Kitzbühel - Ein Einzelfall?

Wir müssen gemeinsam für soziale Verbesserungen kämpfen, die Gewalt an Frauen zurückdrängen können.
Moni Jank und Sarah Moayeri

Nach dem Fünffach-Mord in Kitzbühel ist wieder einmal klar geworden, wie dringend der Kampf gegen Gewalt an Frauen ist. In den bürgerlichen Medien ist die Rede von “Familien- oder Beziehungsdramen”. Damit werden die Morde verharmlost und ignoriert, dass es sich bei Frauenmorden um ein gesellschaftlich produziertes Problem handelt. Denn Gewalt gegen Frauen ist weder eine Ausnahme, noch ein “privates” Problem, sondern Alltag. Jede 5. Frau ab dem 15.Lebensjahr war schon körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt, mindestens jede 3. Frau wurde schon einmal sexuell belästigt.

In den vergangenen vier Jahren hat sich die Zahl der Frauenmorde in Österreich mehr als verdoppelt. Dass es sich bei den Tätern überwiegend um (Ex-)Partner oder Familienmitglieder handelt, ist weder Zufall noch auf eine pauschale Gewalttätigkeit von Männern zurückzuführen, sondern mit Familienstrukturen im kapitalistischen System verbunden. Einerseits profitiert der Kapitalismus davon, Hausarbeit und Kindererziehung auf die Familie - und damit auf Frauen abzuwälzen, andererseits spaltet er uns, indem mit “traditionellen” Rollenmustern Frauenunterdrückung verfestigt wird. Männer sollen dominant sein, Frauen werden als Besitz des Mannes gesehen.

Kürzungspolitik und Sparmaßnahmen sind außerdem der soziale Boden, auf dem Gewalt gegen Frauen wächst: Frustration und Armut befördern Gewalt, Frauen können es sich nicht leisten, auszubrechen. Neben gut ausgestatteten Frauenhäusern, Gewaltprävention usw. braucht es deshalb v.a. soziale Verbesserungen. Denn es ist oft nicht nur aus emotionalen, sondern aus finanziellen Gründen ein schwerer Schritt, einen gewalttätigen Mann zu verlassen. Wir brauchen gleiche Löhne für Männer und Frauen, ein Einkommen, von dem man leben kann und Wohnraum, den man sich auch ohne Partner leisten kann. Der ÖGB muss an genau diesen Fragen aktiv werden und so eine gewerkschaftliche Kampagne gegen Gewalt an Frauen organisieren, sowohl am 25. November als auch darüber hinaus. 

 

Kürzungspolitik statt echter Antworten

Die Kürzung der Mindestsicherung zur Sozialhilfe Neu erhöht u.a. den Beschäftigungsdruck auf Bezieher*innen, kürzt bei Mehrkindfamilien (v.a. von Alleinerzieher*innen) und Migrant*innen (weil an Nachweise von Sprachkenntnissen gekoppelt). Frauen sind besonders hart betroffen, da sie stärker auf Mindestsicherung angewiesen sind. Wien wollte die Kürzung nicht umsetzen - ob das bei schwarz-grün hält?

Frauenhäuser sind überfüllt. Aufgrund von Platzmangel oder ihrer Obdachlosigkeit werden viele abgewiesen. Im ländlichen Raum ist der Zugang oft schwerer. 2018 wurde dem Verein Autonomer Frauenhäuser durch das Frauenministerium 6000€ gestrichen. Insgesamt wurden in den letzten beiden Jahren mehr als 400.000€ bei Fraueninitiativen - viele arbeiten im Bereich “Gewalt” - gekürzt.

2017 kürzte die schwarz-blaue Regierung in Oberösterreich die Wohnbeihilfe. Die Voraussetzung einer Erwerbsarbeit oder Sozialversicherungsleistung ist von 36 auf 54 Monate innerhalb der letzten fünf Jahre gestiegen. Nachweise von Deutschkenntnissen müssen vorgebracht werden. Die Miete darf max. 7€/m2 betragen, wobei nur max. 3,50€/m2 gefördert werden. Ausziehen wird schwerer, wenn Wohnen zu teuer ist. 

Das “Gewaltschutzpaket”, noch von ÖVP/FPÖ initiiert, bedeutet höhere Strafen für Gewalttäter. Ausführende medizinischer und therapeutischer Berufe sind verpflichtet, bei Verdacht Anzeige zu erstatten. Gewaltpräventionskurse müssen vom Täter selbst bezahlt werden - Maßnahmen, die von Expert*innen und Frauenhäusern als nicht hilfreich gesehen werden. Sie sollen Law & Order legitimieren und Stimmen fangen.

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