Internationales

Solidarität mit der kubanischen Bevölkerung gegen Imperialismus und kapitalistische Restauration

Verteidigt die Errungenschaften der kubanischen Revolution!
International Socialist Alternative

Der Mangel an Medikamenten und die wachsende Wirtschaftskrise, die durch die Pandemie verschlimmert wurde, hat zu zunehmendem Unmut unter kubanischen Arbeiter*innen geführt, die am 11. Juli auf die Straße gegangen sind. Die regierende Bürokratie der Kommunistischen Partei (PCC) bezeichnet die Demonstrationen als konterrevolutionär und pro-imperialistisch. Andererseits stellen der Imperialismus und rechte Medien, die Demonstrationen als „den Kampf für Demokratie in Kuba“ dar (mit „Demokratie“ meinen sie natürlich „Kapitalismus“). Beide Darstellungen sind falsch.

Die Demonstrationen vom letzten Sonntag, besonders die in San Antonio de los Baños bei Havanna, sind die größten Proteste seit der Revolution 1959, vergleichbar war nur der „Maleconazo“ vom 5. August 1994, als tausende Kubaner*innen im Kontext der „Sonderperiode“ der Wirtschaftskrise nach der Wende auf dem Malecón in Havanna demonstrierten. Dieses Mal hat die Krise andere Ursachen, die durch die kriminelle US-amerikanische Blockade der Insel verschärft werden. Die Pandemie hat zum Einbrechen des Tourismus geführt, den Premierminister Manuel Marrero als „Lokomotive der Wirtschaft“ bezeichnet. (La locomotora de la economía de Cuba es el turismo | Expreso).

Was passiert in Kuba?

Hunderte Kubaner*innen sind am letzten Sonntag mit der Forderung an die Regierung Diaz-Canel auf die Straße gegangen, die Probleme der Nahrungsmittel- und Medikamentenversorgung auf der Insel zu lösen. Natürlich und wie gesagt ist der Mangel an Medikamenten und Nahrungsmitteln eine Folge des Embargos durch die USA, das entsprechende Importe verhindert. Dazu kommen Stromausfälle und wachsende Inflation, Folgen der Anfang des Jahres in Kraft getretenen Maßnahmen zur Liberalisierung der Wirtschaft. Sie haben zu Preissteigerungen um 300% für Strom und bis zu 12% bei Grundnahrungsmitteln geführt.

Diese wirtschaftliche Krise und ein Anstieg der Corona-Fallzahlen hat tausende Kubaner*innen dazu gebracht, auf die Straße zu gehen. Demnach sind die Demonstrationen, entgegen den Narrativen des US-Imperialismus und des kubanischen Regimes, Ausdruck der Unzufriedenheit über die Folgen der ökonomischen Liberalisierung, die die Errungenschaften der kubanischen Revolution bedroht.

Die Wirtschaftspolitik des “Ordenamiento Monetario”, die die Abschaffung einer der beiden Währungen Kubas, des Peso Convertible (CUC), umfasste, hat nicht die erwarteten Ergebnisse gebracht und zu großen Preissteigerungen geführt, obwohl die Renten um 500% und die Löhnte um 525% erhöht wurden (von 400 auf 2100 Pesos Cubanos (CUP)), um die Folgen der Maßnahme abzufedern. Die Regierung hatte bei der Vorbereitung der Reform mit einer allgemeinen Preissteigerung oder Inflation von 160% gerechnet und angekündigt, den Preis der täglichen Brotration von 0,05 auf 1 CUP zu erhöhen. Gleichzeitig hat die kubanische Zentralbank den Wechselkurs auf 24 CUP für einen US-Dollar festgelegt, was einer Abwertung um 2400% gegenüber dem alten Wechselkurs von 1:1 für Staatsunternehmen entspricht.

Der neue Kalte Krieg und kapitalistische Restauration

Die durch die Pandemie noch verschärfte wirtschaftliche Situation ist nicht nur ein zufälliges Unglück. Die durch die Revolution geschaffene Planwirtschaft hat zu vielen Errungenschaften für die Arbeiter*innenklasse und die Armen geführt, besonders bei der Gesundheitsversorgung und im Sozialsystem. Sie wurde aber durch die bürokratische Elite stark geschädigt, die sich auf die Unterstützung der Sowjetunion verließ. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR und dem damit zusammenhängenden Verlust starker Subventionen hat sich die wirtschaftliche Situation dramatisch verschlechtert.

Die US-Sanktionen hatten dadurch eine viel stärkere Wirkung. In Folge dessen propagiert das PCC-Regime, das die Macht nicht an eine echte Arbeiter*innendemokratie abgeben will, seit mehr als zehn Jahren den Weg der „Wirtschaftsreformen“ und die Politik der wirtschaftlichen „Öffnung“ nach dem Vorbild der Rückkehr zum Kapitalismus in China, die fälschlich als „Marktsozialismus“ bezeichnet wird, und wirbt um Investitionen. Das ist keine zweitrangige Frage, sondern für die auf der Insel ablaufenden Prozesse absolut zentral und erklärt den beschleunigten Niedergang der wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen der Massen.

Der Einfluss Chinas auf die Ereignisse in Kuba und Lateinamerika ist nicht klein. Teile der Linken auf dem ganzen Kontinent bewundern das „chinesische Modell“ und betrachten es als Alternative. Aber wie die International Socialist Alternative immer wieder erklärt, ist China heute keine Alternative zum Kapitalismus. Im Gegenteil ist es der brutalste Ausdruck des Kapitalismus, mit eiserner Repression gegen Gewerkschaften und brutaler Ausbeutung der Arbeitskraft. So erreicht es hohe Wachstumsraten, im letzten Jahrzehnt durchschnittlich 8% pro Jahr, aber im Kontext einer globalen wirtschaftlichen Krise wird sich dieses Modell nicht halten können, ohne in immer schärfere innere Widersprüche zu geraten.

Eine wirtschaftliche Liberalisierung der Insel nach dem Vorbild des „chinesischen Modells“ wird nicht nur keine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation bringen, sondern auch zu neuen und größeren ökonomischen, politischen und sozialen Widersprüchen führen, die ihren Ausdruck auf den Straßen finden werden. Anders als manche glauben soll Chinas Politik gegenüber Kuba und Lateinamerika, zum Beispiel Unterstützung für die „Diversifizierung“ der Volkswirtschaften, nicht den Menschen vor Ort dienen, sondern den Interessen des chinesischen Kapitals. Sie wird die Ketten der Abhängigkeit verstärken, die sich aus einer auf Rohstoffexporten und Tourismus konzentrierten Wirtschaft ohne Alternativen zur Entwicklung der Produktion ergeben. Für Kuba und Lateinamerika entstehen in Folge der Unterentwicklung weitere Probleme.

Freiheit für Frank Garcia Hernandez und andere politische Gefangene

Die Demonstrationen vom 11. Juli richten sich daher nicht „gegen den Sozialismus“, wie die imperialistischen Medien behaupten, sie sind nicht „konterrevolutionär“, wie Diaz-Canel sie genannt hat. Im Gegenteil sind sie eine Äußerung von echter Unzufriedenheit über die Wirtschafts- und Coronakrise, die von den kapitalistischen Konter-Reformen der letzten Jahre verschärft wurden und zu einem „perfekten Sturm“ geworden sind. Die Proteste wurden von der Polizei brutal bekämpft. Kommunistische Aktivist*innen und andere Linke wurden verhaftet, darunter Frank Garcia Hernandez, der am Nachmittag des 11. Juli verhaftet und am nächsten Tag unter Hausarrest gestellt wurde.

