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Austritt aus der ISA (Internationale) und Erneuerung eines revolutionären Marxismus

verfasst vom Bundesvorstand der ISA Österreich, unterstützt von der ISA-Ö-Sonderkonferenz im Oktober 2024

Die ISA Österreich hat am 6. Oktober die Entscheidung getroffen, die internationale Organisation “International Socialist Alternative” zu verlassen und uns gemeinsam mit anderen dem Projekt für eine revolutionäre marxistische Internationale anzuschließen. Diese Entscheidung folgt einer langen politischen Auseinandersetzung auf internationaler und nationaler Ebene, bei der wir auch die Notwendigkeit für nachhaltige Veränderungen in unserer eigenen Organisation schlussfolgern. Weltweit ist angesichts des Genozids in Gaza, Wirtschaftskrise, Klimakrise und Rechtsruck die Notwendigkeit für den Aufbau einer starken revolutionären Linken so groß wie schon lange nicht mehr und wir denken, dass die Erfahrungen aus unseren Auseinandersetzungen dazu beitragen können. 

Der Zerfall der ISA

Der Auslöser für den Zerfall und die Spaltung unserer internationalen Organisation liegt in einem katastrophalen Fehlverhalten im Umgang mit einem Fall sexualisierter Gewalt in einer Sektion. Zuerst wurde das beschuldigte Mitglied durch die Führung der Sektion gedeckt, was wiederum von einer Clique der internationalen Führung gedeckt wurde, die schlussendlich eine Mehrheit für ihren falschen Kurs gewann. In der gesamten internationalen Organisation stellte sich ca. die Hälfte der Mitglieder dagegen und gründete eine innerparteiliche Fraktion, konnte aber keine Rechenschaft der Verantwortlichen durchsetzen. Daraufhin entschloss sich diese Opposition dazu, gemeinsam das Projekt für eine revolutionäre marxistische Internationale zu gründen. 

Diskussionen in Österreich

Schon vor diesen Entwicklungen in der Internationale gab es Debatten in Österreich mit einer Gruppe rund um die ehemalige Bundessprecherin Sonja Grusch. Im Zentrum der Debatte stand die Bedeutung des Kampfes gegen spezifische Unterdrückung (wie Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit) bei der Entwicklung von sozialen Bewegungen, Klassenkämpfen und Klassenbewusstsein. Die Mehrheit der Organisation wollte einen größeren Fokus und eine Weiterentwicklung entlang dieser Fragen. Damit verbunden waren Diskussionen zur internen Kultur, bei der eine Mehrheit in der Organisation sich für eine Transformation der Parteikultur weg von einem Top-down-Zugang (d.h. dass eine kleine Führung eine enorm übermäßige Rolle in der Organisation spielt) hin zu einer tatsächlich kollektiv arbeitenden Organisation. 

Notwendiger Veränderungsprozess

Im Zuge dieser Debatten hat sich in der Organisation ein Verständnis über eine generelle schwerwiegende Fehlentwicklung in unserer historischen Strömung in den letzten Jahren und Jahrzehnten durchgesetzt. Wir haben erkannt, dass wir uns immer stärker von den radikalsten Teilen der Klasse und Jugend und ihren Kämpfen entfernt haben (unter anderem junge, weibliche, queere und migrantisierte Teile der Arbeiter*innenklasse). Diese politische Degeneration hat sich kombiniert mit einer Top-down-Organisationskultur und einem enorm starren und defensiven Marxismus-Verständnis. In dieser Phase haben wir auch schwere politische Fehler im Umgang und der Aufarbeitung von Übergriffen in und im Umfeld unserer Organisation gemacht. Für den Schaden und die Verletzungen, die wir Mitgliedern und Menschen in unserem Umfeld dadurch zugefügt haben entschuldigen wir uns und werden diesbezüglich einen ernsthaften Aufarbeitungsprozess starten. 

Neuaufbau eines revolutionären Marxismus

In der Realität stehen wir vor der schwierigen Aufgabe, einen revolutionären Marxismus zu rekonstruieren, der tatsächlich der aktuellen Periode angemessen ist. Wir machen uns keine Illusionen darüber, dass dieser Prozess einfach oder geradlinig ist oder, dass wir ihn alleine gehen können. Aber wir nehmen uns vor, durch eine tatsächliche Rolle in Klassenkämpfen und sozialen Bewegungen, eine lebendige Theoriearbeit, eine Betonung der zentralen Rolle des Kampfes gegen spezifische Unterdrückung und eine demokratische und offene Parteikultur, die tatsächlich alle Erfahrungen unserer Mitglieder mobilisiert, einen Beitrag zu leisten. 

 

Weitere ausführlichere Erklärungen und Stellungnahmen:

 

+++ Hinweis zur Situation der ISA Österreich: +++

Wir möchten an dieser Stelle auch offen sagen, dass wir uns gerade in einem Reorganisierungs- und Umbruchprozess (wie in dem Statement bereits vorausgeschickt) befinden. Das bedeutet in der Praxis, dass wir insgesamt gerade weniger Ressourcen haben und daher z.B. unsere Strukturen nicht auf dem Level wie gewohnt arbeiten, wir manche Aufgaben nicht in früheren Ausmaßen erfüllen können, länger brauchen um zu antworten und ähnliches.

Das bedeutet nicht, dass wir den Anspruch diese Dinge zu erfüllen aufgegeben haben, aber dass wir uns erst wieder eine gute, (politische) Basis dafür aufbauen wollen.

Bei unseren aktuellen Veröffentlichungen bedeutet das zum Beispiel, dass wir sicher ein größeres Augenmerk auf die politische Qualität legen werden. Möglicherweise bedeutet das, dass wir weniger Artikel veröffentlichen. Manche Beiträge werden vielleicht eher Debattenbeiträge als fertige Stellungnahmen unserer Organisation sein.

Wir werden in der nächsten Zeit unsere unterschiedlichen Arbeitsfelder Schritt für Schritt wieder gut aufbauen und verschiedene notwendige interne und externe Angelegenheiten abarbeiten. So werden wir auch vorerst Namen und Logo weiterführen, bis wir in sinnvoller Weise eine Alternative gefunden haben und diese (technisch) implementieren können. 

Auf jeden Fall aber sind wir offen für Diskussionen. Wir freuen uns über den Austausch und die Zusammenarbeit mit unseren Unterstützer*innen und Interessent*innen. Wenn Du Fragen dazu hast, Dich austauschen möchtest oder daran denkst mit uns aktiv zu werden, melde Dich bei uns!

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Widerstandskämpferin eröffnet olympische Spiele.

von Michael Gehmacher

Bild: Roland Fischer,
Wikimedia Commons,
CC-BY-SA 3.0

Heuer wird die Widerstandskämpferin Melanie Berger-Volle  eine der Fackelläufer*innen der Olympischen Sommerspiele sein. Wir freuen uns, weil damit eine wichtige Person aus dem revolutionär-marxistischen/trotzkistischen Widerstand eine große Öffentlichkeit bekommt. 

Melanie Berger –Volle wurde als Melanie Berger in Wien–Leopoldstadt in eine jüdische Arbeit*innenfamilie geboren. Sie absolvierte die Hauptschule und lernte danach den Beruf der Miedermacherin. Sie engagierte sich in der Sozialistischen Jugend (damals „Sozialistische Arbeiterjungend“), begann sich aber bald mit den Ideen der linken Opposition um Leo Trotzki auseinanderzusetzen. Sie leistete politischen Widerstand gegen den Austrofaschismus und trat 1934 bei einem illegalen Treffen in der Lobau in die „Revolutionären Kommunisten Österreichs-RKÖ“ ein. 

