Internationales

Sri Lanka: Sturm der Massen auf den Präsidentschaftspalast zwingt Gotabaya Rajapaksa aus dem Amt

Die Revolution geht weiter, das ganze System muss weg!
Serge Jordan, ISA

Photo: Wiki

Die rasanten Ereignisse im krisengeschüttelten Sri Lanka haben am Samstag den 9. Juli, eine neue Wendung genommen, als Hunderttausende in die Hauptstadt Colombo strömten und es einen Tag lang zu umfangreichen Protesten kam - ursprünglich waren sie von den jungen Aktivist*innen initiiert worden waren, die den zentralen Protestplatz am Galle Face Green besetzten. Der Höhepunkt der Proteste am 9. Juli war als die Massen den Amtssitzes von Präsident Gotabaya Rajapaksa stürmten, der sich gezwungen sah, besagten Palast wenige Minuten vorher zu verlassen. Am Abend kündigte er seinen Rücktritt an und vollzog damit, was die Massen auf der Straße bereits erreicht hatten. In vielen Teilen der Stadt waren bei der Bekanntgabe dieser Nachricht jubelnde Feuerwerkskörper zu hören.

Zweifellos werden viele tamilische Familien in Sri Lanka und im Ausland erleichtert sein, das unrühmliche politische Ende dieses Diktators mitzuerleben an dessen Händen Blut klebt, der für Kriegsverbrechen, Folterungen und das Verschwindenlassen von Tamil*innen im Ausmaß eines Völkermordes verantwortlich ist. Viele Autokrat*innen und kapitalistische Machthaber*innen auf der ganzen Welt werden die heutigen Ereignisse in Sri Lanka jedoch mit zurückgehaltener Panik betrachten, da die stürmischen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Ereignisse auf der Insel ihnen einen Vorgeschmack dessen bieten, was in vielen anderen Ländern, die von der neuen Krisenphase des globalen Kapitalismus heimgesucht werden, als Nächstes bevorsteht.

Die Bilder von Hunderten Demonstrant*innen, die mehrere Reihen von Polizeisperren durchbrachen und in das Gebäude eindrangen, Fahnen auf den Dächern schwenkten und sogar ein Bad im Swimmingpool des Präsidenten nahmen, wurden auf den Fernsehbildschirmen in aller Welt übertragen. Dies ist keine wirkliche Überraschung, da die Menschen in Sri Lanka monatelang stundenlange Stromausfälle und quälend lange Warteschlangen für lebensnotwendige Dinge bei großer Hitze ertragen mussten, während die hauchdünne Schicht korrupter Politiker*innen und Millionär*innen, verkörpert durch Gotabaya selbst, weiterhin einem luxuriösen Lebensstil frönte.

Die Straßen rund um das Präsidialgebäude waren von einem Meer von Demonstrant*innen besetzt, die ihre Wut über jene herrschenden Verbrecher*innen zum Ausdruck brachten, die die große Mehrheit der Bevölkerung des Landes in einen sich ständig verschlimmernden Kreislauf des wirtschaftlichen und sozialen Leidens gestürzt haben. Der Mangel an Treibstoff und das daraus resultierende Verbot von Privatfahrzeugen sowie der Beinahe-Zusammenbruch des öffentlichen Nahverkehrs hielten die Menschen nicht davon ab, von weit her anzureisen, auch von außerhalb Colombos und aus entlegenen Teilen des Landes, um am Protest teilzunehmen. In der Mitte des Nachmittags berichtete ein Korrespondent von Al Jazeera: "Zehntausende von Sri Lanker*innen strömen immer noch nach Colombo... Die Menschen stürmten Bahnhöfe und zwangen Angestellte buchstäblich, sie in Züge zu setzen und nach Colombo zu bringen. Sie sagen, dass sie sich ihr Land zurückholen wollen.“

Überwältigt von der schieren Zahl und der Entschlossenheit der Demonstrant*innen waren die Versuche der Sicherheitskräfte, der Polizei und der Armee, die protestierende Menge zurückzuhalten, geschweige denn zu vertreiben, hoffnungslos. Vereinzelt wurden Szenen gemeldet, in denen Sicherheitskräfte mit den Protesten sympathisierten und sich ihnen sogar anschlossen. In den sozialen Medien verbreitete sich ein Video, das einen Polizisten zeigt, der sein Motorrad abstellt, seinen Helm abwirft und Slogans zur Unterstützung der Demonstration ruft.

Ursprünglich hatte die Polizei in Erwartung des angekündigten Protesttages am Freitagabend eine Ausgangssperre in der Hauptstadt und mehreren anderen Städten verhängt, diese jedoch am nächsten Morgen nach Einwänden von Oppositionspolitiker*innen und der Anwaltskammer von Sri Lanka wieder aufgehoben. Die von der Regierung beantragte Untersagung der Proteste wurde vom Obersten Gerichtshof ebenfalls abgelehnt. Dies sind sichere Anzeichen dafür, dass sich die Meinungen zwischen den verschiedenen Flügeln des Establishments darüber wie man auf den brodelnden Druck von unten und auf den erwarteten zentralen Kampftag reagieren solle immer weiter auseinander entwickelten.

Nach den Ereignissen vom 9. Juli rief der US-Botschafter in Sri Lanka die Polizei der Insel sogar dazu auf, den Demonstrant*innen "Freiraum" zu geben. Teile der herrschenden Klasse sind besorgt, dass ein staatliches Durchgreifen in dieser Phase die Flammen der Revolution weiter befeuern könnte - und vielleicht sogar eine Spaltung in den unteren Rängen der Militär- und Polizeikräfte provozieren könnte, die selbst der ruinösen Wirtschaftspolitik des verrotteten und diskreditierten Regimes unterworfen sind, das sie offiziell schützen sollen.

Rücktritte

Nach diesen brisanten Entwicklungen war Premierminister Ranil Wickremesinghe, der selbst an einen sicheren und geheimen Ort gebracht worden war, der erste, der offiziell seinen Rücktritt bekannt gab. Wickremesinghe war von dem selbst verhassten Präsidenten vor weniger als zwei Monaten ausgewählt worden, um dessen älteren Bruder Mahinda zu ersetzen, der nach einer ähnlichen, explosiven Massenaktion abgesetzt worden war. Dies ist somit der zweite Premierminister, der durch einen Volksaufstand gestürzt wurde, der mit Anfang des Jahres als Reaktion auf den anhaltenden wirtschaftlichen Zusammenbruch auf der Insel ausgebrochen war.

Die halbherzige Hoffnung der herrschenden Klasse, dass die Ernennung von Wickremesinghe es ermöglichen würde, den Massenwiderstand zu unterdrücken und ihre brutalen Sparpläne ungehindert durchzusetzen, hat am 9. Juli eine eindrucksvolle Antwort erhalten. Die Privatresidenz des ehemaligen Premierministers wurde übrigens von Demonstrant*innen in Brand gesteckt. Unter Wickremesinghe wurde die Krise immer schlimmer, und es war nur eine Frage der Zeit, bis eine neue Bruchstelle erreicht werden würde.

Unmittelbar nach der Erstürmung von Gotabayas Residenz hatten bereits mindestens 16 Abgeordnete seiner eigenen Partei Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP) seinen sofortigen Rücktritt gefordert, in dem verzweifelten Versuch, sich von einem Anführer zu distanzieren, den sie bis zur letzten Minute unterstützt hatten. Ein ehemaliger Berater der Rajapaksas brachte die Stimmung in den herrschenden Kreisen auf den Punkt: "In gewisser Weise ist der Präsident schon weg, es ist egal, was er sagt - er ist jetzt irrelevant geworden". Wenige Stunden nach dem Rücktritt des Regierungschefs wurde Gotabayas Absicht, die Macht "bis nächste Woche" abzugeben, durch die Stimme des Parlamentspräsidenten Mahinda Yapa Abeywardena öffentlich bekannt gegeben. Zum Zeitpunkt als dieser Artikel geschrieben wir ist der Aufenthaltsort von Gotabaya selbst noch unbekannt, obwohl Videoaufnahmen zeigen, wie er sich mit Teilen seiner Familie eilig auf ein Marineschiff begibt.

Für eine Bewegung, deren klarste Forderung in dem populären Slogan "Gota go home" und der Notwendigkeit, den Präsidenten zu stürzen, zum Ausdruck kam, stellt sich nun die brennende Frage, was als nächstes kommen wird und soll. Alle Bemühungen der wichtigsten Oppositionsparteien sind darauf gerichtet, eine "Allparteien"-Regierung bzw. Regierung der „nationalen Einheit“ zusammenzuschustern. Die Wahrheit ist jedoch, dass die Wut der Massen in Sri Lanka weit über den Rajapaksa-Clan hinausgeht; für viele ist es das gesamte politische Establishment und das dahinter stehende System, das auf die Anklagebank gehört. Das ist absolut gerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass keine der parlamentarischen Oppositionsparteien für einen grundlegend anderen wirtschaftlichen Weg als den der Rajapaksa-Regierung und ihrer nachfolgenden Regierungen eingetreten ist, keine von ihnen - weder die Samagi Jana Balawegaya (SJB), die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) oder die Tamil National Alliance (TNA) - haben sich grundsätzlich gegen die zentrale Strategie des scheidenden Kabinetts ausgesprochen, die darin besteht, um mehr Geld vom IWF zu betteln, um im Gegenzug ein rücksichtsloses Sparprogramm durchzusetzen, das das Leben der arbeitenden und armen Menschen noch weiter einschränkt, als es ohnehin schon war.

Die Jugend, die Arbeiter*innenklasse und die verarmten Massen Sri Lankas haben am 9. Juli, wie schon seit Monaten, trotz der extremen Härten, die ihnen täglich auferlegt werden, ihre enorme revolutionäre Energie und ihr Potenzial unter Beweis gestellt. Sie haben wieder einmal gezeigt, dass es ihre eigene Massenmobilisierung und -organisation ist und nichts anderes, das die herrschende Klasse zum Einlenken zwingen kann. Sie dürfen jetzt nicht aufhören, sondern müssen ihren Kampf verstärken. Die felsenfeste Stärke des Generalstreiks und des "Hartal" (totale Arbeitsniederlegung, auch in kleinen Geschäften, Anmkerung) im April und Mai hat gezeigt, dass die Gewerkschaften und die Arbeiter*innenklasse im Allgemeinen die entscheidende Rolle beim Herbeiführen einer solchen Eskalation spielen müssen.

Aber die Massen müssen auch ihre eigene revolutionäre Alternative entwickeln, anstatt zuzulassen, dass ein Haufen pro-kapitalistischer Politiker*innen ohne Mandat aus der Bewegung ihren Kampf an sich reißt und alles für sie entscheidet. Dies kann durch den Aufbau eines inselweiten Netzwerks von Aktionskomitees an der Basis in den Betrieben, Universitäten, Städten und Dörfern vorbereitet werden, als organisatorische Kernachse, um die herum eine zukünftige Regierung aus Vertreter*innen der Arbeiter*innenklasse und der revolutionären Bevölkerung das Licht der Welt erblicken könnte. Durch solche Komitees könnte eine revolutionäre verfassungsgebende Versammlung demokratisch gewählt werden, die dynamisch die innersten Bestrebungen der Arbeiter*innen, der armen Bäuer*innen, der revolutionären Jugend und all der verschiedenen und unterdrückten Bevölkerungsgruppen Sri Lankas widerspiegelt und ihnen gegenüber verantwortlich ist. Sie würde mit der Abschaffung der autoritären und chauvinistischen, singhalesisch-buddhistisch geprägten Verfassung beginnen und die Maßnahmen erörtern, die erforderlich sind, um eine entscheidende Abkehr vom derzeitigen bankrotten politischen und wirtschaftlichen System zu erreichen.

Auch auf Massenselbstverteidigung sollte man sich bewusst vorbereiten, denn die Gefahr einer blutigeren Unterdrückung oder gar einer militärischen Machtübernahme ist nicht gebannt. Ausdrückliche Appelle zur Klassensolidarität sollten sich an die einfachen Soldaten und Polizist*innen richten und sie auffordern, keine Gewalt gegen die Volksbewegung anzuwenden.