International Socialist Alternative fordert die Freilassung von Frank Garcia Hernandez und anderen politischen Gefangenen auf die Insel. Wir unterstützen den Kampf der kubanischen Arbeiter*innen und des ganzen Volkes für ihre legitimen Forderungen und rufen zur Verstärkung des Kampfes gegen den Imperialismus und Kapitalismus durch den Aufbau einer echten sozialistischen und linken Alternative auf, die gegen imperialistische Manöver gegen Kuba und gegen die Restauration des Kapitalismus auf der Insel kämpft.

Eine sozialistische Alternative für Kuba und Lateinamerika

Es ist wichtig, zu erklären dass auf Kuba nie der Sozialismus errichtet wurde, auch wenn der Imperialismus versucht während globaler Krisen das „Scheitern des Sozialismus“ auf Kuba nachzuweisen und das kubanische Regime versucht, seine Errungenschaften als sozialistisch und kommunistisch zu präsentieren. In Kuba hat die Revolution 1959, die den Kapitalismus auf der Insel stürzte auf der Grundlage historischer Erfolge für die Unterdrückten einen Staat geschaffen, der zu Recht hunderte Millionen in Lateinamerika und weltweit inspiriert hat. Aber die wichtigen Fortschritte, die er erreicht hat, sind nicht nur begrenzt geblieben sondern jetzt auch in Gefahr, angesichts der aktuellen Krise, die auf Jahrzehnte der Isolation folgt.

Das zu verstehen ist entscheidend für den notwendigen Kampf zur Verteidigung der Errungenschaften der kubanischen Arbeiter*innen gegen die imperialistische Offensive und gegen den Verrat durch die pro-kapitalistischen Reformen des Regimes. Seit Jahren ist die Isolation der kubanischen Revolution angesichts der Situation auf der Insel und des Embargos das größte Problem.

Die aktuelle Situation hat mit den Reformen nach dem Vorbild des chinesischen Modells des „Marktsozialismus“ nicht begonnen, aber sie haben die Lage verschärft.

Außerdem kommen die Proteste zu einem Zeitpunkt, in dem der Imperialismus eine Plattform braucht um eine Gegenoffensive zu beginnen, nicht nur gegen Kuba sondern gegen die Linksverschiebung in Lateinamerika allgemein. Es besteht ein echtes Risiko, dass die Demonstrationen vom Imperialismus und der kubanischen Rechten instrumentalisiert werden.

Daher ist wichtig, dass die Protestierenden aus der Arbeiter*innenklasse ein klares politisches Programm ausarbeiten, das eine klare Grenze zieht zwischen Forderungen, die im Interesse der Arbeiter*innenklasse und der Armen sind und den Versuchen des Imperialismus, die Unzufriedenheit für seine eigenen Ziele zu instrumentalisieren. Als ersten Schritt müssen die Forderungen beinhalten, Inflation und Nahrungsmittelknappheit zu bekämpfen indem das System der Preisbildung und Verteilung unter die Kontrolle gewählter Komitees der Arbeiter*innenklasse gestellt wird, das Gesundheitssystem durch Impfungen für Alle zu stärken und eine internationale Kampagne der Arbeiter*innensolidarität gegen die US-Sanktionen zu entwickeln. Die Proteste müssen durch demokratisch gewählte Komitees der Arbeiter*innen und der Armen organisiert werden.

Natürlich hat die Diaz-Canel-Regierung als Reaktion auf die Proteste ihre Unterstützer*innen zur Verteidigung der Revolution aufgerufen, und die Revolution sollte verteidigt werden. Aber die Arbeiter*innenklasse wird die Errungenschaften der Revolution verteidigen, von denen sie profitiert, während die herrschende Elite ihre Macht und ihre Privilegien verteidigt, und natürlich ihre neue Wirtschaftspolitik der Liberalisierung und Privatisierung, die nicht im Interesse der Massen sein wird.

Um die Erfolge der Revolution zu verteidigen, müssen nicht nur Privatisierung und Liberalisierung gestoppt werden. Notwendig ist auch die Schaffung von Arbeiter*innendemokratie auf allen Ebenen. Die Revolution muss in andere Länder verbreitet werden, um kapitalistische Ausbeutung und imperialistische Embargos zu beenden. Dafür ist notwendig, die Herrschaft der Bürokratie zu überwinden die das Regime dominiert.

Die Verteidigung der kubanischen Revolution und ihrer Errungenschaften kann nur die Aufgabe der Massen in Kuba und weltweit sein, demokratisch organisiert in Versammlungen in Betrieben, in den Stadtvierteln, in Schulen usw.. Hier muss über den Weg diskutiert werden, nicht nur die Erfolge der Revolution zu verteidigen, sondern sie konkret zu erweitern und die politische und wirtschaftliche Situation im Land zu verbessern. Dazu wäre ein Prozess echter Demokratisierung von unten notwendig, der der Propaganda der kapitalistischen „Demokratien“ klar entgegentreten könnte.

Also ist die Alternative für die kubanischen Arbeiter*innen die Vertiefung des revolutionären Prozesses auf der Insel und seine Ausweitung in andere Teile des Kontinents und der Welt. Aber das ist nur möglich, wenn eine politische Alternative für die Arbeiter*innen geschaffen wird, eine demokratische und kämpferische Alternative die gegen die Blockade und die imperialistische Offensive kämpft, und gegen die Kapitulation der Bürokratie und die kapitalistische Restauration, die sie anführt. Eine internationalistische Alternative, die sich der Aufgabe stellt, die Revolution gegen Imperialismus und kapitalistische Restauration zu verteidigen, nicht nur auf der Insel, sondern weltweit. Sie aufzubauen, schlagen wir als International Socialist Alternative vor, um den antiimperialistischen Kampf auf dem Kontinent und den Kampf für eine Sozialistische Föderation in Lateinamerika zu stärken.

Wir sagen:

  • Nein zur Politik des Regimes für den Markt und die Restauration des Kapitalismus. Für Arbeiter*innenkontrolle über die Produktion, die Preise und die Verteilung der Produkte.
  • Nieder mit der imperialistischen Intervention. Nieder mit dem Embargo.
  • Für die sofortige Freilassung inhaftierter Arbeiter*innen und sozialistischer und kommunistischer Aktivist*innen.
  • Verteidigt die historischen Errungenschaften der kubanischen Revolution und geht weiter voran in Richtung wirklichem Sozialismus!
  • Radikale Demokratie von unten statt Herrschaft der Bürokratie: für eine echte Arbeiter*innendemokratie
  • Vereinigt den antiimperialistischen Kampf und den Kampf für eine Alternative der sozialistischen Demokratie – für eine Sozialistische Föderation Lateinamerikas.

Erklärung im englischen Original

Wird es einen Taiwan-Krieg geben?

Von Vincent Kolo, ISA in China/Hongkong/Taiwan

Taiwan befindet sich im Zentrum der Eskalation des Kalten Krieges zwischen den USA und China. Der neue Kalte Krieg ist keine vorübergehende Phase in den globalen Beziehungen - Bidens Anti-China-Politik zielt darauf ab, "das 21. Jahrhundert zu gewinnen".

Im April bezeichnete das Magazin "The Economist" Taiwan auf seinem Titel als "den gefährlichsten Ort der Welt". Die Schlagzeile löste eine heftige Diskussion aus. Wie konnte Taiwan in eine Reihe mit Nordkorea, Afghanistan oder Gaza gestellt werden? Aber in den letzten Jahren, und besonders in den Monaten seit dem Amtsantritt Joe Bidens, der den Indopazifik und den strategischen Kampf mit China zur obersten Priorität erklärt hat, sind die Spannungen um die Meerenge von Taiwan auf ein noch nie dagewesenes Niveau gestiegen.

