Internationales

Der Aufstand der Arbeiter*innen in Polen

Pawel Nowak

Das stalinistische Polen hatte am Ende der 1960er Jahre einige wirtschaftliche Probleme und damit zu kämpfen, die Bevölkerung ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. Nach dem Posner Arbeiter*innenaufstand 1956 verursachte 1970 die Ankündigung, die Lebensmittelpreise vor Weihnachten um bis zu 38% zu erhöhen, Demonstrationen entlang der Ostsee. Die Proteste steigerten sich zu einem Volksaufstand und Polen befand sich zeitweise am Rand eines Bürger*innenkrieges. Den Start machten die Arbeiter*innen in der Werft von Danzig mit einem Streik, dann breiteten sich die Proteste über ganz Polen aus. Die Hotspots waren zwar Gdingen und Danzig, doch sie breiteten sich auch auf Stettin, Helbing, Warschau, Breslau und noch einige andere Städte aus.

Als Reaktion wurden Panzer in die Städte geschickt, die Proteste blutig niedergeschlagen und beendet. Es wird geschätzt, dass über 100 Personen starben, über 1.000 Demonstrant*innen verletzt wurden. Die stalinistische Bürokratie war in Panik und versuchte die Proteste mit einer Kombination aus Repression und Zugeständnissen einzudämmen und zu beenden. Gomułka, der damalige Parteichef der stalinistischen „Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei“ (PZPR), welcher die Befehle zur blutigen Niederschlagung erteilte, wurde durch Edward Gierek ersetzt. An einer Fortsetzung des arbeiter*innenfeindlichen Kurses der PZPR änderte das aber wenig und führte nur 10 Jahre später zu weiteren Erhebungen. 

 

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Vor 10 Jahren: Der „Arabische Frühling“

Die Lehren aus dem „Arabischen Frühling“ ziehen, um in der neuen Protestwelle erfolgreich zu sein!
Oliver Giel

Vor 10 Jahren begann eine Welle von Protesten, Aufständen und Revolutionen, die als „Arabischer Frühling“ in die Geschichtsbücher einging. Ausgehend von Tunesien verbreitete sich diese revolutionäre Welle über Nordafrika und die Arabische Halbinsel und inspirierte Proteste im Iran, in Israel, Spanien, China und Ostafrika. Wie heute in Peru, Belarus, Chile und Hongkong war sie für demokratische Rechte, gegen Korruption und Armut.

Die Bewegungen in so verschiedenen Ländern zeigen, wie eng verflochten die Lebensbedingungen auf der Erde sind. Nicht nur das Kapital globalisiert sich, sondern auch der Widerstand. Immer wieder erheben sich Menschen irgendwo auf der Welt, weil sie sehen, dass die Verhältnisse, unter denen sie leben müssen, ihnen keine Perspektive, keine Zukunft, kein Leben bieten können. Jedoch müssen solche Bewegungen immer dort scheitern, wo sie die Grundlage der Verhältnisse nicht beseitigen wollen oder können: Die Klassengesellschaft. Dies ist in der „Arabellion“ geschehen: In neun Ländern wurde die Regierung gestürzt, neue Verfassungen erkämpft, die Macht lag auf der Straße. 10 Jahre später ist davon nur noch wenig zu sehen: Nur in Tunesien konnten die demokratischen Errungenschaften erfolgreich verteidigt werden. In Libyen, Syrien und im Jemen gibt es blutige Kriege zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen. In Ägypten regiert nach einem kurzen islamistischen Intermezzo das Militär. Und auf der Arabischen Halbinsel hat das Saudi-Königreich die Revolution im Keim erstickt. Die imperialistischen Interventionen von Frankreich, den USA und Russland – vorgeblich zur „Unterstützung der Freiheitsbewegung“ oder zum „Kampf gegen Terrorismus“, je nach dem, was der jeweiligen Macht dem eigenen strategischen Ziel dienlicher scheint – haben den Boden bereitet für Gruppen wie den IS. Die Revolutionen wurden von der religiösen Rechten gekapert, weil die Arbeiter*innenbewegung zu schwach war, um die Führung zu übernehmen.

Im Zuge jeder Revolution entsteht ein Machtvakuum. Die alte Macht ist gestürzt, eine neue erst im Entstehen. Dieser Zeitpunkt ist der einzige – wirklich demokratische –, in dem die Massen selbst entscheiden können, wem die künftige Macht zu dienen hat. Gelingt es den Massen nicht, die Macht zu ergreifen und sie zu nutzen, wird das Machtvakuum gefüllt von Teilen der alten herrschenden Klasse, ausländischen Mächten oder kriminellen Banden. Daher brauchen die Revolutionär*innen eigene Machtmittel, eigene Medien, eigene Organisationen, eigene Parteien, eigene Gewerkschaften, eigene Machtorgane, mit denen sie die politische und die ökonomische Macht erobern und verteidigen können. All dies fehlte im „Arabischen Frühling“ – und so wurden auch die Ursachen der Aufstände nicht beseitigt.

Seit zwei Jahren flammen in Nordafrika und dem Nahen Osten Proteste und Aufstände wieder auf, auf einer breiteren politischen Basis: Im Libanon formiert sich Widerstand gegen religiöses Sektierertum, im von Krieg und Terrorismus geschundenen Irak gegen Gewalt an Frauen, im Iran besetzen Arbeiter*innen die Zuckerfabrik Haft Tappeh. Der Ruf nach politischen Freiheiten wird mit sozialen Forderungen verknüpft. Die 27 Millionen Jugendlichen in Nordafrika und dem Nahen Osten fordern in Zeiten einer sich auch durch Corona verschärfenden Krise eine lebenswerte Zukunft ein. Die Arbeiter*innenklasse setzt Schritte zur Organisierung, und bildet, etwa im Jemen, unabhängige Gewerkschaften oder im Libanon Fabrikkomitees. Und heute stehen die Frauen an der vordersten Front. Sie lassen sich weder mit nationalistischen und religiösen Phrasen abspeisen noch von der Repression des Staates oder islamistischen Banden einschüchtern.

Überall, wo diese Kämpfe wachsen, sinkt das Vertrauen nicht nur in die Herrschenden, sondern auch in die religiösen Institutionen. Das vergangene Jahrzehnt hat der Jugend gezeigt, dass sie vom politischen Islam nichts zu erwarten hat, außer rechte Schlägertruppen im Dienst der Herrschenden wie die Hamas in Palästina, die Hisbollah im Libanon oder die Dschandschawid im Sudan. Es wird daher für religiöse Rechte schwerer werden, diese von einigen als „2. Arabischer Frühling“ bezeichneten Proteste zu kapern. Dennoch werden einige der Herrschenden versuchen, sie als Werkzeug zur Errichtung einer konterrevolutionären Diktatur zu nutzen. Um dies zu verhindern, müssen die revolutionären Bewegungen die Lehren von vor 10 Jahren anwenden, dürfen niemandem vertrauen als sich selbst. Keine ausländische Macht und keine Fraktion der herrschenden Klasse wird sie aus Krieg, Terror und Krise führen.

Der „Arabische Frühling“ war kein isoliertes Phänomen. Beginnend mit der Wirtschaftskrise und der Occupy-Bewegung wehrten sich die Menschen global gegen die Grausamkeiten eines Systems, das nicht das ihre ist. Eine ähnliche Entwicklung sehen wir heute.

 

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Nach der Revolution ist vor der Revolution

„Brot, Freiheit, Soziale Gerechtigkeit!“ „Das Volk will den Sturz des Regimes!“ (Demoslogans, Kairo)
Janos Rohn

Mohamed Bouazizi war einer von vielen. Ohne Perspektive auf ein besseres Leben, von den Behörden misshandelt. Der tägliche Kampf ums Überleben wurde für den 26 jährigen tunesischen Gemüsehändler unerträglich. Als er sich im Dezember 2010 selbst verbrannte wurde sein verzweifelter Protest Auftakt einer internationalen revolutionären Welle. Millionen Menschen in Nordafrika, dem Nahen Osten und weit darüber hinaus sahen sich und ihre Situation in den Bildern aus Tunesien.

Alle Versuche des seit 23 Jahren herrschenden Regimes von Ben Ali, Berichte zu unterdrücken und Proteste zu verunmöglichen, waren zum Scheitern verurteilt. Die Gewalt gegen Demonstrant*innen brachte nur noch mehr Menschen auf die Straße. Jugendliche, Studierende, Arbeitslose, Bergarbeiter*innen, Anwält*innen… immer mehr demonstrierten und stellten sich gegen das Regime. Unter massivem Druck der Basis reihte sich die Einheitsgewerkschaft UGTT in die Proteste ein. Die organisierte Macht der tunesischen Arbeiter*innenklasse brach dem Regime das Genick. Der Generalstreik legte Wirtschaft und Gesellschaft lahm, hunderttausende waren auf den Straßen – die Diktatur fiel.

Der Sieg der Massenbewegung in Tunesien zeigte, dass jedes Regime, so fest es auch im Sattel zu sitzen schien, gestürzt werden konnte. Wenige Tage nach Ben Alis Abgang strömten in Ägypten die Massen auf die Straßen. Arbeiter*innen in den Textil- und Zementfabriken legten die Arbeit nieder, von den Elendsvierteln am Rande Kairos kamen die Menschen auf den zentralen Tahrir-Platz. Zum Höhepunkt der Revolution Anfang 2011 übernahmen bis zu zwei Millionen Menschen das Stadtzentrum Kairos. Hunderttausende demonstrierten in anderen Teilen des Landes. Der Tahrir-Platz war nicht nur symbolisches Zentrum der Bewegung, sondern auch ein Forum, in dem Arbeiter*innen, Jugendliche, Frauenrechtsaktivist*innen und viele mehr zusammenkamen, Aktionen planten, die Versorgung von Verwundeten organisierten, Selbstschutz gegen Übergriffe der Polizei von außen und sexistische Übergriffe von „innen“ sicherstellten – kurz, es war ein Ort, an dem Demokratie von unten und die Selbstorganisation der Massen in der Praxis gelebt wurde. Alle Gewalt der Polizei – in den ersten zwei Wochen wurden 846 Menschen getötet – und der Einsatz von Schlägertrupps konnten die Bewegung nicht aufhalten. Unter Jubel und Feuerwerken wurde Langzeitdiktator Hosni Mubarak am 25. Jänner 2011 abgesetzt.