Wer war die RKÖ? Die RKÖ standen in scharfer Opposition zum Reformismus, zum katastrophalen Zurückweichen der Sozialdemokratie vor dem Faschismus, aber auch zum Stalinismus. Die RKÖ war nicht die größte trotzkistische Organisation in dieser Zeit, spielte aber eine wichtige Rolle. Denn sie stand im Austausch mit vielen konsequenten Kämpfer*innen, vor allem Jugendlichen, aus den Reihen der Revolutionären Sozialisten (Nachfolgeorganisation der verbotenen Sozialdemokratie) und dem kommunistischen Jugendverband. Der Name „RKÖ“ war bewusst als Anlehnung an die Revolutionären Sozialisten („RSÖ“) gewählt. Die RKÖ leistete wichtige antifaschistische Widerstandsarbeit im Austrofaschismus, viele ihrer Aktivist*innen kamen ins Gefängnis, mussten fliehen bzw. wurden im „Trotzkistenprozess“ im August 1937 am Wiener Landesgericht verurteilt.

Wichtige Aktivist*innen waren unter anderem Georg Scheuer, Josef Hindels, Josef Reinwein und andere. Georg Scheuer wandte sich später (wie insgesamt die RKÖ) vom Trotzkismus ab, blieb aber konsequenter Marxist, viele Jahre war er Korrespondent der „AZ“ in Paris. Er unterstützte und verteidigte uns „Vorwärtsler*inen“ (Aktivist*innen rund um die Zeitung “Vorwärts”, Vorgängerorganisation der SLP, heute: ISA) gegen die Ausschlüsse aus der Sozialistischen Jungend 1991. Josef Reinwein suchte den Kontakt zu uns und besuchte uns, z.B. wenn er die Zeitung seines „Vorwärtsabos“ aus dem Büro abholte, außerdem besuchte er immer wieder die Ortsgruppe Wien Süd der SLP (Heute: ISA) und unterstützte die SLP aktiv im Wahlkampf. 

Melanie Berger–Volle musste im Zuge der Machtübernahme der Nazis 1938 fliehen, ging nach Antwerpen und später nach Paris. Sie kämpfte im Untergrund, als Mann verkleidet überschritt sie 1939 die Grenze von Belgien nach Frankreich. In Frankreich war ein wichtiger Teil der Widerstandsarbeit die (lebensgefährliche) antifaschistische Aufklärungsarbeit unter Wehrmachtssoldaten. 1942 wurde sie von der französischen Polizei verhaftet. Sie schwebte in Lebensgefahr, da die Gestapo immer versuchte, Jüd*innen und Widerstandskämfer*innen unter den französischen Gefangenen zu finden. Am 15. Oktober 1943 wurde sie von einer Gruppe von RKÖ-Aktivist*innen in einer spektakulären und gut geplanten Aktion aus dem Gefängnis befreit, unter anderem, indem sich RKÖ-Aktivisten als GESTAPO–Beamte tarnten. 

Die Geschichte ihres Ausbruchs, der antifaschistischen Arbeit und der RKÖ findet sich im Buch ihres ehemaligen Lebensgefährten Georg Scheuer: „Nur Narren fürchten nichts“. In einem Interview 2013 meinte Melanie Berger Volle: 

„Ich wollte immer die Welt verändern und will es noch immer nur komme ich jetzt nicht mehr dazu“ 

Jugendliche kämpfen für ihre mentale Gesundheit!

von Jan Millonig

Wir stecken in einer nie dagewesenen Krise der psychischen Gesundheit, v.a. von Jugendlichen. Nachdem sich das Versagen der Regierung in der Pandemie auf junge Menschen massiv ausgewirkt hatte, finden sie sich jetzt in einer Welt von Klimawandel, Krieg und Inflationskrise wieder. Eine aktuelle Jugendstudie zeigt, dass über 80 % der unter 30-Jährigen sich wegen der genannten Krisen Sorgen um die Zukunft machen.

Die immer schlechtere mentale Verfassung von Jugendlichen hängt also eng mit dem zunehmenden (weltweiten) Versagen des kapitalistischen Systems zusammen. Gleichzeitig schafft es das Gesundheitssystem nach jahrzehntelangem Kaputtsparen immer weniger die psychischen Folgen davon abzufangen. Alleine in Wien bräuchte es 140 Stationsbetten in der Kinder- und Jugendpsychatrie, 66 gibt es... „Wir müssen jede Woche Patienten mit Selbstmordgedanken entlassen“, meinte der Abteilungsleiter im Wiener AKH zum „Falter“.

Die zusätzlichen Mittel (einmalig 20 Millionen für Psychotherapie), Jahre nachdem Expert*innen die drohende Versorgungskrise prophezeiten, sind Peanuts. In den Krankenhäusern fehlt es mittlerweile v.a. an Personal. Um das (wieder) zu gewinnen, braucht es echte Verbesserungen bei Bezahlung und Arbeitsbedingungen.

Um dafür zu kämpfen gründeten Jugendliche in Wien die Initiative „Change for the Youth“ (CFY) und organisierten eine erste Demo am 15.4., wo nicht nur lautstark „mehr Kassenplätze“ (für Therapie), sondern auch „bessere Bezahlung“ (für das Pflegepersonal) gefordert wurden. Sie hatten keine politische Erfahrung, aber genug Erfahrung mit einem kaputten Gesundheitssystem. Der Suizidversuch von Kiana, nachdem sie zweimal bei Psychiatrien vergeblich um Hilfe gebeten hatte, brachte den Stein ins Rollen: „Nachdem wir CFY angefangen haben, waren viele Freund*innen voll “into it” und wollten aktiv werden, da sie eben auch selbst betroffen sind“, erzählt sie uns. Die Entschlossenheit ist beeindruckend, wenn sie erklärt: „Wir sollten nicht noch länger auf ein Wunder warten. Wir verlieren immer mehr Menschen.“

„Es muss jetzt etwas passieren.“

Wie sie auf die Idee einer Demo gekommen sind? “Wir wollten auf die Straßen, um uns endlich Gehör zu verschaffen, damit die Entscheidungsträger*innen, die da oben im System sitzen, checken - wir meinen es ernst.“ Die Forderungen hätten sie gemeinsam in der Gruppe ausführlich besprochen. Nach Überlegungen, wie diese zu erreichen wären, haben sie „diese direkt mit z.B. Forderungen für die Jobs im Gesundheitssystem erweitert“. So kamen auf der Demo, neben den Betroffenen selbst, insgesamt vier Beschäftigte aus dem Bereich zu Wort: eine Ärztin, eine Beschäftigte aus dem Sozialbereich, der Leiter einer Psychiatrie und ein Krankenpfleger. Letzterer ist auch ISA-Aktivist und rief zu einem weiteren Protest am Tag der Pflege (12. Mai) auf, wo wiederum Kiana und andere Aktivist*innen von CFY sprachen. Diese Vernetzung – „denn unserer Bewegung alleine hat nicht die Macht, um das System auszubauen“ – ist ihnen genauso ein Anliegen, wie der ISA, die versucht, die verschieden Basisinitiativen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich zu einem gemeinsamen Kampf zusammen zu führen.

