Frauen und LGBT

Stellungnahme zum Umgang mit Sexismus

Antwort an COACC nach unserer ersten Stellungnahme:

https://www.slp.at/artikel/stellungnahme-zu-den-vorw%C3%BCrfen-im-umgang-mit-sexismus%C3%BCbergriffen-gegen-die-slp-10070

 

Zu Beginn wollen wir nochmal betonen, dass wir es als falsch erachten, diese Auseinandersetzung auf verschiedenen Social Media Plattformen auszutragen. Es ist angesichts der öffentlich geführten Debatte eine Tatsache, dass aufgrund des ausdrücklichen Wunsches der betroffenen Person, die allermeisten Leser*innen keine ausreichenden Informationen haben. Indem wir ihren Wunsch respektieren und unsere Übereinkunft einhalten, geraten wir in eine Situation von Mutmaßungen und Spekulationen. Das trägt eher zur Verwirrung als zu einem angemessenen Umgang bei. 

Wir können den Wunsch, sich Gehör verschaffen und - in der Annahme, dass dies nicht anders möglich sei - dies auch durch öffentlichen Druck erreichen zu wollen verstehen. 

Wir wollen unser mehrmals übermitteltes Gesprächsangebot erneuern, das aber bisher unerwidert geblieben ist: Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass ein direktes Gespräch zwischen uns und der Betroffenen sowie, wenn gewünscht, Vertrauenspersonen und durch Zuziehung einer unabhängiger Moderation am besten wäre.

 

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Was ist aus unserer Sicht das Ziel von Maßnahmen?

Doch die Debatte wird bereits öffentlich geführt. Trotz der für alle unangenehmen Online-Auseinandersetzung bemühen wir uns deshalb im Folgenden, die aus unserer Sicht zentralen Punkte noch einmal zu erläutern.

Wir haben schon in unserer letzten Stellungnahme geschrieben, dass die Umsetzung des sofort beschlossenen Kontaktverbotes unzureichend umgesetzt wurde. Wir haben nach Bekanntwerden der Vorwürfe, noch vor einem ersten Gespräch mit der Betroffenen,  gegenüber dem Beschuldigten ein Kontaktverbot ausgesprochen. Die Umsetzung davon und Kommunikation zwischen uns, dem Beschuldigten und der Betroffenen war aber offensichtlich unzureichend und ein Aufeinandertreffen wurde nicht effektiv von uns verhindert. Nochmal: Das bilanzieren wir als Fehler. Das hätte nicht passieren dürfen und das haben wir nicht “einfach hingenommen”.  

Wir teilen nicht die Forderung, dass das beschuldigte Mitglied grundsätzlich keine politische Arbeit mehr machen dürfe, aber selbstverständlich muss die Betroffene ihrerseits politisch aktiv sein können, und zwar ohne Angst vor einem Zusammentreffen. Wir haben daher “nachgeschärft”. Das Mitglied wird voraussichtlich vorerst bis Jahresende an keinen politischen Veranstaltungen wie Demonstrationen, Veranstaltungen anderer Organisationen etc. teilnehmen. Die Entscheidung über die Dauer dieser Maßnahme liegt in den demokratisch gewählten Strukturen unserer Organisation. Teil der beschlossenen Maßnahmen ist die Evaluierung der bisherigen Maßnahmen Ende 2020 - und zwar unter Einbeziehung der Betroffenen, was von Anfang an geplant war und auch beim Gespräch über die von uns beschlossenen Maßnahmen mitgeteilt wurde. Tatsache ist, wir haben die Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt, Maßnahmen entsprechend angepasst, diese mit ihr kommuniziert und sie einbezogen. Unsere Entscheidungen werden im Rahmen unserer demokratischen Strukturen getroffen. Diese sind gegenüber der Mitgliedschaft rechenschaftspflichtig. Überdies gestehen wir jedem Beschuldigten das Recht zu, sich zu verteidigen. Dies bedeutet nicht im Mindesten, dass wir die strukturell sexistischen Muster der bürgerlichen Gesellschaft übernehmen oder die Wahrnehmung des Opfers ignorieren würden.

Wir weisen die Anschuldigung, wir würden psychische und physische Übergriffe sowie sexistisches Verhalten verharmlosen entschieden zurück. Wir bewegen uns hier auch nicht im Rahmen der (sexistischen) bürgerlichen Justiz. Ob wir ein Verhalten kritisieren bzw. dagegen vorgehen hängt nicht davon ab, ob es strafrechtlich relevant oder “sichtbar” ist oder nicht - das gilt auch für diesen Fall. Wir wissen, dass die bürgerliche Justiz strukturell Opfern von sexistischen Übergriffen nicht glaubt, eine große Bandbreite von Übergriffen und Grenzüberschreitungen nicht als solche anerkennt und Täter schützt. Wir leben in einer kapitalistischen Gesellschaft mit patriarchalen Unterdrückungsmustern, die uns alle prägen. Daher ist auch keine Organisation frei von reaktionären Einflüssen - wir sind aber der Meinung, dass für Mitglieder von linken Organisationen ein anderer Maßstab dafür gelten muss, wie sie sich verhalten und ihr Verhalten reflektieren.

Für uns als Organisation ist die zentrale Fragestellung im Rahmen unseres Handlungsspielraums: Was tun, wenn es zu einem Fehlverhalten / sexistischen Grenzüberschreitungen / Übergriffen gekommen ist? Und: Wie kann eine Wiederholung verhindert werden?

Geschehenes kann nicht ungeschehen gemacht werden, die Frage ist also: Was ist das Ziel von Sanktionen bzw. Maßnahmen? Einerseits müssen betroffene Personen geschützt werden, hier soll ein Kontaktverbot greifen. Andere Maßnahmen hängen von der Zielsetzung ab und davon, welches grundlegende Verständnis von Menschen, ihrer Prägung und ihrer Lernfähigkeit man hat; davon, ob die Person, die ein falsches Verhalten an den Tag gelegt hat bereit ist, daran zu arbeiten und dieses Verhalten zu ändern. 

Aus der Sicht eines Opfers verstehen wir den Wunsch nach harten Strafen absolut. Aber Strafe kann nichts ungeschehen machen und ist auch ein ungeeignetes Mittel, um eine Verhaltensveränderung zu erreichen.

Als Marxist*innen gehen wir an die Frage von Maßnahmen daher - nach (und keinesfalls vor) dem Opferschutz - von der Fragestellung aus, ob die Person, die ein falsches oder auch nur problematisches Verhalten an den Tag gelegt hat, bereit ist, daran zu arbeiten und dieses zu ändern. Wir glauben nicht an biologistische Erklärungen für Verhalten, nicht an pathologisch “böse” Menschen, sondern sind zutiefst davon überzeugt, dass jeder Mensch im Wesentlichen das Produkt der Gesellschaft und ihrer Zwänge und Drücke ist. Wir sind aber auch überzeugt, dass jeder Mensch die Verantwortung hat, an Fehlern zu arbeiten und diese zu korrigieren. Diese Bereitschaft ist eine Voraussetzung für uns, damit jemand nach einem Fehlverhalten Mitglied in unserer Partei bleiben kann.

Uns wird “mangelnde Transparenz” vorgeworfen. Wir haben die Betroffene von Anfang an über jeden unserer Schritte und unser Prozedere informiert. Falls wir das zu einem Zeitpunkt unzureichend oder nicht ausreichend sensibel gemacht haben, wollen wir uns dafür entschuldigen. Wir halten uns in der Frage der Öffentlichkeit an unsere zu Beginn der Untersuchung gemachte Zusage der Vertraulichkeit. Das führt allerdings dazu, dass mit Schlagworten agiert wird und es für Außenstehende schwer ist, die Vorwürfe nachzuvollziehen. “Gewalt” und “Übergriff” triggern bei jedem/r unterschiedliche Vorstellungen in der gesamten Bandbreite möglicher Handlungen. Wir halten das für wenig hilfreich. 

Uns ist bewusst, dass eine völlig objektivierbare “Kategorisierung” von Übergriffen nicht möglich ist, da viele Parameter berücksichtigt gehören wie z.B. Fragen von ev. Abhängigkeits- und Machtverhältnissen u.Ä. Wir werden auch keine Beurteilung des Leidensdrucks von betroffenen Personen vornehmen. Wir halten aber eine Methode, die dazu führt, dass keinerlei Unterscheidungen mehr zwischen verschiedensten Handlungen in diesem sehr weiten Spektrum mehr möglich ist (was nichts daran ändert, dass jede dieser Handlungen ein Problem darstellt!), für nicht hilfreich, um Gewalt, Diskriminierung und sexuelle Übergriffe erfolgreich zu bekämpfen. Wir gehen jeden Fall daher mit der Fragestellung an, welche Maßnahmen geeignet sind, um eine Veränderung zu erreichen und damit auch eine Wiederholung des Vorfalls zu verhindern. Dazu haben wir im Rahmen der zweimonatigen Untersuchung versucht, uns ein Gesamtbild zu verschaffen, um daraus Vorschläge für geeignete Maßnahmen zu entwickeln. 

Wir haben die Wahrnehmung der Betroffenen nie in Frage gestellt. Dazu kommt die Notwendigkeit, jeden individuellen Fall als Ausdruck einer gesellschaftlichen Problemlage zu sehen. Das bedeutet nicht, Individuen aus der Verantwortung zu ziehen und ihr Verhalten mit gesellschaftlichen Verhältnissen zu rechtfertigen; aber Sexismus und andere Formen der Unterdrückung können nur bekämpft werden, wenn uns dieser Rahmen bewusst ist. In jedem Fall spielen Details und Umstände eine wichtige Rolle für ein Gesamtbild. Wir wissen, dass dies für ein Opfer mit schmerzhafter Aufarbeitung verbunden sein kann und bemühen uns daher so sensibel wie möglich vorzugehen. Gleichzeitig streben  wir einen Umgang an, der niemanden aus der Verantwortung entlässt und den Anspruch hat, einen Veränderungsprozess einzuleiten und zu begleiten.

Konkret bedeutet das: Die Wahrnehmung der Betroffenen ist Grundlage für nötige Schutzmaßnahmen. Aber als Partei haben wir auf Grundlage unserer politischen Überzeugung die Verantwortung, über angemessene Maßnahmen, die über diesen Opferschutz hinausgehen zu entscheiden. Wir verstehen den Wunsch, das Gefühl der Machtlosigkeit zu überwinden, doch entspricht es nicht unserer Vorstellung von Empowerment und gesellschaftlicher Verantwortung, individuelle Opfer zu Richter*innen in ihrem eigenen “Fall” zu machen.

Wir bedauern, wenn die Betroffene mit den von uns beschlossenen Maßnahmen nicht übereinstimmt, doch wir glauben, dass eine intensive therapeutische und eine intensive politische Beschäftigung mit den involvierten Themen in diesem Fall mehr bewirkt als eine Strafe. Wir glauben, dass die Übernahme von Verantwortung der eigenen Handlungen und deren Reflexion mehr bewirkt als Ausschluss aus politischen (oder auch sozialen) Zusammenhängen. 

Wir haben die Forderungen der Betroffenen wahrgenommen und zur Kenntnis genommen. Wir machen uns Entscheidungen, die wir treffen, nicht leicht. Es gibt hier offensichtlich unterschiedliche Vorstellungen darüber, was die Rolle einer politischen Organisation in so einem Prozess ist - wir dachten, wir hätten unsere Herangehensweise und unser Verständnis dazu im ersten Gespräch mit der Betroffenen deutlich gemacht. Sollte uns das nicht gelungen sein, tut uns das leid. 

Wir haben den Eindruck, dass hier verschiedene politische Zugänge existieren. Wir haben Maßnahmen auf Grundlage unserer Einschätzung des Vorfalls und der Bereitschaft zur Arbeit an sich selbst getroffen sowie auf Basis des oben beschriebenen Verständnisses über unsere Rolle und Aufgabe.

Wir stehen auch weiterhin zu konstruktiven Diskussionen im Interesse einer Klärung zur Verfügung. Wir werden uns an keiner social media Auseinandersetzung beteiligen, sondern hoffen mit unseren beiden Stellungnahmen unsere politische Herangehensweise, unseren Umgang mit dem Fall und unsere Überzeugung, dass eine Debatte über einen konkreten Fall in der Öffentlichkeit (die nicht informiert genug ist, um zu verstehen worum es geht) niemandem hilft, deutlich genug gemacht zu haben. 

 

 

Solidarische Grüße, 

 

Die Bundesleitung der SLP

 

Das war die Pride 2020 in Linz

Gemeinsam gegen jede Diskriminierung!

Auch dieses Jahr gingen wir am 27. Juni trotz Corona auf die Straße, um für die Rechte von Queers, aber auch gegen Rassismus und Sexismus zu demonstrieren.

Zwar gab es wegen der Corona-Pandemie keine Parade, wir haben aber trotzdem versucht offen zu zeigen, welche Probleme existieren.

