Internationales

Erdogans Krieg geht weiter

Nach den Parlamentswahlen im Juni 2015 begann Erdogan einen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung.
Georg Kumer

Bei den Wahlen gewann die linke kurdische Partei HDP 13 % und konnte so eine absolute Mehrheit der antidemokratischen und autoritären AKP verhindern. Präsident Erdogan brauchte aber eine absolute AKP Mehrheit, um sich mehr Macht zu sichern. Er verhinderte die Bildung einer Koalition und erzwang Neuwahlen im November. Um bis dahin die Unterstützung für die HDP zu schwächen, begann Erdogan den Krieg gegen die kurdische Bevölkerung im Osten. Dieser Krieg mit mehr als 400 zivilen Opfern, Todesschwadronen und 200.000 Vertriebenen dauert bis heute an und war für Erdogan ein Erfolg. Bei den Wahlen im November holte die AKP die Absolute.

Um Erdogan und den Krieg zu stoppen, braucht es den gemeinsamen Kampf von KurdInnen und TürkInnen. Wie bei den Streiks für höhere Löhne im Industriezentrum Bursa im Mai 2015, an dem sich 20.000 KurdInnen und TürkInnen gemeinsam beteiligten. Auch danach kam es immer wieder zu Arbeitskämpfen, aber in kleinerem Umfang, so etwa in İstanbul Kurtköy, wo 150 Beschäftigte seit Juni 2015 streiken, seit 23. Dezember in Gebze mit ebenfalls 150 Streikenden oder seit Anfang März bei Renault, wieder in Bursa.

Durch die Arbeitskämpfe vor dem aktuellen Krieg geriet Erdogan, der auch die Rechte türkischer ArbeiterInnen mit Füßen tritt, unter Druck. Es braucht große gemeinsame Streiks von KurdInnen und TürkInnen gemeinsam, um den Krieg, die Ausbeutung durch das Erdogan-Regime und die Unterdrückung der KurdInnen zu beenden.

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Irland: Mit Kampagne ins Parlament

Laura Rafetseder

Für die Parteien des irischen Establishments gab es bei den Wahlen Ende Februar eine herbe Niederlage. Die traditionellen Parteien des Kapitals Fine Gael und Fianna Fail erhielten gemeinsam erstmals weniger als 50% der Stimmen. Die Regierungsparteien Fine Gael und Labour wurden speziell für ihre Sparpolitik abgestraft, Labour zu einer Kleinpartei von 6,6% reduziert. Sie hatten u.a. eine Wassersteuer eingeführt, die viele Haushalte massiv belastete. Dagegen hatte die Anti-Austerity-Alliance AAA, in der auch die Socialist Party (CWI in Irland) mitarbeitet, eine Nichtbezahlungskampagne initiiert, an der sich viele Menschen beteiligten. Mittlerweile wurden alle Parteien bis auf Fine Gael gezwungen, sich gegen die Wassersteuer auszusprechen. Es ist wahrscheinlich, dass eine neue Regierung sie abschaffen muss. Das ist ein massiver Sieg für die ArbeiterInnenklasse in Irland und international - weil es zeigt, dass Widerstand erfolgreich sein kann. Die AAA konnte im Bündnis mit People before Profit PBP landesweit 3,9% der Stimmen und sechs ParlamentarierInnen gewinnen, das ist ein Durchbruch. Die Parlamentsmitglieder der Socialist Party, Paul Murphy und Ruth Coppinger, wurden wiedergewählt, Mick Barry in Cork konnte ein Mandat erobern. In Limerick scheiterte ihr Kandidat Cian Prendiville nur knapp mit einem Stimmenabstand von 270. Ein weiterer Teil ihrer Kampagne war der Kampf gegen das 8. Amendment, das Abtreibungen in Irland illegalisiert. Der Erfolg ihrer Kampagne zeigt, dass es möglich ist, mit linken Ideen ein Massenpublikum zu erreichen. Und zwar, wenn man die Probleme der ArbeiterInnenklasse aufgreift, Sparpolitik konsequent bekämpft und Teil einer Bewegung ist. Die SP und die AAA hatten gemeinsam mit ROSA (kurz für "for Reproductive Rights, against Oppression, Sexism and Austerity") immer wieder Aktionen für das Recht auf Abtreibung organisiert. AktivistInnen und UnterstützerInnen hängten tausende Wahlplakate selbst auf und verteilten unzählige Flugblätter. Die Kampagne gegen die Wassersteuer hat Leute in die Aktivität gezogen, es gab unzählige Mobilisierungs- und AktivistInnentreffen. Sie kann ein erster Schritt hin zu einer neuen Arbeiterpartei sein, in der sich Menschen organisieren können.

