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Zahlen und Fakten: Klimakrise

VORWÄRTS SCHWERPUNKT

Ein Sommerloch gibt es auch im Jahr 2019 für den Klimawandel nicht, außer eventuell jenem, das aufgrund der Brände in den Wäldern der Arktis und in Sibirien zurückbleibt. Doch neben den fatalen ökologischen Folgen des steten Temperaturanstiegs der letzten Jahre wird auch die soziale Frage immer brennender:

  • Im Februar 2019 wurde durch eine Studie erstmals statistisch dargelegt, dass Migration und immer schwerwiegenderer Klimawandel ursächlich in Verbindung stehen. Wo ein Temperaturanstieg zu verbreiteter Dürre und Wassermangel führt, sind Konflikte um bis zu 14% wahrscheinlicher als in vergleichbaren Gebieten. Ein Beispiel ist Syrien, das zwar durch den Krieg der letzten Jahre traurige Bekanntheit erlangte, doch dessen sozio-ökonomische Struktur auch maßgeblich durch den Einfluss von Ernteausfällen unter Druck geriet.

 

  • Auch hierzulande hat die Klimakrise längst unsere Arbeitsplätze erreicht. Gerade Jobs, die nicht in klimatisierten Büros vonstattengehen (eine umfangreiche Studie hat 90% der Büros als zu heiß im Sommer eingestuft), sind von einer Erhitzung um wenige Grad schon massiv betroffen. So verstarb Mitte Juni in Österreich ein Bauarbeiter im Burgenland an den Folgen von Überhitzung.

 

  • Die Auswirkungen des Klimawandels auf das Eis der Polarkappen und der damit rasant steigende Meeresspiegel sind beträchtlich: Vergleicht man 1992-2001, betrug die Eisschmelze der Antarktis 30 Gigatonnen pro Jahr. Zwischen 2005 und 2012 lag sie schon bei 147 Gigatonnen (spätere Einschätzungen lagen sogar bei 360). Diese Wassermassen führen dazu, dass Küstengebiete unbewohnbar werden. Die Hauptlast für diese Problematik werden vor allem Menschen aus ärmeren Gebieten und sozialen Verhältnissen tragen. So schreibt auch der UN-Sonderberichterstatter Alston, dass hunderte Millionen Menschen bis 2030 in die Armut getrieben werden, wenn nicht sofort Initiative ergriffen wird.

 

  • Die Agrarproduktion ist empfindlich auf den Klimawandel: 2017 waren 34 der 51 Nahrungsmittelkrisen wesentlich klimabedingt. In Deutschland sanken 2018 die Getreideerträge wegen der Hitze um 16% (im Norden sogar um bis zu 31%) (Oxfam, 2019). Veränderte Wachstumsbedingungen von Pflanzen (Temperatur, Niederschlagsmuster, Schädlingsdruck, usw.) werden sich auf die Erträge negativ auswirken und, vor allem in Asien und Afrika, zu Hunger und Armut führen.
Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Klimaschutz heißt Klassenkampf

Statt auf Promis oder NGOs zu setzen, müssen wir auf unsere kollektive Stärke als Arbeiter*innen vertrauen.
VORWÄRTS SCHWERPUNKT

Müll trennen, Mehrwegflaschen verwenden, viel zu Fuß gehen, mit Öffis oder dem Rad fahren, auf Fleisch verzichten, Strom sparen und vieles mehr: Nichts ist falsch daran, sich zu bemühen, einen sorgsamen Umgang mit anderen und der Natur zu haben. Aber es muss uns dabei immer klar sein, dass die Veränderung unseres individuellen Verhaltens bestenfalls der berühmte Tropfen auf den immer heißer werdenden Stein ist. Wir brauchen Lösungen auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene.

Auf die etablierten Parteien können wir uns dabei nicht verlassen, soviel ist klar. Sie haben ihre Chance gehabt – und versagt. Verschiedenste NGOs (Nichtregierungsorganisationen), von Greenpeace über den WWF bis hin zum Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), entstanden nicht zuletzt als Reaktion auf dieses Versagen. Doch letztendlich können diese Organisationen keine Lösungen anbieten außer (überspitzt gesagt): Spende ein paar Euro, beruhige damit dein Gewissen und die NGO deines Vertrauens macht sich dafür stark, dass die Welt ein bisschen länger durchhält. Aber am grundlegenden Problem der kapitalistischen Profitwirtschaft wird nicht gerüttelt.

