Betrieb und Gewerkschaft

Von Pflegedemo zu Streiks

Um Verbesserungen in der Pflege durchsetzen zu können, müssen echte Kampfmaßnahmen folgen
Sarah Moayeri

4.000 Beschäftigte und Auszubildende aus dem Gesundheitsbereich haben trotz kurzfristiger Mobilisierung am 9.11. in Wien für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert, zuvor schon 500 in Graz. Einen Tag später haben die zuständigen Gewerkschaften unter dem Motto “5 nach 12” symbolische Aktionen in Spitälern organisiert. Es ist gut, dass sich die Gewerkschaften für eine solche Mobilisierung zusammengetan haben, auch um der Zersplitterung in der Branche entgegenzuwirken. Die Stimmung ist explosiv, schon vor Corona war die Situation für die Beschäftigten eine Zumutung, die Pandemie hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Gewerkschaftsführungen mussten mit solchen “Dampfablassaktionen” der Stimmung ein wenig nachgeben. 

Aber so viel mehr wäre nötig, um die Forderungen nach mehr Personal, einem Corona-Bonus für alle und bezahlter Ausbildung tatsächlich durchsetzen zu können. Viele Kolleg*innen sind streikbereit und Streiks werden der einzige Weg sein, den höchstmöglichen Druck aufzubauen. Weder die Bundesregierung noch die Landesregierungen werden sich von Demonstrationen beeindrucken lassen, auch wenn sie ein wichtiger erster Schritt waren. Als SLP schlagen wir vor, in den nächsten Wochen durch eine Vernetzung von Kolleg*innen den Druck von unten auf die Gewerkschaftsführungen für die Vorbereitung von Streiks zu erhöhen. 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Sozialbereich: Verbesserungen jetzt!

Michael Gehmacher, Betriebsratsmitglied Samariterbund - WSD

Wer nach den Kollektivverträgen von „Sozialwirtschaft Österreich - SWÖ“, Caritas und Diakonie arbeitet, hat, nach zwei sehr geringen Gehaltserhöhungen 2020 und 2021, jetzt eine Mini-Arbeitszeitverkürzung. Bei den wenigen Vollzeitbeschäftigten wird die wöchentliche Arbeitszeit von 38 auf 37 Stunden verkürzt, Lohn oder Gehalt und alle Zulagen bleiben aber gleich wie 2021. Ein massiver Reallohnverlust! Bei den vielen Teilzeitbeschäftigten bleibt die Wochenstundenanzahl gleich, die Bezahlung erhöht sich um magere 2,7%.

Die Wut in der Branche steigt und es tut sich viel: Anfang Oktober gingen in Innsbruck hunderte Kolleg*innen auf die Straße, dann die Proteste im Kindergartenbereich. In Graz beteiligten sich tausende Kindergärtner*innen und Beschäftigte aus der Pflege an Protestaktionen. Viele von ihnen arbeiten nach SWÖ, Caritas oder Diakonie KV, die Kolleg*innen sind also bereits aktiv und kampfbereit.

Ihre Anliegen müssen in vorgezogene Lohn- und Gehaltsverhandlungen einbezogen werden. Dafür steht die kämpferische Basisinitiative “Sozial, aber nicht blöd”. Am 9. und 10. 11. gingen tausende Pfleger*innen vor allem aus Spitälern auf die Straße. Alle Aktionen zeigen: Egal ob öffentlich oder privat, ob Kindergarten oder Spital: Gemeinsame Kämpfe sind möglich und sehr viele Kolleg*innen wollen sie auch! 

Die zuständigen Gewerkschaften müssten die Aktionen zusammen ühren und den Schulterschluss mit kämpfenden Beschäftigten aus anderen Branchen suchen. Aber weil sie genau das nicht tun, versucht “Sozial, aber nicht blöd”, verschiedene kämpferische Basisgruppen zusammenzubringen und Kolleg*innen aus verschiedenen Bereichen für gemeinsame Aktionen zu mobilisieren.

Egal wo: Es brodelt an allen Ecken und Enden in unserer Branche! Dem Aufruf für einen Aktions- und Streiktag für eine Erhöhung über dem Metallerabschluss würden tausende Kolleg*innen folgen. Diese Chance gilt es jetzt zu nutzen! Mit Betriebsversammlungen, gemeinsamen Aktionen und auch gemeinsamen Streiktagen! Als “Alternative” zu einem ordentlichen Abschluss in vorzeitigen KV-Verhandlungen schlagen wir eine starke Kampagne für einen Coronabonus von mindestens 250 monatlich vor, um die verlorenen letzten 3 Jahre auszugleichen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Kurznachrichten aus Betrieb & Gewerkschaft (Dezember 2021 / Jänner 2022)

Lukas Kastner

- Zahnlos

Mit der Aktionswoche „Stress lass nach“ gegen wachsenden Arbeitsdruck will die GPA offenbar für Weihnachtsstimmung sorgen. Denn die Initiative ist nicht mehr als ein Brief ans Christkind. Anstatt Kampfmaßnahmen zu organisieren, gibt es Appelle an Firmen und Tipps, was man selbst tun kann. Forderungen wie eine Personaloffensive oder Arbeitszeitverkürzung fehlen. Eine derartige Symbolpolitik hilft Beschäftigten nicht.   

 

- Zuwenig

Seit Beginn von Corona haben die Beschäftigten im Handel ihre Wichtigkeit bewiesen. Darauf ließen sich Streiks für massive Lohnerhöhungen aufbauen. Doch die Gewerkschaftsspitze fordert in den KV-Verhandlungen 3,5% und liegt damit sogar unter der Teuerung des Oktobers. Ein Grund mehr, alle Entscheidungen über Forderungen und Annahme/Ablehnung von Ergebnissen den Beschäftigten selbst zu überlassen. 

 

- Routine

In der Metallindustrie gleicht das Verhalten der Gewerkschaftsführung einem einstudierten Eiertanz. Jedes Jahr werden Betriebsversammlungen und Streiks angekündigt, halbherzig begonnen und dann ein Rückzieher gemacht. Auch dieses Jahr war der Abschluss von 3,5% weit hinter der Forderung der Gewerkschaften und hinter dem, was v.a. angesichts der Wut der Kolleg*innen (auf den öffentlichen Streikkundgebungen) möglich war.    

 

- Bremsklotz!