Bei der Festlegung einer klareren Richtung für die Bewegung und bei den erneuten Diskussionen, die wahrscheinlich darüber geführt werden, wie eine Zukunft nach Rajapaksa aussehen sollte, darf keine noch so schwierige Frage vermieden werden - auch nicht die nach der notwendigen Anerkennung der schrecklichen Unterdrückung und brutalen Behandlung, die das nun in Ungnade gefallene Regime dem tamilischen Volk zugefügt hat, und nach der notwendigen Einbeziehung der Forderungen dieses Volkes nach Kriegsentschädigung, gleichen Rechten und echter Selbstbestimmung. Der jüngste Aufruf von General Shavendra Silva, des Stabschef des Verteidigungsministeriums, an alle Bürger, "die Streitkräfte und die Polizei zu unterstützen", spiegelt teilweise die Nervosität der obersten Militärs wider, dass ihre blutige Vergangenheit, ihre Korruptionsgeschäfte und ihre enge Verbindung mit den Rajapaksas nun einer öffentlichen Prüfung unterzogen werden könnten - und das sollten sie auch. Abgesehen von den Rajapaksas selbst sollten alle Verbrecher, die in der Armee dienen oder aus ihr ausgeschieden sind und für Kriegsgräuel verantwortlich sind, vor Gericht gestellt werden, und der Aufbau eines Massenkampfes zur Beendigung der militärischen Besetzung des tamilischen Nordens und Ostens sollte unterstützt werden. Der enorm aufgeblähte Militärhaushalt muss gestrichen und die Mittel für soziale Zwecke eingesetzt werden. Diese und ähnliche Forderungen sind entscheidend, um die Einheit zwischen tamilischen und singhalesischen Arbeiter*innen und Jugendlichen auf eine solide Grundlage zu stellen.

Die Erstürmung der Präsidentschaftsresidenz in Colombo am 9. Juli durch die Massen hat ein neues Kapitel im revolutionären Aufstand in Sri Lanka aufgeschlagen, und die Bedeutung dieser Ereignisse wird auf internationaler Ebene zu spüren sein. Ein neuer Sieg wurde errungen, als die Galionsfigur eines korrupten, autoritären und chauvinistischen Regimes aus dem Amt gejagt wurde. Aber es liegen noch gewaltige Herausforderungen vor uns, denn alle wirtschaftlichen Probleme, mit denen die Menschen in Sri Lanka konfrontiert sind, sind nach wie vor vorhanden, und keines davon kann innerhalb der nationalen und kapitalistischen Grenzen gelöst werden.

Beginnend mit Notmaßnahmen wie der kompromisslosen Ablehnung jeglicher Schuldenrückzahlung an raffgierige internationale Gläubiger*innen, Preisobergrenzen für alle lebenswichtigen Güter, öffentlicher Kontrolle über die Kapitalströme und der sofortigen Enteignung des Reichtums der Rajapaksa-Familie muss sich die Massenbewegung mit einem umfassenden und in sich geschlossenen Forderungsprogramm ausstatten, das die profitorientierte Logik des kapitalistischen Systems auf nationaler und internationaler Ebene grundlegend in Frage stellt und dafür eintritt, dass die Arbeiter*innenklasse die Produktion und Verteilung der wichtigsten wirtschaftlichen Aktivitäten auf der Insel zum Zwecke einer demokratischen, sozialistischen Planung übernimmt. Entscheidend ist, dass die Massen auch ihre eigene Partei aufbauen müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Sie sollten kein Vertrauen in ausländische Mächte und ihre Institutionen setzen, die sich nur von ihren eigenen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen leiten lassen, und stattdessen an die Unterstützung und Nachahmung durch die Arbeiter und Armen in Südasien und auf der ganzen Welt appellieren, die selbst von der globalen Nahrungsmittel- und Energiekrise betroffen sind und in dem Massenaufstand in Sri Lanka eine enorme Inspirationsquelle finden werden.

Wahlen in Nordirland

Lukas Kastner

Die Wahlen in Nordirland brachten mit dem Sieg von Sinn Fein ein erstaunliches Ergebnis. Die Spaltung zwischen Protestant*innen und Katholik*innen bzw. Jenen, die im britischen Empire verbleiben und jenen, die es verlassen wollen, werden dadurch keineswegs beendet. Gleiches gilt für Kürzungspolitik und Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse. Unsere Schwesterorganisation, die Socialist Party (SP), versucht beidem etwas entgegenzusetzen. Mit Neil Moore und Amy Ferguson kandidierten 2 Gewerkschaftsaktivist*innen in South Belfast und West Tyrone unter dem Slogan “Wir können uns das System nicht mehr leisten”. Ziel der Kandidatur war es, den Protesten eine Stimme auf Wahlebene zu geben und eine echte Vertretung der Arbeiter*innen auf den Stimmzettel zu bringen. Daher wurden die Streiks bei Caterpillar, in der lokalen Verwaltung, im Bildungssystem und in der Transportbranche unterstützt. Fast täglich war man bei den Streikposten, die SP und die Kandidat*innen waren gerade unter den Arbeiter*innen bekannt. DAS zentrale Wahlkampfthema waren die hohen Lebenshaltungskosten. Entsprechend wichtig waren die Forderungen nach kostenlosem öffentlichem Verkehr, kostenloser Kinderbetreuung, Investitionen in sozialen Wohnbau sowie der Vergesellschaftung des Energiesektors und einem Mindestlohn von 15.- Pfund plus echten Reallohnerhöhungen.

www.socialistpartyni.org

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Sri-Lanka: Programm für Proteste!

Lukas Kastner

Seit März kommt es in Sri Lanka zu Massenprotesten gegen die Regierung und Präsident Gotabaya Rajapaksa. Die Wirtschaftskrise führt zu täglichen Stromausfällen, Inflation und zunehmender Verelendung. Mitglieder der International Socialist Alternative (ISA) waren vor Ort, um sich jenseits der bürgerlichen Medien ein Bild zu machen und Vorschläge in die Bewegung zu tragen. Dabei wurde spürbar, welche Macht die Arbeiter*innenklasse des Landes auszuüben im Stande ist. Im April mussten 26 Regierungsmitglieder und im Mai auch Premier Mahinda Rajapaksa zurücktreten. Am 6. Mai kam es zum “Hartal” - einem Generalstreik, der von der Mehrheit der Arbeiter*innen unterstützt wurde sowie der Schließung von Kleinbetrieben. Auch die Oppositionsparteien werden von den Protestierenden oft kritisch gesehen. ISA schlägt ein sozialistisches Programm vor, um die Misere endgültig zu beenden. Dazu gehört der Aufbau von Streik- und Selbstverteidigungskomitees an den Arbeitsplätzen, den Protestorten, den Nachbarschaften und in den Dörfern. Die unmittelbaren Forderungen, wie eine massive Erhöhung der Löhne und Preiskontrollen müssen mit dem Widerstand gegen das Präsidialsystem insgesamt verknüpft werden. Statt Militarisierung und einem anderen bürgerlichen Präsidenten braucht es eine sozialistische Regierung der Arbeiter*innen und der armen Bäuer*innen, die mit dem Chauvinismus gegen die tamilische Bevölkerung bricht - bis hin zum Recht auf einen eigenen Staat. Um die wirtschaftliche Krise in den Griff zu bekommen, braucht es die Vergesellschaftung der wichtigsten Unternehmen und Banken, sowie deren demokratische Kontrolle und Verwaltung durch gewählte Vertreter*innen im Rahmen einer Wirtschaft, die nach den Bedürfnissen der Menschen und nicht nach Profiten ausgerichtet ist. Statt die kapitalistischen Schulden an IWF & Co. zu zahlen, muss der Reichtum endlich für die Menschen vor Ort verwendet werden!

www.internationalsocialist.net

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Gipfel im Juni: Was ist G7 wirklich?

Jan Wottawa

Die G7 ist ein informeller Zusammenschluss von westlichen Wirtschaftsnationen (Deutschland, Italien, Frankreich, Kanada, Japan, Großbritannien, USA und als Beobachter die EU). Das Treffen Ende Juni findet abgeschottet in einem Schloss in Bayern statt. Es soll um die Klimakrise, Corona und eine “gerechtere Wirtschaft” gehen. Wie jedes Jahr, werden Schein-Ziele beschlossen werden. Tatsächlich geht es aber um die Stärkung des westlich-imperialistischen Blocks. 

Institution des westlichen Imperialismus

G7 ist keine internationale Zusammenarbeit zur Bewältigung globaler Krisen, sondern ganz im Gegenteil. Es repräsentiert die wirtschaftlichen und militärischen Interessen der Herrschenden im Westen. Konkurrierende imperialistische Staaten wie China und Indien sind gar nicht eingeladen und Russland wurde ausgeschlossen. Sie werden Aufrüstung beschließen, nicht Frieden erwirken. Sie werden Öl-/Gas-Verträge statt mit Russland nun mit anderen unterdrückerischen Regimes abschließen, anstatt in erneuerbare Energie zu investieren.

Neuer Kalter Krieg

Würde G7 Wohlstand für alle Menschen wollen, würden sie nicht den Handelskrieg zwischen USA und China tolerieren. Denn dieser Krieg auf wirtschaftlicher Ebene geht auf Kosten der arbeitenden und armen Bevölkerung beider Länder.

Dieser Konflikt wird als “Neuer Kalter Krieg” bezeichnet, unterscheidet sich aber vom historischen Kalten Krieg: Es ist kein Wettstreiten unterschiedlicher Systeme, beide Seiten sind kapitalistische Staaten. Viele Länder stehen allerdings zwischen den Blöcken. Die Weltwirtschaft ist durch diverse Abkommen viel verstrickter. Gleichzeitig sehen wir aber eine Deglobalisierung, wo z.B. multinationalen Konzerne nur in einer Hemisphäre arbeiten, wie Amazon im Westen und AliBaba in China. In der Geschichte, aber auch aktuell, sehen wir jedoch, wie schnell ein “Kalter Krieg” heiß werden kann.

Proteste dagegen

Die zunehmende Militarisierung wird schon beim Treffen selbst deutlich, wo 166 Mio. Euro und 18.000 Polizist*innen alleine für dessen Sicherung bereitgestellt wird. 

Klar ist: G7 ist gefährlich und solche Treffen müssen verhindert werden. Deshalb wird es am 25.6. eine Demo in München geben. Auch ISA-Aktivist*innen aus Österreich werden hinfahren. Komm mit, um gegen Kapitalismus und Imperialismus zu kämpfen!

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

ISA fordert unabhängige Untersuchung des Massakers in Melilla

John Hird, ISA im spanischen Staat

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 28.06. auf der Homepage unserer Internationale, International Socialist Alternative (Migrant Rights || ISA Demands Independent Investigation into Massacre in Melilla • ISA (internationalsocialist.net), veröffentlicht.

 

Am 24. Juni starben mindestens 37 Migranten bei dem Versuch, die Grenze von Marokko nach Spanien zu überqueren. Viele wurden zwischen zwei Meter hohen Zäunen eingeklemmt, als marokkanische Grenzsoldaten Schlagstöcke und Tränengas gegen sie einsetzten. Dies führte zu Protestdemonstrationen im gesamten spanischen Staat.

