Frauen und LGBT

Gefährlicher christlicher Fundamentalismus

Am Samstag den 20.6. fand in Wien nicht nur die Regenbogenparade statt. Unter dem Titel "Marsch für die Familie" versuchte ein wiederliches Bündnis aus christlichen Fundamentalisten, Erzkonservativen und Rechtsextremen zu marschieren. Die Polizei hatte die Proteste dagegen weitgehend verboten. Doch das hinderte hunderte Menschen in der Wiener Innenstadt nicht daran sich für Frauen- und LGBTQ-Rechte quer zustellen. Bei der Kundgebung der christlichen Fanatiker waren VertreterInnen der FPÖ sowie der ÖVP anwesend, ÖVP-Bezirksvorsteherin Stenzl war da, aus dem ÖVP-Parlamentsclub gab es Grußworte vom ex-Stronach und jetzt ÖVP-Abgeordneten Franz (O-Ton: "Ob der Popsch hält, was der Blick verspricht. Das erfahren zu wollen wird nun bestraft."). Polnische Rechtsextreme, die letztes Jahr hangreiflich geworden waren nahmen ebenso teil wie der ehemalige Sprecher von Pegida Nagl. Das zeigt auch, wie lang der Arm der Kirche immer noch ist. Redner forderten u.a. die Bestrafung von Frauen die eine Abtreibung durchführen lassen, hetzten gegen Moslems und Flüchtlinge und riefen dazu auf möglichst viele christliche Kinder zu zeugen. Der Protest dagegen war laut und offensichtlich erfolgreich: der Zug der Fundis musste von der Polizei durch Nebenstraßen eskortiert werden. VertreterInnen der SLP machten klar: Fundis sind hier unerwünscht!

 

Religiöse Fundamentalistinnen stoppen - Gegen Homophobie und Sexismus

Den religiösen FundamentalistInnen ist die Regenbogenparade ein Dorn im Auge. Der reaktionärste Flügel von Kirche und AbtreibungsgegnerInnen veranstaltet daher auch heuer ihren "Marsch für die Familie". Als OrganisatorInnen tritt Pro Vita auf. Dabei kommen nicht nur harmlose Spinner, sondern Rechtsextreme, Frauenfeinde, Homophobe und radikale AbtreibungsgegnerInnen zusammen. Bei ähnlichen Treffen wird schon mal gegen Moslems/Muslima gehetzt und der Holocaust verharmlost, inhaltlich gibt es Überschneidungen zur Neonazi-Szene. 

Ihre Forderungen bedeuten einen Rückschritt um Jahrzehnte, teilweise Jahrhunderte, v.a. für Frauen. So verlangen sie u.a. die Abschaffung von Aufklärungsunterricht und Kinderkrippen. Tatsächlich wird durch einen erschwerten Zugang zu Aufklärung, Verhütung und Abtreibung aber nur die Verbreitung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten erreicht - und das Frauen sterben. Schon jetzt stirbt alle 7 Minuten eine Frau an einer unsachgemäß durchgeführten, weil illegalen, Abtreibung. 

Unterstützt werden solche reaktionären Ideen aus den Religionsgemeinsschaften, insbesondere der katholischen Kirche. Diese ist eine der reichsten Organisationen in Österreich, u.a. der größte private Landbesitzer, muss aber für ihre Ländereien nicht einmal Steuern zahlen! Ihre Privatschulen lässt sie sich dafür vom Staat mitfinanzieren. Und ihre enormen Privilegien nutzt sie auch um reaktionäre Ideen zu verbreiten. Wie stark ihr Einfluss noch ist haben die jüngsten Erreignisse in Niederösterreich gezeigt!

Bei den Protesten gegen die religiösen FundamentalistInnen geht es aber nicht nur darum die Absurdität und Gefährlichkeit ihrer Ideen aufzuzeigen. Es geht auch darum, selbst Forderungen aufzustellen, um die Lage endlich zu verbessern:

