Internationales

England: SchülerInnen gegen Trump!

Massenproteste und Schulstreiks zeigen die Bereitschaft von Jugendlichen zum Widerstand!
Christoph Glanninger

Über 250.000 Menschen demonstrierten am 13. Juli in ganz Britannien gegen den Besuch des US-Präsidenten. Mit dabei auch unsere Schwesterorganisation, die Socialist Party. Ihre Jugendplattform, Socialist Students, hat AktivistInnengruppen an Schulen und Colleges im ganzen Land. Als Teil der Proteste gegen Trump organisierten sie SchülerInnen- und Studierendenstreiks. Trotz Einschüchterung durch LehrerInnnen, DirektorInnen und die Polizei beteiligten sich Jugendliche in zahlreichen Städten. In London organisierten streikende SchülerInnen einen eigenen Demonstrationszug und eine Kundgebung, bei der sie über ihre Gründe zu streiken berichteten.

Für viele richteten sich die Proteste nicht nur gegen Trump, sondern auch gegen die eigene konservative Regierung. Theo Sharieff, bundesweiter Koordinator von Socialist Students meint: „Diese Schulstreiks zeigen, dass junge Menschen politisch engagiert sind und wir dazu bereit sind, für unsere Zukunft zu kämpfen. Trump ist ein Beispiel für die Ungerechtigkeit des kapitalistischen Systems, das die ArbeiterInnenklasse und junge Menschen bestraft, um großen Konzernen und den Superreichen große Profite zu garantieren. Wir können den Widerstand gegen ihn in den USA unterstützen, indem wir unsere eigenen Trumps in der britischen Regierung zu Fall bringen.“

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Mobilisieren gegen EU-Gipfel!

Gemeinsam gegen Kürzungspolitik, Abschottung & Repression: Gegen den Gipfel der Eliten in Salzburg!
Lukas Kastner

Am 20. September versammeln sich die Staats- & Regierungschefs der EU auf Einladung von Schwarz-Blau in Salzburg zu einem inoffiziellen Gipfel. Die Mobilisierung gegen diesen Gipfel läuft bereits, auch die SLP beteiligt sich daran. An zahlreichen Aktionstagen jede Woche standen AktivistInnen mit Flyern auf der Straße, um Menschen zu den Protesten gegen den Gipfel anzusprechen. Die Reaktionen waren dabei fast alle positiv. Viele drückten ihre Wut über die Angriffe von Schwarz-Blau und die anderen Regierungen Europas aus. Klar war, dass die EU eine der Banken und Konzerne ist, gegen die wir uns gemeinsam und solidarisch wehren müssen. „Es ist wirklich wichtig, dass wir etwas gegen die da oben tun", so eine Passantin, die damit die allgemeine Stimmung einfängt.

In einem Aktionskomitee werden die Aktionstage geplant, genauso wie Diskussionsveranstaltungen zu verschiedenen Themen rund um Europa, Gipfelproteste und Co. Klar ist, dass wir mit einzelnen Demonstrationen nicht die Politik von Schwarz-Blau und ihren europäischen FreundInnen verhindern können. Aber gemeinsam können wir uns über die Demo vernetzen und gemeinsam Proteste & Streiks organisieren, die über den Gipfel hinaus die Politik der Herrschenden angreifen. Gemeinsam können wir die Stimmung gegen die Eliten aufgreifen und Massenproteste organisieren. Sei auch du dabei!

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Großbritannien: Kampf um Sozialismus inmitten des kapitalistischen Chaos

No-Deal Brexit, Risse im Establishment, Gefahr eines erneuten Abschwungs.....
Peter Taaffe, CWI in England & Wales

Am 22. September tagte der Bundesvorstand der Socialist Party (CWI in England & Wales), um die politische Situation in Großbritannien zu diskutieren, einschließlich der Herausforderungen, mit denen die ArbeiterInnenbewegung in dieser turbulenten Zeit der kapitalistischen Krise konfrontiert ist. Hier sind Auszüge aus dem Referat von Peter Taaffe, Generalsekretär der Socialist Party, zur Eröffnung der Sitzung:

Das Ende des Sommers ist oft ein wichtiger Zeitpunkt für die Socialist Party, um eine Bilanz zu ziehen und sich auf die kommende Zeit vorzubereiten. Aber eine nüchterne Analyse, sowohl der vergangenen als auch der kommenden Periode, ist angesichts der dramatischen Ereignisse der letzten Tage praktisch unmöglich. Diese Ereignisse haben den Ablauf der Dinge verändert - für dieser Rede wie auch für die kapitalistische Klasse selbst.

Es gab keine Sommerpause für die KapitalistInnen. Sie sind mit einer internationalen Krise, insbesondere der wirtschaftlichen Situation, und mit der krankhaften Angst vor einem weiteren Finanzcrash zehn Jahre nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers beschäftigt. Ein Mythos, der in den kapitalistischen Medien über das, was vor einem Jahrzehnt geschah, verbreitet wird, ist, dass "niemand den Crash vorausgesehen" hat. Das ist nicht wahr; in Artikeln, die im Vorfeld von 2007 geschrieben wurden, haben wir auf die explosive Krise hingewiesen, die sich abzeichnete.

Heute ist das dominierende Thema in der britischen Politik der Brexit. Es gibt jedoch enorme Verwirrung  und keinen klaren Weg zu einer Lösung für die kapitalistische Klasse. Das hat Tim Halford in der Financial Times zusammengefasst: "Ich hatte kürzlich ein paar Gespräche mit intelligenten Teenagern. Man wollte über Philosophie diskutieren - Gödel, Turing, Wittgenstein - kein Problem. Der andere bat mich, den Brexit zu erklären. Keine Chance". Er kam zu dem Ergebnis, dass die endlose Geschichte des Brexit "wahnsinniger als eine Schachtel halluzinierender Frösche" ist.

In beiden großen Parteien herrscht eine tiefgreifende politische Krise. Die Tories sind gepalten und zerrissen. Es ist möglich, dass dies in der nächsten Periode in einem Bruch enden könnte, wahrscheinlich um die Personen von Johnson und May herum. Diese Spaltung verläuft nicht nur entlang der Frage der EU. Sie zieht sich tief durch die gesamte Ausrichtung der Partei. Es geht darum, wo man sich politisch in einer sich schnell verändernden Situation positionieren kann, besonders angesichts der Verunsicherung in der Mittelschicht - der traditionellen Unterstützerbasis der Tories. Der Bürgerkrieg innerhalb der Labour-Partei bleibt nach wie vor ungebrochen. Wenn überhaupt, hat er sich vertieft.

Wirtschaftslage

Das Verständnis der wirtschaftlichen Konjunktur in Britannien und der Welt ist der Schlüssel zu den Perspektiven. Es gab eine "Erholung" bei den Arbeitsplätze - die "besten 40 Jahre" laut den Rohdaten. In den USA ist die Arbeitslosigkeit offiziell auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Das ist aber nur eine Seite. Die andere, und wichtigere, "Realität" ist die kolossale Verschlechterung der Lebensbedingungen der ArbeiterInnenklasse - in jeder Hinsicht - auch bei den Arbeitsplätzen und insbesondere bei den Löhnen und Arbeitsbedingungen. Man braucht nur den Streik der Beschäftigten von Uber Eats zu sehen, wo viele der am stärksten unterdrücktesten ArbeiterInnen gegen die brutalen Bedingungen der Großindustrie kämpfen.