Es ist wichtig, wenn Wissenschafter*innen und Promis ihre Stimme erheben; aber es braucht vor allem die "normalen" Menschen, die nach dem Erkennen des Problems eine gemeinsame Strategie entwickeln, wie sich die Situation nachhaltig verändern lässt. Die Wirtschaft funktioniert nicht ohne die Arbeiter*innen. Wenn wir nicht arbeiten, dann steht alles. Die Arbeiter*innen, also alle, die in Betrieben, in Büros, in Supermärkten, in Schulen, im Gesundheitswesen usw. arbeiten, sind eigentlich die stärkste Macht in der Gesellschaft. Die größten Verbesserungen der letzten Jahrzehnte wurden erreicht, als Arbeiter*innen und ihre Organisationen, Gewerkschaften und die damaligen Arbeiter*innenparteien darum gekämpft haben.
Es stimmt, dass die Gewerkschaften in Österreich und auch international bei Umweltbewegungen meist auf Seite der Betonierer*innen, der Umweltzerstörung gestanden sind. Als 1984 die Hainburger Au besetzt wurde, war es ausgerechnet die Gewerkschaft Bau-Holz (GBH), die am aggressivsten gegen die „Ökos“ auftrat. Auch bei den Protesten gegen das neue Murkraftwerk sowie gegen die 3. Piste am Flughafen Wien wird versucht, die Interessen von Arbeiter*innen gegen den Umweltschutz auszuspielen. 

Doch gerade Arbeiter*innen leiden unter der Zerstörung der Umwelt besonders: Gifte am Arbeitsplatz, verschmutzte Naherholungsgebiete, Wohnen an der Durchzugsstraße. Jobs werden durch den Kapitalismus und seine Krisen vernichtet, nicht durch Umweltschutz-Maßnahmen. Aber die Gewerkschaftsführung folgt oft der Logik der Unternehmen, die behaupten, dass Umweltschutz Jobs vernichten würden. Während sie kein Konzept haben und keinen echten Kampf führen, um Stellenabbau und Privatisierungen zu stoppen, hoffen sie auf Jobs durch Großprojekte. Es gibt auch jene in der Gewerkschaftsführung, die argumentieren, dass auch Umweltschutz Jobs schaffen kann. Doch das Argument ist nicht viel besser. Das Problem mit der Gewerkschaftsführung ist, dass ihre ganze Argumentation sich innerhalb der kapitalistischen Logik bewegt. Um aber die Interessen der Mitglieder und der Arbeiter*innenklasse als Ganzes wirklich nachhaltig zu vertreten, braucht es einen Bruch mit dieser starren, profitorientierten Logik.

Gewerkschaften sind jene Organisationen, die potentiell die Macht haben, große Kämpfe und Streiks der Arbeiter*innen zu organisieren. Solche Maßnahmen brauchen wir, um dieses zerstörerische System und seine Profiteure aufzuhalten und die Wirtschaft umzuorganisieren. Um das zu erreichen, braucht es aber auch eine starke gewerkschaftliche Linke, demokratische Strukturen in den Gewerkschaften und einen Bruch mit der SPÖ (und den anderen etablierten Parteien).

Ja, es geht darum, was jede*r Einzelne tun kann. Jede*r Einzelne kann etwas zur Veränderung beitragen, wenn er/sie sich mit anderen zusammenschließt und langfristig Widerstand organisiert, um das System, das für die Klimakatastrophe verantwortlich ist, zu stürzen. Wir brauchen eine neue, echte sozialistische Partei, welche die Kämpfe und Interessen von Arbeiter*innen und Jugendlichen bündelt. Die SLP steht als revolutionäre Partei für eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft. Wir arbeiten auch mit am Aufbau einer solchen breiten neuen Arbeiter*innenpartei mit demokratischen Strukturen und einem sozialistischen Programm als Motor für diesen Kampf. Und wir sind Teil einer internationalen sozialistischen Organisation – weil der Klimawandel und der Kapitalismus nur gemeinsam und nur international bekämpft werden können! Der Aufruf zu einem "Generalstreik" für das Klima im September 2019 kann eine weitere Etappe im Kampf sein. Wir werden uns an der Gestaltung dieses Protesttags beteiligen, um über ein sozialistisches Programm, demokratische Strukturen und eine Kampfstrategie zu diskutieren und zu kämpfen. Werde auch du mit uns aktiv!