Vom Atlantik bis Iran schien kein Stein mehr auf dem anderen zu bleiben. In Marokko forderten Studierende und Gewerkschafter*innen soziale und demokratische Rechte, in Algerien forderten sie billigere Lebensmittel und ein Ende der Diktatur, in Libyen erhoben sich ganze Städte gegen die Gewalt des Gaddafi-Regimes. In Jemen und Bahrain forderten die Massen das Ende der Diktatur und in Syrien und dem Irak formierten sich Massenbewegungen gegen Armut, Ausbeutung und Unterdrückung, die alle ethnischen und religiösen Gruppen einschlossen. Selbst auf den Plätzen Spaniens, Italiens, Griechenlands, und Israels hallten die Forderungen der tunesischen und ägyptischen Revolution wider. Die Revolution war international, kein Regime schien stabil und nichts schien sie aufhalten zu können.

Die ursprüngliche Kraft der revolutionären Bewegungen lag im Zusammenwirken zwischen der (zumindest in Teilen) organisierten Arbeiter*innenbewegung mit den verarmten städtischen Massen und großen Teilen einer Jugend, die nichts mehr zu verlieren hatte und der Weigerung, Spaltung entlang ethnischer und religiöser Linien zuzulassen. Diese Bewegung traf auf Regimes, die der Bevölkerung außer Repression nichts anzubieten hatten und deren überalterte Diktatoren über kaum gesellschaftlichen Rückhalt verfügten. Dies ermöglichte den relativ schnellen Sturz von Ben Ali und Mubarak, sowie (tlw. unter anderen Vorzeichen) Ali Abdullah Salihs im Jemen.

Trotz aller Energie und Opferbereitschaft der Massen, ein Großteil ihrer Forderungen blieb unerfüllt. In Ägypten und Tunesien schritt das Militär ein und garantierte die Stabilität von Staat und Kapital. Syrien, Jemen und Libyen versanken im Bürger*innenkrieg. Vor allem die soziale Lage großer Teile der Bevölkerung hat sich nicht verbessert. Während für die Masse der an der Revolution Beteiligten soziale Forderungen ebenso zentral waren, wie jene nach demokratischen Rechten, wurden die Bewegungen auf den anti-diktatorischen Teil eingeengt. Die Militärs in Ägypten und Tunesien waren zwar bereit, den alten Diktator abzusetzen, Zugeständnisse, welche die Profite der Herrschenden angegriffen hätten, waren so nicht zu holen. Dabei sicherten die Militärs bürgerliche Herrschaft und den eigenen Einfluss.

Die Revolutionen zeigen die Notwendigkeit, soziale und demokratische Forderungen miteinander zu verbinden. Der politischen Linken in der Region, historisch in der Etappentheorie verhaftet (zuerst bürgerliche Demokratie – sozialistische Forderungen später), gelang es nicht, den Kampf gegen die Diktatur mit einem Kampf für soziale Rechte und eine fundamental neue Gesellschaft zu verbinden. So wurden dann auch die Hoffnungen in die demokratischen Zugeständnisse durch Eliten und das Militär bitter enttäuscht.

In Libyen und Syrien, wo Staatsapparat und Staatsspitze enger verbunden waren (sind) als in Tunesien oder Ägypten, versuchte das Militär die Proteste mit Gewalt niederzuschlagen. Anstatt die Spitze des Regimes zu opfern und etwas Macht abzutreten, um sie zu behalten, wurde der Bürger*innenkrieg geschürt. Dazu kamen ethnische und religiöse Spaltungen, welche Gaddafi und Assad nutzten, um ihre eigene soziale Basis zu sichern und die Bewegungen mit Gewalt zu unterdrücken. Die katastrophalen Kriege in Syrien, Libyen und Jemen wurden dabei durch ausländische Interventionen verschärft.

Trotz liberal-moralischer oder pseudo-antiimperialistischer Rhetorik: Keine der beteiligten Seiten interessiert sich tatsächlich für die demokratischen und sozialen Forderungen der Menschen. Den EU-Staaten, welche bis 2011 beste Beziehungen zu den Diktaturen pflegten, geht es um regionale Stabilität, das Abweisen von Flüchtlingen, und den Zugang zu Ressourcen. Russland und die USA unterstützen ihre jeweiligen Verbündeten, um strategische Positionen zu erhalten. Das iranische Regime und die Golfmonarchien liefern sich einen Kampf um Macht und Einfluss in der Region und unterstützen dabei die verschiedensten djihadistischen Milizen.

Die Enttäuschung über die neuen Diktaturen und die Schrecken der Bürger*innen- und Stellvertreter*innenkriege in der Region veranlassen heute all jene bürgerlichen Kommentator*innen, denen ohnehin vor jeder Massenbewegung graut, den „arabischen Frühling“ als Fehlschlag zu bilanzieren. Die Menschen in der Region und darüber hinaus ziehen aber ihre eigenen Schlussfolgerungen. In den neuen Massenprotesten der letzten Jahre in Tunesien, Algerien, Ägypten und Irak spielt die Arbeiter*innenklasse eine immer zentralere, organisierte Rolle. 2019 stürzten Arbeiter*innen und Jugendliche den langjährigen sudanesischen Diktator Omar Al-Bashir. Sofort stellten die Revolutionär*innen klar: Kein Vertrauen in die Armee, Solidarität aller ethnischen und religiösen Gruppen, Kampf für soziale Gerechtigkeit und Demokratie! Für eine neue Generation von Arbeiter*innen und Jugendlichen sind die Lehren des „arabischen Frühlings“ zentral für die nächste Revolution.

 

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Massiver Protest bringt Modi unter Beschuss

Der Protest gegen das hindu-nationalistische Regime von Narendra Modi von der BJP (Bharatiya Janata Party, Indische Volkspartei, Anm. d. Übers.) wächst in gewaltigen Ausmaßen. Ein gut organisierter Protest von Bäuer*innen hält die Hauptstadt Delhi in sein
Geert Cool, LSP/PSL (ISA in Belgien)

Als Modi 2014 erstmals gewählt wurde, beruhte die breite Unterstützung für die BJP auf der Hoffnung auf wirtschaftlichen Fortschritt für die Mehrheit der Bevölkerung. Zusammen mit Hindu-Nationalismus gab es jedoch eine Fortsetzung der neoliberalen Reformen, die Arbeiter*innen und Bäuer*innen hart trafen. Die Wirtschaft steht seit einiger Zeit unter Druck: Das Wachstum fiel von 8,26 % im Jahr 2016 auf 5,02 % im Jahr 2019 (gerechnet vom zweiten Quartal 2019 bis zum ersten Quartal 2020). Covid-19 und das damit verbundene chaotische Vorgehen werden 2020 in einer von zunehmenden Spannungen geprägten Weltwirtschaft eine starke Rezession verursachen. Darüber hinaus bleibt Indien aufgrund seiner antichinesischen Haltung außerhalb des asiatischen Handelsabkommens Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP).

Bäuer*innen gehen nach Delhi

Unter dem Slogan „Dilli Challo“ („nach Delhi“) zogen Tausende von Bäuer*innen in die indische Hauptstadt, um gegen Maßnahmen der Regierung zu protestieren, die die Landwirtschaft hart getroffen haben.

Im September führte die Regierung drei Gesetze zur Liberalisierung der Landwirtschaft ein. Von nun an wird es möglich sein, außerhalb des staatlich kontrollierten ‚Mandi-Systems‘ zu produzieren. Zuvor brachten alle Bäuer*innen ihre Produkte auf einen bestimmten Markt in ihrer Region, wo es Preisvereinbarungen mit Mindestpreisen für viele Produkte gab. Die Regierung kontrollierte die Preise und die Produktion. Die neuen Gesetze öffnen die Tür für große Unternehmen und drohen, die Einkommen der Bäuer*innen weiter nach unten zu drücken. „Wir werden unser Land und unser Einkommen verlieren, wenn große Unternehmen die Preise bestimmen“, so ein Bauer gegenüber einem BBC-Reporter. Das durchschnittliche Jahreseinkommen von Bäuer*innenfamilien in mehr als der Hälfte der indischen Bundesstaaten lag 2016 bei nur 20.000 Rupien (225 €). Sobald der Markt liberalisiert ist, wird der „Minimum Support Price“ (MSP) zweifellos verschwinden. Die Regierung bestreitet, dies zu planen, aber kaum jemand glaubt ihr.

Der Protest der Bäuer*innen findet in Nordindien statt, auch in Bundesstaaten, in denen die BJP stark ist. Bei den nationalen Wahlen 2019 erreichte die BJP in den Bundestaaten Haryana und Rajasthan 58 %. Im Punjab erhielt sie weniger Unterstützung, was auf das historische Misstrauen der Sikh-Bevölkerung gegenüber den Hindu-Nationalisten zurückzuführen ist. Die Staatsregierungen von Rajasthan und Punjab, die von der INC (Indian National Congress, Indischer Nationalkongress, Partei Ghandhi, Anm. d. Übers.) geführt werden, unterstützen die Proteste vor allem aus politischem Kalkül und nicht als Kampf gegen die Politik des freien Marktes der BJP. In Haryana ist das Bündnis zwischen der BJP und der lokalen Partei JPP (Jharkhand People’s Party) angespannt. Auch anderswo ist der Druck auf die Bündnispartner der BJP groß. Auch wenn dies hauptsächlich auf Bundesstaatenebene geschieht, untergräbt es die Position der BJP in der Zentralregierung. Während die beträchtliche Ausweitung der Wahlbasis der BJP in den ländlichen Gebieten entscheidend für ihren Sieg im Jahr 2014 war, sind diese Proteste die größte Herausforderung für Modis Regierung seitens der Bäuer*innen seit sechs Jahren und zeigen, dass sich das Blatt zu wenden beginnt.