Die Financial Times hat die Bedingungen in der ArbeiterInnenklasse mit der Situation des 18. Jahrhunderts verglichen, in der die Mehrheit der ArbeiterInnen nach "Akkordsätzen" bezahlt worden ist. Nur 13,5 % der Beschäftigten im privaten Sektor sind in einer Gewerkschaft organisiert. Kapitalistische BeobachterInnen flehen die Großunternehmen fast schon an, die Löhne zu erhöhen. Einige befürworten sogar die Gründung von Gewerkschaften, nur zahme natürlich! Dies zeigt das Dilemma der herrschenden Klasse. Sie brauchen eine Erhöhung der Löhne, um Nachfrage zu erzeugen.

Diese Krise ist nicht überwunden. Tatsächlich zeigen neue Zahlen den kolossalen Anstieg der Verschuldung. Die weltweite Staatsverschuldung beträgt nun 60 Billionen Dollar. Im Vereinigten Königreich beläuft sich die Staatsverschuldung auf mehr als 2 Billionen Pfund. Der Anstieg der Staatsverschuldung ist darauf zurückzuführen, dass es kein oder nur unzureichendes Wachstum gibt. Während es eine gewisse Rekapitalisierung der Banken gab, wurde das Problem gleichzeitig von den Banken auf andere Sektoren wie "Hedgefonds" übertragen.

Es gab auch eine Verlagerung von Investitionen in die sogenannten "aufstrebenden" Märkte, die nun nicht nur nicht mehr aufstreben, sondern eher untergehen. Man schaue sich Lateinamerika, Asien und Afrika an. In Argentinien gibt es nun einen Zinssatz von 60%. Brasilien hat die größte Rezession seiner Geschichte erlebt. Dies hat die sozialen Spannungen dort enorm verschärft. Das passiert ganz unabhängig von den Auswirkungen des beginnenden Handelskrieges, der von Trump ausgelöst wurde, wo 200 Milliarden Dollar an Zöllen gegen China zu Vergeltungsmaßnahmen geführt haben. Das stellt eine Zunahme der inter imperialistischen Rivalitäten dar.

Das ist der Hintergrund für die Ereignisse in Britannien. Während die ArbeiterInnen noch nicht in massenhafter Opposition gegen das System handeln, gibt rumort es gewaltig. Die jüngste Arbeitsniederlegung von GefängnisbeamtInnen unter Missachtung der gewerkschaftsfeindlichen Gesetze der Tories war ein Beispiel dafür. Es gibt noch keine mächtige ArbeiterInnenbewegung oder einen Aufstand. Aber das keimt langsam unter der Oberfläche. Wie immer zeigt sich diese Zukunft in den sich abzeichnenden klaffenden Spaltungen in der herrschenden Klasse und ihren Parteien.

Am offensichtlichsten ist die Krise um den Brexit. Ein "Fehltritt" und ein chaotischer Brexit könnte die Krise enorm verschärfen und zu Massenkonfrontationen und Zusammenstößen in Großbritannien und anderswo führen. Die Schärfe der Auseinandersetzungen in Salzburg war ein Zeichen für die bitteren Rivalitäten. Der Verhandlungsführer der EU, Michel Barnier, versuchte zunächst, May Honig ums Maul zu schmieren. Aber in Salzburg sahen wir eine bittere Unnachgiebigkeit gegenüber den Forderungen des britischen Kapitalismus. Dies spiegelt die Angst vor dem zentrifugalen Zerfall der EU wider, der erhebliche Auswirkungen auf andere europäische Länder, insbesondere auf die südlichen Staaten, hat: Italien, Spanien und so weiter. Die überwältigende Mehrheit der britischen kapitalistischen StrategInnen in Industrie und Handel befürwortet jedoch den "Remain". Sie wünschen sich zumindest weiterhin eine enge Beziehung zu Europa und dem Binnenmarkt. Die jüngsten Aussagen des Gouverneurs der Bank of England, Mark Carney, über die Hauspreise erinnern an "Project Fear" (gemeint ist die Kampagne des britischen Kapitals vor der Brexitabstimmung in der versucht wurde, durch Angst ein Ja zu erreichen, Anm.).

No-Deal Szenario

Aber im Allgemeinen ist es nicht der Fall, dass diese Ängste übertrieben sind. Die nüchterne Aussage von Jaguar Land Rover, die massive Arbeitsplatzverluste in einem No-Deal-Szenario voraussagt, deutet darauf hin. Es gibt echte Ängste vor einem kompletten Stau an den Häfen. Selbst eine zweiminütige Verspätung beim Transport von Waren nach oder aus dem Vereinigten Königreich ist schlimm genug. Eine fünfminütige Verspätung verursacht eine Katastrophe - und die daraus resultierenden Verkehrslinien erstrecken sich über Meilen. Es besteht das Potenzial für Verluste von Milliarden von Pfund für die Bosse. Die kapitalistische Klasse ist sich nicht sicher, wie sie die Brexit-Verhandlungen angehen soll. Sie tastet sich voran. Die Labour-Partei kämpft ebenfalls damit, eine Art "Lösung" vorzuschlagen.

Der berühmte "Empirismus" der britischen herrschenden Klasse ist zu sehen. Sie werden versuchen, sich durchzubeißen. Es gibt immer mehr Unterstützung für einen so genannten "blindfold Brexit" (Anm.: blinder Brexit), um den Status quo für eine Zeit nach dem Austritt aus der EU aufrechtzuerhalten, während noch Verhandlungen für die Zukunft anstehen. Es gibt auch die Befürchtung, dass sich das Karfreitagsabkommen auflöst und eine weitere sektiererische Polarisierung in Nordirland stattfindet.

Folglich gibt es einen lauten Ruf nach einem neuen Referendum - insbesondere von den BlairistInnen (Anhänger des ehemaligen Labour Chefs Tony Blair, eines neoliberalen Vordenkers der Sozialdemokratie), den LiberaldemokratInnen und dem Londoner Bürgermeister Sadiq Khan. Ein zweites Referendum kann zwar nicht vollständig ausgeschlossen werden, ist aber unwahrscheinlich. In Wirklichkeit ist es wahrscheinlich, dass ein solches Referendum dazu beitragen würde, die Anti-EU Stimmung zu verstärken. Sie würde zu Recht als Angriff auf die demokratischen Rechte mit den potenziellen Gefahren von Straßendemos, Gewalt und Konfrontation angesehen werden.

Deshalb ist es wichtig, dass wir unseren Standpunkt, einen sozialistischen und ausgehend von den Bedürfnissen und Wünschen der ArbeiterInnenklasse, hervorheben. Wenn es eine Führung in der ArbeiterInnenbewegung gibt dann ist die Klasse instinktiv internationalistisch. Eine echte "Abstimmung des Volkes" wäre eine Parlamentswahl.

Wir fordern einen "ArbeiterInnen-Brexit", aber gleichzeitig erkennen wir die lebenswichtige Bedeutung eines internationalistischen Ansatzes an, der durch die gewaltige Integration der Produktivkräfte über die Grenzen hinweg enorm verstärkt wurde, die nicht ohne großen wirtschaftlichen Schaden aufzuheben ist. Deshalb betonen wir die Einheit der ArbeiterInnenklasse und die Notwendigkeit einer demokratischen sozialistischen Konföderation Europas.

Klassenunterschiede

Die Klassenspaltung hat sich seit dem ersten Referendum im Jahr 2016 enorm vertieft. Jeder Aspekt der wirtschaftlichen und sozialen Situation deutet auf eine massive Ausweitung des Grabens zwischen den Klassen in Britannien hin. Sogar die Tories sind betroffen. Sie sind gezwungen, zu akzeptieren, dass sich Ton und Inhalt geändert haben. In ihren Reihen gibt es nun eine offene Diskussion über die "Krise des Kapitalismus". Natürlich wollen sie nur versuchen, dieses Problem zu "lösen", indem sie an den Rändern feilen - kosmetische Reformen durchführen. Wir verstehen, dass ein Systemwechsel notwendig ist. Die Intervention von Justin Welby, dem Erzbischof von Canterbury, ist besonders bedeutsam, wenn man die historische Position der Church of England betrachtet - in der Vergangenheit als die "Tory-Party im Gebet" bezeichnet.

