Andere Themen

5 Gründe, warum wir keine echte Demokratie haben

Helga Schröder
  • In der bürgerlichen Demokratie werden „Vertreter*innen“ gewählt, die keine sind, aber Gesetze für alle machen. Sie werden nur alle 5 Jahre gewählt und sind dazwischen nicht abwählbar. Für gebrochene Wahlkampfversprechen oder Sozialabbau, der Leben zerstört, gibt es keinerlei vorgesehene Konsequenzen.
  • Wer zahlt, schafft an: Hürden für Wählbarkeit und Veränderung sind hoch. Unterstützungserklärungen, 4 %-Hürde und Wahlkampf sind vor allem von finanzieller Stärke abhängig. Geld für die etablierten Parteien kommt oft von Unternehmen und Superreichen. Die Gewählten vertreten also nicht die Bevölkerung, sondern das Kapital.
  • Rund 1,1 Millionen Menschen im Wahlalter sind in Österreich von Wahlen ausgeschlossen. Meist fehlt ihnen die Staatsbürgerschaft, weil Österreich eines der restriktivsten Länder bei Einbürgerungen ist. Aber auch 15-Jährige, die schon arbeiten, dürfen noch nicht wählen.
  • Die Wahl zwischen Pest und Cholera hielt bei der vergangenen Nationalratswahl rund 1,5 Millionen (wahlberechtigte) Menschen davon ab, zu wählen. In Summe sind also mehr als 2,6 Millionen Menschen, die hier leben, arbeiten, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen und von Gesetzen betroffen sind, an der ohnehin geringen Mitbestimmung nicht beteiligt.
  • Haben Sie Ihre*n Chef*in gewählt? Die wichtigsten Lebensbereiche, Arbeit und Wirtschaft, finden fast gänzlich ohne demokratischen Prozess statt. Was wie produziert wird, wie gearbeitet wird, bestimmen Eigentümer*innen und Bosse ganz ohne Mitbeteiligung von Arbeitenden und Konsument*innen.
Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Können CO2-Steuern das Klima retten?

Viele Klimaschützer*innen fordern solche Steuern. Doch ihre positive Wirkung muss bezweifelt werden.
Christian Bunke

Wenn ich sie nicht bekämpfen kann, muss ich mit den Wölfen heulen – und vielleicht sogar was für mich dabei herausschlagen. Das ist der Hauptgrund, warum Konzerne wie Shell, BP, ExxonMobil oder VW und General Motors sich international für eine CO2-Steuer einsetzen. Damit rennen sie bei vielen Klimaschützer*innen offene Türen ein. Auch Parteien von Grün bis Neos sind dafür. Schließlich würden dann die Steuereinnahmen sprudeln. Doch ist hier schon ein erstes Problem – wer will schon eine sprudelnde Quelle versiegen lassen?

Verschiedene Varianten einer solchen Steuer werden diskutiert. Am bekanntesten ist jene, die am Massenverbrauch und somit am Konsum ansetzt. Die Idee: Man setzt Steuern und Abgaben auf fossile Brennstoffe hinauf, macht sie für Verbraucher*innen teurer und sorgt so für sinkenden Verbrauch.

Das Problem: Es funktioniert nicht. Schweden, Frankreich, die Schweiz und andere haben verschiedene Varianten solcher Steuern eingeführt. Nirgends ist der CO2-Ausstoß jedoch nachhaltig gesunken. Stattdessen werden arbeitende Menschen zur Kasse gebeten, während multinationale Großkonzerne weitgehend von den Steuern ausgenommen sind. Die Kosten für den Klimawandel werden nach unten abgewälzt. Jene Konzerne, die für die Klimakrise mit am meisten verantwortlich sind, sind aus dem Schneider und machen weiter wie zuvor.

Noch schlimmer wird es, wenn CO2-Steuern verwendet werden, um andernorts Sozialabbau zu betreiben. Eine Hauptursache für die Gelbwestenproteste in Frankreich war, dass CO2-Steuern geplant waren, um gleichzeitig die Vermögenssteuer abzuschaffen. Auch in Schweden fielen Kapitalsteuern mit Einführung einer CO2-Abgabe. In Ecuador führte die Abschaffung von staatlichen Subventionen auf Benzin zu Massenprotesten arbeitender Menschen. Kein Wunder, gibt es dort doch so gut wie kein öffentliches Transportwesen, Benzin ist also überlebenswichtig.

Auch in Österreich gibt es viele, die trotz erhöhter Steuern weiter auf fossile Brennstoffe angewiesen wären. Das gilt entweder, weil es keine adäquate öffentliche Verkehrsinfrastruktur gibt, oder weil die Vermieter*in eine Gasheizung installiert hat und nicht einmal daran denkt, diese auszutauschen. Die Lösung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur gegen, nicht mit den Großkonzernen gelöst werden kann.

Aber was ist, wenn man stattdessen einfach die großen Konzerne direkt zur Kasse bittet, um so die Kosten von nötigen Infrastrukturmaßnahmen gegenzufinanzieren? Das würde zum Beispiel beim Aufbau des öffentlichen Nahverkehrs helfen und Sinn machen!? Sinn machen würde dies zweifellos, wie auch sonstige Forderungen nach Reichen- und Vermögenssteuern zu befürworten sind. Allerdings würden solche Maßnahmen von Konzernen und Superreichen als Angriff auf ihren Lebensstil und ihre Profite gesehen. Was ja auch stimmt.