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Klima retten = Kapitalismus abschaffen!

Um den Planeten Erde für die Menschheit noch halbwegs zu erhalten, müssen wir ihn vor dem Kapitalismus retten.
VORWÄRTS SCHWERPUNKT

2015 haben 196 Staaten in den "Pariser Klimaverträgen" beschlossen, Maßnahmen zu setzen, um die Erderwärmung bei ca. 1,5° Celsius halten zu können. Aktuelle Erkenntnisse der Polarforschung deuten darauf hin, dass selbst damit der langfristige Totalverlust des Grönland-Eises nicht gesichert sein dürfte. Nichtsdestotrotz: Um innerhalb einer solchen "+2°C-Welt" bleiben zu können, müsste der fossile CO2-Ausstoß sofort und nicht erst "in der Zukunft" massiv zurückgefahren werden.

Es mangelt nicht an Ideen und Konzepten. Die grundlegenden Techniken, um Energie aus direkter Sonneneinstrahlung, Wind, Wasserkraft und Biomasse zu nutzen, sind seit Jahrzehnten bekannt. Alle relevanten Anwendungen sind bereits verfügbar. Es bräuchte auch keine Übergangstechnologien mehr. Die heute erzielbaren Wirkungsgrade und Kosten-Nutzen-Rechnungen sind tief beeindruckend. Die diversen Schwachstellen und Kinderkrankheiten von Systemen der erneuerbaren Energieträger gehören der Vergangenheit an.

Die Förderung des öffentlichen gegenüber dem privaten Verkehr wäre ebenso möglich und vor allem nötig. Produkte könnten langlebiger und solider gebaut werden. Firmen könnten sehr genau planen, was gebraucht wird. Eine solche Planung – wenn sie demokratisch organisiert in der gesamten Wirtschaft und nicht nur in konkurrierenden Firmen geschehen würde – könnte Unter- und Überproduktionen verhindern. So müssten keine Nahrungsmittel mehr weggeworfen werden. Die neuesten Technologien könnten eingesetzt werden, um Energie zu sparen. Dass all das nicht angegangen wird, hat seine Gründe im herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem.

Die jetzige Wirtschaft läuft gleichzeitig geplant und chaotisch ab. Die einzelnen Unternehmen planen intern sehr genau, aber ohne sich mit anderen zu koordinieren. So kommt es zu Engpässen oder Überschuss. Es wird auch nicht geschaut, was tatsächlich gebraucht wird, sondern was profitabel verkauft werden kann. Und bei den Kosten berücksichtigen Unternehmen immer nur die unmittelbaren Produktionskosten, während die Folgekosten für die Gesellschaft auf ebendiese abgewälzt werden. Der Kapitalismus ist offensichtlich nicht in der Lage, die Umwelt zu retten und angesichts der Klimakrise entsprechend radikal zu handeln. Er kann es nicht, da er sich selbst in Frage stellen müsste.

Um den Planeten für die Menschheit noch halbwegs zu erhalten, müssen wir ihn vor dem Kapitalismus retten. Denn wenn nur 100 Unternehmen weltweit für mehr als 70% des Treibhausgas-Ausstoßes seit 1988 verantwortlich sind, zeigt dies, dass unser Bemühen sinnlos sein wird, wenn sich dort nichts ändert. Es ist letztlich alles eine Frage, wem die Wirtschaft gehört. Damit wir sicherstellen können, dass die Wirtschaft so funktioniert, wie es für Mensch und Natur sinnvoll und erträglich ist, muss sie uns gehören. Wir brauchen die Enteignung der großen Konzerne und ihre Überführung in Gemeineigentum. Wenn sie uns - der gesamten Gesellschaft - gehören, dann müssen und können wir auch entscheiden, was in welcher Menge und wie produziert wird. Dazu brauchen wir demokratische Strukturen, die die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft durchdringen. Das geht weit über den bürgerlichen Parlamentarismus hinaus. Eine solche sozialistische Gesellschaft könnte sowohl nachhaltig produzieren als auch Armut, Krieg und Elend wirkungsvoll zurückdrängen.

