Frauen und LGBT

Solidarität mit Frauen in Polen

Die Angriffe auf Frauenrechte nehmen zu – in Polen aber auch hierzulande!
Sonja Grusch

Am Samstag den 9. April versammelte sich in über 15 polnischen Städten tausende Frauen (und Männer) um gegen den jüngsten Vorstoß der Regierung zu protestieren. Die rechts-konservative PiS-Regierung nahm eine Petition von religiösen FundamentalistInnen zum Anlass, um ihrerseits einen Angriff auf den ohnehin nur in Ausnahmefällen möglichen Schwangerschaftsabbruch zu starten (https://www.slp.at/artikel/der-kampf-um-selbstbestimmungsrechte-von-frau...).

Doch nicht nur in Polen gab es Proteste: auch in London, Oslo, Prag, Budapest, Berlin, Dublin, Paris und – Wien protestierten Menschen vor den jeweiligen polnischen Botschaften. In Wien hatte die Kampagne „Nicht mit mir“ zum Protest aufgerufen. Eine Vielzahl anderer Organisationen und Initiativen, v.a. auch der „Kongress polnischer Frauen in Österreich“ hatten sich angeschlossen.

Über 100 TeilnehmerInnen mit zahlreichen Transparenten und Tafeln versammelten sich vor der Botschaft. In Reden von Vertreterinnen der verschiedenen Initiativen wurde Solidarität mit den Frauen zum Ausdruck gebracht. Doch es wurde auch die unzureichende Situation in Österreich thematisiert: es gibt in ganz Österreich gerade mal 17 Orte, an denen ein Abbruch offiziell möglich ist und auch in Wien sind Abtreibungen in den öffentlichen Spitälern nicht oder nur schwer möglich!

Sonja Grusch von der SLP moderierte die Veranstaltung und rief alle sieben Minuten eine Frau zu sich – denn weltweit stirbt alle sieben Minuten eine Frau an einer illegal, und daher oft unsachgemäß, durchgeführten Abtreibung. Teilnehmerinnen kamen mit Stricknadeln, blutigen Händen und viele brachten auch Kleiderbügel mit, die das Symbol der Bewegung in Polen sind. Diese wurden vor der Botschaft angebracht.

Theresa Reimer, Initiatorin des Protests in Wien und Aktivistin von Nicht mit mir sowie der Sozialistische LinksPartei (SLP), macht in ihrer Rede klar: "Bereits viel zu viele Frauen haben ihr Leben aufgrund von Kirche und Staat aufs Spiel gesetzt. Wir müssen dafür kämpfen, dass das in Zukunft nicht mehr der Fall sein wird". Gefordert wurde u.a., dass Religionsunterricht durch Aufklärungsunterricht ersetzt werden muss sowie das in allen Spitälern Abbrüche durchgeführt werden müssen.

 

 

8. März: Frauenkampftag

Der Kampf um Frauenbefreiung und der gegen Rassismus und Kapitalismus gehören zusammen!

Am internationalen Frauenkampftag waren alle SLP-Ortsgruppen in Aktion. In Graz beteiligten wir uns an der „Frauenarmut verhindern und beseitigen“-Demo, um gleich im Anschluss eine Veranstaltung zum Thema anzubieten. Auf der Demo in Salzburg machte SLP-Aktivistin Sarah Krenn klar: "Kein Lebensbereich ist frei von Sexismus, deshalb müssen wir gemeinsam gegen Frauenunterdrückung und Sexismus kämpfen, und das nicht nur am 8. März, sondern jeden Tag!"
Bei der Linzer Frauentagsdemo waren wir mit einem starken Block aus Gmunden und Linz vertreten. Besonders SchülerInnen waren hier mit uns aktiv. Die Reaktionen von PassantInnen waren sehr positiv, viele nahmen ein Flugblatt oder kauften ein Vorwärts. Ähnlich war es bei der SLP-Auftakt-Demo in Wien. Es war uns ein Anliegen, auch den ArbeiterInnenbezirk Brigittenau zu erreichen und solidarischen Männern die Möglichkeit zu geben, sich an der Demo zu beteiligen.
In unserem Material zum Frauentag machten wir klar, dass die angeblichen „Frauenschützer“, die sich seit der Kölner Silvesternacht überall zu Wort melden, nichts mit Frauenbefreiung zu tun haben. Ihnen geht es nicht um Frauenrechte, sondern Rassismus und Besitzansprüche auf „weiße“ Frauen. Wir forderten u.a. Selbstverteidigungskurse in den Schulen, kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln und Abtreibungen und billigere Mieten, damit Frauen unabhängig leben können.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Der Kampf um Selbstbestimmungsrechte von Frauen in Polen

Theresa Reimer

Letzte Woche gab Polens Ministerpräsidentin Beate Szydlo, Mitglied der nationalkonservativen PiS (Recht und Gerechtigkeit-Partei), bekannt, dass sie in Zukunft auf ein fast absolutes Abtreibungsverbot von Frauen in Polen plädieren wird. Bei Nichtbeachtung dieser womöglichen Gesetzesänderung würden Frauen, die Abtreibungen durchführen lassen, eine bis zu 5-jährige Gefängnisstrafe riskieren. Seit dem Jahr 1993 gab es bislang die Ausnahmeregelungen, dass Abtreibungen straffrei gesetzt wurden, wenn eine Missbildung oder unheilbare Krankheit des Fötus vorlag, wenn Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Frau bei einer Weiterführung der Schwangerschaft bestand, oder wenn die Frau aufgrund von Inzest oder Vergewaltigung schwanger geworden war. Nun soll dieses ohnehin schon weitgehend verwehrte Recht auf Selbstbestimmung von Frauen noch mehr beschnitten werden. Lediglich legal wäre nur mehr eine Abtreibung, wenn das Leben der Frau aufgrund der Schwangerschaft auf dem Spiel steht.

Doch auch in diesem Fall wäre es nicht sicher, dass der Frau der Zugang zu einer Abtreibung nicht verwehrt wird. In Polen ist der Staat, ähnlich wie in Irland, immer noch stark mit der Kirche verbunden. Das heißt, dass ÄrztInnen in viele Krankenhäuser, auch im dem Falle, dass die Ausnahmeregeln zutreffen, keine Abtreibungen durchführen. Im Jahre 2014 wurden lediglich 1812 legale Abtreibungen registriert. Frauenrechtsorganisationen und feministische Initiativen schätzen aber, dass bis zu 100 000 Frauen jährlich illegal eine Abtreibung durchführen. Viele dieser Frauen reisen dabei in die Nachbarländer Deutschland oder Tschechien, wo Abtreibungen legal sind. Frauen, die aber die finanziellen Hürden einer Abtreibung im Ausland nicht auf sich nehmen können, lassen Abtreibungen illegal, bei einer nicht sicher gestellten medizinischen Versorgung, durchführen.

Initiativen, die sich für Reproduktionsrechte von Frauen einsetzen, wie WomenOnWeb und WomenOnWaves unterstützen polnische Frauen schon länger darin, sichere Abtreibungen durchzuführen. Auf ihren Webseiten können sich Frauen von ÄrztInnen beraten lassen und daraufhin die Pillen Misoprostol und Mifepristone bestellen, um einen Schwangerschaftsabbruch zu ermöglichen, vorausgesetzt der Staat, in dem die Frau lebt, verbietet Abtreibungen. Diese Medikamenten haben selten Nebenwirkungen, sind in 90 Prozent der Fälle beim ersten Einnehmen wirksam und sind finanziell leichter erschwinglich. Zum Vergleich: diese Pillen kosten zusammen keine hundert Euro, während eine Abtreibung in Polen, unter den vorausgesetzten Ausnahmeregelungen etwa 1300 Euro beträgt. Zusätzlich sind Verhütungsmittel in Polen schwer zugänglich. Frauen erwartet, wenn sie den Wunsch nach der Pille äußern, häufig eine Vielzahl von unangenehmen Fragen, bspw. warum sie zu diesem Moment keine Kinder möchten und warum sie womöglich mit einem bestimmten Alter noch verhüten, wenn sie noch keine Kinder haben. Selbst Priester weisen Frauen teilweise darauf hin, dass es an der Zeit wäre wieder schwanger zu werden, wenn das jüngste Kind schon ein gewisses Alter erreicht hat. Diese Verhaltensweisen stellen einen massiven Einschnitt in die Rechte von Frauen dar.