Der Protest ist sehr gut vorbereitet: Die Bäuer*innen in Delhi sagen, dass sie die Aktion monatelang durchhalten können. Die Demonstration wurde mit Tränengas und Wasserwerfern bekämpft, aber das hat die Bäuer*innen nicht aufgehalten. An den Zufahrtsstraßen nach Delhi sind Camps mit eigenen Versorgungsketten eingerichtet worden. Darüber hinaus gibt es lokale Aktionen von Bäuer*innen in verschiedenen Städten, mit der Bereitschaft, ebenfalls nach Delhi zu ziehen. Die Zeitung „The Hindu“ berichtete über eine solche Aktion in Badbar im Bundesstaat Punjab. Der Anführer der örtlichen Bäuer*innen Parvinder Singh Makkan wies darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Frauenkomitees jeden Tag Hunderte von Aktivist*innen mit Lebensmitteln versorgen: „Täglich machen wir über einen Lautsprecher im Dorf Durchsagen über den Bedarf an Lebensmitteln, basierend auf der Anzahl derer, die am Protestort anwesend sind. Es gab noch nie einen Tag, an dem es einen Mangel an Lebensmitteln oder anderen lebenswichtigen Dingen gab. Die Beteiligung der Frauen war ein Schlüsselfaktor für die Stärkung dieser Agitation.“

Eine der Frauen in Badbar drückt die generelle Stimmung aus: „Ich habe das Vertrauen in die Regierung verloren, sie haben uns hintergangen, indem sie die neuen Gesetze eingeführt haben, die nicht in unserem Interesse sind. Ich werde weiterkämpfen, auch wenn es mich mein Leben kostet. Delhi wird uns zuhören müssen, wir werden sie dazu bringen, zuzuhören.“

Die Aktionen sind seit Wochen bis in die kleinsten Dörfer vorbereitet und so organisiert worden, dass sie über einen langen Zeitraum aufrechterhalten werden können. Die Arbeiter*innenbewegung kann davon lernen, sowohl was die Vorbereitung als auch was die Methoden der Aktionen angeht, die nicht auf einen einzigen Tag beschränkt sind. Um die Bäuer*innen zu ermutigen, aktiv zu werden und nach Delhi zu ziehen, mussten sie davon überzeugt werden, dass es sich um etwas Essentielles handelt. Die Bedeutung eines Kampfplans ist da wesentlich.

Außerdem stellt sich die Frage, wie die indischen Bäuer*innen gerettet werden können. Die Liberalisierung der Landwirtschaft zu stoppen, ist natürlich die erste Forderung. Aber was passiert danach? Schon vor diesen neuen Gesetzen befanden sich die Bäuer*innen in Überschuldung und in wachsender Abhängigkeit von großen Unternehmen mit einer wirtschaftlichen Entwicklung, die weitgehend am Land vorbeigeht. Zudem wird die prekäre Lage der Landwirtschaft durch die Auswirkungen des Klimawandels weiter bedroht.

Ein Schuldenerlass wäre ein sinnvoller Schritt, aber im Kapitalismus bedeutet er nur einen Neustart der Schuldenakkumulation. Um den Würgegriff der Banken zu beenden, müssen sie enteignet und in Gemeineigentum überführt werden, nicht einfach, um als öffentliche Banken der neoliberalen Logik zu folgen, sondern um zu beginnen, für die Bedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung zu funktionieren, unter der Kontrolle der Arbeiter*innen und Bäuer*innen. Auf diese Weise werden die Bäuer*innen in der Lage sein, die landwirtschaftlichen Kreditbanken zu kontrollieren.

Außerdem müssen die großen Unternehmen des Sektors verstaatlicht werden, damit der gesamte Prozess der Lebensmittelproduktion den Interessen der Bäuer*innen und Verbraucher*innen dient. Während des Protests der Bäuer*innen wird die Möglichkeit der Kooperation aufgezeigt, und dies kann ein Anstoß für Bäuer*innenkomitees und sogar freiwillige Genossenschaften sein, die das Leben und die Arbeit der Bäuer*innenfamilien erleichtern. All diese Maßnahmen erfordern einen Systemwechsel.

Wie Trotzki in „Wohin geht Frankreich?“ sagte: „Keine dieser Maßnahmen ist denkbar unter der Herrschaft der Bourgeoisie. Kleine Almosen werden dem Bauern nicht helfen, mit Pflästerchen ist ihm nicht gedient. Es bedarf kühner revolutionärer Maßnahmen. Der Bauer wird sie begreifen, billigen und unterstützen, wenn der Arbeiter ihm im Ernst zum gemeinsamen Kampf um die Macht die Hand reicht.“

Generalstreik zeigt die Stärke der Arbeiter*innenklasse

Zum zweiten Mal in diesem Jahr gab es in Indien einen gewaltigen Generalstreik. Im Januar beteiligten sich 250 Millionen Arbeiter*innen am ersten Streik. Trotz Corona und trotz Repression wurde diese Zahl am 26. November erneut erreicht. Die Gewerkschaften verbanden ihren Streik ausdrücklich mit dem Bäuer*innenprotest, so wie er im Januar mit dem Massenprotest gegen die Staatsbürgerschaftsgesetze der BJP-Regierung verbunden war, die die Diskriminierung vor allem von Muslim*as institutionalisieren wollten. Es ist klar, dass andere Protestbewegungen die Dynamik gewerkschaftlicher Aktionen stärken und ihnen gleichzeitig einen ausgeprägteren politischen Charakter verleihen. Es reicht nicht aus, die Abschwächung neoliberaler Reformen des Arbeitsmarktes zu erreichen, es braucht einen Kampf gegen das gesamte System, und das erfordert auch ein politisches Programm.

Der unmittelbare Anlass des Streiks sind die geplanten Veränderungen in der Organisation des Arbeitsmarktes inklusive des Abbaus des Schutzes für die Arbeiter*innen und der Planung neuer Privatisierungen. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Ungewissheit ist die Art der Bedrohung, die diese „Reformen“ darstellen, umso konkreter. Corona und die wirtschaftliche Rezession verursachen eine humanitäre Katastrophe durch eine Explosion der Arbeitslosigkeit, der Armut und des Hungers. Die Arbeitsmigrant*innen, die während des Lockdowns Anfang des Jahres in Hungerkarawanen in ihre Heimatstaaten zogen, waren ein sichtbarer Ausdruck dieses wachsenden Elends.

Die Gesetze zur Liberalisierung der Landwirtschaft und des Arbeitsmarktes sind natürlich miteinander verknüpft. Sie sind Teil der BJP-Politik im Interesse der Superreichen. Diese neoliberale Politik wird gespickt mit Hindu-Nationalismus umgesetzt, um zu spalten und die Aufmerksamkeit abzulenken. Einheitlicher Protest ist wichtig, um auf die nationalistische Kampagne zu antworten.

Der Generalstreik vom 26. November wurde von den Gewerkschaften unterstützt, die mit den kommunistischen Parteien oder dem INC verbunden sind. Der Streik bestätigte die wachsende Stärke des Arbeiter*innenprotests: Im Januar 2019 waren es 180 Millionen Streikende, im Januar dieses Jahres 250 Millionen und jetzt, trotz Corona, noch einmal 250 Millionen.

Zugleich steht die BJP unter politischem Druck. Bei den letzten Wahlen in Bihar hat die BJP prozentual verloren und der von der BJP geführten „Nationalen Demokratischen Allianz“ konnte kaum die Kontrolle über den Bundesstaat behalten. Bemerkenswert bei diesen Wahlen war auch der Aufstieg der kommunistischen Parteien von 3 auf 16 Sitze.

Es bleibt jedoch die Frage, mit welchem Programm die Linke auf die weit verbreitete Sorge um Arbeitslosigkeit und die wirtschaftliche Entwicklung reagiert. Werden die kommunistischen Parteien weiterhin auf Bündnispartner wie den INC setzen, die Partei, die den neoliberalen „Reformprozess“ Anfang der 90er Jahre eingeleitet hat? Oder werden sie sich für einen offensiven Kurs mit Mobilisierung in allen Bereichen entscheiden: dem politischen, gewerkschaftlichen, bäuerlichen, um den Systemwechsel populär zu machen und eine Bewegung aufzubauen, die diesen Wandel Wirklichkeit werden lässt?

Kampfplan für sozialistischen Wandel nötig

Dass es möglich ist, Modi in eine defensivere Position zu drängen, wird durch die Massenproteste der letzten Wochen deutlich. Die rechtsextremen Hindu-Nationalist*innen werden jedoch alles tun, um wieder auf Kurs zu kommen. Das schließt das Risiko weiterer Spannungen und Spaltungen aufgrund von Religion, Kaste oder um die nationale Frage herum ein. Darauf müssen sich die Arbeiter*innenbewegung, die Bäuer*innenbewegung und die Linke vorbereiten.

Sozialist*innen verteidigen die Notwendigkeit eines Kampfplans, damit die Proteste nicht auf einmalige Ereignisse beschränkt bleiben. Die Bäuer*innenbewegung zeigt, wie stark eine gut vorbereitete Protestwelle auf längere Sicht sein kann. Worauf wartet die Gewerkschaftsführung, bis sie einen ebenso ambitionierten und mutigen Aktionsplan auszuarbeiten, um sich dem Kampf der Bäuer*innen anzuschließen? Zunächst einmal sollten sich alle Gewerkschaften dem Aufruf der Bäuer*innen zu einem „bharat bandh“ (Generalstreik) am 8. Dezember anschließen – nicht nur in Worten, sondern auch in Taten, als erster Schritt zu weiteren gemeinsamen Aktionen, die die Arbeiter*innen praktisch an der Seite der Bäuer*innen mobilisieren.

Es gibt eine große Unzufriedenheit in weiten Teilen der Bevölkerung, aber eine langfristige Mobilisierung erfordert eine Alternative zur gegenwärtigen Politik. Die Ablehnung neoliberaler Reformen ist ein guter und notwendiger Ansatzpunkt. In einer Zeit des globalen wirtschaftlichen Niedergangs und zunehmender Spannungen im Kontext des neuen Kalten Krieges wird immer deutlicher, dass Kapitalismus für die indische Bevölkerung Elend und Hunger bedeutet. Es besteht die Notwendigkeit eines vollständigen Umsturz des Systems. Revolutionäre Aktivist*innen müssen sich organisieren, um den Grundstein für den sozialistischen Wandel zu legen, der auf dem indischen Subkontinent so dringend nötig ist!