In einer demokratisch geplanten Wirtschaft, in der wir alle mitentscheiden, wären effektiver Umwelt- und Klimaschutz möglich, weil es keine Klasse an Ausbeuter*innen mehr gäbe, die ein Interesse an der Zerstörung des Planeten für Profit hat. Wir können einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs sichern und so den Privatverkehr weitgehend unnötig machen. Wir können Jobs in Wohnnähe (oder nachhaltigen Wohnraum in Jobnähe) schaffen, somit langes Pendeln verhindern und mehr Freizeit schaffen. Wir können unnötige oder schlechte Produkte durch langlebige und nachhaltige ersetzen. Wir können alle technischen Möglichkeiten nutzen und neue schaffen, um Energie zu sparen, Schadstoffe zu reduzieren, ökologischere Produkte oder Produktionsabläufe einzusetzen, die derzeit aus Profitgründen in den Schubladen bleiben. Nur auf der Grundlage einer demokratischen Planung in einer von echter Demokratie durchdrungenen Gesellschaft besteht die Chance, dass wir weltweit mit den Folgen des Klimawandels halbwegs zurecht kommen werden. Langfristig können verursachte Schäden teilweise wieder verringert werden, wenngleich auch vieles nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

Umweltschutz wird gerade von Rechten, die den Klimawandel gerne leugnen (oder sogar als positiv verklären), oft als modernisierungsfeindlich dargestellt. Ja, es gibt mitunter diese Umweltschutzaktivist*innen, die meinen, dass wir wieder auf vorindustrielle Lebens- und Produktionsweisen zurückkehren sollten. Das ist nicht nur unrealistisch, unter anderem weil die Infrastruktur der Industriegesellschaft erhalten werden muss, um Katastrophen während ihres Verfalls zu verhindern, sondern auch schlichtweg nicht wünschenswert. Saubere Spitäler, die Möglichkeit zu reisen, warme Wohnungen, gute Ernährung, das Internet etc... Auf all das wollen wir zu Recht nicht verzichten. Ein Leben in Würde, wo alle unsere Grundbedürfnisse gestillt sind, ist unser aller Recht. Wir sind für eine Gesellschaft, in der alle Menschen haben, was sie brauchen. Damit meinen wir aber nicht, dass alle mit dem SUV herumfahren oder noch mehr Wegwerfprodukte erzeugt werden.

Die Antwort auf die Frage, ob Menschen in einer demokratischen, ökologischen, sozialistischen Gesellschaft auf etwas verzichten müssen, lautet also: Ja und Nein. Für die Mehrheit der Menschen wird eine solche Gesellschaft eine deutliche Verbesserung ihres Lebens bringen, weil Hunger, Krieg und Ausbeutung langfristig abgeschafft werden können. Verzichten müssen v.a. jene, die jetzt unverschämt reich sind und auf Kosten anderer leben. Aber auch unser aller Leben wird sich verändern. Ohne Dauerwerbung der Modeindustrie, der Telekomindustrie, ohne Betrug der Autoindustrie werden wir andere Dinge wertschätzen als den Kauf von ständig neuer Kleidung sowie neuen Autos und Handys. Ohne profitorientierte Tourismusindustrie, die uns einredet, ständig von A nach B jetten zu müssen oder sich auf ein Kreuzfahrtschiff zu pferchen, können wir Arten zu Reisen und Urlaub machen entwickeln, welche unser Bedürfnis nach dem Erkunden des Planeten mit dessen Bedürfnissen miteinander in Einklang bringen. Wenn wir in diesem Zusammenhang von "Wachstum" sprechen, dann meinen wir etwas ganz anderes als die Kapitalist*innen. Für sie bedeutet es immer, um des Profites wegen mehr zu produzieren und dafür Mensch und Umwelt auszubeuten. Wir meinen ein Wachstum an Lebensqualität: gesundes Essen und Umwelt, stressfreies und selbstbestimmtes Arbeiten ohne langes Pendeln, soziale Sicherheit und Möglichkeiten für Freizeitgestaltung.
Mit einer sinnvollen Planung und dem Einsatz aller technischen Möglichkeiten wird es möglich sein, dass jeder Mensch auf dem Planeten ein gutes Leben hat, ohne dass dabei der Planet zerstört wird.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Smart-Meter zeigt Gefahren des Kapitalismus auf