Im epochalen Konflikt des 21. Jahrhunderts zwischen den USA und dem chinesischen Imperialismus ist Taiwan aus wirtschaftlichen, politischen und geostrategischen Gründen von zentraler Bedeutung. Für den KPCh-Staat (Chinas falsch benannte und durch und durch nicht-kommunistische Diktatur) ist Taiwan ein starkes nationalistisches Symbol, ohne das Chinas "große nationale Verjüngung" nicht erfüllt werden kann. Aber diese symbolische Bedeutung allein erklärt nicht die Taiwan-Politik der KPCh.

Chinas rote Linien

Das KPCh-Regime kann nicht zulassen, dass Taiwan in dem sich entwickelnden Konflikt des Kalten Krieges formell " abgespalten" und dem westlichen, US-geführten Lager einverleibt wird. Daher sind eine formale taiwanesische Unabhängigkeitserklärung, ein Drängen darauf durch die USA und andere Großmächte oder die Stationierung von US-Militärs auf der Insel allesamt "rote Linien", die bei einer Überschreitung eine historische Niederlage für das chinesische Regime bedeuten würden und drohen, seine Herrschaft zu beenden. Aus diesem Grund verstärkt Peking nicht nur die „Wolfskrieger“-Rhetorik, sondern steigert auch seine Luft- und Seeaktivitäten um Taiwan (2020 wurde mit 380 Vorstößen der Luftwaffe der Volksbefreiungsarmee (PLA) in Taiwans Luftraum ein Rekord aufgestellt, in diesem Jahr steigt die Zahl weiter). Eine vergleichbare Eskalation findet von beiden Seiten in den umstrittenen Gewässern des Südchinesischen Meeres statt, das eng mit dem Taiwan-Konflikt verbunden ist. Pekings Aktionen sollen Taipeh und Washington davor warnen, ihre "roten Linien" zu übertreten, und liefern gleichzeitig nationalistische Hintergrundmusik für Xis interne Machtkämpfe, um seine lebenslange Herrschaft über den KPCh-Staat zu festigen.

Für die US-Seite gilt das Gegenteil: Sollte China sich mit Taiwan "wiedervereinigen" und es fest in sein Lager unter Kontrolle der PLA bringen, wäre dies eine historische Niederlage für den US-Imperialismus. Militärisch würde die Kontrolle über Taiwan China erlauben, Ostasien und den westlichen Pazifik zu dominieren. Die USA würden entscheidend geschwächt werden, ihre strategischen Allianzen mit regionalen Mächten wie Japan, Südkorea, Indien und Australien würden sich aufzulösen beginnen. Die amerikanische Autorität als wichtigste Supermacht in Asien (seit 1945) würde einen irreversiblen Schlag erleiden.

Parallelen zu Suez

Kommentator*innen haben Parallelen zur Suez-Krise von 1956 gezogen, als Ägypten den Versuch Großbritanniens, Frankreichs und Israels abwehrte, die Kontrolle über den Suez-Kanal zu erlangen, nachdem dieser vom radikalen panarabischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser verstaatlicht worden war. Suez markierte das Ende des britischen und europäischen Imperialismus als Weltmächte. Die USA hielten sich aus dem Suez-Fiasko heraus und ließen zu, dass ihre Verbündeten gedemütigt wurden. Sollten die USA versagen oder sich weigern, eine Übernahme Taiwans durch die PLA zu verhindern, würde dies einen historischen Wendepunkt markieren: Amerikas "Suez-Moment". Aber ein solches Ergebnis unter den heutigen Bedingungen wäre schlimmer für den westlichen Kapitalismus. Wie "The Economist" unter Berufung auf Matt Pottinger, Trumps Leiter der Asienpolitik, erklärte, hatten die USA, als Großbritannien bei Suez strauchelte, bereits ihren Platz als Anführer der westlichen Welt eingenommen. Heute "gibt es keine anderen Vereinigten Staaten, die in den Startlöchern stehen."

Offensichtlich betrachtet keine der Großmächte, die in den heutigen Kalten Krieg involviert sind, die "Taiwan-Frage" vom Standpunkt des Wohlergehens, der Sicherheit oder der demokratischen Rechte des Volkes aus. Die 23 Millionen Taiwaner*innen haben das Pech, zu einer wichtigen Schachfigur im Kampf darum geworden zu sein, wer die ultimative Macht und Kontrolle in der indo-pazifischen Region ausüben wird. In Taiwan wird die volle Bedeutung dieser geopolitischen Ausrichtung der Kräfte erst allmählich verstanden. Das Massenbewusstsein wird durch die Rolle der bürgerlichen Anführer*innen des taiwanesischen Nationalismus (die regierenden Pan-Grünen) erschwert, die die tief sitzende Feindseligkeit gegenüber der KPCh-Diktatur ausnutzen, um eine pro-US Agenda zu fördern und Stimmen zu gewinnen.

Die Basis des taiwanesischen Nationalismus, vor allem die jüngere Generation, die mit überwältigender Mehrheit für die Unabhängigkeit ist und diese als Garantie für demokratische Rechte sieht, hat das Gefühl, dass die Frage entweder in Taiwan selbst oder durch Diplomatie und ein Bündnis mit den USA entschieden werden kann. Und das, obwohl die USA 75 Prozent der Diktaturen der Welt unterstützen und unzählige Unterstützungsversprechen (an die Kurden, die Frauen in Afghanistan, die tibetischen Khampa-Guerillas) verraten haben, als sich Washingtons geopolitische Interessen änderten. Für den US-Imperialismus, wie seine Unterstützung für das Regime von Chiang Kai-shek zeigte, gäbe es keine moralischen Bedenken, eine Diktatur zu unterstützen, die Taiwan in Zukunft regieren würde, solange es "eine der unseren" wäre.

Grundsätzlich ist die Idee, dass Taiwan - sein Volk - über die Zukunft der Insel entscheiden sollte, natürlich sehr vernünftig. Aber auf der Basis von Kapitalismus und Imperialismus wird das nicht passieren. Taiwans Schicksal wird leider von Peking und Washington entschieden werden, von ihrem Kampf um den "Sieg im 21. Jahrhundert", der über die Köpfe des taiwanesischen Volkes hinweg geführt wird. Nur der Erfolg der internationalen sozialistischen Revolution zur Beendigung von Kapitalismus und Imperialismus kann den Massen Taiwans und anderer Länder die Kontrolle über ihre eigene Zukunft geben.

"Strategische Zweideutigkeit"

Sowohl der amerikanische als auch der chinesische Kapitalismus wollen Taiwan als Schachfigur kontrollieren. Genauer gesagt, sie müssen um jeden Preis verhindern, dass die andere Seite die Kontrolle erlangt. Aus diesem Grund war eine geostrategische Pattsituation bisher für beide Seiten akzeptabel. Dies ist der Ursprung der "Ein-China-Politik", an der die USA formal immer noch festhalten, und unter der Taiwan nicht als unabhängiger Staat anerkannt wird. Das Festhalten an der "Ein-China-Politik", gemäß den diplomatischen Protokollen, die vor 50 Jahren von US-Präsident Richard Nixon und Chinas Führer Mao Zedong vereinbart wurden, war der Preis, den der US-Imperialismus bereit war zu zahlen, um China im ursprünglichen Kalten Krieg gegen die UdSSR auf seine Seite zu ziehen. Als Teil dieser Verschiebung in den Weltbeziehungen wurde Taiwan 1971 kurzerhand aus den Vereinten Nationen ausgeschlossen.