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Internationale Notizen - USA/CHINA/PAKISTAN

USA: Protest gegen tickende Zeitbombe

Seit gut einem Jahr finden in West Roxbury (Boston) massive Proteste gegen die geplante Erbauung einer Gashochdruckleitung statt. Der Bau wird vom Konzern „Spectra Energy“ forciert. Wenn eine solche Hochdruckleitung explodiert, bringt das Tote und zerstörte Schulen, Geschäfte und Wohnungen. Selbst wenn solche Gashochdruckleitungen nicht explodieren, sind ist die gesundheitliche Gefährdung von Menschen dokumentiert. Die „Socialist Alternative“ (CWI in den USA) unterstützt die Proteste, die von der Umweltschutzorganisation „Grassroot Movement“ geführt werden. Es wird betont,  dass Umweltbewegungen und antikapitalistische Bewegungen zusammenarbeiten müssen, da die Zerstörung der Umwelt und der Kapitalismus ebenfalls Hand in Hand gehen.

http://www.socialistalternative.org

 

 

China: Bergleute für echten Sozialismus

In der Provinz Heilongjiang streiken und demonstrieren tausende chinesische BergarbeiterInnen für die Auszahlung ihrer Löhne und letztlich auch gegen die herrschende „Kommunistischen Partei“. Die „Longmay-Group“, das größte staatliche Mienen-Unternehmen, hatte angekündigt ca. 100.000 Jobs zu streichen. Der Gouverneur der Provinz hatte in seiner Rede am Nationalen Volkskongress die ArbeiterInnen als quasi überbezahltes Problem dargestellt. Die darauf folgenden Massenproteste verbinden die Forderung nach Auszahlung der Löhne mit der Kritik an der Diktatur der KP und den fehlenden Gewerkschaften. Das CWI berichtet nicht nur, sondern organisiert auch konkret Unterstützung der Proteste und fordert den Aufbau unabhängiger Gewerkschaften sowie deren Vernetzung in andere Städte.

www.chinaworker.info

 

Pakistan: Frauentag

Am 8. März organisierte Socialist Movement Pakistan (SMP, CWI in Pakistan) eine Demonstration in Sindh. Eine laute und starke Demonstration forderten u.a., dass Hausfrauen dieselben sozialen Rechte wie Industriearbeiterinnen bekommen müssen. Auf einem Transparent der SMP stand: „Solange Frauen nicht unabhängig sind, ist alles Gerede über Unabhängigkeit nur Lüge.“

Www.socialistpakistan.org

 

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Wahlerfolge der AfD in Deutschland

Mit der Alternative für Deutschland (AfD) etabliert sich in Deutschland Rechtspopulismus
Wolfram Klein, SAV (deutsche Schwesterorganisation der SLP)

Am 13. März fanden in den deutschen Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt (mit gut einem Fünftel der Wahlberechtigten in Deutschland) Landtagswahlen statt. Bei Befragungen nannte die große Mehrheit der WählerInnen (BW 69%, RP 59%, ST 54%) Flüchtlinge als wichtigstes Thema. Hauptergebnis war der Erfolg der AfD, die bei den letzten Landtagswahlen in diesen Ländern noch nicht existierte. Sie bekam jeweils 15,1 % (BW), 12,6% (RP) und 24,2% (ST). Es werden neue Regierungskoalitionen entstehen, weil in zwei Ländern nicht einmal Große Koalitionen mehr eine Mehrheit haben. In Baden-Württemberg wird vielleicht die CDU Juniorpartner der Grünen, in Sachsen-Anhalt ist von einer Kenia-Koalition („schwarz-rot-grün“, also CDU, SPD und Grüne) die Rede.

Als Folge des AfD-Erfolges droht, dass sich offene gewaltbereite FaschistInnen ermutigt fühlen. Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, auf Linke finden schon jetzt fast täglich statt und werden sicher nicht abnehmen. Ganz allgemein werden rassistische und reaktionäre Ideen offener und selbstsicher geäußert werden, am Stammtisch, beim Einkaufen, im Bus, überall. In den Medien wird die AfD mit ihrer Hetze noch mehr zu Wort kommen. Und nicht zuletzt wird die etablierte Politik noch härter gegen Flüchtlinge vorgehen.

Warum wurde die AfD gewählt? Aus der täglichen Erfahrung und Meinungsumfragen wissen wir schon längst, dass es in Deutschland eine Schicht von verbohrten RassistInnen gibt. Viele von ihnen haben jetzt mit der AfD eine passende Partei gefunden, die kein allzu braunes Image hat (auch wenn bei Nachwahlbefragungen rund die Hälfte der AfD-WählerInnen zustimmten, dass die AfD sich nicht genug von rechtsradikalen Positionen distanziert … und sie trotzdem wählten). Wenn in Sachsen-Anhalt („Ausländeranteil“ amtlich 3%, Anteil der Muslime so gering, dass er in der Statistik gar nicht aufgeführt wird) 92% der AfD-WählerInnen einen „wachsenden Einfluss des Islam“ fürchten, hat das offensichtlich mit rationalen Überlegungen nichts zu tun.