 

Bei den schrecklichen Ereignissen am 24. Juni 2022 an der Grenze zwischen Nador und Melilla starben mindestens 37 Migranten und es gab Hunderte von Verletzten. Melilla ist die spanische Enklave in Marokko und eine von nur zwei Landgrenzen zwischen Afrika und Europa. Das Vorgehen der Polizeikräfte, das zu einem Massaker führte, wurde durch die in den sozialen Netzwerken und in den Medien verbreiteten Bilder aufgedeckt. Für diese Todesfälle ist die Politik der Europäischen Union verantwortlich, die vom spanischen und marokkanischen Staat in die Praxis umgesetzt wird. Die ISA unterstützt die Forderungen von Menschenrechtsorganisationen nach einer sofortigen unabhängigen gerichtlichen Untersuchung sowohl in Marokko und Spanien als auch auf internationaler Ebene, um diese Tragödie aufzuklären. An einer unabhängigen Untersuchung müssen Vertreter*innen der Migrant*innen, der Gewerkschaften und der Nichtregierungsorganisationen beteiligt sein. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez und der Außenminister José Manuel Albares lobten in skandalöser Weise die "Zusammenarbeit" der marokkanischen Gendarmerie und Guardia Civil bei der Unterbindung der zahlreichen Versuche, den Zaun von Melilla zu durchbrechen. Die erste Reaktion von Sánchez bestand darin, das Geschehen als eine "gut gelöste" Operation zu bezeichnen. Diese Kaltherzigkeit ist nicht nur eine Schande, sondern lässt auch die Brutalität der spanischen und marokkanischen Streitkräfte völlig außer Acht und ist ein Versuch der Vertuschung, um das neue Abkommen zwischen Spanien und Marokko zu schützen. Die Verantwortung für diese Ereignisse liegt nicht bei den Migranten, die versuchen, vor Kriegen oder schrecklichen Hungersnöten zu fliehen, sondern bei der EU-Politik der Grenzschließung, die ihnen keine andere Möglichkeit lässt, als über den Zaun zu springen. Ein Teil des offiziellen Narrativs besteht darin, die Geschehnisse mit der angeblichen Gewalt von Migranten zu rechtfertigen, die weder in diesem Fall noch bei anderen Gelegenheiten der Realität entspricht. Die EU-Regierungen sind völlig heuchlerisch, da sie die Grenzkontrolle durch schäbige Abkommen an Regierungen wie Marokko auslagern. Es ist auch heuchlerisch, afrikanische Menschen so anders zu behandeln als jene, die die Ukraine verlassen mussten. Es handelt sich um eine rassistische Doppelmoral, und die überlebenden Migranten auf der spanischen Seite der Grenze protestieren in dieser Angelegenheit. Die marokkanische Regierung hat schnell gehandelt, um das Massaker zu vertuschen. In einer makabren Aktion hat sie am Wochenende Arbeiter angewiesen, Gräber auszuheben. Nach Angaben der marokkanischen Menschenrechtsvereinigung (ADHM) wurden weder Autopsien durchgeführt noch die Toten identifiziert, die bei dem Versuch, den Zaun zu überwinden, ums Leben kamen. Auf spanischer Seite gab es 106 Leichtverletzte, 49 Beamte der Guardia Civil und 57 Migranten, von denen drei in das Regionalkrankenhaus gebracht werden mussten. Während der marokkanischen Operation wurden tausend Migrant*innen festgenommen, Nach den vorliegenden Informationen wurden die Opfer von der Menge erdrückt und erstickt, nachdem sie in einer Lücke vor dem Zaun auf der marokkanischen Seite eingeklemmt worden waren, wo sich eine große Menschenmasse zwischen den noch ankommenden und den vom Zaun fallenden Menschen gebildet hatte. Die ADHM veröffentlichte ein Video, auf dem zu sehen ist, wie Dutzende von Menschen auf dem Boden liegen, übereinander gestapelt, einige verletzt, in der Nähe des Zauns und bewacht und geschlagen von marokkanischen Beamt*innen. Dieser Versuch war von massiver Polizeigewalt geprägt, insbesondere auf marokkanischer Seite, wo es in den Tagen zuvor in den Bergen bei Melilla und am Freitagmorgen auch am Grenzzaun zu heftigen Kämpfen gekommen war. Die schrecklichen Ereignisse in Melilla und die gefühllose Haltung von Sánchez führen zu weiteren Spannungen in der PSOE-UP-Koalition. Die UP fordert Aufklärung und Ermittlungen über die tatsächlichen Vorgänge. Ein UP-Minister wurde auf einer Pressekonferenz der Regierung am Reden gehindert, als ihm direkte Fragen zu den Geschehnissen in Melilla gestellt wurden. Im spanischen Staat kam es zu zahlreichen Demonstrationen. Die Menschen trugen Transparente mit Slogans wie "Papiere für alle", "Bestraft die Mörder*innen von Einwanderer*innen", "Black lives matter", "Niemand ist illegal", "Marokko und Spanien: mörderische Gendarm*innen der Festung Europa" und "Legalisierung jetzt". Die Organisator*innen der Proteste in ganz Spanien prangern die derzeitige Migrationspolitik zu Recht als "Tötungspolitik" an und haben aus diesem Grund weitere Proteste gegen das Massaker in Melilla mit dem Slogan "keine weiteren Toten an den Grenzen" gestartet. Wir lehnen die rassistische und fremdenfeindliche Politik der EU ab, die vom spanischen Staat umgesetzt wird. Eine Politik, die Menschen aus Ländern südlich der Sahara für das "Verbrechen" bestraft, arm und schwarz zu sein. Gerechtigkeit für die Opfer in Melilla! Anstelle dieser unmenschlichen Bedingungen, Gewalt und Ungerechtigkeit treten wir für Internationalismus und Sozialismus in allen Ländern ein.

 

 

Bahnstreiks - Gewerkschaft gewinnt die erste Runde

Jetzt eskalieren und koordinieren!
Hugh Caffrey, Socialist Alternative (ISA in England, Wales und Schottland)

Der dritte Tag des landesweiten Streiks der in der Gewerkschaft RMT organisierten Eisenbahner*innen neigt sich dem Ende zu und es ist klar, dass die erste Runde von den Arbeiter*innen und der Gewerkschaft gewonnen wurde. Ein felsenfester Streik hat gezeigt, wie mächtig die organisierten Arbeiter*innen sind, wenn sie in Aktion treten, während die Unternehmer*innen und die Regierung ohnmächtig mit den Zähnen knirschen und Drohgebärden von sich geben. Trotz eines Ansturms von Propaganda in den Medien unterstützt die Mehrheit der Öffentlichkeit weiterhin die Streiks. Dazu hat die kämpferische Haltung der RMT-Führung in den Medien beigetragen, aber auch die Tatsache, dass sich die einfachen Menschen der Lebenshaltungskostenkrise, der profitorientierten Bedrohung von Arbeitsplätzen in der gesamten Wirtschaft und des völligen Desasters, das die Bahnprivatisierung für alle außer den profitgierigen Bossen und Aktionär*innen bedeutet hat, durchaus bewusst sind. Wie geht es also weiter? Die Unternehmer*innen in ihrer Gesamtheit und die Regierung haben nicht die Absicht, einen Rückzieher zu machen. Dies ist ein seit Jahren geplanter, koordinierter und bewusster Angriff auf Network Rail, der das Betriebsmodell der Bahnbetreiber*innen, die weniger Personal zu niedrigeren Löhnen wollen, ins Herz trifft. Die Bosse und die Tories können besiegt werden, aber es wird weiterer Arbeitskampfmaßnahmen bedürfen, um sie zum Einlenken zu bewegen. Dies geschieht zu einer Zeit, in der andere Schichten an Arbeiter*innen in den Kampf ziehen wollen, zunächst bei Royal Mail und British Airways, dann im Herbst bei den Beschäftigten im Bildungswesen, im öffentlichen Dienst und anderen, sowie bei zahlreichen weiteren lokalen Konflikten zwischen Beschäftigten des privaten und öffentlichen Sektors. Diese Auseinandersetzungen haben alle denselben Ursprung: die grundlegende Krise der britischen und der Weltwirtschaft.

 

Eskalation der Streiks

Die Solidarität unter den RMT-Mitgliedern hat diese Woche zu soliden Streiks geführt. Die nächste Runde der Bahnstreiks muss im Dialog mit der Basis der Gewerkschaft ausgearbeitet werden, um den effektivsten Aktionsplan zu beschließen. Die Termine sollten von den Mitgliedern festgelegt werden, aber da die Tory-Regierung ihre gewerkschaftsfeindlichen Drohungen verschärft, muss die Gewerkschaft mit einer größeren Zahl von Streiktagen reagieren. Teile der RMT-Mitglieder bei den Eisenbahnen, die dieses Mal nicht gestreikt haben, müssen in den Konflikt einbezogen werden, sei es durch eine erneute Urabstimmung, um die Schwellenwerte zu erreichen, oder auf der Grundlage ihrer eigenen Forderungen und Anliegen. Die Unternehmer*innen haben eindeutig Angst davor, daher das Lohnangebot von 7,1 % bei Merseyrail (im Vergleich zu den 2 bis 3 %, die den nationalen Bahnbeschäftigten angeboten werden). Die Gewerkschaft sollte diese Angst nutzen, um den Konflikt auszuweiten und mehr zu erreichen. Aslef und die TSSA müssen ihre eigenen Mitglieder über ähnliche Fragen abstimmen lassen und sich dem Konflikt anschließen, bevor sie gegen ihn verwendet werden. Solidarität mit dem Bahnkonflikt ist unerlässlich. Die Drohung der Tories, die (unwirksamen) gesetzlichen Beschränkungen für Unternehmer*innen aufzuheben, die Leiharbeiter*innen einsetzen, um die Arbeit von Streikenden zu erledigen, zeigt die Grenzen "fortschrittlicher" Gesetze, die auf den guten Willen von Richter*innen und Politiker*innen angewiesen sind. Ob die Unternehmer*innen Streiks durch den Einsatz von Streikbrecher*innen brechen können oder nicht, hängt letztlich von der Stärke und Macht des Streiks ab. Jedem Versuch, Streikbrecher*innen einzusetzen, sollte mit Streikpostenketten begegnet werden, die den Einsatz von Streikbrecher*innen verhindern, unterstützt von Massensolidaritätsdemonstrationen, die von der örtlichen Gewerkschaftsbewegung mobilisiert werden. Die Leiharbeitsbosse scheinen Angst vor den Folgen des Einsatzes von Streikbrecher*innen zu haben, und wenn sie die Tories unterstützen, kann dies durch Proteste vor ihren Betrieben untermauert werden, in denen sie den Rückzug der Streikbrecher*innen fordern und an die Leiharbeiter*innen appellieren, nicht als Streikbrecher*innen aufzutreten. Der P&O-Konflikt hat einige der Gefahren und Möglichkeiten aufgezeigt, die damit verbunden sind: Streikbrecher*innen wurden von den Bossen als Schlägertrupp eingesetzt, aber auch Leiharbeitskräfte legten die Arbeit nieder, als sie erfuhren, wozu sie eingesetzt wurden.

 

Mobilisierung von Solidarität und öffentlicher Unterstützung

Die Anschuldigungen, die Bahnbeschäftigten würden Pflegekräfte daran hindern, Kranken zu helfen, oder Lehrer*innen daran hindern, junge Menschen auszubilden, müssen mit deutlichen Erklärungen der Gewerkschaften des öffentlichen Sektors darüber, warum sie die Bahnstreiks unterstützen, und mit einer Kampagne unter ihren eigenen Mitgliedern entkräftet werden, um zu erklären, warum alle Beschäftigten die Bahnstreiks unterstützen sollten, und dies mit den ähnlichen Problemen der Beschäftigten im Gesundheitswesen, im Bildungswesen usw. zu verknüpfen. Die öffentliche Unterstützung ist nach wie vor groß, muss aber noch weiter ausgebaut werden. Wir brauchen große örtliche Demonstrationen, zu denen die RMT und die örtliche Gewerkschaftsbewegung aufrufen, um Bahnbeschäftigte, Postangestellte und andere zu mobilisieren. Die RMT-Politik der "fairen Fahrpreise" und der Renationalisierung der Bahn muss in den Vordergrund gerückt werden. Die Rolle eines öffentlichen, gut finanzierten und bezahlbaren Schienennetzes bei der Bewältigung der sich verschärfenden Klimakrise sollte ebenfalls deutlich gemacht werden. Der Aufruf zu lokalen Protestmärschen mit Flugblättern, die an den Streikposten an die Öffentlichkeit verteilt werden können, kann auf die Welle breiterer Unterstützung aufspringen und die breitere Gewerkschaftsbewegung mobilisieren. Die CWU sollte dies unterstützen und ihre eigene Forderung nach einer Renationalisierung der Royal Mail zu den Slogans für die Demonstrationen hinzufügen. Es ist nicht schwer, sich die enorme Unterstützung vorzustellen, die es für gut organisierte, gewerkschaftlich geführte Märsche in jeder Stadt mit der Forderung "Renationalisierung von Bahn und Post! Verteidigt die Arbeitsplätze! Alle Arbeiter*innen brauchen eine Lohnerhöhung! Die landesweite TUC-Demonstration am 18. Juni hat mit über 50.000 Teilnehmern nur einen Bruchteil dieses Potenzials gezeigt. Jetzt müssen die Gewerkschaften, die auf nationaler und lokaler Ebene streiken, den Staffelstab der Mobilisierung auf der Straße weiterführen.