Die US-Politik der "strategischen Zweideutigkeit" gegenüber Taiwan hat ihren Ursprung in der gleichen Zeit. Die USA verpflichteten sich, Taiwan zu "schützen" (Waffen zu verkaufen), sagten aber nicht ausdrücklich, dass sie die Insel im Falle eines chinesischen Angriffs verteidigen würden. Heute ist die Situation ganz anders. Beide Seiten haben die Spannungen über Taiwan massiv erhöht, besonders seit Biden an der Macht ist. Im Vergleich zu Trumps unberechenbarer Politik verfolgt Biden eine koordiniertere, planvollere und - zumindest bisher - diplomatisch ausgefeiltere Strategie, um China unter Druck zu setzen (internationale Allianzen und "Amerika ist zurück am Tisch"). Xis Regime hat als Reaktion darauf seine nationalistische Wolfskrieger-Außenpolitik und die innenpolitische Repression angekurbelt.

Die USA befürchten, dass Chinas wachsende militärische Kapazität es ihm schließlich erlauben wird, Taiwan gewaltsam zu erobern. Chinas Marine ist jetzt größer als die der USA (360 Schiffe gegenüber 297). China hätte den Vorteil, viel näher an der Heimat zu kämpfen. In militärischen und außenpolitischen Kreisen der USA findet eine intensive Debatte darüber statt, ob die "strategische Zweideutigkeit" nun zugunsten einer expliziten US-Garantie, auf Taiwans Seite militärisch zu intervenieren, aufgegeben werden sollte. Die Gegenstimmen warnen, dass genau dies der Funke sein könnte, der Xis Regime dazu bringt, eine Invasion zu starten

Anstatt die "strategische Zweideutigkeit" komplett über Bord zu werfen, haben Biden und seine Gruppe von treuen US-Verbündeten die Botschaften geändert, um eine kleine Änderung der Haltung als Warnung an Xi zu suggerieren. Auf dem G7-Gipfel im Juni in England und als der japanische Premierminister Yoshihide Suga Biden zwei Monate zuvor traf, erwähnten die offiziellen Kommuniqués die "Wichtigkeit von Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße". Nie zuvor wurde Taiwan im Rahmen der Treffen der westlichen Politiker*innen erwähnt. Dies wurde als eine Provokation Pekings gesehen, was auch beabsichtigt war. Kürzlich warnte Japans stellvertretender Premierminister, dass ein chinesischer Angriff auf Taiwan eine "existenzielle Bedrohung" für Japan darstellen würde, was eindeutig impliziert, dass das Land in den Krieg ziehen würde, um Taiwan zu verteidigen. Australische Politiker*innen, darunter Verteidigungsminister Peter Dutton, haben in den letzten Monaten ähnliche Warnungen ausgesprochen.

Im Juli hielt Bidens Koordinator für den Indopazifik, Kurt Campbell, eine weit verbreitete Rede, in der er die US-Linie wiederholte, "wir unterstützen keine Unabhängigkeit Taiwans". Dies ist natürlich nichts Neues, es ist die US-Politik seit Nixon-Mao. Aber der wichtigste Teil von Campbells Rede war eine Warnung an das chinesische Regime, dass ein Angriff auf Taiwan "katastrophal" sein würde. Campbell sagte, dass es "ein klares Gefühl" gebe, dass die KPCh im Stillen die globale Reaktion auf das harte Durchgreifen in Hongkong auswertet, um abzuschätzen, wie die Welt reagieren würde, wenn sie einen ähnlichen Schritt gegen Taiwan versuchen sollte.

Campbells Rede räumte implizit ein, dass die USA machtlos sind, die politische Erwürgung Hongkongs zu stoppen, warnte aber die KPCh davor, einen ähnlichen Freiraum im Fall von Taiwan zu erwarten. Die Dynamik eines Hahnenkampfes entfaltet sich, wobei beide Seiten zu extremerem Verhalten greifen, um die andere abzuschrecken. Aber da keine der beiden Seiten es sich leisten kann, das Gesicht zu verlieren, treibt dies die Eskalation nur noch weiter voran.

Wird Xi Jinping angreifen?

Wie groß ist also die Gefahr eines Angriffs der KPCh auf Taiwan? Obwohl die Rhetorik deutlich härter geworden ist (das Wort "friedlich" wurde nun offiziell aus dem "Wiedervereinigungs"-Mantra der KPCh gestrichen), würde Xi Jinping keinen Krieg riskieren, wenn er nicht völlig sicher ist, dass er gewinnen würde. Militärisch und geografisch wäre eine massive Streitmacht nötig, um in Taiwan einzumarschieren, aufgrund der felsigen Küstenlinie und der unvorhersehbaren Wetterverhältnisse. Besonders für ein diktatorisches Regime gibt es kein größeres Risiko als einen Krieg (abgesehen von einer Revolution) und die Folgen einer Niederlage, wie die Beispiele von Russland 1904-5, Argentinien 1982 und viele andere zeigen. Ein militärisches Debakel, eine Invasion abbrechen zu müssen, schwere Verluste zu erleiden - diese Dinge könnten eine Regierungskrise auslösen, wahrscheinlich den Sturz von Xi Jinping und möglicherweise den Zusammenbruch des KPCh-Regimes.

Die andere entscheidende Frage ist, wie würde die KPCh Taiwan regieren? Angesichts der überwältigenden Opposition der Massen in Taiwan gegen die Vereinigung und gegen die KPCh, würde dies eine enorme militärische Besatzung und einen Polizeistaat erfordern. Selbst wenn dies gelingen würde, bestünde für Peking die Gefahr einer imperialen Überdehnung, da Misserfolge und Massenwiderstand in Taiwan eine Rückkopplungsschleife erzeugen würden, die Instabilität und Unruhen zurück nach China bringen würde. Es gab eine gewisse Logik in der "Ein Land, zwei Systeme"-Vereinbarung, die Taiwan viele Jahre lang angeboten wurde, wobei Hongkong als mögliches Modell angepriesen wurde. Dieses sah vor, dass Peking Taiwan durch eine Pro-KP Kuomintang oder eine ähnliche "Kompradoren"-Verwaltung regiert, nicht unähnlich den frühen Jahren der Übergabe Hongkongs nach 97. Aber diese Option, die nie sehr wahrscheinlich war, wurde durch Xi Jinpings blutige Unterwerfung von Hongkong zerschlagen. "Ein Land, zwei Systeme" erregt massiven Widerstand in Taiwan. Selbst die Kuomintang hat sich dagegen ausgesprochen.

Revolutionäre Krise

Auf diese Weise hat Xi Jinpings Hardliner-Strategie gegenüber Hongkong sein Regime in Bezug auf Taiwan in die Enge getrieben. Die KPCh kann natürlich nicht von dem Ziel der "Wiedervereinigung" ablassen, aber jetzt kann dies realistischerweise nur durch einen Krieg erreicht werden. Als Teil der Mobilisierung des Kalten Krieges hat das US-Militär zahlreiche Warnungen herausgegeben, dass Peking in sechs Jahren eine Invasion Taiwans starten könnte, "oder eher als die meisten Leute denken", wie Admiral John Aquilino, Kommandeur des US Indo-Pazifik-Kommandos, Anfang dieses Jahres erklärte.

Zum jetzigen Zeitpunkt scheinen diese Vorhersagen übertrieben zu sein. Aber andere Szenarien könnten entstehen, wenn sich das aktuelle Kräfteverhältnis entscheidend in die eine oder andere Richtung verschiebt. Zum Beispiel könnte im Falle einer akuten Krise in China, einer revolutionären Krise, Xi Jinping oder sein Nachfolger in Panik versetzt werden und einen militärischen Angriff als politisches Ablenkungsmanöver starten - ein Fall von "Wag the Dog" [im gleichnamigen Film inszeniert ein US-Präsident eine Invasion Albaniens, um die Öffentlichkeit von innenpolitischen Skandalen abzulenken, A.d.Ü.] mit chinesischen Ausprägungen. Auf der anderen Seite könnte eine zukünftige tiefe politische Krise oder ein wirtschaftlicher Zusammenbruch in den USA einen Rückzug der US-Militärmacht aus dem Indopazifik erzwingen und ein Machtvakuum schaffen, das, basierend auf der heutigen Konstellation der Kräfte, nur China ausfüllen könnte. Unter diesem Szenario könnten Taiwan und seine schwache und instabile bürgerliche Demokratie mit einem ähnlichen Ergebnis konfrontiert werden wie die Tschechoslowakei 1938 - im Rahmen eines größeren imperialistischen Abkommens "gehandelt" zu werden.