  • Umfassenden Aufkärungsunterricht in Schulen und Kindergärten inkl. "Gebrauchsanleitung" für Verhütungsmittel
  • Kostenlose Abgabe und leichter Zugang zu Verhütungsmitteln unabhängig von der Einverständnis der Eltern
  • Kostenlose Schwangerschaftsabbrüche in allen öffentlichen Spitälern bzw. allen Spitälern die Geld von der öffentlichen Hand bekommen
  • Schwangerschaftsabbruch raus aus dem Strafgesetz - Schluss mit der Kontrolle des weiblichen Körpers!
  • Ein garantierter Kindergarten- und Krippenplatz für jedes Kind
  • Kirchen/Religionsgemeinschaften raus aus Schulen und staatlichen Einrichtungen. Schluss mit allen Privilegien von Religionsgemeinschaften. Religion ist Privatsache und darf keine rechtliche oder finanzielle Unterstützung durch den Staat erhalten.
  • Volle Gleichstellung aller Lebensgemeinschaften

Auch dieses Jahr gibt es Proteste gegen die religiösen FanatikerInnen - die SLP ist Teil davon. Mach mit!

https://www.slp.at/termine/christliche-fundis-stoppen

Rote Seitenblicke: Vorstadtweiber

„Vorstadtweiber“ heißt die neueste ORF-Serie, mit der versucht wird, am Erfolg der amerikanischen „Desperate Housewives“ mitzunaschen. Klatsch und Tratsch statt kritischer oder auch nur origineller Formate scheint beim ORF Programm zu sein. So unangenehm der Titel klingt, scheint auch der Rest der Serie zu sein. Hier werden Intrigen der „Reichen und Schönen“ konstruiert, die mit den Lebensrealitäten der meisten österreichischen Frauen nichts zu tun haben. Die Charaktere sind flach, was aber durch mehr „skandalöse“ Handlungswendungen ausgeglichen werden soll. Während sich in Österreich eine weitere Verschlimmerung der Krise mit allen sozialen Folgen anbahnt, wird im staatlichen Fernsehen auf Ablenkung gesetzt. Während immer mehr Frauen in Armut abrutschen, wird hier so getan, als wären die wirklich leidgeplagten Teile unserer Gesellschaft Ehepaare in Wiener Nobelbezirken.

Zwischen Eifersucht, skurrilen Dreierkonstellationen sowie Grundstücksspekulation und den wirklichen Sorgen vieler Menschen in diesem Land, die oft nicht wissen wie sie ihre Miete oder den nächsten Einkauf bezahlen sollen, liegen Welten. 13% der österreichischen Frauen sind von Armut betroffen, gleichzeitig wird etwa bei Frauenhäusern gekürzt. So wird Frauen ohne das nötige Kleingeld die Möglichkeit genommen, einer gewalttätigen Beziehung zu entfliehen. Wie zynisch, dass der ORF ausgerechnet eine Serie über Sorgen und Problemchen Döblinger VillenbesitzerInnen produziert – und die restlichen Medien sich Seitenlang damit beschäftigen.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Frauen: Mehr als Kaffee kochen!

Sarah Krenn

Der 8. März ist der internationale Frauenkampftag - deshalb waren wir in ganz Österreich auf der Straße. Warum ist es ein Kampftag? Weil die Realität auch 2015 so aussieht, dass Frauen als kostenlose Arbeitskräfte eingesetzt werden und sich der Staat Milliarden spart, indem er nicht mehr Geld für Bildung und Soziales rausrückt, sondern dort sogar spart. Hausarbeit, Angehörigenpflege und Kinderbetreuung wird auf Frauen abgewälzt.

Deshalb haben wir am 6.3. in Gmunden eine Kundgebung abgehalten, bei der SLP-Aktivist Simon Stockhamer in seiner Rede betonte, dass "die Forderungen mancher FPÖlerInnen, Frauenhäuser zu schließen, Schritt für Schritt von der Regierung durch diverse Kürzungen umgesetzt wird."

In Graz nahmen wir am 7.3. an der Demo zum internationalen Frauenkampftag teil. Wir haben sehr erfolgreich Zeitungen verkauft, Flyer verteilt und Gespräche geführt.

In Wien organisierten wir einen eigenen Demozug zur Frauendemo. Wir sind im 20. Bezirk gestartet und haben v.a. auf die sozialen Probleme hingewiesen, die ja Frauen besonders betreffen.