SLP fordert demokratische Verstaatlichung der Energie-Konzerne und Reform der E-Control
Franz Neuhold

Massenproteste gegen die Wassergebühren haben diese Maßnahme zu Fall gebracht.

Beim 'Smart-Meter' handelt es sich um einen aus der Ferne kontrollierbaren Stromzähler. Durch ihn ist Überwachung möglich. Die SLP lehnt das Smart-Meter aus diesen Gründen ab. Doch wir gehen weiter als der Rechnungshof, welcher im Jänner einen äußerst negativen Bericht zum Smart-Meter veröffentlichte.

Neben der Datenschutz-Problematik ermöglicht das Smart-Meter von außerhalb die Begrenzung oder Abschaltung der Energieversorgung. Dies ist angesichts der zunehmenden Verarmung und in einer kommenden Wirtschaftskrise eine Bedrohung für die Versorgungssicherheit vieler Menschen.

In vergangenen Jahren gab es international Massen-Kampagnen, die auf Zahlungsverweigerung oder praktischen Widerstand gegen Abschaltungen gründeten. Demgegenüber ist das Smart-Meter Teil der offensichtlichen Tendenz im Krisen-Kapitalismus, Menschen (v.a. Arbeitnehmer*innen, Erwerbsarbeitlose und 'sozial Schwache') noch weiter in eine Position der Ohnmacht und Passivität zu drängen.

Die Kritik des Rechnungshofs über die Verordnung zur zwangsweisen Einführung des Smart-Meters ist hart und umfangreich. Er wirft Politik, Stromindustrie und dem vermeintlichen Kontrollorgan ('E-Control') vor, „überambitionierte Pläne vorangetrieben“ zu haben. Die Kosten für uns Stromkund*innen seinen „ungewiss und intransparent“. Die Kosten für die Einführung sollen auf uns abgewälzt werden – doch wer hat das Smart-Meter bestellt? Die von E-Control beauftragte Kosten-Nutzen-Analyse „wies Mängel auf“, was den Eindruck verstärkt, dass diese Kontrollbehörde letztlich im Interesse der Energie-Konzerne handelt. Vorkehrungen und Koordinierung durch das zuständige Wirtschaftsministerium seien „unzulänglich“ gewesen. Bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs wurde sogar der Datenschutzrat ignoriert.

Um die Deaktivierung der relevanten Funktionen des Smart-Meters zu erreichen ('opt-out'), muss man aktiv dem jeweiligen Netzbetreiber widersprechen. Einen Ablehnungs-Musterbrief bietet die AK an: https://noe.arbeiterkammer.at/service/musterbriefe/datenschutz/_Smart_Meter____Die_Ablehnung_(_Opt-Out_).html

100% Konsument*innenschutz nur durch anti-kapitalistische Bewegung umsetzbar

Es besteht eine breit gefächerte Ablehnung des Smart-Meters, einschließlich von Seiten wirrer 'Verschwörungstheoretiker*innen' und des handfesten Rechtsextremismus wie dem BZÖ. Als dieses selbst an der Macht war, zeigte es nicht die geringste Ablehnung von Privatisierungs- und Deregulierungs-Wahn. Dementsprechend unterscheidet sich unsere Haltung zum Smart-Meter grundlegend von diesen Kreisen. Der technische Fortschritt, der sich unter anderem in Anwendungen wie dem Smart-Meter ausdrückt, könnte und sollte allen Menschen dienen. Dies wird jedoch nur in einer nicht-kapitalistischen und sozialistischen Gesellschaft möglich sein.