Welby verurteilte Amazon's Chief Bezos - und damit den Kapitalismus - für "Gier", weil er keine Steuern bezahlt hatte. Der Hirte spiegelt zumindest teilweise die Ansichten seiner Herde wider, und wird bis zu einem gewissen Grad von ihr geleitet! In der hoch angespannten Situation in Britannien ist die herrschende Klasse, einschließlich ihrer Kirchen, gezwungen, sich zu verändern und sich an die vorherrschenden sozialen und wirtschaftlichen Winde anzupassen. Allerdings gibt es derzeit eine gewisse Frustration in der ArbeiterInnenbewegung, dass "nichts zu geschehen" scheint, insbesondere im industriellen Bereich. Alle warten auf eine Explosion und sie kommt!

Der dramatische Rückgang des Lebensstandards vor zehn Jahren und mehr Austerität verschärft die Wut weiter. Die Lebenserwartung, insbesondere von Frauen, nimmt ab. Dies zeigt nicht nur die Unzulänglichkeiten des Kapitalismus als Ganzes, sondern auch die Folgen der beschämenden Bilanz der BlairitInnen. Der Erz-Blairite Peter Mandelson behauptet, dass "mitte-links" aus Labour gedrängt wird. In Wirklichkeit fühlen sie die Folgen ihrer kapitalistischen Politik und der Verschlechterung des Lebensstandards. Sowohl die Mittelschicht als auch die ArbeiterInnenklasse sind von der Krise stark betroffen. Die Mehrheit fürchtet sich nun um sich selbst und vor allem um ihre Kinder in Bezug auf Arbeit, Haushalt und Bildung. Viele suchen nach einer Alternative.

Schockierenderweise wurden wir in den letzten Tagen von einer Reihe von Berichten über hungernde ArbeiterInnen und Kinder überrascht. 14 Millionen Menschen in Großbritannien leben derzeit in Armut. Die BlairitInnen bereiteten den Boden für die Tory-Angriffe mit den Kürzungen bei Sozialhilfeleistungen - einschließlich des Entzugs von Leistungen - vor. Der Kampf gegen Kürzungen die auch von regionalen Regierungen durchgeführt werden, hat sich eher noch verstärkt. Die jüngsten Ereignisse in Somerset und Northampton unterstreichen das.

Die von Tories geführten Kommunen haben längst aufgegeben. Angesichts der Kürzungen der staatlichen Mittel sagen sie: "Wir ergeben uns!" Sie teilen diesen Ansatz mit der Mehrheit der von rechten Labour PolitikerInnen geführten Kommungen. Diese Gebiete - angeblich verschlafene ländliche Landkreise - gehören in der Tat zu den Führenden beim miesen Lebensstandard! Die rechten Labour VertreterInnen sind verzweifelt darauf bedacht, EinwohnerInnen anzuziehen, die hohe Kommunalsteuern zahlen. Das erklärt, warum sie sich mit SpekulantInnen ins Bett gelegt haben, um Gentrifizierung und sozialen Säuberung durchzusetzen. Dies hat in London zu massiven Protesten und Unmut geführt, wie zum Beispiel in Haringey, Waltham Forest und anderswo.

Deshalb fordern wir, dass die Gemeinderäte aufhören, die Drecksarbeit der Tory-Regierung zu verrichten, indem sie Kürzungen weitergeben. Wir werden weiterhin SozialistInnen und GewerkschafterInnen unterstützen, die bei Kommunalwahlen kandidieren, um diejenigen herauszufordern, die brutale Sparpolitik betreiben. Wir werden auch weiterhin für die Umgruppierung echter sozialistischer Kräfte unter einer von Corbyn geführten Labour Party auf der Grundlage der Neugründung der Partei mit einer demokratischen, föderalen Struktur einstehen. Aus diesem Grund haben wir mit Jennie Formby, der Generalsekretärin der Labour Party, über diese Frage korrespondiert (siehe "Der Kampf um die Transformation der Labour-Partei" unter socialistparty.org.uk).

Bürgerkrieg in der Labour Party

Das Ergebnis des Bürgerkriegs in der Labour-Partei steht weiterhin auf Messers Schneide. Es bleiben "zwei Parteien in einer". Natürlich gibt es in Wirklichkeit zwei Bürgerkriege in der Labour Party und den Tories, mit dem Potenzial für Spaltungen innerhalb beider. Kapitalistische StrategInnen haben über ihre Kolumnen in den Zeitungen den Ton gegenüber Corbyn und insbesondere einer von ihm geführten Regierung verschärft. The Daily Telegraph schrieb, dass die "größte Krise" des Kapitalismus nicht aus der wirtschaftlichen Situation resultiert, sondern aus der Aussicht auf eine von Corbyn geführte Regierung!

Dies bleibt obwohl Corbyn und insbesondere McDonnell alles daran legen, die Befürchtungen der Großkonzerne und der kapitalistischen Klasse zu beschwichtigen. Leider ist ihr Programm kaum mehr als die Umsetzung des kürzlich von Welby und Co. vorgelegten Berichts, in dem milde Reformen, die Entwicklung von Genossenschaften und so weiter gefordert werden. Es gibt auch andere Vorschläge, um die eher parasitären Elemente des Kapitalismus zu reduzieren. Aber der Druck der kapitalistischen Klasse auf eine Corbyn-Regierung wird viel weiter gehen. Dies zeigt sich in der unerbittlichen Verleumdungskampagne, der Corbyn im Laufe des Sommers ausgesetzt war, insbesondere beim Thema Antisemitismus.

Wir haben auch gesehen, wie das Thema "Sicherheit" von der Rechten aufgegriffen wurde. Dies geschieht insbesondere im Zusammenhang mit den Angriffen mit den Nervengift Novichok in Salisbury. Die Wahrheit ist, dass es sich hierbei wahrscheinlich um die Vorbereitung auf einen schmutzigen Wahlkampf handelt, der Corbyn als schwach in Sachen "Verteidigung" darstellen wird. Aber die Heuchelei dieser Verleumdungen zeigt sich an der unterschiedlichen Herangehensweise gegenüber jenen EU-Abgeordneten der Tory, die Orbán in Ungarn unterstützen! Diese Heuchelei wird auch durch die Unterstützung hervorgehoben, die Blair den "Enthauptern" aus Saudi-Arabien gewährt hat. Johnsons ekelhafte Kommentare über muslimische Frauen sind ein weiteres eindrucksvolles Beispiel.

Die Kampagne der KapitalistInnen und der Labour-Rechten zur Frage des Antisemitismus hat aber nicht funktioniert. Die Unterstützung für eine sozialistische Alternative ist gewachsen. Das zeigt sich nicht nur hier in Europa, sondern auch in den USA, wo inzwischen jeder dritte Jugendliche "Sozialismus" unterstützt. Am Ende wird diese Verleumdung wenig Wirkung haben. Die übergeordneten Klassenfragen werden in den Vordergrund rücken. Es ist immer noch wahrscheinlich, dass das Ergebnis einer Parlamentswahl in naher Zukunft ein Sieg von Corbyn sein würde, der den Weg für eine von Corbyn geführte Regierung ebnet.