Auch die Lohnerhöhung der Eisenbahner*innen liegt mit 3,7% kaum über der Oktoberinflationsrate – und das, nachdem sie 2020 nur 1,3% betragen hatte. Anstatt die Kolleg*innen in die Verhandlungen einzubinden, sollten die Betriebsrät*innen erst nach der nun abgeschlossenen Lohnrunde im Detail informiert werden. Kein Wunder, dass die Gewerkschaft immer mehr als Teil des Managements gesehen wird. 

 

- Planlos

Bei den Verhandlungen der öffentlich Bediensteten sind die Forderungen der Gewerkschaft besonders mickrig. Auch nach Protesten von Beschäftigten im Gesundheitsbereich fordern deren Gewerkschaften younion und GÖD weniger als die Inflation (2,1%). Dabei zeigen internationale Erfahrungen z.B. bei Charite/Vivantes in Berlin, dass offensive Forderungen auch in diesen Bereichen durch Streiks durchgesetzt werden können.

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Graz: Proteste der Elementarpädagogik

Moritz Bauer

Am 13.11. protestierten in Graz über 2.000 Menschen für Verbesserungen in Kindergärten, -krippen und Horts. Gemeinsam mit Eltern und solidarischen Menschen forderten Pädagog*innen und Betreuer*innen kleinere Gruppen und mehr Personal, bessere Bezahlung und gleichen Lohn für gleiche Arbeit sowie Ausfinanzierung und bessere, einheitliche Standards. Damit gab es nach den de facto Streiks in Wien (siehe Vorwärts Nr. 297) nun auch in der Steiermark Proteste. Vielen wütenden Kolleg*innen war aber klar: “Wir sollten auch schon längst streiken!”. ROSA und SLP-Aktivist*innen setzen daran an und betonten, dass es nötig ist, Kämpfe zu verbinden, sich zu organisieren und Druck auf die Gewerkschaft aufzubauen, um Verbesserungen zu erkämpfen und Krisen und Kapitalismus zu überwinden.

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Berlin: Streik im Krankenhaus wirkt!

Nicht der Streik, sondern der Normalzustand gefährdet die Patient*innen!
Severin Berger

Schon lange vor der coronabedingten Zusatzbelastung war vielen Beschäftigten im Gesundheitsbereich klar, dass sie ihre Arbeit unter den derzeit herrschenden Bedingungen kaum durchführen können. Personalabbau, unendliche Überstunden, Mängel bei Equipment und Hygiene und daraus folgende Gefahren - das, und noch viel mehr, steht für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen auf der Tagesordnung. Gerade mit der Pandemie sollte es daher nicht erstaunlich sein, dass Widerstand gegen diese Umstände aufkommt, so wie dieses Jahr in Deutschland im Zuge der Berliner Krankenhausbewegung.

Beschäftigte von Deutschlands größtem Lehrkrankenhaus Charité bzw. den Vivantes-Spitälern sowie von Vivantes-Tochterunternehmen starteten im Frühjahr diese Bewegung mit konkreten Zielen für Verbesserungen. Es soll durch einen verbindlichen Personalschlüssel zu einer Entlastung der Beschäftigten kommen, zusätzlich wird auch ein Belastungsausgleich bei Unterbesetzung und bessere Ausbildungsangebote gefordert. Für Personen, die bei den Tochterunternehmen von Vivantes beschäftigt sind, wird außerdem die Bezahlung nach TVöD (Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst) verlangt, um effektiv gegen Niedriglöhne vorgehen zu können.

All diese Punkte wurden von Vertreter*innen der Initiative am 12. Mai, dem Tag der Pflege, in Form einer Petition mit 8.397 Unterschriften von betroffenen Kolleg*innen an die Klinikleitungen und den Berliner Senat übergeben. Zeitgleich mit dieser Übergabe wurde auch ein 100-Tage Ultimatum gesetzt, um die rot-rot-grüne Berliner Politik endlich in Zugzwang zu bringen.

Statt den Forderungen der Kolleg*innen jedoch nachzukommen, versuchte Vivantes, die angekündigten Warnstreiks am Ende des Ultimatums mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung zu unterbinden - dieses Streikverbot wurde jedoch bereits kurz darauf durch einen Gerichtsbeschluss wieder aufgehoben.
Durch solche Einschüchterungsversuche wurde die Stimmung nur weiter aufgeheizt, wie sich spätestens in der Urabstimmung der Gewerkschaft ver.di zeigte, welche mit einer Zustimmung von rund 98 % zu unbefristeten Streiks ab dem 9. September führte.

Diese Streiks dauerten dann an der Charité bis zum 7. Oktober und bei Vivantes bis zum 12. Oktober an - beendet wurden sie jeweils durch die Unterzeichnung von Eckpunktepapieren, auf deren Grundlage dann bis zum 15. Dezember Tarifverträge ausgehandelt werden sollen.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Streiken wirkt! Sogar an Krankenhäusern! Auch 2015 gab es an der Charité erfolgreiche Tarifvertragsabschlüsse in Folge einer großen Streikbewegung, und auch damals zeigten sich viele Beschäftigte um einiges kämpferischer als es sowohl Unternehmen wie auch Politik und Gewerkschaft erwartet hätten. Schon 2015 wurde versucht, Streiks zu verhindern, nur um festzustellen, dass durch die gute Organisation und die große Unterstützung im eigenen Betrieb und von außen, Patient*innen sich teilweise während der Streikbewegung sogar besser versorgt gefühlt haben als davor.

Auch Mitglieder der SAV (Sozialistische Alternative) waren damals Teil der Streikleitung und konnten durch ihre Erfahrungen aus vergangenen Bewegungen einen wichtigen Beitrag dabei leisten, die Anliegen der Kolleg*innen an der Charité einzufordern.

Nicht nur in Deutschland gibt es Streikpotential und -bedarf im Gesundheitssektor, auch in vielen anderen Ländern gewinnen ähnliche Initiativen immer mehr Mitstreiter*innen. Momentan sehen wir in Österreich die Anzeichen einer Welle von Kämpfen im Gesundheits- und Sozialbereich. Anfang November gab es erste Proteste von Ärzt*innen und Pflegepersonal - eine Demonstration mit 4.000 Teilnehmer*innen am 9.11. und einen Tag darauf österreichweite symbolische Aktionen, bei denen viele Angestellte um „5 nach 12” kurzfristig die Arbeit niederlegten. Dies ist einer der größten Pflegeproteste hierzulande seit Jahren und zeigt, wie viel Potential vorhanden ist und dass sich die betroffenen Menschen organisieren wollen und werden. Die Reaktionen auf die Fragen nach Streik waren durch die Bank positiv und machen nochmal deutlich, wie groß der Unterschied zwischen den Kolleg*innen und den Gewerkschaftsfunktionär*innen wirklich ist.