„Einer guten Pflege - steht Profit im Wege!“

Mit diesem Sprechchor machten die Jugendlichen auf der Demo klar, was das Problem ist: In einem System, das Profite vor Menschen stellt, werden nie genug Ressourcen für die Gesundheit aller zur Verfügung stehen.

 

Info:

Österreich: 58 % der Jugendlichen weisen depressive Symptome auf (Herbst 2021). 77.000 Minderjährige denken jeden Tag an Suizid. 2019 waren 66 Minderjährige nach einem Suizidversuch im Krankenhaus, 2021 schon 179!

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: 

The revolution will be televised!

von Simon P. Salzmann

Angesichts des Doppel-Erfolges von „Barbenheimer“, der den großen Studios einen riesigen finanziellen Gewinn bescherte, könnte man fast glauben, die kreative Krise Hollywoods sei überwunden. Wer hätte gedacht, dass Menschen gerne ins Kino gehen, wenn Filme von Autor*innen, Regisseur*innen und Schauspieler*innen geschaffen werden, denen man wenigstens ein bisschen künstlerischen Freiraum gibt?

Doch dieser kurzzeitige Erfolg täuschte nur kurz über die Realität Hollywoods hinweg. Einerseits werden dem Publikum weiterhin Franchise Reboots, Sequels und/oder der nächste Superheldenfilm vorgesetzt. Andererseits kämpft der große Teil der Arbeiter*innen in der Filmindustrie ums Überleben. Doch dagegen regte sich nun heftiger Widerstand: Ungefähr 11.500 Drehbuchautor*innen der Writer’s Guild Of America (WGA) haben Anfang Mai 2023 die Arbeit niedergelegt. Grund dafür sind die vor allem durch Streamingdienste massiv verschlechterten Arbeitsbedingungen. Studios verwenden deutlich weniger Autor*innen für deutlich weniger Zeit und Gehalt. Die Löhne sind um 23% gesunken, während die Gehälter der CEOs in die Höhe schießen.

Ungefähr 70 Tage später schloss sich die rund 160.000 Mitglieder starke Schauspielgewerkschaft  SAG-AFTRA (auf Druck der Basismitglieder) dem Streik an. Auslöser war hier, dass Backgroundschauspieler*innen für einen Drehtag bezahlt werden, und ihre Gesichter (mittels KI) anschließend beliebig oft für andere Projekte verwendet werden können. Damit geht eine der wenigen konstanten Arbeitsmöglichkeiten verloren.

Nach 146 Tagen Streik kam es (pünktlich zu Redaktionsschluss) zu einer ersten Einigung zwischen den Verhandler*innen. Sozialist*innen wie unsere US-Schwesterorganisation Socialist Alternative forderten, dass die Basis ohne Einflussnahme von oben über eine etwaige Annahme des Deals entscheiden soll - und dass die weiterstreikenden Schauspieler*innen nicht alleine gelassen werden dürfen.

Die Traumfabrik denen, die darin arbeiten!

Hollywood ist, anders als oft von Rechten behauptet, keine Bastion linker Ideen - sondern eine kapitalistische Industrie wie jede andere. Filme reden uns den American Dream, Copaganda und Werbung für den amerikanischen Imperialismus schön. Repräsentation marginalisierter Personen macht Geschichten noch nicht an sich fortschrittlich. In der Realität können sich Künstler*innen größtenteils ihre Wohnungen nicht leisten. Die Bosse der großen Studios (Disney, Warner Brothers & Co) sind nicht bereit, den vielen Arbeiter*innen in der Filmbranche ihren verdienten Lohn zu zahlen und wollen die Streikenden aushungern. Es kursieren Aussagen, wonach man den Streik auswarten wollte, bis die Autor*innen ihre Wohnungen verlieren. Ebenso überlegt man sich nun, große Teile der Arbeitskraft durch Künstliche Intelligenz zu ersetzen.

Der Streik erfährt sehr viel Solidarität in der Bevölkerung und ebenso von anderen Gewerkschaften. Das Bild des reichen Schauspielers oder Schauspielerin als Superstar zerbröselt. Das Franchise ist der Star. Man sieht eine Proletarisierung – in vielen Berufen – aber vor allem unter Künstler*innen. Anders als noch vor Jahren werden diese Berufe weniger romantisiert. Die Armut, der Kampf und der Frust gegenüber dem aktuellen System sind dafür zu groß. Es ist eines klar: Es braucht ein neues System.

Sowohl für die arbeitenden Künstler*innen als auch für Fans des bewegten Bildes sind künstlerische Freiheit und materielle Sicherheit nötig. Allerdings ist dies im Kapitalismus nur in seltenen Einzelfällen möglich. Sogar der Starregisseur George Lucas (Star Wars) meinte einmal: “Ich kenne viele russische Filmemacher*innen, und diese haben viel mehr Freiheit als ich”. Das war weniger ein Loblied auf die stalinistische Sowjetunion, als ein vernichtendes Urteil über die “freie” Marktwirtschaft. Gleichzeitig drückte er damit den Wunsch nach einem System aus, das den Arbeitenden in der Filmindustrie Freiheit und Sicherheit schenkt, das zu tun, was ihnen und ihrem Publikum Freude bereitet. Er weiß es vielleicht nicht, doch auch George Lucas wünscht sich echten - demokratischen - Sozialismus.

 

Bild: Fabebk, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Tödlicher Hundebiss - für ein ausfinanziertes Tierwohlsystem

Kommentar von Peter Hauer, ÖHU Hundetraineranwärter

In Oberösterreich wurde ein Joggerin von einem Hund zu Tode gebissen. Reißerische Artikel bringen sofort die Hunderasse in Verbindung mit dem schrecklichen Vorfall. Es wird angemerkt, dass es in Oberösterreich keine Liste mit “schwierigen” Hunderassen gibt, wie es in anderen Bundesländern der Fall ist.

Immer wieder kommt es zu schrecklichen Vorfällen mit Hunden. Menschen werden angegriffen oder kommen um. Der Vorfall in Oberösterreich ist besonders grausam. Es stellt sich daher die Frage, wie man so etwas verhindern könnte. Würden Verbote von speziellen Hunderassen tatsächlich helfen oder wäre nicht der bessere Weg Hundeführer*innen auf ihrem Weg mit den Hunden durch Kontrollen und Trainings zu begleiten.

Was feststeht ist, dass Maulkorb und Leinenpflicht den Vorfall verhindert hätten. Besonders auffällige Hunde müssen innerorts beides tragen. Würden diese Gesetze konsequent umgesetzt werden, hätte es nicht zu diesem tödlichen Unfall kommen müssen.

Im Versuch die Lage einzuordnen holt der Standard verschiedene Expert*innen. Inge Eberstaller (ihres Zeichen ÖKV-Trainerin (österreichischer Kynologenverband, einer von 2 Dachverbänden für Hundetraining)) wird zitiert, dass diese Hunde “fester zubeißen und auch nach dem Tod eines Opfer aufgrund einer genetischen Veranlagung nicht damit aufhören”. (Was der Standard nicht mit zitiert hat, dass Eberstaller auch davon spricht, “dass diese Hunde nicht mehr oder minder böse zur Welt kommen”).