Ein potenzieller Stolperstein in der nächsten Periode ist die Möglichkeit von Spaltungen der Labour Party durch die Rechten. Während es wahrscheinlicher erscheint, dass die BlairitInnen vorerst durchhalten werden und ihre Sabotagekampagne fortsetzen, ist es eine Bedrohung, die nicht verschwunden ist. Blairite Alan Johnson bezeichnete eine Spaltung kürzlich als "unvermeidlich". Aber Blair nahm sich eine Auszeit vom Treffen mit Oligarchen und dem italienischen Rechtsextremen Salvini, um vor den möglichen Folgen einer Wiederholung des Scheiterns von Labour im Falle der Spaltung zu warnen.

Daher ist die Option einer neuen "Zentrumspartei" in der näheren Zukunft nicht die wahrscheinlichste, obwohl sie auf der Tagesordnung bleibt. Der Vorreiter der BlairitInnen Chuka Umunna - der die abscheuliche Aussage machte, dass er die Labour-Partei für "institutionell rassistisch" hält, ein Begriff, der ursprünglich von antirassistischen AktivistInnen verwendet wurde, um die brutalen Methoden des kapitalistischen Staates zu beschreiben - hofft aber weiter darauf. Das größte Hindernis für die Labour Rechte ist nach wie vor das Fehlen einer festen sozialen Basis für eine Zentrumspartei.

Die zwei Seiten der Medaille

Andrew Rawnsley, ein Kommentator von The Observer, argumentierte kürzlich, dass "rechte" PopulistInnen und nicht die Linke von der die Krisenzeit nach 2007/08 profitiert haben. Dies ist aber nur eine Seite der Medaille. Seine Definition der "Linken" umfasst die rechte Sozialdemokratie, die so organisch mit dem Kapitalismus verbunden ist, dass sie in der gegenwärtigen Zeit nicht mehr in der Lage ist, Zuspruch gewinnen zu können. Wo das Vermächtnis sozialdemokratischer Misserfolge weniger groß ist, wie in den USA, ist die wachsende Unterstützung des Sozialismus besonders deutlich geworden. Für eine nachhaltige Wiederbelebung der rechten Sozialdemokratie gibt es jetzt keinen Raum mehr. Dies zeigt sich an den Entwicklungen in Griechenland, die zum faktischen Zusammenbruch von Syriza nach seiner Kapitulation vor den Forderungen der Troika - der EU, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank - führten. Wir werden weiterhin eine Schlüsselrolle bei den kommenden Entwicklungen spielen. Unsere Hauptaufgabe ist die Verankerung bei ArbeiterInnen, insbesondere bei jungen ArbeiterInnen. Auf diese Weise bereiten wir unsere und die Zukunft der ArbeiterInnenklasse vor und bauen eine Kraft auf, die in der Lage ist, den Kampf für die Überwindung des Kapitalismus und hin zur Errichtung des Sozialismus zu führen.

USA: Gegen den reichsten Mann der Welt

Interview mit Emily McArthur (Mitglied von Socialist Alternative in Seattle und aktiv im Bündnis „Housing for All“) über den Kampf um eine Besteuerung von Amazon in Seattle und aktuelle Entwicklungen auf der US-Linken.

Im Mai diesen Jahres kam es in Seattle zum Showdown zwischen Amazon und dem lokalen Stadtrat. Große Konzerne sollten durch eine Steuer den Neubau bezahlbarer Wohnungen finanzieren. Die bereits beschlossene Steuer wurde aber nur ein Monat mit den Stimmen der Demokraten wieder zurückgenommen. Emely McArthur spricht über den Kampf gegen den reichsten Mann der Welt und neue sozialistische Organisationen und ihr Verhältnis zur Demokratischen Partei. Erst vergangenen Juni ersetzte Alexandria Ocasio-Cortez, ein Mitglied der Demokratischen Sozialisten Amerikas (DSA), in den Vorwahlen für den Kongress in der New Yorker Bronx den etablierten Demokraten-Amtsinhaber.

Der Kampf um eine Besteuerung von Amazon hat es bis in deutsche Medien geschafft. Wie kam es zur Kampagne?

Wohnen in Seattle ist zu einem kontroversen Thema geworden. Bei rasant steigenden Mieten und der Zahl der Obdachlosen, die jedes Jahr neue Rekorde bricht, fangen die Menschen an, sich zu wehren. Letztes Jahr während des Kampfes für einen bedarfsgerechten Haushalt, baute unsere Organisation, Socialist Alternative, eine Bewegung neben den Demokratischen Sozialisten von Amerika, Mieterorganisationen, Gewerkschaftsmitgliedern und selbstorganisierten Obdachlosen auf, die die Finanzierung von Sozialwohnungen forderten. Die Bewegung forderte, dass die Finanzierung durch eine Steuer auf das Großkapital anstelle von ArbeitnehmerInnen erfolgen sollte, und Amazon, das seinen Sitz in Seattle hat und sich im Besitz des reichsten Mannes der Welt befindet, war ein offensichtliches Ziel.

Mit Kshama Sawant sitzt ein Mitglied von Socialist Alternative im Stadtrat. Wie hat euch das geholfen?

Eine gewählte Abgeordnete zu haben, die nicht von dem abhängig war, was für die Wirtschaft akzeptabel war, war absolut entscheidend. Kshama war die einzige Stimme, die für 150 Millionen Dollar kämpfte – ein Betrag, der auf dem basierte, was zur Lösung der Krise nötig war. Als Amazon drohte, 7.000 Arbeitsplätze wegzunehmen, organisierten die anderen Ratsmitglieder Treffen mit Führungskräften von Amazon. Kshama Sawant forderte hingegen einen Marsch auf Amazon. Sie brachte den Kampf vor ihre Haustür zusammen mit angestellten TechnikerInnen, BauarbeiterInnen, SozialistInnen und AktivistInnen, die NEIN zu Besos‘ Mobbing sagten.

Wie kam es dazu, dass das bereits beschlossene Gesetz wieder zurückgenommen wurde?

Big Business hat einen Generalangriff gestartet. In nur drei Tagen wurden 350.000 Dollar gesammelt, um eine Kampagne zur Aufhebung der Steuer zu finanzieren. Die Hauptzeitung in Seattle, die die Steuer hätte zahlen müssen, veröffentlichte täglich Angriffe darauf, wie diese kleine Steuer die lokale Wirtschaft zerstören würde. Als Reaktion auf diese Angriffe begann Socialist Alternative, eine große öffentliche Hausbesuch-Kampagne zu organisieren, um die Arbeiterklasse in den Kampf zu ziehen. Unter dem Druck des Großkapitals haben die linken DemokratInnen, die erst einen Monat zuvor die Steuer verabschiedet hatten, tatsächlich das Gesetz gebrochen, indem sie Hinterzimmer-Sitzungen ohne Ratsmitglied Sawant abhielten. Schließlich leiteten sie eine Aufhebung ein. Alle diese DemokratInnen versuchen die unmögliche Aufgabe, den ArbeiterInnen und dem Großkapital zu dienen, und waren unvorbereitet, einen Kampf gegen die tiefen Taschen dieses Großkapitals aufzubauen.

In Seattle verraten die Demokraten im Stadtrat die Bewegung auf der Straße. In anderen Städten der USA gibt es hingegen Erfolge für linke DemokratInnen und selbsternannte SozialistInnen. Zuletzt erregte in der New Yorker Bronx ein Mitglied der DSA landesweit Aufsehen. Sie setzte sich in den Bezirksvorwahlen auf der Liste der Demokraten gegen ein führenden Establishment-Politiker durch. Wie schätzt du diese widersprüchlichen Entwicklungen ein?