In Anbetracht dessen können wir von der Gewerkschaftsführung nicht erwarten, Maßnahmen zu setzen, um unsere Anliegen tatsächlich zu verwirklichen, der Druck, dies zu tun muss von unten her organisiert werden und kann durch Basisinitiativen wie “Sozial aber nicht blöd” unterstützt werden.

Doch was braucht es, um endlich wirkliche Verbesserungen zu schaffen? Die Forderungen müssen sich ausweiten auf eine komplette Umstrukturierung. Nur ein Gesundheitssystem in öffentlicher Hand, ohne externe Profitinteressen kann wirklich sinnvolle Dinge für Patient*innen und Angestellte in Angriff nehmen. Den Fokus auf das Gesundheitssystem alleine zu halten, ist heutzutage allerdings kaum noch möglich, es wird immer wichtiger, die Kräfte für Veränderungen in allen Bereichen unserer Gesellschaft zu verknüpfen und zu erkennen, wie sich die Arbeitskämpfe gegenseitig stützen, um noch mehr kämpferisches Potential, aber auch ökonomische Kraft gegen die Machthabenden einsetzen zu können.

Mehr Infos auf www.sozialismus.info

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Pflegeproteste in Graz

ROSA

„Es ist 15 nach 12!“, so könnte man die momentane Situation in der Pflege beschreiben. Schon vor der Pandemie waren die Arbeitsbedingungen miserabel. 2 Jahre später hatten sich die zahlreichen Missstände, insbesondere durch Corona, um ein Vielfaches verstärkt. Der anfängliche Applaus ist schnell verblasst, übrig blieben nur Frustration und Ernüchterungen bei vielen Beschäftigten. Nun scheint sich diese Wut jedoch im ganzen Land in Widerstand zu verwandeln: Letzte Woche protestierten Linzer Pflegekräfte für mehr Mittel für die Pflege im oberösterreichischen Landesbudget. In Salzburg gingen rund 2.500 Pflegekräfte für „faire Arbeitsbedingungen“ auf die Straße. Hunderte Pfleger*innen in der Steiermark und OÖ legten vergangenen Mittwoch für einige Minuten ihre Arbeit nieder und stellten sich vor die Tore ihrer Einrichtungen, um zu signalisieren, dass es so nicht weitergehen kann!

Wir waren auch auf der Menschenkette für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege vor dem steirischen Landtag. Es wurde ein lautstarkes Zeichen für mehr Personal, kürzere Arbeitszeiten bessere Bezahlung und eine deutliche Aufstockung der Ausbildungsplätze im Pflegebereich gesetzt.

Aktivist*innen von ROSA malten extra dafür ein Transparent mit der Aufschrift „Schüler*innen & Studierende solidarisch mit Kolleg*innen im Gesundheitsbereich“. SLP-Aktivist und Krankenpfleger Jan Millonig hielt eine Rede wo er dazu aufrief den Druck weiter zu erhöhen, weil die Regierung lieber große Unternehmen und Konzerne sponsert als die Pflege. Außerdem lud er dazu ein für den 8. März als einen Aktionstag für genau diese Forderungen zu mobilisieren. Ihr könnt ich die ganze Rede auf Facebook anschauen: https://fb.watch/a1lkt5_mS4/

Das Flugblatt der SLP mit Vorschlägen für nächste Kampfmaßnahmen und Streiks kam sehr gut an. Genau darüber diskutierten wir mit vielen der mehrheitlich in der Pflege beschäftigten Teilnehmer*innen. Passend dazu wurde die Einladung zu der gestrigen Online-Veranstaltung: Lehren aus der Berliner Krankenhausbewegung mit einer Aktivistin aus Berlin, die in den dortigen Krankenhausstreiks aktiv war, gerne angenommen. Am folgenden Aktionstag: Gesundheit statt Profite sammelten wir nochmals viele Unterschriften für die Forderung nach einem Corona-Bonus von 205 € pro Monat Pandemie und 20 % mehr Personal.

Pflegeproteste zu Streiks ausweiten!

Jan Millonig

Protestation "15 nach 12"
Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Protestation "15 nach 12"
Ordensklinikum Linz Elisabethinen

SLP-Aktivist*innen vor dem
Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Lichtermeer der Pflegekräfte
in Salzburg

SLP-Aktivist*innen auf der
Pflegedemo in Salzburg

"Mehr für Care!"-Kundgebung
Linz

ROSA- und SLP-Aktivist*innen
in Linz

Landesweite Pflegeproteste klingen nicht ab

Auch diese Woche war wieder geprägt von Protesten der Pflegekräfte. Am Montag organisierten Betriebsrät*innen oberösterreichischer Pflegeheime eine Mahnwache/Kundgebung mit dem Titel „Mehr für Care!“ in Linz um mehr Mittel für die Pflege im gerade verhandelten Landesbudget zu fordern. Am Dienstag fand in Salzburg eine Demonstration/Lichtermeer von 2.500 Pflegekräfte statt. Am Mittwoch stellten sich zum wiederholtem Male in Oberösterreich und der Steiermark Kolleg*innen vor ihre Einrichtungen um zu signalisieren, dass es „5 nach 12“ bzw. mittlerweile „15 nach 12“ ist. Die Aktionen fanden vor allen oö. Ordensspitälern und konfessionellen Altenheimen und allen steirischen Krankenhäusern und Volkshilfe-Einrichtungen statt (Bilder: Gewerkschaft vida, Gewerkschaft GPA Steiermark; ORF-Bericht). Außerdem ist für morgen Freitag in Graz eine Menschenkette für die Pflege von der KPÖ Steiermark geplant.