Auch diese unterschiedlichen Perspektiven zeigen, dass Taiwans Schicksal nicht in erster Linie durch seine eigene innere Dynamik entschieden wird. Die Arbeiter*innenbewegung und die Jugend, die zunehmend die Unabhängigkeit wollen, müssen verstehen, dass sich ihre Kämpfe dringend mit Arbeiter*innen und Jugendlichen in China, den USA und weltweit vernetzen müssen. Einige in der Linken und sehr viele im radikal-nationalistischen Milieu stellen diese Verbindung nicht her und neigen dazu, die Weltbeziehungen, China, den Kalten Krieg zwischen den USA und China als interessante, externe Entwicklungen ohne große Relevanz für die taiwanesische Politik zu betrachten. Aber auf einer kapitalistischen Basis ist es unwahrscheinlich, dass Taiwan jemals die Unabhängigkeit erreichen wird, ungeachtet des klaren Wunsches einer Mehrheit seiner Bevölkerung.

Kurt Campbell hat gerade alle daran erinnert, dass die Unabhängigkeit Taiwans nicht von einer, sondern von beiden imperialistischen Großmächten bekämpft wird. Taiwans Schicksal im Kapitalismus ist es, ein Gefangener des imperialistischen Kalten Krieges zu sein: staatenlos, hoch militarisiert und unter dem Damoklesschwert eines möglichen "heißen" Krieges. Sozialist*innen kämpfen dafür, die Arbeiter*innenbewegung für ein sozialistisches Programm zu gewinnen, um die Macht zu übernehmen und den taiwanesischen Kapitalismus abzuschaffen, unter völliger Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des taiwanesischen Volkes, als Teil eines breiteren Kampfes gegen Kapitalismus und Imperialismus in ganz Asien und auf der ganzen Welt.

Südafrikas Queer-Community wird angegriffen.

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 wurden mindestens 14 offen lebende Schwule, Lesben und Transgender in Südafrika Opfer von gewalttätigen Übergriffen - alle endeten tödlich.
Von Talia Coetzee, Workers and Socialist Party (WASP) (ISA in Südafrika)

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 wurden mindestens 14 offen schwul, lesbisch und transgender lebende Menschen in Südafrika Opfer von gewalttätigen Angriffen - alle endeten tödlich. Dieser erschreckende Trend deutet auf ein Problem der südafrikanischen Gesellschaft hin, das nicht die Aufmerksamkeit erhält, die es verdient: den Hass auf Mitglieder der LGBTQI+ Community.

Verstorbene Opfer der brutalen Attacken

  • Bonang Gaelae, 12. Februar 2021

  • Nonhlanhla Kunene, 5. März 2021

  • Sphamandla Khoza, 29. März 2021

  • Nathaniel “Spokgoane” Mbele, 2. April 2021

  • Khulekani Gomazi, 3. April 2021

  • Andile ‘Lulu’ Nthuthela, 10. April 2021

  • Lonwabo Jack, 18. April 2021

  • Lucky Kleinboy Motshabi, 24. April 2021

  • Phelokazi Mqathana, weekend of 1. Mai 2021

  • Lindokuhle Mapu, 9. Mai 2021

  • Aubrey Boshoga, 29. Mai 2021

  • Masixole Level, 6. Juni 2021

  • Anele Bhengu, 13. Juni 2021

  • Lulama Mvandaba, Juni 2021

Man könnte sich fragen, wie man herausfinden soll, ob all diese Menschen wirklich ermordet wurden, nur weil sie queer waren, aber die unglaubliche Brutalität dieser Verbrechen ist nicht zu leugnen. Auf Masixole Level wurde 16 Mal eingestochen. Sphamandla Khozas Leiche wurde in einem Graben gefunden, mit Messerstichen und durchgeschnittener Kehle, nachdem eine durchzechte Nacht mit Nachbarn damit endete, dass er wegen seiner Sexualität gedemütigt und schließlich ermordet wurde. Khulekani Gomazi wurde zu Tode geprügelt, ihr Körper wies ebenfalls Spuren auf, die darauf hindeuteten, dass sie hinter einem Auto hergeschleift worden war. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Täter nicht unbedingt von Hass motiviert sind, sondern eher von Angst.

Es ist unmöglich, den Anstieg dieser besonderen Form von geschlechtsspezifischer Gewalt zu analysieren, ohne die Auswirkungen des Covid-19-Virus auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft im Allgemeinen zu berücksichtigen. In ähnlicher Weise sehen wir eine Zunahme fremdenfeindlicher Hetze und Angriffe sowie einen Anstieg der Gewalt gegen Frauen und Kinder. Wir sind mit der ständigen Notwendigkeit zu überleben konfrontiert, jetzt mit dem zusätzlichen Stress durch massive Arbeitsplatzverluste, Haushaltskürzungen, Korruption und fortgesetzte Sparmaßnahmen, die von der ANC-Regierung durchgeführt werden. Dies verdeutlicht das fortgesetzte Versagen des Kapitalismus, der marginalisierte Gruppen nachweislich nicht nur ausgrenzt, sondern auch lebensfeindliche Lebens- und Arbeitsbedingungen für sie schafft.

Die Tatsache, dass die genannten Opfer Schwarze sind und überwiegend aus der Arbeiter*innenklasse stammen, kann nicht ignoriert werden. Es ist kein Geheimnis, dass Menschen, die von Armut betroffen sind, aufgrund der Bedingungen, in denen sie sich befinden, nicht nur leichter Opfer von Unterdrückung, sondern auch von Gewalt werden. Da der Staat die Mittel, das Personal und die Löhne in den Bereichen Bildung, Gesundheit und anderen sozialen Diensten kürzt, haben die Armen und die Arbeiter*innenklasse zunehmend keinen Zugang zu den notwendigen Diensten und Ressourcen für psychische und physische Gesundheitsbedürfnisse, angemessenen Wohnraum und die Flucht aus potenziell gewalttätigen und lebensbedrohlichen Situationen. Das entschuldigt zwar nicht die Taten der Täter, zeigt aber einmal mehr die Katastrophe, die der Kapitalismus aufgrund seiner Unfähigkeit, Reichtum und Ressourcen zu regulieren, unweigerlich mit sich bringt.

Pride ist ein Protest - die Stonewall Aufstände von 1969 in den USA haben den Weg frei gemacht für die weltweiten Pride-Märsche, die eigentlich politische Proteste für queere Rechte waren. Im Laufe der Zeit wurden diese Märsche von der Kapitalist*innenklasse kooptiert, aber wir sehen wieder, wie die junge Generation die radikalen Anfänge zurückfordert, während sie zunehmend die Schlussfolgerungen zieht, dass das kapitalistische System Teil des Problems ist. Während sich der Pride-Monat dem Ende zuneigt, ist es wichtig, dass wir betonen, dass wir für die Befreiung der Queers nicht nur in einem Akt der Einheit zusammenstehen müssen, um Gewalt und Diskriminierung zu bekämpfen, sondern auch unaufhörlich das System bekämpfen müssen, das hilft, diese Ungleichheit zu erhalten.