Das bedeutet, dass die großen Konzerne gemeinsam mit ihren Freund*innen in Politik und Staatsapparat hart daran arbeiten, solche Steuern zu verhindern. Sie wollen die Kosten lieber auf die arbeitende Bevölkerung abwälzen, siehe oben. Auch muss man verhindern, dass Steuern auf Konzerne einfach auf Konsument*innen abgewälzt werden, indem man Preise und Gebühren erhöht. Hier bräuchte es eine staatliche Preissteuerung. Die Forderung nach höheren Steuern für Konzerne und Superreiche muss deshalb mit einer Strategie zur Durchsetzung derselben versehen werden. Dazu gehört die Forderung nach Enteignung und Vergesellschaftung der Banken und Konzerne unter der demokratischen Kontrolle von Beschäftigten und Konsument*innen.

In eine ähnliche Richtung wie die Reichensteuer geht die Forderung nach einer CO2-Steuer auf Importe aus Ländern, in denen besonders klimaschädlich produziert wird. Hier fallen als erstes Namen wie China oder die USA. Auch mit einer solchen Forderung können manche Industrielle etwas anfangen, zum Beispiel in der Stahlbranche. Dort sieht man CO2-Steuern auf Stahlimporte als eine Möglichkeit, um die Billigkonkurrenz aus dem Ausland raus zu halten.

Aus sozialistischer Sicht ist einerseits klar, dass in der kapitalistischen Weltwirtschaft auf völlig blödsinnige Weise Güter über tausende Kilometer verschifft werden, meist ohne guten Grund. In einer Welt ohne Profitstreben könnte man zum Beispiel auf Sojaimporte aus dem brasilianischen Regenwaldgebiet verzichten.

Andererseits: Warum sollte man die „heimische“ Großindustrie einfach weitermachen lassen wie bisher? Zwar werden sie in Ländern wie Österreich zu stärkeren Umweltauflagen gezwungen. Wenn die selben Konzerne in Afrika oder China produzieren, scheren sie sich nicht darum. Konzerne halten sich nur an Regeln, wenn man sie zwingt. Sozialist*innen stellen diesem Chaos eine internationale demokratische, ökologische geplante Wirtschaft entgegen.

Letztendlich gilt bei der Klimafrage das selbe wie bei vielen anderen Themen. Man hat keine Kontrolle über das, was einem nicht gehört. Um den weltweiten CO2-Ausstoß zu senken, müssen alle großen Industrien, einschließlich der großen Agrarkonzerne, in die Hände der Allgemeinheit wechseln und demokratisch verwaltet werden. Dann kann schnellstmöglich mit der nachhaltigen, sozialistischen Umgestaltung begonnen werden.

Christian Bunke

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Können CO2-Steuern das Klima retten?

Viele Klimaschützer*innen fordern solche Steuern. Doch ihre positive Wirkung muss bezweifelt werden.
Christian Bunke

Wenn ich sie nicht bekämpfen kann, muss ich mit den Wölfen heulen – und vielleicht sogar was für mich dabei herausschlagen. Das ist der Hauptgrund, warum Konzerne wie Shell, BP, ExxonMobil oder VW und General Motors sich international für eine CO2-Steuer einsetzen. Damit rennen sie bei vielen Klimaschützer*innen offene Türen ein. Auch Parteien von Grün bis Neos sind dafür. Schließlich würden dann die Steuereinnahmen sprudeln. Doch ist hier schon ein erstes Problem – wer will schon eine sprudelnde Quelle versiegen lassen?

Verschiedene Varianten einer solchen Steuer werden diskutiert. Am bekanntesten ist jene, die am Massenverbrauch und somit am Konsum ansetzt. Die Idee: Man setzt Steuern und Abgaben auf fossile Brennstoffe hinauf, macht sie für Verbraucher*innen teurer und sorgt so für sinkenden Verbrauch.

Das Problem: Es funktioniert nicht. Schweden, Frankreich, die Schweiz und andere haben verschiedene Varianten solcher Steuern eingeführt. Nirgends ist der CO2-Ausstoß jedoch nachhaltig gesunken. Stattdessen werden arbeitende Menschen zur Kasse gebeten, während multinationale Großkonzerne weitgehend von den Steuern ausgenommen sind. Die Kosten für den Klimawandel werden nach unten abgewälzt. Jene Konzerne, die für die Klimakrise mit am meisten verantwortlich sind, sind aus dem Schneider und machen weiter wie zuvor.

Noch schlimmer wird es, wenn CO2-Steuern verwendet werden, um andernorts Sozialabbau zu betreiben. Eine Hauptursache für die Gelbwestenproteste in Frankreich war, dass CO2-Steuern geplant waren, um gleichzeitig die Vermögenssteuer abzuschaffen. Auch in Schweden fielen Kapitalsteuern mit Einführung einer CO2-Abgabe. In Ecuador führte die Abschaffung von staatlichen Subventionen auf Benzin zu Massenprotesten arbeitender Menschen. Kein Wunder, gibt es dort doch so gut wie kein öffentliches Transportwesen, Benzin ist also überlebenswichtig.

Auch in Österreich gibt es viele, die trotz erhöhter Steuern weiter auf fossile Brennstoffe angewiesen wären. Das gilt entweder, weil es keine adäquate öffentliche Verkehrsinfrastruktur gibt, oder weil die Vermieter*in eine Gasheizung installiert hat und nicht einmal daran denkt, diese auszutauschen. Die Lösung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur gegen, nicht mit den Großkonzernen gelöst werden kann.

Aber was ist, wenn man stattdessen einfach die großen Konzerne direkt zur Kasse bittet, um so die Kosten von nötigen Infrastrukturmaßnahmen gegenzufinanzieren? Das würde zum Beispiel beim Aufbau des öffentlichen Nahverkehrs helfen und Sinn machen!? Sinn machen würde dies zweifellos, wie auch sonstige Forderungen nach Reichen- und Vermögenssteuern zu befürworten sind. Allerdings würden solche Maßnahmen von Konzernen und Superreichen als Angriff auf ihren Lebensstil und ihre Profite gesehen. Was ja auch stimmt.