Die “5 nach 12”-Protestaktionen, also sich während der Arbeitszeit (ohne organisierten Streik) sich kurz 5 min vor die Türe zu stellen, fanden bereits im November statt. So beeindruckend die Aktionen auch waren, so beschränkt sind doch ihr Ausmaß. Die Wiederholung davon zeigt zweierlei: Einerseits ist der Druck bei den Beschäftigten scheinbar sehr hoch und die Gewerkschaften sehen sich gezwungen dem Ausdruck zu verleihen. Anderseits aber haben die Gewerkschaften offensichtlich keine Strategie den Kampf weiter auszuweiten und „härtere“ Kampfmaßnahmen zu organisieren. In Wahrheit weicht die Taktik immer nur Teilbereiche und diese nacheinander zu mobilisieren (zuerst öffentlich, dann private; nicht in allen Bundesländern gleichermaßen usw.) die Kampfkraft auf.

Doch die Eigeninitiative der oö. Betriebsrät*innen mit ihrer Protestkundgebung für mehr Geld und die Aussage der Betriebsratsvorsitzenden der Volkshilfe Steiermark, Beatrix Eiletz: “Wenn es sein muss, wird es auch zu Streiks kommen.” zeigen, dass die Kolleg*innen Kämpfen wollen und die Einzelaktionen der Gewerkschaften dem nicht gerecht werden.

Umso geiziger die Regierung ist, umso härter müssen wir kämpfen!

Denn: „Es ist 5 nach 12 gilt auch für den Widerstand selbst. Nach zwei Jahren Corona ist es längst überfällig endlich anzufangen die Interessen der Kolleg*innen im Gesundheits- und Sozialbereich zu verteidigen.“, meint Jan Millonig, SLP-Aktivist und selbst bis vor kurzem Krankenpfleger.

Tatsächlich hat die Regierung den Spitälern und Pflegekräften nicht einmal die kleinste Verbesserung zugestanden. Es gab sogar Budgetkürzungen. Der mikrige Corona-Bonus wurde viel zu spät und an viel zu wenige Berufsgruppen ausgezahlt. Jetzt nach zwei Jahren Pandemie kündigte der Ministerrat eine „Finanzspritze“ von 750 Mio. Euro für die Spitäler an. Das gleicht gerade mal die Verluste bzw. den Mehraufwand aus, von Investitionen oder Ressourcenausbau kann hier nicht die Rede sein. Gleichzeit wurde die Steuerreform abgesegnet, die den Unternehmen und Konzernen allein durch die KöSt-Senkung 780 Mio. schenkt, ganz abgesehen von den 40 Milliarden (!) Wirtschaftshilfen seit Beginn der Corona-Krise. Hier werden Profite genährt und bei Gesundheit gespart!

Deshalb meinte auch SLP-Aktivist Peter Hauer in seiner Rede auf der Kundgebung in Linz: „Es wird Zeit, dass wir uns organisieren. Es wird Zeit, dass wir streiken. Es wird Zeit, dass wir unser Stück vom Kuchen holen!“

Wenn die Gewerkschaftsführung ihre eigenen Forderungen ernst meint, dürfen sie nicht bei Appellen und Medienaktionen stehen bleiben. Besonders für die Forderungen nach mehr Personal und Arbeitszeitverkürzung wird es viel mehr Druck brauchen um hier wirklich was zu erreichen. Die Gewerkschaften müssen endlich einen Aktionsplan mit eskalierenden Arbeitskampfmaßnahmen, inklusive Streiks, rausrücken. Wir müssen den Druck auf die Landes- und Bundesregierungen so lange zu erhöhen bis sie einlenken.

Streiks auch in der Pandemie möglich

Die Pandemie-Situation darf hier keine Ausrede sein, um Beschäftigte nicht zu mobilisieren oder das Streiks nicht möglich wären. Bei Demonstrationen im Freien ist das Infektionsrisiko bei Einhaltung der Maßnahmen extrem gering. Bei Streiks in Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen Sozialeinrichtungen, geht es nicht darum Patient*innen „liegen zu lassen“, sondern zu zeigen, dass „ohne uns nichts geht“. Natürlich muss ein Notbetrieb zur Versorgung der Patient*innen und zu Pflegenden organisiert werden, aber andere Leistungen (Teile der Dokumentation und Administratives, Beratungsgespräche, bestimmte Kontrolluntersuchungen usw.) können bestreikt werden. Das alles sollte demokratisch von den Beschäftigten selbst geplant und entschieden werden. Selbst in Einrichtungen wo der Spielraum die Arbeit niederzulegen sehr gering ist, kann man sich symbolische Aktionen überlegen. Dafür können andere Bereiche, wie z.B. gewisse Ambulanzen, umso radikaler streiken. Deshalb ist es so wichtig, dass ein gemeinsamer Streik quer über alle Sektoren des Gesundheits- und Sozialbereichs aufgebaut wird.

Und die Solidarität der Bevölkerung und Patient*innen/Klienten*innen, die aktuell so hoch wie noch nie ist, zu mobilisieren! Ob durch Demonstrationen oder dass Angehörige Klient*innen eine Zeit lang selbst zu Hause versorgen.

Bespiele, wie die Streiks im Berliner Krankenhaus Charité, wo durch ausgedehnte Streiks tatsächlich ein besserer Personalschüssel erkämpft wurde, oder die Erfahrungen der Streiks der letzten Jahre im privaten Sozialbereich in Österreich, zeigen nicht nur was möglich ist, sondern daran kann man auch praktisch anknüpfen.

Werde mit uns gemeinsam aktiv - machen wir uns “streikbereit”!

Doch die Gewerkschaftsführung zeigt bis jetzt weder Willen noch Fähigkeit hier einen ernsthaften Kampf für wirkliche Verbesserungen aufzubauen. Auch wenn sie sich in naher Zukunft zu immer weiteren Maßnahmen gezwungen sehen wird, befürchten wir, dass das im Endeffekt zu wenig sein wird. So müssen wir es selbst in die Hand nehmen indem wir die stattfindenden Proteste unterstützen, eigene Initiativen setzen und Druck auf die Gewerkschaftsführer*innen machen. Die SLP regt mit der Basisinitiative „Wir sind sozial, aber nicht blöd.“ deshalb gerade eine „streikbereit!“-Kampagne an. Diese soll als Möglichkeit sich zu organisieren und zu vernetzen dienen, praktische Unterstützung wie Streik-Workshops anbieten und durch Petitionen und Aktionen die Gewerkschaftsführung auffordern endlich den notwendigen Kampf zu organisieren. Denn das Potential für Widerstand ist groß!