In Salzburg haben wir 8.3. eine Kundgebung unter dem Motto „Frauenrechte verteidigen, AbtreibungsgegnerInnen stoppen, Sozialabbau verhindern und Sexismus bekämpfen“ abgehalten. Immer wieder haben wir betont, wie wichtig es ist, dass wir uns organisieren und uns gegen die noch immer existierende Frauenunterdrückung wehren. Außerdem haben wir darauf hingewiesen, dass die Aktion zum 8. März von „Tschibo und Eduscho“ (bei der sie Frauen 11% Rabatt auf das gesamte Sortiment geben) keine so tolle Aktion ist, sondern vermittelt, dass wir Kaffee kochen gehen sollen. Ganz nach dem Motto „Frauen machen Revolution, nicht Kaffee!“.

Doch wir sind nicht nur zum internationalen Frauenkampftag auf der Straße, sondern kämpfen täglich für unsere Rechte. Ob es darum geht radikale AbtreibungsgegnerInnen zu stoppen wenn diese Frauen belästigen und das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper absprechen, oder ob wir gegen die Kürzungen im Gesundheits- und Sozialbereich kämpfen. Es ist also offensichtlich, dass wir uns nicht auf einen Tag beschränken und den Rest des Jahres die Füße still halten. Werde auch du ein aktiver Teil des Kampfes gegen Frauenunterdrückung, Sexismus und Rollenklischees.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

8. März Internationaler Frauenkampftag

SLP auch an diesem Tag aktiv

1910 wurde von der 2. sozialistischen Frauenkonferenz der 8. März als internationaler Arbeiterinnen-Frauenkampftag beschlossen. Seit damals war der Frauenkampftag ein Tag, an dem Frauen überall auf der Welt, für ihre Rechte, auf die Straße gehen. Bei den ersten Frauenkampftagen, die von SozialistInnen organisiert wurden, war klar, dass für das tatsächliche Ende von Frauenunterdrückung formelle Gleichberechtigung nicht reichen würde. Die Forderungen waren unter anderem: die radikale Reduzierung der Arbeitszeit, höhere und gleiche Löhne, Betreuungsplätze für Kinder usw.Heute ist von dem kämpferischen Beginn nicht mehr viel übrig. PolitikerInnen der etablierten Parteien tun zwar so, als ob sie sich für Frauenrechte einsetzen würden, während sie in der tagtäglich Politik Maßnahmen gegen die Interessen von Frauen der ArbeiterInnenklasse setzen. Dabei gäbe es genug Gründe um den Frauentag wieder zu dem zu machen, was er mal war: ein Frauenkampftag der tatsächlich dazu dient, Verbesserungen zu erkämpfen. Die verschiedenen Spitals- und Gesunheitsreformen (Wien, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark...) führen zu einem Verlust von Spitalsbetten. Menschen werden früher aus dem Spital entlassen und müssen zuhause gepflegt werden. Und zwar meistens von Frauen und auch noch unbezahlt! Noch immer verdienen Frauen 23% weniger als Männer, außerdem müssen sie weitaus öfter Teilzeit oder in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten. Das Leben wird immer teurer, v.a. weil die Preise für Wohnen, Energie, Lebensmittel aber auch Schule und Kinderbetreuung weit stärker steigen als die Löhne und Gehälter. Gerade Alleinerzieherinnen (immerhin 150.000 Frauen) sind von Armut betroffen. Aber auch Frauen, die keine Kinder bekommen möchten werden kräftig zur Kasse gebeten: Abtreibung ist teuer und nur in wenigen Spitälern bzw. privaten Einrichtungen möglich. Obwohl die Regierung genug Geld hat, um Milliarden in die Hypo und Millionen in Aufrüstung zu investieren, erhöht sie die Steuern auf Verhütungsmittel so das diese gleich um 20% teurer werden. Und neben all diesen Benachteiligungen sind Frauen auch noch ständig mit frauenfeindlichen Sprüchen, sexistischer Werbung und Gewalt (und diese erfolgt noch dazu meistens durch den Partner) konfrontiert.Auf den verschiedenen Aktionen an denen sich die SLP beteiligte bzw. die wir organisierten, versuchten wir vor allem auf die Notwendigkeit einer kämpferischen Frauenbewegung und auf die Heuchlerei der Regierenden hinzuweisen. In Salzburg organisierten wir eine Kundgebung gegen die radikalen AbtreibungsgegnerInnen von HLI. Wir fordern, dass Schwangerschaftsabbruch in allen Spitälern gratis und anonym möglich sein muss. In Wien organisierte die SLP eine Demonstration vom Wallensteinplatz in Wien 20 aus, an der sich Frauen und solidarische Männer beteiligten und die sich anschließend in die traditionelle Frauentagsdemo einreihte. Wir betonten, dass, wenn wir tatsächliche Verbesserungen für Frauen erreichen wollen, wir uns nicht auf schöne Worte der Regierende verlassen dürfen. Wenn wir tatsächliche Verbesserungen wollen, dann müssen wir uns organisieren und gemeinsam dafür auf der Straße, in Betrieben und Fabriken, Schulen und Universitäten kämpfen. Die Reaktionen der PassantInnen waren überwiegend positiv, viele Menschen waren froh darüber, dass auch direkt im Bezirk Menschen für Gleichberechtigung aktiv sind. Denn in der Brigittenau spürt man ganz besonders die Auswirkungen der frauenfeindlichen Politik der Regierung. Die Brigittenau ist einer der ärmsten Bezirke, die Menschen sterben bis zu sechs Jahre früher als im Ersten Bezirk. Frauen sind davon am stärksten betroffen. Trotzdem gibt es Gerüchte, dass neben der Wiener Spitalsreform mit all ihren negativen Auswirkungen auch noch das Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus geschlossen werden soll.Auch in anderen Ländern waren Mitglieder des CWI (internationale Organisation der SLP) am Frauentag aktiv. In Irland organisierte die Rosa-Gruppe, einer von der Socialist Party (Schwesterorganisation der SLP) gestarteten Gruppe die sich für Frauenrechte einsetzt, eine Kundgebung um sich gegen das mittelalterliche Verbot von Schwangerschaftsabbruch zu wehren. Und in der Türkei beteiligten sich Mitglieder des CWI, an den Demonstrationen mit tausenden TeilnehmerInnen, die sich gegen die ansteigende Gewalt gegenüber Frauen stellte Gewidmet waren die Demonstrationen einer Studentin die nach einer versuchten Vergewaltigung, ermordet worden war. Das alles zeigt, dass es nötig und möglich ist den Frauentag international wieder zu einem tatsächlichen Frauenkampftag zu machen.