Knapp 100 Leute beteiligten sich an unserer Kundgebung, viele gingen auch später zur Donaulände und führten mit uns interessante Diskussionen.

Es wurden Reden über die Geschichte des Christopher Street Day, der allgemeinen Situation von queeren Personen und über eigene Erfahrungen als Trans-Person gehalten.

Dabei rief ein Aktvist in Erinnerung, dass unser Pride-Tag deswegen entstanden ist, weil zwei schwarze trans Frauen sich gegen Polizeirepressionen wehrten. Das ist insofern in unserer Zeit wichtig, wo Proteste wie Black Lives Matter klar und deutlich aufzeigen, dass es auch heute noch Polizeigewalt gibt. 

Ein anderer Aktivistin, selbst trans, ergänzte, wie wichtig es ist, den Kampf gegen das kapitalistische System zu führen, wie wichtig Solidarität ist und was die Probleme von queeren Menschen derzeit sind. Eine weitere Person berichtete über seine Lebensrealität als Transgender in der Schule und jetzt am Arbeitsplatz. Er gab auch ein Statement ab, wie Diskriminierung mit Kapitalismus verbunden ist. Wir sind nach Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientation, Geschlechtsidentität etc. gespalten, weil unsere Gesellschaft auf Ausbeutung und Unterdrückung aufgebaut ist.

Auch andere Demonstrant*innen hielten kurze Wortmeldungen über ihre Lebenssituation in der Schule und in der Arbeit; Klaus Oberndorfer erzählte, wie früher mit Diskriminierung und mit dem Thema Homosexualität in unserem Rechtssystem umgegangen wurde.

Auch Aktivistinnen des Do It Yourself: Frauentag Linz nutzten die Pride, um ihre Aktivitäten vorzustellen. Mel, eine Aktivistin von YOUnited, hat ein Statement zum Dyke March Linz, also den Marsch am Tag vor der Pride, wo insbesondere auf die Frauen der Community (wie Lesben und Transfrauen) aufmerksam gemacht wird, abgegeben. 

Es ist wichtig zu verstehen, dass wir gemeinsam gegen das unterdrückerische und ausbeuterische System des Kapitalismus ankämpfen müssen, indem wir uns mit unseren Mitmenschen solidarisieren.

Unsere Forderungen:

  • Schluss mit Abschiebungen und die Aufnahme aller Flüchtlinge in sicheren Ländern!
  • Anerkennung einer Geschlechtsumwandlung als lebensnotwendig, die Übernahme jeglicher Kosten vom Staat und die Möglichkeit der Umwandlung ohne Zustimmung jeglicher Behörden!
  • Unabhängige Sexualkunde in Schulen und Ausbau von Jugendarbeit!

 

Mehr Bilder und Videos von den einzelnen Reden findest du auf Facebook unter: www.facebook.com/sozialistischelinkspartei

PRIDE-Kundgebung in Linz

Gemeinsam gegen jede Diskriminierung!
Sozialistische LinksPartei (SLP)

Aufgrund der Corona-Situation wird es dieses Jahr keine Pride-Parade in Linz geben. Trotzdem wollen wir im Rahmen der Möglichkeiten auf die Straße gehen, um ein sichtbares Zeichen für LGBTQIA+ Rechte zu setzen.

Kundgebung: Samstag, 27. Juni | 14:00 - 16:00 | Hauptplatz | Linz

danach: Pride-Picknick | auf der Donaulände

WICHTIG: Bitte nehmt Schutzmasken mit und haltet auf der Kundgebung einen Sicherheitsabstand zu den anderen Teilnehmer*innen ein!

Melde dich bei uns, wenn du mitmachen willst!

 

Aufruftext:

Homophobie ist ein Virus - Kapitalismus die Krankheit!

Gemeinsam gegen die systematische Unterdrückung von Frauen, LGBTQIA+ und People of Color!

Wegen der Corona-Lockdowns waren Einrichtungen wie Jugendzentren geschlossen. Für junge LGBTQIA+ Personen bedeutete das, kein soziales Netz zu haben und daheim eingesperrt zu sein. Das ist sehr schwierig, wenn die sexuelle Orientierung oder Sexualität von der Familie nicht akzeptiert wird.

Trans-Personen konnten keine Geschlechtsumwandlungen machen, weil diese als "nicht lebensnotwendig" erachtet werden. Dabei mussten viele schon vorher Jahre lang auf einen Termin warten.

Doch die Situation für LGBTQIA+ Menschen hat sich durch die Corona-Krise nicht nur in Österreich verschärft, sondern weltweit: In mehreren Ländern wurden im Ausgangsbeschränkung genützt, um homophobe Gesetze durchzudrücken, wie in Polen oder Ungarn. Die Herrschenden wissen, dass sie sonst mit Protesten rechnen mussten.

Gerade in Krisen nutzen rechte Politiker*innen die Hetze gegen alle die nicht in ihr Weltbild passen, um vom eigenen Versagen abzulenken. Mit dieser Teile-und-Herrsche-Politik versuchen sie ein System zu stabilisieren, das bewiesen hat nicht im Interesse der breiten Mehrheit der Bevölkerung zu funktionieren.

Schon vor Corona waren LGBTQIA+ Menschen Diskriminierung bei der Arbeitsplatzsuche, der Wohnungsvergabe, in der Familie und der Schule ausgesetzt. Wie der Kampf gegen Diskriminierung geführt werden kann, zeigen die #BlackLivesMatter-Proteste oder die Bewegungen für Frauenrechte in zahlreichen Ländern. Wir stehen für eine selbstorganisierte gemeinsame Bewegung gegen jede Form von Spaltung und Unterdrückung.

Wir fordern:

  • Unabhängigen Sexualkundeunterricht in Schulen und Ausbau der Jugendarbeit!

Schluss mit religiöser Propaganda an den Schulen – Gleichberechtigte Darstellung aller Sexualitäten und Geschlechter! Mehr Geld für Jugendzentren und anderer Angebote!

  • Freier Zugang zu Geschlechtsumwandlungen und Übernahme aller Kosten durch die Krankenkassen!

Dafür braucht es den Ausbau des Gesundheitswesens und mehr Mittel für spezifische Versorgungseinrichtungen. Trans sein, darf nicht in einer psychischen Krise enden!

  • Schluss mit Abschiebungen! - Für die Aufnahme aller Flüchtlinge in Österreich und anderen sicheren Ländern!

Die Corona-Krise hat die Situation von Geflüchteten in Unterkünften hier und noch viel drastischer in Lagern an den EU-Außengrenzen verschlimmert. Wir fordern das Bleiberecht für alle, die vor Verfolgung und Tod aus ihrer Heimat geflüchtet sind!

  • Make Pride Anticapitalist Again!

Das kapitalistische System ist auf Ungleichheit, Spaltung und reaktionären Familienbildern aufgebaut. Gerade während der Corona-Krise haben wir gesehen, wie abhängig der Kapitalismus davon ist Fürsorgearbeit auf die Familie abzuwälzen. In so einem System wird echte Gleichberechtigung nie möglich sein. Wir wollen eine demokratische, sozialistische Alternative, eine Gesellschaft ohne Profitinteressen, Ausbeutung und Unterdrückung, in der sich jeder*r frei entfalten kann.

Kämpf mit uns gemeinsam gegen jede Diskriminierung! Bauen wir eine aktive LGBTQIA+ Bewegung auf!

Der Kampf für die Bedürfnisse von LGBTQI+ Menschen geht weiter!

*LGBTQI+ ist die Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer, inter und andere
ROSA - International Socialist Feminists

Campagne ROSA in Belgien
www.facebook.com/campagneROSA

Dieser Artikel erschien am 17. Mai 2020 zuerst auf der Website der Plattform "ROSA - International Socialist Feminists" (www.rosainternational.org) in englischer Sprache. 

Heute am 17. Mai ist der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT). Normalerweise finden an diesem Tag Aktivitäten und Paraden in verschiedenen Ländern statt. Die Möglichkeiten dafür sind aufgrund der aktuellen Corona-Krise stark eingeschränkt. Neben Absagen und/oder Verschiebungen von symbolischen und politischen Ereignissen, hat die Corona-Krise für viele LGBTQI+ Menschen mehr Repression, Gewalt, Isolation und Diskriminierung gebracht.

Corona – willkommener Vorwand für Angriffe und Gewalt

Während Corona „das“ beherrschende Thema in den Medien weltweit ist, haben verschiedene Politiker*innen und Regime die Gesundheitskrise als Gelegenheit genutzt, um alle möglichen (schon lange geplanten) unsozialen Maßnahmen umzusetzen. In der Hoffnung auf ein Ausbleiben von Protesten während der Social Distancing Maßnahmen, versuchen sie jetzt schnell unpopuläre und diskriminierende Gesetze und Einsparungen durchzusetzen. In vielen Ländern, ist die LGBTQI+ Community eine der Gruppen, deren Rechte und Sozialleistungen (die oft bereits schon sehr beschränkt sind) angegriffen werden.

In Ungarn hat Viktor Orban sofort seine fast uneingeschränkte Macht, die ihm durch diese Ausnahmesituation gewährt ist, missbraucht, um Trans Personen in seinem Land zu attackieren.  In der Praxis bedeutet sein Gesetz, dass es unmöglich geworden ist, offiziell als Transgender anerkannt zu werden. Auch in Polen folgten während der Pandemie rasch Angriffe. Die rechtskonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ hat den Lockdown genutzt, um ein komplettes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen und ein neues Gesetz, welches sexuelle Bildung von Minderjährigen mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft und Homosexualität mit Pädophilie gleichstellt, einzuführen. Gegen ersteres sind schon in den letzten Jahren Millionen Menschen auf die Straße gegangen.

Solche Rhetorik und Maßnahmen sind von einem Anstieg an Gewalt gegen LGBTQI+ Personen begleitet. Offizielle Körperschaften und religiös konservative und politische Institutionen haben offen zu Attacken auf LGBTQI+ Menschen aufgerufen. In Uganda überfiel die Polizei eine LGBTQI+ Unterkunft und verhaftete 20 Personen unter dem Vorwand der „Nichteinhaltung der Corona-Regeln“. Bei Beginn des Ramadans beschuldigte Ali Erbas, offizieller religiöser Repräsentant in der Türkei, Homosexuelle, Krankheiten (sprich Corona) zu verbreiten und die Gesellschaft krank zu machen. In Marokko wurde Jagd auf schwule Männer gemacht, nach einem Aufruf eines türkischen Prominenten auf Social Media.

Diese Gesetzesänderungen und Rhetorik, nach der LGBTQI+ Personen als abnormal und eine Gefahr für die Gesellschaft präsentiert werden, sind sehr beliebt bei rechten Machthabern. In diesen Zeiten der Krise versuchen sie auf der Basis einer Teile-und-Herrsche-Strategie, sich selbst zu erhöhen und suchen ständig nach Sündenböcken (Geflüchtete, LGBTQI+ Menschen usw.) mit dem Ziel die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von den wahren Ursachen der Probleme – die Ungleichheit und Defizite in der Gesellschaft – abzulenken. Die enorme Gesundheitskrise ist aufgrund des jahrelangen Missmanagements der Politiker*innen um einiges schlimmer als sie sein müsste. Sie wird jetzt von den selben Politiker*innen genutzt, um Minderheiten anzugreifen.

Corona und unsoziale Politik: ein tödlicher Mix

Zusätzlich zu den rechtlichen Angriffen, erfährt die Mehrheit der LGBTQI+ Menschen die katastrophalen Auswirkungen neoliberaler Kürzungen und Privatisierungen der letzten Jahrzehnte. Die Pandemie offenbart weltweit die zunehmenden Engpässe der Finanzierung der Gesundheitsversorgung, öffentlicher Dienstleistungen, der Bildung, von ordentlichen Arbeitsplätzen und Wohnraum usw. Mängel, die schon vor der Krise existierten, aber jetzt zusehends mehr und mehr Menschen in prekäre, ungesunde und tödliche Verhältnisse drängen.

In vielen Ländern wurden Lockdowns organisiert. Durch den bekannten Mangel an Unterkünften für LGBTQI+Menschen und nicht ausreichenden sozialen Wohnbau sind viele LGBTQI+ Personen, vor allem junge Menschen, gezwungen, sich 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche in einem potentiell gefährlichen/gewalttätigen häuslichen Umfeld aufzuhalten. Häusliche Gewalt ist am Steigen, wie auch die Suizidrate, welche in einer homo- und transphoben Gesellschaft bereits hoch ist. In Aufnahmezentren für Flüchtlinge, in denen sich die Unterkunft aufgrund der Mängel überhaupt nicht für Dinge wie Social Distancing, Hygienemaßnahmen usw. eignet, steht die Begleitung und der Schutz von LGBTQI+ Flüchtlingen während der Lockdowns unter Druck.