Ein erster Schritt in diese Richtung soll unser Aktionstag "Gesundheit statt Profit" am Samstag, 18. Dezember sein. Hier könnt ihr bei den Aktionen teilnehmen!

Interview mit ehem. Handelsangestellten: "Die meisten arbeiten dort nur Teilzeit. Die sollen davon leben können."

Eine junge Kollegin, die anonym bleiben möchte, hat mit uns im Chat-Interview über die Verhältnisse im Handel gesprochen.

Du warst bis Mai 2021 bei einem Diskonter beschäftigt. Wie waren dort die Arbeitsbedingungen und wie hast du die Corona-Krise im Handel erlebt?

Ich war zuerst knapp eineinhalb Jahre für 20 Wochenstunden beschäftigt. Anfangs bekam ich wenig vom Stress in dieser Branche mit, aber als dann die Corona-Krise auf uns zukam, traf er mich mit voller Wucht. Die Leute kauften alles leer, was es noch gab bei uns im Geschäft. Es war ein irrsinniger Stress, doch es wurde uns in der Zeit sogar mehr Personal zugestanden. Normal waren wir immer nur zu zweit bzw. zu dritt im Geschäft. Während der schlimmsten Anfangszeit zu Corona durften wir uns auch das Trinkgeld von Kund*innen behalten und wir durften auf Kosten des Unternehmens täglich um 20 Euro pro Filiale Verpflegung kaufen, da wir ja zu einem Teil der „Corona-Helden“ zählten.

Doch diese positiven Veränderungen waren schon bald wieder vorüber. Mit Ostern 2020 durften wir das Trinkgeld nicht mehr behalten und auch das Verpflegungsgeld wurde gestrichen. Nun kam aber der versprochene Corona-Bonus ins Spiel. Nachdem wir derart in den Himmel gelobt wurden, war die Hoffnung groß. Letztendlich bekamen wir nach Stunden gestaffelt 50-200 Euro (50€ - 10h; 100€ - 20h), die nur in Filialen des Unternehmens ausgegeben werden konnten. Dass der Bonus nach den angestellten Stunden gestaffelt wurde, war natürlich clever, denn im Handel ist der Großteil der Mitarbeitenden maximal nur Teilzeit angestellt.

Zudem wurden wir von Kund*innen regelmäßig für die beschlossenen Corona-Regelungen verantwortlich gemacht (wie zum Beispiel die Maskenpflicht im Handel). Als Handelsangestellte*r ist man leider häufig Aggressionen von Käufer*innen ausgesetzt, während der Corona-Krise hat sich das aber nochmal deutlich verschlimmert.

Wie hat euch das Unternehmen vor der Aggression geschützt?

Zweimal war bei uns Security-Personal da. Das war’s. Wir haben uns dann selbst geschützt und haben auf Verstöße gegen Maskenpflicht oder ähnliches einfach nicht mehr reagiert.

Warum sind so viele nur Teilzeit angestellt?

Die meisten Stellen, die ausgeschrieben sind, sind nur auf Teilzeit oder Geringfügig ausgeschrieben. Das ist ohnehin geschickter fürs Unternehmen, weil sie dann nur den Mehrstundenbonus zahlen müssen und nicht den Überstundenbonus. Quasi alle dort arbeiten mehr, als sie angestellt sind.

Und zum anderen arbeiten viele dort, die Betreuungspflichten für Kinder haben. Ist mit Vollzeit schwer vereinbar, wenn du da immer bis 20:00 im Geschäft stehst.

Was sind für dich die zentralen Baustellen bzw. Probleme im Handel?

Der größte Kritikpunkt, den ich habe, ist der bewusste Personalmangel. Es wird erwartet, dass alles tip-top aussieht, aber unter keinen Umständen, darf mehr Personal dafür gebraucht werden. Es wird ja auch öfter kontrolliert, ob alles passt. Dies wurde in meiner Filiale nur deshalb erreicht, weil ein paar meiner Kolleg*innen freiwillig unbezahlte Stunden arbeiteten.
Eine Teilzeitanstellung ist im Handel mehr als genug. Die psychische und auch die physische Erschöpfung sind so durch den Rest der Woche noch gut zu kompensieren. Daher braucht es aber ein anständiges Gehalt bei einer Teilzeitanstellung, dass einfach nicht vorhanden ist. Mit Kind(ern) lässt es sich mit diesem Gehalt nicht über die Runden kommen.

Das heißt übersetzt eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn. Hat die Gewerkschaft diese Forderung einmal thematisiert?

Nein.

Die Gewerkschaft hat bei den aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen vor allem 3,5 % Lohnerhöhung, leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche und das Recht auf Aufstockung der Wochenstunden gefordert. Treffen diese Themen die Bedürfnisse der Beschäftigten aus deiner Sicht oder welche Forderungen fändest du auch wichtig?

Relevant bei meinen Kolleg*innen und mir waren vor allem eine Lohnerhöhung und bei manchen auch die Aufstockung der Wochenstunden. Im Handel gibt es keine individuelle Diskussion über den Lohn. Ich lernte einige Mitarbeitende von meinem Unternehmen kennen und alle bekamen lediglich den kollektivvertraglichen Mindestlohn, egal in welcher Position sie waren.

Wie hast du Betriebsrat und Gewerkschaft in deiner Arbeit erlebt? Waren die KV-Verhandlungen Thema?

Zur ersten Frage: Quasi gar nicht. Vom Betriebsrat hörte ich etwa 4-mal jährlich mit einer Zeitschrift und hin und wieder gab es einen Brief in die Filiale. Von der Gewerkschaft hörte ich noch seltener.

Kollektivvertragsverhandlungen waren im Vorhinein natürlich nie Thema. Erst mit Abschluss der Verhandlungen lobte sich der Betriebsrat in den Himmel, was er nicht alles für seine tollen Mitarbeiter*innen erkämpft hätte.

Jetzt haben die Verhandler*innen mit 1.800 Euro Einstiegsgehalt (davon profitieren ca. ein Drittel der Beschäftigten), 2,55 % Lohnerhöhung für den Rest und "Das Recht der Beschäftigten ihre Teilzeit aufstocken zu können, dürfen künftig die betrieblichen Sozialpartner per Betriebsvereinbarung regeln." abgeschlossen. Kann man damit zufrieden sein?

Keine Ahnung… Tropfen auf den heißen Stein… Zwischen wenig und weniger wenig, ist jetzt nicht so viel Unterschied.