Gratis: Verhütung und Abtreibung!

Stoppen wir die fundamentalistischen Spinner, Frauen müssen selbst entscheiden!
Sarah Krenn

Verhütung ist teuer und nicht immer so leicht zugänglich. Die Pille z.B. kostet 6-17€/Monat, andere Verhütungsmittel noch mehr und der Finanzminister hat die Preise grad um 20% erhöht. Das können sich viele Jugendliche kaum leisten. Auch darum gibt es viele ungewollte Schwangerschaften. Die Pille danach ist oft schwer zu bekommen. Vielen Frauen fehlen die 4-600€, die für eine Abtreibung nötig sind, und in vielen Bundesländern ist sie gar nicht möglich.

Kirche, ÖVP, FPÖlerInnen und religiöse FanatikerInnen wollen über das Leben und Lieben v.a. von Frauen entscheiden und sind gegen ein freies Sexualleben. Sie sind oft gefährlich, belästigen Frauen und Beschäftigte in Abtreibungskliniken, terrorisieren uns und wollen offensichtlich zurück zu einem Frauenbild des Mittelalters.

Werde auch du aktiv bei unserer Kampagne für Frauenrechte! Für leicht zugängliche, gratis Verhütung und die Pille danach. Für legale, sichere, anonyme und gratis Abtreibung in jedem Spital und den freien Zugang zur Abtreibungspille! Für kostenlose Kinderbetreuung und billige Wohnungen, damit sich Frauen wirklich frei entscheiden können. Über uns und unseren Körper selbst bestimmen zu können – das ist Frauenrecht, das ist Menschenrecht!

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung!

Der Kampf um Gleichberechtigung ist so alt wie die Geschichte der Klassenkämpfe

Seit mehr als hundert Jahren wird am 8. März der Internationale Frauentag begangen. Es lohnt sich, die Geschichte des Kampfes der Frauen um Gleichberechtigung und die Rolle von Frauen in Kämpfen insgesamt zu beleuchten. Oft wird und wurde dieser Kampf verdeckt und versucht, ihn vermeintlich drängenderen Problemen unterzuordnen. Doch die Frauenbefreiung kann nicht weniger wichtig sein als etwa der Kampf gegen Rassismus. Beide Formen der Unterdrückung basieren auf demselben Prinzip, nämlich „Teile und Herrsche!“. So wird der Widerstand der ArbeiterInnenklasse gegen die KapitalistInnenklasse objektiv sabotiert. Ein Widerstand gegen die kapitalistische Klassengesellschaft muss deshalb auf allen Ebenen den Kampf gegen die Unterdrückung der Frau mit einschließen.