Das bedeutet, dass die großen Konzerne gemeinsam mit ihren Freund*innen in Politik und Staatsapparat hart daran arbeiten, solche Steuern zu verhindern. Sie wollen die Kosten lieber auf die arbeitende Bevölkerung abwälzen, siehe oben. Auch muss man verhindern, dass Steuern auf Konzerne einfach auf Konsument*innen abgewälzt werden, indem man Preise und Gebühren erhöht. Hier bräuchte es eine staatliche Preissteuerung. Die Forderung nach höheren Steuern für Konzerne und Superreiche muss deshalb mit einer Strategie zur Durchsetzung derselben versehen werden. Dazu gehört die Forderung nach Enteignung und Vergesellschaftung der Banken und Konzerne unter der demokratischen Kontrolle von Beschäftigten und Konsument*innen.

In eine ähnliche Richtung wie die Reichensteuer geht die Forderung nach einer CO2-Steuer auf Importe aus Ländern, in denen besonders klimaschädlich produziert wird. Hier fallen als erstes Namen wie China oder die USA. Auch mit einer solchen Forderung können manche Industrielle etwas anfangen, zum Beispiel in der Stahlbranche. Dort sieht man CO2-Steuern auf Stahlimporte als eine Möglichkeit, um die Billigkonkurrenz aus dem Ausland raus zu halten.

Aus sozialistischer Sicht ist einerseits klar, dass in der kapitalistischen Weltwirtschaft auf völlig blödsinnige Weise Güter über tausende Kilometer verschifft werden, meist ohne guten Grund. In einer Welt ohne Profitstreben könnte man zum Beispiel auf Sojaimporte aus dem brasilianischen Regenwaldgebiet verzichten.

Andererseits: Warum sollte man die „heimische“ Großindustrie einfach weitermachen lassen wie bisher? Zwar werden sie in Ländern wie Österreich zu stärkeren Umweltauflagen gezwungen. Wenn die selben Konzerne in Afrika oder China produzieren, scheren sie sich nicht darum. Konzerne halten sich nur an Regeln, wenn man sie zwingt. Sozialist*innen stellen diesem Chaos eine internationale demokratische, ökologische geplante Wirtschaft entgegen.

Letztendlich gilt bei der Klimafrage das selbe wie bei vielen anderen Themen. Man hat keine Kontrolle über das, was einem nicht gehört. Um den weltweiten CO2-Ausstoß zu senken, müssen alle großen Industrien, einschließlich der großen Agrarkonzerne, in die Hände der Allgemeinheit wechseln und demokratisch verwaltet werden. Dann kann schnellstmöglich mit der nachhaltigen, sozialistischen Umgestaltung begonnen werden.

Heuchler des Monats: Barack Obama

Medienwirksam ließ sich Obama mit Greta Thunberg ablichten und lobte ihr Engagement. Als Präsident förderte er jedoch massiv fossile Brennstoffe durch schädliche Verfahren wie Fracking. In seiner Ära stieg die US-Ölproduktion auf den höchsten Wert seit 44 Jahren. Obama & Co sind keine Verbündeten der Klimabewegung

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Was sie dir über Verschwörungstheorien verschweigen!

Im Kapitalismus ist die Wahrheit noch irrer als jede Verschwörungstheorie.
Oliver Giel

Verschwörungstheorien gibt es schon lange. Zu den frühesten zählen die Theorien rund um Kaiser Nero und den Brand in Rom im Jahr 64. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Warenproduktion im 15. und 16. Jahrhundert nahmen sie jedoch bedeutend an Fahrt auf. Einerseits lag das an der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, andererseits an der Veränderung des politischen und ökonomischen Lebens. Waren vorher Wirtschaft, Recht usw. an persönliche Beziehungen geknüpft, wurden die Verhältnisse immer abstrakter: Der Austausch der Produkte wurde vermittelt über Geld, die Rechtsprechung über allgemeines verschriftlichtes Recht (was die meisten Menschen nicht lesen konnten). Produziert wurde mehr und mehr für den anonymen Markt.

Damit entstand eine vollkommen neue Art von Verschwörungstheorie: Die Verschwörungsideologie, die Vorstellung, nicht nur konkrete unerklärliche Ereignisse wären ein Ergebnis bewusster menschlicher Planung, sondern die gesamte Geschichte sei das Resultat der bewussten Planung kleiner, anonymer Gruppen.

Die erste und gleichzeitig am hartnäckigsten sich haltende Ideologie dieser Art ist der Antisemitismus. Mit dem Beginn des Kapitalismus wurden Jüd*innen nicht mehr nur aufgrund ihres „falschen“ Glaubens angefeindet, sondern ihnen wurden explizit politische, ökonomische und ethnische Eigenschaften zugeschrieben, darunter vor allem die unrechtmäßige Bereicherung durch die Geldwirtschaft. Auch andere bis heute beliebte Verschwörungsideologien wurzeln in der frühen Neuzeit, etwa die Mythen über Freimaurer und Jesuiten. Letztere hatten in katholischen Ländern ein faktisches Monopol auf Bildung, was mit dem sich entwickelten Nationalstaat in Widerspruch geraten musste, während die Freimaurerei eine Kaderschmiede für die damals noch revolutionäre Bourgeoisie bildete. Allen drei Gruppen ist eines gemeinsam: Sie sind international und an keine Staatsgrenzen gebunden. Verbunden mit für Außenstehende fremde Riten bilden sie ein ideales Objekt für eine Ideologie, die zur Welterklärung gleichzeitig anonyme und eindeutig bestimmbare Gruppen sucht.

