ist daher kein Zufall dass Gewalt gegen Frauen in wirtschaftlich schlechteren Zeiten zunimmt!

Unterstützt wird dieses Verhalten durch eine Gesellschaft, die Gewalt gegen Frauen verharmlosen („Beziehungstat“), die Opfer dafür verantwortlich machen („sie hat ihn provoziert“) und einen Staat, der diese Gewalttaten systematisch verharmlost. Männer, die Frauen ermorden, müssen mit wesentlich geringeren Strafen rechnen als z.B. Frauen, die – oft um ihrem Peiniger zu entkommen – einen Mann getötet haben. Und häufig gehen die Täter bei psychischer, sexueller und körperlicher Gewalt sogar frei – wie diverse Skandalurteile in den letzten Monaten wieder sehr deutlich gemacht haben. Es ist eben kein Rollenbild von ein paar Männern, an denen das 20. Jahrhundert spurlos vorüber gegangen wäre sondern es ist das vorherrschende Rollenbild der aktuellen Klassengesellschaft, des Kapitalismus. Daran ändern auch Frauen in führenden Positionen – in Justiz, Wirtschaft oder Politik – nichts.

Das soll die widerlichen Taten dieser gewalttätig Gewordenen nicht beschönigen – aber erklären. Denn um eine Situation zu ändern, muss man sie zuerst einmal verstehen. Und es ist eben nicht die biologische Grundkonstruktion des Mannes, der ihn zuschlagen lässt, sondern gesellschaftlichen Umstände die zu so einer Situation führen. Auch Frauen können gewalttätig werden, nur sind sie in der Regel in der schwächeren Position in einer Partnerschaft – körperlich, aber v.a. finanziell. Weibliche Aggressivität richtet sich aufgrund dieser niedrigeren Position in der Hierarchie der Macht in einer Familie gegen die noch schwächeren – also die Kinder – oder gegen sich selbst.

In der kapitalistischen Klassengesellschaft wird alles zur Ware, auch der Mensch. Daraus resultiert auch ein bestimmtes Menschenbild. Auch Menschen kann man „besitzen“. Das drückt sich in der Sprache aus, wenn man von „meine Frau“ spricht. Ganz normal erscheint es uns auch, dass Eltern glauben, „ihre“ Kinder wären quasi ihr Besitz. Niemand dürfe sich einmischen, wenn sie „ihre“ Kinder maßregeln, strafen oder auch züchtigen. Schule und Staat dürfen bestenfalls unterstützen, aber nicht in dieses Besitzverhältnis eingreifen. Wenn Konservative fordern, dass Eltern für „ihre“ Kinder zusätzliche Stimmen bei Wahlen bekommen, dann ist das nur ein weiterdenken dieser Logik. Wer glaubt, dass uns „unsere“ Kinder gehören, der glaubt auch dass ihm „seine“ Frau gehört, insbesondere wenn sie von ihm wirtschaftlich abhängig ist. Und über den eigenen Besitz darf man frei verfügen, so das Mantra der kapitalistischen Ideologie. 

So wichtig daher alle akuten Hilfsmaßnahmen sind – von Notrufen über Frauenhäuser bis zur Prävention – so wenig können sie am zugrundeliegenden Problem etwas ändern. Auch härtere Strafen wie sie die Regierung aktuell populistisch vorbringt sind keine Lösung. Es macht zu Recht wütend, dass die Strafen für Vergewaltigung teilweise niedriger ausfallen als für Eigentumsdelikte. Doch die Erfahrungen mit der Todesstrafe zeigen, dass höhere Strafen keine abschreckende Wirkung haben. Der Regierungsansatz ist verlogen. Jene, die unter dem Vorwand des Frauenschutzes für mehr „Law&Order“ sind, sind auch für ein konservativeres Frauenbild. V.a. aber versucht die Regierung die Stimmung hochzukochen um ihre rassistische Agenda durchzubringen. Sie wollen strafrechtliches mit der Frage von Bleiberecht vermischen und damit ganz nebenbei das grundsätzliche Recht auf Asyl los werden.

Der Kampf für ein selbstbestimmtes Leben von Frauen (aber natürlich auch von allen anderen Menschen) hat seinen natürlichen Feind nicht in unserer biologischen Veranlagung sondern im kapitalistischen System. Wenn ein System auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruht und dafür auch Kriege, Hunger, Elend und die Zerstörung des ganzen Planeten in Kauf nimmt – warum sollte so ein System ernsthaft daran interessiert sein, Gewalt gegen Frauen zu beseitigen. Oder auch nur dazu in der Lage sein?

Nur wenn die Profitlogik durchbrochen wird, wenn Wirtschaft und Gesellschaft demokratisch und gleichberechtigt organisiert und verwaltet werden, nur wenn menschliche Bedürfnisse und nicht Profite der Dreh- und Angelpunkt sind, nur dann endet auch die Herrschaft des Menschen über den Menschen. Und erst dann ist die Grundlage gelegt, um Gewalt gegen Menschen dauerhaft zu beseitigen.

Nein, wir warten nicht bis zum Sturz des Kapitalismus um gegen Gewalt an Frauen anzukämpfen. Aber wir verbinden unseren Kampf gegen das eine, mit dem Kampf gegen das andere! Die Kämpfe von unzähligen Menschen in den letzten Jahren weltweit gegen Morde an Frauen wie in Lateinamerika, für das Recht auf Selbstbestimmung wie in Irland, für ein menschenwürdiges Leben wie in Spanien – die Stimmung einer ganzen Generation junger Frauen, dass es so einfach nicht weitergehen kann: all das zeigt das Potential auf für eine Massenbewegung nicht nur gegen Gewalt an Frauen, sondern gegen das ganze kapitalistische System dahinter.