 

Zeit für koordinierte Streikaktionen

Die Koordinierung geht über Demonstrationen hinaus und umfasst auch die Koordinierung von Urabstimmungen und Streikdaten. Auf nationaler Führungsebene müssen die RMT und die CWU ihre Streiktermine koordinieren, damit sie zumindest an einigen der gleichen Termine streiken, um maximale Wirkung zu erzielen. Auf lokaler Ebene sollten RMT-Aktivist*innen bei der Bahn und CWU-Aktivist*innen bei der Post miteinander in Kontakt treten und dieselbe Diskussion führen, um sie in ihre Gewerkschaften zurückzutragen und sicherzustellen, dass die Kämpfe zusammengeführt werden. Wo es lokale Konflikte gibt, an denen oft auch Unite-Mitglieder beteiligt sind, können diese in die gleichen Diskussionen eingebracht werden. Zahlreiche Gewerkschaften sprechen über Arbeitskampfmaßnahmen im Herbst: die NEU im Schulbereich, die PCS im öffentlichen Dienst, und die Generalsekretärin von Unison ist von einem Angriff auf andere Gewerkschaften wegen ihrer Streikbereitschaft zu der Aussage übergegangen, dass ihre Gewerkschaft "streikbereit" sein wird. Die Koordinierung der Zeitpläne für die Urabstimmung zwischen all diesen Gewerkschaften und der RMT, falls es zu einer erneuten Urabstimmung kommen sollte, ist eine der wirksamsten Methoden, um den Mitgliedern aller Gewerkschaften zu zeigen, dass die Bewegung ernsthaft genug und groß genug ist, um es mit der Regierung und den Unternehmer*innen aufzunehmen und sie zu besiegen. Dies wiederum wird dazu beitragen, die von den gewerkschaftsfeindlichen Gesetzen geforderten antidemokratischen Schwellenwerte für die Wahlbeteiligung und Unterstützung zu erreichen.Die Vorbereitungen dafür beginnen jetzt. Dabei geht es nicht nur um die technischen Aspekte, sondern auch um die gezielte Unterstützung der Arbeitsplätze und der Aktivist*innen am Arbeitsplatz, wobei eine möglichst große Zahl von Mitgliedern in die aktive Unterstützung von Streikabstimmungen einbezogen werden sollte. Dabei sollte es um klare Forderungen und die direkte Koordinierung durch betriebliche Vertreter über die Basis der Gewerkschaften hinweg gehen, insbesondere in Betrieben mit mehreren Gewerkschaften (z.B. NEU und Unison in Schulen, Unison und Unite in Krankenhäusern usw.), um gemeinsam für eine maximale Beteiligung aller Mitglieder zu werben, unabhängig davon, welcher Gewerkschaft sie angehören. Die Tories blicken voller Angst auf den Herbst. Deshalb drohen sie mit der Einführung eines "Mindestdienstes", was im Grunde bedeutet, dass ein großer Teil der Arbeiter, die für einen Streik stimmen, dann rechtlich nicht mehr streiken dürfen. Dies kann durch massenhafte Arbeitskampfmaßnahmen, offiziell und gegebenenfalls auch inoffiziell, und durch Demonstrationen und Proteste zur Verteidigung der Streikposten einer Gewerkschaft, die mit einer Streikbrecher-Charta bedroht ist, verhindert werden. Noch mehr legale Angriffe auf die Gewerkschaften werfen die Frage der politischen Organisation der Arbeiter*innen auf. So willkommen die Unterstützung einiger weniger Labour-Abgeordneter auch sein mag, es besteht nicht die geringste Chance, dass die Labour-Partei ein nützliches Instrument für die Arbeiter*innen sein wird, um ihre Kämpfe zu organisieren, öffentliches Eigentum zu fordern oder die Aufhebung aller gewerkschaftsfeindlichen Gesetze durchzusetzen. Die Einrichtung lokaler Dachkampagnen wie "[Name der Stadt] braucht eine Lohnerhöhung" oder lokaler Widerstandskonferenzen oder Versammlungen zu Fragen der Lebenshaltungskosten kann damit beginnen, den politischen Raum für Arbeiter und Kampagnen zu schaffen, um zusammenzukommen, kommunale Organisationen und die Masse der Arbeiterklasse zu erreichen und die umfassenderen politischen Fragen zu erörtern, wie die Krise der Lebenshaltungskosten überwunden werden kann. Auf dieser Grundlage könnten Schritte in Richtung einer neuen linken Massenkampfpartei unternommen werden, einer Partei eines völlig anderen Typs, die nicht in erster Linie auf Wahlen ausgerichtet ist, sondern eine Organisation von, für und durch arbeitende Menschen ist und durch die sie sich politisch organisieren können. Socialist Alternative argumentiert, dass eine solche Partei ein sozialistisches Programm gegen das krisengeschüttelte kapitalistische System braucht, um eine echte Lösung zu erreichen. Runde eins der Bahnstreiks gehört den Arbeiter*innen der Bahn und der gesamten Arbeiter*innenklasse. Die Tories werden hart zurückschlagen, während die Wirtschaft weiter in eine tiefere Krise und Rezession rutscht. Runde zwei wird durch Solidarität, Koordinierung und Eskalation gewonnen werden, um die Tories auszuschalten und den Kampf zu den Bossen und ihrem System als Ganzes zu führen.

 

 

 

Sozialist*innen mobilisierten zum Protest gegen "Stockholm+50"-Gipfel

Die Klima-Heuchelei des Kapitalismus eine Bewegung für weltweiten Sozialismus entgegenstellen!
Andy Moxley (ISA) und Elin Gauffin von der Rättvisepartiet Socialisterna (ISA in Schweden)

ISA-Aktivist*innen auf der Fridays for Future

Demo rund um den Klimagipfel

Protest am Vortag

Delegation der ISA in Stockholm

Dieser Artikel erschien am 8. Juli 2022 zuerst auf der Website der International Socialist Alternative (ISA).

Die International Socialist Alternative (ISA) hat zusammen mit ihrer schwedischen Sektion Rättvisepartiet Socialisterna viel in die Klimaproteste auf dem UN-Umweltgipfel "Stockholm+50" in Stockholm am 2. und 3. Juni investiert. Leider kann man das nicht über die schwedische Regierung oder ihre Kolleg*innen aus aller Welt sagen, unter deren Führung der Planet weiterhin kopfüber in eine verheerende Klimakrise stürzt.

Es wurde ein Spitzengipfel genannt. Er wurde als "Feier" bezeichnet, 50 Jahre nach dem ersten Umweltgipfel. Doch erst in den Tagen zuvor wurde in Stockholm bekannt, dass überhaupt ein Klimagipfel stattfand. Denn trotz ihrer "grünen" Rhetorik wollten die Politiker ihr Versagen verbergen.

"Feiern" des Scheiterns

Trotz ihres Anspruchs, in Sachen Klima führend zu sein, hat eine im Umfeld von Stockholm+50 durchgeführte Umfrage ergeben, dass Schweden bei 3 von 4 in den letzten 50 Jahren gesetzten Umweltzielen gescheitert ist. Weltweit wurden nur 10 % der Umweltziele erreicht. Die schwedische Wirtschaft betreibt weiterhin einen verheerenden Raubbau an Mensch und Natur. Nur 3,4 % der schwedischen Wirtschaft beruhen auf Recycling. Zu den skandalösen Projekten, die die sozialdemokratische Regierung, meist unterstützt von den Grünen, immer wieder in Angriff nimmt, gehören neue Bergbauprojekte, neue Autobahnen, Zementabbau, weniger Schutz der Strände und mehr Kahlschlag, um nur einige zu nennen.

Scharfe Kritik an den Vorbereitungen der Regierung für den Gipfel kam von führenden Klimaaktivist*innen wie Anders Wijkman, der darauf hinwies, dass es nicht einmal Entscheidungsvorschläge für das Treffen gab. Greta Thunberg weigerte sich aus Protest gegen die leeren Worte, die angeboten wurden, an dem Treffen teilzunehmen.

Krieg und Militarismus - Klimakiller

Statt sich in den letzten Monaten auf das Klima zu konzentrieren, war die politische Elite Schwedens von der NATO und der Militarisierung besessen. Auf schockierende und putschartige Art und Weise hat die Regierung einen Antrag auf Mitgliedschaft Schwedens in der NATO gestellt, ohne dass die arbeitende Bevölkerung Schwedens in einem Referendum eine Stimme erhalten hätte.

In der Folge hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Gegenzug für die Zustimmung zur schwedischen Mitgliedschaft bizarre Forderungen gestellt, darunter die Auslieferung schwedischer Bürger*innen mit kurdischem Hintergrund und die Forderung, schwedische Waffen kaufen zu dürfen, worauf die Regierung kaum eine Antwort geben kann. Am deutlichsten wurde dies in der Woche der Stockholmer Klimakonferenz, als nicht weniger als 60 NATO-Schiffe im Stockholmer Archipel vor Anker lagen, von denen einige so groß wie Inseln waren.

Die Regierung nutzte den Gipfel vor allem, um der schwedischen Industrie Tribut zu zollen. Umweltministerin Annika Strandhäll posierte zusammen mit vier Vorstandsvorsitzenden der Unternehmen Volvo, Volvo CE, SSAB und NCC und warb für schwedischen "fossilfreien" Stahl. Einer derjenigen, die auf diese Propaganda reagierten, ist der Autor Arne Muller, der auch auf der öffentlichen Sitzung der ISA am 3. Juni sprach (sieh dir den Stream der Sitzung hier an). "Das Streben nach Profit steht fast immer im Widerspruch zum Klimawandel und zur nachhaltigen Entwicklung", sagte Arne Muller.

Internationale ISA-Verantsaltung spricht sich für sozialistische Alternative aus

Er hob hervor, dass die von der schwedischen Regierung verfolgte Politik des "grünen Übergangs" in Wirklichkeit ein MEHR an Ausbeutung der natürlichen Ressourcen durch Dinge wie Energie erfordert. Versprechungen über neue nachhaltige Energien wie Batterien erfordern in Wirklichkeit eine weitere Ausbeutung nicht nachhaltiger Ressourcen und eine Ausweitung der Bergbaupraktiken. Arne schloss mit der Feststellung, dass die Technologie die Entwicklung der Nachhaltigkeit sicherlich unterstützen kann, dies aber nur auf der Grundlage einer geplanten Verwaltung und Verteilung möglich ist.

Mehr als 70 Leute kamen zu der von der International Socialist Alternative (ISA) und der Rättvisepartiet Socialisterna (RS) organisierten internationalen Veranstaltung zusammen.

Gewerkschaften müssen handeln

Die erste Rednerin auf der Verantsaltung war Katja Raetz, Gewerkschaftsvertreterin und Krankenschwester, die sich aktiv dafür eingesetzt hat, dass die Gewerkschaften eine Führungsrolle im Kampf gegen die Klimakrise übernehmen. Katja wies darauf hin, dass der Mangel an tatsächlichen Fortschritten in den letzten 50 Jahren gezeigt hat, dass wir nicht auf die Menschen an der Macht zählen können, um Veränderungen herbeizuführen. Jegliche Veränderung muss durch einen Kampf von unten kommen, und die Gewerkschaften haben eine Schlüsselrolle in einer solchen Bewegung zu spielen.

Die Gewerkschaften haben die Macht, die Klimabewegung mit kollektiven Ideen und Streiks zu bewaffnen, um das Gleichgewicht der Kräfte grundlegend in Frage zu stellen. Die Führung der Gewerkschaften hält sie davon ab, diese Rolle zu spielen und zieht eine "Partnerschaft" mit den Ausbeuter*innen der Arbeiter*innen und des Klimas vor. Sie schloss mit der Forderung, dass die Gewerkschaften nicht nur dagegen, sondern gegen das gesamte Profitsystem kämpfen müssen, und schloss mit dem Zitat des großen sozialistischen Denkers Karl Marx, dass "jeder gewerkschaftliche Kampf ein politischer Kampf ist" und dass die Klimakrise dies nur noch verschärft.