Die Grundlage dafür liegt aber nicht in den Gruppen selbst, sondern in der Welt, die erklärt werden soll, genauer: In dem Widerspruch, der der kapitalistischen Gesellschaft zugrunde liegt. Zwar gibt es Herrschende und Beherrschte, aber die Herrschaft der Minderheit hat nicht, wie etwa die der Sklavenhalter*innen, den vorrangigen Zweck, die Bedürfnisse der Angehörigen dieser Minderheit zu befriedigen. Im Kapitalismus geht es vor allem darum, das Mittel der Herrschaft, das Kapital, zu vergrößern und zu diesem Zweck Arbeit und Natur auszubeuten. Die Kapitalist*innen selbst, gerade indem sie alle dieses gemeinsame Interesse verfolgen, treten einander in Konkurrenz gegenüber und versuchen, sich gegenseitig vom Markt zu verdrängen. Der Staat, der diese Gesellschaftsordnung aufrechterhält, setzt seine Machtmittel ein, um die Möglichkeiten für profitables Wirtschaften so gut wie möglich zu erhalten, und tritt dabei den anderen Staaten wiederum als Konkurrent gegenüber, gegen die er auch Machtmittel wie Geheimdienste und Militär, aber auch ökonomische Mittel einsetzt. Selbstverständlich werden dabei die übelsten Tricks angewandt – gegen die eigenen Konkurrent*innen und vor allem gegen jene, die dagegen aufstehen. Doch eine Weltregierung mit einem Masterplan ist in diesem Konkurrenzsystem unmöglich. Krankheiten, Krieg, Krise und anderes, was dem Plan einiger Verschwörer*innen zugeschrieben wird, sind gerade Ausdruck der ungeplanten Herrschaft und Wirtschaft.

Die Beliebtheit von Verschwörungstheorien ist Ausdruck des Wunsches, Sinn in diesem Unsinn zu finden – aber auch der Schwäche der Arbeiter*innenbewegung, die tatsächliche Antworten geben sollte. Gab es früher Massenorganisationen mit lebendigen Jugendstrukturen, in denen Unzufriedene schnell mit grundlegenden Aspekten marxistischer Theorie in Berührung kamen, so führen die Suchspalten von Google und Youtube heute eher zu wirren Verschwörungsideolog*innen.

Die Wahrheit über unsere Gesellschaft ist keine geheim gehaltene, die man nur auf YouTube-Kanälen oder von esoterischen Gurus zu hören bekommt. Sie offenbart sich in unserer konkreten und alltäglichen Erfahrung: Wir verkaufen unsere Arbeitskraft, um am von uns produzierten Reichtum teilhaben zu können. Denn in einer kapitalistischen Klassengesellschaft wird nicht nach Bedürfnissen produziert, sondern nach Profitinteressen, für Verwertung um der Verwertung willen. Und diese Wahrheit ist noch irrer als jede Verschwörungstheorie.

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: In der von Verschwörungstheorien gezeichneten, von übermächtigen Freimaurern, Illuminaten oder Reptiloiden dominierten Welt bliebe uns wohl in der Tat nichts anderes übrig, als den Aluhut aufzusetzen. Tatsächlich bringt jedoch der Kapitalismus genau durch die Art, wie er über uns herrscht, auch die Voraussetzungen für seinen erfolgreichen Sturz hervor: Gegen Bosse können wir streiken. Regierungen können wir stürzen. Die Wirtschaft können wir dem Profitzwang entreißen und demokratisch planen.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Wenn Schule tötet

Manuel Schwaiger

Bild aus Video von der Maturarede
von Thomas Neuner in der HTL Wels

„Über den Sinn und Zweck der berüchtigten ‚Wohlfühl-Schule‘ kann man lange diskutieren, worüber man jedoch nicht diskutieren kann ist, dass dein momentaner Umgang mit deinen Besuchern, Schüler wie auch Lehrer, echte Leben kostet […], dass seit meinen fünf Jahren hier bei dir sich mindestens vier Personen selbst das Leben genommen haben.“ so Thomas Neuner bei seiner Maturarede über die Zustände an der HTL Wels. Tatsächlich sind Selbstmorde unter Jugendlichen ein zunehmendes Problem - unabhängig von Tote Mädchen lügen nicht. Es ist die zweithäufigste Todesursache bei Erwachsenen unter 25. In Österreich haben 18.000 Jugendliche Selbstmordgedanken.

Jeder Selbstmord hat auch individuelle Gründe. Doch die Zunahme stressbedingter psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen zeigt einen Zusammenhang mit steigendem Stress im Bildungssystem auf. Besonders häufig treten Angststörungen und Depressionen auf. Ein Drittel der Jugendlichen ist akut Burnout-gefährdet.

Die „Reformen“ der letzten Jahre erhöhten die Belastung an den Schulen: Überfüllte Klassen und Lehrpläne einerseits, konstanter Mangel an pädagogischem, sozialem und psychologischem Unterstützungspersonal andererseits. Für Schüler*innen vergeht kaum ein Schultag ohne Stress und Angst.

Gleichzeitig herrscht ein Gefühl der Sinnlosigkeit. Neuner nennt es einen Faustschlag, „wenn man realisiert, dass man sich sämtlichen Stoff des heutigen Schultages in der halben Zeit selbst im Internet erarbeiten hätte können.“ Im Kapitalismus ist das Ziel der Bildung nicht, uns selbst zu kritisch denkenden Menschen zu bilden. Der Leistungsstress soll uns disziplinieren, damit wir in der Wirtschaft bestmöglich verwertbare kleine Rädchen werden. Wer das nicht mitmachen kann oder will, bleibt auf der Strecke. Das führt zu Burnout, Depression, Missbrauch leistungssteigender Drogen, Selbstverletzung und, mit anderen Faktoren, schlimmstenfalls zum Selbstmord.