Außerdem sind LGBTQI+ Personen bei den Obdachlosen-Zahlen in vielen Ländern überrepräsentiert (z.B. haben LGBTQI+ Jugendliche in den USA ein um 120 % höheres Risiko Obdachlos zu werden). Das setzt sie während der Corona-Krise natürlich den Risiken von Krankheit und Repression viel mehr aus. Diskriminierung bei der Wohnungs- und Job-Suche, ein Phänomen verstärkt durch jahrelange Einsparungen bei sozialem Wohnbau und ordentlichen Arbeitsplätzen, bedeutet, dass viele LGBTQI+ Personen ohnehin bereits Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Arbeitsplatzverlust (vorübergehend oder dauerhaft) während der Corona-Krise bedeutet eine Gegenwart und Zukunft von enormer Prekarität für viele von ihnen.

Schließlich brachten die Jahre von Unterfinanzierung im Gesundheitsbereich einen Mangel an Personal, Infrastruktur und Schutzausrüstung. Selbst in den Ländern, in denen Operationen für Transgender-Personen möglich sind, die sie haben möchten, dauerte die Wartezeit schon vor der Corona-Krise für Transgender-Teams in Krankenhäusern oft ein oder mehrere Jahre. Jetzt da eine Pandemie stattfindet, sind viele dieser Gesundheitseinrichtungen gezwungen, sich in Corona-Abteilungen zu verwandeln und es gibt keinen Raum für „nicht-essentielle“ oder „nicht lebenswichtige“ Gesundheitsversorgung. Wartezeiten werden noch länger werden. Doch auch der Zugang zu Hormontherapien ist eingeschränkt worden, mit allen psychologischen und physischen Konsequenzen, die darauf folgen, einschließlich einem erhöhten Risiko, Gewalt ausgesetzt zu sein.

Kampf für LGBTQI+ Rechte und Soziales

LGBTQI+ Rechte und Soziales stehen weltweit auf dem Spiel. Die Corona-Krise beschleunigt diesen Prozess. Doch es ist klar, dass die Wurzel des Problems schon vor der Verbreitung der Krankheit existierte.

Solange es keine wirkliche Demokratie gibt und die Mehrheit der Bevölkerung untereinander um die Krümel, die übrig bleiben, kämpfen muss, nachdem die Gewinne in Steueroasen umgeleitet wurden, können Figuren wie Trump, Bolsonaro, Orban, Putin usw. im Zusammenhang mit Krisen und dem Mangel an glaubwürdigen Alternativen an die Macht kommen und diese Macht missbrauchen, um Frauen, LGBTQI+ Personen, Migranten und Flüchtlinge anzugreifen. Sie bieten keine Lösung für Gesundheitskrisen, sondern repräsentieren und verteidigen ein System, das teilweise für das Ausmaß dieser Krise verantwortlich ist und das die Gewinne einer kleinen Minderheit über die Gesundheit, das Leben und das Wohlergehen der Mehrheit der Bevölkerung stellt. Der Kapitalismus ist ein System, das Krisen, Ungleichheit, Ausbeutung und Diskriminierung in seiner DNA trägt.

Wir müssen uns für die Rechte von LGBTQI+ Personen einsetzen. Das bedeutet, internationale Solidaritätsaktionen für LGBTQI+ Menschen zu organisieren, die in Ländern leben, in denen oft kolonial konservative oder religiöse Gesetze ihre bloße Existenz als Verbrechen einstufen. Wir müssen jetzt und nach der Corona-Krise bereit sein, um Maßnahmen und Investitionen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu fordern und durchzusetzen, um homo- und transphobe Gewalt und Diskriminierung zu bekämpfen. In diesem Kampf gegen jahrzehntelange Privatisierung und Einsparungen bei lebensrettenden öffentlichen Dienstleistungen unter dem Neoliberalismus kommen der Kampf für LGBTQI+ Rechte und der Kampf für soziale Verbesserungen zusammen. Wir fordern massive Investitionen in Gesundheit, Bildung, sozialen Wohnbau, ordentliche Arbeitsplätze, Kultur, Notunterkünfte, den Sozialbereich usw. Das kann Leben retten, ob LGBTQI+ oder nicht, ob Gesundheitskrise oder keine. Der Kampf um Ressourcen sollte nicht in der Arbeiter*innenklasse untereinander, sondern gemeinsam geführt werden. Und das ist möglich. Homo- und Transphobie ist nicht angeboren. Es ist ein Mittel zur Spaltung und Schwächung der Arbeiter*innenklasse und verknüpft mit einer Klassengesellschaft, in der die Wahrung bestehender Machtverhältnisse mit der Kernfamilie und strengen Geschlechterstandards verbunden ist, um soziale Kontrolle und frei verfügbare sich reproduzierende Arbeitskraft zu erhalten.

Soziale Forderungen führen zwangsläufig zur Diskussion über die Notwendigkeit einer grundlegenden Veränderung in der Organisation der Gesellschaft, denn in diesem kapitalistischen System stehen Rechte immer unter Druck und Soziales wird immer zweitrangig gegenüber Profit sein. Wir setzen uns für eine sozialistische Gesellschaft ein, in der der erzielte Gewinn für unser Bedürfnisse investiert wird. Weg mit dem Kapitalismus! Weg mit Unterdrückung! Hin zu wirklicher Freiheit und Wohlergehen!

Who runs the World? - Frauen in systemrelevante Berufen

Systemrelevante Berufe in einem kaputten System
Martina Gergits

In den aktuellen Krisenzeiten wird mit einem Schlag klar, welche Berufe lebensnotwendig sind. Es sind nicht die Banker*innen, nicht die Immobilienhaie, nicht die „Big Bosses“, auf deren „Leistung“ es jetzt ankommt. Sondern es sind Pfleger*innen, Ärzt*innen, Reinigungskräfte, Betreuer*innen, Supermarktangestellte, Erzieher*innen, Lehrer*innen, Apotheker*innen, die nun unverzichtbar sind. Die große Mehrheit der Beschäftigten in diesen Bereichen sind Frauen. Sie machen 85% in der Pflege, 62% im Gesundheitsbereich, 71% im Lebensmittelhandel und 77% in Apotheken aus. Das zeichnet sich auch international ab: Laut einer Untersuchung der WHO arbeiten in den Gesundheitsbereichen von 104 Ländern 70% Frauen. Jene Berufe werden heute als “systemrelevant” betitelt.

 

Von angeblicher und wirklicher “Systemrelevanz”

 

Das war nicht immer so. In der letzten Wirtschaftskrise 2008 galten noch Banken als „systemrelevant“ und damit als „too big to fail“. Damit argumentieren die unterschiedlichen Regierungen, dass diese mit unseren Steuergeldern gerettet werden mussten. Geld, das anschließend vor allem im bereits unter finanzierten Gesundheits- und Sozialbereich gekürzt wurde. Nach jahrzehntelangem Kürzungen, stehen wir nun vor einem kaputt gesparten Gesundheitssystem, dessen Kapazitäten kaum reichen, den Normalbetrieb aufrecht zu erhalten. Ausbaden müssen es die Beschäftigten mit Überstunden und hoher Arbeitsbelastung und die Patient*innen, die in den teuren privaten Bereich ausweichen müssen, oder eben nicht oder sehr spät die notwendigen Behandlungen bekommen. Vor diesem Hintergrund wirkt jedes Danke in den Reden der Politiker*innen umso zynischer.

Aber nicht nur im Gesundheitsbereich sehen wir die Auswirkungen neoliberaler Politik. Im Durchschnitt liegt der Bruttostundenlohn in den aktuell “systemrelevanten” Berufen um 15 bis 20% niedriger als in “nicht systemrelevanten” Berufen. Eine ganze Reihe “systemrelevanter” Berufe erhält eine so geringe Bezahlung, dass sie in den Niedriglohnbereich fallen, zum Beispiel bei Reinigungskräften oder im Supermarkt.

Es sind gerade jene Bereiche, die einen hohen Beschäftigungsgrad an Frauen haben. Und hier schließt sich der Kreis mit Zahlen, die wir bereits seit Jahrzehnten kennen. Frauen verdienen in Österreich im Schnitt 38% weniger als Männer - rechnet man Teilzeitbeschäftigung mit ein. Und ja: es ist notwendig, Teilzeitbeschäftigung einzubeziehen, denn in etwa jede zweite erwerbstätige Frau hat eine Teilzeitanstellung - und zwar keineswegs immer freiwillig, wie uns Regierungskampagnen einreden wollen. Mit der Folge, dass es unmittelbar zu Lohneinbußen kommt und in weiterer Folge zu geringeren Pensionen. Damit führt zu einem höheren Armutsrisiko: Alleinerziehende Mütter fallen zu 30 % unterhalb der Armutsgrenze, die Armutsgefährdungsquote für allein lebende Pensionistinnen liegt bei 20 % – fast doppelt so hoch wie bei Pensionisten. Neben den systemrelevanten Jobs leisten Frauen auch den Großteil der unbezahlten Arbeit. 2/3 der Hausarbeit wird in Österreich von Frauen erledigt. Das entspricht 9 Milliarden Stunden unbezahlter Arbeit pro Jahr, dem stehen 9,5 Milliarden Stunden bezahlter Erwerbsarbeit gegenüber.

Corona zeigt die Absurdität des Leistungsbegriffes im Kapitalismus

BEVOR DIESER ARTIKEL EURE AUFMERKSAMKEIT VERLIERT! Ja all das ist nichts Neues. Aber was sich verändert hat, ist der Blickwinkel. Diese Krise führt vielen sehr deutlich vor Augen, wie fehlgeleitet der Begriff „Leistung“ in einem nach profitgierigen System wie dem Kapitalismus ist. Wenn uns Covid 19 und die dazu beschlossenen Maßnahmen etwas gezeigt haben, dann, wer die tatsächlichen Leistungsträger*INNEN in dieser Gesellschaft sind. Seit Jahrzehnten wird gehämmert, dass die Unternehmen Arbeit schaffen würden, und ohne sie nichts ginge. Die Ausgangssperren und Corona-Maßnahmen zeigen aber sehr deutlich, dass es die Arbeiter*innen sind, die fehlen. 

Denn es sind vor allem jene Berufe, mit niedrigen Löhnen, mit Überstunden, Personalmangel und stressigen Arbeitsbedingungen mit psychischer und körperlicher Belastung, die nun unverzichtbar, also “systemrelevant” sind. Dabei hat gerade das kapitalistische System die prekären Arbeitsbedingungen in diesen Branchen produziert. Die Widersprüche des Kapitalismus werden in dieser Krise umso deutlicher sichtbar. Sie macht uns klar, was für unser Leben tatsächlich relevant ist, und führt auch dazu, dass immer mehr hinter die Kulissen und die Propaganda schauen und das ganze System in Frage stellen. Denn systemrelevant bedeutet in Corona-Zeiten eigentlich, dass diese Berufe für unser Überleben notwendig sind. Das galt auch schon 2008, aber damals ging es im Rahmen der Bankenrettung tatsächlich darum, das kapitalistische System zu erhalten. So locker wie man mit Steuergeldern zur Bankenrettung umging, speist man die Beschäftigten in den “systemrelevanten” Berufe heute ab. Ja, die Regierungen nehmen große Summen in die Hand und auch diesmal geht es um die Rettung des Systems dahinter. Doch Lohnerhöhungen, mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen gerade in den “systemrelevanten” Jobs lässt man in den Maßnahmen der Regierung schmerzlich vermissen. 

Danke an die Held*innen? Kampf unterstützen ist besser als klatschen!

Als Dankeschön für alle, die nun ihre Gesundheit riskieren, wenn sie an ihren Arbeitsplatz gehen, wird zu einem Applaus aus dem Fenster aufgerufen. Viele tun das, weil sie ehrlich dankbar sind und nicht wissen, wie sie das sonst ausdrücken sollen. So nett es ist, Danke zu sagen, so reicht hier kein Applaudieren. Und geradezu zynisch mutet der inszenierte “Dank” genau jener Politiker*innen an, die für den bisherigen und aktuellen Personalmangel und die miese Bezahlung in den “systemrelevanten” Berufen verantwortlich sind. 

Die Herrschenden werden nach der Krise nicht plötzlich zur Einsicht kommen. Anstatt die Profite der Unternehmen zu besteuern werden sie wieder Kürzungen zu Lasten der Arbeiter*innklasse planen. Wenn die ÖVP Frauensprecherin Juliane Bogner-Strauß in einem Interview angibt: “Frauen arbeiten oft in Jobs, die schlechter bezahlt sind.[...] Es kann uns total stolz machen, dass es großteils Frauen sind, die jetzt in systemkritischen Berufen tätig sind”, ist das ein Hohn. Es zeigt den Zynismus und die Untätigkeit der Herrschenden. Während sich Großunternehmen wie die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines bereits um Staatshilfen in Millionen- bis Milliardenhöhe anstellen, bleibt den “systemrelevanten” Berufen der Applaus. 

