USA: #UnionizeAmazon

5.800 Amazon-Beschäftigte in Alabama schreiben Geschichte im Kampf für eine Gewerkschaft.
Auf Basis von Texten von Socialist Alternative - www.socialistalternative.org, zusammengestellt von Seraphina Reisinger

Seit Pandemiebeginn haben sich die Gewinne bei Amazon verdoppelt, Jeff Bezos ist um $48 Mrd. reicher geworden. Währenddessen verdienen Beschäftigte Hungerlöhne - viele berichten sogar, dass sie sich bei der Arbeit in Plastikflaschen erleichtern müssen, weil es keine Zeit für Klopausen gibt. Doch wie unsere Schwesterorganisation in den USA, Socialist Alternative, schreibt, führte gerade die COVID-Krise dazu, dass "Arbeiter*innen überall erkennen, wer die Gesellschaft wirklich am Laufen hält: Lager- und Logistikarbeiter*innen [...] sowie alle, die jetzt als ‚systemrelevant‘ gelten." Die enorme Wut und das gestiegene Selbstbewusstsein führten dazu, dass Amazon-Beschäftigte in Alabama (USA) sich entschieden, dem Konzern den Kampf anzusagen und eine Gewerkschaft zu gründen.

In den USA gibt es keine bundesweiten Kollektivvertragsverhandlungen. Wenn eine Gewerkschaft in den USA Löhne verhandeln will, muss innerhalb eines Betriebes darüber abgestimmt werden. Sollte diese Wahl gewonnen werden, darf die Gewerkschaft alle Arbeiter*innen dieses Betriebes vertreten. Dieses System macht es für Unternehmen einfacher, Lohndumping und Union-Busting (Zerschlagen gewerkschaftlicher Strukturen) zu betreiben, auf der anderen Seite können so auch einzelne kämpferische Gewerkschaften auf Betriebsebene entstehen.

Zahlreiche Solidaritätsaktionen wurden abgehalten, um die Beschäftigten zu unterstützen. Unsere Schwesterorganisation berichtet von einer Aktion von Black Lives Matter (BLM) in Birmingham: "Hundert Autos schoben sich an Amazons Fulfillment Center in Bessemer, Alabama, vorbei, bedeckt mit ‚UNION YES‘- und ‚Black Lives Matter‘-Schildern, hupend, Fäuste aus offenen Fenstern reckend. Die Autos fuhren an kilometerlangen Straßen vorbei, die mit ‚Vote Yes!‘-Schildern gepflastert waren, und die Teilnehmer*innen riefen aus den Fenstern, als sie an Amazon-Lagerarbeiter*innen, Vertreter*innen der Gewerkschaft des Einzel-, Groß- und Warenhaussektors (RWDSU) und Gemeindemitgliedern vorbeifuhren, die entlang der Strecke stationiert waren."

Mitglieder von Socialist Alternative gingen von Tür zu Tür, um Unterstützung für die Gewerkschaft und Solidaritätsveranstaltungen zu organisieren. Ebenso diskutierten sie mit lokalen Gewerkschaftsführer*innen und beteiligten sich bei der Central Alabama Labor Federation, um die lokale Arbeiter*innenbewegung zu mobilisieren.

Die Solidarität von BLM ist ein wichtiger Teil des Kampfes. Socialist Alternative berichtet von einer anderen Solidaritätsaktion: "Die Botschaft der Veranstaltung war klar: Eine Gewerkschaft zu gründen ist der effektivste Weg, um die wirtschaftliche Ausbeutung von People of Color bei Amazon zu bekämpfen und gleichzeitig Menschen aller Ethnien und Geschlechter im Kampf gegen ausbeuterische Arbeitsbedingungen und unzureichende Bezahlung zu vereinen."

Doch Amazon schlug zurück: Nicht nur wurden anti-gewerkschaftliche Plakate in der Lagerhalle aufgehängt, auch wurden Regelungen zu Pandemiebekämpfung dafür benutzt, um zu verhindern, dass sich Arbeiter*innen organisieren. Kshama Sawant, Stadträtin in Seattle und Mitglied von Socialist Alternative, schreibt: "Amazon hat diese Wahl gestohlen. Sie setzten Beamt*innen der Stadt unter Druck, die Ampelschaltung an den Toren des Lagers zu ändern, um Gewerkschaftsorganisator*innen davon abzuhalten, mit den Arbeiter*innen zu sprechen [...], und belogen dann die Arbeiter*innen über die Frist zur Stimmabgabe, damit sie ihre Stimmen frühzeitig abgeben würden - bevor die Gewerkschaft sie erreichen konnte. Sie belogen die Arbeiter*innen darüber, was eine Gewerkschaft ist, sagten, dass sie dem Geschäft schaden und sie zwingen würde, das Lagerhaus zu schließen."

Aufgrund dieser Hetzkampagne gab es bei der Abstimmung nicht genug Stimmen für eine Gewerkschaftsgründung. Kshama Sawant schreibt dazu: "Amazons unvorstellbarer Reichtum und seine Macht, die seit Beginn der Pandemie explodiert ist, während Millionen hungern mussten, wurde in Bessemer entfesselt, um die Bemühungen zur Gründung der ersten Gewerkschaft bei Amazon in den USA zu zerschlagen. Sie wussten, dass ein Sieg in Bessemer eine Welle von Organisierungsbemühungen an Amazon-Standorten im ganzen Land auslösen würde. Sie wussten, dass die Arbeiter*innen von Amazon, die sich organisieren, eine direkte Bedrohung für ihre brutale Profit-Maschine darstellen. Deshalb haben sie nichts unversucht gelassen, um die Gewerkschaftsbewegung zu stoppen. Aber diese Niederlage ist sicherlich nicht das Ende des Kampfes. [...]Sie wollen uns weismachen, dass Amazon zu groß ist, um es zu besiegen, dass es zu schwer ist, Gewerkschaften zu gewinnen. Das wird einige Leute demoralisieren. Aber viele werden mit Wut erfüllt sein, denn es geht nicht nur um Amazon. Arbeiter*innen überall leiden und finden Hoffnung in dieser inspirierenden Gewerkschaftskampagne, weil auch sie eine Gewerkschaft brauchen. Während Amazon das Geld hat, haben wir die Menschen, und wir werden in der nächsten Runde stärker sein. Bezos, das ist erst der Anfang."

 

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