Wir brauchen Schulstreiks fürs Klima auch an der Schule: Gegen Leistungsdruck und soziale Aussortierung. In solchen Bewegungen erkennen wir auch, dass wir nicht alleine sind – sondern gemeinsam mit anderen ein besseres Leben erkämpfen können.

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Freiwillig fett und träge?

Zu wenig Bewegung in Schule und Arbeit - teure Freizeitindustrie liefert keinen Ausgleich.
Stefan Brandl

Studien und Statistiken zeigen, dass Kinder und Jugendliche immer häufiger übergewichtig oder adipös (fettleibig) sind. Als Problem wird oft genannt, dass Kinder zu viel sitzen und zu wenig Bewegung haben. Wie auch, wenn es an Schulen die tägliche Turnstunde nicht wirklich gibt? In den kurzen Pausen haben Lernende lediglich Zeit, kurz auf die Toilette zu gehen oder die Materialien für die nächste Stunde herzurichten. Der Unterricht findet überwiegend sitzend statt und das natürliche Bedürfnis, sich zu bewegen, wird als Nervosität und schlechtes Benehmen abgestempelt. Kinder werden mit Medikamenten sogar „ruhiggestellt“.

Im Beruf müssen viele Beschäftigte stundenlang sitzen. Es gibt keine regelmäßigen Pausen oder Angebote zur Bewegung am Arbeitsplatz. Schulbuffet und Werksküchen gibt es immer weniger, und so wird aus Alternativlosigkeit und Zeitmangel vermehrt Fastfood konsumiert, um dann schnell wieder zurück an die Arbeit zu können.
Für Sport und Bewegung gibt es ganz bewusst keinen Raum in der Arbeit und der Schule (außer in Eliteschulen und für Spitzenkräfte)! Darüber hinaus pendeln viele stundenlang zur Arbeit oder zum Ausbildungsplatz. Weitere Faktoren wie andauernde Überlastung und Stresszustände sowie - gezwungenermaßen - schlechte Ernährung tragen zusätzlich zu Essstörungen und Übergewicht bei.

Der Kapitalismus bietet hier eine profitable private Lösung für das gesellschaftliche Problem: Eine zunehmend boomende und teure Freizeitindustrie. Fast alle von uns kennen jemanden, der in einem Fitnessstudio angemeldet ist oder mit einer kostenpflichtigen App versucht, Gewicht zu verlieren. Zwar gibt es in größeren Städten Parks mit öffentlichen Trainingsangeboten und man kann auch immer kostenlos laufen, aber auch das wird immer mehr zur Zeitfrage. Nach einer Zwölf-Stunden-Schicht oder wenn man wieder bis in die Morgenstunden für eine Prüfung lernen muss, ist ein ausgewogenes Bewegungspensum nicht die oberste Priorität. 

Sport degeneriert in Folge dessen für viele zu einer weiteren Verpflichtung, der man nachkommen muss, um den negativen gesundheitlichen Rahmenbedingungen des Alltags entgegenzuwirken. Statt hart zu arbeiten und dann hart zu trainieren, braucht es eine gesunde Verbindung von Arbeit und Freizeit. 

Nur in einer sozialistischen Gesellschaft, wo aus Arbeit und Freizeit kein Widerspruch gemacht wird, können wir Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes und gesundes Leben schaffen. Das bedeutet einerseits eine massive Arbeitszeitverkürzung, um Erschöpfung und Überarbeitung entgegenzuwirken und um gleichzeitig mehr Zeit für körperliche Betätigung zu haben; und andererseits braucht es öffentliche Angebote, um gemeinsam mit Freund*innen aus Arbeit, Schule oder Wohnort, Sport zu betreiben. Gemeinsame Bewegung wird so gesellschaftlich aufgewertet, anstatt allein – mit Kopfhörern isoliert – laufen oder ins Studio gehen zu müssen, um einen Ausgleich zur Arbeit zu finden.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Klimakiller OMV?!

Die OMV, echte Klimawende, wirtschaftliche Planung und nachhaltige Arbeitsplätze
Franz Neuhold

Protest von "Students for Climate Action"
vor der OMV-Zentrale

Die nach dem 2. Weltkrieg geschaffene staatliche OMV (bis 1995 ÖMV) sollte angesichts eines schwachen nationalen Bürgertums und somit Privatkapitals die Energieversorgung sichern. Unter anderem dadurch festigte sich in Folge der instabile Kapitalismus in Österreich. (Mehr zu diesem Thema: https://www.slp.at/artikel/verstaatlichung-nach-1945-zur-rettung-des-kapitalismus-nicht-zur-errichtung-des-sozialismus). Weit davon entfernt, eine „Insel des Sozialismus“ darzustellen, diente die österreichische Verstaatlichte den kapitalistischen Sachzwängen. Diese änderten sich mit dem Ende des Nachkriegsaufschwungs. Ausgehend von relativ guten Beschäftigungsverhältnissen wurden die Weichen auf Stellenabbau und Ausgliederung gestellt. Gerade hierbei stand die OMV innerhalb der staatlichen Industrie-Verwaltung ÖIAG (heute ÖBAG) an der Spitze der neoliberalen Ära: Die erste Teil-Privatisierung ging 1987 über die Bühne. Heute hält die Republik nur mehr 31,5% der Anteile.

Privatisierung und Neuausrichtung der OMV

Ab den 1990er Jahren sollte den verschobenen Eigentumsverhältnissen eine Neuausrichtung der Strategie folgen. Die OMV baute den Upstream-Bereich (Förderung und Exploration) massiv aus, insbesondere in Risikomärkten bzw. Krisenregionen. Von der bloßen Verwaltung der Energieressourcen im Inland, trieben Markt- und Profitlogik Unternehmen wie die OMV hin zur Kooperation mit diktatorischen und anti-demokratischen Regimes. Ein Durchbruch auf dem Weg zum regional-imperialistischen Konzern gelang 2004 mit dem Kauf der rumänischen Petrom.