In den USA wurde der Sozialismus historisch dämonisiert, so dass PolitikerInnen, die sich neben einer Kampfstrategie und einem Programm für arbeitende Menschen offen als SozialistInnen identifizieren, eine große Entwicklung darstellen. Nach der Kampagne von Bernie Sanders und der Wahl von Trump gab es eine Suche nach Ideen. Gruppen wie unsere und auch die Demokratischen Sozialisten Amerikas sind schnell gewachsen. Socialist Alternative sieht Kampagnen von selbsternannten Sozialisten, die versuchen, etablierte Politiker aus dem Amt zu jagen, als eine wichtige Entwicklung an. Wir warnen vor den Gefahren deiner Kandidatur innerhalb der Demokratischen Partei: Die Parteimaschine hat eine gut dokumentierte Geschichte der Erstickens von Bewegungen und wird das Wachstum des linken Flügels ihrer Partei nicht akzeptieren, weil sie durch eine Million Fäden an die herrschende Klasse gebunden ist. Wir appellieren an bekannte Persönlichkeiten wie Bernie Sanders und Alexandria Occasio-Cortez, mit ihrem Profil zum Aufbau einer neuen politischen Partei beizutragen, die kein Konzerngeld annimmt und sich auf den Aufbau von Massenbewegungen stützt. Um auf dieser Entwicklung aufzubauen, rufen wir die DSA und andere Aktivisten auf, mit uns in Seattle auf einer gemeinsamen Plattform zu laufen. Wenn diese neuen Kandidaten unabhängig von der Demokratischen Partei und auf der Grundlage der Besteuerung des Großkapitals zur Finanzierung von Wohnraum und Dienstleistungen kandidieren würden – neben Kshama Sawant, der ersten Sozialistin, die seit 100 Jahren in Seattle gewählt wurde – können wir ein landesweites Beispiel dafür geben, was möglich ist.

Mexiko: Historischer Sieg von AMLO

Linker Wahlsieg als vorläufiger Höhepunkt von Protesten und sozialen Bewegungen.
Karla Torres, Izquierda Revolucionaria,

Der historische Erfolg von Andrés Manuel López Obrador (AMLO) und seiner Partei MORENA bei den vergangenen Wahlen stellt einen Höhepunkt des Klassenkampfes in Mexiko dar. Nach 89 Jahren Tyrannei der Rechten mit Ausbeutung, schmutzigen Machenschaften und Elend für die Mehrheit der Gesellschaft haben die Jahre von Widerstand und Kämpfen Früchte getragen: Wir haben die Rechten aus dem Präsidentenpalast, dem Kongress und den meisten Wahlbezirken hinweggefegt.

Bei einer Wahlbeteiligung von 63% erhielt AMLO 53% der Stimmen! Bisher hatte kein anderer Kandidat in der Geschichte Mexikos Unterstützung in diesem Ausmaß erhalten. Der Pianist Ricardo Anaya erhielt lediglich 22% und José Antonio Meade von der PRI (der vorherigen Regierungspartei) nur 16,5%.

Am 1. Juli strömten Millionen von Familien aus der ArbeiterInnenschaft in die Wahllokale, wissend um den hohen Preis, den sie der Wahlbetrug bei den letzten Wahlen 2006 gekostet hat. Der damalige offizielle Wahlsieger Felipe Calderón von der PRI rief auf zum „Krieg gegen den Drogenhandel“. Dieser kostete bis heute mehr als 234.000 Menschenleben und 30.000 bis 50.000 Menschen sind „verschwunden“. Seine Politik brachte auch „Strukturreformen“ die das Wachstum nicht nur dämpften sondern auch zu steigenden Preisen bei Basisgütern und zu Reallohnverlusten führten.

Die letzte Etappe der Calderón-Herrschaft glich einem Blutbad: Die PRI war für die schreckliche Repression gegen die Bevölkerung der Kleinstadt Atenco verantwortlich. Während ihrer Regierung wurden Kürzungen und Privatisierungen umgesetzt, die Massenarmut brachten, zusätzlich zur grausamen Repression.

Die Liste von sozialen Kämpfen, Streiks und Protesten mit Millionen von TeilnehmerInnen ist zu lang um sie alle aufzuzählen. Die „Bewegung der 132“ war eine Massenbewegung inspiriert durch Occupy. Es gab große Streiks und Demonstrationen von LehrerInnen und die Streiks in den Maquilas (Fabriken, die durch NAFTA entstanden), sowie der TagelöhnerInnen von San Quintín. Überall entstanden Selbstverteidigungskomitees gegen den Drogenhandel. Und es gab die Märsche gegen die erhöhten Benzinpreise oder für die Verteidigung von Wasser und Land. Hier sticht natürlich der Massenprotest für die 43 Verschwundenen von Ayotzinapa heraus (2006 hatten Polizisten einen Bus mit Lehramtsstudierenden angegriffen, sechs getötet, 24 verletzt und 43 blieben „verschwunden“). Das war der Tropfen, der das Fass der Empörung über die mörderische Regierung zum Überlaufen brachte.

Der 1. Juli zeigt, dass die Bevölkerung genug hat von der Spirale aus Gewalt und Unsicherheit, die eine direkte Folge des Verfalls des mexikanischen Kapitalismus ist – und deren brutalster Ausdruck ist, dass jeden Tag sieben junge Frauen ermordet werden.

Es gibt einen Linksruck der ArbeiterInnenklasse, der Jugendlichen, LandarbeiterInnen, Indigenen und breiter Teile der Mittelschichten. Es ist eine Lüge, dass in Mexiko Passivität und Gleichgültigkeit vorherrsche. Im Gegenteil, wir haben einen erhöhten revolutionären und kämpferischen Instinkt. Dies ist ein großer Fortschritt im Bewusstsein, der zeigt, dass ein Kampf nur dann verloren ist, wenn er nicht geführt wird und dass die Erfahrungen der letzten Jahre nicht umsonst gemacht wurden.

Der Anstieg von sozialen Bewegungen war der Hauptfaktor für den Sieg von AMLO. Die aufgestaute Wut hat bei den Wahlen ein Ventil gefunden. Dabei hat sie alle Hindernisse überwunden, die der Kampf gegen einen Feind mit sich bringt, der über einen staatlichen Apparat für Betrug und Täuschung verfügt.

Die Wahlergebnisse sind auch ein harter Schlag gegen die wirtschaftlichen und politischen Eliten. Zuerst hetzten sie mit aller Kraft gegen AMLO, nur um ihm im nächsten Atemzug heuchlerisch die Hand zu reichen. Genau jene, die für die Armut und Gewalt verantwortlich sind, schreien jetzt nach „nationaler Versöhnung“ und bieten ihre Zusammenarbeit mit der neuen Regierung an, um so ihre Privilegien zu behalten.

Doch die mexikanische Gesellschaft hat dafür gestimmt, mit ihnen zu brechen. Sie ist nicht bereit, den Korrupten und AusbeuterInnen weiterhin zu erlauben, sich auf Kosten der Mehrheit, auf Kosten der ArbeiterInnen, zu bereichern. Deswegen entwickelt sich die Bewegung auf den Straßen weiter und ist weit entfernt von Passivität und Abwarten. Die aufgebauten Strukturen sollen aufrecht erhalten werden, um sicherzustellen, dass die erhoffte Veränderung wirklich passiert.