 

Internationale Notizen - Griechenland - Schweden - Nigeria

Griechenland: Fascho-Verbot

Am 18.9., dem Jahrestag der Ermordung des antifaschistischen Sängers Pavlos Fyssas durch Faschisten der „Goldenen Morgenröte“ 2013, kam es in ganz Griechenland zu antifaschistischen Protesten. Bei Athen demonstrierten trotz Corona-Einschränkungen 7.000, angeführt von Pavlos‘ Mutter. In Thessaloniki waren es 2.500, Xekínima (ISA Griechenland) mobilisierte 200 Personen zu Demonstrationen in Athen und Thessaloniki.

Der Prozess begann vor über fünfeinhalb Jahren. Am 7.10. wurde die „Goldene Morgenröte“ als Kriminelle Organisation eingestuft, die Mörder zu Freiheitsstrafen verurteilt. Das ist das Ergebnis einer langen antifaschistischen Kampagne, an der auch Xekínima beteiligt war. Gleichzeitig ging die Polizei scharf gegen antifaschistische Demonstrationen vor.

http://net.xekinima.org/

Schweden: Räumung gestoppt

Die Geschwister Elias Mohamed Omar (26) und Dahabo-Keyf (20) können dank der Arbeit von Rättvisepartiet Socialisterna - Sozialistische Gerechtigkeitspartei RS (ISA Schweden) - noch immer in ihrer Wohnung in Göteborg leben. Ihre Mutter war im Frühjahr nach England gereist, um ihre Familie zu besuchen, und starb an SARS-CoV-2.

Da der Mietvertrag auf ihren Namen abgeschlossen war, wurde den Geschwistern die Wohnung zu Ende August gekündigt. Aktivist*innen von RS organisierten Proteste gegen die Räumung. Die RS ist in vielen Mieter*innenkämpfen aktiv und als kämpferisch bekannt.

Nach mehreren Monaten musste der Vermieter einlenken und die Geschwister können weiterhin in dem Haus wohnen. "Wir verstehen, dass dies ohne die Hilfe von RS nie möglich gewesen wäre", sagte Elias.

https://www.socialisterna.org/

Nigeria: Haft

Am 10.9. wurden 18 Aktivist*innen in Nigeria verhaftet, darunter Mitglieder der Bewegung für eine Sozialistische Alternative (ISA Nigeria). Sie hatten gegen die Erhöhung der Benzin- und Strompreise protestiert, die Verbraucher*innen stark trifft. ISA Nigeria setzte sich für den 48-stündigen Generalstreik am 28.9. ein, der von der Gewerkschaftsführung aber abgesagt wurde.

https://socialistmovementng.org/

 

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USA: Undemokratisches Höchstgericht

Trump versucht die Mehrheit der extremen Rechten im obersten Gerichtshof auf Jahrzehnte zu sichern.
Manuel Schwaiger

Mit dem Tod der liberalen Ruth Bader Ginsburg (RBG) droht den USA eine jahrzehntelange reaktionäre Mehrheit im Obersten Gerichtshof. Donald Trump setzt alles – auch mit Blick auf Rechtsstreitigkeiten über das Präsidentschaftswahlergebnis – auf die schnelle Ernennung der erzkonservativen Richterin Amy Coney Barrett.

Hier wird eine explosive Mischung geschaffen, denn der amerikanische Supreme Court ist ebenso mächtig wie undemokratisch. 9 auf Lebenszeit ernannte Personen, die keiner demokratischen Kontrolle mehr unterstehen, erhalten weitreichende Entscheidungskompetenzen, welche von gewerkschaftlichen über LGBTQ+- bis zu Wahl- und Frauenrechten reichen. Während die Bevölkerung in den USA sich angesichts stark wachsender sozialistischer, feministischer und antirassistischer Bewegungen stark nach links bewegt, wird das Höchstgericht ultrakonservativ.

Dies zeigt den undemokratischen Charakter des Kapitalismus und seiner bürgerlichen Staaten. Denn die Stimmen von Arbeiter*innenklasse, Armen bzw. ethnischen Minderheiten, sind stark unterrepräsentiert und oft aus demokratischen Prozessen ausgeschlossen. Die US-Schwesternorganisation der SLP, Socialist Alternative, steht für eine echte sozialistische Demokratie, in der nicht nur alle Staatsbeamt*innen inklusive Richter*innen wähl- und abwählbar sind, sondern demokratische Prozesse auch auf die Wirtschaft ausgeweitet werden.

Mehr dazu unter www.socialistalternative.org.

 

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Seattle: Kapital vs. Sozialistin

Manuel Schwaiger

Die sozialistische Stadtratsabgeordnete von Seattle, Kshama Sawant, ist ein Dorn im Auge der Reichen und Mächtigen der Stadt. Denn als revolutionäre Politikerin sieht sie ihr Amt nicht als Selbstzweck: Sie behält vom Abgeordnetengehalt nur soviel wie ein durchschnittliches Arbeiter*inneneinkommen und hilft beim Aufbau von kämpferischen Kampagnen mit Gewerkschaften und Communities, um Fortschritte für die Arbeiter*innen der Stadt durchzusetzen. Mit dieser Taktik konnten in Seattle ein Mindestlohn von 15 $ pro Stunde und eine Besteuerung von Großunternehmen zur Finanzierung von sozialem Wohnbau erkämpft werden.
Nun haben sich die Großkapitalist*innen der Stadt, darunter der Trump-Unterstützer und Immobilienmilliardär Martin Selig und die demokratische Bürgermeisterin Durkan zusammengeschlossen, um in Sawants Wahlbezirk eine Neuwahl durch einen „Recall“ zu erzwingen. Hinter den Kulissen wirkt auch der Boss von Amazon Jeff Bezos mit. Der Krisengewinnler, dessen Vermögen seit Beginn der Pandemie um dutzende Milliarden wuchs und der seine Beschäftigten wie Sklav*innen behandelt, will Rache für die Besteuerung von Großunternehmen. Denn diese trifft vor allem die Firmenzentrale von Amazon in Seattle.
Bei einem Recall müssen vor Gericht Gesetzesübertretungen der Abgeordneten festgestellt werden. Die Reichen werfen Sawant vor, sie habe in der Stadthalle von Seattle an einer „illegalen“ Black-Lives-Matter-Demonstration teilgenommen, nütze ihr Büro für sozialistische Organisationen und hätte Gelder für eine Kampagne zur Besteuerung Amazons verwendet. Da ein Gericht diese Begründungen tatsächlich zuließ, müssen wir Sozialist*innen wohl schuldig sein. Wir sind schuldig daran, dass wir nicht zusehen, wie diskriminierten Minderheiten das Demonstrationsrecht genommen wird. Wir sind schuldig daran, uns als arbeitende Menschen im Interesse aller arbeitenden Menschen in sozialistischen Organisationen selbst politisch zu betätigen. Wir sind auch schuldig, Jeff Bezos den höchstmöglichen Steuersatz zu wünschen. Und wir sind stolz darauf! Der Gerichtsentscheid zum Recall beweist ein weiteres Mal: Vor dem Gesetz sind alle gleich, doch wer genug Geld hat, ist wohl doch gleicher als die Anderen.
 

 

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Rede zur Situation in den USA

Dylan Pattillo

Diese Rede wäre auf einer Kundgebung gegen den Versuch von Trumps-Wahlbetrug am 4.11. gehalten worden, die wir aufgrund des Terroranschlages absagen mussten. Trotzdem wollen wir sie hier dokumentieren.

In den vergangenen 5 Monaten habe ich mit Schrecken miterlebt, wie staatliche Polizeikräfte Menschen mit Tränengas angegriffen und verhaftet haben, weil diese Menschen den Mut hatten, sich gegen rassistische Unterdrückung in den USA zu wehren. Ich habe mit Schrecken beobachtet, wie die ‘secret police’ in nicht gekennzeichneten Lieferwagen Menschen von der Straße geholt hat und weggefahren ist, bevor jemand wusste, was geschah. Ich habe mit Schrecken beobachtet, wie die Polizei auf die freie Presse zielte, indem sie buchstäblich auf die freie Presse zielte. Ich habe mit Entsetzen beobachtet, wie dieselben Offiziere ihre Angriffe mit rechtsradikalen Milizen koordinierten, mit tödlichen Folgen. Und ich habe mit Schrecken zugesehen, wie der Präsident der Vereinigten Staaten die rassistische Brutalität der Polizei und ihrer Schlägertrupps praktisch gebilligt hat. Während seiner Präsidentschaft hat Trump einen systematischen Angriff auf die Umwelt durchgeführt, auf die freie Presse, auf die Arbeiter*innenklasse, auf Minderheiten, auf Menschenrechte, auf demokratische Rechte, auf die Wahrheit! Er hat die “Main Street für die Wall Street ausverkauft” und die Steuern für die wenigen Privilegierten gesenkt, während Millionen von Menschen in den USA um den Zugang zu Grundbedürfnissen wie sauberes Wasser und Gesundheitsversorgung kämpfen müssen. Er hat bisher über 200.000 Menschen im Namen der Wirtschaft geopfert. Er lehnte es wiederholt ab, rechtsextreme Gruppierungen wie die Proud Boys zu verurteilen, und forderte sie stattdessen auf: "Macht einen Schritt zurück und haltet euch bereit”. 