Robert Markschläger wird “zitiert”, dass ein Berührungsreiz das Verhalten ausgelöst hat (Das Zitat ist im Originalartikel nicht auffindbar) und fordert eine “artgerechte Erziehung von Welpen, um positive Erstkontakte mit Menschen zu schaffen. Von Rasselisten ist er nicht überzeugt.

Genauso wenig von Rasselisten hält Tierschutz Austria und geht so weit, dass spezielle Maßnahmen bei einzelnen Hunderassen nutzlos sind.

Das KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit, Mitglieder sind ÖAMTC, ARBÖ und AUVA) fordern strengere Regeln wie es sie in Wien oder auch in Niederösterreich und Vorarlberg gibt.

Was wird vorgeschlagen?

Vorgeschlagen wird ein System für Hundeführer*innen wie in Wien. Das bedeutet (bezogen auf Listenhunde), dass ein Hundeführerschein gemacht werden muss und der Hund muss bei Antritt mind. 6 Monate alt sein. Das Führen eines solchen Hundes ohne Führerschein ist nicht erlaubt. Der Hundeführerschein besteht aus mehreren Teilen und muss auf Deutsch abgelegt werden.

Die erste Prüfung besteht aus einem theoretisch Teil und einem praktischen Teil, wo getestet wird ob der Hund mit Alltagssituationen zurecht kommt, aber auch der/die Hundehalter*in fähig ist vorausschauend zu agieren. Nach ca. 2 Jahren muss die Prüfung wiederholt werden.

Der wiener Hundeführerschein zeigt einen guten Ansatz und zwar zwingt er die Hundehalter*innen zum regelmäßigen (laschen) Training, das überprüft wird. Es gibt mit dieser Lösung, aber hat ein massives Problem: er wird nur auf die enge Liste der “gefährlichen Hunde” angewendet

Was führt zu den Hundeproblemen?

Wir leben in einer Welt, in der die Stadt & Raumplanung nicht auf Basis unserer Bedürfnisse passiert. Das bedeutet, dass es für Hunde schwer ist, sich zu integrieren. Alles ist stressig, laut, stinkt, Gehwege sind zu eng um anderen Lebewesen ordnungsgemäß auszuweichen, Plätze um sich zu lösen sind gerade in Städten rar, der Asphalt ist heiß und und und. Das sind alles keine Probleme die nur einzelne Hunde betreffen, sondern alle Hunde und ihre Führer*innen.

Aber nicht nur der Alltagsstress wirkt sich negativ auf Hunde aus. Auch wie die Hundeführer*innen mit ihren Hunden umgehen. Viele Hunde werden privat trainiert und sozialisiert. Hunde sind komplex und kein Hund gleicht dem anderen. In den letzten Jahren stieg die Belastung auf arbeitende Menschen. Mieten steigen, Löhne sinken und die Arbeitsbelastung steigt trotzdem weiter. Freizeit wird rar und damit auch die Zeit in der der Hund trainiert werden kann. Auch Corona gab einen weiteren Schub an Problemen mit dem Hundetraining. Hundeschulen waren geschlossen, die Menschen im Lockdown eingesperrt in ihren Wohnungen und so wurde den Hunden die Chance genommen sich an die menschliche Welt zu gewöhnen. Der KFV hatte mehr Hundebisse für das 2. Corona-Jahr prognostiziert. Dieser überhöhte Stress, den die Hunde in unserer Welt erleben, schlägt sich nicht nur auf die sogenannten Rasselisten nieder, sondern auch auf “ungefährliche” Rassen wie Hütehunde wie Border Collies, wo einer Vertreter vor kurzem eine Schulklasse attackierte.

Die Rasse beschreibt nur rund 9% des Hundeverhaltens, der Großteil wird durch Sozialisierung gegeben. Ein Hund durchlebt mehrere Phasen in denen die richtige Prägung ausschlaggebend für das spätere Leben ist. Es gibt auch nicht “aggressiv” gezüchteten Rassen. Was es schon gibt, sind Rassen mit Eigenschaften die sie aggressiv wirken lassen. Die verschiedenen Rassen haben für ihre jeweiligen Aufgaben spezielle Physiologien, wie einen extra weichen Kiefer (Retriever-Hunde), einen Kiefer die nicht wieder loslassen (Staffs) oder einen höheren Energietrieb (Border Collies oder Schäfer).

Ein American Staffordshire Terrier, wie jener der jetzt die tödlichen Bisse setzte hat folgendes Rassebild:

“Er sollte ein solide gebauter Hund sein, der muskulös, aber beweglich und gefällig wirkt. Er zeigt ein großes Interesse an allem, was in seiner Nähe vor sich geht. Er sollte untersetzt und gedrungen sein, nicht langbeinig oder leicht gebaut. Sein Mut ist sprichwörtlich.”

Weiters:

“Disqualifizierende Fehler:

  • Aggressive oder übermäßig ängstliche Hunde

  • Hunde, die deutlich physische Abnormalitäten oder Verhaltensstőrungen aufweisen”

Der American Stafford wird also gar nicht aggressiv gezüchtet und im Gegenteil das ist eine KO-Kriterium für eine angemeldete Zucht. Diese angemeldeten Zuchtstätten sind aber nicht möglich, weil sie in Wien zum Beispiel verboten sind. Damit bleibt nur die illegale Zucht ohne Kontrolle durch entsprechende Expert*innen.

Vor diesem Hintergrund macht auch ein Verbot der gesamten Rasse, wie es Florian Klenk fordert, auch keinen Sinn, sondern ist nur unwissenschaftlich. Was aber Sinn macht, sind eben Maulkorb und Leinenpflicht, allerdings dürfen diese nicht nur auf spezielle Rassen angewandt werden, sondern auf alle. Kleine Hunde sehen für einen erwachsenen Menschen süß aus, können aber für Kinder durchaus gefährlich werden.

Wie kann man die Probleme lösen?

Wenn man die Probleme erst aufgreift, wenn sie auftreten, ist es zu spät. Es braucht bereits Massnahmen vor der Adoption eines Hundes und begleitende Massnahmen.

  1. Es braucht eine Gesetzgebung die die Adoption strenger reguliert und einen stärkeren Fokus auf das Zusammenspiel zwischen Hund und Hundeführer*in legt. Regelungen für die Adoption die sich auf das Vorhandensein eines Garten, Arbeitsort und Vermögen konzentrieren, ignorieren wie die künftigen Hundeführer*innen mit den jeweiligen Hunden zusammenarbeiten und ermöglicht es nur Besserverdienern einen Hund zu adoptieren. Um zu garantieren, dass Mensch und Hund klar kommen braucht es mehrere Treffen, bevor die Adoption finalisiert wird.

  2. Der Tierschutz muss auf breitere Beine gestellt werden. Überfüllte Tierheime, wo die Arbeiter*innen zu wenig Zeit haben, sich um alle Tiere zu kümmern, ist ein Garant dafür, dass Tiere unterfordert und traumatisiert werden. Endlos große Tierheime zu bauen macht auch wenig Sinn, stattdessen braucht es ein Netzwerk von ausgebildeten Hundeführer*innen die temporär Hunde bis zur Adoption übernehmen können. Das darf nicht unentgeltlich passieren, sondern alle Kosten müssen vom Staat getragen werden. Das kann allerdings nicht die Tierheime ersetzen. Es braucht sie für medizinische Beratung, aber auch für die Expertise beim Vermitteln der Tiere. Arbeiter*innen in Tierheimen tun dies aus einer moralischen Verpflichtung und brennen sich bei dieser Arbeit aus. Es braucht mehr Personal und höhere Löhne.