Auch bei dem erneuten Angriff auf Frauenrechte hat die Kirche ihre Finger im Spiel. Der Präsident der Bischofskonferenz gab erst vor Kurzem bekannt, dass er den „vollen Schutz von ungeboren Leben“ fordert. Eine Gruppe von christlichen FundamentalistInnen, pro-life AktivistInnen und Rechtsextremen hat es sich daraufhin selbst zur Aufgabe gemacht 100 000 Unterschriften für ein gänzliches Abtreibungsverbot zu sammeln. Am Tag der „Heiligkeit des Lebens“ wird die Forderung landesweit in den Gottesdiensten verlesen werden.

Doch all die Bemühungen des polnischen Staates und der katholischen Kirche tragen keine Früchte und werden dies auch in Zukunft nicht tun, wenn sich die gesamtgesellschaftliche Lage in Polen nicht ändert. Polen hat eine der niedrigsten Geburtenraten in ganz Europa, es wird davon ausgegangen, dass die Bevölkerung in den nächsten Jahren noch weiter stagnieren wird. Interessant ist hierbei, dass die Geburtenrate von polnischen EinwanderInnen in Großbritannien ca. zwei bis dreimal so hoch ist wie in Polen, in dem restriktivere Abtreibungsgesetze vorherrschen. Frauen, die aus welchen Gründen auch immer, nicht bereit für ein Kind sind, brechen Schwangerschaften ab. Es ist nur die Frage, ob sie dies unter gefährlichen Bedingungen tun oder Möglichkeiten gegeben sind, die einen legalen, kostenlosen und sicheren Abbruch für alle Frauen erlauben. Der Grund, weshalb die Geburtenrate in Polen so niedrig ist, liegt daran, dass die ökonomischen Vorraussetzungen Kinder zu bekommen, für die meisten Frauen nicht gegeben sind. Das durchschnittliche Einkommen betrug im Jahr 2014 etwa 510 Euro, die Austeritätsmaßnahmen werden weiter geführt, die Arbeitslosigkeit steigt und 6,2 Millionen Menschen sind armutsgefährdet. 2,5 Millionen Menschen, das sind etwa 7,4 Prozent der Gesamtbevölkerung müssen mit unter 130 Euro pro Monat auskommen.

All diese Entwicklungen der letzten Zeit spiegeln einen enormen Backlash innerhalb der polnischen Gesellschaft wieder. In Folge der neoliberalen Politik, die Frauen massiv zurück in konservative Rollenbilder und in ökonomische Abhängigkeit trieb, wird auch immer mehr an den Reproduktionsrechten von Frauen gerüttelt. Doch eines ist klar: Bereits viel zu viele Frauen haben ihr Leben aufgrund von Kirche und Staat aufs Spiel gesetzt. Viele tausend Frauen und Männer haben am Sonntag für Selbstbestimmungsrechte und gegen restriktive Abtreibungsgesetze vor Polens Parlament demonstriert. Am Samstag soll die nächsten großen Protestaktionen stattfinden. In mindestens 15 polnischen Städten sind Demonstrationen geplant, auch international zeigen sich Menschen an diesem Tag in Städten wie Paris, Budapest, Prag, Dublin und Berlin solidarisch mit den Frauen in Polen. Das tragische Symbol dieser Protestbewegung stellen Kleiderbügel dar, die die Realität vieler Frauen darstellen, in denen Ländern Schwangerschaftsabbrüche verboten sind.

Auch „Nicht mit mir“ will ihre Solidarität mit den Frauen ausdrücken, deshalb kommt am Samstag vor die polnische Botschaft und lasst uns gemeinsam kämpfen!

 

9.4. Solidarität mit Frauen in Polen

Protest vor Polnischer Botschaft

Letzte Woche gab Polens Ministerpräsidentin Beate Szydlo, Mitglied der nationalkonservativen PiS (Recht und Gerechtigkeit-Partei), bekannt, dass sie in Zukunft auf ein fast absolutes Abtreibungsverbot von Frauen in Polen plädieren wird. Bei Nichtbeachtung dieser womöglichen Gesetzesänderung würden Frauen, die Abtreibungen durchführen lassen, eine bis zu 5-jährige Gefängnisstrafe riskieren. 
Seit dem Jahr 1993 gab es bislang die Ausnahmeregelungen, dass Abtreibungen straffrei gesetzt wurden, wenn eine Missbildung oder unheilbare Krankheit des Fötus vorlag, wenn Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Frau bei einer Weiterführung der Schwangerschaft bestand, oder wenn die Frau aufgrund von Inzest oder Vergewaltigung schwanger geworden war. Nun soll dieses ohnehin schon weitgehend verwehrte Recht auf Selbstbestimmung von Frauen noch mehr beschnitten werden. Lediglich legal wäre nur mehr eine Abtreibung, wenn das Leben der Frau aufgrund der Schwangerschaft auf dem Spiel steht. 

Doch auch in diesem Fall wäre es nicht sicher, dass der Frau der Zugang zu einer Abtreibung nicht verwehrt wird. In Polen ist der Staat, ähnlich wie in Irland, immer noch stark mit der Kirche verbunden. Das heißt, dass Ärztinnen in viele Krankenhäuser, auch im dem Falle, dass die Ausnahmeregeln zutreffen, keine Abtreibungen durchführen. Im Jahre 2014 wurden lediglich 1812 legale Abtreibungen registriert. Frauenrechtsorganisationen und feministische Initiativen schätzen aber, dass bis zu 100 000 Frauen jährlich illegal eine Abtreibung durchführen. Viele dieser Frauen reisen dabei in die Nachbarländer Deutschland oder Tschechien, wo Abtreibungen legal sind. Frauen, die aber die finanziellen Hürden einer Abtreibung im Ausland nicht auf sich nehmen können, lassen Abtreibungen illegal, bei einer nicht sicher gestellten medizinischen Versorgung, durchführen. 

Zusätzlich sind Verhütungsmittel in Polen schwer zugänglich. Frauen erwartet, wenn sie den Wunsch nach der Pille äußern, häufig eine Vielzahl von unangenehmen Fragen, bspw. warum sie zu diesem Moment keine Kinder möchten und warum sie womöglich mit einem bestimmten Alter noch verhüten, wenn sie noch keine Kinder haben. Selbst Priester weisen Frauen teilweise darauf hin, dass es an der Zeit wäre wieder schwanger zu werden, wenn das jüngste Kind schon ein gewisses Alter erreicht hat. Diese Verhaltensweisen stellen einen massiven Einschnitt in die Rechte von Frauen dar.

Auch bei dem erneuten Angriff auf Frauenrechte hat die Kirche ihre Finger im Spiel. Der Präsident der Bischofskonferenz gab erst vor Kurzem bekannt, dass er den „vollen Schutz von ungeboren Leben“ fordert. Eine Gruppe von christlichen FundamentalistInnen, pro-life AktivistInnen und Rechtsextremen hat es sich daraufhin selbst zur Aufgabe gemacht 100 000 Unterschriften für ein gänzliches Abtreibungsverbot zu sammeln. Am Tag der „Heiligkeit des Lebens“ wird die Forderung landesweit in den Gottesdiensten verlesen werden.

All diese Entwicklungen der letzten Zeit spiegeln einen enormen Backlash innerhalb der polnischen Gesellschaft wieder. In Folge der neoliberalen Politik, die Frauen massiv zurück in konservative Rollenbilder und in ökonomische Abhängigkeit trieb, wird auch immer mehr an den Reproduktionsrechten von Frauen gerüttelt. 
Doch eines ist klar: Bereits viel zu viele Frauen haben ihr Leben aufgrund von Kirche und Staat aufs Spiel gesetzt. Viele tausend Frauen und Männer haben am Sonntag für Selbstbestimmungsrechte und gegen restriktive Abtreibungsgesetze vor Polens Parlament demonstriert. Am Samstag soll die nächste Protestaktion stattfinden. Auch „Nicht mit mir“ will ihre Solidarität mit den Frauen ausdrücken, deshalb kommt am Samstag vor die polnische Botschaft und lasst uns gemeinsam kämpfen!

  • Keinen Schritt zurück! Erkämpfte Rechte verteidigen!
  • Für das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper, immer und überall!
  • Staat & Kirche raus aus den Gebärmüttern!
  • Kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln und Aufklärungsunterricht ab der frühen Kindheit!

https://www.facebook.com/events/1695816007374657/

Demonstration gegen Gewalt an Frauen und gegen Rassismus

Am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, organisierte die SLP auch dieses Jahr eine Demonstration in Wien 20. Lautstark und mit vielen Reden begann die Kundgebung am Wallensteinplatz. Mehrere Rednerinnen der SLP machten klar, dass auch 2016 Frauen nicht gleich berechtigt sind und das auch in Österreich Gewalt gegen Frauen existiert. Die rechten Hetzer, die nach den Ereignissen in der Silvesternacht versucht hatten, das Thema Gewalt gegen Frauen zu besetzen sind jene, die in Wirklichkeit Frauenrechte mit Füßen treten. Von PassantInnen gab es reges Interesse. Ein Bezirkspolitiker der FPÖ drückte sich „unauffällig“ auf der Demoroute herum um Fotos zu machen. Die FPÖ ist jene Partei, aus der es immer wieder sexistische Meldungen gibt oder SpitzenfunktionärInnen, die sich u.a. gegen Frauenhäuser und gegen Abtreibung aussprechen. Im Regelfall verwechselt diese Partei den Frauentag wohl auch mit dem Muttertag...