Der zweite Redner war Raymond Stokki. Raymond ist Lehrer, indigener Aktivist und Kämpfer gegen Bergbau und Abholzung in Nordschweden. Raymond konzentrierte sich auf das "Greenwashing" durch den schwedischen Staat und die großen Forst- und Bergbauunternehmen und deren Rolle bei der rassistischen Ausbeutung der Samen und ihres Landes.

Myriam Poizot von der irischen Sektion der ISA, der Socialist Party (Ireland), wies auf die Notwendigkeit hin, den Kampf für das Klima mit den Kämpfen gegen Rassismus, Sexismus und die Ausbeutung der Arbeiter*innenklasse zu verbinden. Sie zitierte Kämpfe, die in verschiedenen Ländern der Welt gegen die Unterdrückung durch den Kapitalismus ausbrechen, von Black Lives Matter in den USA bis zum Aufstand gegen die Lebenskostenkrise in Sri Lanka. Sie sprach auch über die Rolle, die die ISA bei der Erringung von Siegen in diesen Fragen gespielt hat, von der Kampagne gegen Marktmieten in Schweden bis zum Kampf für einen Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde in den Vereinigten Staaten und dem erfolgreichen Kampf für die Legalisierung der Abtreibung in Irland.

Die Klimabewegung in Schweden befindet sich in einer Phase der Flaute. Während des Gipfels gab es eine Demonstration mit 1.000 Teilnehmer*innen und einen Schulstreik, zu dem Fridays for Future aufgerufen hatte, mit einigen tausend Teilnehmer*innen. Das liegt vor allem daran, dass die Pro-NATO-Kampagne der Regierung viele Menschen verwirrt und passiv gemacht hat. Leider haben die Organisator*innen der Demonstrationen, die stattgefunden haben, auch den Ansatz gewählt, verschiedene Organisationen nicht zu einem breiten gemeinsamen Kampf in einer demokratischen Atmosphäre einzuladen. Das wiederum macht die Bewegung kleiner. Die ISA hat jedoch festgestellt, dass es ein sehr großes Publikum für klare antikapitalistische Botschaften gibt. Bei der Fridays For Futures-Demonstration bildeten wir einen Block mit mehreren hundert meist jungen Teilnehmern mit vielen Fahnen und vielen Slogans.

Die Klima-Heuchelei des Kapitalismus - eine Bewegung für den internationalen Sozialismus aufbauen!

Auf der Verantsaltung sprach Mattias Bernhardsson, Kandidat für Rättvisepartiet Socialisterna bei den Kommunalwahlen in Haninge in diesem Jahr und führender Kämpfer für den Erhalt der Wälder, über die Lügen der schwedischen Regierung, insbesondere in Bezug auf "Biokraftstoff", und die Mitschuld der Sozialdemokraten und Grünen an der Aufrechterhaltung dieser Lüge. Mattias wies darauf hin, dass bei der derzeitigen Abholzungsrate bis zum Jahr 2050 überhaupt keine Wälder mehr übrig sein werden - abgesehen von denen, die bereits gesetzlich geschützt sind.

Boel Bernmark, eine Gymnasiastin, der für die Jungsozialist*innen sprach, wies darauf hin, wie imperialistische Kriege im Kapitalismus die Zerstörung des Planeten massiv beschleunigen. So produziert allein das US-Militär mehr Emissionen als einige ganze Länder, die seit 2001 mehr als 1,2 Milliarden Tonnen Treibhausgase ausstoßen.

Yaara Cliff, Mitglied der ISA in England, Wales und Schottland, sprach über den Klimaaktivismus der ISA in der ganzen Welt, von Israel/Palästina über Europa bis Lateinamerika. Sie wies darauf hin, dass die Klimakrise ein internationales Phänomen ist und ein globaler Kampf gegen das System und für ein demokratisches sozialistisches System erforderlich ist.

Jonas Brännberg, Mitglied des Stadtrats von Rättvisepartiet Socialisterna in Luleå, fasste die Verantsaltung zusammen. Jonas sprach darüber, dass die Reden alle einen gemeinsamen Nenner hatten, der auf die vielfältigen Krisen des Kapitalismus im Allgemeinen, die Notwendigkeit einer Gesellschaft, die die menschlichen Bedürfnisse in den Vordergrund stellt, und das Versagen der schwedischen und anderer Regierungen bei der Bewältigung des Ausmaßes der Klimakatastrophe hinwies. Er sagte, dass es zwar Kipppunkte in Bezug auf das Klima gebe, die von den Redner*innen erwähnten Beispiele jedoch auf einen anderen, positiven Kipppunkt im Bewusstsein der Arbeiter*innen und jungen Menschen und die Notwendigkeit, sich zu wehren, hinwiesen.

Die Veranstaltung beinhaltete auch eine schöne musikalische Darbietung von Shamiram Adam. Anschließend blieben die Teilnehmer noch etwa eine Stunde lang für informelle Diskussionen über das Treffen und seinen Inhalt.

Insgesamt war das Treffen ein durchschlagender Erfolg, der dazu beitrug, eine brillante Woche zu beenden, in der die Ideen des Klassenkampfes und die Notwendigkeit einer sozialistischen Welt verbreitet wurden, um die Zerstörung des Planeten durch das kapitalistische Profitsystem zu stoppen. Wir fanden auch die Resonanz auf unsere Ideen auf der Straße sehr positiv und verkauften 301 unserer sozialistischen Zeitungen, sammelten 1.700 Euro an Spenden und sammelten 250 Namen von Menschen, die an einer Mitgliedschaft in der ISA interessiert sind.

Macron gewinnt, aber ohne Enthusiasmus. Für eine "dritte Runde" des Kampfes!

Die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen endete mit 58,5 % für Macron und 41,5 % für Le Pen, obwohl die Begeisterung für Macron sehr begrenzt war.
Stéphane Delcros/Nicolas Croes, PSL/LSP - ISA in Belgien

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 29.04. auf der Homepage der International Socialist Alternative (ISA) veröffentlicht.

 

Die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen endete mit 58,5 % für Macron und 41,5 % für Le Pen. Die Begeisterung für Macron hielt sich sehr in Grenzen. Die Zahl derer, die sich der Stimme enthielten, erreichte den zweithöchsten Wert für einen zweiten Wahlgang in der Geschichte der Fünften Republik: 28 %, zu denen noch 4,6 % leere und 1,6 % ungültige Stimmen hinzukommen. Damit hat Macron mit nur 37,9 % der registrierten Wähler*innen gewonnen. Damit ist er der Präsident der Fünften Republik mit dem schlechtesten Ergebnis seit 1969. Damals, ein Jahr nach dem Mai 1968, schnitt Pompidou noch schlechter ab. Fast zwei von drei Französ*innen haben nicht für Macron gestimmt. Von denjenigen, die ihn gewählt haben, gaben 42 % an, dass sie für Macron gestimmt haben, um Le Pen zu stoppen. Macrons wirkliche "Anhänger*innenschaft" beschränkt sich also auf 15,9 % der Bevölkerung. Macrons erste Amtszeit war geprägt von antisozialen Übergriffen, Polizeigewalt und zunehmender Unsicherheit für große Teile der Bevölkerung. Gleichzeitig wurden Sündenböcke gesucht und die Strategie des "Teile und Herrsche" optimal ausgenutzt. Die Ideen der extremen Rechten wurden bis zur Akzeptanz verharmlost. Dies ebnete den Weg für ein neues Wachstum des rechtsextremen Gedankenguts. Macron hat  keine Antwort auf die extreme Rechte gegeben, ganz im Gegenteil! Es sieht so aus, als würde er den gleichen Weg weitergehen. Macron behauptet, er habe verstanden, dass er in seiner zweiten Amtszeit mehr Gewicht auf das Soziale und das Ökologische legen sollte. Er wird zweifellos versuchen, den Anschein eines progressiven Images aufrechtzuerhalten, möglicherweise durch die Ernennung eines Premierministers mit sozialem, feministischem und ökologischem Profil. Macron wird vielleicht einige der niedrigsten Löhne und Renten anheben. Aber im Grunde bereitet er sich darauf vor, einfach eine Politik fortzusetzen, die den Reichen zugutekommt. Als er 2017 gewählt wurde, hat Macron die Arbeitsgesetzgebung weiter angegriffen. Unter Präsident Francois Hollande (Sozialistische Partei) hatte die Offensive bereits mit dem El-Khomri-Gesetz begonnen. Macron wollte die Arbeitsbeziehungen weiter individualisieren, weg von Tarifverhandlungen, um die Rolle der Gewerkschaften zu schwächen. In seinem Programm für 2022 erklärte Macron, er wolle "die 2017 begonnene Modernisierung des Arbeitsrechts fortsetzen." Er machte im Wahlkampf auch keinen Hehl daraus, dass er das Rentenalter auf 65 Jahre anheben will. Zwischen den beiden Runden der Präsidentschaftswahlen konnte man auf der Website von Mediapart eine Aussage von N'Diaye lesen, einem 23-jährigen schwarzen Müllsammler, der praktizierender Muslim ist. Er sagte, er könne sich nicht vorstellen, bis zum Alter von 65 Jahren arbeiten zu müssen. Mit 1.600 Euro im Monat habe er viel mehr Angst vor den Preissteigerungen als vor Le Pens Rassismus. Er dachte, Le Pen würde mehr gegen die Krise der Lebenshaltungskosten tun. Diese Aussage bringt vieles auf den Punkt: die tiefe Ablehnung der unsozialen und autoritären Politik Macrons, aber auch die Gefahr, die vom rechtsextremen Rassemblement National ausgeht, dem es gelungen ist, die Sorgen von Teilen der Bevölkerung zu instrumentalisieren, indem es vorgibt, den Lebensstandard zu verteidigen. Es handelt sich um ein falsches "soziales" Programm. So wurde der offene Rassismus und Hass im Wahlkampf weitgehend dem anderen rechtsextremen Kandidaten, Zemmour, und dem Kandidaten des traditionellen rechten Flügels "Les Republicains", Pécresse, überlassen. Es sollte klar sein, dass Macron keine Antwort auf die extreme Rechte bietet, sondern nur eine Garantie für ihr weiteres Erstarken.

 