Und nun sehe ich mit Schrecken zu, wie Präsident Trump das demokratische Recht, den Wahlprozess in Frage stellt. Schon vor ihrem Amtsantritt haben Trump und seine Anhänger*innen einen unerbittlichen Angriff auf die Wahlen unternommen. Sie haben Mittel zur Unterdrückung der Wähler*innen, Propaganda und jetzt auch Gewalt eingesetzt, um an der Macht zu bleiben. Trump will im Amt bleiben, egal was passiert, unabhängig davon, was die Bevölkerung sagt. Freund*innen, ich kann nicht genug betonen, wie wichtig es ist, dass das nicht passiert. Trump muss gehen! Seine Herrschaft der Unterdrückung muss ein Ende haben. Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um sicherzustellen, dass Trumps schwacher Versuch, an der Macht zu bleiben, scheitert. Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit. Nicht nur die Arbeit, Trump die Macht zu entziehen, sondern auch die Arbeit, die systemischen Probleme zu beseitigen, die ihn überhaupt erst an die Macht gebracht haben. Weil Trump rassistische Polizeigewalt nicht als erster gestartet hat. Trump hat den Klimawandel nicht ausgelöst. Trump hat nicht damit begonnen, Wähler*innen zu unterdrücken oder an Schulen zu kürzen oder den Menschen Gesundheitsfürsorge zu verweigern oder Frauen das Recht zu verweigern, mit ihrem Körper zu tun was sie möchten. Trump hat all das verschlimmert, aber nicht begonnen. All das sind die Ergebnisse von einem System der Unterdrückung, das von der herrschenden Klasse über Jahrhunderte aufgebaut wurde und weitgehend von jeder Regierung, die die USA seit Jahrzehnten haben, Republikaner und Demokraten, umgesetzt wurde. Obwohl Biden also oberflächlich eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Regierung sein mag, wird er nicht die großen, systemischen Probleme lösen, mit denen wir heute konfrontiert sind. Er hat bereits erklärt, dass er gegen eine Gesundheitsversorgung für alle ist. Er ist gegen einen Green New Deal. Er will der Polizei mehr Geld geben. Als er gefragt wurde, was er gegen die Berufung von Amy Coney Barret in den Obersten Gerichtshof unternehmen werde, sagte er, er werde einen parteiübergreifenden Ausschuss für 6 Monate prüfen lassen. Wie viele Rechte haben wir, die wir in diesen 6 Monaten verlieren werden? Wie viele Flüchtlinge werden abgeschoben werden? Wie viele Frauen werden zu Schwangerschaften gezwungen werden, oder schlimmer noch, müssen ihr Leben und ihre Freiheit riskieren in diesen 6 Monaten? Das ist es, was sie tun, die Demokraten. Sie wollen die Probleme aussitzen und machen leere Versprechungen in der Hoffnung, dass sie bis zur nächsten Wahl keine wirkliche Entscheidung treffen müssen. Sie schenken uns maximal kleine, symbolische Verbesserungen und sagen uns, dass, wenn wir nur warten, diese zu größeren Veränderungen führen werden. Aber wir können nicht mehr warten! Wir können nicht mehr auf eine öffentliche Gesundheitsversorgung warten.

Wir können nicht mehr darauf warten, dass Menschen wirklich gleichberechtigt sind. Wir können nicht darauf warten, dass die multinationalen Unternehmen, sich einen Dreck um uns oder die Umwelt zu scheren! Leben stehen auf dem Spiel. Die Gesellschaft steht auf dem Spiel und das Überleben der Menschheit selbst steht auf dem Spiel! Freund*innen, eine bessere Welt ist möglich, nicht nur in den USA, sondern in jedem Land! Überall sehen wir, dass sich Menschen gegen ihre Unterdrücker*innen erheben. Von Minneapolis bis Paris. Von Portland nach Hongkong. Von Belarus bis Nigeria. Von Bolivien bis Polen sind es Menschen, die sich wehren.  Jetzt ist die Zeit für Veränderungen, jetzt ist die Zeit zum Handeln! Jetzt ist die Zeit für eine neue Arbeiter*innenbewegung! Wir brauchen neue Organisationen und neue Parteien, die für die Arbeiter*innenbewegung kämpfen. Wir brauchen eine vereinigte, internationale Linke, die die Kapitalist*innen bekämpft, die haben unser Morgen verkauft, damit sie heute in Luxus leben können. Wir müssen uns zusammenschließen für ein neues System, das genug für alle bietet, statt alles für einige Wenige zu liefern! Hier geht es nicht um Politik, hier geht es nicht um irgendeine abstrakte Vorstellung davon, wie die Welt sein sollte. Hier geht es um Pragmatismus. Hier geht es ums Überleben. Hier geht es darum, sicherzustellen, dass wir einen lebendigen Planeten hinterlassen, auf dem unsere Kindeskinder leben können. 

Englische Version: 

Over the past 5 months, I have watched in horror as state police forces have beaten, tear gassed, and arrested people for the crime of having the courage to speak out against racist oppression in the United States.  I have watched in horror, as secret police in unmarked vans have pulled people off the streets and drove away before anyone knew what was happening.  I have watched in horror as the police took aim at the free press by literally taking aim at the free press.  I have watched in horror as those same officers coordinated their attacks with right-wing militias, resulting in deadly consequences.  And I have watched in horror as the President of the United States has all but endorsed the racist brutality of the police and their thugs.

Over his presidency, Trump has carried out a systematic attack on the environment, on the free press, on workers, on minorities, on human rights, on democracy, on Truth itself!   He has sold out Main Street for Wall Street, cutting taxes for the privileged few while millions of people in the US struggle to gain access to basic necessities like clean water and health care.  He has sacrificed over 200,000 American lives so far in the name of the Economy.  He has repeatedly refused to condemn white supremacy, instead telling them to, “Stand Back and Stand By.”

And now I watch in horror as President Trump cast doubt on the very heart of democracy, the electoral process.  Since before taking office, Trump and the right have been engaged in a relentless attack on the vote.  They have used voter suppression, propaganda, and now force in an attempt to remain in power.  Trump wants to stay in office no matter what, regardless of what the people say.  Friends, I cannot stress enough how important it is that this DOES NOT HAPPEN!  TRUMP.  MUST.  GO!  His reign of oppression must come to an end.  We must do everything in our power to ensure that Trump’s feeble attempt to cling to power fails.

Now, the real work begins.  Not just the work of removing Trump from power, but also of removing the systemic issues that put him there in the first place.  Because Trump did not start racist policing.  Trump did not start climate change.  Trump did not start, voter suppression, or defunding schools, or denying people health care, or telling women what they can and can’t do with their bodies.  Trump has made these worse, but he did not start them.  These are the results of systems of oppression that have been built up by the ruling class over centuries and have been largely maintained by every government the US has had for decades, Republican and Democrat alike.

So, while Biden may be an improvement over the current administration, he will not solve the major, systemic problems that we face today.  He has already stated that he is against Medicare for All. He is against a Green New Deal.  He wants to give the police more money.  When he was asked what he will do about Amy Coney Barret being appointed to the Supreme Court, he said he’ll have a bipartisan committee look at for 6 months.  How many rights are we going to lose in those 6 months?  How many people will have to go back in the closet?   How many refugees will be deported?  How many women will be forced to give birth, or worse, risk their lives and freedom not to in those 6 months?

This is what they do, the Democrats.  They kick the can down the road, making empty promises hoping that they don’t have to make any real decision until the next election when it starts all over again.  They give us small, symbolic victories and tell us that if we just wait these will add up to major change overtime.

WELL, WE CANNOT WAIT ANYMORE!  We cannot wait for people to have healthcare.  We cannot wait for people to be truly equal.  We cannot wait for multinational corporations to give a shit about us or the environment!  Lives are at stake.  Society is at stake.  The very survival of humanity is at stake!

Friends, a better world is possible, not just in the US but in every country!  Everywhere you look people are rising up against their oppressors.  From Minneapolis to Paris.  From Portland to Hong Kong.  From Belarus to Nigeria.  From Bolivia to Poland the people are fighting back, and they are winning!

Now is the time for change!  Now is the time for action!  Now is the time for a new Workers movement!  We need new organizations and new parties that will fight for the working peoples of every nation.  We need a united, international Left that will fight the Capitalists who have sold our tomorrow so that they can live in luxury today.  We need to band together to create a new system that will provide enough for everyone instead of providing everything for the few!

Let me be clear, this is not about politics.  This is not about some abstract idea of how the world should be.  This is about pragmatism.  This is about survival.  This is about ensuring that we leave behind a living planet that our children’s children can thrive in.  Because the choices we have are clear.  Either we stand together, or we die apart.

 

 

 

Trump ist weg: Sozialistische Analyse und nächste Schritte für den Widerstand

Stellungnahme von Socialist Alternative (Socialist Alternative ist die Schwesterorganisation der SAV in den USA)

Das Fest hat begonnen. Trump hat eindeutig verloren, und er wird Anfang nächsten Jahres aus dem Weißen Haus ausziehen. Millionen Menschen im ganzen Land und Hunderten Millionen in der ganzen Welt stoßen einen Seufzer der Erleichterung aus. Dennoch sollten wir erkennen, dass die Pandemie, der Klimawandel, die Wirtschaftskrise und der institutionelle Rassismus nicht verschwinden werden, nur weil Trump aus dem Amt scheidet. Biden selbst sagte, er wolle keine grundlegenden Veränderungen, und er werde den rechten Republikanern „über die Kluft hinweg“ die Hand reichen. Wir werden immer noch entschlossene Massenbewegungen brauchen, um Verbesserungen für die Arbeiter*innen zu erkämpfen, um gegen die extreme Rechte zu kämpfen und die katastrophale Herrschaft der Milliardärsklasse anzugreifen.

Natürlich behauptet Trump weiterhin, dass die Ergebnisse gefälscht sind und dass die Wahl manipuliert wurde. Wir können nicht ausschließen, dass Teile seiner Anhänger mobilisieren werden, um sich gegen sein Ausscheiden aus dem Amt zu wehren. Wenn Trump versucht, zu bleiben, sollte es Massenproteste geben, um ihn aus dem Amt zu vertreiben.

Aber es ist auch ziemlich klar, dass die herrschende Klasse kein weiteres Chaos will. Die Medien und sogar Teile des republikanischen Establishments haben sich Mühe gegeben, zu betonen, dass die kapitalistische Demokratie „funktioniert“. Sogar die Gerichte, von denen Trump gehofft hat, sie würden eingreifen, um die Auszählungen zu stoppen oder die Auszählung von Briefwahlzettel zu verweigern, haben sich bisher geweigert dies zu tun. Nachzählungen in mehreren Staaten werden das Ergebnis wahrscheinlich auch nicht ändern.

Wie konnte es so knapp werden?

Die Meinungsforscher und Experten irrten sich wieder einmal, und es gab keinen Biden-Kantersieg oder eine „blaue Welle“, die eine demokratische Mehrheit in den Senat spülte. Die Demokraten haben auch eine Reihe von Sitzen im Repräsentantenhaus verloren, und auch in den Bundesstaaten gibt es Verluste. Allerdings gab es mit der Wahl von Cori Bush und Jamaal Bowman einige fortschrittliche Siege im Repräsentantenhaus, die nun neben Alexandria Ocasio-Cortez, Rashida Tlaib und anderen in „The Squad“ [eine Gruppe linker Abgeordneter, Anmerkung der Übersetzer*innen] aufgenommen werden.