Nicht so die rund 50 DemonstrantInnen, die lautstark durch die Brigittenau zogen und u.a. „Wir wollen Bildung und Arbeitsplätze, statt Sexismus und rechter Hetze“ riefen. Mit dem Demospruch „Männer Frauen, Hand in Hand gegen Sexismus in jedem Land“ wurde auch klar gemacht, dass es kein Kampf Frauen gegen Männer, sondern ein gemeinsamer Kampf für Frauenrechte und gegen Ausbeutung ist. Auch während der Demonstration kamen noch spontan TeilnehmerInnen zur Demonstration dazu, die dann am Praterstern in die traditionelle „Frauen-Lesben-Demo“ stieß. 

Video zur Demo: https://www.youtube.com/watch?v=7F7ODuGd4JU

 

Für die Frauendemos - Demosprüche

  • Statt Minilohn und Arbeitshetze – Frauenpower für Arbeitsplätze!

  • Gleichberechtigung, nur auf Papier – für echte Befreiung kämpfen wir!

  • Grenzen überschreiten wir – für bess’re Zukunft, nicht nur hier!

  • Frauen kämpfen international, gleiche Rechte fordern wir global!

  • Männer Frauen, Hand in Hand gegen Sexismus in jedem Land.

  • Die Armut steigt, der Reichtum auch - machen wir Schluss mit diesem Brauch!

  • Billigjobs, die sind ein Hohn, gleiche Arbeit – gleicher Lohn!

  • Auch Clara Zetkin wußt’ es schon ohne Kampf kein höh’rer Lohn!

  • Frauen setzen ein Signal - Am 8. März auch international!

  • Liebe, Liebe wie noch nie. Gleiche Rechte für LGBT.

  • Fight sexism, smash the system, what we need is socialism

  • Streik, Streik, Streik heißt die Devise – Wir zahlen nicht für Eure Krise!

  • Streik in der Uni, Streik auch im Betrieb – das ist unsere Antwort auf Eure Politik!

  • Wir wolle Bildung und Arbeitsplätze statt Sexismus und rechter Hetze!

  • They say cut back – we say fight back

  • Für ein selbstbestimmtes Leben, den Herrschenden den Laufpass geben!

  • Freie Frauen kämpfen gegen Strache

  • Fight the Power, fight the system – what we need is socialism

  • Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat!

  • SPÖ/Grüne streicht bei Frauen – denen kann mensch nicht vertrauen!

  • Politiker in die Produktion – die Frauenlöhne sind ein Hohn!

  • Was lange währt wird deshalb nicht gut – 100 Jahre warten sind genug!

  • Hätt' Maria abgetrieben, wär uns viel erspart geblieben!

  • Schaut Euch die Pro-Lifeler an – Ärger als die Taliban!

  • Abtreibung auf Krankenschein – das muss sein, dass muss sein!

  • Abtreibung ist Frauenrecht – bei Pro Life, da wird uns schlecht!

  • Jedes Mädchen, Jede Frau, gegen den Sozialabbau!

  • Wir sind viele, wir sind wild - wir pfeiffen auf's herrschende Frauenbild!

  • ÖVP & HLI – auf Frauenrechte pfeiffen die!

  • Gerechter Lohn - für uns alle. Weg mit der Teilzeitfalle.

  • Hinter dem Sexismus steht der Kardinal, der Kampf um Befreiung ist antiklerikal.

  • Christen lasst das beten sein, zieht euch Marx und Engels rein

  • Sexismus, Rassismus und das Kapital bekämpfen Frauen international

  • Gegen Sexismus jeder Art - nieder.. nieder mit dem Patriarchat!

  • Keine Frau ist illegal – Bleiberecht überall

  • Frauen erhebt Euch - und die Welt erlebt Euch!

  • Gewalt gegen Frauen ist kein Einzelfall – Sexismus bekämpfen überall

  • Jeden Tag Frauentag, denn gemeinsam sind wir stark

  • Keine Träne umsonst, keine Wut zuviel – Freiheit und Gerechtigkeit das ist unser Ziel

  • 1, 2, 3 und 4 – gegen Sexismus kämpfen wir.    5, 6, 7, 8 - heute wird hier Dampf gemacht. 9 und 10 – die Regierung (oder auch: die FPÖ) soll zum Teufel geh´n.

 

Volle Selbstbestimmung für Frauen - Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und kostenlose Verhütungsmittel

Der Kampf gegen die radikalen Abtreibungsgegner und für Frauenrechte ist seit Jahrzehnten zentraler Bestandteil der SLP-Arbeit. Daher auch diese völlig überarbeitete Neuauflage unserer Broschüre. Auf 60 Seiten geht es um die Geschichte, aber auch um Fakten zur äußerst mangelhaften Praxis der Fristenlösung. Behandelt wird das gefährliche Netzwerk der radikalen Abtreibungsgegner und ihre Verbindungen zu Parteien und Kirche. Wir berichten auch über die Kampagne der SLP und den Kampf gegen „Human Life International“ (HLI). Weil Frauenrechte aber viel mehr umfasst als „Frauenpolitik“, geht es auch um die Fragen Wohnen, Arbeiten und Soziales. 

https://www.slp.at/broschueren/volle-selbstbestimmung-f%C3%BCr-frauen-gegen-den-terror-der-abtreibungsgegner-4849

 

CWI-Stellungnahme: Frauen und Unterdrückung

Beim letzten Weltkongress des CWI wurde dieses Dokument zur Situation von Frauen in den verschiedenen Teilen der Welt und zu den Perspektiven ihres Kampfes verabschiedet
CWI-Stellungnahme

Dieses Dokument streicht einige generelle Punkte zur Situation, mit der sich Frauen konfrontiert sehen, zu den Kampfperspektiven und unserem Ansatz sowie unserem Programm heraus. Allerdings bedeuten die enormen Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern, dass unsere Perspektiven und Kampfansätze weltweit unterschiedlich sein werden.

Bewegungen gegen unterschiedliche Aspekte der Frauenunterdrückung hat es in den vergangenen Jahren in einer Reihe von Ländern gegeben. Darunter waren Massendemonstrationen gegen Vergewaltigungen in Indien und der Türkei, die Bewegung für Abtreibungsrechte in Irland sowie 2011 die Demonstration von einer Millionen Männern und Frauen in Italien gegen den Sexismus des damaligen Präsidenten Berlusconi.

Sehr oft in der Geschichte waren es Frauen, die Aufstände begonnen haben. Die Mahalla Textilfabrik als Basis für den arabischen Frühling ist ein Beispiel dafür. Die Frauenbrigaden, die in den letzten Jahren der Konterrevolution Rojava verteidigt haben, waren ein wichtiger Kontrast im Vergleich mit ihren Feinden des IS, deren Staat viel Geld mit dem Verkauf von Sexsklavinnen verdient. Die Kontrolle über die Sexualität der Frauen war von Anfang an der Kern der Frauenunterdrückung. Heute kämpfen Frauen zunehmend für das Recht auf Selbstbestimmung über ihre eigenen Körper. In den USA ist eine Studierendenbewegung gegen Vergewaltigungen entstanden. Auch in Lateinamerika gab es eine Reihe von Bewegungen. Die andauernden Kämpfe von Frauen und ArbeiterInnen haben auch Erfolge erzielt. So gibt es in Afrika zunehmend Zugang zu Verhütungsmitteln. Auch die Praxis der Genitalverstümmelung wird zunehmend hinterfragt. Todesfälle von Frauen während der Geburt ihrer Kinder haben sich in den letzten 25 Jahren halbiert. Die Geschlechterungleichheit unter Kindern, die Zugang zu Schulbildung in so genannten Entwicklungsländern bekommen, hat sich verringert. Hier liegt eine mögliche Basis für die Entwicklung kommender Kämpfe für mehr Gleichheit zwischen den Geschlechtern. Der Kampf gegen die alte Ordnung befördert auch LGBT-Kämpfe, wie man weltweit beobachten konnte. Vor 15 Jahren ermöglichten die Niederlande als weltweit erstes Land die Homoehe. Heute ist diese in 13 europäischen Ländern rechtlich möglich, wenn auch begleitet von wachsender Polarisierung und Rückschlägen, insbesondere in Osteuropa. Ein wachsendes feministisches Erwachen fällt oft mit einem wachsenden LGBT-Bewusstsein zusammen. Diese Bewegungen verbinden sich oft miteinander und bestärken sich gegenseitig. In der jüngsten Vergangenheit haben Transgender-Personen ihre Stimmen in einigen Ländern stärker als bislang erhoben.

