Pflegeproteste zu Streiks ausweiten!

Jan Millonig

Protestation "15 nach 12"
Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Protestation "15 nach 12"
Ordensklinikum Linz Elisabethinen

SLP-Aktivist*innen vor dem
Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Lichtermeer der Pflegekräfte
in Salzburg

SLP-Aktivist*innen auf der
Pflegedemo in Salzburg

"Mehr für Care!"-Kundgebung
Linz

ROSA- und SLP-Aktivist*innen
in Linz

Landesweite Pflegeproteste klingen nicht ab

Auch diese Woche war wieder geprägt von Protesten der Pflegekräfte. Am Montag organisierten Betriebsrät*innen oberösterreichischer Pflegeheime eine Mahnwache/Kundgebung mit dem Titel „Mehr für Care!“ in Linz um mehr Mittel für die Pflege im gerade verhandelten Landesbudget zu fordern. Am Dienstag fand in Salzburg eine Demonstration/Lichtermeer von 2.500 Pflegekräfte statt. Am Mittwoch stellten sich zum wiederholtem Male in Oberösterreich und der Steiermark Kolleg*innen vor ihre Einrichtungen um zu signalisieren, dass es „5 nach 12“ bzw. mittlerweile „15 nach 12“ ist. Die Aktionen fanden vor allen oö. Ordensspitälern und konfessionellen Altenheimen und allen steirischen Krankenhäusern und Volkshilfe-Einrichtungen statt (Bilder: Gewerkschaft vida, Gewerkschaft GPA Steiermark; ORF-Bericht). Außerdem ist für morgen Freitag in Graz eine Menschenkette für die Pflege von der KPÖ Steiermark geplant.

Die “5 nach 12”-Protestaktionen, also sich während der Arbeitszeit (ohne organisierten Streik) sich kurz 5 min vor die Türe zu stellen, fanden bereits im November statt. So beeindruckend die Aktionen auch waren, so beschränkt sind doch ihr Ausmaß. Die Wiederholung davon zeigt zweierlei: Einerseits ist der Druck bei den Beschäftigten scheinbar sehr hoch und die Gewerkschaften sehen sich gezwungen dem Ausdruck zu verleihen. Anderseits aber haben die Gewerkschaften offensichtlich keine Strategie den Kampf weiter auszuweiten und „härtere“ Kampfmaßnahmen zu organisieren. In Wahrheit weicht die Taktik immer nur Teilbereiche und diese nacheinander zu mobilisieren (zuerst öffentlich, dann private; nicht in allen Bundesländern gleichermaßen usw.) die Kampfkraft auf.

Doch die Eigeninitiative der oö. Betriebsrät*innen mit ihrer Protestkundgebung für mehr Geld und die Aussage der Betriebsratsvorsitzenden der Volkshilfe Steiermark, Beatrix Eiletz: “Wenn es sein muss, wird es auch zu Streiks kommen.” zeigen, dass die Kolleg*innen Kämpfen wollen und die Einzelaktionen der Gewerkschaften dem nicht gerecht werden.

Umso geiziger die Regierung ist, umso härter müssen wir kämpfen!

Denn: „Es ist 5 nach 12 gilt auch für den Widerstand selbst. Nach zwei Jahren Corona ist es längst überfällig endlich anzufangen die Interessen der Kolleg*innen im Gesundheits- und Sozialbereich zu verteidigen.“, meint Jan Millonig, SLP-Aktivist und selbst bis vor kurzem Krankenpfleger.

Tatsächlich hat die Regierung den Spitälern und Pflegekräften nicht einmal die kleinste Verbesserung zugestanden. Es gab sogar Budgetkürzungen. Der mikrige Corona-Bonus wurde viel zu spät und an viel zu wenige Berufsgruppen ausgezahlt. Jetzt nach zwei Jahren Pandemie kündigte der Ministerrat eine „Finanzspritze“ von 750 Mio. Euro für die Spitäler an. Das gleicht gerade mal die Verluste bzw. den Mehraufwand aus, von Investitionen oder Ressourcenausbau kann hier nicht die Rede sein. Gleichzeit wurde die Steuerreform abgesegnet, die den Unternehmen und Konzernen allein durch die KöSt-Senkung 780 Mio. schenkt, ganz abgesehen von den 40 Milliarden (!) Wirtschaftshilfen seit Beginn der Corona-Krise. Hier werden Profite genährt und bei Gesundheit gespart!