Die nächste Wirtschaftskrise ist bereits da und ihre Auswirkungen werden stärker sein als in der letzten Krise 2008. Man kann schon die Politiker*innen hören, wie sie argumentieren werden: „Wir müssen da jetzt gemeinsam durch... Diese Kürzungen im Bereich X können leider nicht verhindert werden...“. Und im Kanon mit den Unternehmer*innen: “Wir würden ja die Löhne erhöhen / mehr Leute einstellen, wenn wir könnten, aber wir müssen nach Corona noch sparen...“. Die Herrschenden werden nach dieser Krise nicht plötzlich zur Einsicht kommen. Sie handeln nach den Regeln des Kapitalismus, und damit gegen die Interessen von Arbeiter*innen.

Das Klatschen von Politiker*innen ist zynisch, aber die Solidaritätswelle durch die Bevölkerung ist echt. Sie zeigt eine beginnende Verschiebung des Bewusstseins. Worauf es nach dem jetzigen Ausnahmezustand ankommen wird, ist die richtigen Schlüsse aus den nun umso deutlicher hervortretenden Widersprüchen zu ziehen. 

Eine Pflegerin fasst  in einem Fb-Post auf der Page “Corona-Arbeitsrealitäten” (https://www.facebook.com/groups/ohneunsgehtnichts/) zusammen: “ Ich möchte nicht, dass man sich bei mir/uns bedankt. Ich möchte, dass sich was ändert. Vor dem Virus haben wir geschrien und niemand hat uns gehört, und so darf es nach der Krise nicht weitergehen”. Die Held*innen der Coronakrise haben sich gezeigt. Und was sie brauchen ist eine deutliche Lohnerhöhung, mehr Personal  und eine Arbeitsentlastung. Es sind Forderungen für uns alle, als solche müssen wir sie auch begreifen und gemeinsam erkämpfen. 

Frauen im Widerstand: vorher, während und danach

Frauen* standen  schon vor Covid 19 und vor allem auch nach der Krise 2008 an der vordersten Front gegen Kürzungen, gegen Lohnsenkungen, gegen Ausbeutung. Denken wir nur an die Massenproteste in den letzten Jahren in Argentinien, Frankreich, Chile, etc. Auch in Österreich gärte es bereits vor der Corona-Krise seit Jahren im Sozial- und Gesundheitswesen. Der diesjährige Streik im Rahmen der SWÖ-Verhandlungen wurde durch Corona abgeblasen, die Gewerkschaftsführung hat einen miesen Kollektivvertragsabschluss hinter dem Rücken und auf dem Rücken der Beschäftigten abgeschlossen. Die Gewerkschaftsbürokratie hat “Staatsräson” vor die Interessen der Beschäftigten gesetzt. Wir müssen verhindern, dass das ein zweites Mal passiert.

Schaffen wir es gemeinsam, eine ordentliche Lohnerhöhung, Arbeitszeitverkürzung in einer Branche zu erkämpfen, können wir gestärkt auch in anderen Branchen diese Verbesserungen einfordern. Der springende Punkt ist: wir dürfen uns nicht spalten lassen. Wir - das sind die Beschäftigten, die Arbeiter*innen, die Arbeitslosen - haben ein gemeinsames Interesse. Wann wäre ein besserer Zeitpunkt damit anzufangen für dieses zu kämpfen, wenn nicht gerade jetzt, wo so deutlich wird, was alles schief gelaufen ist und wer tatsächlich lebensnotwendig ist.

Wie die Welt nach Covid 19 aussieht, wird bereits jetzt verhandelt. Protest, Streik, lauter Widerstand, Organisieren muss in Zukunft noch viel stärker als bisher unser Mittel sein, um unsere Interessen durchzusetzen. Wir haben uns dieses Virus nicht gewünscht, wir haben das Virus nicht gemacht, aber wir können die Erschütterung des maroden Systems nutzen und für dessen Überwindung kämpfen. Holen wir uns Lohnerhöhungen in den “systemrelevanten Berufen”, holen wir uns Arbeitszeitverkürzung und gehen wir über diese Forderungen hinaus um sicherzustellen, dass nicht Profite, sondern das was wirklich wichtig ist im Zentrum steht.

Social Media Protest: Abtreibungsverbot in Polen heute verhindern!

Rechtskonservative Regierung will in Polen im Schutze der Corona-Ausgangssperren das Recht auf Schwangerschaftsabbruch abschaffen!

Unterstütze HEUTE den internationalen Protest gegen den drohenden Beschluss eines Abtreibungsverbotes morgen am 15.4. in Polen!

 

So geht's:

1. Foto machen!

  • Druck das angehängte A4-Plakat aus oder stelle es auf deinem Computerbildschirm dar.
  • Mach ein Foto von dir damit und wenn möglich auch mit einem Kleiderbügel (als Symbol der Bewegung) in der Hand.
  • Poste das Foto auf Facebook und/oder Instagram mit den Hashtags: #falasprzeciwu #czarnyprotest #smashthebacklash
  • Schick uns das Foto, wenn du willst, damit wir eine Sammlung von Bildern international veröffentlichen können, auf slp@slp.at oder sende es uns via Facebook oder Instagram (@slp_online).

2. Protestbrief versenden!

  • Schicke den angfügten Musterprotestbrief an die polnische Botschaft in Österreich per E-Mail wieden.amb.sekretariat@msz.gov.pl oder per Fax +43 1 870 15 222
    Du musst nicht den ganzen Text verwenden, sondern kannst ihn auch persönlich verändern.

3. Info weiterleiten!

Leite diesen Artikel weiter, informiere deine Freund*innen und bitte sie den Protest ebenfalls zu unterstützen.

 

Mehr Infos findest du unter:

 

Musterprotestbrief

Empfänger: wieden.amb.sekretariat@msz.gov.pl

Betreff: Protest gegen Abtreibungsverbot

Text:
An die Botschafterin der Republik Polen in Österreich 
Jolanta Róża Kozłowska

Wir protestieren gegen das geplante de facto Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen und die Kriminalisierung von sexueller Bildung, welche die PiS-Regierung am 15. April im Schutze der aktuellen Ausgangsperren im polnischen Parlament durchdrücken will.

Der Gesetzesentwurf soll das bestehende ohnehin schon stark beschränkte Recht eines Schwangerschaftsabbruches bei Missbildung oder unheilbarer Krankheit des Fötus beseitigen. Wir stellen klar, dass nur die schwangere Person selbst entscheiden darf, ob sie ihre Schwangerschaft bis zur Geburt austragen will oder nicht, ohne dass nach ihren Gründen gefragt und entschieden wird, ob diese gerechtfertigt sind oder nicht.

Am selben Tag wird auch ein weiterer Gesetzentwurf "zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Verdorbenheit und Demoralisierung" behandelt. Es handelt sich dabei um eine „Bürgerinitiative“ für das Verbot von Sexualkunde. Hinter dieser Petition verbirgt sich eine entsetzliche homophobe Kampagne, die Sexualerziehung, sexuellen Kindesmissbrauch und LGBTQIA+ Menschen auf eine Stufe stellt.

Schon 2016 wollte die PiS-Regierung in Polen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch abschaffen. Eine Bewegung von beträchtlicher Größe schlug die Konservativen jedoch zurück, unter anderem mit einem eintägiger „Frauenstreik“. Auch in letzter Zeit haben sich Frauen in Polen gegen jegliche Angriffe auf reproduktive Rechte gewehrt und forderten die volle Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und einen besseren Zugang zu Verhütungsmitteln.

Jetzt nutzt die Regierung in Polen die aktuelle Situation während der Coronavirus-Pandemie und die erschwerten Bedingungen für Proteste aufgrund der Ausgangssperren, um ihre Angriffe auf Frauenrechte durchzudrücken.

Wir solidarisieren uns mit den betroffenen und protestierenden Frauen und der ProChoice-Bewegung in Polen. Seit Anbeginn der Kämpfe gegen die Abtreibungsverbote sowohl in Polen wie auch in Irland sind wir Teil der internationalen Frauenbewegung und organisieren internationale Solidarität. So auch nun.

Auch in Österreich gerät das Selbstbestimmungsrecht von Frauen in den letzten Jahren vermehrt unter Beschuss. So hat die letzte schwarz-blaue Bundesregierung die „medizinische und soziale Beratung vor geplanten Schwangerschaftsabbrüchen“ forciert, was nichts anderes als ein weiteres Hindernis und eine weitere Entmündigung für Frauen darstellt. Denn ÖVP-und FPÖ-Politiker*innen ist die Möglichkeit von Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich schon lange ein Dorn im Auge. Wenn sich eben jene im damaligen Regierungsprogramm eine „parlamentarischen Enquete zur Verhinderung von Spätabtreibungen“ vorgenommen haben, dann signalisierten sie damit nur ihre Unterstützung für Initiativen von christlichen Fundamentalist*innen.

Tatsache ist, dass solche Einschränkungen nicht nur Frauen die Selbstbestimmung über den eigenen Körper nehmen, sondern auch gefährlichen Methoden, auf die Frauen dann gezwungen sind illegal zurückzugreifen, Tür und Tor öffnen. Das heißt, wer den Zugang zu Aufklärung, zu Verhütungsmitteln und zu legaler Abtreibung beschränkt nimmt den Tot von Frauen in Kauf. Die durch die aktuelle polnische Regierung geplanten Verschärfungen werden Frauenleben kosten, wenn sie umgesetzt werden!

Wir, unsere Schwesterorganisation "Alternatywa Socjalistyczna" in Polen, die internationale sozialistische Kampagne ROSA und deren polnischer Ableger "Rosa Polska" kämpfen für das Recht auf freien Schwangerschaftsabbruch auf Wunsch, für freien Zugang zu Verhütungsmitteln, auch für Minderjährige, für Sexualerziehung in allen Schulen die über alle sexuellen Orientierungen aufklärt, für kostenlose Kinderbetreuungsplätze in ausreichender Zahl, und verbindet diese Forderungen mit dem Kampf für die Verteidigung öffentlicher Dienstleistungen, menschenwürdigem Wohnen und angemessenen Löhnen.

Seit 1989 hat der Kapitalismus mit Unterstützung der katholischen Kirche ein arbeiter*innen- und frauenfeindliches System in Polen aufgebaut. Unsere Aufgabe ist es, dem eine sozialistische Alternative entgegenzusetzen, die allen ein menschenwürdiges Leben und umfassende demokratische Rechte bietet.

Unterschrift

Zum Teufel mit dem Multi-Tasking!

Mütter im Corona-Home-Office: doppelt und dreifach belastet
Aktivistin der SLP

Momentan befinden sich viele berufstätige Menschen aufgrund der Corona-Krise im sogenannten “Home-Office-Betrieb”, um ihrer Arbeit weiterhin sicher von zu Hause nachgehen zu können. Was bedeutet diese Maßnahme allerdings für Frauen? Frauen sind großteils diejenigen, die sich um Kinderbetreuung, Haushalt und sonstige Care-Arbeit kümmern. Eine Zeitverwendungsstudie aus dem Jahr 2008 geht davon aus, dass zwei Drittel der Hausarbeit immer noch von Frauen verrichtet wird. In der derzeitigen Krisen-Situation verschärft sich diese massive Belastung von vielen Frauen und insbesondere Müttern. 

 

1-2-3 Jobs - der Tag hat nur 24 Stunden!

 

Sämtliche Bildungseinrichtungen wurden bis auf weiteres geschlossen und der Schulbetrieb ebenfalls auf E-learning von zu Hause aus verlagert, die externe Kinderbetreuung wurde stark eingeschränkt. Ebenso sind in Österreich momentan auch viele Tagesstätten für ältere oder beeinträchtigte Menschen geschlossen worden und aufgrund der Ein- und Ausreisebeschränkungen fallen viele 24-Stunden-Betreuer*innen aus dem Ausland weg, die zurück in ihre Heimat gefahren sind. Sämtliche dieser Betreuungsaufgaben müssen nun weitgehend und auf unbestimmte Zeit im privaten unbezahlten Rahmen von Frauen übernommen werden - und zwar zusätzlich zu der ohnehin bestehenden unbezahlten Care-Arbeit. Zwar gibt es noch eingeschränkte Angebote der Kinderbetreuung für berufstätige Menschen, dennoch wollen viele diese aus Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder verständlicherweise nicht in Anspruch nehmen. Und gerade von Müttern, die sich im Home-Office befinden, wird ohnehin erwartet, dass sie die Kinderbetreuung von zu Hause aus selbst erledigen, als ob Kinderbetreuung einfach mal so “nebenbei” ginge. Diese - auch aus pädagogischer Sicht - völlig falsche Darstellung dient auch dazu, die so extrem wichtige, aber völlig unterbezahlte und unterbewertete Arbeit der Kinderbetreuung weiter zu entwerten und damit die miesen Arbeits- und Einkommensbedingungen in diesem Bereich weiter zu legitimieren. Die Bundesregierung hat Mitte März die Möglichkeit eines 3-wöchigen Corona-Sonderurlaubs für Menschen mit Betreuungspflichten erlassen, allerdings nur bei Zustimmung des/der Chefs/Chefin. Man kann sich an einer Hand ausrechnen, wie groß die Chance ist, diesen tatsächlich zu bekommen! 