  3. Um entspannte und gut sozialisierte Hunde zu garantieren braucht es ein engmaschiges Netz an Hundeschulen mit gratis Kursen und bezahlten Trainier*innen. Die Trainer*innen in den Hundeschulen machen das aus Spaß, aber mit immer mehr Problemhunden reicht das nicht. Es braucht eine faire Entlohnung pro Trainingseinheit. Diese Entlohnung kann nicht von den Hundeschulen getragen werden, bei bis zu 3 Trainer*innen pro Einheit würde das nicht stemmbar sein, sondern es braucht auch hier einen staatlichen Finanzierungsplan.

  4. Es braucht verpflichtende Kurse für Hunde und Hundehalter, um gemeinsam als Team zu wachsen. Es genügt nicht nur ein Kurs, sondern es braucht regelmäßige kurze Kurse um an etwaigen Problem zu arbeiten bzw. den Hundführer*innen mit zu geben, woran sie mit den/der Hund/Hündin arbeiten müssen. Nur so können Probleme früh erkannt und bearbeitet werden.

  5. Es braucht eine andere Stadtplanung mit mehr Grünflächen und Parks für Hunde. Im Bezirk Vöcklabruck gibt es keinen einzigen umzäunten Hundepark, um die Hunde ohne Leine spielen zu lassen und Sozialisierungserfahrungen zu sammeln. Das ist gefährliche Bezirks- und Gemeindepolitik!

 

Viele der Hundeschulen betrachten sich als unpolitisch, aber die oben genannten Punkte sind politisch. Die Finanzierung des vorgeschlagenen Programms wäre über eine Vermögenssteuer finanzierbar. Über diese Vermögenssteuer könnte auch der Sozial- und Gesundheitsbereich ausfinanziert werden. All das wäre möglich mit einer kämpferischen Bewegung. Ein erster Schritt könnte ein Block bei einer Klimademo sein. Die Forderung nach mehr Grünfläche würde auch mehr Verbündete in der Klimademo um sich sammeln. Der Kapitalismus baut seine Städte so wie es für die kapitalistische Produktion am meisten Sinn macht, aber nicht für die Arbeiter*innen und ihre Wegbegleiter*innen die darin leben müssen. Eine gesündere Stadt für Hunde bedeutet auch eine gesündere Stadt für Menschen. Eine Stadt ohne lautem Individualverkehr, eine Stadt mit Grünflächen bei jedem Häuserblock, eine Stadt die nicht ihre Bewohner*innen bis in die Aggressivität stresst. All das wird uns der Kapitalismus nicht schenken, sondern wir müssen es uns erkämpfen. Wir müssen uns organisieren, damit wir ein besseres gemeinsames Leben bekommen.

 

 

Quellen:

 

Rohrkrepierer der Verbrenner-Industrie

von Stefan Brandl

Nehammer bekennt sich zum “Autoland” Österreich - gemeint ist damit die für das Klima und für die soziale Mobilität katastrophale weitere Förderung des Individualverkehrs statt des Ausbaus von öffentlichen Verkehrsmitteln. Doch es kommt noch schlimmer: Statt hier dann - wie in vielen anderen Teilen der Welt - auf E-Autos zu setzen, hält man am Verbrenner-Motor fest. Geändert werden soll nur, was verbrannt wird: “E-Fuels” (= Elektro-Treibstoff, synthetisch hergestellt) sind die neue Hoffnung. Warum aber genau in Österreich?

Die österreichische Autoindustrie ist von der Weltwirtschaft nicht isoliert: Insbesondere mit Deutschland gibt es enge Verbindungen und Abhängigkeiten. Die österreichische Industrie ist dabei hauptsächlich Zulieferin - 87% aller Produkte werden exportiert, mehr als die Hälfte nach Deutschland. Die deutsche Autoindustrie strauchelt selbst enorm: Stellen werden massenhaft abgebaut. Vor allem die Zulieferer mit einem Beschäftigungsrückgang von 6%. Der neue Kalte Krieg zwischen China und den USA geht auch an der deutschen Industrie nicht vorbei: Chinesische Akkus für E-Autos können nicht wie bisher importiert werden. Darum wurde versucht, diese selbst zu produzieren. Doch man konnte mit den chinesischen Akkus nicht mithalten. Weil hier der Wettbewerb verloren worden ist, wird jetzt versucht, mit E-Fuels eine eigene Nische zu finden - mit Märchen von “Nachhaltigkeit” soll über deutsche (und österreichische) Kapitalinteressen hinweg getäuscht werden.

Doch E-Fuels sind keine Lösung: Sie speichern nur 40% der Energie des Stromes, der für die Synthetisierung notwendig ist - der Verbrenner-Motor (egal mit welchem Treibstoff) kann dann wiederum nur rund 30% der Energie des Kraftstoffes zur Fortbewegung nutzen: Das Ganze hat also einen Wirkungsgrad von ca. 12% - “Klimafreundlichkeit” sieht anders aus. Gleichzeitig retten E-Fuels auch keine Jobs: Selbst die auf Verbrenner spezialisierte Industrie in (Ober-)Österreich baut seit 2018 Jobs ab, Zulieferer leiden darunter genauso. Gewerkschaftsführungen finden bis jetzt keine Antworten auf das künstlich geschaffene “Jobs-Klima” Gegensatzpaar (siehe S.13).

Verkehrswende statt Antriebswende

Im deutschen Hauptwerk von Ford sollen 3,000 (von 14,000) Jobs abgebaut werden - Schuld seien die E-Autos, weil sie aus weniger Teilen bestehen und leichter zusammenzubauen sind. ZKW, ein Zuliefer-Betrieb in Österreich, kündigte an, dass 600 Stellen gestrichen würden. Der Grund: “Steigende Energiekosten”. Das ist nur die Spitze des Eisbergs: Durch die Abhängigkeiten von Deutschland wird Österreich öfter und mehr Stellen abbauen müssen. Der Kapitalismus hat uns nicht mehr zu bieten als die Wahl zwischen fossilen Dreckschleudern mitsamt SUVs oder “Stellenabbau wegen Klima”. Eine Umstellung auf E-Autos kratzt hier auch nur an der Oberfläche und steht vor denselben Problemen: Fachkräfte fehlen, Investitionen werden nicht getätigt, Bahn und ÖPNV sind unterfinanziert - wenn Verkehrsbetriebe den Fahrplan zusammenrücken, dann nicht weil niemand Öffis fährt, sondern weil die Infrastruktur und die Flotten (Busse, Straßenbahnen, etc.) nicht “rentabel” sind.

Wir brauchen keine “Transformation” des Antriebs, sondern ein anderes Wirtschaftssystem und damit verbunden die Vergesellschaftung der Fahrzeugindustrie unter der demokratischen Kontrolle von Beschäftigten - den wahren Expert*innen. Die Proteste müssen unter gemeinsamen Aktionen und Forderungsprogrammen zusammengeführt werden. Nur so können alle Jobs, Löhne und Arbeitsbedingungen sichergestellt werden. Für diese echte Mobilitätswende gibt es genug Bündnispartner*innen: Klimabewegung, Beschäftigte der Autoindustrie und die gesamte Arbeiter*innenbewegung.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Wetterkatastrophen eskalieren? Streik und Proteste aufbauen!