Im Vorfeld der Wahl wurde die Wähler*innenbehinderung, eine Spezialität der Republikaner, durch die Pandemie verschärft. Hinzu kam, dass das Electoral College [das Wahlkollegium, das den US-Präsidenten wählt, A.d.Ü.] (neben dem Obersten Gerichtshof) eine der undemokratischsten Institutionen in dem politischen System der USA ist, das die Herrschaft der Milliardärsklasse verschleiern soll. Die Wahlbehinderung hatte zwar Auswirkungen, aber eigentlich hat das ständige Gerede von Trump über Betrug und die Aushöhlung des Postdienstes die einfachen Leute nur noch mehr motiviert, wählen zu gehen. Dies führte zu der wirklich bemerkenswerten Wahlbeteiligung, dem höchsten Prozentsatz an registrierten Wählern seit 1908.

Die liberalen Experten gingen davon aus, dass diese massive Wahlbeteiligung die Demokraten stark begünstigen würde. Doch das Ergebnis war alles andere als entschieden. Tatsächlich hätte Trump leicht in einem Erdrutschsieg besiegt werden können, vor allem, wenn Bernie Sanders der Kandidat gewesen wäre. Trump hat eine der niedrigsten Zustimmungsraten aller amtierenden Präsidentschaftskandidaten, die es je gab, und die Demokraten führten eine schwache Kampagne gegen ihn mit einem schrecklich wenig inspirierenden Kandidaten, der bekannterweise Kapitalinteressen vertritt.

In einer FoxNews-Umfrage sagten 72% der Wähler, dass sie ein staatliches Gesundheitsprogramm befürworten. In Florida, wo Trump gewann, stimmten 61% der Menschen in einem Referendum für einen landesweiten Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde. Das zeigt, dass ein klarer Appell an die Wähler*Innen aus der Arbeiter*innenklasse, den Bernie Sanders hätte machen können, Trump wahrscheinlich überwältigend besiegt hätte

Trump hat die COVID-19-Pandemie – die Hunderttausende amerikanische Todesopfer forderte – sträflich falsch gehandhabt, Massenarbeitslosigkeit und ein weiteres Abgleiten in die Armut für Millionen von Amerikanern ignoriert – und dennoch taten die Demokraten alles, was sie konnten, um den möglichen Sieg in eine Niederlage zu verwandeln.

Sie stellten einen peinlichen Kandidaten auf, der von der Öffentlichkeit ferngehalten wurde, machten keine Basisarbeit für ihre Kampagne in den wichtigsten Swing-States, weigerten sich, eine wahnsinnig populäre Forderung wie Medicare for All und die Besteuerung der Reichen zu übernehmen, und führten keine Kampagne zur Massenregistrierung von Wähler*innen durch, um Millionen neuer Wähler*innen zu gewinnen, die Trump verachten. Doch die großen Versäumnisse der Demokraten waren keine Irrtümer, sondern lagen an ihrem grundlegenden Charakters als unternehmerfreundliche Partei, die von milliardenschweren Geldgebern kontrolliert wird.

Umfragen zeigen, dass die Wähler, die die Pandemie als Schlüsselthema betrachteten, mit 82% für Biden gestimmt haben, während diejenigen, die die Wirtschaft als Schlüsselthema betrachteten, mit einem ebenso großen Vorsprung für Trump gestimmt haben. Was diese Zahlen widerspiegeln, ist, dass die Demokratische Partei bei dieser Wahl den arbeitenden Menschen, oder sogar großen Teilen der Mittelschicht, die große Angst vor der Zukunft haben oder bereits mit Schulden, Arbeitsplatzverlust usw. zu kämpfen haben, buchstäblich nichts zu sagen hatte. Für viele wirkte Trumps Botschaft der „offenen Wirtschaft“. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass er ohne die Pandemie und seinen verantwortungslosen Umgang mit ihr – oder wenn er etwas geschickter gewesen wäre – Biden leicht besiegt hätte.

Die Demokraten lehnen fortschrittliche Politik ab

In den letzten Tagen der Kampagne stellte Biden klar, dass er Fracking niemals verbieten, die Finanzierung der Polizei niemals kürzen und eine weitere rechte Ergänzung des Obersten Gerichts akzeptieren würde. Er sagte (erneut!), dass die Polizei Verdächtigen „ins Bein“ schießen sollten, um rassistische Polizeimorde zu verhindern, und er weigerte sich Medicare for All zu unterstützen, als die Pandemie ihren Höhepunkt hatte. Es ist keine Überraschung, dass eine Axios-Umfrage ergab, dass über 58% der demokratischen Wähler ihre Stimme „gegen Trump“ statt „für Biden“ abgeben wollten.

All dies ließ Trump Raum, sich selbst als „Außenseiter“ zu präsentieren, obwohl er im Weißen Haus saß! Trump kritisierte Biden „von Links“ für sein rassistisches Kriminalgesetz von 1994 sowie seine Unterstützung für anhaltende Kriege und unternehmerfreundliche Handelsgeschäfte. Dies wurde mit einem bösartigen Cocktail aus Trumps Rassismus, Sexismus, Autoritarismus, Appellen an die extreme Rechte, Verschwörungstheorien und seiner „Recht und Ordnung“-Rhetorik kombiniert, der bei einem Teil der konservativen weißen Wähler durchaus Anklang findet.

In seiner Erklärung vor den Medien am 4. November ging Trump so weit zu sagen: „Die Demokraten sind die Partei der großen Geldgeber, der großen Medien, der großen Technologie, wie es scheint. Und die Republikaner sind die Partei des amerikanischen Arbeiters geworden, genau das ist passiert.“ Natürlich ist es für einen Milliardär, der sein Kabinett mit anderen Superreichen besetzt hat, absurd so etwas zu sagen. Tatsächlich haben die Wähler, die weniger als 100.000 Dollar im Jahr verdienen, mit großem Abstand für Biden statt Trump gestimmt. Aber die Tatsache, dass eine solche Behauptung überhaupt funktioniert, sagt uns alles, was wir über das demokratische Establishment wissen müssen.

Die Führung der Demokratischen Partei hat in der Vorwahl härter und effektiver gegen Bernie gekämpft als bei den Parlamentswahlen gegen Trump. Dennoch werden die liberalen Experten versuchen, die Schuld auf die Menschen zu schieben, die nicht gewählt haben (vor allem People Of Color), die Unabhängige gewählt haben, auf rassistische Ideen in der weißen Arbeiter*innenklasse (was ein echter Faktor ist, auf den wir weiter unten eingehen werden) oder darauf, dass Demokraten mit der „radikalen Linken“ assoziiert werden. Stattdessen muss die Führung der Demokratischen Partei in den Spiegel schauen, um zu sehen, wer Trump die Möglichkeit gegeben hat zu versuchen, diese Wahl zu manipulieren. Außerdem hätte Sanders selbst nicht vor Biden kapitulieren dürfen, und er hätte seine frühere Kritik an der Demokratischen Partei nicht selbst zensieren dürfen. Dies half dabei, Trump Spielraum zu geben, um als Kandidat gegen das Establishment aufzutreten.

Das Schuldspiel

Liberale Experten und einige Aktivist*innen sagen, dass Trumps Stimmenzuwachs ab 2016 nur auf den Rassismus in der weißen Arbeiter*innenklasse zurückzuführen ist. Natürlich sind die USA eine zutiefst rassistische Gesellschaft, und die extreme Rechte ist gewachsen und wird weiterhin eine Bedrohung darstellen, gegen die Sozialist*innen und die Arbeiter*innenbewegung kämpfen müssen.

Dies allein erklärt jedoch nicht die Stimmengewinne, die Trump bei dieser Wahl erzielt hat, und es wäre ein sehr schwerer Fehler, seine Wähler*innen einfach als einen Block rassistischer, weißer Wähler*innen abzustempeln. Tatsächlich war der einzige Teil der Bevölkerung, in dem seine prozentuale Unterstützung abnahm, unter den weißen Wählern ohne Hochschulbildung. Das ändert nichts an der Tatsache, dass zwei Drittel dieser demografischen Gruppe Trump unterstützen, aber es zeigt, dass sie weit davon entfernt ist, ein einheitlicher Block zu sein.

Trumps Unterstützung wuchs unter den schwarzen und lateinamerikanischen Wähler*innen, die lange Zeit als garantiert demokratische Blöcke galten. Tatsächlich gewann er unter People of Color die meisten Stimmen aller republikanischen Präsidentschaftskandidaten seit 60 Jahren! Es gibt eine Reihe von Faktoren, die hier reinspielen, aber ein wichtiger Grund, warum ein Teil der schwarzen und lateinamerikanischen Wähler*innen aus der Arbeiter*innenklasse Trump gewählt hat, ist wiederum die Wirtschaft und das völlige Versagen der Demokraten, die Krise anzusprechen, mit der die arbeitenden Menschen gerade jetzt konfrontiert sind.

Aus der Sicht kapitalistischer Organe wie der New York Times ist es von Vorteil, diese Wahl auf ethnische Zugehörigkeit zu reduzieren, weil sie das Vertrauen der Bevölkerung in das Potenzial für eine multiethnisch Arbeiter*innenklassensolidarität untergräbt und von den Versäumnissen der Demokraten ablenkt. Obwohl sie dies nicht offen sagen, sind sie aktiv gegen die Entstehung einer multiethnisch Massenbewegung um die Arbeiter*innenklasse herum, die die Herrschaft der von ihnen verteidigten Milliardärsklasse in Angriff nehmen würde. Die Konkurrenz zwischen zwei Parteien ist ein Deckmantel für die Verteidigung der kapitalistischen Herrschaft.

Auch hier lässt sich nicht leugnen, dass Trump in den Teilen der amerikanischen Gesellschaft mit den rückständigsten Ideen zu ‚race‘ [im Sinne von Ethnien, A.d.Ü.] davon profitierte, dass er die Rhetorik von „Recht und Ordnung“ nutzte.