Ein weiteres wichtiges Merkmal innerhalb der europäischen Energieriesen ist die Extremposition bezüglich des russischen Imperialismus. Die Festlegung auf das Nord-Stream-2-Projekt 2010 und ein bedeutender Deal mit der direkt dem Putin-Regime unterstehenden Gazprom fixierte die Ausrichtung der OMV: maximale Profitchancen bei hohen Gefahren und geopolitischen Widersprüchen.

In jüngerer Vergangenheit belegten dies schwere Turbulenzen v.a. im Nahen Osten inkl. erzwungener Rückzüge. Selbst 'Die Presse', Zentralorgan des österreichischen Kapitals, musste im August 2018 seinem Unmut diesbezüglich Luft machen. Auslöser war jedoch der Wert-Verfall der Aktie, nicht etwa ethische oder klimapolitische Fragen.

Klimaschädliche Profit-Interessen

Bezüglich Klimawandel erscheint die OMV in einem noch kläglicheren Licht, was mit ihren eigenen aktuellen Berichten belegt werden kann. Im 'Strategiepapier 2025' wird klar das Ziel des Ausbaus der Förderkapazitäten formuliert. Die Produktion soll bis 2025 auf 600.000 Barrel Öl-Äquivalent pro Tag ansteigen (derzeit: 427.000 boe/d).

Im Geschäftsbericht 2018 wird man ebenso verhöhnt: „Für eine CO2-ärmere Zukunft wird die OMV bis 2025 bis zu EUR 500 Mio in innovative Energielösungen wie ReOil® und Co-Processing investieren und Maßnahmen zur CO2-Effizienz umsetzen.“ Was versteckt sich hinter diesem ReOil® eigentlich? Es handelt sich dabei um einen Vorgang, mit dem man Kunststoff in Erdöl umwandeln kann. Das hat an sich nichts mit Klimaschutz zu tun, da genau dadurch fossile Rohstoffe ja zum Verbrennen und somit zur Emission fossilen CO2 bereitgestellt werden!

Diese Technik macht durchaus Sinn, aber nur in einer nicht-kapitalistischen Gesellschaft, die den Komplett-Ausstieg aus der Förderung fossiler Ressourcen durchführt. Dadurch könnten Kunststoff-Recycling und die Bereitstellung geringer Mengen fossiler Brennstoffe für weiterhin unvermeidbare Anwendungen verfügbar werden. Aber nicht als Ergänzung zur bzw. Ablenkung von einem Ausbau der Auffindung und Ausbeutung fossiler Quellen auf vier Kontinenten! (Ja, die OMV ist auch in Afrika und Australien/Neuseeland vertreten.)

Demokratische Verstaatlichung und Planung

Unser Standpunkt ist der Härte der Situation angemessen: Um die dringend nötige Klimawende umsetzen zu können, ist die vollständige und demokratische Verstaatlichung der OMV unabdingbar. Alle Beschäftigte und alle Energie-Kund*innen müssen bedeutenden Einfluss auf wichtige Entscheidungen haben. Funktionär*innen müssen jederzeit wähl- und abwählbar sein. Ihr Einkommen darf jenes von Facharbeiter*innen nicht übersteigen.

Alle Arbeitsbereiche einer 'OMV neu' müssen in eine gesamt-wirtschaftliche Planung eingebettet sein, die von lokalem Level bis kontinent-weiten Netzen reicht. Auf dieser Grundlage könnte eine solche sozialistische Gesellschaft Unglaubliches leisten, um die Folgen des Klimawandels abzumildern, Jobverluste zu verhindern und allen Menschen auf diesem Planeten ein Leben ohne Krieg, Ausbeutung und Hunger zu ermöglichen. Dazu braucht es Ansatzpunkte für eine Komplett-Umstellung auf Erneuerbare Energieträger (EE).

Radikale Umstellung mittels Power-to-Gas möglich

Ein solcher Ansatzpunkt für eine echte Alternative ist das sogenannte 'Power-to-Gas'-Prinzip (P2G), wodurch EE aus verschiedensten Quellen speicherbar und verteilbar gemacht werden kann. Dabei wird nicht-fossiles Methan produziert. Dieses stellt einen 'chemischen Speichersee' dar. Man kann die darin enthaltene Energie über weite Strecken transportieren. Das bisherige Gasnetz und vor allem die (untertägigen) Erdgasspeicher können dafür verwendet werden. Der Stand der Technologie ist bereits soweit fortgeschritten, dass 1.) die bisher als natürliche Grenze von 80% angesehene Methanisierungsrate bereits deutlich überschritten werden konnte (Wasserstoffzugabe direkt im Fermenter) und 2.) die Produktion von EE-Methan in ehemaligen Erdgaslagerstätten bereits gesteuert stattfinden kann (Versuchsanlage Pilsbach der RAG).

P2G kann und wird sehr wahrscheinlich einen wichtigen Pfeiler einer grundsätzlich anderen Energiewirtschaft darstellen. Das gesamte Gas-Netz der derzeitigen OMV inkl. dem wichtigsten europäischen Verteilerzentrum Baumgarten und den beiden unterirdischen Speichern Schönkirchen und Tallesbrunn können und müssen in einen 99-100% EE-Mix eingebettet werden. Nichts an Infrastruktur muss ungenutzt bleiben, Jobs gehen nicht verloren, sondern werden in sinnvollere und nachhaltigere Umgewandelt!

Wie oft widmet sich die OMV im 138-seitigen Nachhaltigkeits-Bericht dem P2G-Thema? Antwort: Ein einziges Mal in einem kurzen Absatz. P2G wird dabei lediglich als Mittel der „Integration von erneuerbaren Energien“ in die fossilen Energien dargestellt. Im Geschäftsbericht 2018 wird P2G daher gleich gar nicht erwähnt.