AMLO hat aktuell zwei Optionen: dem Druck der Rechten und der Unternehmen  nachzugeben oder sein soziales Programm, das den ArbeiterInnen zu Gute kommt, wirklich umzusetzen. Dafür müssen die neoliberalen Maßnahmen der letzten Regierungen zurückgenommen werden und die Privatisierungen rückgängig gemacht werden. Ein Mindestlohn von 12.000 Pesos pro Monat (ca. 550 Euro) ist ebenso notwendig wie ein Ausbau des Sozialbereiches. Die Bildungs“reform“ und alle damit verbundenen Kündigungen müssen zurückgenommen werden und wir brauchen öffentliche Kinderbetreuung und Kantinen gerade auch für arme Familien. Die Verstaatlichung der Banken und der Schlüsselbereiche der Wirtschaft unter Kontrolle der Beschäftigten können die Grundlage für ein würdiges Leben für alle legen.

 

http://www.izquierdarevolucionariamx.net

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Argentinien: Gesetzesentwurf zur Liberalisierung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch wird abgelehnt, aber der Kampf geht weiter!

"Der Kampf um das Leben von Frauen wurde grün bemalt“
Maria Clara Ferreira von der brasilianischen Sektion des CWI (Comitee for a Worker’s International) berichtet aus Buenos Aires

Die Frauenbewegung in Argentinien hat eine stolze Geschichte der Einheit im Kampf um das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche. Es war dieser Kampf, der vor elf Jahren zu einem Gesetzentwurf für das Parlament führte, der bisher schon mehr als sieben Mal debattiert wurde.

Das “Nationale Frauentreffen” (spanisch: Encuentro Nacional de Mujeres), das seit über 30 Jahren stattfindet und verschiedene Facetten der feministischen Bewegung zusammenbringt, hat die nationale Kampagne für das Recht auf legale, sichere und freie Schwangerschaftsabbrüche seit 2005 angeführt. Erst im gegenwärtigen Kontext der Instabilität des gesamten Systems, einer Repräsentationskrise und mit der Entwicklung einer neuen, sich ihrer Unterdrückung bewussten Generation, sah der Kampf um Frauenrechte eine Veränderung - zum Besseren.

In den letzten Jahren haben in ganz Lateinamerika immer mehr Frauen mobilisiert, die sich gegen all die Morde und Gewalt, die Frauen widerfährt, aussprechen. Die Initiative "Ni una menos" (Nicht eine weniger) begann im Jahr 2015 als spontane Demonstration, die zunächst in drei verschiedenen lateinamerikanischen Ländern stattfand, um die brutale Vergewaltigung und Ermordung von fünf jungen Frauen zu thematisieren. Diese Tat löste Empörung und Proteste auf den Straßen aus.

Dies unterstrich auch den internationalen Charakter dieses Kampfes. In Argentinien entwickelten sich diese Aktionen zu einer organischeren Bewegung, die den Namen "Ni una a menos" beibehielt und sich als antikapitalistisch, antipatriarchalisch, antikolonialistisch und antirassistisch erklärt.

 

Präsident Macri war gezwungen, Schwangerschaftsabbrüche zu thematisieren

In den vergangenen zwei Jahren löste der 8.März international einen Aufschrei gegen Gewalt an Frauen aus. In Argentinien drehte sich der 8.März um die Forderung nach legalen Möglichkeiten für Schwangerschaftsabbrüche, und nach dem letzten 8-März-Aktionstag musste Präsident Macri dem Druck der Bewegung nachgeben, und ließ den Gesetzesentwurf zu Liberalisierung des Abtreibungsrechts im Kongress zur Diskussion zu.

Am 14. Juni stimmte das argentinische Repräsentantenhaus für den Gesetzentwurf zur Legalisierung der Schwangerschaftsabbrüche mit 129 Stimmen bei 125 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen. Dies geschah nach einer mehr als 20-stündigen Debatte, in der auf den Straßen eine Million Menschen die etwa 30 "unentschlossenen" Kongressmitglieder unter Druck setzten. Schulen und Universitäten wurden besetzt und verharrten wachsam bis zur Annnahme des Gesetzes.

Da das RepräsentantInnenhaus den Gesetzentwurf gebilligt hatte, ging die Debatte im August an den Senat weiter. Eine Delegation von Frauen der brasilianischen “Partei für Sozialismus und Freiheit” - PSOL (Partido Socialismo e Liberdade) war am 8. August in Buenos Aires, um an dieser großen Bewegung teilzunehmen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich war Teil dieser Delegation, die LSR (Liberdade, Socialismo e Revolução - Freiheit, Sozialismus und Revolution - CWI in Brasilien) vertrat.

Die Aktionen an diesem Tag begannen hell und früh. Während der ganzen Nacht und der Morgendämmerung waren bereits hunderte von Menschen in den Straßen von Buenos Aires. Um den Senat hangen Poster und grüne Tücher, die auch die AktivistInnen trugen. Am Morgen gab es bereits Tausende von Menschen, die in Gruppen, Kollektiven und politischen Parteien organisiert waren, Lieder sangen und Fahnen sowie grüne "Pañuelos" (Tücher) hissten.

Trotz der Erwartung, dass die Senatoren den Gesetzesentwurf ablehnen würden, war die Situation nicht unumkehrbar, da es mehr als zehn erklärte "unentschiedene" SenatorInnen gab. Die Bewegung entschied sich erneut dafür, Menschen auf die Straße zu bringen, um Druck auf den Senat auszuüben, damit er mit Ja stimmt.

Die ganze Welt blickt auf Argentinien 

Es gab Demonstrationen auf der ganzen Welt, in argentinischen Konsulaten und Botschaften auf allen Kontinenten. Menschen mobilisierten und solidarisierten sich in Japan, Paraguay, Ecuador, Bolivien, Brasilien, Costa Rica, Australien, Belgien, England, Spanien, den USA und vielen anderen Ländern.

Die Augen der Welt waren auf Argentinien gerichtet, und die Gesellschaft war polarisiert. Auf dem Platz vor dem Senat wurden zwei große Proteste organisiert. Die konservative Seite, die von rechten Kräften und dem Vatikan unterstützt wurde, konnte auch viele blaue "Pañuelos" (Tücher) auf die Straße bringen, die den Widerstand gegen die Legalisierung symbolisierten.

Aber auch die traditionellen Medien mussten anerkennen, dass die andere Seite der grünen "Pañuelos" (Tüchern) viel größer war.

Wenn man durch die Straßen von Buenos Aires spazierte, sah man junge, vielleicht zehnjährige Mädchen, älteren Frauen um die siebzig, StudentInnen aus verschiedenen Städten, aus Schulen und Universitäten, aus Außenbezirken und der Innenstadt, alle mit dem gleichen Verständnis: dass das Kämpfen um die Legalisierung der Schwangerschaftsabbrüche das Leben der Frauen verteidigt!

In Argentinien werden jedes Jahr rund 500.000 illegale Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt. Die Demonstration reichte von den militantesten Linken bis zu gemäßigten progressiven Organisationen. Es ist auch wichtig, die Anzahl der Männer, die diese Sache unterstützen und an Kampagnenaktionen teilnehmen, zur Kenntnis zu nehmen, was die Wichtigkeit unterstreicht, die ArbeiterInnenklasse hinter diesen Kämpfen zu vereinen.

Der Ausgang der Senatsabstimmung mit 38 Gegenstimmen, 31 Pro-Stimmen und 2 Enthaltungen wurde auf der ganzen Welt bekannt gemacht, zusammen mit Bildern von Jugendlichen, die als Antwort weinten. Die Gegenstimmen kamen von SenatorInnen von „Cambiemos“ (der rechtskonservativ-liberalen Koalition des Präsidenten Macri), vom Föderalen Peronismus* (eine populistische, politische Gruppierung rund um den ehemaligen Präsidenten Juan Perón), und nur eine Stimme von dem auf Kirchner (ehemalige Präsidentin, die eine politische Gruppe um sich sammelte und prägte) ausgerichteten Sektor.