Frauen haben sich zu allen Zeiten gegen die Einschränkungen aufgelehnt, die uns vom herrschenden System auferlegt wurden und werden. Auch wenn die bürgerliche Geschichtsschreibung es meist „vergisst“, waren die entschlossensten KämpferInnen für eine neue und gerechte Welt oft Frauen. Es wird sich kein Aufstand, keine Rebellion, keine revolutionäre Erhebung finden, in der nicht Frauen eine wichtige, auch führende, Rolle gespielt haben. Seite an Seite mit Männern, teilweise auch gegen den Widerstand mancher Männer.

So standen z.B. 1870 in der Pariser Kommune die Frauen in den ersten Reihen der Barrikaden. Manche ihrer Forderungen von damals, etwa „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, liest man heute noch auf manchem Transparent. Auch in der deutschen Revolution 1918, die letztlich von der SPD auf blutige Art und Weise niedergeschlagen wurde, stand mit Rosa Luxemburg eine Frau an der Spitze.

Schon ein Jahr zuvor wurde in Russland mit der Oktoberrevolution Geschichte geschrieben – eine Revolution, zu der zahllose Frauen im Februar 1917 den Anstoß gegeben hatten. So wurden Frauen gleiche Rechte zugestanden und Abtreibung legalisiert. Diese Errungenschaften wurden von Frauen erkämpft, oft auch gegen den Widerstand aus den Reihen der eigenen Genossen. Neben der formalen Gleichstellung wurden aber v.a. Maßnahmen gesetzt, um die Frauen von Hausarbeit zu befreien und ihnen so auch die Teilnahme am politischen Leben zu erleichtern: Kinderkrippen und -gärten, öffentliche Wäschereien und Restaurants wurde erreichtet.

Mit der stalinistischen Degeneration der Sowjetunion wurden viele dieser Fortschritte wieder abgeschafft und wenige Jahre später im Spanischen Bürgerkrieg mussten kämpfende Frauen erleben, wie der Stalinismus zu Gleichberechtigung stand.

Mitte der 30er Jahre kämpften in Spanien nach Francos Putsch gegen die linke Regierung, in einem der rückständigsten Länder Europas, Frauen Seite an Seite mit ihren männlichen Kameraden. Wenn man Geschichten über die Spanienkämpferinnen liest, begegnet einem vor allem das Bild junger Frauen, die wussten, dass es um mehr ging, als nur diese Schlacht zu gewinnen. Sie kämpften mit dem Wissen, dass es eben keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus geben kann.

Als schließlich die Sowjetunion in den Kampf eingriff und einer der ersten Befehle Moskaus war, den Frauen das Kämpfen zu verbieten, zeigte sich einmal mehr, dass es eben auch keinen Sozialismus ohne Frauenbefreiung geben kann. Der antifaschistische Widerstand, auch der bewaffnete, wäre ohne Frauen nicht möglich gewesen – doch auch hier hören wir meist nur von männlichen Helden.

In der '68er Bewegung, den nationalen Befreiungsbewegungen, der Bürgerrechtsbewegung – keiner dieser Kämpfe hätte ohne Frauen stattgefunden. Rosa Parks weigerte sich, sich an rassistische Regeln zu halten. In Indien kämpfte Phoolan Devi zuerst als “Banditin”, dann als Politikerin gegen die Vergewaltigung und Erniedrigung von v.a. von Frauen der untersten Kaste der“Unberührbaren”. In den großen Streiks und Arbeitskämpfe der 1980er Jahre – z.B. der britische Bergarbeiterstreik oder die Bewegung für die 35-Stunden-Woche in Deutschland – spielten Frauen in den Betrieben und den Solidaritätsgruppen wichtige Rollen. Die Frauen am Tahrir-Platz, am Taksim-Platz und bei Occupy kämpften für eine bessere Gesellschaft und für ihre Rechte als Frauen. Als Sozialistische LinksPartei und auch international als Komitee für eine ArbeiterInneninternationale waren und sind wir Teil dieser Bewegungen. Wie etwa in Irland, wo wir im Rahmen der Kampagne ROSA (for Reproductive rights, against Oppression, Sexism & Austerity) gegen die restriktiven und frauenfeindlichen Abtreibungsgesetze kämpfen. Es ist kein Zufall das mit Kshama Sawant eine Frau an der Spitze von 15Now steht – denn gerade Frauen sind von prekären Niedriglohnjobs besonders betroffen.