Die Notwendigkeit einer echten Einheit der Arbeiter*innenklasse im Angesicht des Rassismus ist von kritischer Bedeutung. Aber die Frage, wie wir diese Einheit in einer so extrem polarisierten Gesellschaft tatsächlich erreichen, ist komplex. Wir glauben, dass dies auf der Grundlage eines Kampfprogramms möglich ist, das sowohl Forderungen enthält, die das Leben der arbeitenden Menschen als Ganzes verbessern, zusammen mit einer klaren Bekenntnis zur Befreiung der Schwarzen und zu den Rechten der Einwanderer.

Der massive multiethnische Aufstand in diesem Sommer und die breite Unterstützung für den Aufstand in der Gesellschaft im Gefolge des Polizeimordes an George Floyd haben genau das Potenzial für einen gemeinsamen Kampf gegen Rassismus und wirtschaftliche Ungleichheit aufgezeigt. Aber der Mangel an Führung, Organisation und einer klaren Strategie gab der herrschenden Klasse die Gelegenheit, Themen wie die Forderung nach „defund the police“ [der Polizei die Finanzierung entziehen, A.d.Ü.] zu verdrehen. Es gab Trump und der extremen Rechten auch eine Gelegenheit, um zurückzuschlagen und die Ängste der Menschen vor der Ausbreitung des Chaos auszunutzen. Die Vergeltungsaktionen gegen den Aufstand (vor allem in ländlichen Gebieten) sind real, sollten aber nicht überbewertet werden.

Wie wird eine Präsidentschaft von Biden aussehen?

Es ist klar, dass eine Biden/Harris-Regierung keines der Probleme lösen wird, mit denen die arbeitenden Menschen konfrontiert sind. Es ist vorhersehbar, dass sie sich hinter der potentiellen republikanischen Kontrolle des Senats verstecken werden, als Ausrede dafür, warum Veränderungen nicht durchgesetzt werden können. Sogar während des Wahlkampfes, als die Demokraten versuchten, die Kontrolle über den Senat zu gewinnen, sagte Biden, dass er „mit den Republikanern zusammenarbeiten“ werde, die immerwährende Entschuldigung für die Zustimmung zu massiven Angriffen auf die Interessen der Werktätigen. Es ist wahrscheinlicher, dass wir reiche Republikaner in Bidens Kabinett sehen werden, als Bernie Sanders.

Von Anfang an wird dies eine schwache Regierung sein, die die katastrophale Pandemie und die wirtschaftliche Verwüstung bewältigen muss. Die Federal Reserve und kapitalistische Ökonomen sind sich fast komplett einig, dass es viel mehr finanzielle Anreize geben muss, um einen noch größeren Einbruch zu verhindern. Aber während die Aufstockung der Arbeitslosenunterstützung um 600 Dollar dringend wieder eingeführt werden muss, ist es nicht dasselbe wie die dauerhaften Veränderungen, die wir brauchen, wie den Green New Deal und Medicare for All. Leider ist die demokratische Führung sehr deutlich, dass sie gegen diese beiden Programme ist, die bei den einfachen Menschen überwältigend beliebt sind.

Ein endgültiger Sieg

Wir müssen dringend eine Massenbewegung aufbauen, die für einen Konjunkturplan für die Werktätigen, einen sozialistischen Green New Deal, eine gemeinschaftliche Kontrolle der Polizei, Medicare for All und vieles mehr kämpft. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die von den Unternehmen kontrollierten Demokraten die Situation grundlegend ändern, und Biden hat immer wieder gesagt, dass er die Politik, die wir so verzweifelt brauchen, nicht umsetzen wird.

Biden wird während einer der tiefsten Krisen in der Geschichte des US-Kapitalismus regieren. Er wird versuchen, den Interessen der Milliardärsklasse zu dienen, so wie er es während seiner gesamten politischen Karriere getan hat. Dies wird Millionen dazu veranlassen, nach einer Alternative zur Führung der Demokratischen Partei und zur Mainstream-Politik im Allgemeinen zu suchen.

In diesem Rahmen könnte die extreme Rechte unter einer Biden-Präsidentschaft noch stärker wachsen. Um rechtsextreme Rassisten wirksam bekämpfen zu können, brauchen wir ein Programm, das die arbeitenden Menschen zum Handeln mobilisieren kann. Wir können unsere Forderungen nicht auf das beschränken, was für die Führung der Demokratischen Partei und ihre milliardenschweren Unterstützer akzeptabel ist. Stattdessen müssen wir für die Bedürfnisse von Milliarden von Menschen weltweit und nicht für die der Milliardäre kämpfen. Diese Art des Kampfes wird unweigerlich mit dem kapitalistischen System selbst in Konflikt geraten.

Diese Wahl zeigt, dass die Demokraten die extreme Rechte nicht entscheidend besiegen können. Socialist Alternative meint, dass wir eine neue Partei brauchen, die sich auf die Arbeiterklasse stützt. Wir setzen uns dafür ein, dass diese neue Partei dafür steht, den Reichtum der Spitzenkonzerne zu verstaatlichen und sie unter demokratische Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung zu stellen. Trump ist das Symptom. Der Kapitalismus ist die Krankheit. Der Sozialismus ist das Heilmittel.

 

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Avusturya: Teröre, Irkçılığa ve Kışkırtmaya Karşı Dayanışma

Sosyalist Sol Parti SLP, ISA Avusturya

İşçi Hareketinden Kararlı bir Tepki İçin!

Pazartesi akşamı Viyana şehir merkezinde meydana gelen terör saldırısının şoku bizim için hala çok derin. Düşüncelerimiz bu acımasız saldırının kurbanlarıyla birlikte. Saldırı hakkında pek bir şey bilinmese de saldırganların bu acımasız saldırılarla kilitlenmeden (Lockdown) önceki son akşamı geçirmek isteyenleri, restoran çalışanlarını ve yoldan geçenleri vurduğu halihazırda belli. Amaç korku uyandırmak, bölmek ve sindirmekti. Hemşireler, sağlık görevlileri, sosyal hizmet uzmanları ve diğerleri de etkilendi; korona krizinin muazzam yüklerine ek olarak, şimdi kurbanlara ve ailelerine bakmak için tam güçle çalışmaktalar. Viyana Kurtarma ekibinden bir personel temsilcisi gece saatlerinde [haber programı] ZIB’de şunları söyledi: “Tüm meslektaşlarımdan görev için rapor vermelerini ve işyerlerinde bulunmalarını istiyorum. Siyasi olarak, ‘her Viyanalıya bir ambulans ve bir hastane yatağı garantisi veriyorum’ diyen Belediye Başkanı Zilk’ten ilham aldım. Şimdi COVID-19 var ve hatta üstüne de bu terörist saldırısı geldi, ve bu şehir büyüdü ancak ambulans sayısı artmadı. “

İşçi hareketinin bu saldırıya, sağcı İslami köktendinciliğin gerici gruplarına, yöneticiler ve sağın ırkçı araçsallaştırma tehlikesine; teröre, ırkçılığa ve bölünmeye karşı nasıl bir program sorununa şimdi bir cevap bulması gerekiyor. 

Aşırı sağcı İslamcı köktenci güçlerin tehlikesi

Saldırının ana hedefinin sinagog olup olmadığı ve asıl nedeninin anti-Semitizm olup olmadığı henüz belli değil. Ancak saldırganlardan en az birinin “İslam Devleti”nin (IŞİD ç.n) destekçisi olduğunu halihazırda biliyoruz. Fransa’da son haftalarda yaşanan terörist saldırılar bize sağcı İslami köktenciliğin işçi sınıfı için oluşturduğu tehlikeyi gösterdi. Bu güçlerden kaynaklanan nefret ve şiddet her zaman öncelikli olarak hedef tahtasına dönen normal işçileri ve gençleri vurur – çünkü zengin ve güçlü insanlar normal nüfusun yaşadığı alanların dışında yaşar ve eğlenir. 

Avusturya’da da son aylarda gerici güçler saldırıya geçmeye çalıştı. Yaz aylarında Viyana’daki EKH’de Kürt ve Türk solcu ve sendikacılar 10 faşist Bozkurtçu saldırısına uğradıklarında, bu saldırılara karşı mücadeleyi sürdürenler solcular ve anti-faşistler olurken, şimdi büyük üzüntü mesajları yayınlayan ÖVP (Avusturya Halk Partisi), EKH’nin kapatılması çağrısında bulundu. Şu anda bile, uluslararası olarak, bu saldırılara etkili bir yanıt verebilen yalnızca işçi hareketidir. Yöneticiler büyük konuşmalar yaparlar ve çok etkilenmiş görünürler, ama gerçekte politikalarıyla bu tür saldırılardan sorumlu olanlar kendileri ve hükümetleridir. Sözde “değerlerimizi savunmak” konusunda ise, hükümdarlar tam da bu “değerleri”, yani demokratik temel hakları, 11 Eylül’den kısıtladılar – ne yazık ki Kurz hükümetinin benzer planları olabilir. Fransa ve diğer yerlerdeki “terörle mücadele” önlemlerinin gösterdiği gibi, sağcı İslamcı köktencilerin oluşturduğu tehlike daha fazla baskı ve gözetleme ile azalmıyor. Aksine, ABD önderliğindeki “Teröre Karşı Savaş”, Fransa’da uzun süredir devam eden olağanüstü hal ve göçmenlere ve mültecilere karşı ırkçı ajitasyonun artması, durumu daha da kötüleştirdi, çünkü bunlar toplumun bölünmesine katkıda bulundular. Terörizmle mücadele etmek istiyorsanız, temel nedenlere ve kökenlere inmeniz gerekir. Sağcı İslamcı köktencilerin yarattığı tehlike, daha fazla baskı ve gözetlemeyle azalmaz. Aksine, ABD önderliğindeki “Teröre Karşı Savaş”, Fransa’da uzun süredir devam eden olağanüstü hal ve göçmenlere ve mültecilere karşı ırkçı ajitasyonun artması, durumu daha da kötüleştirdi, çünkü bunlar toplumun bölünmesine katkıda bulundular. Terörizmle mücadele etmek istiyorsanız, temel nedenlere ve kökenlere inmeniz gerekir.