Cradle-to-cradle statt (Plastik-)Müll des freien Marktes

Ebenso wird die Raffinerie Schwechat (sowie die beiden anderen in Rumänien und Deutschland) nicht geschlossen werden müssen. Es wird weiterhin enormes Potential bei petrochemischen Grundstoffen, Bitumen und Kunststoff-Technik inkl. Recycling bzw. das weit darüberhinaus gehende 'cradle-to-cradle'-Prinzip geben. Mit 'cradle-to-cradle' ist eine durchgängige Kreislaufwirtschaft gemeint, die insbesondere bei Kunststoffen ein großes Potential an Problemlösungen bergen kann.

Neben der Schadensbeseitigung würden Forschung, Entwicklung und Anwendungen im Bereich des langfristig unumgänglichen 'urban mining' (Ressourcen in Städten als Rohstoffquelle) sowie des 'cradle-to-cradle' unzählige gesellschaftlich nötige und menschenwürdige Arbeitsplätze schaffen.

Geothermie-Ausbau statt Öl-Bohrungen

In vielen Regionen Österreichs ist das Potential der Geothermie (Erdwärme) weitestgehend ungenutzt. Auch diese zählt zu den EE. Was hat die OMV zur Geothermie und ihrem Potential zu sagen? Nichts! Hingegen äußert man stolz: „Die OMV plant 300 Mio. € für die Exploration und Bewertung möglicher Vorkommen (von Öl und Gas; Anm.d.A.).“ Diese Mittel müssten – unter anderem – für den Geothermie-Ausbau übernommen werden!

Nachhaltige und menschenwürdige Jobs im Kapitalismus unmöglich

Dass die Klimawende 'Jobs gefährdet', ist eine unverschämte Lüge. Blicken wir in die OMV-Geschäftsberichte: die Zahl der OMV-Mitarbeiter*innen lag weltweit 2008 bei 41.282. Zehn Jahre später sind es nur noch 20.231. Tendenz weiter fallend.

Nicht ein planmäßiger und grundlegender Umstieg auf EE und wirtschaftliche Planung im gesellschaftlichen Interesse gefährdet Arbeitsplätze, sondern die von der OMV explizit festgelegte Konzernstrategie ('Strategie 2025'): „Ziel des neuen Effizienzprogramms ist es, die Kosten bis 2020 um weitere 100 Millionen Euro gegenüber 2017 zu reduzieren. Im Rahmen ihrer angepassten Dividendenpolitik strebt die OMV an, die Dividende im Einklang mit der finanziellen Performance, im Wesentlichen der Entwicklung des freien Cashflows und des Jahresüberschusses des Konzerns, jährlich zu erhöhen oder zumindest auf dem Niveau des jeweiligen Vorjahres zu halten.“

Sozialistischen Flügel in Klima-Bewegung aufbauen

Somit ist auch in diesem für Arbeitnehmer*innen zentralen Punkt eine sozialistische Perspektive die sinnvollste. Für alle derzeit Beschäftigten plus viele mehr hätte eine nachhaltige und aus der Ausbeutung fossiler Rohstoffe ausgestiegene 'OMV neu' genügend zu tun. Massenbewegungen müssen dafür die Voraussetzung schaffen, dass in einer anderen Gesellschaft nicht Profite sondern die Bedürfnisse der Gesellschaft und jener der Mehrzahl an Beschäftigten im Zentrum stehen. Bauen wir innerhalb der Klima-Bewegung einen solchen Flügel auf, der die Lösung der Klimakrise nicht an die herrschende Politik und ihre Verbündeten in den Konzernetagen delegiert!

Klimakrise und Kapitalismus hängen untrennbar zusammen

Wir sind mit meiner globalen Umweltkatastrophe. Die Frage ist nicht ob es in wird sondern welchem AusmaßWir sind mit meiner globalen Umweltkatastrophe. Die Frage ist nicht, ob es in wird, sondern welchem Ausmaß.
VORWÄRTS SCHWERPUNKT

Der im Oktober 2018 veröffentlichte IPCC-Bericht (Intergovernmental Panel on Climate Change) schärfte das Bewusstsein für das, was bereits bekannt war: Die globale Erwärmung hat ein gefährliches Niveau erreicht. Die Zukunft der Menschheit in der Art und Weise, wie wir sie kennen, ist in Gefahr. Der berühmte Satz von Rosa Luxemburg, dass wir entweder mit "Sozialismus oder Barbarei" konfrontiert sind, bekommt eine neue Bedeutung. In diesem kapitalistischen System wird die Zukunft der Menschheit mehr mit Mad Max, Walking Dead oder anderen postapokalyptischen Szenarien gemeinsam haben als mit einer Welt, in der wir alle gerne leben würden.

Die globale Erwärmung aufgrund des fortgesetzten Ausstoßes fossilen CO₂ führt zur Zunahme von Extremwetter-Ereignissen (Stürme, Überschwemmungen, Dürren). Mehr noch kommt es in Folge- und Wechselwirkung zum dauerhaften Verlust der polaren Eismassen und dem Abtauen der Permafrost-Böden. Der Meeresspiegel steigt, die Ozeane (tatsächlich die größten „Lungen“ der Erde) versauern. Zusätzlich schwimmen unfassbare Mengen Plastikmülls darin. Lebensräume verändern sich in einem derart hohen Tempo, dass sich die betroffenen Lebewesen nur schwer bis unmöglich anpassen können. Es kommt durch Verwüstung und Meeresspiegelanstieg zum Verlust landwirtschaftlicher Anbauflächen, gerade auch in Regionen, die schon jetzt besonders unter der systematischen Ungerechtigkeit des vorherrschenden Wirtschaftssystems leiden müssen. Der Kampf um Ressourcen wie (Trink-)Wasser nimmt zu. Das Artensterben beschleunigt sich und die Verschiebung der Klimazonen lässt eine Vielzahl von Krankheiten ausbreiten. Gigantische Fluchtbewegungen über die bereits gegenwärtigen hinaus werden mittel- und unmittelbar auf allen Kontinenten stattfinden. Müll, inklusive nuklearer Abfälle, kann ganze Landstriche unbewohnbar machen. Wir sind mitten drin in einer globalen Umweltkatastrophe. Die Frage ist nicht, ob es schlimm wird, sondern in welchem Ausmaß.