5.1.2019: Frauen & Sozialismus

Die sozialistisch-feministische Organisation „Nicht mit Mir“ veranstaltet in Wien ein Seminar zum Mitdiskutieren. Es geht um Grundsätzliches und Aktuelles und Praktisches. Infos unter FB/Nichtmitmir - Anmeldung unter info@nichtmitmir.at.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Nicht mit mir in Aktion gegen Fundi-Aufmarsch

Ella Kempter

Am 24.11. marschierten christliche Fundamentalist*innen durch Wien. Rückenwind bekamen sie von der Regierung, die mit Vizekanzler Strache auch präsent war. Finanziert durch reiche und mächtige Unterstützer*innen wurde aufwendig mobilisiert: Z.B. mit einem Aufruf in der „Presse“, gratis Bussen für die Anfahrt zum Marsch und einem riesigen Plakat, welches die feministische Metoo-Bewegung für ihre frauenfeindlichen Zwecke missbrauchte. Damit sollte eine von Frauen getragene Basisbewegung vorgetäuscht werden. Sie soll als Hebel dienen, um die geplanten Einschränkungen für den Zugang zu Schwangerschaftsabbruch zu rechtfertigen.

„Nicht mit mir“, die sozialistisch-feministische Kampagne der SLP, sagte dazu: „Nicht mit uns!“, und plante eine Protestaktion. Um 11:00 begannen wir mit einer Kundgebung am Schwedenplatz. Nicht mit mir- Aktivist*innen packten ihre Wut über Versuche, Frauen zu bevormunden, in Worte und hielten Reden. So betonte etwa Sarah aus Linz in ihrer Rede, wie wichtig es ist, dass wir uns zusammenschließen, dass jede Frau jederzeit selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden können muss - und dass das auch keine Frage des Geldes sein darf.

Bei den drei Kundgebungen, die wir organisierten, wurden Teilnehmende in die Protestaktion eingebunden: Es bestand die Möglichkeit, Schilder zu basteln und mit Straßenkreiden den Boden zu bemalen. Besonders ausgiebig wurde der Boden des Josefsplatzes bemalt - denn über dieselbe Straße gingen nach uns die Fundis. Während unserer Demo wurden wir von einer Trommelgruppe begleitet. Wir ließen die Gegner*innen von Selbstbestimmung lautstark wissen, dass es ihre rückschrittliche Ideologie ist, die überall Frauen tötet. Trotz einiger übergriffiger Provokateure bekamen wir viele positive Rückmeldungen. Da sich alles in der Innenstadt abspielte, trafen wir besonders oft auf Tourist*innen. Sie erzählten uns, dass sie in ihren Ländern mit den selben Problemen kämpfen müssen. Das machte uns wütend, doch es bedeutet auch, dass wir viele sind - und uns für unsere kommenden Kämpfe international zusammenschließen können! Denn sobald eine echte feministische, von unten aufgebaute Bewegung mit sozialistischem Programm ins Rollen kommt, sind wir stark genug, um die kommenden Einschränkungsversuche zu überrollen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Nicht mit mir: Aktiv in Oberösterreich

Sarah Lammer und Jan Millonig

Beim ersten Nicht mit mir-Oberösterreich Treffen nach der Sommerpause diskutierten wir das Potential, aber auch die Probleme des Frauen*Volksbegehrens. Relativ schnell herrschte Einigkeit, dass in der Eintragungswoche eine erhöhte Sensibilität für feministische Themen vorhanden sein wird. Uns war klar, dass Nicht mit mir Frauen einladen muss, aktiv zu werden und sich langfristig zu organisieren.

Die Forderungen des Volksbegehrens gliedern sich unserer Ansicht nach in die Themenblöcke „Gewalt an Frauen“, „Arbeit & Einkommen“ und „Selbstbestimmung & Schwangerschaftsabbruch“ auf. Dazu wurden im September und Oktober mehrere Aktionen in Linz durchgeführt, bei denen mit Flyern, Mikrofon und Lautsprechern, Transparenten und Darstellungen mit Straßenkreide die Angriffe der schwarz-blauen Regierung speziell gegen Frauen aufgezeigt wurden.

Bei einem Treffen davor wurde die Kundgebung vorbereitet und notwendige Forderungen formuliert. Schon beim Aufbau des Kundgebungs-Zeltes schwärmten viele Interessierte zum Infotisch, um sich näher über die Kampagne zu informieren. Vor allem die verschiedenen Wortmeldungen via Lautsprecher erregten bei vielen PassantInnen Aufmerksamkeit und führten zu vielen interessanten Diskussionen. Bei der zweiten Aktion am oberösterreichischen Equal Pay Day präsentierten wir unsere Forderungen auf einer Tafel und luden PassantInnen ein, sie abzustimmen. So unterstützte eine Pflegerin Arbeitszeitverkürzung auf 30-Stunden/Woche wegen der Belastung in ihrer Arbeit.

Auch nach dem Volksbegehren finden wir es wichtig, weiter für die Forderungen zu kämpfen. Deshalb setzten wir mit einer Kampagne für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch fort. Mit Flyern mobilisierten wir zwei Wochen lang zu einer Protestaktion gegen den jährlichen Marsch radikaler AbtreibungsgegnerInnen am 27. Oktober. Obwohl deren Versammlung abgesagt wurde, standen wir trotzdem für Frauenrechte und Selbstbestimmung auf der Landstraße. 1:0 für den Feminismus!

Wir sind eine bunt gemischte Gruppe von Studierenden und Beschäftigten des Sozialbereichs, Frauen und Männern, politisch Aktive und „frisch G’fangte“. Jede und jeder kann bei uns mitmachen! Nächste Treffen und die Beteiligung an der Donnerstagsdemo in Linz sind schon geplant.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

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