 

Corona-Burn Out droht Massenphänomen zu werden

 

Die Realität vieler Frauen im Home-Office sieht derzeit also so aus, dass sie Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung gleichzeitig erledigen sollen. Das führt letztlich oft dazu, dass die Kinderbetreuung und das Erledigen der Schulaufgaben mit den Kindern tagsüber stattfindet und die Erwerbsarbeit auf frühmorgens oder auch spätabends verschoben werden muss. Ebenso fällt natürlich auch die warme Mahlzeit, die häufig in Betreuungseinrichtungen bereitgestellt wird, weg. Auch diese muss nun zusätzlich Zuhause zubereitet werden. Und eine “gute Mutter” kocht natürlich stets frisch und gesund - mit einem Lächeln im Gesicht und einem Lied auf den Lippen. Wer zu Fertignahrung greift, kämpft noch zusätzlich mit einem schlechten Gewissen. 

Dies sind nur einige Beispiele für die zusätzliche Belastung vieler Frauen bzw. Mütter, die ihnen in der momentanen Krisensituation wie selbstverständlich zugemutet wird. Natürlich sind auch Mütter und Frauen, die nicht von zu Hause aus arbeiten können diesem massiven zusätzlichen Druck ausgesetzt. Sie müssen neben der ohnehin schon belastenden Situation im Job auch noch die wegfallende Nachmittagsbetreuungen im Hort etc. kompensieren. Viele sind zu Recht auch besorgt um die Gesundheit ihrer Kinder, wenn sie die bestehenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten doch in Anspruch nehmen (müssen). 

 

Spart euch euer leeres Lob!

 

Die schwarz-grüne Bundesregierung spart nicht mit Lob für die “Held*innen” der Krise und in allen Medien wird darüber berichtet, dass es zu großen Teilen Frauen sind, die das System am Laufen halten. Lob geht einfach und kostet nichts. In ihrem Krisenmanagement jedoch zeigt die Regierung deutlich, dass sie staatliche Ressourcen lieber dafür einsetzen vor allem die Profite von Großunternehmen zu sichern. Der österreichischen Wirtschaft wurde ein Krisenpaket von 38 Milliarden Euro zugesprochen. Doch für Arbeitnehmer*innen und insbesondere Frauen gibt es kaum konkrete Unterstützung und ganz sicher nicht im notwendigen Ausmaß. Im Gegenteil beschränkt sich die Regierung auf “soll” Bestimmungen für die Unternehmen - was diese umsetzen bleibt den Firmenchef*innen überlassen. Die Frauen aber haben diese Wahl nicht: sie müssen sich um Job, Familie und Haushalt kümmern. Wir fordern daher unter anderem folgendes: 

 

  • Das Recht auf eine unbefristete Freistellung bei vollem Lohn für alle Menschen mit Betreuungspflichten, bis eine sichere und umfassende externe Betreuung wieder gegeben ist, unabhängig davon ob diese ihre Erwerbstätigkeit im  Home-Office ausführen können oder nicht. 

  • Sichere externen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und andere zu pflegenden/betreuende Menschen. Unter den derzeitigen Bedingungen schicken viele Eltern ihre Kinder verständlicherweise bei Möglichkeit lieber nicht in Schule oder den Kindergarten. Was es braucht ist eine Betreuung, die unter tatsächlich ausreichenden Schutzbedingungen stattfindet. Dazu braucht es Kleinstgruppen und die ausreichende Bereitstellung von Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel, sowie regelmäßige Tests der Betreuer*innen und der Betreuten. Das bedeutet auch mehr Raum und mehr Personal um es möglich zu machen, das sämtliche wichtige Betreuungseinrichtungen unter sicheren Bedingungen in Anspruch genommen werden können.  

  • Die Möglichkeit für Familien mit Betreuungspflichten, Dienste wie Essen auf Rädern zu einem Sozialpreis beziehen zu können. Viele Kinder und andere betreuungsbedürftige Menschen hatten bisher die Möglichkeit in der Schule, im Kindergarten etc. eine warme Mahlzeit zu erhalten - diese Möglichkeit muss weiter aufrecht erhalten werden!

 

Dies sind nur einige Beispiele dafür, was jetzt notwendig ist, um zu verhindern, dass die Krise auf dem Rücken von Frauen ausgetragen wird. Zu Recht betonen viele Frauenorganisationen, dass die Herrschenden in der Corona-Krise hart erkämpfte Frauenrechte zurück drängen und viele Aspekte der Care-Arbeit noch stärker als bisher in den privaten Bereich geschoben werden. Nichts davon wäre nötig, wenn z.B. 38 Milliarden Euro nicht für große Unternehmen und ihre Profite bereitgestellt würde sondern für Arbeitnehmer*innen, den Gesundheits- und Sozialbereich! Es ist davon auszugehen, dass die Herrschenden auch nach Corona versuchen, diese Privatisierung von Care-Arbeit weiter voran zu treiben. Z.B. indem künftig argumentiert wird, dass es keine Pflegefreistellung mehr braucht, wenn ein Kind krank zu Hause ist, sondern man das ja locker mit Home-Office lösen könnte. “Ist ja während Corona auch gegangen” werden da viele Chef*innen und Vertreter*innen in Bundeswirtschaftskammer und Industriellenvereinigung argumentieren. 

Die aktuell noch erhöhte Mehrfachbelastung von v.a. Frauen kommt aber auch nach einer Welle von Protesten von v.a. Frauen für mehr Rechte und gegen Sexismus. Wir werden es nicht zulassen, dass im Zuge der kommenden Wirtschaftskrise das Rad der Geschichte einfach zurückgedreht wird. Im Gegenteil: Frauen werden auch in Österreich Kämpfe gegen die unzumutbare Mehrfachbelastung mit Protesten gegen das (finanzielle) Abwälzen der Krise auf die Arbeiter*innenklasse verbinden. Schon in den letzten Jahren haben im Rahmen der weltweiten feministischen Streiks immer mehr Frauen den Schluss gezogen, dass nur ein paar mehr Politikerinnen oder Chefinnen nichts ändern - sondern dass das Problem tiefer liegt: im kapitalistischen System das die Ausbeutung von Frauen braucht. Weil aber Frauen diese Ausbeutung nicht wollen und ganz sicher nicht brauchen, ist ein ernsthafter feministische Kampf auch immer ein antikapitalistischer!

Zunahme an Gewalt gegen Frauen: Ist Corona wirklich schuld?

Monika Jank

Vor ein paar Tagen versuchte in Bad Vöslau ein Mann seine Frau zu töten. Sie überlebte glücklicherweise. Der Mann begründete seine Tat mit Überforderung wegen Home-Office und der Isolation aufgrund der Coronakrise. Doch nicht das Virus und dessen Verbreitung ist Ursache des Gewaltanstiegs, vielmehr erhöht sich diese stets in Krisensituationen oder wenn viel Zeit miteinander verbracht wird (wie im Urlaub oder zu Weihnachten). Bereits vor Corona wurde jede dritte Frau in der EU mindestens einmal in ihrem Leben zum Opfer von körperlicher oder sexualisierter Gewalt. Die meisten Übergriffe finden dabei in den eigenen vier Wänden statt. Die Täter sind meist die eigenen Partner.

Aktuell werden durch die Ausgangssperre Ausweichmöglichkeiten drastisch reduziert und der Stress von allen Haushaltsmitglieder steigt. Nicht nur, dass man mehr Zeit als sonst auf engem Raum miteinander verbringt, oft muss auch imHome-Office gearbeitet werden oder hat man gerade den Job verloren. Daneben erhöht sich durch die Kinderbetreuung zuhause - inklusive der Herausforderung, den Online Unterricht der Kinder zu unterstützen - die Anforderungen an Eltern und vor allem Frauen. Auch die zu erledigende Hausarbeit nimmt zu. Frauen befinden sich vermehrt zu Hause und sind so stärker der potenziellen Gewalt ihres Partners ausgesetzt. Frauenschutzorganisationen haben schon darauf hingewiesen, dass in der Coronakrise und durch das Verhängen der Ausgangssperre ein Anstieg von häuslicher Gewalt gegen Frauen zu erwarten ist.

Wohin nun wenn kein Platz im Frauenhaus?

Bereits vor dem Ausbrechen des Virus befanden sich Frauenhäuser an ihrem Limit. Sie kämpfen seit Langem mit stets zu wenigen Ressourcen. Zuletzt wurde unter Schwarz-Blau das Budget für Fraueneinrichtungen, die sich mit Gewalt gegen Frauen beschäftigten, stark gekürzt. Insgesamt können in ganz Österreich etwas mehr ca. 800 Frauen und Kinder gleichzeitig in Frauenhäuser untergebracht werden. Selbst bei konservativer Schätzung von einem nötigen Platz pro 10.000 Einwohner*innen fehlen mehr als 100 Plätze. Nicht nur jetzt, sondern auch in den Zeiten vor und nach Corona ist Gewaltschutz notwendig. Doch jetzt kommen noch zusätzliche Herausforderungen hinzu. Aufgrund des Virus muss aus gesundheitlichen Gründen zusätzlich auf kleinere Wohneinheiten gesetzt werden. Bereits infizierte Frauen und Kinder müssen isoliert werden, damit sie den Virus nicht weiter verbreiten. All dies bedeutet mehr Platzbedarf von Frauenhäusern, die diesen nicht haben und ohnehin schon überfüllt sind. Hinzu kommt, dass nicht passieren darf, dass Frauen aus Angst vor Infektionen den Weg ins Frauenhaus ablehnen und weiterhin in einer gewalttätigen Beziehung bleiben. Doch woher können diese extra Räumlichkeiten genommen werden?

Die Tourismusbranche ist aufgrund des Coronavirus massiv eingebrochen. Zahlreiche Hotels sind geschlossen und stehen leer. Unterschiedlich große Zimmer mit zahlreichen Betten inklusive Zubehör und Bädern, die von Frauenhäuser im Moment dringend benötigt werden, sind hier unbenutzt. Diese kommen zu jenem ohnehin freistehendem Wohnraum, der zur Spekulation dient, hinzu. Es gibt also genügend Platz, um Frauen in sicherer und geschützter Umgebung unterzubringen und die Ausbreitung des Virus aufgrund der kleineren und freistehenden Wohneinheiten in Hotelzimmern zu einzudämmen. 

Wenn die Regierung 38 Milliarden Euro für die Wirtschaft zur Verfügung stellt, muss auch den Frauenhäusern und von Gewalt betroffenen Frauen unter die Arme gegriffen werden. Finanziert werden muss diese Maßnahme von der Öffentlichen Hand, die Frauen selbst haben in der Regel kaum eigenes Geld. Eine Möglichkeit wäre, den Hoteliers bei erwiesener Bedürftigkeit die echten angefallenen Kosten wie für Essen, Wäsche etc. aus staatlichen Mitteln zu bezahlen - die Zimmer aber nicht, da diese ohnehin leer stehen. So könnten die Hoteliers keinen Profit aus der Lage schlagen, aber die Jobs der Beschäftigten könnten so gesichert werden. Sind die Hoteliers nicht bereit, Raum für Frauen, die Schutz brauchen, zur diesen Bedingungen zur Verfügung zu stellen, dann sollten die Hotels unter öffentliche Verwaltung gestellt werden und die Beschäftigten durch die Gemeinde bzw. den Staat bei ordentlicher Bezahlung angestellt werden. So kann der Leerstand der Hotels sinnvoll genutzt werden - Frauen bekommen einen Schutz - und Arbeitsplätze wären gesichert.

Was tut die Regierung? Echter Schutz statt Ankündigungspolitik ist nötig!

Als die Regierung am 19. März wegen der aktuellen Situation ein neues Maßnahmenpaket gegen häusliche Gewalt vorstellte, beschwichtigte die grüne Justizministerin Alma Zadić, dass Betretungs- und Annäherungsverbote sowie Wegweisungen weiterhin ausgesprochen werden. Zusätzlich werde die telefonische Helpline finanziell und personell aufgestockt und die Online-Beratung für von Gewalt bedrohte Frauen ausgebaut. Doch wie erfahren jene Frauen von dem Angebot? Wir fordern eine massive Informationskampagne: in allen Medien, im Radio, in Zeitungen, im Fernsehen sollten verpflichtend Informationen von Helplines oder/und Frauenhäusern geschalten werden. Allerdings sollten diese nicht wie Werbeeinschaltungen teuer bezahlt werden und den Medien Extraprofite ermöglichen. Für alle Medien sollten diese verpflichtend und somit für die öffentliche Hand kostenlos sein. Des weiteren müsste in allen Supermärkten – der einzige Ort, wo die meisten Leute noch hingehen – Informationsmaterial in verschiedenen Sprachen aufliegen. Frauen haben dort die Möglichkeit ungestört von den Augen ihres Partners oder ihrer Familie diese Information entgegenzunehmen. Zusätzlich könnte man in allen Häusern selbige Information aushängen. In Zeiten von Corona muss sichergestellt werden, dass Frauen nicht davor zurückschrecken ihren gewalttätigen Partner zu melden, wenn sie befürchten, dass er dadurch einer höheren Ansteckungsgefahr ausgesetzt ist. Wenn nötig müssen auch hier Notunterkünfte für die weggewiesenen Männer zur Verfügung gestellt werden.