WASP unterstützt den Kampf für LGBTQI+-Rechte, nicht nur auf dem Papier, sondern im wirklichen Leben, und fordert die Arbeiter*innenbewegung, kämpfende Communities und die organisierte Jugend auf, den Kampf gegen Queerphobie aufzunehmen.

Wir sagen

Ein wahres Ende der Queer-Unterdrückung kann nicht durch ein System erreicht werden, das Ungleichheit benötigt, um sich selbst zu erhalten. Der Kampf gegen queere Unterdrückung muss mit anderen Kämpfen der Arbeiter*innenklasse und der Unterdrückten verbunden und darauf ausgerichtet werden, für eine sozialistische Umstrukturierung der Gesellschaft zu kämpfen.

  • Ein Ende des Kapitalismus wird nicht sofort die jahrhundertelange Transphobie und Homophobie auslöschen, aber es würde schnell gegen die spürbarsten Ungleichheiten wirken und die Grundlage für eine Gesellschaft schaffen, die geschlechts- und sexualitätsbedingte Diskriminierung vollständig abschaffen könnte.
  • Alle Menschen, unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung, müssen gemeinsam für die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen der Gesellschaft kämpfen.
  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - von Lohndiskriminierung profitieren nur die Bosse.
  • Kostenlose, staatlich finanzierte und qualitativ hochwertige Bildung auf allen Ebenen für alle.
  • Verstaatlichung des Gesundheitssystems, keine Zwei-Klassen-Gesundheitsapartheid mehr. Jeder Mensch, unabhängig von Klasse, Rasse, Geschlechtszugehörigkeit und sexueller Orientierung, muss freien Zugang zu hochwertigen psychischen und physischen Gesundheitsdiensten haben.
  • Schutzräume und Wohnungen, um allen die Freiheit zu geben, missbräuchliche Beziehungen zu verlassen
  • Null-Toleranz gegen sekundäre Viktimisierung von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt durch Polizei und Gerichte - Säuberung der Polizei von Tätern
  • Schulungen über geschlechtsspezifische Gewalt für alle Polizei- und Justizbeamt*innen.
  • Communities, Arbeiter*innen und Jugendliche vereinen, um Hassverbrechen gegen LGBTQI+ Menschen zu bekämpfen

Nachrichten aus der ISA Sommer 2021 (Belgien, Hong Kong, England, Deutschland)

Weg mit §218

In Deutschland beteiligten sich Aktivist*innen von SAV (ISA Deutschland) & ROSA an Protesten Mitte Mai für Selbstbestimmung und gegen 150 Jahre §218. Nach diesem sind Abtreibungen nach wie vor illegal– lediglich straffrei in den ersten 12 Wochen. Die Aktivist*innen verbanden den Kampf gegen den Paragrafen mit sozialen Forderungen und solidarisierten sich mit internationalen Bewegungen.
sozialismus.info

NEU-Wahlen

In England wurden 9 Unterstützer*innen des Bildungs-Solidaritätsnetzwerk (ESN) in die Führung der Bildungs-Gewerkschaft (NEU) gewählt, darunter Louise Lewis, Mitglied bei Socialist Alternative (ISA in England, Schottland & Wales). Sie wird ihre Position nutzen, um die Kämpfe und Proteste von Basis-Aktivist*innen mit zu organisieren und gemeinsam für einen kämpferischen Kurs einzutreten.
socialistalternative.net

HK-Aktionstag

In Hong Kong fand am 31.5 die 2. Anhörung von 47 Aktivist*innen vor Gericht statt, darunter linke Aktivist*innen wie „Long Hair“ Leung Kwok-hung. Ihnen wird wegen der Teilnahme an inoffiziellen Vorwahlen nach dem chinesischen Sicherheitsgesetz „Untergrabung der Staatsmacht“ vorgeworfen. Die ISA rief zum Aktionstag am 31.5 auf und organisierte weltweit Solidaritäts-Aktionen, auch in Wien.
chinaworker.info

Demo: La Santé en Lutte

In Brüssel, Belgien gingen am 29.5 über 3000 für mehr Geld fürs Gesundheitssystem auf die Straße. Die Forderungen der Demonstration des Bündnis „La Santé en Lutte“ („Gesundheit im Kampf“) reichten von mehr Finanzierung über bessere Arbeitsbedingungen bis hin zu einer Erhöhung der niedrigsten Löhne. Dutzende Organisationen, darunter Gewerkschaftsstrukturen, Bildungsinitiativen und feministische Gruppen, unterstützten den Aufruf, der Teil einer internationalen Mobilisierung von über 60 Gewerkschaften und Gruppen mit Protesten u.a. in Italien, Spanien und Frankreich war. Auch die LSP/PSL (ISA Belgien) beteiligte sich an der Demonstration, ist aktiv bei der Initiative und verknüpfte in ihrem kämpferischen Block mit über 100 Genoss*innen die Kämpfe des Gesundheitsbereichs mit anderen in Belgien und weltweit. 
socialisme.be

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

„Wir weigern uns Feinde zu sein“

Es ist möglich und nötig, Antisemitismus UND die Unterdrückung von Palästinenser*innen abzulehnen.
Nicolas Prettner

Der Nahostkonflikt hat im Mai einen neuen Höhepunkt erreicht. Über Tage hinweg bombardierte das israelische Militär den Gaza-Streifen. Über 200 Menschen starben. Als Vergeltung feuerte die Hamas Raketen ab, die ein dutzend Todesopfer forderten. Weder der Waffenstillstand noch eine neue Regierung, die ebenfalls ein Interesse hat, den Konflikt am Laufen zu halten, wird die Probleme lösen, die diesem Konflikt zu Grunde liegen. Wie ist also ein dauerhafter Frieden im Nahen Osten zu erreichen?

Socialist Struggle (ISA in Israel/Palästina) verteidigt die Rechte der Palästinenser*innen und erklärt: “In einer Krisensituation wie dieser geht es darum, dem patriotischen Druck zu widerstehen...der demoralisierenden Wirkung...der Tendenz, einen Klassenansatz aufzugeben und ...der Tendenz zu widerstehen, dass der Hass auf den Unterdrücker sich in einen Hass auf die Arbeiter*innenklasse der unterdrückenden Nation verwandelt.”

Die jüngste Bewegung hat Massencharakter, gerade unter Jugendlichen und Arbeiter*innen. Auch gab es Beispiele für Solidarität zwischen jüdischen und palästinensischen Arbeiter*innen. In einzelnen Städten wurden Selbstverteidigungspatrouillen gebildet gegen die Übergriffe auf Palästinenser*innen. Jüdische Beschäftigte solidarisierten sich z.B. im Spital und israelische Busfahrer*innen eskortierten die palästinensischen Kolleg*innen nach Hause, um sie gegen Angriffe von Rechtsextremen zu schützen. Es gab nicht nur die patriotische Welle, sondern überall Proteste mit dem Slogan „Jüd*innen und Araber*innen weigern sich Feinde zu sein“. Wohl am Wichtigsten war der machtvolle Generalstreik palästinensischer Arbeiter*innen am 18. Mai. Er erhielt nicht nur Solidaritätsbekundungen von israelischen Arbeiter*innen, sondern zeigte diesen auch ihre Macht auf.

Die Hamas selbst hilft dieser Bewegung nicht zu gewinnen, sondern versucht sie unter Kontrolle zu bringen. Die Solidarität aber ist die Basis für einen Massenkampf für nationale und soziale Befreiung. So schwierig es auch klingt: Nur ein unabhängiges sozialistisches Palästina und ein sozialistisches Israel als Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens ist der einzige Weg, Besatzung, Diskriminierung, Armut, Ausbeutung und Krieg zu beenden.