Doch was genau hat das jetzt alles mit dem Kapitalismus zu tun? Für die Kapitalist*innen ist die Natur eine kostenlose Quelle von Reichtum. Sie kann bei geschickter Gestaltung durch menschliche Arbeit riesige Profite für sie produzieren. Der Kapitalismus wird getrieben von der Notwendigkeit, Profit und mehr Profit zu machen. Alles wird zur Ware – einschließlich der gesamten Natur, inklusive des Menschen. Produziert wird nur, was profitabel scheint. Es herrscht ein Chaos von Unter- bzw. Überproduktion – gemessen an dem, was bezahlt werden kann; nicht unbedingt an dem, was Menschen brauchen. Bedürfnisse werden teilweise künstlich erzeugt; Produkte gezielt kurzlebig produziert („geplante Obsoleszenz“). Alles geschieht in dem Bestreben, im Wettbewerb die Nase vorne zu haben. Dieses Konkurrenzsystem wird uns gerne als "innovationsfördernd" präsentiert: Das Gegenteil ist der Fall. Geforscht wird vor allem in Bereichen, die Profite versprechen. Forschungsergebnisse werden nicht ausgetauscht, sondern durch Patente blockiert.

Dazu kommt noch, dass dem ganzen Wirtschaftssystem die Demokratie fehlt. Selbst dort, wo es Wahlen und Parlamente gibt, haben diese kaum Einfluss darauf, was und wie produziert wird. Die Wirtschaft folgt ihren eigenen kapitalistischen Regeln. So entscheidet eine kleine Minderheit von Kapitalist*innen weltweit über unsere Zukunft – nur angetrieben von ihren kurzsichtigen Profitinteressen.

Wie unsere Alternative zu diesem zerstörerischen System aussieht und auf welche Weise wir sie erreichen können, damit beschäftigt sich dieser Vorwärts-Schwerpunkt.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Marx aktuell: Grüner Kapitalismus – eine Unmöglichkeit

VORWÄRTS SCHWERPUNKT

Wer im Rahmen kapitalistischer Logik denkt, kommt rasch auf die Idee, die Wirkungsweise des Kapitalismus zu nutzen, um diesen zum ökologischeren Handeln zu motivieren. Dazu gehören Konzepte wie Emissionshandel und Ökosteuern. Das Problem: im Kapitalismus funktioniert das nicht! Der Emissionshandel ist als das marktwirtschaftliche Instrument zur Reduzierung von Treibhausgasen angepriesen worden. 1997 einigte man sich in Kyoto auf eine Vereinbarung zum Emissionshandel für CO2 - doch das ganze scheiterte, weil es Firmen Wettbewerbsnachteile brachte und daher von „ihren“ Staaten praktisch ausgehebelt wurde. Die Herrschenden gerade in großen imperialistischen Staaten wie den USA oder Russland sabotieren - wie beim Emissionshandel - Maßnahmen zur "Klimawende" zugunsten der entsprechenden einflussreichen Konzerne und dem angeblichen "nationalen Interesse".

Abgesehen von massivem Betrug gab es von Anfang an Schlupflöcher und Sondergenehmigungen und die Obergrenzen waren moderat. Für die Firmen war es also ein leichtes (und billig) auch weiterhin CO2 auszustoßen. Die Kosten werden ähnlich wie bei Ökosteuern einfach auf die Konsument*innen abgewälzt, die mehrheitlich ohnehin schon mit dem Druck von Sozialkürzungen und sinkenden Löhnen zu kämpfen haben. Der sogenannte „Lenkungseffekt“, den Ökosteuern eventuell und auch nur in beschränktem Ausmaß haben, ist außerdem oft ein unsozialer, weil zusätzliche Steuern Menschen mit niedrigem Einkommen weit stärker treffen, diese aber trotzdem oft nicht die Möglichkeit haben gesündere bzw. nachhaltigere Produkte zu verwenden.

Das grundlegende Problem ist die Konkurrenz: Beginnt ein Konzern, wirklich umweltfreundlicher zu wirtschaften, hat er im Wettbewerb Nachteile. Das kann sich kein Unternehmen auf Dauer leisten. Die Folge ist der "Öko-Schmäh" des „Green Capitalism“ (Betrug mit scheinbarer Nachhaltigkeit usw.).

Der erste, der diesen Widerspruch in all seiner Klarheit wissenschaftlich fasste, war Karl Marx. In seinem Hauptwerk „Das Kapital“ beschreibt er die inneren Bewegungsgesetze des Kapitalismus. Diese treiben ihn dazu, auf der Jagd nach Profit ständig zu wachsen und dabei seine eigenen Grundlagen zu zerstören: „Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“ (Karl Marx: Das Kapital, Band 1, 1867) 

Marx zeigte auf, wie der Kapitalismus den Stoffwechsel zwischen Mensch und Umwelt beschädigt und warnte vor den katastrophalen Folgen. Kein Wunder also, dass in der aktuellen Klimabewegung immer mehr Aktivist*innen auf der Suche nach Analysen und Antworten, die der Tiefe der Klimakrise gerecht werden, auf Marx stoßen.

 

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