Yasmin Morag

Während der letzten Monate war die Welt den extremsten Wettereignissen seit Jahrhunderten ausgesetzt, vielleicht sogar überhaupt. Sogar Österreich ist von einer extremen Hitzewelle in einer Woche, hin zu Sturzfluten, Hochwasser und Erdrutschen in der nächsten Woche geschlittert. Das Wetter dieses Jahr brach bereits Rekorde seit Beginn der Aufzeichnungen.

Juni und Juli waren die heißesten Monate auf der Erde, die schlimmsten Waldbrände Nordamerikas verschmutzen die Luft für hunderte Millionen Menschen, Zyklon Freddy ist der stärkste gemessene tropische Zyklon und Peking hat die stärksten Niederschläge seit hundert Jahren.

Auch Europa war von Hitzewellen, gefolgt auf Starkregen betroffen. Das Hochwasser in Slowenien ist die schlimmste Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes. Die Schäden für Europa gehen in die Milliarden.

Auch in Österreich waren tausende Menschen von den schweren Niederschlägen, Hagel und Hochwasser betroffen. 2023 gab es in Kärnten Rekord Schäden durch Naturereignisse. Viele Menschen haben ihr Zuhause verloren oder mussten evakuiert werden, und Versicherungen decken häufig die Schäden nur teilweise ab, wodurch viele Betroffene auf Zehntausenden Euro für Reparaturen sitzen bleiben. Der Zugang zu Katastrophenhilfsfonds ist nicht garantiert, und die Höhe der Hilfen, die Unterstützung bei der Beantragung und wer am Ende Hilfen erhält und wer nicht - sind intransparent. Versicherer sagen, wir sollen einfach unsere Schutzbriefe erweitern. Warum sollen sie sich bereichern dürfen, während unser Zuhause verwüstet wird???

Millionen Menschen weltweit müssen ihre Heimat verlassen, weil diese unbewohnbar wird. Arbeiter*-innen und Arme bilden die Mehrheit in besonders von extremen Wetterereignissen betroffenen Regionen, und viele leben in unsicheren Häusern, die den Naturgewalten nicht gewachsen sind. Arbeiter*innen müssen zur Arbeit gehen während Hitze, Stürme und Starkregen wüten. Häufig arbeiten Sie unter unzumutbaren Umständen wie großer Hitze ohne ausreichende Belüftung oder Pausen. Obdachlose Menschen sind besonders von diesen Ereignissen betroffen.

Die Subventionen für fossile Energie sind auf ein globales Allzeithoch geklettert. Die Herrschenden gaben dem Widerstand der Massen nach und machten scheinheilige Versprechungen, die Wirtschaft nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Im Angesicht wachsender imperialistischer Spannungen, distanzieren Sie sich von ihren Versprechen.

Anstatt nachhaltige Energielösungen zu suchen, welche der Menschheit eine Zukunft auf diesem Planeten ermöglichen könnte, werden schnelle, nationale Lösungen von Ländern umgesetzt.

Für was kämpfen wir?

-> Man darf sich nicht auf Freiwillige verlassen! Bezahlung von Freiwilligen Hilfskräften. Ausbau von Rettungskräften und Aufbau von Berufsfeuerwehren und -rettungsdiensten. Investment in Katastrophenequipment statt in Waffen und Militär.

-> Massive Investitionen in den gesamten Rettungsapparat, angefangen bei Rettungskräften und Ambulanzen, hin zu Intensivstationen. Investitionen in eine massive Erhöhung des Personals in all diesen Bereichen, Arbeitszeitreduzierung ohne Gehaltskürzungen!

-> Niemand darf unter gefährlichen Bedingungen arbeiten müssen! Bezahlte arbeitsfreie Tage für Menschen die von extremen Naturereignissen betroffen sind!

-> Katastrophenhilfe für alle! Hilfsfonds müssen Arbeiter*innen und armen Menschen echte Unterstützung bieten. Die Fonds sollen von demokratisch gewählten Vertreter*Innen der Arbeiter*innen, der Gemeinden und Gewerkschaften kontrolliert werden. Besteuert die gewaltigen Gewinne der Versicherer und der Energiekonzerne, um diese Hilfsfonds zu füllen!

-> Sofortiges Bleiberecht für alle Flüchtlinge aus unbewohnbaren und von extremen Wetterereignissen und Krieg betroffenen Regionen. Kostenloser und sofortiger Zugang für Flüchtlinge zu Gesundheits-, Bildungs- und Sozialleistungen sowie Wohnraum!

-> Für hochwertigen, öffentlichen, nachhaltigen Wohnraum für alle, massive Investitionen in Sozialprogramme, psychologische Unterstützung und Hilfe - keine Obdachlosigkeit mehr!

-> Wir zahlen nicht für eure Krise! Unterstützung für alle Haushalte der Arbeiter*innenklasse. Niemand soll frierend zu Bett gehen müssen!

-> Für ein demokratisch gewähltes Komitee aus Arbeits-, Klimaktivist*Innen sowie Expert*Innen, welches die Transformation der Wirtschaft und die Notfallmaßnahmen für Betroffene überwacht.

-> Stoppt Subventionen für fossile Brennstoffe! Milliarden für die Forschung und die sofortige Umstellung der Wirtschaft hin zu Nachhaltigkeit, ohne Verlust von Arbeitsplätzen!

Kämpft für einen bewohnbaren Planeten! Demonstrieren, streiken, den Kampf ausweiten!

-> Für einen breiteren Kampf in der Gesellschaft - in Schulen, Universitäten und in den Betrieben!

-> Gewerkschaften und Aktivist*innen müssen sich dem Kampf für einen bewohnbaren Planeten anschließen - trefft die Kapitalisten dort wo es weh tut - Streik trifft die Profite der Herrschenden!

-> Vernetzt euch! für ein globales Netzwerk des Widerstands gegen das Kalkül des Kapitalismus und für eine Transformation der Gesellschaft, die eine Zukunft für Alle sichern kann.

-> Keine Sicherheit, kein Frieden unter dem Chaos und der Gier des Kapitalismus! Für eine sozialistische Gesellschaft, die das Wohlergehen der Vielen und nicht die Profite der Wenigen sichern kann! Für eine friedliche, wohlhabende und gleichberechtigte sozialistische Gesellschaft!

 

Eurovision: lustige Propaganda-Show

Noah Koinig

Als der erste “Eurovision Song Contest” (ESC) 1956 stattfand wurden Grundregeln festgelegt, so auch, dass dieser nicht übermäßig politisch sein darf. Deswegen treffen sich auch heuer wieder Menschen zusammen, um einen rein künstlerischen Wettbewerb zu halten, oder? Nein. Jede Bühne wird für politische Statements genutzt, erlaubt sind aber nur die, die dem System passen: So bestimmen die Herrschenden auch kulturelle Veranstaltungen.

Schon Marx sprach von der Macht der Herrschenden in allen Bereichen des Lebens, auch in Kunst und Kultur. Die Herrschenden tun was ihnen nutzt: es gibt keine freie, unpolitische Unterhaltung, denn überall ist die Ideologie der Herrschenden - mehr oder weniger sichtbar - drin. Die Ideologie der Herrschenden ist oft weniger erkennbar, weil sie ist, was wir dauernd und überall vorgesetzt bekommen. Filme, Fernsehen, Musik, Sport und eben auch der ESC: all diese dient zur Erhaltung ihrer Herrschaft.