Gegen jede Unterdrückung

Das Aufflammen des Israel/Palästina–Konflikts beschäftigt die ganze Welt. In zahlreichen Städten finden Solidaritätskundgebungen mit den Palästinenser*innen statt. Die Massenproteste gerade von Jugendlichen haben das Potential für eine Bewegung wie BLM gegen Rassismus und Unterdrückung. Doch Teilnehmer*innen an diesen Demonstrationen wird Antisemitismus vorgeworfen. Woher kommt dieser Vorwurf?

Viele, auch manche “Linke”, setzen jegliche Kritik am Staat Israel mit Antisemitismus gleich. Die Politik der israelischen Regierung wird dabei mit Jüd*innen gleichgestellt - obwohl doch letztere ebenfalls darunter leiden! Gegen die teilweise antisemitischen Parolen auf Demonstrationen muss und wird vorgegangen. Der Großteil der Teilnehmer*innen distanziert sich klar von Antisemitismus, will sich aber zu Recht nicht davon abhalten lassen, sich mit der palästinensischen Bewegung zu solidarisieren. Heuchlerisch ist die Haltung jener, die sich “mit Israel” solidarisieren. So wurde am österreichischen Bundeskanzleramt die israelische Flagge gehisst, zahlreiche Staaten liefern Waffen an Israel. Dieselbe Regierung macht rassistische Politik gegen Moslems/Muslima (Stichwort „Islamlandkarte“) und steckt weit mehr Geld in eine “Terrorbekämpfung” gegen “den Islam” statt in den Kampf gegen den sehr präsenten und aktiven Antisemitismus der z.B. österreichischen extremen Rechten. Der Packelei der Herrschenden stellen wir die Solidarität von unten entgegen!

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Internationale Notizen - Belgien, Kanada, Myanmar, Nordirland, Schweden

CoV: Hotel-Jobs

In British-Columbia, Kanada, konnten über 500 Hotel-Beschäftigte ein „Rückruf-Recht“ erkämpfen, mit dem sie nach den Covid-Schließungen ihren Job ohne Verschlechterungen wieder aufnehmen können. Neben Streik-Beschlüssen war auch die Boykott-Kampagne dafür wichtig, die Kolleg*innen gemeinsam mit der Gewerkschaft „Unite Here“ und der Socialist Alternative aufbauten. www.socialistalternative.ca

Kampf um Mieten

In Schweden fand am 18. April der Aktionstag der „Nej till marknadshyra“-Kampagne statt. Bei über 150 Aktionen wurde gegen „Markt-Mieten“ protestiert, welche Mieten dem „freien“ Markt ausliefern würden – die Mieter*innengewerkschaften gehen von einem Anstieg von 30-50% oder mehr aus. Rättvisepartiet Socialisterna (ISA Schweden) organisierte die Kampagne führend mit. www.socialisterna.org

Streik

In Belgien fand am 29.März ein bundesweiter Streik statt, nachdem die Bosse vorschlugen, die Lohn- & Gehaltserhöhungen für 2 Jahre auf 0,4% plus Inflation zu beschränken. Die PSL/LSP (ISA Belgien) beteiligte sich an den Aktionen und argumentierte für eine Offensivstrategie, die den Kampf um die Löhne mit der Forderung nach Mindestlohn und weiteren Verbesserungen kombiniert. www.socialisme.be

Up the workers!

In Nordirland protestierten Busfahrer*innen nach dem Angriff auf einen Kollegen im Zuge des aufflammenden nationalen Konflikts. Sie umstellten das Belfaster Rathaus mit Bussen und kündigten an, nach 18:00 besonders betroffene Gebiete nicht mehr anzufahren. Sie zeigten damit, wie Spaltung mit geeinten Aktionen bekämpft werden kann - die Socialist Party solidarisierte sich. www.socialistpartyni.org

Myanmar-Soli

An der weltweiten Solidarität mit der Frühlingsrevolution gegen den Militärputsch beteiligte sich auch die ISA auf der Straße & Online. ISA in China, Hongkong bzw. Taiwan kam hierbei durch die geografische Nähe eine wichtige Rolle zu: Auf Kundgebungen forderten sie Asyl für Repressionsbetroffene, lieferten Analysen und machten Vorschläge für nächste Kampfschritte. fb.com/RevWorkersSolidarityMyanmar

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Die Impfung zur Weltherrschaft

„Die Bevölkerung möglichst schnell impfen!“ – Das ist das Credo der Stunde. Es ist wenig verwunderlich, wenn Staaten schnellstmöglich an „ihre“ Impfdosen kommen wollen. So ist es von Vorteil, eigene Pharmafirmen und -fabriken im Land zu haben. Imperialistische Staaten, v.a. China, Russland, aber auch Indien und die USA versuchen neben der eigenen Impfrate auch den Einfluss auf arme, meist neo-koloniale sowie geostrategisch wichtige Länder zu steigern. Das Interesse an diesen Staaten war schon vor der Pandemie da, aber nun bietet sich eine einmalige Gelegenheit. Impfdosen werden (in kleinen Mengen) verschenkt, kostenpflichtige Deals inklusive Krediten über künftige Lieferungen abgeschlossen. Letzten Sommer lieferte China medizinisches Equipment an Afrika. Schon seit Jahren baut China Straßen, um billig an den Rohstoff Cobalt (im Kongo) zu kommen, der in der Handyherstellung unumgänglich ist. Der von China mitfinanzierte Hafen in Dschibuti ist Handelsknoten und Teil der “neuen Seidenstrasse”.

Nun hat China ein Vakzin namens “Sinopharm”, das neben Asien und Lateinamerika ebenfalls nach Afrika gehen soll. Gleichzeitig versucht Britannien mittels des britisch-schwedischen Impfstoffs AstraZeneca, zum Commonwealth gehörende afrikanische Staaten zu “bauchpinseln”, was aufgrund der Südafrika-Mutante erschwert wird. Nur die USA keuchen dank Trumps Strategie im Impf-Imperialismus hinterher.

Prinzipiell ist es zur effektiven Pandemiebekämpfung nötig, die gesamte Weltbevölkerung möglichst schnell zu impfen, um Mutationen und weiteren Todesopfern vorzubeugen. Im April 2020 gab es mit der “COVAX”-Initiative den Vorstoß, ärmere Länder bei den Impfungen zu unterstützen. Doch diese droht zu scheitern. Und es wäre nicht Kapitalismus, hätten die “Spenderstaaten” nur die Gesundheit als Ziel. Russland nützt nun Sputnik im Ausland, während die Impfrate lt. eigenen Angaben nur bei 6% liegt (Stand 14.4.21). Ganz der Natur des Kapitalismus entsprechend, stehen für die Großmächte geopolitische Interessen im Vordergrund. Um diese Pandemie zeitnah zu beenden, ist eine demokratisch geplante Produktion und Verteilung der Impfstoffe ohne Profitinteressen notwendig!

 

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USA: #UnionizeAmazon

5.800 Amazon-Beschäftigte in Alabama schreiben Geschichte im Kampf für eine Gewerkschaft.
Auf Basis von Texten von Socialist Alternative - www.socialistalternative.org, zusammengestellt von Seraphina Reisinger

Seit Pandemiebeginn haben sich die Gewinne bei Amazon verdoppelt, Jeff Bezos ist um $48 Mrd. reicher geworden. Währenddessen verdienen Beschäftigte Hungerlöhne - viele berichten sogar, dass sie sich bei der Arbeit in Plastikflaschen erleichtern müssen, weil es keine Zeit für Klopausen gibt. Doch wie unsere Schwesterorganisation in den USA, Socialist Alternative, schreibt, führte gerade die COVID-Krise dazu, dass "Arbeiter*innen überall erkennen, wer die Gesellschaft wirklich am Laufen hält: Lager- und Logistikarbeiter*innen [...] sowie alle, die jetzt als ‚systemrelevant‘ gelten." Die enorme Wut und das gestiegene Selbstbewusstsein führten dazu, dass Amazon-Beschäftigte in Alabama (USA) sich entschieden, dem Konzern den Kampf anzusagen und eine Gewerkschaft zu gründen.