Denn bei der Auseinandersetzungen über das Smart-Meter dürfen wir nicht vergessen, worum es wirklich geht: wird die Gesellschaft weiterhin von Kapitalismus und seinen Profitinteressen ruiniert oder können wir als Bewegung von unten international das Ruder noch herumreissen?

Der Kampf gegen Neoliberalismus, Privatisierungen und De-Regulierung muss offensiv geführt werden: Um nachhaltige Energie-Versorgung für alle, v.a. auch arme Menschen sicherzustellen, sind demokratische Verstaatlichungen aller Energie-Konzerne (inkl. der Netzbetreiber) unter voller Kontrolle der Beschäftigten und Kund*innen nötig und unausweichlich. Nur so kann möglichst rasch eine Umstellung auf einen 100% Erneuerbare-Energie-Mix erreicht werden.

Die E-Control muss von Grund auf reformiert werden. Alle Verantwortlichen müssen auf Basis jederzeitiger Wähl- und Abwählbarkeit direkt durch die Bevölkerung bestimmt werden. Das Maximal-Einkommen aller Entscheidungsträger*innen muss sich an Facharbeiter-Löhnen orientieren.

Jegliche Notwendigkeit von Überwachung und Kontrolle würde ebenso wegfallen, sobald Wirtschaft und Verwaltung endlich auf die Bedürfnisse aller Menschen ausgerichtet sind, und nicht mehr auf Profite wie im kapitalistischen Krisen-System.

Machen wir Druck, auch damit der ÖGB und alle Einzelgewerkschaften Hand in Hand mit der Arbeiterkammer unter seinen Hunderttausenden Mitgliedern eine Kampagne für ein solches Programm startet.

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Aktiv gegen Klimakiller

Gut 30 Aktivist*innen folgten dem Aufruf der „Students for Climate Action“, einer Gruppe auf der WU Wien, für eine Protestaktion vor der OMV. Die OMV ist einer jener 100 Konzerne weltweit, die seit 1988 gemeinsam für 71% der Treibhausgase verantwortlich sind, und das sehr bewusst: "Eine Klimastrategie, die aus fossilen Energieträgern ganz aussteigen will, würden wir als OMV nicht unterstützen“ (OMV-Boss Rainer Seele).

SLP- und SfCA-Aktivist Philipp Chmel organisierte die Aktion und forderte in seiner Rede: „die Vergesellschaftung und demokratische Kontrolle der OMV! Denn nur so ist es möglich, dass die Produktion von fossilen Brennstoffen gestoppt wird!“ Till Ruster, auch SLP, machte klar, dass es an der Zeit ist sich zu entscheiden: Menschheit retten oder Kapitalismus beibehalten, beides zusammen geht nicht.

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Die letzten Tage der Menschheit und die letzten Cent im Börsel

Sebastian Kugler

Den zweiten Sommer infolge inszeniert Paulus Manker Karl Kraus‘ Abrechnung mit dem 1. Weltkrieg, „Die letzten Tage der Menschheit“, in der Serbenhalle nahe Wiener Neustadt. Das gesamte Stück gilt als unaufführbar. Doch mit über der Hälfte der insgesamt 220 Szenen ist Mankers Inszenierung die bis jetzt umfassendste und spektakulärste: Es gibt keine Bühne, am ganzen Gelände spielen sich Szenen ab, oftmals parallel. Man muss sich entscheiden: Geht man ins Lazarett, wo der Arzt Verwundete quält, als „Tachinierer“ beschimpft und „fürs Vaterland“ zurück an die Front schickt? Oder in den schummrigen Salon, wo kriegsbegeisterte deutschnationale Burschenschafter ihre Lieder absingen? Es ist der Inszenierung anzurechnen, dass sie im Gegensatz zu den meisten anderen kein Gewicht auf die Szenen, die fast schon Slapstick-Charakter haben, legt – auch wenn die Frage an den „Ober-Bombenwerfer“, wie das mit dem „Bomben owa werfen“ ist, nicht fehlen darf. In den Vordergrund treten hier aber die Herrschenden, die Kriegshetzer, die Profiteure des Krieges, die „den Weltmarkt in der Ritterrüstung erobern“ wollten. So etwa der Fabrikant, der sich mit dem Militär darüber unterhält, wie man „diese Gewerkschaftshunde“ loswird. Unter dem Bombast der Inszenierung leidet zwar die sprachliche Genialität von Kraus, doch die Verkommenheit der Herrschenden Klasse, ihres Kriegs und ihrer Presse wird umso greifbarer.