„Die Stellung der Frau ist der anschaulichste und wirkungsvollste Indikator, um die Entwicklung einer Gesellschaft einzuschätzen“ schrieb der russische Revolutionär Trotzki sinngemäß 1938. Solange Frauen diskriminiert und erniedrigt werden, solange gibt es viel zu kämpfen. Für Frauenbefreiung und für eine Gesellschaft, in der die Grundlagen für jede Diskriminierung beseitigt sind.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Marx aktuell: Frauenfrage ist Klassenfrage

Laura Rafetseder

Die Frauenbewegung ist heute von bürgerlichen Feministinnen dominiert. Sie zeigen korrekt Missstände auf, bleiben aber bei Analyse und Lösungen an der Oberfläche. Als MarxistInnen gehen wir tiefer und fragen danach, woher Frauenunterdrückung kommt. Clara Zetkin, Sozialistin und Initiatorin des internationalen Frauentags, beschreibt den Marxismus als wichtiges Werkzeug für das Verständnis von Frauenunterdrückung.

Friedrich Engels beschreibt in „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“, dass Frauenunterdrückung und sexistische Ideologie gemeinsam mit Klassengesellschaft und Privateigentum entstanden ist. Frauenunterdrückung ist untrennbarer Teil jeder Klassengesellschaft, also auch des Kapitalismus. Damals wie heute hat sexistische Ideologie die Aufgabe, Frauen klein zu halten und dazu zu bringen, unbezahlte Reproduktionsarbeit zu leisten. Das umfasst alle Formen von Haus- und Familienarbeit, die nötig sind, um die Arbeitskraft zu regenerieren und die nächste Generation von ArbeiterInnen aufzuziehen.

Um Frauenunterdrückung dauerhaft zu überwinden, brauchen wir also auch eine Überwindung der Klassengesellschaft. Doch mit dem Kampf dagegen beginnen wir im hier und jetzt. Sexismus spaltet die ArbeiterInnenklasse und auch daher wird die bürgerliche Familie (Vater-Mutter-Kinder) mit ihren sexistischen Rollenbildern von der herrschenden Klasse gepusht. Wenn Männer aus der ArbeiterInnenklasse ihren Frust an Frau und Kindern auslassen, sich sexistisch verhalten, dann kann es dafür keine Toleranz geben. Nicht aus Frauensicht und nicht aus Klassensicht. Denn Sexismus vermittelt Frauen und Männern auch das Bild, dass sie keine Verbündeten im Kampf sein können. Wer geschlagen wird, kann hinter den Barrikaden nicht neben dem Schläger stehen. Wir müssen daher Sexismus in der ArbeiterInnenklasse offensiv aufgreifen, damit Frauen und Männer gemeinsam nicht nur den Kapitalismus, sondern auch Gewalt gegen Frauen bekämpfen.

Auch wenn Sexismus Frauen quer durch alle Klassen betrifft, können doch die Frauen der herrschenden Klasse (also Merkel und Co.) den Kampf gegen Frauenunterdrückung nicht wirklich voran bringen. Sie ziehen sich auf formale Rechte zurück (z.B. Frauenquote in Aufsichtsräten) und betreiben gleichzeitig eine Politik, die die sozialen Rechte der Frauen der ArbeiterInnenklasse beschneidet. Unsere BündnispartnerInnen sind jene, die genauso ein Interesse daran haben, den Kapitalismus loszuwerden – egal, ob Männer oder Frauen.

„Als Kämpferin in diesem Klassenkampf bedarf die Proletarierin ebenso der rechtlichen und politischen Gleichstellung mit dem Manne als die Klein- und Mittelbürgerin und die Frau der bürgerlichen Intelligenz. […] Aber trotz aller Berührungspunkte in rechtlichen und politischen Reformforderungen hat das Proletariat in den entscheidenden ökonomischen Interessen nichts Gemeinsames mit den Frauen der anderen Klassen. Die Emanzipation der proletarischen Frau kann deshalb nicht das Werk sein der Frauen aller Klassen, sondern ist allein das Werk des gesamten Proletariats ohne Unterschied des Geschlechts.“ (Resolution am SPD-Parteitag 1896, auf Grundlage von Clara Zetkins Referat)

Kohle statt Quote!