Natürlich ist so ein europaweiter Wettkampf ein riesen Geschäft für die Herrschenden. Aus diesen Gründen haben sie auch Regelungen durchgesetzt, beispielsweise dass wirtschaftlich starke Länder - wie Deutschland und Britannien - automatisch die Qualifikationsrunde schaffen.

Ideologie der Herrschenden beim ESC

Schon beim Namen Eurovision und bei der Ausführung sieht man einen großen Widerspruch. Wenn es sich um einen europäischen Wettbewerb handelt, warum sind dann Länder wie Israel vertreten? Grund ist die politische Zusammenarbeit zwischen Europa und Israel. 

Selbst die „demokratische“ Jury folgt der Ideologie der Herrschenden - in diesem Fall der European Broadcasting Union (EBU). Diese dient als Mittel zur Kontrolle. Vor 20 Jahren war “Mitbestimmung” hip und die Bevölkerungen erhielten volle Abstimmungsmöglichkeiten im Finale. Das führte aber zu Vorfälle, die nicht zur “heilen Welt"-Ideologie passten, wie Spaßnummern oder eine Heavy Metal Band als Gewinner und führte wieder zu strengerer Kontrolle. Ab 2008 wurde die Jury wieder eingeführt und erhielt 50% des Stimmrechts. Begründung war, dass die “Jury als Gegengewicht zu Punkteschiebereien unter Nachbarländern” fungiert - während die Jury selbst gerne Punkteschieberei bei politischen Beziehungen macht, wie Griechenland und Zypern. Die Jury bestand nun aus “Expert*innen”, die von der EBU gestellt wurden. Zusammengefasst hatte die Bevölkerung bei einem „demokratischen” Wettbewerb das gleiche Stimmrecht wie die EBU selbst.

Die Ideologie der Herrschenden wird gern unter dem Vorwand, „unpolitisch" zu sein, durchgesetzt. So wurden in der Vergangenheit Songs verboten, da sie zu „politisch“ waren: Auch politische Taten allgemein wurden bestraft. Die österreichische Politband Schmetterlinge wurde 1977 für “Boom Boom Boomerang” das die Musikindustrie kritisiert, abgestraft. Und auch 2019 in Israel: Die isländische Band Hatari zeigte im Finale eine palästinensische Flagge, um auf den Israel-Palästina Konflikt aufmerksam zu machen. Daraufhin bekam die Band eine Geldstrafe und der Vorfall wurde aus der finalen Version herausgeschnitten. 

Der ESC hat eine lange Geschichte an Rainbow-Washing und wird gern als „Gay-Christmas“ bezeichnet. Das hat nichts damit zu tun, dass sich die EBU aktiv für LGBTQ+ Rechte einsetzt, sondern nur um ihnen ein queeres Image zu geben. Am ESC nehmen jährlich mehrere Länder mit starker anti-LGBTQ+ Politik teil, wie Polen und Ungarn. Ein Wettbewerb, der “queere Identität zelebriert", wird aber nicht als Plattform genutzt, um sich gegen Homophobie auszusprechen. Der Grund ist, dass Länder wie Polen wirtschaftliche und politische Bündnispartner sind und man will ja nicht die Partner verärgern.

Kritik bei Kunst und Kultur

Jede Art von „unpolitischer“ Kunst läuft streng nach der Ideologie der Herrschenden. Und diese bestimmen auch, was als politisch gilt und was nicht - so ist die Kritik an Israel von Hatari zu politisch, aber Kritik gegenüber dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine ist erwünscht. Aus diesem Grund kann die EBU trotz all der politischen Botschaften am ESC jedes Jahr unterstreichen, dass der Songcontest nicht politisch sei - und damit ihre Ideologie der unpolitischen Kunst verbreiten. Aus diesen Gründen soll jeder Mensch kulturellen Veranstaltungen durchaus mit Kritik gegenüberstehen. 

 

Info:

Eurovision und Russland haben eine lange Beziehung. Nachdem Russland wieder Teil der kapitalistischen Welt wurde ist es seit 1994 jedes Jahr beim ESC vertreten. 2022 wurde Russland zum ersten Mal vom Wettbewerb ausgeschlossen von der EBU aufgrund des Krieges in der Ukraine. In der Vergangenheit wurde bei kriegerischen Auseinandersetzungen Russlands weggeschaut: so auch beim Georgienkrieg in 2008 - Russland war sogar im folgenden Jahr Austragungsort des ESC - oder bei der Annexion der Krim. Es handelt sich also nicht um Friedenspolitik des ESC sondern um geopolitische Interessen.

 

Bild: Michael Doherty / Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Mangel an Medikamenten weil Pharmaindustrie nach Profiten giert

Margarita Wolf und Katja Straka

Viele Medikamente sind derzeit nicht lieferbar, als Ursache werden Lieferketten-Probleme genannt. Rufe nach der Rückführung der Produktionsstätten in die westliche Welt werden lauter, auch nach Europa. Die Firma Seqens in Frankreich soll 13 Wirkstoffe wieder im Land produzieren, dafür übernimmt der Staat ein Drittel der Kosten. Die zukünftigen Gewinne, wieder finanziert zumindest teilweise aus den Geldern der öffentlichen Krankenkassen, bleiben in privater Hand! 

Auch 2019 kam es zu einer Knappheit von 282 Pharmazeutika im ersten Quartal. Darunter ein Chemotherapie-Medikament für Krebsbehandlungen bei Kindern. Nicht Lieferkettenprobleme oder Wirkstoffknappheit waren die Ursache, sondern das Einstellen der Produktion durch eine Firma. Die Entscheidung traf diese allein, weil das Produkt nicht gewinnbringend war. Seitdem wird es nur mehr von einem einzigen Unternehmen hergestellt (Pfizer), eine Monopolbildung, die in der Pharmaindustrie keine Seltenheit ist. Actilyse (das Notfallmedikament bei Schlaganfällen) wird nur von einem einzigen Hersteller erzeugt – Boehringer Ingelheim in Deutschland. Das Unternehmen hat im Sommer 2022 bekannt gegeben, dass es die kommenden 1 ½ Jahre zu Engpässen kommen wird. Der Konzern begründet das mit einer gestiegenen Nachfrage und dem Mangel an Kapazitäten. 

Die Pharmakonzerne orientieren sich nicht am Bedarf, sondern an der Gewinnspanne eines Medikaments. Profite stehen im Vordergrund, nicht die Gesundheit der Menschen. Wir fordern im Gegenteil die komplette Überführung der Produktion in gesellschaftliches Eigentum. Auch in welchen Bereichen Forschung betrieben wird, muss demokratisch und im Interesse der Menschen, nicht der Profite entschieden werden. So kann Mangel verhindert und die Bedürfnisse der Bevölkerung gedeckt werden. Das ist die einzige Alternative zum Wahnsinn des Kapitalismus, der uns krank macht und permanent dafür sorgt, dass wir nicht wieder gesund werden.

Narrenfreiheit bei der Preisgestaltung

Monopole und Patente ermöglichen den Pharmakonzernen, frei über Preis und Verfügbarkeit bestimmen zu können. Die öffentlichen Institutionen sind die größten Abnehmer und finanzieren mit öffentlichen Geldern private Profite: Österreichs ehemaliger Wirtschaftsminister Martin Bartenstein besitzt Anteile an einem Pharmaunternehmen, das 2018 einen Umsatz von 156 Millionen Euro machte. Nach Ablauf der Patente produziert es billigere Generika und verkauft diese gewinnbringend dem österreichischen Gesundheitswesen. 