Der Haken: Auch wenn jede Vorstellung ausverkauft ist, ist das siebenstündige Spektakel für die allermeisten nicht zugänglich. Tickets kosten unglaubliche 145€ - kein Wunder, wenn es bei Produktionskosten von 450.000€ nur 728,75€ an öffentlichen Förderungen durch die ÖVP-dominierten Stellen gibt. Kraus selbst organisierte zeitlebens Aufführungen der „Letzten Tage“ übrigens meistens für Arbeiter*innen im sozialistischen Rahmen: in Wien, Prag, aber auch im New Yorker „Labor Temple“. Auch heute sollten solche Aufführungen im Interesse der Arbeiter*innenbewegung sein – denn dem bürgerlichen Kunstbetrieb sind sie offenbar keine Förderung wert.

 

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Buchvorstellung: "Antisemitisch?"

Immer öfter wird vor dem Anstieg des Antisemitismus in den letzten Jahren gewarnt. Dieser bedrohliche Trend wird aber von Seiten der großen Medien fast ausschließlich mit Migration in Verbindung gebracht. „Die Muslime“ wären für die Zunahme an Übergriffen, Schmierereien etc. verantwortlich. Parteien wie die FPÖ geben sich als pro-Israelisch und behaupten damit, sie seien plötzlich die Vorhut gegen Antisemitismus. Immer öfter wird auch Linken Antisemitismus vorgeworfen, vor allem wenn sie die Politik der israelischen Regierung kritisieren. Claus Ludwig beschäftigt sich in seinem Buch „Antisemitisch?“ (erschienen im Manifest Verlag) mit dieser Umwidmung des Begriffes. Er schaut sich die Geschichte des Antisemitismus aus marxistischer Perspektive an und entwickelt eine internationalistische Antwort auf die Nahost-Frage. Sehr lesenswert!

Hier bestellen: https://manifest-buecher.de/produkt/antisemitisch/

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Köhlmeiers Kapital

In einem Presse-Interview überraschte der Schriftsteller Michael Köhlmeier mit Kenntnissen über „Das Kapital“ von Karl Marx – und verteidigte dessen Aktualität: „Wenn mir jemand erklären und beweisen kann, dass der Mehrwert heute nicht mehr dadurch entsteht, dass die Arbeitskraft mehr erzeugt, als sie für ihre eigene Reproduktion benötigt, bin ich das gerne bereit zu glauben“ – er liegt jedoch falsch, wenn er im „Kapital“ nur eine Analyse erkennt, ohne „einen einzigen agitatorischen Satz“. Analyse, Kritik und Aufruf zur revolutionären Veränderung fallen bei Marx zusammen – so auch im „Kapital“, wo Marx „die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetrieb beruhenden kapitalistischen Eigentums in gesellschaftliches“ fordert, und zwar durch „die Expropriation (Enteignung) weniger Usurpatoren durch die Volksmasse“.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Impfverweigerung ist rückschrittlich

Was treibt Impfgegner*innen an, ihre und andere Kinder auf dem Altar der Pseudo-Rebellion zu opfern?
Franz Neuhold

Die Welt ist kompliziert. Ein Meer von angehäuftem Wissen und Technik einerseits, der Wahnsinn und die Brutalität des Kapitalismus mit all seinen Widersprüchen andererseits. Da kann einem schon mal "das Geimpfte aufgehen", wie man im Osten Österreichs zum "Kragenplatzen" sagt. Das aktuelle Phänomen der Impfverweigerung ist hierfür ein Beispiel, wenngleich ein erbärmliches. Klartext: Der profitgetriebenen Pharmaindustrie kann und muss man - übrigens genauso wie der Autoindustrie - tatsächlich viel vorwerfen.