Alle diese Kämpfe spiegeln ein erhöhtes Selbstbewusstsein unter großen Schichten, insbesondere junger Frauen wider, um gegen Unterdrückung aufzustehen. In vielen Ländern legt kapitalistische Propaganda den Schluss nahe, dass Frauen Gleichberechtigung erwarten dürfen. Doch dem steht die Realität gegenüber. Frauen haben zwar während der vergangenen Jahrzehnte größere Rechte in Teilen der Welt erkämpft. Doch die Frauenunterdrückung existiert in jedem Land weiter.

Familie und Kapitalismus

Frauenunterdrückung entwickelte sich zeitgleich mit der Entwicklung von Klassengesellschaften und ist mit dieser verwoben. Dazu gehört die Entwicklung der Familie, die, in unterschiedlicher Form, als wichtiges Kontrollinstrument in allen Klassengesellschaften gedient hat. Im 19. Jahrhundert beschrieb Engels richtigerweise, dass die bürgerliche Institution der Familie am schwächsten in der ArbeiterInnenklasse und unter den unterdrückten Bevölkerungsschichten vertreten war. Dennoch ist auch heute noch die Familie ein Echo der hierarchischen Weise, in der die Welt organisiert ist. Der Mann ist im Haushalt der Boss, Frauen und Kinder sind ihm untergeben. Das ist so, auch wenn viele Menschen ein positives Familienbild haben und ihre Familienmitglieder die Menschen sind, die ihnen am engsten nahestehen. Familien tragen die Hauptlast bei der Aufgabe, die nächste Generation von ArbeiterInnen zu erziehen. Die Familie unterdrückt Frauen. Gleichzeitig belastet sie Männer enorm mit der Aufgabe, ihre Familien materiell zu versorgen. Doch obwohl die Familie eine wesentliche Institution für den Kapitalismus ist, wird sie doch gleichzeitig von diesem untergraben. In dem Maße, in dem die Zahl der Lohnarbeiterinnen ansteigt und Frauen dadurch finanziell unabhängiger werden, wächst auch deren Selbstbewusstsein und das Unverständnis dafür, sich zu Hause und in Beziehungen schlecht behandeln lassen zu müssen. Ihre Möglichkeiten zum Verlassen solcher Beziehungen wachsen. Trotzdem ist die Idee, dass Frauen das Eigentum ihrer Männer sind und sie somit loyal und unterwürfig ihren Partnern gegenüber zu sein haben, weiterhin tief verwurzelt. Die gesamte Gesellschaft ist mit Propaganda zur Verdeutlichung der den Frauen „gebührenden“ Rolle durchdrungen: Frauen sind demnach Mütter, sexuelle Objekte, Friedensstifterinnen usw.

Frauen als Teil der ArbeiterInnenklasse

Die Situation, mit der Frauen weltweit konfrontiert werden, unterscheidet sich deutlich von Land zu Land. In manchen europäischen Ländern machen Frauen über die Hälfte aller Berufstätigen aus (allerdings arbeitet ein viel größerer Prozentsatz an Frauen Teilzeit als Männer). Weltweit arbeiten derzeit etwa 50% aller Frauen im arbeitsfähigen Alter, ein kleiner Rückgang von 2% seit 1995. Dieser Rückgang lässt sich mit dem massiven Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit unter allen Geschlechtern insbesondere in Europa erklären. Aber es reflektiert auch einen Rückgang der Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben in China und Indien. In diesen Ländern ging der Prozentsatz zwischen 1995 und 2013 von 72 auf 64% bzw. von 35 auf 27% zurück. Die UN sieht die Ursache für diese Veränderung in „der signifikant verringerten Anzahl staatlich finanzierter Kinderbetreuungseinrichtungen.“ Die „Anzahl leistbarer staatlicher und von der Gemeinschaft betriebener Kindereinrichtungen“ ist demnach „zwischen 1997 und 2009 von 86% auf 34% zurückgegangen“. Das illustriert sehr deutlich die negativen Auswirkungen der Vernichtung der letzten Spuren einer Planwirtschaft!

Selbst dort wo Frauen einen kleineren Prozentsatz der ArbeiterInnenschaft ausmachten, haben sie oft eine zentrale Rolle im Klassenkampf gespielt. So waren es Textilarbeiterinnen, die in Russland die Februarrevolution 1917 starteten. Im Jahr 2013 gab es riesige Streiks von TextilarbeiterInnen, größtenteils Frauen. In Nigeria, einem Land in dem knapp unter der Hälfte der Frauen im arbeitsfähigen Alter einer Lohnarbeit nachgeht, standen Frauen an vorderster Front mehrerer aufeinander folgender Generalstreiks. Auch wenn die doppelte Unterdrückung, mit der sich Frauen konfrontiert sehen ein großes, weiteres Hindernis für deren Eintritt in Kämpfe sein kann, sind Frauen oft die kämpferischsten und entschlossensten Teilnehmerinnen an diesen Kämpfen.

Die Gehaltsschere zwischen Frauen und Männern besteht weiterhin weltweit. Selbst dort wo eine große Zahl von Frauen am Arbeitsmarkt teilnimmt, hat es nur eine sehr kleine Schicht von Frauen an der Spitze der Gesellschaft geschafft, diese Schere zu schließen. In manchen entwickelten Wirtschaftsregionen hat sich die Schere verengt. Doch das liegt teilweise an den durch die Zerstörung von Industrien verursachten Reallohneinbußen für Männer aus der ArbeiterInnenklasse und weniger an Lohnsteigerungen für Frauen. Im Jahr 2011 berichtete die Weltbank, dass Frauen weltweit immer noch zwischen 10% und 30% weniger verdienen als Männer. Diese Schere ist in reicheren Ländern nicht weniger groß als in den ärmeren. Die meisten Frauen arbeiten nach wie vor im Dienstleistungssektor. In Lateinamerika, der Karibik sowie Ost- und Südeuropa arbeiten mehr als 70% aller arbeitenden Frauen im Dienstleistungssektor. Dabei handelt es sich oft um sehr schlecht bezahlte Haushaltsarbeiten – Kochen, Waschen, Pflegearbeit oder im Catering.

Dennoch hat es überall dort, wo Frauen in Lohnarbeit eingetreten sind auch Verbesserungen für die generelle gesellschaftliche Stellung von Frauen gegeben. Allerdings bleibt Sexismus immer ein Kernbestandteil des Kapitalismus. In vielen Ländern ist es jetzt weniger akzeptabel, Frauen als den Besitz von Männern zu betrachten. Und doch ist diese Idee und die damit zusammenhängende Androhung oder Ausübung von Gewalt immer noch sehr weit verbreitet. Bis vor kurzem war sie sogar gesetzlich festgeschrieben. Erst im Jahr 1991 wurde die Vergewaltigung in der Ehe in Großbritannien verboten. In Spanien war dies erst im Jahr 1992 und in Deutschland 1997 der Fall. Wenn auch nicht länger legal oder offen akzeptiert, bleibt die Vergewaltigung in der Ehe doch weit verbreitet und wird nur selten bestraft. Das trifft auch auf Vergewaltigungen im Allgemeinen zu. Schätzungsweise werden nur 15% aller Vergewaltigungen in Großbritannien bei der Polizei angezeigt. Nur 7% davon führen zu einer Verurteilung. Laut UN-Angaben wurde fast die Hälfte aller 2012 getöteten Frauen von ihren Partnern oder Familienmitgliedern umgebracht. Verglichen damit wurden nur 6% aller getöteten Männer von Partnerinnen oder Familienmitgliedern umgebracht.