Ich finde es gehört die Teilzeit gescheit bezahlt. Die meisten arbeiten dort nur Teilzeit. Die sollen davon leben können.

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Jetzt stehen die Kolleg*innen im Handel wieder vor den Herausforderungen eines neuen Lockdowns und der Personalmangel besteht nach wie vor. Statt hier für echte Verbesserungen bei Arbeitszeiten und für eine andere Anstellungspolitik zu kämpfen, hat die Gewerkschaftsführung mit diesen Verhandlungsergebnis nichts substanzielles erreicht. Doch gerade in der Krise wäre ein konsequenter Kampf für die Interessen der Beschäftigten am wichtigsten. Wann wenn nicht jetzt müssen wir uns gegen unzumutbare Zustände zu wehren?

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KV-Verhandlungen bei der Eisenbahn - Gewerkschaft muss in die Offensive kommen

Interview mit einer ÖBB-Triebfahrzeugführer-Nachwuchskraft
SLP-Redaktion

Aktuell finden KV-Verhandlungen in verschiedenen Branchen statt, darunter auch bei der Eisenbahn. Angesichts den Klimawandel und kapitalistischer Krise ist die Bahn ein zentraler Sektor, in einigen Ländern gab es in den vergangenen Jahren Arbeitskämpfe in dem Bereich. Zuletzt gab es in Deutschland einen wichtigen Streik der Gewerkschaft der Lokführer*innen (GDL), der auch die Frage nach dem Kampf gegen Privatisierungen aufgeworfen hat. Die SLP hat in den letzten Wochen für branchenübergreifende Kämpfe argumentiert und die Notwendigkeit einer kämpferischen Offensive durch die Gewerkschaften - bis hin zu Streiks - betont. Wir haben ein Interview mit einem SLP-Aktivisten bei der ÖBB über die aktuelle KV-Runde geführt:

Eisenbahner*innen gehören auch zu der Gruppe der “Systemerhalter*innen” die in der Pandemie mit vielen Unsicherheiten konfrontiert waren. Wie spiegelt sich das bei den Löhnen und Arbeitsbedingungen wieder?

Zu der Arbeit während des Lockdowns kann ich wenig sagen, da ich da ich nicht für die ÖBB gearbeitet habe, ich weiß aber, dass die Lokführer*innen auch in Kurzarbeit geschickt wurden. Natürlich gilt bei uns mittlerweile auch die 3G-Regel am Arbeitsplatz und am Anfang wurden FFP2 Masken an die Beschäftigten verteilt. Die ÖBB haben Impfungen angeboten (zuerst Pfizer, dann Johnson & Johnson) und waren auch sehr dahinter, dass sich alle impfen lassen. Ob es einen Coronabonus von den ÖBB selber gab, oder sich das Gehalt in irgendeiner Weise seit der Pandemie geändert hat, kann ich leider auch nicht sagen, mit dem abgespeckten Fahrplan haben sich auch die Überstunden verringert, die das Personal leisten muss/kann.

Wie ist die Stimmung unter deinen Kolleg*innen?

Bezüglich der Arbeitgeberin ist die Stimmung grundsätzlich gut, da die ÖBB als sehr sichere Arbeitgeberin gelten. Natürlich gibt es Unzufriedenheiten mit diversen Entscheidungen, wie das Ausbilden zahlreicher neuer Lokführer*innen ohne das nötige Ausbildungspersonal, dem unnötigen Geld ausgeben für PR-Zwecke und ähnliches. Aber auch über die Pläne, die ÖBB Produktion, welche Lokführer*innen und Lokomotiven bereitstellt, in Teilfirmen aufzuteilen, um dann, ähnlich wie bei der Deutschen Bahn, den Güter-, sowie den Regional- und den Fernverkehr auf diese verschiedene Firmen aufzuteilen.  Die Gewerkschaft wird auch als Teil des Konzerns gesehen, wobei die einzelnen Betriebsrät*innen sicher besser dastehen, als die Gewerkschaftsbonzen, die mit der Konzernleitung unter einer Decke stecken. 

Günter Blumthaler, Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida hat gesagt: “Es muss heuer generell über alle Branchen hinweg deutlich spürbare Reallohnerhöhungen geben. Die rasante Teuerung reißt bei der Finanzierung des täglichen Lebens Löcher in die Börsen der Beschäftigten“
Sind aus deiner Sicht in diesem Sinne die Forderungen die die Gewerkschaft aufstellt weitgehend genug?

Leider weiß ich sehr wenig über die Forderungen, die die Gewerkschaft aufstellt, nur, dass die Lehrlinge 300€ monatlich mehr bekommen sollen und das ein “Danke” diese Jahr nicht mehr reicht. Über die Verhandlungen wurde auf beiden Seiten Stillschweigen vereinbart, am 11.11. ist die nächste Verhandlungsrunde und sollte diese nicht zu einem Abschluss führen, werden am 12.11 alle Betriebsrät*innen über den “detaillierten Verhandlungsstand und weitere gewerkschaftliche Maßnahmen” informiert. Diese Intransparenz ist aus meiner Sicht ein großes Problem.

Grundsätzlich finde ich es gut und wichtig, dass die Lehrlinge mehr Geld bekommen, es muss aber auf jeden Fall das Gehalt aller Beschäftigten im Eisenbahnsektor an die Teuerungen angepasst werden (außer im Management natürlich). 

Die Kollektivvertragsverhandlungen wurden zuletzt am 21.Oktober abgebrochen - was sollten aus deiner Sicht nächste Schritte sein?

Es sollte die Belegschaft von den derzeitigen Vorgängen bei den Verhandlungen informiert und nach deren Forderungen gefragt werden. Auch sollte im Hinblick auf andere KV-Verhandlungen eine Schulung in Solidarität mit gewerkschaftlich schwächeren Branchen und etwaiger Streik für andere KV-Verhandlungen stattfinden. KV Verhandlungen und Kampfmaßnahmen müssen demokratisch organisiert und von den Kolleg*innen selbst gestaltet und entschieden werden.

Warum wird ein branchenübergreifender Kampf notwendig sein?