Mélenchon: Organisierung um sein Programm im Vorfeld der Parlamentswahlen

In der ersten Runde übertraf das Ergebnis des Kandidaten der "Union Populaire" (Volksunion) und von La France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, die Erwartungen bei weitem. Dieser Wahlkampf basierte auf einem Programm, das einen linken Bruch mit dem Status quo vorschlug. Mélenchon gewann die Stimmen derjenigen, die von den anderen so genannten Linksparteien enttäuscht waren, die voll in das System eingebunden waren und sich an Regierungen mit einem rechten Programm beteiligten. Dies waren vor allem die sozialdemokratische PS, aber auch die grüne Partei EELV und die kommunistische PCF. Darüber hinaus konnte Mélenchon auch Stimmen von Bevölkerungsgruppen auf sich vereinen, die ursprünglich nicht zur Wahl gehen wollten, vor allem junge Menschen und Bewohner der armen Vororte um die Großstädte. Mit 22 % für Mélenchon im ersten Wahlgang war der Unterschied zu Le Pen sehr gering. Die linken Parteien (PCF, NPA, LO), die es vorgezogen haben, mit einer eigenen Kampagne "zu existieren", anstatt den Schwung von Mélenchons Kampagne zu verstärken, tragen eine große Verantwortung für die Tatsache, dass die Wahl im zweiten Wahlgang zwischen Macron und Le Pen stattfand. Viele Analyst*innen betonen, dass die "nützliche Stimme" der Linken Mélenchons Ergebnis am Ende des Wahlkampfs einen großen Schub gegeben hat. Doch Anfang März, mehr als einen Monat vor der ersten Runde, lag Mélenchon in den Umfragen bei maximal 12 %, während die anderen linken oder so genannten "linken" Kandidaten in etwa auf dem Niveau ihrer Endergebnisse der ersten Runde oder nur leicht darüber lagen. In Wirklichkeit hat das Ergebnis von Mélenchon viel mehr mit der Ablehnung der Politik der meisten anderen zu tun und mit dem Willen, ein soziales und ökologisches Programm zu verteidigen, das mit der zugunsten einer Minderheit von Superreichen verfolgten Politik bricht. Neben den traditionellen Wähler*innen der Linken wurden auch Personen angezogen, die nicht vorhatten, zur Wahl zu gehen. In den letzten Umfragen lag die erwartete Wahlbeteiligung immer noch 5 Prozentpunkte unter der endgültigen Beteiligung an den Wahlen. Mélenchon-Wähler, die am meisten unter Macrons Politik gelitten haben - in den überseeischen Departements und Regionen, unter den Arbeitern und den Ärmsten - haben im zweiten Wahlgang überproportional für Le Pen gestimmt, um Macron zu blockieren. In den Großstädten und unter den jungen Leuten wechselten die Mélenchon-Wähler weitgehend zu Macron, um Le Pen zu blockieren. Etwa 40 % der Mélenchon-Wähler aus dem ersten Wahlgang haben sich nicht die Mühe gemacht, im zweiten Wahlgang ihre Stimme abzugeben und damit ihre Ablehnung gegenüber beiden Kandidaten zum Ausdruck gebracht. Dieses Ergebnis widerspricht all jenen, die gehofft hatten, dass der Durchbruch von Mélenchon im Jahr 2017 eine einmalige Sache war. Es ist auch eine deutliche Antwort auf diejenigen, die den Wahlkampf mit Verzweiflung und Pessimismus begonnen hatten. In der ersten Runde kristallisierten sich drei große Blöcke heraus: ein stark zerfallender neoliberaler und autoritärer rechter Block, ein wachsender rechtsextremer Block von Le Pen, dem es gelang, vom System verlassene Schichten zu gewinnen (insbesondere in ländlicheren Gebieten und in ehemaligen Hochburgen der PCF), und ein dritter wachsender Block der radikalen Linken. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Ergebnisse der ersten Runde rief Mélenchon dazu auf, "keine einzige Stimme an Le Pen zu geben". Er betonte die Notwendigkeit, im Vorfeld der Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni mobilisiert zu bleiben. "Angesichts der Positionen der beiden Protagonisten gibt es in der zweiten Runde keine Möglichkeit für den unverzichtbaren Bruch, der notwendig ist, um auf die dreifache ökologische, soziale und demokratische Krise zu reagieren. Keine der politischen Spannungen im Lande wird gelöst werden. Im Gegenteil, sie werden sich wahrscheinlich noch verschärfen. Nach Macrons Sieg sagte Mélenchon: "Die Wähler können Macron immer noch besiegen und einen anderen Weg wählen. Am 12. und 19. Juni ist eine andere Welt immer noch möglich, wenn Sie eine Mehrheit der Abgeordneten der Volkseinheit wählen, einer neuen Einheit, die wir weiter ausbauen müssen." La France Insoumise will die Linke vereinen, um die "dritte Runde" der Wahlen zu gewinnen. Dies würde Macron dazu verpflichten, mit einer linken Mehrheit im Parlament zu arbeiten. Diese "Union Populaire" (Volksunion) will politische Organisationen, prominente Persönlichkeiten der Linken, Gewerkschaften, Verbände, kulturelle Organisationen ... um ein Programm versammeln, das sich auf die großen Linien stützt, die in "L'Avenir en Commun", dem Programm von Mélenchon, verteidigt werden. Zu den "nicht verhandelbaren" Programmpunkten gehören: Rente mit 60; Aufhebung des El-Khomri-Gesetzes und der Gegenreformen des Arbeitsgesetzes und der Arbeitslosenversicherung; Erhöhung des Mindestlohns auf 1400 Euro netto pro Monat; eine Zulage für Jugendliche in Höhe von 1063 Euro pro Monat; Einfrieren der Preise für Grunderzeugnisse; ökologische Planung; Abschaffung der Präsidialmonarchie mit einer Sechsten Republik und Volksabstimmungen durch Volksinitiative; Ausbau der öffentlichen Dienstleistungen; Beendigung der Privatisierung und Liberalisierung; Investition von 1 Milliarde Euro in die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen; gerechte Besteuerung mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer und der Abschaffung der Pauschalsteuer; Abschaffung der Gesetze zum Separatismus, zur globalen Sicherheit und zu den Gesundheitspässen; Nichteinhaltung der europäischen Vorschriften, die mit diesen Vorschlägen nicht vereinbar sind. "Dies ist die Mindestbasis, auf der eine Diskussion möglich ist", sagte Mélenchon. Direkte Gespräche wurden mit der grünen Partei EELV (4,6 % im ersten Wahlgang), der Kommunistischen Partei Frankreichs, PCF (2,3 %) und der Neuen Antikapitalistischen Partei, NPA (0,8 %) aufgenommen. Die Verhandlungen mit der PCF scheinen gut zu verlaufen, obwohl die kommunistische Partei Kandidaten in mehr Wahlkreisen zu fordern scheint. Bei den Grünen sind die Spannungen groß, wie bereits bei den Vorwahlen im September deutlich wurde, bei denen der Vertreter des liberalen Flügels, Yannick Jadot, mit nur 51 % vor Sandrine Rousseau gewann, die ein eher soziales und ökologisches Programm vertrat. Die PS wurde nicht zu den Verhandlungen eingeladen, aber ihr Wahldebakel (1,7 %) ließ ihr keine andere Wahl, als sich zumindest zu öffnen, und die ersten Gespräche haben begonnen. Der Parteisekretär Olivier Faure erklärte jedoch unverblümt: "Die Rentenreform, die La France Insoumise will, wird 72 Milliarden kosten. Ich denke, dieses Geld könnte auch für die Bildung oder den ökologischen Übergang verwendet werden. Ich glaube nicht, dass wir die Laufbahn eines jeden auf 40 Jahre verkürzen sollten". Zumindest die Abneigung der PS gegenüber der Sozialpolitik ist klar. Sein Vorgänger im Amt des Parteisekretärs, Jean-Christophe Cambadélis, war noch weniger verhandlungsbereit und forderte, die PS solle sich selbst auflösen und auf einem Kongress im Herbst neu gründen. Der ehemalige Präsident François Hollande warnte unmissverständlich davor, dass die PS im Falle eines Wahlabkommens mit La France Insoumise Gefahr läuft, "zu verschwinden". Er verteidigt die Option eines Zusammenschlusses mit den Grünen und der PCF. Dies kommt einer Rückkehr zur "pluralistischen Linken" gleich, die unter der Regierung Jospin eine antisoziale Politik verfolgte und dafür 2002 auf demütigende Weise bestraft wurde. Durch die wiederholte Führung von Regierungen, die die Interessen der Arbeitnehmer nicht verteidigen, ist die PS (wie auch die Grünen) eher Teil des Problems als Teil der Lösung.

 

Für eine dritte Runde des Kampfes: Stärke im Parlament, am Arbeitsplatz und auf der Straße aufbauen

Das von La France Insoumise vorgeschlagene Programm enthält einige starke Punkte, darunter die ehrgeizigen sozialen Vorschläge und die ökologische Planung zur Abkehr von Kohlenstoff- und Atomenergie. Aber es bleibt ein reformistisches Programm, ohne die Forderung nach Verstaatlichung unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der Schlüsselsektoren der Wirtschaft. Das Programm beschränkt sich darauf, öffentliche Pole vorzuschlagen, die mit dem Markt konkurrieren müssen und daher dessen Diktat unterworfen sind. Der Vorschlag für eine Sechste Republik fasst die illusorische Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative innerhalb der engen Grenzen des kapitalistischen Systems zusammen. Dies ist die Achillesferse der Vorschläge von Mélenchon. In einer Zeit der multiplen Krisen des Kapitalismus, die sich gegenseitig verstärken, sind die Herausforderungen noch größer. Die Arbeiter*innenbewegung muss alle in der Gesellschaft vorhandenen Kräfte mobilisieren, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Es wäre besser, wenn dies offen geklärt würde, um mit dem Aufbau des Kräftegleichgewichts zu beginnen, das wir jetzt brauchen, bei den Parlamentswahlen, aber auch und vor allem an den Arbeitsplätzen, in den Schulen und Universitäten und in unseren Vierteln. Vor allem auf der Straße können wir Siege erringen, indem wir die parlamentarischen Plattformen und das daraus resultierende Profil als unterstützende Kraft nutzen. "Le Pen wurde nicht an die Macht gewählt, jetzt müssen wir dafür sorgen, dass Macron nicht an der Macht bleibt". Mit diesem Slogan begann La France Insoumise seine Kampagne, um Präsident Macron eine linke parlamentarische Mehrheit aufzuzwingen und Mélenchon zum Premierminister zu wählen. Diese Kampagne hat das Verdienst, eine Perspektive für einen nächsten Schritt im Kampf nach den Präsidentschaftswahlen und im Vorfeld der Parlamentswahlen zu bieten. Sie konzentriert sich auch auf klare programmatische Punkte, die eine Regierung umsetzen könnte, anstatt sich auf reine "Oppositionspolitik" zu beschränken. Aber ohne ein wirkliches Gleichgewicht der Kräfte in der Gesellschaft zugunsten der Arbeiter*innenklasse, das nur durch Mobilisierung und Massenorganisation hergestellt werden kann, wird es schwierig sein, nicht nur genügend potenzielle Wahlenthalter*innen zu mobilisieren, um diese Wahlen zu gewinnen, sondern auch ein solches Programm im Falle einer Wahl umzusetzen. Mit Hilfe der Gewerkschaften, der linken Organisationen und Verbände müssen wir ein konsequentes Kräftegleichgewicht auf der Straße und in den Betrieben aufbauen, um auch diese begrenzten Forderungen durchzusetzen und der Reaktion der herrschenden Klasse zu begegnen, die alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um die Umsetzung einer echten linken Politik zu verhindern. Dies gilt umso mehr für ein von der Linken kontrolliertes Parlament im Rahmen des undemokratischen Präsidialsystems des französischen Kapitalismus, das die Befugnis hat, das Parlament zu überstimmen. So kann die "dritte Runde des Kampfes" aufgebaut werden: durch Kämpfe auf der Straße, am Arbeitsplatz und in den Vierteln gegen Macrons Politik, die die extreme Rechte stärkt, indem sie die Ungleichheit und die Prekarität vergrößert; die Protestbewegungen, die Bevölkerung von Afrikaner*innen, Muslim*innen, Immigrant*innen, die Menschen in den "Überseegebieten" und junge Menschen brutal behandelt; und die die Klimakatastrophe verschärft.Ein groß angelegter Kampf ist der beste Weg, um eine starke Präsenz linker Abgeordneter in der Nationalversammlung durchzusetzen und für die Sozial- und Umweltpolitik zu kämpfen, die die "Volksunion" verfolgen kann. Oder zumindest, um sich gegen jeden Angriff zu wehren, den eine Regierung auf Geheiß von Macron versuchen wird, und um ein für die Arbeiter*innenklasse günstiges Kräftegleichgewicht zu schaffen, auf das sich die Arbeiter*innen und Jugendliche bei ihren Kämpfen in den kommenden Monaten stützen können.

Mit seiner hegemonialen Position auf der Linken steht La France Insoumise vor großen Herausforderungen. Eine große Gefahr geht von jenen aus, die Mélenchon nun aus Opportunismus offen anglotzen, wie die ehemalige PS-Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal.

Als Syriza in Griechenland die Pasok verdrängte, wechselten auch viele Berufssozialdemokrat*innen zu dieser linken Formation. Dies verstärkte den Prozess, Syriza in eine Partei zu verwandeln, die sich den Märkten unterwirft. Der beste Weg, diese Opportunist*innen zurückzudrängen, besteht darin, die Beteiligung von La France Insoumise an den Kämpfen zu erhöhen und die demokratische Organisation um ihre Basisgruppen herum deutlich zu stärken. Dies könnte den Grundstein für die Schaffung eines echten politischen Instruments der Arbeiter*innen und Unterdrückten legen, einer breit angelegten Kampfpartei, deren Basis die demokratische Beteiligung ist und die ihre Ausrichtung bestimmt, um das zu erreichen, was objektiv für die gesamte Arbeiter*innenklasse erforderlich ist: den Aufbau einer völlig anderen Gesellschaft, einer demokratischen sozialistischen Gesellschaft.