Gewalt in der Familie

In vielen neokolonialen Ländern ist die Frauenunterdrückung brutaler und massiver als in wirtschaftlich entwickelten Ländern. In Europa und den USA gab es eine Propagandawelle, die versuchte, die brutale Behandlung von Frauen mit dem Islam, insbesondere der grauenhaften Behandlung von Frauen durch den IS, zu verbinden. Doch während die barbarischen Praktiken des IS im Namen des Islam außer Frage stehen, ist die Herstellung eines angeblichen direkten Zusammenhangs zwischen der Herabwürdigung von Frauen und dem Islam falsch. Historisch betrachtet haben alle Religionen Praktiken wie Ehrenmorde und Genitalverstümmelung ausgeübt. Selbst heute werden solche grauenvollen Praktiken und andere – wie etwa erzwungene Selbstmorde von Witwen oder Mitgiften für Bräute – unter dem Banner verschiedenster Religionen durchgeführt. Die Stärke von Frauenunterdrückung in bestimmten Ländern ist von vielen Faktoren abhängig, unter anderem von der Stärke religiöser Ideen in der Gesellschaft und in der Regierung sowie der Höhe der Klassenauseinandersetzungen. Doch generell gesehen spielt die Vorherrschaft einer semi-feudalen Wirtschaftsweise und nicht das Vorhandensein einer spezifischen Religion eine zentrale Rolle.

In allen Ländern tragen Frauen immer noch die Hauptlast der Hausarbeit, obwohl sie außerdem zunehmend zur Arbeit gehen. In vielen Fällen sind sie noch immer die „Sklavinnen von Sklaven“, wie Trotzki das ausgedrückt hat. In Ländern, in denen sich die ArbeiterInnenklasse und die Armen die zeitsparenden Arbeitsmittel des modernen Kapitalismus – Waschmaschinen, Kühlschränke, Staubsauger usw. - nicht leisten können, ist die Belastung der Hausarbeit für Frauen erdrückend. In Großbritannien beispielsweise zeigen die meisten Studien, dass Männer grundsätzlich akzeptieren, dass sie den selben Teil an Hausarbeit leisten sollten wie Frauen. Doch es gibt eine große Kluft zwischen Intention und Wirklichkeit. Eine Umfrage über Großbritannien zeigte, dass Frauen durchschnittlich 17 Stunden Hausarbeit inklusive Kinderbetreuung leisten. Männer leisten nur sechs Stunden an Hausarbeit.

Die ungleiche Verteilung der Hausarbeit trägt dazu bei, dass Frauen generell niedrigere Löhne, weniger Freizeit und eine schlechtere Gesundheit als Männer haben. Doch am meisten profitieren die KapitalistInnen. Indem die Hauptlast der Hausarbeit, der Kranken- und Altenpflege den Frauen auferlegt wird, liegt sie nicht mehr in der Verantwortung der Gesamtgesellschaft.

Der Kapitalismus hat Frauen im Vergleich zu anderen Klassengesellschaften generell einen gewissen geschichtlichen Fortschritt gebracht. Doch das hat sich nun weitgehend erschöpft. Der Kapitalismus des 21. Jahrhunderts verringert die häusliche Belastung der Frauen nicht. Im Gegenteil. Die massiven Einsparungen bei öffentlichen Dienstleistungen in allen wirtschaftlich entwickelten Ländern zerstören Kinderbetreuung, Altenpflege und andere Einrichtungen, die vorher die Belastung der ArbeiterInnenklasse, insbesondere der Frauen, teilweise gelindert haben. Frauen arbeiten außerdem mit größerer Wahrscheinlichkeit im öffentlichen Sektor und sind deshalb stärker von Stellenabbau bedroht. Wachsende Wohnkosten und die Schließung von Frauenhäusern in vielen Ländern erschweren es Frauen, gewalttätige Partner zu verlassen. Gleichzeitig bedeuten der Fall der Reallöhne und Sozialkürzungen, dass es für die meisten Frauen der ArbeiterInnen- und Mittelklasse keine Chance gibt, auf Lohnarbeit zu verzichten und sich auf die Hausarbeit zu konzentrieren. Es ist zunehmend unmöglich, die Familie auf der Basis eines einzelnen Broterwerbers zu ernähren. Im Gegenteil müssen beide Eltern oft in mehr als nur jeweils einem Job arbeiten. Das legt die Grundlage für große soziale Explosionen gegen Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen, Wohnraum und Löhnen. Frauen werden an der Spitze dieser Bewegungen stehen, wie es auch bei der $15-Stundenlohnkampagne in den USA der Fall ist.

Frauenbefreiung und Klassenkampf

Wir müssen auch auf weitere Massenbewegungen vorbereitet sein, die die spezifische Unterdrückung von Frauen thematisieren. Die kapitalistische Klasse ist in dieser Frage gespalten. Ein Teil würde eine große Kampagne gegen Frauenrechte unterstützen. Diese würde sich der Propaganda über die Wichtigkeit der Familie, der Rolle von Frauen im Haushalt und ähnlicher Themen bedienen. Doch andere realisieren, dass dies sozialen Einstellungen zu stark zuwiderlaufen und somit Massenbewegungen provozieren würde. Das war in Spanien der Fall, als der Versuch der Regierung, das Recht auf Abtreibung stark einzuschränken, zu Massendemonstrationen führte. Diese konnten das geplante Gesetz erfolgreich zurückschlagen. Dieses weltweit gestiegene Selbstbewusstsein von Frauen kann auch zu offensiven Bewegungen führen. Eine solche Bewegung zur Stärkung von Frauenrechten gab es beispielsweise in Irland. Die Demonstrationen gegen Vergewaltigungen in Indien sind ein Beispiel für die Art der Kämpfe, die in der neokolonialen Welt entstehen können.

Der Kampf für Frauenbefreiung ist an der Wurzel ein Teil des Klassenkampfes. Der Kampf von Frauen gegen ihre eigene spezifische Unterdrückung stimmt mit dem der ArbeiterInnenklasse für eine fundamentale Umstrukturierung der Gesellschaft zur Überwindung von Ungleichheit und Unterdrückung überein. Wir vertreten andere Auffassungen als der bürgerliche und der kleinbürgerliche Feminismus, weil dieser keinen klassenbezogenen Ansatz im Kampf für die Frauenbefreiung verfolgt. Das bedeutet natürlich nicht, dass nur Frauen aus der ArbeiterInnenklasse unterdrückt sind. Diese werden zweifach unterdrückt: Aufgrund ihrer Klassenzugehörigkeit und ihres Geschlechts. Doch Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten werden aufgrund ihres Geschlechts unterdrückt, einschließlich häuslicher Gewalt und sexueller Belästigung. Doch um wirkliche Geschlechtergleichheit für Frauen - einschließlich für Frauen aus der Elite der Gesellschaft - zu erreichen, ist ein kompletter Umsturz der bestehenden Ordnung nötig. Dieser muss alle Ebenen umfassen: Die wirtschaftliche, die soziale, die Familie und die Hausarbeit. Der dafür notwendige Startpunkt ist die Beendigung des Kapitalismus. Die ArbeiterInnenklasse ist die einzige Klasse, die zu einem erfolgreichen Kampf für den Sturz des Kapitalismus in der Lage ist. Deshalb sind der Kampf für die Beendigung von Frauenunterdrückung und der Klassenkampf intrinsisch miteinander verwoben.

Damit wollen wir aber nicht den Eindruck einer abschätzigen Haltung gegenüber der neuen Generation von Frauen erwecken, die zunächst über den Kampf für ihre Rechte als Frauen in gesellschaftliche Auseinandersetzungen eintreten und noch keinen Klassenstandpunkt entwickelt haben. Die Erkenntnis, dass man unterdrückt wird und gemeinsam mit anderen, die der selben Unterdrückung ausgesetzt sind, in einen Kampf gegen diese Unterdrückung eintreten kann, ist ein wichtiger Schritt vorwärts. In diesem Sinne ist das, was oft als „Identitätspolitik“ beschrieben wird, ein unausweichlicher Bestandteil des politischen Erwachens vieler Mitglieder unterdrückter Gruppen in der Gesellschaft. Doch die Geschichte von Kämpfen gegen Unterdrückung zeigt, dass jene, die an solchen Kämpfen teilnehmen, aufgrund ihrer Erfahrungen über die Grenzen der Identitätspolitik hinausgehen, weil sie die Ursache ihrer Unterdrückung in der Struktur der Gesellschaft erkennen. Unsere Rolle ist es, geschickt und mit der Übergangsmethode zu intervenieren, um den Kampf gegen Frauenunterdrückung mit dem Kampf für den Sozialismus zu verbinden. Das bedeutet auch, die Ideen des bürgerlichen und kleinbürgerlichen Feminismus wenn nötig zu kritisieren. Dazu gehört auch die von vielen FeministInnen vertretene Idee, dass die Schuld für die Frauenunterdrückung im inneren Charakter der Männer, und nicht in der Struktur der Gesellschaft zu suchen ist.