Es ist die Aufgabe der gewerkschaftlich stärkeren Branchen (Metaller, Eisenbahner) sich solidarisch hinter die schwächeren zu stellen und gegebenenfalls mit den anderen Beschäftigten gemeinsam zu streiken. Normalerweise sind Partner*innen und Familienangehörige in anderen Sparten tätig und alleine deshalb schon “rentiert” sich das für uns Eisenbahner*innen. Außerdem muss der fortschreitenden Privatisierung, die auch schon den Eisenbahnsektor betrifft, vehement entgegengetreten werden.

Was wird angesichts der Klimakrise im Bahnverkehr insgesamt notwendig sein und wie hängt das mit den Interessen der Beschäftigten zusammen?

Die Modernisierung und der Ausbau des Schienennetzes sind ganz wichtig, um die Schiene in puncto Warenverkehr gegenüber der Straße konkurrenzfähig zu machen und es den Menschen möglich zu machen, öffentlich in die Arbeit zu kommen. Gerade im ländlichen Raum müssen Alternativen zum Auto geschaffen werden. Noch dazu muss der öffentliche Verkehr so günstig werden, damit einkommensschwache Menschen auch die Möglichkeit haben, öffentlich an den Arbeitsplatz zu kommen. Das Klimaticket ist da schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, nur sollten dann die Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten eines zur Verfügung stellen. Im Bezug auf die Beschäftigten muss auch darauf geachtet werden, dass der Dienstantritt in der Nähe des Wohnortes möglich ist und nicht mit dem Auto 50-70 km gependelt werden müssen. 

Mehr zum Thema: 

4000 Menschen gegen den drohenden Pflegekollaps

Diese Woche (8-14.11.) fanden in Österreich beeindrucknde Proteste von Beschäftigten im Gesundheitsbereich statt. Wir dokumentieren unsere Berichte und den Flyer mit den Vorschlägen die wir auf diesen Protesten verteilt haben.

Bericht: 5 nach 12 - Beschäftigte protestieren österreichweit an den Spitälern

Nach der beeindruckenden Demonstration mit 4000 Teilnehmer*innen gestern haben heute Beschäftigte an Spitälern in ganz Österreich um 12:05 kurz die Arbeit unterbrochen um gegen den drohenden Pflegekollaps und für mehr Geld und Personal zu demonstrieren. Allein am Wiener AKH demonstrierten mehrere hundert Kolleg*innen.

Obwohl die Aktionen nur symbolisch waren zeigen sie teilweise das Mobilisierungs- und Kampfpotential an den Spitälern. Wir waren in Linz und beim Wiener AKH vor Ort und haben unsere Flyer mit dem Titel “Pflegestreik gegen Pflegenotstand” verteilt. Wie schon auf der gestrigen Demonstration waren die Reaktionen auf die Forderung, dass es mehr als Demonstrationen braucht sehr positiv. Notwendig wäre die Vorbereitung und Organisierung von echten Streikmaßnahmen. Denn wenn die Untätigkeit der Regierung während der Corona-Pandemie eines zeigt, dann dass Appelle und Proteste nicht ausreichen werden. Leider haben die zuständigen Gewerkschaften bis jetzt noch keine Initiativen in diese Richtung gesetzt. Umso wichtiger ist es, dass sich Kolleg*innen an der Basis organisieren um gemeinsam Druck von unten auf die Gewerkschaftsspitze aufzubauen, damit endlich die notwendigen Kampfmaßnahmen initiiert werden. Es gibt das Potential für eine gemeinsame Bewegung im gesamten Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich für mehr Geld und bessere Arbeitsbedigungen. 

Fotos: https://www.facebook.com/sozialistischelinkspartei/posts/10159483334872207

Bericht: 4000 Menschen auf der Demonstration gegen den Pflegekollaps

Trotz kurzfristiger Mobilisierung durch verschiedene Gewerkschaften sind am 9.11. sehr viele Kolleg*innen auf die Straße gegangen. Ähnlich wie bei den Kindergartenprotesten zeigt sich die große Kampf- und auch Streikbereitschaft. Wir haben mit unserer Streikbroschüre und unserem Flyer (mit dem Titel Pflegestreik gegen Pflegenotstand) vor allem den Vorschlag hineingetragen, dass der nächste Schritt ein Streik sein muss. Die Regierung wird sich von Demos allein nicht beeindrucken. Damit sind wir auf sehr große Zustimmung bei den Kolleg*innen gestoßen. Nur wenige haben Zweifel geäußert, ob Streiks in dem Bereich überhaupt möglich sind. Das zeigt, dass wir von unten den Druck auf die Gewerkschaftsführungen aufbauen müssen, um eine Streikbewegung zu organisieren.

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Melde dich bei uns, wenn du dich vernetzen und organisieren willst! Wir werden außerdem bei unserem 2tägigen Event Diskussionsevent: Eine Welt zu gewinnen in einem Workshop diskutieren, wie wir Streiks im Gesundheits- und Soziales organisieren können. 

 

Flyer: Pflegestreik gegen Pflegenotstand

Nach fast zwei Jahren Corona und nur wenige Monate nachdem Kurz die Pandemie für vorbei erklärt hat, sind die Spitäler wieder an ihren Grenzen und fast die Hälfte der Beschäftigten in der Pflege denkt ans aufhören. Die fast zwei Jahre Gesundheitskrise zeigen vor allem eines: der Regierung ist die Gesundheit von Menschen und die Beschäftigten im Gesundheitsbereich völlig egal. Trotz zwei Jahren Pandemie gibt es nicht einmal kleinste Verbesserung. Sogar der ohnehin mickrige Corona-Bonus wird immer weiter verzögert und eingeschränkt. Diese zwei Jahre zeigen: freundliche Appelle werden nicht ausreichen um die Regierung zum Handeln zu bewegen - das wird nur passieren wenn der Druck von unten ihr keine andere Wahl mehr lässt. 

Gesundheit statt Profite

Während der gesamten Pandemie hat die Regierung ihre Maßnahmen nur nach den Interessen von großen Konzerne ausgerichtet. Milliarden wurden locker gemacht und Maßnahmen vorzeitig beendet oder ausgehöhlt nur um den Konzernen weiter ihre Profite zu ermöglichen. Diese Regierung ist den Profitinteressen der Bossen, Banken und Konzerne vollends verschrieben. Das ist auch der zentrale Grund warum sie mehr Geld für Gesundheit und Soziales blockieren - sie wollen Kosten senken, sparen, rationalisieren. Die Mehrkosten für die Finanzspritzen für AUA, KTM und Co. verstärken diesen Spardruck nur noch weiter. Leider scheinen die Führungen der zuständigen Fachgewerkschaften das nicht zu erkennen. Sie setzen weiterhin vor allem auf Appelle, Medienauftritte, manchmal unterstützt von einzelnen Protesten - aber das wird nicht reichen. Es braucht einen Aktionsplan mit eskalierenden Arbeitskampfmaßnahmen, inklusive Streiks um den Druck auf die Landes- und Bundesregierungen so lange zu erhöhen bis sie einlenken. 