Frauenbefreiung ist Klassenfrage. Von Formalitäten können wir uns nichts kaufen.
Helga Schröder

Gibt es Gleichstellung in einer Klassengesellschaft? Die Ergebnisse von über 100 Jahren Frauenbewegung.

 

Kapitalismus baut auf Unterdrückung und Ausbeutung der Frau auf und ist ohne deren unbezahlte Arbeit in der Familie nicht denkbar. Das traditionelle bürgerliche Familienbild ist in seiner Wurzel eine kapitalistische Notwendigkeit. Einerseits wird dadurch ein großer Teil von gesellschaftlich notwendiger Arbeit (Kinderbetreuung, Versorgung und Pflege von Kranken und Alten, Haushalt etc.) privatisiert und unentgeltlich erledigt. Staat und Unternehmen brauchen keinen Beitrag zu leisten und können Arbeitskraft profitabler ausbeuten. Andererseits wird der Hälfte der Lohnabhängigen die Kampfkraft genommen, weil sie keine Möglichkeit haben, den Unternehmen ihre Arbeitskraft – das einzige, was sie haben – zu entziehen, sprich zu streiken. Die Abhängigkeit von jedem Job wird verdoppelt und KapitalistInnen sitzen auf einem noch längeren Ast als ohnehin schon.

Viele Frauenbewegte ignorieren diesen wirtschaftlichen Hintergrund und versuchen, innerhalb des Kapitalismus durch Reformen mehr Rechte für Frauen zu erreichen. Während in bürgerlichen Kreisen vor allem Wahlrecht und freier Zugang zu Bildung und anderen gesellschaftlichen Institutionen gefordert wurden, erkannten Sozialistinnen, dass die Befreiung der Frau nur durch ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit möglich ist. So wehrte sich etwa Clara Zetkin schon 1891 gegen die Vorstellung, dass die Gleichheit der Frau durch rein rechtliche Gleichstellung erreichbar sei, da die Ursache der Unterdrückung der Frau, wie jene der Unterdrückung der ArbeiterInnenklasse, nicht jeweils in nationalen Gesetzen zu suchen sei, sondern in den Eigentumsverhältnissen, die wiederum die (Re-)Produktionsverhältnisse hervorbringen. Sie führte aus, dass, auch wenn alle gesetzlichen Barrieren fallen würden, für den Großteil der Frauen die Unterdrückung in der wirtschaftlichen Abhängigkeit von ihren Ausbeutern bzw. Versorgern weiterbestehen würde.

Nicht alle KapitalistInnen, Bürgerlichen und ihre Parteien treten offen erkenntlich für ein traditionelles Familienbild ein. So bedeutet liberale Politik nicht nur Liberalisierung des Familienbildes (Patchwork- oder auch gleichgeschlechtliche Familie), sondern auch wirtschaftliche Privatisierung. Das heißt dann Kürzung und Streichung von Sozialleistungen und im öffentlichen Bildungs- und Gesundheitswesen, verbunden mit dem Ruf nach „Karrierefrauen“, Frauenquoten im Management etc. Man gibt sich frauenfreundlich und modern, im Effekt ist es frauenfeindlich. Was im traditionellen Familienbild die Frauen unentgeltlich machten, wird in der „modernen“ Variante erneut privatisiert. Kinderbetreuung, Pflege etc. wurden zumindest teilweise von professionellen, staatlichen Einrichtungen übernommen. Das wird wieder zurückgenommen, hin zu privaten Unternehmen für die Wenigen, die es sich leisten können. Für die Massen, die sich die Privatangebote nicht leisten können, wird diese Arbeit wieder zunehmend unbezahlt von Frauen verrichtet. Frauen sind zum größeren Teil im Niedriglohnsektor beschäftigt, können sich private Kinderbetreuung nicht leisten; der Mangel an öffentlicher Kinderbetreuung zwingt sie in Teilzeitjobs oder Arbeitslosigkeit. Kürzung von öffentlichen sozialen Leistungen in den Bereichen Bildung, Wohnen, Gesundheit und deren Unleistbarkeit durch Privatisierung ist frauenfeindlich.