Das bedeutet aber natürlich nicht, dass wir den Kampf gegen sexistische Verhaltensweisen in dieser Gesellschaft, insbesondere innerhalb der ArbeiterInnenbewegung, aufgeben. Wenn wir sagen, dass die ArbeiterInnenklasse als einzige Kraft zum Erreichen einer fundamentalen gesellschaftlichen Veränderung in der Lage ist, verschließen wir nicht die Augen vor den Vorurteilen wie Rassismus, Sexismus und Homophobie, die es in allen Klassen und auch in der ArbeiterInnenklasse gibt. Wir haben eine stolze Geschichte im Kampf gegen diese Vorurteile.

Gewalt gegen Frauen

Wenn ArbeiterInnenorganisationen und insbesondere revolutionäre Parteien die ArbeiterInnenklasse im Kampf für die Veränderung der Gesellschaft vereinen wollen, ist es lebensnotwendig, für die Rechte von Frauen und aller unterdrückten Gruppen einzutreten. Wir akzeptieren nicht die kruden Positionen, wie sie in der Vergangenheit von einigen revolutionären Organisationen wie zum Beispiel der IST (SWP) vertreten wurden. Als das CWI in England und Wales mit der CADV (Campaign against domestic violence – Kampagne gegen häusliche Gewalt) eine Kampagne gegen häusliche Männergewalt begann, lehnte es die SWP zunächst ab, dieses Thema innerhalb der Gewerkschaften anzusprechen. Die SWP argumentierte, dass dieses Thema die Gewerkschaften spalten würde. Diese Einstellung ergab sich aus ihrer falschen theoretischen Position über den Umgang der ArbeiterInnenbewegung mit Frauenunterdrückung. In seinem Buch „Class struggle & Women's Liberation“ argumentierte der SWP Gründer Tony Cliff, dass es falsch von der Frauenbewegung sei, sich „andauernd auf Gebiete zu konzentrieren in denen sich Frauen und Männer miteinander im Konflikt befinden – Vergewaltigungen, geschlagene Frauen, Lohn für Hausarbeit – während sie die wichtigen Kämpfe ignoriert oder herunterspielt, in denen Frauen leichter die Unterstützung von Männern erreichen könnten: Streiks, Widerstand gegen Sozialabbau, gleicher Lohn, gewerkschaftliche Organisation, Abtreibung.“

Diesem begrenzten Ansatz sind wir entgegengetreten. Natürlich ist es lebenswichtig für die ArbeiterInnenbewegung, Wirtschaftsthemen wie den Widerstand gegen Sozialabbau oder Kämpfe für gleichen Lohn aufzugreifen. Diese Themen sind für einen Kampf gegen häusliche Gewalt sogar zentral. Die CADV kämpfte, genau wie heute die Socialist Party und viele CWI-Sektionen, gegen alle Kürzungen bei Beratungsstellen für Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt, für einen großen Ausbau der Anzahl der Frauenhäuser und für ein kommunales Wohnungsbauprogramm, um Frauen ein unabhängiges Wohnen zu ermöglichen. Doch wir kämpfen für die größtmögliche Einheit der ArbeiterInnenklasse, indem wir versuchen, die gesamte ArbeiterInnenbewegung davon zu überzeugen, das Thema der Frauenunterdrückung ernst zu nehmen, und nicht, indem wir es unter den Teppich kehren. Die CADV spielte eine wesentliche Rolle dabei, alle großen Gewerkschaften in Großbritannien dazu zu bringen, Forderungen und Maßnahmen gegen häusliche Gewalt aufzustellen. Im Gegensatz zur Meinung Cliffs zeigt dies, dass es sehr wohl möglich ist, eine große Mehrheit von Männern für eine Positionierung gegen häusliche Gewalt zu gewinnen.

ArbeiterInnenorganisationen existieren innerhalb des Kapitalismus. Sie sind kein Modell für eine neue Gesellschaft, sondern Instrumente zum Kampf für die Erschaffung einer neuen. Das ist keine Entschuldigung, nicht deutlich gegen alle Fälle von sexuellem Missbrauch und gegen Übergriffe vorzugehen, sondern eher die Erkenntnis, dass es solche Fälle manchmal gibt. Es ist utopisch, das Modell einer sozialistischen Gesellschaft innerhalb des Kapitalismus aufbauen zu wollen. Selbst die am klarsten denkenden und klassenbewusstesten ArbeiterInnen sind Produkte des Kapitalismus, mit allen Verzerrungen der menschlichen Persönlichkeit, die das mit sich bringt. Wir können insbesondere von unseren neuen Mitgliedern nicht erwarten, dass sie der Partei mit einem komplett ausgeformten Verständnis für alle Themenbereiche inklusive des Sexismus mit sich bringen. Das Ziel von SozialistInnen sollte im Lauf der Zeit die Erhöhung des Verständnisses für alle Themenbereiche innerhalb der ArbeiterInnenbewegung sein. Dazu gehört auch die Unterdrückung von Frauen und eine klare Positionierung gegen alle Fälle sexueller Gewalt und Übergriffe.

Der Kampf für eine größere Teilnahme von Frauen in der politischen Arbeit

Wir müssen außerdem für eine größere Beteiligung von Frauen sowohl im CWI als auch der ArbeiterInnenbewegung insgesamt kämpfen. Das ist vor allem eine politische Frage. Indem die ArbeiterInnenbewegung ein Programm im Interesse von Frauen aus der ArbeiterInnenklasse erstellt und für dieses kämpft, wird sie mehr Frauen für einen Beitritt in die Bewegung gewinnen. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Diskussionen über Perspektiven und Programm eine sozialistische Genderperspektive beinhalten. Das heißt aber nicht, dass ein korrektes Programm in und für sich das Problem bewältigen wird. Die doppelte Unterdrückung von Frauen bedeutet in jedem Land, dass Frauen zusätzliche Schwierigkeiten überwinden müssen, um aktiv zu sein. Das ist insbesondere in Zeiten der Fall, in denen es keinen Aufschwung von Klassenkämpfen gibt. Wenn dies auf die ArbeiterInnenbewegung generell zutrifft, dann trifft es auf das CWI erst recht so lange zu, wie das CWI noch eine relativ kleine revolutionäre Minderheit in der Gesellschaft ist. Gerade in Gesellschaften, in denen die Frauenunterdrückung besonders brutal ist, ist es eine große Leistung, einen weiblichen Kader innerhalb der Partei auszubilden; auch wenn dieser zu diesem Zeitpunkt noch eine kleine Minderheit in der Partei ist.

Manchmal ist es nötig, besondere Parteiveranstaltungen für Frauen abzuhalten, insbesondere wenn sie neue Mitglieder sind. Dies sollte aber immer ein Übergangsmechanismus mit dem Ziel des Aufbaus von Ortsgruppen sein, in denen sowohl Frauen als auch Männer aktiv sind. Wir sollten dafür streiten, dass die Hälfte – oder sogar die Mehrheit, wie das beim Exekutivkomitee der Socialist Party in England und Wales der Fall ist - unserer Leitungsgremien auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene aus Frauen besteht. Wir müssen auch dafür kämpfen, dass mehr Genossinnen zu öffentlichen Vertreterinnen des CWI werden. Wie wir in den USA und Irland sehen, können sie in solchen Funktionen oft sehr effektiv sein. Doch diese Ziele können nicht künstlich erreicht werden. Die Entwicklung eines weiblichen Kaders kann nur über Zeit gelingen. Es ist dabei wesentlich, besondere Anstrengungen für die politische Entwicklung und insbesondere das politische Selbstvertrauen unserer Genossinnen zu unternehmen. CWI Sektionen sollten regelmäßig über mögliche Maßnahmen nachdenken und diskutieren, die geeignet erscheinen, mehr Frauen im Leben der Sektion und in Führungsrollen zu beteiligen.

Die Selbstorganisation von Frauen innerhalb linker Parteien und innerhalb der ArbeiterInnenbewegung ist für die Bekämpfung der Idee, dass die Frauenunterdrückung etwas Natürliches sei, sehr wichtig. Sie ist auch wichtig, um die Beteiligung von Frauen am Klassenkampf zu stärken und um sie beim Erzielen ihres vollen Potentials zu unterstützen. Dies kann durch die Organisation von Arbeitsgruppen für Frauen oder durch Frauenkommissionen zur Diskussion von spezifischen oder generellen Positionierungen aus Frauensicht erfolgen. Dadurch entsteht eine für Frauen komfortablere Umgebung, die auch deren Selbstbewusstsein für andere Interventionen stärkt. Diese Kommissionen sind keine beschlussfassenden Organe. (Beschlüsse werden von Ortsgruppen, Versammlungen, Komittees und Kongressen getroffen.) Frauen stellen die Hälfte der ArbeiterInnenklasse. Doch insbesondere in den Führungskörpern von Parteien und Gewerkschaften sind sie unterrepräsentiert. Wir werden dieses Problem und Diskriminierung gegen Frauen nicht durch solche Maßnahmen allein lösen können. Doch sie können zur vollen Beteiligung von Frauen am Klassenkampf einen wichtigen Beitrag leisten.