Finanzielle Unabhängigkeit schützt

Viele Frauen sind nach wie vor finanziell von ihren Männern abhängig, da sie vergleichsweise weniger verdienen. Gerade in der aktuellen Situation ist die Zahl der Arbeitslosen stark gestiegen und steigt laufend weiter an. Vor allem prekär Beschäftigte sind stärker betroffen. Die gerade wichtigen Jobs wie in Supermärkten oder im Gesundheitssystem sind Frauenjobs und generell eher schlecht bezahlt. Frauen sollten nicht aufgrund einer finanziellen Abhängigkeit in einer gewalttätigen Beziehung bleiben. Generell braucht es ordentliche Bezahlung und mehr und vor allem leistbaren Wohnraum, sodass Mieten nicht einen Großteil des monatlichen Einkommens auffressen. Als konkrete und akute Maßnahme fordern wir das Aussetzen der Mietzahlungen für Wohnungen während der Coronakrise. Das hilft allen, also auch jenen, die ihren Job verlieren, und hat darüber hinaus zur Folge, dass Frauen nicht in gewalttätigen Beziehungen bleiben müssen, um ihre Miete bezahlen zu können.

Maria Rösslhumer, Leiterin der Frauenhelpline gegen Gewalt und Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, erklärt, dass das Coronavirus Frauen ohne Deutschkenntnisse verhätlnismäßig mehr betreffe. Sie sehen sich mit noch größeren Hürden konfrontiert, um in ein Frauenhaus zu kommen. Per Telefon müssen bereits sämtliche Sicherheitsvorkehrungen abgeklärt werden und festgestellt werden, ob die jeweilige Frau Symptome hat oder in einem Risikogebiet war. Ohne entsprechende Sprachkenntnisse gestaltet sich das oft sehr schwierig. Dolmetscher*innen seien nicht immer zur Verfügung. Es braucht mehrsprachiges Material sowie mehr Berater*innen, die mehrere Sprachen beherrschen und die jeweiligen Frauen telefonisch betreuen können.

Kapitalismus, nicht Corona ist die Ursache der Unterdrückung von Frauen

Der Grund für Gewalt gegen Frauen darf nicht in der Coronakrise gesucht werden. Das Problem hat schon davor existiert und ist Teil des kapitalistischen Systems. Der Kapitalismus basiert auch auf der Unterdrückung von Frauen, die in Krisensituationen deutlicher wird und ein schlimmeres Ausmaß annimmt. Der Stress, die fehlenden Ausweichmöglichkeiten, finanzielle Probleme wegen Arbeitslosigkeit und Angst vor der Wirtschaftskrise, die durch die Coronakrise ausgelöst werden, sind potenzielle Faktoren, die Gewalt in Beziehungen auslösen oder noch verschlimmern.

Die Coronakrise zeigt allerdings auch, dass, wenn nötig, Geld zur Verfügung gestellt werden kann - und das nach Jahren von Sozialabbau. Die Situation, in der sich von Gewalt betroffene Frauen befinden, sollte auch als Krise gesehen werden. Auch dafür bedarf es massive Investitionen. Ein Anfang kann die erwähnte Nutzung von leerstehenden Hotels sein sowie mehr Personal für Frauenhäuser und Notrufe sein. Zusätzlich müssen Frauen besser bezahlt werden. Gerade sogenannte Frauenjobs halten aktuell das Alltagsleben am Laufen. Zu Beginn des Jahres gab es eine Streikwelle im Gesundheits- und Sozialbereich, wo Beschäftigte im Zuge der Kollektivvertragsverhandlungen mehr Bezahlung und eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich forderten. Gerade jene Kolleg*innen setzen sich Tag um Tag selbst dem Risiko aus, um das Virus zu bekämpfen und das Leben von Infizierten zu retten. Sie haben sie mehr als ihre Forderungen verdient.

Obwohl das Schließen des Gender-Pay-Gaps, ordentliche Löhne, leistbares Wohnen sowie mehr Ressourcen für Frauenhäuser und den Umgang mit von Gewalt betroffenen Frauen definitiv hilfreich und nötig sind, reicht das nicht aus, um Gewalt gegen Frauen zu beenden. Da diese, wie bereits erwähnt, systemisch ist, brauchen wir das Ende des kapitalistischen Systems. Nur in eine sozialistischen Gesellschaft, die auf Solidarität und Bedürfnissen der Menschen und nicht der Profite basiert, kann die Grundlage für das Beenden von Gewalt gegen Frauen liegen.


Wir stellen seit Jahrzehnten alle unsere Artikel, Zeitungen und Broschüren kostenlos zur Verfügung und werden das auch in Zukunft nicht ändern. Der Zugang zu Information darf nicht am Geld scheitern. Um all das aber weiter produzieren zu können ersuchen wir unsere Leser*innen darum, uns “Lesespenden” zu überweisen. 

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Das war der 8. März

SLP trägt den Sozialbereichsstreik in die Frauentagsdemos am 8. März

In diesem Jahr ist der 8. März auf einen Sonntag gefallen. In vielen Ländern fanden daher am Freitag den 6.3. feministische Demonstrationen oder sogar Streiks statt. In Österreich wird zwar seit einigen Jahren das Thema eines “Frauenstreiks” bzw. eines “feministischen Streiks” seit diskutiert, doch die Gewerkschaft ignoriert das Thema konsequent und manche der Organisator*innen der Proteste zum 8. März können damit auch nicht wirklich viel anfangen. Ganz anders die SLP: Unsere Aktivist*innen waren in Graz, Wien und v.a. in Linz aktiv. Überall haben wir den Frauen*kampftag mit dem aktuell stattfindenden Arbeitskampf im Sozialbereich verbunden. Denn es ist eine Branche, in der besonders viele Frauen arbeiten, eine Branche, wo Sparmaßnahmen Frauen als Klient*innen und pflegende Angehörige besonders negativ betreffen, eine Branche, die seit Jahren durch ihr kämpferisches Auftreten auffällt. Aktivist*innen der SLP haben daher zur Solidarität mit dem nächsten Aktions- und Streiktag der Kolleg*innen am 10.3. aufgerufen und die Teilnehmer*innen der Demos vom 8. März auch aufgefordert selbst zu den Demonstrationen am 10. März zu kommen. Denn Solidarität ist mehr als ein Wort!

In Linz beginnt'

Während in Graz und v.a. in Wien der Sozialbereichsstreik nur ein Randthema war sah die Demonstration in Linz ganz anders aus. Hier hatte die SLP, bzw. die von der SLP initiierte sozialistisch-feministische Kampagne „Nicht mit mir“ vor Monaten die Initiative ergriffen, heuer die Demonstration zum 8. März zu gestalten (nachdem die bisherigen Organisator*innen sie nicht mehr organisieren). Wir bauten ein Bündnis auf – aber nicht eines, in dem vorrangig existierende linke Organisationen sich am runden Tisch ein paar Eckpunkte “ausschnapsen” sondern eines von Basisaktivist*innen. Und so waren es dann auch Frauen* (und solidarische Männer*) ohne große Organisationen im Rücken die die Linzer Demonstration zum internationalen Frauenkampftag organisierten. Die Linzer “Linke” glänzte weitgehend durch Abwesenheit bzw. rief nicht zur Demonstration auf – aber es war ein bunter und lauter Demonstrationszug, der über die Linzer Landstraße zog. Es waren viele junge Menschen und viele mit Migrationshintergrund, die gemeinsam bis zum Landhaus demonstrierten. Das Demonstrationsbündnis „Do it yourself“ hatte im Vorfeld Forderungen diskutiert und beschlossen. Dieser Diskussionsprozess wurde bei der Bilanz im Anschluss an die Demonstration als besonders positiv hervorgehoben. „Ich habe viel dabei gelernt“ meinte eine Aktivistin und eine andere beklagte, dass sich Linke oft hinter dem Argument verstecken, Forderungen „wären zu radikal, dabei sind sie nur selbst zu feig dazu“. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass kämpferische Forderungen ein Bündnis nicht enger, aber politisch klarer machen. Mehrere Teilnehmer*innen aus Wien erklärten, dass wäre die „beste Frauentagsdemo auf der wir jemals waren“ - weil es eine Demonstration war, die sich nicht an die organisierte Linke, oder eine feministische Blase richtete, sondern an die Frauen* die im Sozialbereich arbeiten und streiken, an die Frauen* die von den hohen Mieten betroffen sind, an die Frauen* die von Abschiebung und Kürzungen bei der Kinderbetreuung betroffen sind. Die Demonstration in Linz endet mit zwei klaren Ansagen: am 10.3. geht es weiter und für den 8. März 2021 beginnt die Planung jetzt.

Frauenkämpfe und sozialistischer Feminismus

Dokument beschlossen am Weltkongress 2020
International Socialist Alternative (ISA)
  1. Zehn Jahre Kämpfe für Frauenrechte – Der einzige Weg zu gewinnen ist zu kämpfen

  2. In den letzten 10 Jahren sind Millionen von Frauen auf allen Kontinenten immer wieder auf die Straße gegangen, um gegen die weit verbreiteten Vergewaltigungen, Femizide und andere Erscheinungsformen der Geschlechterunterdrückung zu protestieren. Massive und entschlossene Bewegungen wie Ni Una Menos wurden in Lateinamerika aufgebaut. In Argentinien wird alle 40 Stunden eine Frau ermordet, in Brasilien alle 2 Stunden. 2018 trafen sich tausende Frauen, um den Kampf in Argentinien zu organisieren. In Chile ergriffen 2019 Frauen die Initiative, Vergewaltiger durch eine Choreografie anzuprangern, und der Tanz verbreitete sich über die ganze Welt. Dieser Kampf steht auch in Verbindung mit dem Kampf der Transsexuellen für ihr Existenzrecht und gegen die Gewalt, mit der sie konfrontiert sind, wobei Brasilien das Land in der Welt ist, in dem die meisten Morde an trans Personen verübt werden. Aber die anhaltenden Massenproteste erschütterten auch Länder wie Indien, Südafrika und Spanien, um nur einige zu nennen, und die Bewegung breitet sich immer noch aus. In einigen Ländern wurden Zugeständnisse gemacht: in Indien zum Beispiel können Polizeibeamte nun zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt werden, wenn sie sich weigern, eine Anzeige wegen sexueller Gewalt anzunehmen, in Spanien hat die Bewegung höhere Strafen für das "Wolfsrudel" erzwungen und mehr Mittel im Kampf gegen sexualisierte Gewalt erhalten. Als Folge des Kampfes und der wachsenden Politisierung wurden die ersten beiden trans Frauen in den Landtag in Sao Paulo (Brasilien) gewählt, was dazu beiträgt, trans Personen sichtbar zu machen und den Kampf zu stärken.
  3. In Irland wurden Abtreibungsrechte errungen, ein Kampf, bei dem die mutige Intervention unserer Genossen*innen eine entscheidende Rolle spielte. Das Beispiel Irland hat Frauen in verschiedenen Ländern inspiriert, zu einem Sieg in Südkorea geführt und eine Bewegung in Argentinien ausgelöst, wo ein Pro-Choice-Gesetz mit einer kleinen Minderheit abgelehnt wurde und wo der Kampf weitergehen wird. Bewegungen in Spanien und Polen stoppten die Versuche konservativer Rechtsregierungen, Abtreibungsrechte wieder zurückzunehmen. Es zeigt, wie entschlossen Massenbewegungen die konservativen Kräfte in diesem wichtigen Bereich zurückdrängen können. Lehren daraus sollten in der Bewegung in den USA diskutiert werden, wo die Machtübernahme von Trump zu einem anhaltenden Angriff auf dieses Grundrecht geführt hat, ebenso wie in Norwegen, wo das Parlament das Recht auf Abtreibung eingeschränkt hat.
  4. MeToo und die verschiedenen internationalen Varianten haben Millionen von Frauen auf der ganzen Welt ermutigt, sich gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in allen Lebensbereichen, zu Hause, auf der Straße und am Arbeitsplatz, zu äußern. Wir begrüßen diesen Tabubruch in Bezug auf sexuelle Belästigung und erklären die Grenzen individueller Aktionen und Gerichtsverfahren und die Notwendigkeit, den kollektiven Kampf zu organisieren, der Justiz zu zeigen, dass Frauen das nicht mehr hinnehmen werden, und den Kampf in die Gewerkschaften und an die Arbeitsplätze zu tragen.
  5. Seitdem sind an vielen Arbeitsplätzen, auch bei Google und McDonalds, Kämpfe ausgebrochen. Im Juni 2019 führte sie zur Annahme einer Konvention gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz durch die Internationale Arbeitsorganisation [ILO]. In vielen Ländern nehmen die Gewerkschaften diesen Kampf am Arbeitsplatz bereits auf, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns.
  6. Gewalt gegen Frauen ist auch wirtschaftliche Gewalt: überall auf der Welt besteht nach wie vor ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle, das Frauen in abhängigen Positionen hält, was für viele Frauen eine "Wahl" zwischen Armut und Obdachlosigkeit oder dem Verbleiben in einer misshandelnden Beziehung bedeutet. Aber der Widerstand hat begonnen. In Island hat ein Frauenstreik ein Gesetz zur Lohngleichheit durchgesetzt (2018), in Glasgow hat ein Streik der Arbeiterinnen für gleichen Lohn, der auf spontane Solidaritätsstreiks von Müllmännern und anderen Arbeitern stieß, wichtige Zugeständnisse bei den Löhnen für die lokalen öffentlichen Angestellten erreicht (2018). 2019 fand ein beeindruckender landesweiter feministischer Streik in der Schweiz statt und der Druck auf die Regierung und die Bosse steigt.
  7. Frauen auf der ganzen Welt haben erkannt, dass es nicht ausreicht, nur bei den etablierten Parteien und Institutionen Lobbyarbeit zu betreiben. Sie haben den Kampf aufgenommen, indem sie die Kampfmethoden der Arbeiter*innenklasse wie Massenmobilisierung und Streik, einschließlich des feministischen Streiks, anwenden. Die gewonnenen Teilsiege sind wichtig, da sie die Bewegung vorantreiben, aber es ist noch viel mehr nötig, um diese weltweite Epidemie von Gewalt, Belästigung und Erniedrigung von Frauen und nicht geschlechts-konformen Menschen zu stoppen.
  8. Frauen an vorderster Front in den Kämpfen der Arbeiter*innenklasse und der Jugend