Solidarität aus der Bevölkerung!

Tatsächlich wären die Ausgangsbedingungen für so einen Kampf gut: in der Bevölkerung gibt es enorm viel Solidarität mit den Kolleg*innen im Sozial- und Gesundheitsbereich, die überwältigende Mehrheit unterstützt Forderungen nach Verbesserungen. Gleichzeitig ist die Bundesregierung noch immer in einer Krise. Eine entschlossene Bewegung von unten könnte wahrscheinlich ziemlich schnell Zugeständnisse durchsetzen. Das zeigen auch Beispiele aus anderen Ländern wo Mobilisierungen von Beschäftigten aus dem Gesundheitsbereich die Regierenden zu Mehrinvestitionen gezwungen haben.

Streiken ist notwendig und möglich!

Die einzige Möglichkeit den Druck zu erhöhen sind Arbeitskampfmaßnahmen und besonders Streiks. Oft hört man, dass streiken im Gesundheitsbereich nicht möglich ist - aber das stimmt schlichtweg nicht. Weltweit nehmen Streikbewegungen im Gesundheitsbereich zu und sind dazu in der Lage Forderungen durchzusetzen. Diesen Herbst z.B. eine beeindruckende Streikbewegung an der Berliner Charité. Aber auch in Österreich haben z.B. vor der Corona-Krise mehrmals Streiks im privaten Gesundheits- und Sozialbereich stattgefunden. Erst kürzlich haben Beschäftigte in Wiener Kindergärten die Arbeit niedergelegt und auch die Warnstreiks im Metallbereich zeigen die Wirkung von Kampfmaßnahmen. Natürlich ist streiken im Gesundheitsbereich schwieriger als z.B. in der Industrie. Umso wichtiger ist die demokratische Planung und Vorbereitung von Kampfmaßnahmen, sowie gemeinsame Entscheidungen über Streikziele oder Verhandlungsergebnisse. Bei Streiks an der Berliner Charité gab es z.B. ein System der Tarifberater*innen (eine Vertreter*in von jeder Station) die über jeden Schritt im Arbeitskampf demokratisch entschieden haben. 

An der Basis organisieren

Leider weigert sich die Gewerkschaftsführung noch immer die notwendigen Schritte zu setzen um eine Bewegung aufzubauen, die unsere Forderungen tatsächlich umsetzen kann. Genauso wie von der Regierung können wir uns auch von der Gewerkschaftsführung von selbst nichts erwarten. Wir müssen uns an der Basis organisieren um Druck auf die verantwortlichen Gewerkschaftsstrukturen aufzubauen. Beginnen kann so eine Vernetzung bei einer Organisierung als Team und als Station und den Austausch mit anderen Kolleg*innen, Nachrichten an die zuständigen Personalvertreter*innen und Gewerkschaftsfunktionär*innen aber vor allem auch der Vernetzung mit kämpferischen Basisinitiativen im Bereich. Z.B. organisiert die Basisinitiative “Sozial aber nicht blöd” seit Anfang des Jahres eine Kampagne für einen Corona-Bonus und mehr Personal mit dem Ziel Druck auf die Gewerkschaftsspitze aufzubauen. 

Wenn du genug davon hast, dass Profite in unserer Gesellschaft über Gesundheit gestellt werden und dich dagegen wehren, wenn du genug davon hast, dass die Gewerkschaft nur appelliert aber nicht kämpft willst melde dich einfach bei uns.

Wir fordern: 

  • Sofort einen Corona-Bonus von 250€ und 2,5 freien Tagen pro Monat der Pandemie für alle Kolleg*innen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich
  • Eine drastische Gehaltserhöhung von 10% um mehr Kolleg*innen in den Beruf zu bekommen
  • 20% mehr Personal: es braucht sofort die finanziellen Mittel um sofort sämtliches verfügbares Personal einzustellen. Es braucht mindestens 20% mehr Personal und eine einheitliche Personalbemessung.
  • Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich auf 35 Stunden als erster Schritt: die Arbeit in der Pflege ist körperlich und psychisch zu belastend um langfristig 40 Stunden oder mehr zu arbeiten
  • Eine bezahlte Ausbildung von der man leben kann: um mehr Menschen den Weg in den Beruf zu ermöglichen
  • Gesundheit vor Profite: alle Aspekte der Gesundheitsversorgung, von Pflegeheim bis zur Pharmaindustrie, müssen der Profit- und Verwertungslogik entzogen werden und nach den Bedürfnissen von Patient*innen und Beschäftigten ausgerichtet werden. Finanziert aus der Vermögen der Superreichen und Konzerne.
  • Für eine gemeinsame Bewegung der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich um diese Forderungen durchzusetzen und einen Schulterschluss mit anderen Kämpfen.

 

Solidaritätsstatement von Michael Gehmacher, ASB-Wohnen und Soziale Dienste Betriebsrat und Aktivist bei „Sozial Aber Nicht Blöd (SANB)“ und SLP

"Regierung, Arbeitgeber*innen und leider manchmal auch Gewerkschaftsfunktionär*innen sagen oft, dass streiken im Gesundheits- und Sozialbereich geht nicht bzw. sei unverantwortlich. Aber das Gegenteil ist der Fall: nicht der Streik schadet sondern der Normalzustand! Im privaten Gesundheits- und Sozialbereich haben wir bei den letzten Lohnverhandlungen gezeigt, dass wir streiken können! Beim Samariterbund haben z.B. sowohl Beschäftigte in der Wohnungslosen- und Flüchtlingsbetreuung gestreikt als auch die Beschäftigten in der Hauskrankenpflege. Zentral bei den Streiks war die Rolle von aktiven Beschäftigten und kämpferischen Kolleg*innen die durch ihre Arbeit an der Basis die erfolgreichen Streiks möglich gemacht haben. Wir brauchen eine gemeinsame Bewegung aller Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich."

 

 

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