Sie repräsentieren uns nicht!

Das Abstimmungsergebnis hat nur das Gefühl verstärkt, dass dieses System gescheitert ist und uns nicht repräsentiert. In der Woche der ersten Abstimmung im Juni zeigten Umfragen, dass 55% der ArgentinierInnen für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen waren.

Schlagzeilen am nächsten Morgen thematisierte die Pro-Liberalisierungsposition der ehemaligen Präsidentin Cristina Kirchner zu dem Thema, aber betonten auch, dass ihre Regierung und ihre Partei den Gesetzentwurf zuvor schon mehrfach abgelehnt hatten. Dies diente hauptsächlich dazu, aufzuzeigen, wie ängstlich sich die „kirchnerische“ Führung dieser Bewegung gegenübergestellt hat

Die Zeitungen enthüllten auch die starken Interventionen des Vatikans, um SenatorInnen dazu zu bringen, gegen die Gesetzesvorlage zu stimmen. Während die Bewegung auf den Straßen sang: "Iglesia. Estado. Asunto separado! ("Kirche. Staat. Getrennte Angelegenheiten! ") Organisierte die CAEL-Bewegung (Coalición Argentina por un Estado Laico - Argentinische Koalition für einen säkularen Staat) einen Stand, um Unterschriften gegen die staatliche Subventionierung der Kirche zu sammeln, die 20 Millionen Pesos pro Jahr vom Staat erhält.

Am nächsten Morgen behielten die Leute, die zur Arbeit gingen, ihre grünen Taschentücher an ihren, um ihre Arme oder um ihren Hals, und erklärten klar, dass der Kampf weitergehen wird, bis sichere und legale Schwangerschaftsabbrüche gesetzlich möglich sind. Die „Frauenbewegung“ schätzt, dass auf der Straße hunderttausende "Aborto legal en el spital" ("legale Schwangerschaftsabbrüche in den Krankenhäusern") schreiten, trotz Kälte und Regen. Die Regierung untersucht Vorschläge zur Entkriminalisierung der Schwangerschaftsabbrüche in einer zukünftigen Reform des argentinischen Strafgesetzbuches, und einige SenatorInnen stellten den Vorschlag eines Referendums in den Raum, da es einen Konflikt zwischen dem RepräsentantInnenhaus und dem Senat gibt.

Der Gesetzesentwurf kann dem RepräsentantInnenhaus erneut frühestens in einem Jahr vorgelegt werden, aber das ist nicht der einzige Schritt, den die nationale Kampagne geplant hat. Im Oktober wird eine neue Zusammenkunft des „National Women's Gathering“ stattfinden. Und da die Kampagne für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen vor einem Jahrzehnt begann, wird diese auch Thesen aufstellen, die der Bewegung künftige Schritte weisen soll. Sie verspricht neue Maßnahmen, um die Straßen zu erobern und alle PolitikerInnen die mit Nein gestimmt haben in den kommenden Wahlen 2019 anzuprangern.

 

Der Kampf geht weiter

Als dieser Artikel geschrieben wurde, fanden Demonstrationen in Buenos Aires statt, die gegen die steigenden Todesfälle aufgrund von illegalen und verheimlichten Schwangerschaftsabbrüchen starben. Das beweist einmal mehr, dass der Kampf gegen Unterdrückung die Straße nicht verlassen wird.

Bei Kämpfen in der ganzen Welt befinden sich Frauen in der vordersten Reihe, weil wir noch stärker durch die Ungleichheit des Kapitalismus leiden. Es liegt an der revolutionären Linken, Antworten auf die Anti-Establishment-Stimmung in dieser Bewegung zu geben, indem sie für einen sozialistischen Wandel der Gesellschaft plädiert.

 

 

 

 

EU-Ratspräsidentschaft und EU-Krise

Nationalismus ist keine Antwort auf die tiefe Krise der EU.
Moritz Bauer

Seit 1. Juli hat Österreich die EU-Ratspräsidentschaft. Damit hat die Regierung ein halbes Jahr den Vorsitz über eine EU, die mit heftigen Turbulenzen zu kämpfen hat. Das Voranstellen des Migrationsthemas durch Kurz und andere RechtspopulistInnen ist ein Versuch, diese Krise zu überdecken, aber nicht die Hauptursache dafür.

Weitaus wichtiger für die Krise sind die Konflikte mit Russland, China bzw. den USA. Aus den unterschiedlich starken Handelsbeziehungen resultiert die unterschiedliche Herangehensweise zu Konflikten mit diesen Ländern. Finnland, das die zweitmeisten Importe aus Russland (11%) bekommt, hat eine andere Position im Ukrainekonflikt als Deutschland, dessen zweitwichtigster Import-Lieferant China (10%) ist. Auch im Handelskonflikt mit den USA zeigen sich Unterschiede: auf Irland (26% der Exporte in die USA) haben die Strafzölle stärkere Auswirkungen als auf Österreich (7% der Exporte in die USA).

Auch zwischen den EU-Staaten brodelt es. Dies liegt daran, dass das nationale Kapital widersprüchliche Interessen hat und sich unterschiedlich entwickelt hat. Im Kapitalismus ist es für so unterschiedliche Staaten unmöglich, längerfristig in einem Wirtschaftsbündnis zu sein. Seit Beginn der Wirtschaftskrise treten diese Widersprüche immer weiter hervor. Der Euro treibt die Staaten zusätzlich auseinander: das verschuldete Italien leidet unter dem starken Euro, der es erschwert, Schulden zurückzuzahlen, aber Staaten wie Deutschland, die Kapital anziehen wollen, brauchen den starken Euro.

Die Ablehnung der EU durch weite Teile der Bevölkerung ist ein weiteres dieser Probleme. Die EU war nie eine Sozialunion, sondern immer ein Wirtschaftsprojekt der Banken und Konzerne. Vor allem in Süd- und Westeuropa stellten sich in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen gegen die von der EU befohlenen brutalen Spar- und Kürzungsmaßnahmen. Auch in den nördlichen Ländern ist trotz Wirtschaftswachstums keine Verbesserung der Lebensstandards in Sicht. Warum? Weil klar ist, dass die nächste Krise kommen wird. Darum sollen die Beschäftigten mit 12-Stunden-Tag & co. weiter ausgepresst werden.

Zu Recht fürchten die Herrschenden die Instabilität, nicht zuletzt auf der politischen Ebene. Neugefärbte VertreterInnen der etablierten Politik wie Kurz oder Macron versuchen, dieselbe neoliberale Politik besser zu verkaufen. Auch wenn sie an der Macht sind, versuchen sie am Anti-Establishment-Image festzuhalten. Angesichts der EU-Wahlen 2019 versuchen sie das v.a. mit einer Zunahme der Hetze gegen Flüchtlinge. Mit dem Migrationsthema wird Wahlkampf geführt – gegen andere Parteien wie andere Länder. Sie bereiten damit, wie in Italien, rechtspopulistischen Kräften den Weg, deren Loyalität nicht beim international orientierten, sondern beim national orientierten Kapital liegt. Das verstärkt die Bruchlinien weiter. Das Schönwetterprogramm EU ist vorbei. Die Union als „Global Player“ gegen andere imperialistische Mächte zu erhalten, gleichzeitig die nationalen Kapitalfraktionen zu befriedigen und auf Stimmenfang zu gehen – all das erweist sich als unvereinbar.