  9. Junge Frauen stehen auch überall in den ersten Reihen der Klimabewegung, von Schweden bis Kabul, nachdem weibliche Führungspersönlichkeiten bereits in allen großen Studenten*innenkämpfen eine bedeutende Rolle gespielt haben. Nicht selten wehren sie sich gegen offen sexistische Versuche der herrschenden Klasse, sie zu verspotten und herabzusetzen. In allen Massenbewegungen des letzten Jahrzehnts waren Frauen ein wichtiger Bestandteil, der die zentralen Forderungen der Bewegung mit spezifischen Frauenforderungen verbindet. 2018 gingen Hunderttausende Frauen mit dem Slogan #NotHim gegen Bolsonaro auf die Straße, in Sao Paulo waren es mehr als eine halbe Million. Trotz des Sieges von Bolsonaro ist diese Kraft als starkes Element des Widerstands gegen die Regierung der extremen Rechten nicht verschwunden und wird sich in naher Zukunft wieder erheben.
  10. Nach bereits drei Jahrzehnten Neoliberalismus, der alle Systeme der sozialen Sicherheit, der öffentlichen Dienstleistungen, des Gesundheitswesens und des leistbaren öffentlichen Wohnraums zermürbte, hat die Wirtschaftskrise von 2008 eine massive Beschleunigung des Sparkurses ausgelöst. Menschen, die an heilbaren Krankheiten sterben, weil sie sich weder Pflege noch Medikamente leisten können, ganze Familien ohne ein Dach über dem Kopf, Kinder, die ohne Essen im Bauch zur Schule gehen, Studenten*innen, die in der Sexindustrie arbeiten, um ihre Ausbildung zu bezahlen... sind selbst in den reichsten Ländern der Welt zu einem "normalen" Merkmal des täglichen Lebens geworden. Gleichzeitig sind die Arbeitsbedingungen im Sozial- und Pflegebereich, den stark weiblichen Sektoren, immer unhaltbarer geworden, mit einer Welle von arbeitsbedingten Krankheiten wie Burnouts, Depressionen und chronischen Rückenschmerzen. Die Reprivatisierung der Pflegearbeit trifft die Frauen in zweifacher Hinsicht: erstens als Arbeiterinnen in diesen Sektoren, die in der Regel niedrige Löhne und damit niedrigere Renten verdienen; zweitens als unbezahlte Arbeiterinnen zu Hause in der Betreuung von Kindern, Kranken und älteren Menschen. Die anhaltenden Sparmaßnahmen haben die ArbeiterInnen in diesen Sektoren zum Kampf gedrängt, wo z.B. bei den jüngsten Kämpfen in Nordafrika die Lehrer*innen an vorderster Front stehen.
  11. Dies ist der Hintergrund, vor dem wir heute einen weltweit entschlossenen Kampf der meist weiblichen Arbeitskräfte im Bildungs- und Gesundheitswesen sehen. Diese Kämpfe stellen Forderungen nach mehr Personal, nach Löhnen und Arbeitsbedingungen, aber auch die Forderung nach qualitativ hochwertigen und für alle zugänglichen Dienstleistungen, die den Bedürfnissen der Mehrheit der Bevölkerung und der ärmsten Schichten der Gesellschaft entsprechen.
  12. Seit den 1980er Jahren ging die Proletarisierung wachsender Schichten von Frauen, die eine grundlegende Kraft hinter der Frauenbewegung ist, mit der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, Deregulierung und der massiven Schaffung von Arbeitsplätzen in privaten Dienstleistungen einher. Dies führte zu einem massiven und wachsenden Sektor, in dem niedrige Löhne und prekäre Verträge es den Arbeiter*innen unmöglich machen, von ihrem Lohn zu leben. Viele Frauen werden in die Teilzeitarbeit gedrängt, weil sie noch immer den Großteil häuslicher Arbeit verrichten. Es gibt immer noch große Schichten von Frauen, die von den Löhnen ihrer Partner abhängig bleiben, was arme und arbeitende Frauen in Beziehungen, in denen sie nicht mehr sein wollen, gefangen halten kann. Die prekären Verträge in den oft nicht gewerkschaftlich organisierten Betrieben machen es für Frauen extrem schwierig, gegen die Belästigung am Arbeitsplatz zu kämpfen.
  13. Viele dieser Kämpfe werden von den Gewerkschaften unter dem Druck ihrer Basis aufgenommen, in der immer mehr Frauen aktiv sind. In einer ganzen Reihe von Ländern mussten sich die Arbeiter*innen außerhalb der Gewerkschaften organisieren, da sie entweder nicht präsent waren oder ihre Führungen nicht bereit waren zu kämpfen. In den Niederlanden und in West Virginia wurden die ersten Streiks im Bildungswesen durch einen Facebook-Aufruf einzelner Lehrer*innen organisiert, und erst als sich der Kampf ausbreitete, waren die Gewerkschaften bereit, ihn zu unterstützen. Diese Kämpfe waren der Schlüssel zum Wiederaufflammen einer militanten Arbeiter*innenbewegung.
  14. Unsere Genossen*innen müssen in den Gewerkschaften kämpfen, damit sie diese Themen aufgreifen - den Kampf für einen existenzfähigen Lohn und sichere Verträge für alle Arbeiter*innen sowie für qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen - aber auch den Kampf gegen Belästigung am Arbeitsplatz. Frauen der Arbeiter*innenklasse, die in allen dieser Punkte kämpfen und ihre eigenen spezifischen Forderungen aufstellen, werden den Stand der gesamten Arbeiter*innenklasse aller Geschlechter anheben, einschließlich der Verbesserung des Bewusstseins und der Einstellung zu diesen Fragen. Sozialisten*innen müssen auch dafür kämpfen, dass ihre Gewerkschaften eine Kampagne zur gewerkschaftlichen Organisierung in bisher nicht organisierten Sektoren starten. Dort, wo Gewerkschaften fehlen oder nicht bereit sind, müssen wir den Beschäftigten helfen, sich in Betriebsausschüssen und Kampagnen zu organisieren.
  15. Aber Frauen spielen nicht nur in den Kämpfen am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle. Wie die Skandale in Großbritannien über die gängige Praxis, dass schmierige Vermieter von ihren Mieterinnen Sex anstelle verlangen, gezeigt haben, bringen die hohen Preise für Wohnungen Frauen in eine sehr anfällige Position. Studien zeigen auch eine hohe Rate an sexuellem Missbrauch von obdachlosen Frauen. Es ist daher kein Zufall, dass wir vielerorts massive Kampagnen rund um das Thema bezahlbarer Wohnraum sehen, in denen Frauen eine wichtige und führende Rolle spielen, wie etwa in der PAH [Plataforma de Afectados por la Hipoteca - Plattform der von Hypotheken Betroffenen] in Spanien.
  16. Es ist auch generell so, dass Frauen eher links wählen. In den USA wählte ein geringerer Prozentsatz von Frauen als Männer für Trump. Der Unterschied ist noch größer, wenn es um die Unterstützung der harten Rechten geht. Zum Beispiel bekommt der rechtsextreme Vlaams Belang in Belgien nur halb so viele Stimmen von jungen Frauen wie von jungen Männern.
  17. Wie die Geschichte des Klassenkampfes zeigt, sind es oft die weniger organisierten Schichten der Arbeiter*innenklasse - Frauen, Jugendliche, Migranten - die zuerst in den Kampf gezogen werden. Wo es den hoch organisierten Sektoren oft gelungen ist, durch den Kampf bessere Bedingungen aufrechtzuerhalten, sind es diese Schichten, die zuerst zum Kampf gezwungen werden, weil ihr Lohn kein anständiges Leben erlaubt. Ihr Kampf spornt den breiteren Kampf der Arbeiter*innenklasse an und spielt eine wichtige Rolle bei der Wiederbelebung des Klassenkampfes.
  18. Krieg und ethnische Säuberungen stoppen