Mit unseren beschränkten Ressourcen können wir nicht immer alle notwendigen Maßnahmen treffen. Wir müssen uns anstrengen, praktische Maßnahmen wie Kinderversorgung oder sichere und zusätzliche Veranstaltungsräume usw. zu treffen. Gleichzeitig müssen wir dafür kämpfen, dass die ArbeiterInnenbewegung das selbe tut.

Die Quotenfrage

In manchen Ländern hat die ArbeiterInnenbewegung Quoten oder reservierte Sitze eingeführt, um die Repräsentation von Frauen in Führungspositionen zu sichern. Solche Maßnahmen können die Hindernisse für die Teilnahme von Frauen in der Bewegung nicht alleine lösen. Manchmal sind sie sogar ein Hindernis. In manchen britischen Gewerkschaften wurde die Anzahl von Frauen in den Gewerkschaftsspitzen durch derartige Maßnahmen erhöht. Doch die rechten Flügel dieser Gewerkschaften nutzen das aus, um ihre Positionen im Apparat zu festigen. Das fürchterliche Versagen der Gewerkschaften bei der Organisation von Kämpfen hat ohne Zweifel dazu geführt, dass die Wahrscheinlichkeit für größeren Aktivismus der Masse der Frauen in den Gewerkschaften geringer geworden ist. Dennoch sind wir aufgrund des Eindrucks, dass sie die Beteiligung von Frauen in der Bewegung erhöhen können, normalerweise nicht gegen Quoten, insbesondere wenn sie bereits eingeführt worden sind. In einigen Fällen haben CWI-Sektionen die Einführung von Quoten in ArbeiterInnen- und linken Organsisationen unterstützt, beispielsweise in der PSOL in Brasilien. Dort stellen Frauen heute 50% der Parteiführung, was eine Rolle bei der Erhöhung der Frauenbeteiligung gespielt hat. Dennoch werden wir manchmal nur symbolisch gemeinte Maßnahmen nicht unterstützen. In jedem Fall werden wir verdeutlichen, dass Quoten das Problem nicht lösen. Nötig und zentral sind ein kämpferisches Programm für die Frauen der ArbeiterInnenklasse und praktische Maßnahmen wie z.B. Kinderbetreuung.

Das CWI ist stolz auf seine Rolle in Kampagnen gegen die spezifische Unterdrückung von Frauen und die Entwicklung von Frauen zu Führungskadern des CWI. Doch das bisher erreichte ist nur ein kleiner Anfang. Indem wir tatkräftig und mit einem klaren Programm ausgerüstet in die kommenden Klassen- und Frauenkämpfe intervenieren, wird es uns möglich sein, viele tausende neue Kämpferinnen aus der ArbeiterInnenklasse in unsere Reihen aufzunehmen.

 

 

Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen und Rassismus

Sexismus und Gewalt gegen Frauen sind gesellschaftliche Probleme – individuelle Lösungen reichen nicht!
Sonja Grusch

Gewalt gegen Frauen ist kein neues Phänomen. Wenn eine besonders schlimme Tat bekannt wird, geht ein Aufschrei durch die Medien. Doch die Taten der PolitikerInnen beschränken sich auf Pressekonferenzen, Studien bzw. Tagungen. Ihre Lösungen ignorieren die gesellschaftlichen Ursachen von (sexualisierter) Gewalt und machen letztlich sogar die Opfer verantwortlich. Die andere Seite dieser Individualisierung des Problems sind die Hardliner, die „Kastration“, „Todesstrafe“ oder ähnliches für Vergewaltiger etc. fordern. Es ist nachvollziehbar, wenn sich eine betroffene Frau eine solche Bestrafung ihres Peinigers wünscht. Doch verhindert nichts davon weitere Gewalt. Weil es bei Vergewaltigung nicht in erster Linie um Sex, sondern v.a. um Macht geht, weil auch hier die gesellschaftlichen Ursachen nicht aufgegriffen werden. Es geht nicht um Verständnis für den Täter, sondern darum zu verstehen, wo die Wurzeln sexualisierter Gewalt liegen. Nur wenn man diese Wurzeln versteht, können Maßnahmen gesetzt werden, die wirklich greifen.

Da geht es unmittelbar darum, betroffene Frauen zu schützen. Dafür braucht es u.a. besser beleuchtete Straßen, mehr Frauenhäuser, billigere Wohnungen und kostenlose rund-um-die-Uhr Öffis. Doch die gleichen PolitikerInnen, die betroffen über die Gewalt gegen Frauen sind, kürzen bei den „Ermessensausgaben“ und damit bei verschiedenen Fraueneinrichtungen, insbesondere Frauenhäusern, in denen Opfer häuslicher Gewalt unterkommen.

Da geht es weiters um Verteidigung. Selbstverteidigung als fixer Bestandteil des Turnunterrichtes kann Mädchen helfen, sich zur Wehr zu setzen. Doch „Banden bilden“ reicht nicht aus. Klar ist es cool, wenn die Gulabi Gang (Frauen in rosa Saris) in Indien ihrem Kampf gegen Gewalt an Frauen auch handfest mit Schlagstöcken Nachdruck verleiht. Der Toronto Newsgirl Boxing Club hat zu Recht viel Sympathie erhalten, als sie klarmachten, dass sie schlagkräftig gegen die Vergewaltigungsfantasien von Daryrush Valizedeh, alias Roosh V vorgehen werden.

Da geht es aber auch darum, das traditionelle Frauen- und Familienbild aufzubrechen. Die „Lösungen“ der herrschenden Politik ignorieren den größten Gefahrenbereich für Frauen völlig, nämlich die Familie, und verschlimmern die Situation von Frauen durch ihre Gesamtpolitik sogar noch. In einer Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen in Israel/Palästina wurde der Slogan „Sozialabbau und Privatisierung ist Gewalt gegen Frauen“ gerade von jungen Frauen als Schlachtruf aufgenommen. Palästinenserinnen und Jüdinnen protestierten gemeinsam. Denn die aktuellen Kürzungsmaßnahmen der Regierung treffen auch jene NGOs, die versuchen Gewaltopfern zu helfen. „Mädchen und Frauen – organisiert euch“ war der Aufruf, organisiert euch in den Schulen und Unis, in den Nachbarschaften... Die Forderungen richten sich auch ganz zentral an die Gewerkschaften. Ein höherer Mindestlohn und öffentlicher Wohnbau, um die Mieten zu senken sind zentrale Forderungen, um Frauen die Möglichkeit zu geben, eine gewalttätige Partnerschaft zu verlassen und selbstbestimmt zu leben.

In Brasilien kämpft u.a. die „Kämpferische Frauenbewegung“ (MML) als Teil der Gewerkschaftslinken gegen Gewalt an Frauen. Das Thema brennt, nimmt die Gewalt doch auch mit der sich vertiefenden sozialen Krise zu. Zwar steht mit Dilma eine Frau an der Spitze der Regierung, doch nicht nur, dass Abtreibung sogar bei Vergewaltigung noch weiter erschwert worden ist, fehlt auch Geld. Eine Forderung ist daher, dass 1% des BIP für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen eingesetzt werden muss. Es wurden weit über 15.000 Unterschriften gesammelt, 2.300 Frauen, darunter viele Beriebsrätinnen und Gewerkschafterinnen kamen zusammen und es gab verschiedenste Aktivitäten.

In Britannien ist die Kampagne gegen häusliche Gewalt (CADV) seit 1991 aktiv und hat erreicht, dass alle wichtigen Gewerkschaften das Thema aufgegriffen und damit auch Bewusstsein geschaffen haben. Das hat nicht nur dazu geführt, dass sich die rechtliche Situation für Frauen verbessert hat, sondern es wurde auch für mehr Geld gekämpft, um Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, zu helfen.