 

Iran: Dringende Bitte um Solidarität

Gefangenen die medizinische Versorgung zu verweigern ist ein Verbrechen! Freiheit für alle politischen Gefangenen im Iran! Für die sofortige Freilassung von Behnam Moosivand!
International Socialist Alternative

www.internationalsocialist.net

Wir fordern die sofortige Freilassung von Behnam Moosivand, sowie die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen. Die Internationale Sozialistische Alternative ist solidarisch mit Behnam Moosivand, seiner Familie und seinen Genoss*innen sowie allen politischen Gefangenen im Iran. Die zunehmende Repression des iranischen Regimes, insbesondere gegen Sozialist*innen, Linke, Frauen und Gewerkschaftsaktivist*innen, ist Ausdruck ihrer Instabilität und Angst im Kontext einer neuen Welle des Kampfes der Arbeiterklasse gegen Diktatur und wirtschaftliche Not. Angesichts der explodierenden Inflation entstehen neue Kämpfe - das iranische Regime und seine kriminelle Politik müssen von einer starken, unabhängigen Arbeiter*innenbewegung bekämpft werden. Um volle demokratische Rechte und ein Ende der Unterdrückung zu erreichen, können wir uns nicht auf die westlichen imperialistischen Mächte verlassen - die internationale Arbeiter*innen- und Gewerkschaftsbewegung muss ihre Unterstützung für diese Aktivist*innen zeigen und Druck aufbauen, um ihre sofortige Freilassung zu fordern.

*Gefangenen die medizinische Behandlung vorzuenthalten ist ein Verbrechen!

*Freiheit für alle politischen Gefangenen!

*Nieder mit dem iranischen Regime!

In den letzten Tagen haben wir Informationen erhalten, dass sich Behnam Moosivand, ein politischer Gefangener und sozialistischer Aktivist im Iran, in einem sehr schlechten Zustand befindet. Er befindet sich seit mehr als elf Tagen im Hungerstreik.Im Dezember wurde berichtet, dass er auf Anordnung des Arztes dringend außerhalb des Gefängnisses operiert werden musste, doch wurde ihm die medizinische Versorgung verweigert, weil er sich weigerte, Handschellen und Fußfesseln zu akzeptieren. Schließlich wurde Moosivand in den letzten Apriltagen dieses Jahres mit dem Versprechen der Gefängniswärter, keine Handschellen und Fesseln zu verwenden, aus dem Gefängnis entlassen. Bevor sie ihn jedoch freiließen, schlugen die Gefängniswärter mit Gewalt auf seine Arme und Beine ein, legten ihm Handschellen an und brachten seinen kranken Körper ins Rajai-Krankenhaus in Karaj. In einem Brief hat Moosivand beschrieben, was ihm im Krankenhaus widerfahren ist.Er trat in einen Hungerstreik, um gegen das Verhalten der Gefängniswärter zu protestieren. In einer Sprachnachricht aus dem Gefängnis erklärte er, dass der Streik keine Forderung nach Freilassung, Urlaub oder gar Behandlung sei, und bekräftigte, dass "mein einziges Mittel des Widerstands mein Körper ist". Sechs Tage nach Beginn des Streiks wurde bekannt, dass sich sein Gesundheitszustand dramatisch verschlechtert hatte. Am 26. April wurde er schließlich aufgrund seines sich verschlechternden Zustands in das Krankenhaus von Taleghani verlegt.

Was Behnam Moosivand widerfährt, hat sich in iranischen Gefängnissen schon oft wiederholt und in einigen Fällen zu einer Tragödie geführt. Einer dieser Fälle ist Behnam Mahjoubi, ein anderer der Mord an Baktash Abtin, einem Dichter, Filmemacher und Mitglied des iranischen Schriftstellerverbandes. In den letzten Apriltagen dieses Jahres starb auch Mehdi Salehi Ghaleh Shahrokhi.

Wenige Tage nach der Ermordung von Baktash Abtin wurde ein Rundschreiben der Gefängnisorganisation, in dem die Rechte der Häftlinge erläutert wurden, zur Täuschung der Öffentlichkeit verwendet. Doch was danach mit vielen politischen Gefangenen geschah, war nur eine Wiederholung der vorherigen Situation. Im April dieses Jahres veröffentlichte Amnesty International einen ausführlichen Bericht über Todesfälle, die auf mangelnde medizinische Versorgung in iranischen Gefängnissen zurückzuführen sind. Diesem Bericht zufolge hatte die mangelnde medizinische Versorgung von Januar bis April bereits zum Tod von 96 Gefangenen geführt. Behnam wurde während der Proteste 2017/18 verhaftet und zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er war immer wieder wegen seines politischen Engagements verhaftet worden. Er wurde wegen "Verschwörung gegen die nationale Sicherheit" und "regimefeindlicher Propagandaaktivitäten" vom Revolutionsgericht unter Vorsitz von Richter Mohammad Moghiseh verurteilt. Wir fordern die sofortige Freilassung von Behnam Moosivand sowie die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen. In den letzten Monaten - nach einer neuen Welle betrieblicher und sozialer Kämpfe - wurden viele Gewerkschafter*innen und politische Aktivist*innen vom Regime auf kriminelle Weise verhaftet. Wir brauchen die internationale Solidarität der Arbeiter*innenklasse, um diese Repression zu bekämpfen. Bitte sendet Beschwerden an die iranische Botschaft in eurem Land oder organisiert Proteste dort und bittet alle aktiven Gewerkschafter*innen oder Personen mit Gewerkschaftspositionen, dies ebenfalls zu tun.

Nachstehend findet ihr ein Muster für einen Protestbrief an die Botschaft. Bitte sendet alle Informationen, Fotos und Berichte an moayeri96@gmail.com

Protest- und Solidaritätsaktion vor der iranischen Botschaft in Wien

Mittwoch, 4. Mai | 10:00

Jaurèsgasse 9 | 1030 Wien

 

Muster-Protestbrief

An die iranische Botschaft in ....

Gefangenen die medizinische Behandlung zu verweigern ist ein Verbrechen!

Freiheit für alle politischen Gefangenen im Iran!

Für die sofortige Freilassung von Behnam Moosivand!

In den letzten Tagen wurde uns mitgeteilt, dass sich Behnam Moosivand, ein politischer Gefangener und sozialistischer Aktivist im Iran, in einem äußerst schlechten Gesundheitszustand befindet. Moosivand befindet sich seit mehr als elf Tagen im Hungerstreik, um gegen das Verhalten der Gefängniswärter zu protestieren.

Sechs Tage nach Beginn des Streiks wurde bekannt, dass sich sein Gesundheitszustand dramatisch verschlechtert hat. Am 26. April wurde er aufgrund seines sich verschlechternden Zustands in das Krankenhaus von Taleghani verlegt.

Was Behnam Moosivand widerfährt, hat sich in iranischen Gefängnissen schon oft wiederholt und in einigen Fällen zu einer Tragödie geführt. Im April dieses Jahres veröffentlichte Amnesty International einen ausführlichen Bericht über Todesfälle aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung in iranischen Gefängnissen. Diesem Bericht zufolge hat der Mangel an medizinischer Versorgung von Januar bis April bereits zum Tod von 96 Gefangenen geführt.

Wir fordern die sofortige Freilassung von Moosivand sowie die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen. In den letzten Monaten - nach einer neuen Welle von betrieblichen und sozialen Kämpfen - wurden viele Gewerkschafter*innen und politische Aktivist*innen vom Regime auf kriminelle Weise verhaftet. Wir fordern ihre Freilassung und das Ende aller Repressionen, Folter und staatlicher Gewalt.

Unterzeichnet von ..................

 

Internationaler Tag der Arbeit - 1. Mai 2022

Arbeiter*innen aller Länder vereint euch gegen den zerfallenden Kapitalismus!
Internationale Redaktion der ISA

"Die Lasten des Krieges werden die besten Kräfte der Völker jahrzehntelang aufzehren, die Errungenschaften der sozialen Reformen gefährden und jeden Schritt nach vorn behindern. Kulturelle Verwüstung, wirtschaftlicher Niedergang, politische Reaktion - das sind die Früchte dieses furchtbaren Konflikts der Nationen. So offenbart der Krieg die nackte Gestalt des modernen Kapitalismus, der nicht nur mit den Interessen der werktätigen Massen, nicht nur mit den Erfordernissen der geschichtlichen Entwicklung, sondern auch mit den elementaren Bedingungen des menschlichen Miteinanders unvereinbar geworden ist."

Vor über 100 Jahren, 1915 auf der Grundlage eines Entwurfs von Leo Trotzki verfasst, war dies Teil des Manifests, das von den Delegierten der "Zimmerwalder Konferenz" verabschiedet wurde, einer kleinen Gruppe von internationalen Sozialist*innen, die sich gegen den Ersten Weltkrieg aussprachen. Diesem Treffen waren sowohl die "Internationale Sozialistische Frauenkonferenz" als auch die Konferenz der "Sozialistischen Jugend" vorausgegangen. Im Einklang mit den Prinzipien des revolutionären Sozialismus brachen sie mit den reformistischen Sozialdemokrat*innen, die die kapitalistischen Klassen ihrer eigenen Länder im Krieg unterstützten. Obwohl in Zimmerwald nur 38 Delegierte anwesend waren, wurden einige von ihnen später für ihre Rolle in Revolutionen berühmt, die eine Welt ohne Krieg anstrebten, indem sie dessen Ursache - den Kapitalismus - beseitigten. 

Das Manifest, das für eine andere Epoche gedacht war, ist für den Internationalen Tag der Arbeit 2022 nach wie vor von großer Bedeutung. Aber wenn damals der "moderne Kapitalismus" mit den elementaren Bedingungen des menschlichen Miteinanders unvereinbar geworden war, so hat er heute eine so katastrophale Situation geschaffen, dass er mit einer menschenwürdigen Existenz zunehmend unvereinbar geworden ist. 

Pandemie offenbart ein krankes System 

Dies ist keine Übertreibung: Die Welt hat gerade erst die schlimmste Pandemie seit der Grippeepidemie überstanden, die 1918 und 1919 die Welt heimsuchte. Das Zimmerwalder Manifest stellte sogar fest, dass statt der "bei Kriegsausbruch verkündete Verbesserung der Wohlfahrt - Not und Entbehrung, Arbeitslosigkeit und hohe Preise, Unterernährung und Epidemien die tatsächlichen Ergebnisse sind".

Trotz aller Fortschritte der modernen Wissenschaft und der Opfer, die das Gesundheitspersonal auf der ganzen Welt gebracht hat, hat Covid Millionen von Menschen das Leben gekostet, zusätzlich zu anderen globalen Epidemien wie Cholera, die kaum wahrgenommen werden, weil sie hauptsächlich die armen Länder betreffen. Sogar mehr als am verheerenden Covid, sterben jedes Jahr Menschen an armutsbedingten und völlig vermeidbaren Krankheiten. 

Während der Pandemie hat der Kapitalismus den Gipfel der zynischen Gier erreicht. Die Erforschung und Herstellung der Impfstoffe wurde mit staatlichen Mitteln finanziert, während private Unternehmen unglaubliche Gewinne mit dem Verkauf und Vertrieb der Impfstoffe erzielten. Anstatt die Patente vollständig und unverzüglich aufzuheben, haben die nationalen Regierungen einen Impfstoff-Nationalismus betrieben - die Menschen in den Industrieländern wurden größtenteils geimpft, während die ärmeren Teile der Welt ungeschützt blieben, was das ständige Auftauchen neuer, möglicherweise noch gefährlicherer Viren fast unausweichlich machte. 

Eine Welt des Krieges

Nun hat der Wettbewerb zwischen den imperialistischen Mächten, angetrieben durch den "Neuen Kalten Krieg", den größten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Mit der von vielen längst vergessenen Drohung eines umfassenderen Krieges einschließlich des Einsatzes von Atomwaffen. Sollte diese Drohung tatsächlich wahr gemacht werden, könnte dies zur Zerstörung der Welt wie wir sie kennen führen. 