  19. Nach dem Fall der Berliner Mauer hat sich die imperialistische Herrschaft beschleunigt und in immer größeren Teilen der Welt unmenschliche Bedingungen geschaffen. Trotz der Gräuel der stalinistischen Staaten stellten die Sozialsysteme in Russland und Osteuropa immer noch ein riesiges Gegengewicht zum Kapitalismus dar. Ihre Auflösung kündigte eine neue Periode ungezügelter Eroberung und des Triumphalismus für den Weltmarkt an, der ganze neue Regionen in Armut und Elend zwingt, mit Ausbeuter Betrieben in ausgelagerten Industriezweigen und Regionen, die in die Subsistenzlandwirtschaft gezwungen werden, was die schwierigsten Bedingungen schafft.
  20. Imperialistische Kriege und Konflikte, die durch die weltweite Konkurrenz verursacht werden, bringen ganze Schichten von Frauen in die Gefahr, als Teil der Kriegsmaschinerie vergewaltigt zu werden oder aus ihren Heimatregionen fliehen zu müssen, wobei sie oft in Flüchtlingslagern landen, in denen Misshandlungen an der Tagesordnung sind oder ihr Leben und das ihrer Kinder riskieren, wenn sie versuchen, Europa oder die USA zu erreichen. Diese Bedingungen führen zu einem neuen Anstieg der offenen Sklaverei, wobei Frauen 70 % der modernen Sklaven ausmachen. Viele von ihnen - sowohl Frauen als auch Kinder und nicht geschlechts-konforme Menschen - landen in den brutalsten Bereichen der Sexindustrie.
  21. Viele der Regime, die durch die wirtschaftliche Verlangsamung unter Druck geraten sind, haben bewusst eine konservative Agenda verfolgt und patriarchalische Ideen und die Rolle der traditionellen Familie gestärkt. Auf diese Weise wurde in der Türkei und in Russland die Vergewaltigung in der Ehe aus dem Strafgesetz gestrichen, da Erdogan und Putin versuchen, an ihrer Position festzuhalten, indem sie reaktionäre Vorurteile in den rückständigsten Teilen der Bevölkerung anheizen. In Lateinamerika haben die Regierungen der Rechten und der Rechtsextremen die sozialen Grundrechte brutal angegriffen und die ärmsten Schichten am härtesten getroffen. In Brasilien, Bolivien, Ecuador, Chile,... sehen wir einen Völkermord an Schwarzen und anhaltende Angriffe auf die indigene Bevölkerung. In Brasilien führt die Regierung eine Politik der öffentlichen Sicherheit ein, die mehr Gewalt gegen Schwarze zulässt. Die Morde an schwarzen Frauen haben im letzten Jahrzehnt um 54% zugenommen. In Lateinamerika findet ein rassistischer und sexistischer Krieg statt. 
  22. Wo westliche Medien, Parteien des Establishments und internationale Institutionen wie die UNO diese Merkmale des modernen Lebens heuchlerisch kritisieren, kann man im Kampf um die Beendigung dieser schrecklichen Bedingungen, die einer kapitalistischen Gesellschaft in der Krise innewohnen, auf keine von ihnen zählen. Der Kampf wird nicht von ihnen aufgenommen und es finden sich keine Verbündeten unter ihnen. Dies wurde noch einmal deutlich mit der türkischen Invasion in der kurdischen Region in Nordsyrien, welche die relative Freiheit für Frauen, die in Rojava mit der Erlaubnis aller imperialistischen Mächte erlangt wurde, zerstört hat. In Lateinamerika haben die rechten und rechtsextremen Regierungen die sozialen Rechte brutal angegriffen, was die ärmsten Schichten am härtesten getroffen hat. In Brasilien, Bolivien, Ecuador, Chile, und anderen Ländern sehen wir einen Völkermord an Schwarzen und anhaltende Angriffe auf indigene Völker. In Brasilien führt die Regierung eine Politik der „öffentlichen Sicherheit“ ein, die mehr Gewalt gegen Schwarze zulässt. Die Morde an schwarzen Frauen haben im letzten Jahrzehnt um 54% zugenommen. In Lateinamerika findet ein rassistischer und sexistischer Krieg statt. 
  23. Wo gekämpft wird, sind es die Arbeiter*innen und die unterdrückten Schichten dieser Regionen, die Streiks, Bewegungen und regelrechte Revolten initiiert haben, bei denen die Frauen in der ersten Reihe stehen. Das ist ein auffälliges Merkmal bei den Aufständen in Nordafrika und im Nahen Osten, in Lateinamerika und im Fernen Osten. Ihre Verbündeten in diesen Bewegungen sind die Arbeiter*innen und alle anderen unterdrückten Gruppen der Gesellschaft. Überall auf der Welt stehen die Frauen an der Spitze der Kämpfe und verleihen ihnen Kraft, Entschlossenheit und Bewusstsein und sorgen dafür, dass die Bewegung auch für die Rechte der Frauen kämpft und für die radikale Veränderung des Status der Frauen.
  24. Oder wie eine Lehrerin im Sudan sagte: "Es war nicht verwunderlich, so viele Frauen an der Front bei den Märschen zu sehen. Das liegt an dem wachsenden Bewusstsein für die Rechte der Frauen. Die Frauen haben mit der Zeit erkannt, dass sie an ihren Forderungen festhalten müssen".
  25. Kein Weg vorwärts im Kapitalismus - Wir müssen wieder kämpfen, da die Errungenschaften der zweiten Welle des Feminismus durch Sparmaßnahmen und den Aufstieg des Rechtspopulismus angegriffen werden

  26. Alle Errungenschaften im Kapitalismus sind teilweise und vorübergehend und werden oft verzerrt, wenn sich der Kapitalismus an sie anpasst und sie in Profitmöglichkeiten verwandelt. Die Tatsache, dass die revolutionären Bewegungen der 60er und 70er Jahre auf halbem Wege gestoppt wurden, gab der herrschenden Klasse die Möglichkeit, die Emanzipation zu untergraben und Sexismus, Rassismus, LGBTQI+-Phobie wieder anzuheizen – nach dem Prinzip "teile und herrsche".
  27. Die erkämpfte sexuelle Freiheit wurde genutzt, um eine bösartige und Gewinn hungrige Sexindustrie zu schaffen, die die Profite aus dem Sexismus widerspiegelt und ihn fördert. Der Zugang zu Arbeit, der in den 60er und 70er Jahren eine wichtige materielle Grundlage für den Emanzipationsprozess war, wurde von den Bossen genutzt, um massiv schlecht bezahlte Arbeitsplätze, Teilzeit- und Zeitverträge zu schaffen, die keine wirtschaftliche Unabhängigkeit erlauben und neben der Tatsache, dass sie die Hauptträger unbezahlter Pflege und Dienstleistungen im Haushalt bleiben, erledigt werden müssen. Die Demokratisierung des Bildungswesens, einschließlich der Hochschulbildung, wurde nie abgeschlossen. Die Kürzungen im Bildungswesen haben zu höheren Kosten für die Studenten*innen und ihre Familien geführt, wobei eine noch nie dagewesene Zahl von Studenten*innen die billigsten Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss, um ihr Studium zu finanzieren, so dass sie immer noch oft jahrzehntelang für Studienkredite zahlen müssen.
  28. Massenbewegungen sind gegen rechte Politiker wie Trump, Bolsonaro und Pinera ausgebrochen, um nur einige von denen zu nennen, die populistische Rhetorik - und offene staatliche Gewalt - gegen die Rechte von Frauen, LGBTQI+-Leute und Immigranten einsetzen und versuchen, zu teilen und zu herrschen. Ihre Aktionen haben den rechten und rechtsextremen Gruppen und Einzelpersonen das Vertrauen gegeben, brutale Gewalt gegen diese unterdrückten Schichten zu richten.
  29. Aber ihre Maßnahmen in der Regierung haben nur die Schritte von ihren sogenannten progressiven Gegenspielern wie den US-Demokraten oder bürgerlich-sozialdemokratischen Parteien beschleunigt und vertieft. Wo die Demokraten allmählich den Zugang zu Abtreibungsrechten durch massive Unterfinanzierung der dafür notwendigen Dienstleistungen untergruben, aber gleichzeitig ein oft theoretisches Recht behielten, griffen Trump und die ganze Rechte die Abtreibungsrechte offen an.
  30. Für sozialistische Feminist*innen sind die Clintons, die Mays, die Merkels, die Lams der Welt, Klassenfeinde - unsere Verbündeten sind die Bewegungen der Arbeiter*innenklasse und die Bewegungen aller unterdrückten Menschen. Die Arbeiter*innenklasse hat die Macht und die Fähigkeit, diese Kämpfe gegen den gemeinsamen Feind, die parasitäre kapitalistische Elite, zu vereinen und die Gesellschaft zu gestalten.
  31. Was ist ein sozialistisch-feministisches Programm und wie verändert es das Leben für alle?

  32. Die Rolle der Arbeiterinnen bei der Wiederbelebung des Kampfes der Arbeiter*innenklasse und die Rolle der Frauenbewegung bem Vorantreiben und Stärken der Massenkämpfe, die in der jüngsten Vergangenheit ausgebrochen sind, haben noch einen weiteren wichtigen Aspekt: Sie bringen in all diese Kämpfe Forderungen ein, die auf die Notwendigkeit hinweisen, die Gesellschaft grundlegend zu verändern.
  33. Die feministische Bewegung hat den internationalen Frauentag als Tag des Massenkampfes wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Unsere Sektionen müssen das aufgreifen, in ihn eingreifen oder eigene Initiativen starten, um für eine sozialistische feministische Strategie und ein sozialistisches Programm zu kämpfen und diesen Tag für den Arbeiter*innen-Feminismus zurückfordern, wie er von Anfang an gedacht war.
  34. Diese Bewegungen werden in der kommenden Periode weiter wachsen, mit Höhen und Tiefen wenn Siege und Niederlagen ihre Wirkung entfalten werden. Aber das brennende Bedürfnis der Frauen nach voller Emanzipation wird sie zu sozialistisch-feministischen Ideen drängen, da das Programm zur Emanzipation der Frau und das Programm zum Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft ein und dasselbe sind.
  35. Wir sahen einen Einblick in das, was in einer Welt möglich ist, als die parasitäre Elite durch eine Arbeiter*innenrevolution und die ersten Schritte zur Transformation der Gesellschaft in eine sozialistische Richtung in den ersten fünf Jahren nach der russischen Revolution von 1917 von der Macht vertrieben worden sind.
  36. Frauen erhielten zum ersten Mal in der Geschichte nicht nur das Wahlrecht, sondern auch das Recht auf Abtreibung und Scheidung auf Verlangen, Mutterschaftsurlaub und andere besondere Arbeitsbedingungen, welche die doppelte Rolle der Frau in der Gesellschaft - Produktion und Reproduktion - berücksichtigten. Kostenlose öffentliche Dienstleistungen wie Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheitsfürsorge und Wohnen trugen wesentlich zur Emanzipation und Befreiung der Frauen von der doppelten Tagesaufgabe und der zweitklassigen Stellung, die sie in der Klassengesellschaft einnehmen, bei. Umfangreiche Rechte für nationale Minderheiten im [ehemaligen] Zarenreich, einschließlich des Selbstbestimmungsrechts der unterdrückten Nationen und der Rechte der LGBTQI+ - Menschen wurden eingeführt.
  37. Die Verstaatlichung von Schlüsselsektoren der Wirtschaft, einschließlich des Finanzsektors, und die Abschaffung der Staatsverschuldung setzten die Mittel für diese Verbesserungen frei, selbst in einer der ärmsten und rückständigsten Regionen der Welt. Sie ermöglichte ein wirklich demokratisches Funktionieren der Gesellschaft, wobei sich die Demokratie nicht auf das Wahlrecht beschränkte, sondern die Arbeiter*innen durch sowjetische Strukturen von unten, die die Produktion und die Dienstleistungen zum Nutzen der gesamten Bevölkerung kontrollieren, betreiben und planen.
  38. Die Führer*innen der russischen Revolution verstanden nicht nur die Rolle, welche die Frauen - die Hälfte der Arbeiter*innenklasse - in der Revolution spielen konnte, indem sie besonders auf ihre [gemeint: Frauen-] Organisation innerhalb der Organisationen der Arbeiter*klasse achteten, sondern auch die Schlüsselrolle, die sie beim Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu spielen hatten. Als die wichtigsten Pflegerinnen in jeder Form der Klassengesellschaft sind sie der Schlüssel, um zu wissen - und sich zu organisieren - was nötig ist, um zu einer Gesellschaft zu kommen, in der das individuelle Wohlergehen jedes einzelnen Menschen die Verantwortung der gesamten Gesellschaft ist und nicht die Last der meist weiblichen Familienmitglieder.
  39. Die begrenzten materiellen Ressourcen, die dem Staat zur Verfügung stehen, und die Bedingungen, die durch den jahrelangen Krieg gegen die innere und äußere Konterrevolution geschaffen wurden, belasten die Pläne und Absichten der Bolschewiki in dieser Angelegenheit außerordentlich. Doch ein Jahrhundert später stechen ihr Erbe und ihre Errungenschaften immer noch hervor.
  40. Tragischerweise wurde dieser wirklich inspirierende Aufbau des ersten Arbeiter*innenstaates, der durch kollektive demokratische Organisation eine beispiellose individuelle Freiheit für alle bot, durch das Scheitern der revolutionären Bewegungen in den fortgeschritteneren Ländern gestoppt; nicht durch den Willen der Massen dieser Länder, sondern durch den Verrat ihrer Führungen. Die Isolierung der russischen Revolution und die Zermürbung der Arbeiter*innenklasse durch den jahrelangen Bürgerkrieg, verbunden mit der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rückständigkeit, die vom alten zaristischen Regime geerbt wurde, bildete die Grundlage einer politische Konterrevolution in Form der Herausbildung einer privilegierten Bürokratie an der Spitze des Staates. Diese Bürokratisierung führte zur Aushöhlung vieler Errungenschaften der Revolution; es überrascht nicht, dass unter die Rechte von Frauen, Jugendlichen, nationalen Minderheiten und der LGBTQI+ Community die ersten Ziele dieser Angriffe waren. Sie führte zu einem entsetzlichen autokratischen System.
  41. Jeder neue Versuch, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, muss diese Lehren berücksichtigen, darunter die alles entscheidende Rolle einer revolutionären Partei und die Notwendigkeit, dass die Arbeiter*innenklasse ihre Einheit mit allen Unterdrückten aufbauen muss, um zu gewinnen. Revolutionär*innen müssen Teil der Bewegungen aller unterdrückten Schichten der Gesellschaft sein und von ihnen lernen: zum Beispiel die LGBTQI+ Bewegung, die zeigt, dass die Hetero-Norm etwas ist, das alle betrifft, die Frauenbewegung, die zeigt, dass auch Männer durch strikte Geschlechterrollen in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt sind, oder die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien, die zeigt, dass der gesamte spanische Staat undemokratisch ist. Die Arbeiter*innenklasse kann sich nur als Befreier der gesamten Menschheit befreien.

 

Webtipp: ROSA International Socialist Feminists

Website: www.rosainternational.org

Facebook-Seite: www.facebook.com/RosaSocialistFeminists

 

Kampagne: NICHT MIT MIR

"Nicht mit mir" ist eine Initiative der Sozialistischen LinksPartei (SLP) und Teil des internationalen Netzwerkes sozialistischer Feminist*innen ROSA. Werde mit uns aktiv!

Mehr Infos: www.facebook.com/nichtmitmir2014

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