Der Hebel beim Kampf um Frauenbefreiung ist also nicht ein Match Frauen gegen Männer und auch nicht formale Gleichstellung, die ohne die sozialen und ökonomischen Voraussetzungen wirkungslos ist. Denn auch wenn zumindest in Westeuropa die rechtliche Situation von Frauen gleich ist wie die der Männer und es in verschiedensten Ländern Gesetze gibt, um gleiche Bezahlung zu gewährleisten, kann man nicht von einer Gleichheit der Geschlechter sprechen. So verdienen Frauen immer noch durchschnittlich ein Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen und oft sind Frauen immer noch von ihren PartnerInnen finanziell abhängig. Formale Reformen sind ohne sozialistische Perspektive und Kampf gegen das kapitalistische System keine Frauenbefreiung. Gleichzeitig können ohne echte, soziale Gleichstellung von Frauen und ohne deren Teilnahme an sozialen Kämpfen diese nicht gewonnen werden. Genau das ist gemeint mit „Kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung. Keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus.“ Gesetze gegen Gewalt an Frauen helfen nichts, wenn Frauen bei gewalttätigen PartnerInnen bleiben müssen, weil sie sich alleine keine Wohnung leisten können.

Der Kampf um Frauenbefreiung ist alt. Viel wurde erreicht, alles erkämpft, nichts geschenkt. Immer war die ArbeiterInnenbewegung bzw. deren Stärke entscheidend. In kapitalistischen Krisen erfolgen Angriffe auf die ArbeiterInnenbewegung, deren Errungenschaften und damit auf Frauen. Es fehlt nicht am Geld, sondern an profitablen Investitionsmöglichkeiten, als Ersatz dienen privatisierte öffentliche Leistungen. Im Aufschwung werden Frauen (wie auch in Zeiten von Krieg und Wiederaufbau) als Arbeitskräfte gebraucht und Reformen werden zugestanden. Zeiten des Aufschwungs sind im Kapitalismus aber Ausnahmen. In wirtschaftlichen Krisenzeiten werden Reformen zurückgenommen, Frauenrechte abgebaut, Frauen aus dem Arbeitsleben gedrängt. Zu diesem Zweck erleben reaktionäre Frauenbilder eine Renaissance. Fehlende Perspektiven, miese Löhne und Arbeitsbedingungen lassen viele junge Frauen in die Scheinalternative „Hausfrau und Mutter“ flüchten, wie 2011 eine Umfrage im Auftrag des Familienministeriums ergab.

Gerade in der aktuellen Krise erleben wir Angriffe auf Frauen: Wenn in Krankenhäusern „kürzere Verweildauer“ angeordnet und die Bettenzahl reduziert wird, muss die Pflege zu Hause unentgeltlich von Frauen übernommen werden. Wenn im Öffentlichen Dienst Stellen abgebaut werden, öffnet sich die Lohnschere zwischen Männern und Frauen noch weiter, weil dies der Bereich mit der verhältnismäßig geringsten Lohnschere ist.

Die Fehler der Sozialdemokratie werden immer spürbarer: Durch Beschränkung auf Reformen innerhalb des Kapitalismus, fehlende sozialistische Perspektive und Ignorieren der sozialen Voraussetzungen werden Frauenrechte in der Krise wieder angegriffen. Beispiel: Die 40 Jahre alte Fristenlösung sieht nur eine Ausnahme von der Strafbarkeit einer Abtreibung vor. Die SPÖ hat es nicht einmal geschafft, das Frauenrecht auf Selbstbestimmung gänzlich aus dem Strafrecht zu befreien. Entscheidender ist aber: Es wurden keine Möglichkeiten für kostenlosen anonymem Schwangerschaftsabbruch geschaffen und es gibt noch immer keine kostenlosen Verhütungsmittel. Für viele Frauen ist eine Abtreibung eine massive finanzielle Belastung, während andere, die sich ein Kind wünschen, aus dem selben Grund keines bekommen. Ohne die sozialen Voraussetzung zu schaffen, gibt es also keine Selbstbestimmung.

Radikalität ist nicht Selbstzweck, sondern notwendig. Im Kapitalismus dauerhaft und effizient Frauenbefreiung zu erhoffen, ist Utopie. Wer realistisch für Frauenbefreiung kämpft, muss für eine demokratische sozialistische Gesellschaft kämpfen, in der Frauen von ihren Rechten Gebrauch machen können.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

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