Kurz hükümetinin ve iktidar partilerinin ikiyüzlülüğü

Başbakan (Şansölye) Kurz, İçişleri Bakanı Nehammer ve diğerlerinin bu saldırıdan sonraki sözleri, halihazırda son günlerde “İslamcılığa karşı savaştan” söz eden Fransız hükümetinin söylemine benziyor kısmen. Irkçı kışkırtma ve siyasetiyle Avrupa’daki popülist sağ burjuvazinin önde gelen siyasetçilerinden biri olan Kurz, Avusturya ve Avrupa’daki göçmen ve Müslüman kesimlerin artan dışlanmasından müştereken sorumludur. Kurz hükümetinin politikası, Corona sırasında Akdeniz’de, savaş bölgelerinde, sınır dışı hapishanelerinde ve hastanelerde binlerce cana mal oldu. Irkçılık, dışlama ve nefret her zaman IŞİD gibi gerici güçlerin işine geliyor. Son Viyana seçimlerinde ÖVP, FPÖ ve diğerleri, ayrıca seçim kampanyasında ırkçılığı kışkırtmak için bilinçli bir çaba sarf ettiler: Daha fazla sınır dışı etme, tecrit ve dışlama taraftarıydılar. Federal hükümet aynı zamanda Türkiye ve Suudi Arabistan gibi gerici rejimlerle çalışıyor, Yakın ve Orta Doğu’daki kanlı savaşlarda kullanılan silahları ihraç ediyor. Ve bu hükümet şimdi gerici İslam’a karşı “özgür toplumun” savunucusu mu olmak istiyor? Bu ikiyüzlülük ifşa edilmelidir! 

Kurz ve onun gibiler saldırıyı kendi amaçları için kullanmak için mümkün olan her şeyi yapması özellikle iğrenç. Avusturya’daki yöneticiler, özellikle Corona krizinde dikkat çeken ırkçı ve anti-sosyal politikalarından dikkatleri uzaklaştırmak istiyorlar ve “dış düşmana” karşı “ulusal birlik”ten söz ediyorlar. Bu “ulusal dayanışma” konuşmasını en azından Corona krizinin başlangıcından beri biliyoruz. Hepimizin aynı gemide olduğumuz söyleniyor – ancak günlük deneyimlerimiz bunun ne kadar az doğru olduğunu gösteriyor. Tam da şu anda işçi hareketi ve sendikalar bu baskıya boyun eğmemeli. Federal Hükümetin tedbirlerine, hastane yataklarının olmayışına, kriz maliyetlerinin işçi sınıfına aktarılmasına ve bu terörist saldırıya cevaben gelmekte olan baskıcı tepkilere eleştirilerden vazgeçemez. Viyana Kurtarma Servisi personel temsilcisinden kaynak yetersizliğine dikkat çekmesi sadece anlaşılabilir değil, aynı zamanda gerekliydi – daha sonraki raporlarda bu tür kritik noktalardan kaçınılmasını sendika kabul etmemelidir. “İç güvenlik” kisvesi altında devlet baskısını ve gözetimini artırma girişimlerine hazırlanmalıyız. Artık hemşirelere, sağlık görevlilerine ve diğer acil servislere teşekkür eden politikacılar, bu meslektaşların felaket çalışma koşullarından, ekipman ve finansman eksikliğinden de sorumlu olanlardır. Şimdi polis için daha fazla para talep eden ve bunu karara bağlayacak olan aynı kişiler son aylarda sağlık hizmeti için herhangi bir ek fon ayırmamış ve bu nedenle korona ölümlerinden de sorumludur.

Terörizmin nedenleri

Savaşlar, silah ihracatı ve Avrupa ve ABD hükümetlerinin kışkırtmalarıdır sağcı İslami köktenciliği bu kadar büyüten. Irak, Suriye ve diğer ülkelerden kaçan insanlar, bu savaş koşulları altında büyüyen aynı terör ve terörist rejimlerden kaçıyor. Faillerin kim olduğundan bağımsız olarak, artık mesele terörün üzerinde yükseldiği zemini kaldırma meselesi olmalı.  “İslam Devleti” gibi gruplar, yıllardır sistematik olarak ayrımcılığa uğrayan Avrupa’daki göçmenlere ve Müslümanlara yaslanıyor. Gazeteci Karim El-Gawhary bunu bir Facebook gönderisinde açıkça ifade etti: “IŞİD’in çevrimiçi dergisi Dabiq’in 2015 tarihli bir manifestosunda, militan İslamcıların kendileri için kullanmak istedikleri bir dinamik anlatıldı. Fikir nispeten basitti. Avrupa ve Batı’daki her İslamcı saldırıda, orada İslam karşıtı ruh hali büyüyor. Sonuç, kutuplaşma ve Müslümanlar ve gayrimüslimler arasındaki bir arada var olmanın yenindiden belirlendiği o zamanki adıyla “gri bölgenin ortadan kaldırılması” olacaktır. Batı’daki Müslümanların dışlanmasıyla, bunlar militan İslamcıların ve ideolojilerinin kucağına daha kolay sürülebilirler ve devşirilmeleri kolay olur.”

Siyasetin en azından bir kısmının kasıtlı olarak körüklediği saldırılar sonucunda Avusturya’da ırkçılık artarsa, saldırganlar amacına ulaşmış demektir. Bu tür saldırıların ırkçı bir şekilde araçsallaştırıldığını ve bunun da onların eline geçtiğini çok iyi biliyorlar. Irkçılığın artması, ama aynı zamanda kapitalist sistemin küresel krizinin neden olduğu artan sosyal sorunlar, çeşitli türlerdeki gerici güçlerin kendilerini kurtarıcılar olarak sunabilecekleri ve ideolojileri için devşirebileceği anlamına geliyor. Avusturya’da da yoksulluk, işsizlik, sosyal zorluklar ve [gelecek] beklentilerin eksikliği, özellikle tamamen geride bırakılan ve dışlanan bir nesil arasında sağda radikalleşmelere yol açtı – İslami köktencilik bu madalyanın bir yüzü, Avusturya sağcı aşırıcılığı ise diğeridir. Hıristiyanların mutlak çoğunluğunun Christchurch saldırganlarıyla hiçbir ilgisi olmadığı gibi, Müslümanların mutlak çoğunluğunun da terörle ilgisi olmadığı bir gerçektir. Ancak, birçok Müslümanın kendilerini açık bir şekilde bununla arasına mesafe koymaya mecbur hissetmeleri ırkçı hava hakkında bir şeyler söylüyor (adına terör uygulanmış diğer dinlerin takipçileri bunu yapmıyor). Aşırı sağcı terörü ister faşist ister İslami köktendinci terör olarak gelsin, işçi hareketi tarafından karşı konulmalıdır. Suyun yönünü çevirmek için bu öfkeyi bu sisteme yönlendirecek sol bir alternatife ihtiyaç vardır. Şu anda ihtiyaç duyulan şey teröre, nefrete, nefret söylemine ve ırkçılığa karşı etkili bir programdır: Daha fazla sosyal para, iş, daha yüksek ücretler, eğitim ve sağlık için daha fazla para, her türlü ırkçılığa, cinsiyetçiliğe ve ayrımcılığa karşı mücadele, Avrupa savaş politikasına ve silah ihracatına son ve ABD emperyalizmi ve işçi sınıfının birliği için sol ve sendikalardan bir atak.

Gençlik merkezleri ve benzeri tesisleri için daha fazla paraya ihtiyaç var çünkü bunlar özellikle Corona krizi sırasında gençlerin sosyal izolasyonunu kıran yerler olabilirler. Okullara ve eğitim kurumlarına yapılan milyarlarca yatırım, daha fazla personel, daha fazla öğretmen ve sosyal hizmet görevlisine ihtiyaç var. Acil servislerin ve sağlık sektörünün genişletilmesi ve finanse edilmesinin yanı sıra daha fazla personele acil ihtiyaç vardır. Bunların zaten “normal koşullarda” sınırlı olmaları kabul edilemez, ancak kriz durumlarında sorunsuz bakımı garanti edebilmek için yeterli kaynağa ihtiyaçları vardır. Artık silah ihracatı ve Türkiye, Suudi Arabistan vs.’de köktenci terörün destekçileri ile işbirliğine son. NATO ve diğer savaşan ülkelerle tüm askeri işbirliğini durdurun. Özellikle gençlerin gerçek ve yaşanabilir bir geleceğe sahip olmalarını sağlayacak bir ekonomiye ve topluma ihtiyaç vardır.

Dayanışmayı büyütmek

İşçi sınıfının ezici dayanışması tam da bu saatlerde hissedilebiliyor: Ölüm riski altında iki yaralı insanı kurtaran iki genç adam (ki bu, burjuva medyasında neredeyse hiç yer almıyor ya da hiç bildirilmiyordu, belki de kendileri Müslüman oldukları için), sayısız insan, apartmanını sığınak olarak sunan, acil servis çalışanları ve çok kısa sürede hazır olan gönüllüler vb. Benzer dayanışmaları Almanya, ABD ve başka yerlerde aşırı sağcı terör saldırılarının ardından da gördük. Bağlılıkları, sempati ve dayanışmalarıyla insanlar, bağlılıklarının terör ve nefretten daha güçlü olması gerektiğini ve olabileceğini gösterdiler. Buraya dayanmalıyız. Yöneticilerin menfaatine “ulusal kenetlenme” anlamında devlet yasını tutmak yerine, işçi hareketinden ve sendikalardan kararlı bir tepki gerekiyor.

Solcular, anti-faşistler ve sendikaların terörizme, ırkçılığa, nefret söylemine ve sebeplerine karşı bir miting çağrısı yapmaları önemli bir işaret olacaktır. Sendika, köken, ten rengi ve din ne olursa olsun işçi sınıfının birliğine güçlü bir sinyal göndermek için kısa grevler de düzenleyebilir. Bir sendika eylem planı, gerçek suçluların ve bu tür zulümlerin nedenlerinin ifşa edilmesine yardımcı olabilir. Kapitalizm, küresel çapta en derin krizinde ve her gün insan hayatına mal olmakta. 2020, bu çürümüş sistemin gerçek yüzünü hepimiz için acımasızca ortaya çıkardı. Bu sistemin geleceği yok, salgın, terör, savaş, nefret ve sefalet üretiyor. Bu kapitalist barbarlığa karşı, biz, yani işçi sınıfı kararlılıkla, uluslararası ölçekte ve sosyalist bir alternatif perspektifiyle mücadele etmek zorundayız.

 

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