Deshalb meinte auch SLP-Aktivist Peter Hauer in seiner Rede auf der Kundgebung in Linz: „Es wird Zeit, dass wir uns organisieren. Es wird Zeit, dass wir streiken. Es wird Zeit, dass wir unser Stück vom Kuchen holen!“

Wenn die Gewerkschaftsführung ihre eigenen Forderungen ernst meint, dürfen sie nicht bei Appellen und Medienaktionen stehen bleiben. Besonders für die Forderungen nach mehr Personal und Arbeitszeitverkürzung wird es viel mehr Druck brauchen um hier wirklich was zu erreichen. Die Gewerkschaften müssen endlich einen Aktionsplan mit eskalierenden Arbeitskampfmaßnahmen, inklusive Streiks, rausrücken. Wir müssen den Druck auf die Landes- und Bundesregierungen so lange zu erhöhen bis sie einlenken.

Streiks auch in der Pandemie möglich

Die Pandemie-Situation darf hier keine Ausrede sein, um Beschäftigte nicht zu mobilisieren oder das Streiks nicht möglich wären. Bei Demonstrationen im Freien ist das Infektionsrisiko bei Einhaltung der Maßnahmen extrem gering. Bei Streiks in Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen Sozialeinrichtungen, geht es nicht darum Patient*innen „liegen zu lassen“, sondern zu zeigen, dass „ohne uns nichts geht“. Natürlich muss ein Notbetrieb zur Versorgung der Patient*innen und zu Pflegenden organisiert werden, aber andere Leistungen (Teile der Dokumentation und Administratives, Beratungsgespräche, bestimmte Kontrolluntersuchungen usw.) können bestreikt werden. Das alles sollte demokratisch von den Beschäftigten selbst geplant und entschieden werden. Selbst in Einrichtungen wo der Spielraum die Arbeit niederzulegen sehr gering ist, kann man sich symbolische Aktionen überlegen. Dafür können andere Bereiche, wie z.B. gewisse Ambulanzen, umso radikaler streiken. Deshalb ist es so wichtig, dass ein gemeinsamer Streik quer über alle Sektoren des Gesundheits- und Sozialbereichs aufgebaut wird.

Und die Solidarität der Bevölkerung und Patient*innen/Klienten*innen, die aktuell so hoch wie noch nie ist, zu mobilisieren! Ob durch Demonstrationen oder dass Angehörige Klient*innen eine Zeit lang selbst zu Hause versorgen.

Bespiele, wie die Streiks im Berliner Krankenhaus Charité, wo durch ausgedehnte Streiks tatsächlich ein besserer Personalschüssel erkämpft wurde, oder die Erfahrungen der Streiks der letzten Jahre im privaten Sozialbereich in Österreich, zeigen nicht nur was möglich ist, sondern daran kann man auch praktisch anknüpfen.

Werde mit uns gemeinsam aktiv - machen wir uns “streikbereit”!

Doch die Gewerkschaftsführung zeigt bis jetzt weder Willen noch Fähigkeit hier einen ernsthaften Kampf für wirkliche Verbesserungen aufzubauen. Auch wenn sie sich in naher Zukunft zu immer weiteren Maßnahmen gezwungen sehen wird, befürchten wir, dass das im Endeffekt zu wenig sein wird. So müssen wir es selbst in die Hand nehmen indem wir die stattfindenden Proteste unterstützen, eigene Initiativen setzen und Druck auf die Gewerkschaftsführer*innen machen. Die SLP regt mit der Basisinitiative „Wir sind sozial, aber nicht blöd.“ deshalb gerade eine „streikbereit!“-Kampagne an. Diese soll als Möglichkeit sich zu organisieren und zu vernetzen dienen, praktische Unterstützung wie Streik-Workshops anbieten und durch Petitionen und Aktionen die Gewerkschaftsführung auffordern endlich den notwendigen Kampf zu organisieren. Denn das Potential für Widerstand ist groß!

Ein erster Schritt in diese Richtung soll unser Aktionstag "Gesundheit statt Profit" am Samstag, 18. Dezember sein. Hier könnt ihr bei den Aktionen teilnehmen!