Aber Impfungen abzulehnen, die nachweislich Leben retten, hat mit „gesunder Skepsis“ nichts zu tun. Es sind gesicherte Erkenntnisse, dass Impfschäden um Größenordnungen seltener auftreten als die (Folge-)Schäden bei Erkrankungen wie FSME, Masern oder Diphtherie. Im letzteren Fall beträgt die Todesrate 10-20%. Das Robert-Koch-Institut (D) rechnet vor: "Von den knapp 194 Mrd. €, die die gesetzliche Krankenversicherung im Jahr 2014 ausgegeben hat, entfielen 33 Mrd. € (17%) auf Arzneimittel und lediglich etwas mehr als 1 Mrd. € (0,65%) auf Impfstoffe." Aus Sicht der Pharmaindustrie ist das Impfstoff-Geschäft wenig lohnend, wodurch es immer weniger Hersteller gibt. Kümmert das die Impfgegner*innen? Offensichtlich nicht.

Es verwundert bei näherem Hinsehen auch nicht, dass sich die einschlägigen Foren mitunter um „Weltverschwörung“ sowie verdeckten oder gar offenen Antisemitismus (Bsp. "Neue Germanische Medizin") drehen. Wer führt eigentlich diesen Scheinkampf „gegen das System“ an? Wie es der Sozialwissenschafter Christian Kreil treffend formuliert, besteht die "Aristokratie der Seuchenfreunde ... überdurchschnittlich oft (aus) Akademiker(n) und wohlbestallte(n) Bürger(n)". Genau genommen ist die Impfverweigerung auch ein Abfallprodukt der neoliberalen Offensive. Diese ist geprägt von Entsolidarisierung und Vereinzelung vor dem Hintergrund einer unfassbaren Arm-Reich-Kluft. Trotz aller "Optimierungen" (Sozialkürzungen, steigender Arbeitsdruck) und dem Potential moderner Technik schlittert dieses Wirtschaftssystem dennoch in schwere Krisen. Anstatt das Problem an der Wurzel (Eigentumsverhältnisse & Produktionsweise) zu fassen, verfällt ein Teil einer relativ privilegierten Schicht im gesellschaftlichen Gefüge in jenes anti-soziale Verhalten, das genau dem Geist des Kapitalismus entspricht. Man immunisiert sich gegen diese (unbewusste?) Erkenntnis, in dem man einem einzelnen Element den Stempel des Bösen aufdrückt, real Schaden anrichtet und sich sodann moralisch überlegen fühlt.

Wir meinen: Die Pharmaindustrie (und nicht nur diese) gehört vergesellschaftet und unter demokratische Kontrolle gestellt, um medizinische Versorgung sowie Forschung geplant und gerecht lenken zu können. Das ist jedoch nicht durch rückschrittliche Verweigerungshaltung zu erreichen, sondern durch eine Massenbewegung „von unten“, die auch ein alternatives Gesellschaftsmodell präsentieren kann.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Reich & Schön & weit weg

Reden wir über die Parallelgesellschaft: Die Reichen. In ihrem Kino-Dokumentarfilm „Generation Wealth“ tut Laura Greenfield das über 25 Jahre hinweg. Was sie zutage fördert, ist absurd, aber mehr als nur eine Art umgedrehter „Sozialporno“. Schon ihr Film „Queen of Versailles“ war eine Studie über die herrschende Klasse und was sie antreibt. Ohne jeden Bezug zur Realität bestimmen sie den Lauf von Politik und Wirtschaft. Das ist die Welt von Trump und Putin, von Grasser und Mateschitz. Greenfield erklärt Reiche zu „Geld-Junkies“ und übersieht dabei leider die Rolle des Kapitalismus, der solche Gestalten natürlicherweise hervorbringt. Sie spricht von einer Gesellschaft auf dem Weg zum Zusammenbruch, aber die Krise von 2008 hat gezeigt: Der Kapitalismus wird nicht von alleine zusammenbrechen. Das müssen wir schon selber machen!

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

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