Das wissen auch die Spitzen der EU. Doch während schon vorsichtige linke Versuche, die Sparpolitik zu beenden, mit allen Mitteln bekämpft werden, werden rechte Parteien, die mit der Union brechen, sanft behandelt. In Griechenland wurde Syriza durch brutale Erpressung dazu gebracht, sich dem Diktat zu unterwerfen. Gegenüber der rechten polnischen Regierung, die mehrfach gegen Beitrittskriterien verstieß, wurde dagegen lediglich ein Beschluss des Rats der EU (ohne weitere Konsequenzen) angekündigt. Lieber lassen sie Europa in die rassistische Barbarei stürzen, als die Profite des Kapitals zu gefährden. Sie tolerieren das Massensterben im Mittelmeer, aber keine Einschränkung der Macht der Banken und Konzerne.

Die Aufgabe von Linken ist es nicht, die EU zu retten. Sie darf nicht den Fehler machen, aus einer Opposition gegen Rechte heraus das Establishment zu verteidigen. In ganz Europa gibt es immer stärkere Proteste, z.B. die Streiks in Slowenien für Lohnerhöhungen und bessere Arbeitsbedingungen oder in Frankreich, wo die EisenbahnerInnen seit Monaten wiederholt gegen Macrons Reformen streikten. Die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien ist getragen von dem Wunsch, mit dem Kürzungsdiktat zu brechen – und stellt eine reale Gefahr für den spanischen Staat, eine der Stützen der EU, dar. Somit wird auch klar, was mit dem verstärkten Aufgreifen von „Sicherheit“ während der Ratspräsidentschaft tatsächlich gemeint ist: Die Sicherheit der Profite. Viel wichtiger für die Mehrheit der Menschen ist aber soziale Sicherheit. Kürzungen, Arbeits- und Wohnungslosigkeit etc. bringen immer mehr Menschen in Bedrängnis, während Banken und Konzerne weiter Profite einstreichen. Nationale Alleingänge ändern an der kapitalistischen Profitlogik nichts. Unsere Verbündeten sind nicht unsere Chefs mit dem gleichen Pass – sondern die ArbeiterInnen und Armen Europas, mit denen wir mehr gemeinsam haben als die Staatsbürgerschaft. Daher müssen wir gemeinsam die Parole „Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!“ vorantreiben.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Internationales Treffen des CWI

Jedes Jahr im Sommer findet eine Schulung des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale (CWI) statt. AktivistInnen aus allen europäischen und vielen Sektionen und Gruppen aus Übersee kommen für eine Woche intensiver Debatten zusammen. Klar, es macht Spaß, mit gleichgesinnten zu reden, an den Abenden zu chillen oder bei der solidarischen WM mit zu kicken. Aber es geht um mehr – den Austausch von Erfahrungen, um daraus zu lernen: Der Umgang mit der Nationalen Frage in Schottland und Katalonien. Die Arbeit von sozialistischen Stadträten in den USA, Schweden und Irland. Die neue Frauenbewegung und ihre Forderungen. Perspektiven für die Weltwirtschaft und die EU. Der Aufstieg des Rechtsextremismus und wie dagegen kämpfen. All das und noch viel mehr wird diskutiert. Alle wollen eines: Möglichst gut gerüstet sein für den Kampf gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Gesellschaft. Darum wird fleißig mitgeschrieben und viele Zeitungen und Bücher aus anderen Ländern eingepackt. Denn um die Welt zu verändern braucht es auch das theoretische Rüstzeug – und das gibt es bei der Sommerschulung des CWI.

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Jugendproteste in Bosnien

Tausende protestieren in Bosnien gegen Polizei, Korruption und Regierung
Nicolas Prettner

Die Republik Srpska, der mehrheitlich serbische Teil von Bosnien-Herzegowina, wird seit Anfang April durch anhaltende Proteste erschüttert. Auslöser war der Mord an einem 21-Jährigen, über den die Polizei widersprüchliche Berichte veröffentlichte. Dies führte zu Protesten von v.a. Jugendlichen, die der Polizei Korruption vorwerfen. Auch die Regierung, welche die Behörden verteidigt, wird kritisiert. Laut den VeranstalterInnen gibt es auch zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus ganz Bosnien, dem restlichen ehemaligen Jugoslawien und sogar Wien.

Im Herbst dieses Jahres stehen Wahlen an und die Regierung befürchtet, durch die Proteste geschwächt zu werden. So wird von ihr behauptet, dass die Demonstrationen von ausländischen Geheimdiensten gesteuert würden. Das zeigt, welche Angst die Herrschenden haben, und das zu Recht, denn schnell könnten sich diese Proteste radikalisieren und ausweiten. Denn der Unmut gegen die Perspektivlosigkeit in Bosnien ist hoch, viele Junge verlassen das Land. Am Balkan ist Korruption ein großes Thema. Ein Blick nach Serbien oder Rumänien zeigt, dass solche Bewegungen gegen Korruption die Herrschenden ins Wanken bringen können.

Doch damit dies gelingen kann, ist es notwendig, dass sozialistische Kräfte vor Ort soziale Forderungen in die Bewegung hineintragen und mit anderen sozialen Bewegungen in der Region vernetzen.

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Türkei nach den Wahlen

smail Okay von Sosyalist Alternatif

Wie bewertest Du das Wahlergebnis?

Hintergrund war die Einführung des präsidialen Systems nach dem Referendum 2017 – und dass sich die Wirtschaft in Richtung Krise entwickelt. Erdogans Regime ist zwar gefestigt, braucht aber das Bündnis mit der nationalistischen MHP. Die will ein noch härteres Vorgehen gegen die KurdInnen. Die Zeiten für Linke werden schwieriger, aber es gibt funktionierende Gewerkschaften, linke Parteien und Organisationen. Jetzt geht‘s darum, eine starke, unabhängige politische Kraft der ArbeiterInnenklasse aufzubauen. Die Folgen der wirtschaftlichen Krise werden ArbeiterInnen und arme Menschen, die teilweise noch Illusionen in das Regime haben, stark erschüttern.

Wie ist das Ergebnis der HDP einzuordnen?

Die HDP war als einzige Partei an keinem Wahlbündnis beteiligt und ist jetzt die dritte Kraft im Parlament. Und sie hat viele VertreterInnen anderer linker Kräfte auf ihre Liste genommen und ist faktisch ein linkes Bündnis. Das ist bedeutsam für den Aufbau einer starken linken Kraft, die die kurdische und türkische ArbeiterInnenklasse und die Armen zusammenbringen kann. Für viele gilt die HDP als legaler Arm der PKK. Trotzdem konnte sie zulegen. In den kurdischen Gebieten gab es auch Verluste: eventuell wurde sie aufgrund ihrer Linksentwicklung von konservativeren KurdInnen nicht gewählt. Hauptgrund ist aber der Druck durch die militärische Besatzung in den kurdischen Gebieten. Im Westen hat die HDP zugelegt, auch weil türkische ArbeiterInnen ihre Berührungsangst vor der HPD überwunden haben.

Was jetzt?

Sosyalist Alternatif hat gleich nach der Ankündigung der vorgezogenen Wahlen für ein Bündnis von HDP und linken Kräften geworben. Jetzt kommt die schwierigste Aufgabe: Das linke Bündnis stärken und in eine echte sozialistische Kraft verwandeln, die einen Kampf gegen die Auswirkungen der kommenden Krise und das kapitalistische System führt. Die Regierung wird bald Maßnahmen zu Lasten der ArbeiterInnen beschließen. Die HDP und die linken Kräfte müssen rasch einen Plan erstellen, wie man den Kampf in- und außerhalb des Parlaments verbinden kann. Dafür wäre eine schnell einzuberufende Konferenz ein wichtiger Schritt.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Seiten