Die Behandlung gegen die seltene Muskelerkrankung SDMA kostet unfassbare 2,125 Millionen Dollar! Nach langen Verhandlungen ist es nun auch in Europa genau um diesen Preis erhältlich. Der revolutionäre Charakter aus medizinischer Sicht ist unumstritten, die Forschung dafür wurde allerdings aus öffentlichen Mitteln bezahlt. Als das Produkt dann fertig ausgefeilt war, hat sich der Multikonzern das Unternehmen einverleibt und kann jetzt den Preis bestimmen. Das jeweilige Forschungsgebiet wird von Prestige und Preisfaktoren bestimmt und hängt stark davon ab, in welcher Region der Erde die Krankheit vorwiegend vorkommt bzw. ob es dort entsprechend zahlungskräftige Abnehmer*innen gibt (siehe dazu Infobox).

Covid-Pandemie verstärkt Widersprüche

Die Pandemie hat das Kräfteverhältnis noch weiter zu Gunsten der Pharmaindustrie verändert. Die Umsätze und Gewinne in dieser Branche sind unvorstellbar hoch. Zwischen 1999 und 2017 machten die 11 größten Pharmaunternehmen 1.019 Milliarden Dollar Profit – 90,8% dieser Gewinne wurden nicht in Forschung investiert, sondern an die Aktionär*innen ausgeschüttet. Trotzdem wurde die Impfstoffentwicklung größtenteils durch EU-Gelder finanziert, Mittel aus Steuergeldern. Die Profite streichen nun die privaten Unternehmen ein, nicht ein einziger Impfstoff ist ein gesellschaftliches Allgemeingut, sondern ein privates Patent, mit dem Big Pharma weitere Milliarden verdient. 

 

Info:

Die Entscheidung, wo und in welchem Bereich Forschung betrieben wird, ist von Profit getrieben. 1,7 Milliarden Menschen sind weltweit von NTD (vernachlässigten Tropenkrankheiten) betroffen, wobei die Hälfte der Weltbevölkerung durch sie gefährdet ist (Info: Tierärzte ohne Grenzen). 35% der Erkrankten leben in Regionen südlich der Sahara. Sie sind arm: 50% müssen mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zurechtkommen. Eine der weit verbreitetsten NTD ist das Dengue Fieber. Jährlich infizieren sich laut Tropeninstitut 284-528 Millionen Menschen weltweit. 2019 starben z.B. auf den Philippinen 1.021, davon 40% Kinder. 

Erst vor ca. zehn Jahren ist es erstmals in Europa aufgetreten. Seitdem wird an einem Impfstoff geforscht. Dass das Dengue-Virus schon seit mindestens den 1960-er Jahren sein Unwesen im afrikanischen und asiatischen Raum treibt und sich seit Jahrzehnten ausbreitet, war Big Pharma bis dato egal.

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Hungern für Profite

Stefan Brandl

Hunger betrifft weltweit knapp 800 Millionen Menschen, 91% davon in Asien und Afrika. Die Herrschenden geben sich betroffen. Dabei ist Hunger kein unabwendbares Schicksal, das durch Naturkatastrophen oder “Misswirtschaft” erklärt werden kann, sondern nur eine Erscheinung der kapitalistischen Wirtschaftsweise und der bewussten politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen ihrer Institutionen. 

Hunger durch Kapitalismus und Ausbeutung

Kapitalismus führt auf vielerlei Art zu Hunger: Durch Landraub - Beschlagnahmung oder Aufkaufen von Landflächen durch Regierungen, Konzerne oder (ausländische) Investoren - und Monokulturen für kurzfristige Profite bis hin zu Klimawandel und Kriegen. Mitgemeint ist auch Trinkwassermangel, v.a. im Nahen Osten und Zentralasien. Bewässerungsanlagen für Plantagen zum Export, Minen und Industrien von v.a. internationalem Kapital führen zu Trinkwassermangel für die Bevölkerung.

Viele kennen UNO Welthungerhilfe, Unicef und viele NGOs, die um Spenden keilen. Weniger bekannt: Seit Jahrzehnten unterstützt die UN Regierungen, die Landraub durch Erpressung, Militär oder Enteignung forcieren, mit Krediten, Handelsabkommen oder “Entwicklungshilfe”, auch um schnelle Profite für Konzerne zu generieren. Auf Druck werden Lebensmittel billig produziert und für den internationalen Markt exportiert, anstatt lokal verwendet zu werden.

Hunger & Durst: Erbe von Kolonialismus & Imperialismus

Die Grundlage für die extreme Ausbeutung liegt in der Kolonialzeit und der Ausbeutung von Rohstoffen und menschlicher Arbeit. Nach 1945 erschwerten Unabhängigkeitsbewegungen die Ausbeutung; bis schließlich die direkte Kolonialherrschaft aufgegeben werden musste. Doch man stellte sicher, dass die wirtschaftlichen Verbindungen und Abhängigkeiten zu europäischem und US-Kapital blieb. Statt durch einen direkten Kolonialherren wurde die Bevölkerung nun von willigen und korrupten heimischen Eliten ausgebeutet, die eher Marionetten der ehemaligen Kolonialmächte sind und sich durch den Handel bereichern. 

IWF, Weltbank sowie diverse NGOs und die Entwicklungshilfe der imperialistischen Staaten sind Instrumente, die das weiterführen. Sie zahlen Kredite an “unterentwickelte” Staaten, um in Form von Schulden die Abhängigkeit aufrechtzuerhalten. Auch einzelne Nationalstaaten, darunter auch China mit der “Belt and Road”-Initiative, versuchen mit Kredit-Ausbeutung (nachteilige Kreditbedingungen mit Wucherzinsen) Infrastruktur aufzukaufen und Abhängigkeiten zu verstärken. Insbesondere im Rahmen der Blockbildung (“USA vs. China”) der letzten Jahre sowie des Wettlaufs um Märkte und Ressourcen werden neokoloniale Länder zwischen den beiden Blöcken zerrieben, die natürliche und menschliche Ressourcen wie auch Bodenschätze umso stärker ausbeuten.

Als einziges wirksames Programm gegen weltweiten Hunger müssen alle Profiteure der Lebensmittelindustrie enteignet werden - mit der aktuellen Produktion könnten bis zu 12 Milliarden Menschen ernährt werden. Massenbewegungen müssen geraubtes Land vor Ort wieder zurück erkämpfen und die Streichung aller Schulden erkämpfen. Statt Spenden für NGOs können wir sehr konkret den Kampf der Arbeiter*innen, Landwirt*innen und Landlosen vor Ort unterstützen!

 

INFO:

Bis 2015 ist die Zahl der Hungernden weltweit zumindest offiziell zurückgegangen. Klimawandel, Corona-Pandemie, Blockbildung und Kriege führen zu einer Zunahme vor allem an “akut” Hunger leidenden - also den am stärksten unterernährten Teilen. Trotz Produktionskapazitäten für über 12 Mrd. Menschen (Weltbevölkerung ~ 8 Mrd.) müssen Millionen Menschen für Profite hungern.

 

Bild: Taz, CC BY 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/2.0>, via Wikimedia Commons

 

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