Hungern für Profite

Stefan Brandl

Hunger betrifft weltweit knapp 800 Millionen Menschen, 91% davon in Asien und Afrika. Die Herrschenden geben sich betroffen. Dabei ist Hunger kein unabwendbares Schicksal, das durch Naturkatastrophen oder “Misswirtschaft” erklärt werden kann, sondern nur eine Erscheinung der kapitalistischen Wirtschaftsweise und der bewussten politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen ihrer Institutionen. 

Hunger durch Kapitalismus und Ausbeutung

Kapitalismus führt auf vielerlei Art zu Hunger: Durch Landraub - Beschlagnahmung oder Aufkaufen von Landflächen durch Regierungen, Konzerne oder (ausländische) Investoren - und Monokulturen für kurzfristige Profite bis hin zu Klimawandel und Kriegen. Mitgemeint ist auch Trinkwassermangel, v.a. im Nahen Osten und Zentralasien. Bewässerungsanlagen für Plantagen zum Export, Minen und Industrien von v.a. internationalem Kapital führen zu Trinkwassermangel für die Bevölkerung.

Viele kennen UNO Welthungerhilfe, Unicef und viele NGOs, die um Spenden keilen. Weniger bekannt: Seit Jahrzehnten unterstützt die UN Regierungen, die Landraub durch Erpressung, Militär oder Enteignung forcieren, mit Krediten, Handelsabkommen oder “Entwicklungshilfe”, auch um schnelle Profite für Konzerne zu generieren. Auf Druck werden Lebensmittel billig produziert und für den internationalen Markt exportiert, anstatt lokal verwendet zu werden.

Hunger & Durst: Erbe von Kolonialismus & Imperialismus

Die Grundlage für die extreme Ausbeutung liegt in der Kolonialzeit und der Ausbeutung von Rohstoffen und menschlicher Arbeit. Nach 1945 erschwerten Unabhängigkeitsbewegungen die Ausbeutung; bis schließlich die direkte Kolonialherrschaft aufgegeben werden musste. Doch man stellte sicher, dass die wirtschaftlichen Verbindungen und Abhängigkeiten zu europäischem und US-Kapital blieb. Statt durch einen direkten Kolonialherren wurde die Bevölkerung nun von willigen und korrupten heimischen Eliten ausgebeutet, die eher Marionetten der ehemaligen Kolonialmächte sind und sich durch den Handel bereichern. 

IWF, Weltbank sowie diverse NGOs und die Entwicklungshilfe der imperialistischen Staaten sind Instrumente, die das weiterführen. Sie zahlen Kredite an “unterentwickelte” Staaten, um in Form von Schulden die Abhängigkeit aufrechtzuerhalten. Auch einzelne Nationalstaaten, darunter auch China mit der “Belt and Road”-Initiative, versuchen mit Kredit-Ausbeutung (nachteilige Kreditbedingungen mit Wucherzinsen) Infrastruktur aufzukaufen und Abhängigkeiten zu verstärken. Insbesondere im Rahmen der Blockbildung (“USA vs. China”) der letzten Jahre sowie des Wettlaufs um Märkte und Ressourcen werden neokoloniale Länder zwischen den beiden Blöcken zerrieben, die natürliche und menschliche Ressourcen wie auch Bodenschätze umso stärker ausbeuten.

Als einziges wirksames Programm gegen weltweiten Hunger müssen alle Profiteure der Lebensmittelindustrie enteignet werden - mit der aktuellen Produktion könnten bis zu 12 Milliarden Menschen ernährt werden. Massenbewegungen müssen geraubtes Land vor Ort wieder zurück erkämpfen und die Streichung aller Schulden erkämpfen. Statt Spenden für NGOs können wir sehr konkret den Kampf der Arbeiter*innen, Landwirt*innen und Landlosen vor Ort unterstützen!

 

INFO:

Bis 2015 ist die Zahl der Hungernden weltweit zumindest offiziell zurückgegangen. Klimawandel, Corona-Pandemie, Blockbildung und Kriege führen zu einer Zunahme vor allem an “akut” Hunger leidenden - also den am stärksten unterernährten Teilen. Trotz Produktionskapazitäten für über 12 Mrd. Menschen (Weltbevölkerung ~ 8 Mrd.) müssen Millionen Menschen für Profite hungern.

 

Bild: Taz, CC BY 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/2.0>, via Wikimedia Commons

 

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