Wie die ISA in ihrer jüngsten Erklärung zum Krieg in der Ukraine sagte: "Ein Hauptmerkmal ist eindeutig der zunehmende imperialistische Militarismus, begleitet von aufflammenden Nationalismus und einer raschen Aufspaltung der Welt in zwei imperialistisch geführte Lager in einem neuen, gar nicht so kalten Krieg." Die menschlichen Kosten sind bereits entsetzlich. In weniger als zwei Monaten ist die Zahl der militärischen und zivilen Todesopfer bereits fast halb so hoch wie die Zahl derer, die in den fünf Jahren des Krieges im ehemaligen Jugoslawien starben. Fünf Millionen Ukrainer*innen sind ins Ausland geflohen, und noch einmal so viele sind "Binnenflüchtlinge". Wie auch immer die Kämpfe ausgehen, die Region wird nie wieder so sein, wie sie vorher war. 

Während die Aufmerksamkeit auf die Ukraine gerichtet ist, erwähnen die globalen Medien kaum, dass im Jahr 2022 weitere 21 Länder von Bürgerkriegen, Drogenkriegen, terroristischen Aufständen oder ethnischer Gewalt heimgesucht werden. Während der US-Imperialismus und die NATO den Krieg in der Ukraine als einen Krieg zur Verteidigung der "Demokratie" gegen den russischen Autoritarismus darstellen, unterstützen sie und ihre Verbündeten viele diktatorische Regierungen anderswo, einschließlich derer, die Kriege im Jemen, Irak, Syrien, Libyen, Äthiopien und anderswo führen. 

Unterdessen geht der heldenhafte Widerstand des Volkes von Myanmar gegen das Militärregime weiter, das vom chinesischen und russischen Imperialismus unterstützt wird. Bereits im Jahr 2021 erreichten die weltweiten Ausgaben für Waffen mit 2,1 Billionen Dollar ihren bisherigen Höchststand - 62 % davon entfielen auf nur fünf Länder: die USA, China, Großbritannien, Russland und Indien. In diesem Jahr sind sie sogar noch weiter gestiegen.

Klimakrise verschärft sich 

Kaum ein halbes Jahr ist seit dem COP26-Klimagipfel in Schottland vergangen, bei dem die Weltmächte wieder einmal dramatisch versagt haben, eine echte Lösung für die drohende Klimakatastrophe zu finden. Jetzt hat der Krieg in der Ukraine selbst die leeren Versprechungen, die sie damals gemacht haben, auf dramatische Weise über den Haufen geworfen. 

Die Hauptstrategie der westlichen imperialistischen Mächte, um sich von den russischen Energielieferungen zu lösen, zielt nicht auf die rasche Entwicklung grüner Energie ab, sondern auf die Suche nach alternativen Kohlenwasserstoffquellen und eine verstärkte Abhängigkeit von Kernenergie. Letztere wird wahrscheinlich an Bedeutung gewinnen, da die Staaten als Reaktion auf Putins Drohungen ihre eigenen Atomwaffenarsenale aufbauen. Hinzu kommt die bereits durch den Krieg verursachte Umweltzerstörung, insbesondere die Gefahren, die durch die Kämpfe um die ukrainischen Kernkraftwerke einschließlich Tschernobyl entstanden sind. Die Waldbrände, die Russlands Wälder verwüsten, und das Schmelzen des Permafrosts haben infolge des Krieges dramatisch zugenommen, da Feuerwehrleute und Rettungsdienste in die Ukraine entsandt wurden, um dort zu kämpfen. 

Das beschleunigte Schmelzen der Arktis schafft einen weiteren Konfliktherd, denn die Kapitalist*innen stehen Schlange, um die Kohlenwasserstoffressourcen auszubeuten, die unter dem einstigen Eis begraben sind. Die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Schweden, Russland und China haben ihre Basen in der Region verstärkt, oft begleitet von einer Aufstockung der militärischen Streitkräfte.   

Wirtschaftskrise

Kurzfristig hat der Krieg auch die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. Wirtschaftsexperten waren der Meinung, dass die Wirtschaft die Krise 2020-21 überwinden würde. Doch schon vor der Ausbreitung von Omikron in China mit seinen "Zero-Covid"-Lockdowns, von denen 400 Millionen Menschen betroffen sind, und der sich entwickelnden Krise auf dem Immobilienmarkt waren sie besorgt über Inflation und Zahlungsausfälle. 

Jetzt kommen noch die durch den Ukraine-Krieg verursachten Energie- und Nahrungsmittelprobleme hinzu. Der Anstieg der Lebensmittelpreise war ein wichtiger Faktor, der zum "Arabischen Frühling" führte - bereits massive Preissprünge bei Weizen haben in Ländern wie Peru, Sri Lanka, Irak, Sudan und der Mongolei Hungerrevolten und Unruhen provoziert oder angeheizt.

Die internationalen Institutionen beeilen sich, ihre Wirtschaftsprognosen für das kommende Jahr nach unten zu korrigieren. Führende Volkswirtschaften wie Deutschland befinden sich Berichten zufolge bereits in einer Rezession oder stehen kurz davor. Für die russische Wirtschaft, je nach Maßstab die sechst- oder elftgrößte Volkswirtschaft der Welt, wird ein BIP-Rückgang vorhergesagt, der sogar noch größer ist als 1993, als das Land ins Chaos stürzte, als die sowjetische Planwirtschaft durch den "freien Markt" ersetzt wurde. Die brutale Zerstörung der ukrainischen Städte bedeutet, dass das BIP des Landes auf die Hälfte seines früheren Wertes einbrechen könnte. Natürlich sind es nicht die Reichen, die unter dieser Krise leiden - der Reichtum der Superreichen der Welt wächst weiter, während einfache Arbeiter*innen, Jugendliche, arme Landwirt*innen und Arbeitslose höhere Preise zahlen müssen und niedrigere Löhne erhalten als vor der Pandemie/dem Krieg.

Besonders hart trifft die derzeitige Situation Frauen. Aus der Ukraine gibt es schreckliche Berichte über Vergewaltigungen und anschließende Ermordungen von Frauen in Städten wie dem verwüsteten Butscha. Hunderte von Kindern sind bei den Kämpfen ums Leben gekommen. Menschenhändler nutzen die Flüchtlingsströme, die vor dem Krieg fliehen, aus, um die Nachfrage nach kriminellem Sexhandel und Sklaverei zu decken. All dies geschieht, bevor die weitreichenderen Auswirkungen des Krieges im eigenen Land spürbar werden, wenn Frauen die schwerste Last der Wirtschaftskrise, der in die Höhe schießenden Lebensmittelpreise und der weiteren Kürzungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und soziale Unterstützung zu tragen haben werden. In Somalia ist bereits ein deutlicher Anstieg der Zahl der Frauen und Kinder zu verzeichnen, die wegen Unterernährung in die Gesundheitszentren kommen, da der Krieg die Weizenlieferungen in das Land reduziert hat. 

Arbeiter*innen alles Länder vereinigt euch!

Das Zimmerwalder Manifest endete mit dem Aufruf "Arbeiter aller Länder vereinigt euch", in dem sie aufgefordert wurden, für die Emanzipation der unterdrückten Nationen und versklavten Klassen durch unversöhnlichen proletarischen Klassenkampf und für den Sozialismus einzutreten. Dies war ein klarer Aufruf an die Arbeiter*innen in aller Welt, die Politik der meisten sozialdemokratischen Führer*innen abzulehnen, die ihre eigenen kapitalistischen Klassen im Krieg unterstützten. Es blieb den russischen bolschewistischen Revolutionär*innen überlassen, den Sturz des russischen Kapitalismus anzuführen, so dass sich das Land aus dem Krieg zurückzog, während die deutschen und österreichischen Sozialdemokrat*innen die Revolutionen zum Sturz des Kaisers verrieten. Wenn diese zu ihrem logischen Ende geführt worden wären, indem sie den Kapitalismus stürzten, hätte das das Schicksal der Menschheit im 20. Jahrhundert grundlegend verändert.

Als Ergebnis des Kampfes der Arbeiter*innenklasse im vergangenen Jahrhundert wurde viel erreicht, vom Sturz von Diktaturen über die Befreiung von Ländern aus imperialistischer Herrschaft bis hin zu bedeutenden Fortschritten bei der Bereitstellung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung und Bildung. Der jahrzehntelange entschlossene Kampf für die Rechte von Frauen und der LGBT-Community hat zu einigen bedeutenden Erfolgen geführt. Aber da der Kapitalismus wieder einmal mit mehreren existenziellen Krisen konfrontiert ist, sind all diese Errungenschaften unter Beschuss geraten. Die sozialdemokratischen Parteien, die einst eine Massenbasis in der Arbeiter*innenklasse hatten, sind nun vollständig in das kapitalistische System integriert - einige der schärfsten Kriegstreiber*innen kommen heute aus der Führung der Sozialdemokratie und der Grünen. Die Führung der meisten neuen linken Formationen sind ebenfalls dem Appell ihrer eigenen kapitalistischen Klassen erlegen, die eine oder andere "Seite" im Krieg zwischen den imperialistischen Mächten zu unterstützen. 

Es ist jedoch klar, dass sich innerhalb der globalen Arbeiter*innenklasse tiefgreifende Veränderungen anbahnen. Diese Periode des Krieges ist nicht einfach eine Wiederholung der Periode zu Beginn des Ersten Weltkrieges, die dazu diente, die Kämpfe von Arbeiter*innen zu unterdrücken. Trotz des Krieges beginnen in vielen Ländern neue Schichten, aktiv zu werden und sich zu organisieren. Eine neue junge Generation wächst heran, die keine Perspektive für eine menschenwürdige Zukunft hat, und die zunehmend Erfahrungen mit international vernetzten Massenkämpfen wie der feministischen, der LGBT-, der #BLM- und der Klimabewegung macht. 

Vor allem die Beschäftigten in der Logistik, im Gesundheits- und Bildungswesen, im Einzelhandel, im Transportwesen und in anderen "systemrelevanten Bereichen" haben neues Selbstvertrauen gewonnen. Überall auf der Welt beobachten wir eine Zunahme von Arbeitskämpfen, von Streiks, Arbeitsniederlegungen, aber auch von Arbeitsverweigerung aufgrund der unerträglichen Bedingungen, die auch "Great Resignation" genannt wird. 

Die Arbeiter*innenklasse betritt trotz ihrer Organisations- und Führungskrisen erneut die Bühne der Geschichte. Sozialist*innen sollten und werden in diesem Prozess die aktivste Rolle spielen, indem sie Solidaritätsaktionen organisieren, Vorschläge machen und bei der Entwicklung von Forderungen und Taktiken helfen, insbesondere um sicherzustellen, dass die Arbeiter*innenklasse zur Verteidigung ihrer eigenen Interessen handelt. Dafür braucht es eine kämpferische und demokratisch rechenschaftspflichtige Führung, die vom kapitalistischen Establishment unabhängig ist. Wir tun dies, um dazu beizutragen, dass Kämpfe in Siege verwandelt werden.  

Am wichtigsten ist jedoch, dass wir die Lehren aus der Vergangenheit ziehen müssen. Der Zimmerwalder Aufruf, für den Sozialismus zu kämpfen, war keine leere Phrase, um den Krieg zu beenden. Solange der Kapitalismus fortbesteht, wird es neue Krisen, neue Kriege geben. Wir müssen für eine neue, demokratische sozialistische Gesellschaft kämpfen, in der die Ressourcen der Welt in gesellschaftlichem Besitz sind und unter demokratischer Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung geplant werden, in der alle demokratischen Rechte - Redefreiheit, Versammlungsfreiheit, Wahlfreiheit - gewährleistet sind, in der Nationen und ethnische Gruppen das Recht auf Selbstbestimmung als Teil einer globalen demokratischen sozialistischen Föderation haben.

Um dies zu erreichen ist es notwendig, eine revolutionäre sozialistische Alternative aufzubauen, und wir nutzen den diesjährigen Internationalen Tag der Arbeit, um uns nicht nur erneut für diesen Kampf zu verpflichten, sondern um alle Arbeiter*innen, Frauen, Jugendlichen und diejenigen, die uns zustimmen, aufzurufen, sich uns beim Aufbau der Internationalen Sozialistischen Alternative anzuschließen. 

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