Gewalt gegen Frauen entsteht in dem gewalttätigen System, in dem Menschenrechte nur theoretisch existieren – dem Kapitalismus. Eine erfolgreiche Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen muss mit den Protesten gegen soziale Ungerechtigkeiten verbunden werden und die Klassengesellschaft, die ja dahinter steht, in Frage stellen. Sozialismus beendet Gewalt gegen Frauen nicht automatisch. Aber die Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen legt erstmals in der Menschheitsgeschichte die Grundlage für die Abschaffung der Gewalt gegen Frauen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig

Gewalt gegen Frauen ist ein Problem, dessen Ursache in der Klassengesellschaft liegt.
Theresa Reimer

Gewalt ist laut WHO für Frauen das größte Gesundheitsrisiko weltweit. Sie kann viele verschiedene Formen annehmen und ist teilweise nur für die Betroffenen sichtbar und spürbar. Oft ist strukturelle Gewalt auch für die Opfer nicht erkennbar, da sich Frauen mit ihrer unterdrückten Stellung abgefunden und identifiziert haben. Körperliche und sexualisierte Gewalt wie Schläge, Tritte, Vergewaltigungen etc. sind die sichtbarsten Formen, die auch in der Gesellschaft mehrheitlich als Problem anerkannt und verurteilt werden.

Psychische und ökonomische (wirtschaftliche und soziale) Gewalt hingegen wird oft verharmlost oder gar nicht erkannt. Dabei ist Stalking oder die verbale Herabwürdigung von Frauen in Form von Belästigungen, Bedrohungen usw. besonders im Internetzeitalter immer sichtbarer.

Ökonomische Gewaltausübung liegt vor, wenn ein Mensch die Abhängigkeit eines anderen Menschen ausnützt. Bis zu 50% aller Frauen sind von sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz betroffen. „Wie bei einer Fleischbeschau“ fühlen sich viele Beschäftigte der Gastronomie und Vorgesetzte nutzen ihre Macht meist ungestraft. Zahlreich auch die Beispiele, wo politisch einflussreiche oder reiche Männer ihre Macht über „Weinköniginnen“, Sekretärinnen etc. ausnutzen. Auch wenn oft keine körperliche Gewalt im Spiel ist, so wird hier doch die Moral der Mächtigen ersichtlich, die die prekäre Lage von Frauen ausnutzen, um ihre eigene Macht zu demonstrieren und sich selbst einen Ego-Schub zu verpassen.

Frauen sind auch besonders von struktureller Gewalt betroffen. Strukturelle Gewalt bedeutet, dass Bedürfnisse nicht befriedigt werden können, obwohl es eigentlich möglich wäre. Also z.B. wenn Menschen Ressourcen, die vorhanden sind, vorenthalten werden, weil sie Frauen sind. In den verschiedenen Klassengesellschaften – von der Sklaverei über den Feudalismus bis zum Kapitalismus – wurde stets die Mehrheit zugunsten der Minderheit benachteiligt. Doch der Kapitalismus ist erstmals eine Überflussgesellschaft, niemand müsste also mehr zu wenig von den notwendigen Dingen haben. Wenn Menschen weniger Zugang zu Bildung, Wohnen, Gesundheit etc. haben als nötig und möglich, dann ist das auch eine Form der Gewalt, weil es die Lebensqualität und -dauer reduziert. Die meisten Frauen sind dieser strukturellen Gewalt besonders ausgesetzt, durch ihre Mehrfachunterdrückung als Teil der unterdrückten Klasse, der ArbeiterInnenklasse, UND als Frau. Das zeigt sich u.a. daran, dass Frauen auch im Jahr 2015 durchschnittlich noch immer 23 % weniger als Männer verdienen und Frauen öfter prekäre Jobs haben. Ebenso ist die höchste Armutsrate unter Pensionistinnen zu finden.

Mit den Ereignissen von Köln trat in letzter Zeit vor allem eine Form sexualisierte Gewalt ins Rampenlicht. Doch wie damit umgegangen wird dient auch dazu, die anderen Formen von Gewalt gegen Frauen klein zu reden.

Für viele Frauen ist ein Gefühl der Unsicherheit allgegenwärtig. Oft suchen Frauen, die auf der Straße oder in der Familie belästigt bzw. missbraucht werden, die Schuld bei sich selbst. Bei der gedanklichen Formulierung der Frage: „Ist mein Ausschnitt zu groß und mein Rock zu kurz?“ hat sich wahrscheinlich schon jede Frau einmal ertappt. Und anstatt auf strukturelle Unterdrückung und Alltagssexismus einzugehen und die Ursachen zu ergründen, verfallen Viele in die Argumentation, dass die „richtige“ Prävention vor Übergriffen wäre, dass sich Frauen passend kleiden sollten. Auch der Wiener Polizeipräsident Pürstl stieß mit seinem Kommentar zu Köln auf heftige Kritik: „Frauen sollten nachts generell in Begleitung unterwegs sein, Angst-Räume meiden und in Lokalen keine Getränke von Fremden annehmen.“ Anstatt zu überlegen, wie (sexualisierte) Gewalt verhindert werden kann, erteilt auch er lieber Verhaltensrichtlinien an Frauen.

Auf die mediale Debatte rund um #aufschrei, unter dem Frauen von ihren täglichen Erfahrungen mit Sexismus und Gewalt berichteten, veröffentlichte die reaktionäre Antifeministin Birgit Kelle das Buch „Dann mach doch die Bluse zu“. Sie tut so, als ob Frauen durch ihren Kleidungsstil oder ihr Verhalten selbst schuld an Übergriffen wären („Victim Blaming“). Diese Argumentation ist falsch. Kelle & Co. stempeln Männer allgemein als Täter ab, die sich nicht im Griff haben könnten, wenn Frauen zum Beispiel einen größeren Ausschnitt tragen, und die unfähig wären, auf eine Frau, die sie interessant finden, auf Augenhöhe zuzugehen. Doch sexualisierte Gewalt ist nicht die „natürliche“ Folge des männlichen Sexualverhaltens oder das nicht im Zaum halten Können der Sexualtriebe. Sexualisierte Gewalt bedeutet Machtausübung und hat mit Sex nichts zu tun. Der einzelne Täter ist ein Täter, doch wer bei der Analyse auf dieser individuellen Ebene bleibt, leugnet, dass Menschen das Ergebnis ihrer Umgebung und ihrer – meist nicht freiwillig gewählten – Stellung in der Gesellschaft sind.

Die fatale Logik des Victim Blaming (Täter-Opfer-Umkehr) ignoriert die gesellschaftlichen Systemstrukturen, die das Handeln bestimmter Gruppen beeinflussen. Durch die seit Jahrtausenden existierenden Klassengesellschaften hat sich die Unterdrückung auch gesellschaftlich verankert. „Seine“ Frau zu züchtigen oder „die Ware zu prüfen“ oder „dass Frauen Technik halt nicht verstehen“ erscheint darum „normal“.

Wer versucht, Sexismus und Gewalt mit der Einteilung von Menschen aufgrund ihres Verhaltens in „gut“ und „böse“ zu erklären und andere Faktoren ausblendet, wird scheitern. Um Gewalt gegen Frauen wirksam zu bekämpfen, muss die Wurzel des Problems erkannt werden. Es ist natürlich absurd und bezeichnend für den Sexismus der bürgerlichen Gesellschaft, dass Sexualstraftäter selten und wenig bestraft werden. Hohe Strafen alleine werden das Problem aber nicht lösen, weil die Ursachen ignoriert werden. Und es ist auch keine Frage der Religion, der Kultur oder der Herkunft, weil Frauen in allen Teilen der Welt Opfer von (sexualisierter) Gewalt werden.

Gerade in einer wirtschaftlich schwierigen Lage ist es für Frauen noch schwieriger, Sicherheit zu bekommen. Frauen sind finanziell oft abhängig von Partner bzw. Familie, nur prekär beschäftigt und werden vom Staat viel zu wenig unterstützt. Es muss möglich sein, dass alle Kinder Krippenplätze, Betreuung usw. bekommen, um Frauen mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen. Es gibt viel zu wenig freie Stellen in Frauenhäusern, viel zu wenig gute betreute Wohneinrichtungen für Jugendliche und kaum leistbare Wohnungen. Arbeitslosigkeit und Lohndruck verstärkt die Unsicherheit auf allen Ebenen. Viele Frauen und Mädchen müssen daher bei einem gewalttätigen Mann/Vater in „versteckter Obdachlosigkeit“ bleiben. Die Familie stellt tatsächlich den gefährlichsten Ort für Frauen dar. Sicherheit gibt es nur mit mehr (finanzieller) Unabhängigkeit.

Das Thema Gewalt gegen Frauen wird langsam enttabuisiert. Überlassen wir es nicht den Rechten, die es instrumentalisieren, um rassistische Hetze gegenüber MigrantInnen und Geflüchteten zu schüren und gleichzeitig von der ständigen strukturellen, sozialen und politischen Gewalt gegen Frauen abzulenken. Es braucht einen breiten Kampf für die Gleichberechtigung aller, um die Probleme an der Wurzel zu packen. Denn das Problem ist nicht der böse schwarze Mann, sondern der Kapitalismus.

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

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