In den USA gibt es keine bundesweiten Kollektivvertragsverhandlungen. Wenn eine Gewerkschaft in den USA Löhne verhandeln will, muss innerhalb eines Betriebes darüber abgestimmt werden. Sollte diese Wahl gewonnen werden, darf die Gewerkschaft alle Arbeiter*innen dieses Betriebes vertreten. Dieses System macht es für Unternehmen einfacher, Lohndumping und Union-Busting (Zerschlagen gewerkschaftlicher Strukturen) zu betreiben, auf der anderen Seite können so auch einzelne kämpferische Gewerkschaften auf Betriebsebene entstehen.

Zahlreiche Solidaritätsaktionen wurden abgehalten, um die Beschäftigten zu unterstützen. Unsere Schwesterorganisation berichtet von einer Aktion von Black Lives Matter (BLM) in Birmingham: "Hundert Autos schoben sich an Amazons Fulfillment Center in Bessemer, Alabama, vorbei, bedeckt mit ‚UNION YES‘- und ‚Black Lives Matter‘-Schildern, hupend, Fäuste aus offenen Fenstern reckend. Die Autos fuhren an kilometerlangen Straßen vorbei, die mit ‚Vote Yes!‘-Schildern gepflastert waren, und die Teilnehmer*innen riefen aus den Fenstern, als sie an Amazon-Lagerarbeiter*innen, Vertreter*innen der Gewerkschaft des Einzel-, Groß- und Warenhaussektors (RWDSU) und Gemeindemitgliedern vorbeifuhren, die entlang der Strecke stationiert waren."

Mitglieder von Socialist Alternative gingen von Tür zu Tür, um Unterstützung für die Gewerkschaft und Solidaritätsveranstaltungen zu organisieren. Ebenso diskutierten sie mit lokalen Gewerkschaftsführer*innen und beteiligten sich bei der Central Alabama Labor Federation, um die lokale Arbeiter*innenbewegung zu mobilisieren.

Die Solidarität von BLM ist ein wichtiger Teil des Kampfes. Socialist Alternative berichtet von einer anderen Solidaritätsaktion: "Die Botschaft der Veranstaltung war klar: Eine Gewerkschaft zu gründen ist der effektivste Weg, um die wirtschaftliche Ausbeutung von People of Color bei Amazon zu bekämpfen und gleichzeitig Menschen aller Ethnien und Geschlechter im Kampf gegen ausbeuterische Arbeitsbedingungen und unzureichende Bezahlung zu vereinen."

Doch Amazon schlug zurück: Nicht nur wurden anti-gewerkschaftliche Plakate in der Lagerhalle aufgehängt, auch wurden Regelungen zu Pandemiebekämpfung dafür benutzt, um zu verhindern, dass sich Arbeiter*innen organisieren. Kshama Sawant, Stadträtin in Seattle und Mitglied von Socialist Alternative, schreibt: "Amazon hat diese Wahl gestohlen. Sie setzten Beamt*innen der Stadt unter Druck, die Ampelschaltung an den Toren des Lagers zu ändern, um Gewerkschaftsorganisator*innen davon abzuhalten, mit den Arbeiter*innen zu sprechen [...], und belogen dann die Arbeiter*innen über die Frist zur Stimmabgabe, damit sie ihre Stimmen frühzeitig abgeben würden - bevor die Gewerkschaft sie erreichen konnte. Sie belogen die Arbeiter*innen darüber, was eine Gewerkschaft ist, sagten, dass sie dem Geschäft schaden und sie zwingen würde, das Lagerhaus zu schließen."

Aufgrund dieser Hetzkampagne gab es bei der Abstimmung nicht genug Stimmen für eine Gewerkschaftsgründung. Kshama Sawant schreibt dazu: "Amazons unvorstellbarer Reichtum und seine Macht, die seit Beginn der Pandemie explodiert ist, während Millionen hungern mussten, wurde in Bessemer entfesselt, um die Bemühungen zur Gründung der ersten Gewerkschaft bei Amazon in den USA zu zerschlagen. Sie wussten, dass ein Sieg in Bessemer eine Welle von Organisierungsbemühungen an Amazon-Standorten im ganzen Land auslösen würde. Sie wussten, dass die Arbeiter*innen von Amazon, die sich organisieren, eine direkte Bedrohung für ihre brutale Profit-Maschine darstellen. Deshalb haben sie nichts unversucht gelassen, um die Gewerkschaftsbewegung zu stoppen. Aber diese Niederlage ist sicherlich nicht das Ende des Kampfes. [...]Sie wollen uns weismachen, dass Amazon zu groß ist, um es zu besiegen, dass es zu schwer ist, Gewerkschaften zu gewinnen. Das wird einige Leute demoralisieren. Aber viele werden mit Wut erfüllt sein, denn es geht nicht nur um Amazon. Arbeiter*innen überall leiden und finden Hoffnung in dieser inspirierenden Gewerkschaftskampagne, weil auch sie eine Gewerkschaft brauchen. Während Amazon das Geld hat, haben wir die Menschen, und wir werden in der nächsten Runde stärker sein. Bezos, das ist erst der Anfang."

 

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Kämpferin des Monats: Kshama Sawant

In Seattle, USA, wollen Superreiche und Rechte die sozialistische Stadträtin Kshama Sawant aus dem Amt entfernen – Kshama und Socialist Alternative (ISA USA) haben mit Bewegungen im Rücken einiges erkämpft: Vom $15-Mindestlohn über Millionen für sozialen Wohnbau bis zur Amazon Tax. Solidarität ist gefragt!

 

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Für Klima, gegen Kapital

Nicht mit, sondern nur im Kampf gegen die Herrschenden kann das Klima gerettet werden
Oliver Giel

Am 19. März war erneut Internationaler Schulstreik für das Klima. Auch wenn die öffentliche Aufmerksamkeit eher auf der Corona-Pandemie, Korruptionsskandalen, aber auch aufbrechenden Klassenkämpfen im Sozialbereich oder bei MAN liegt, ist es immer noch dringlich, die Jugendbewegung gegen die Klimakrise nicht zu einem „Hype“ der vergangenen Jahre werden zu lassen. Die Lockdowns haben nicht, wie anfangs behauptet, die Emissionen gesenkt, und auch sonst deutet nichts darauf hin, dass die Herrschenden das 1,5°-Ziel ernsthaft zu erreichen versuchen.

Die wohl kämpferischste Aktion mit einer klaren antikapitalistischen Botschaft war die Demonstration vom Praterstern zur Urania in Wien. Die SLP hat gemeinsam mit dem Jugendrat Wien diese Zubringerdemonstration organisiert, die klar zum Ausdruck gebracht hat, dass nicht mit, sondern nur im Kampf gegen die Herrschenden und die Profitwirtschaft das Klima gerettet werden kann. Das war umso wichtiger, weil die Klimabewegung immer weniger eine Jugendbewegung, sondern immer mehr eine Spielwiese für NGOs und Solarlobby zu werden droht. Daher unterstützt die SLP auch Selbstorganisationen wie den Jugendrat und alle, die versuchen, eine Gegenmacht aufzubauen, anstatt darauf zu vertrauen, dass eine grüne Regierungsbeteiligung ernsthaft die Krise bewältigen könnte.

 

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