Es gibt aber auch weit über die AfD-WählerInnen hinaus z.B. Ängste, dass mit den Flüchtlingen die Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt zunimmt. Mit Menschen mit solchen Ängsten kann man argumentieren, dass die Lösung nicht die Abschottung vor Menschen in Not, sondern die Beschlagnahmung von aus Spekulationsgründen leerstehendem Wohnraum und ein öffentliches Wohnungsbauprogramm ist. Aber diese Menschen werden jetzt massiv mit rassistischer Propaganda bombardiert werden. Es besteht die Gefahr, dass sich soziale Ängste zunehmend mit rassistischen Märchen vom „Kampf der Kulturen“ verquicken.

Parteien, die den Rassismus nur insoweit bekämpfen, wie er „dem Standort Deutschland schadet“, und zugleich die neoliberale Politik betreiben, die den Flüchtlingszustrom erst zum Problem macht (mangelnder bezahlbarer Wohnraum, wenig Integrationsangebote für Flüchtlinge, Arbeitslosigkeit, Armut etc.), werden den Rassismus sicher nicht stoppen. Merkels „Wir schaffen das“ wird immer mehr als verlogen empfunden werden, wachsende Schichten werden von dieser Politik entfremdet sein.

Die Existenz der Partei DIE LINKE hat die Entstehung einer rechtspopulistischen Partei jahrelang verzögert. Leider genügte die Existenz der Partei auf Dauer nicht, eine radikale linke Politik ihrerseits wäre auch notwendig gewesen. Aber weite Teile der Partei streben danach, von der etablierten Politik als vollwertig anerkannt zu werden. Sie sehen Regierungsbeteiligung als einzigen Weg zur Veränderung – in einem Land, in dem für sämtliche möglichen Koalitionspartner „Veränderung“ v.a. Verschlechterung für die Masse der Bevölkerung bedeutet. In Sachsen-Anhalt hat die Linke jetzt massiv an Stimmen verloren (von 235.011 auf 183.196), in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat sie zwar absolut zugelegt, aber wegen der gestiegenen Wahlbeteiligung in Prozenten gerechnet stagniert.

Dass es auch anders gehen kann, zeigten eine Woche vorher die Kommunalwahlen in Hessen, in denen DIE LINKE in mehreren Kommunen mit einer Orientierung auf Bewegungen und Kampagnen deutlich zulegen konnte (z.B. in Kassel, wo ein SAV-Mitglied das zweitbeste Wahlergebnis der LINKEN hatte). Das zeigte z.B. auch in Baden-Württemberg der Wahlkreis Stuttgart I, in dem DIE LINKE mit einem bekannten Aktivisten der Bewegung gegen das Großprojekt Stuttgart 21 als Kandidaten ihr Ergebnis um 3,9% auf 7,3% steigerte … und hier besser als die AfD (7,0%) abschnitt.

Fatal wäre, wenn DIE LINKE auf die Erfolge der AfD reagiert, indem sie im Namen der „Gemeinschaft der Demokraten“ einen Einheitsbrei mit den Parteien bildet, die mit ihrer Politik der AfD gerade die WählerInnen zutreiben. Wenn die AfD Flüchtlinge, Moslems/Muslima und andere als Sündenböcke für die Auswirkungen des Kapitalismus verantwortlich macht, muss DIE LINKE die kapitalistischen Ursachen deutlich benennen und für antikapitalistische und sozialistische Lösungen kämpfen.

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Südafrika: Erfolgreich gegen Uni-Gebühren

Nikita Tarasov

Südafrikas Universitäten wurden in den letzten Monaten von der größten Welle an Protesten und Streiks seit dem Ende der Apartheid erschüttert. Das Management der Universitäten plante ab 2016 massive Anhebungen (8-12%) von Studiengebühren , sowie der Gebühren bei Prüfungsantritten und für Unterkünfte. Die Studierenden organisierten Widerstand: es gab diverse Protestaktionen unter dem Namen #FeesMustFall. Der Jugendflügel der Workers and Socialist Party (WASP), der Schwesterorganisation der SLP in Südafrika, spielte dabei eine zentrale Rolle. 3.000 Studierende der Uni Kapstadt zogen vors Parlament. An anderen Universitäten organisierten Studierende Märsche von einem Protestpunkt zum nächsten, um so möglichst viele Menschen in den Protest einzugliedern. Es gab auch Besetzungen an mehreren Unis.
Die Reaktion von Management und Staat waren drakonisch. Es wurden Versammlungen verboten, Besetzungen mit Schallgranaten und Tränengas geräumt. Trotzdem waren die Protestierenden siegreich – das Management gab auf - es wird keine Gebührenerhöhungen geben.
Ein zentraler Faktor für den Erfolg war der Zusammenhalt der Studierenden und der Universitätsangestellten (Putz- und Sicherheitskräfte, KöchInnen, GärtnerInnen etc.). Der Widerstand gegen die Gebühren setzte eine breite, solidarische Bewegung in Gang. Die Studierenden der #FeesMustFall-Bewegung forderten bei Verhandlungen mit dem Management über die Beendigung der Besetzungen auch: die Anhebung der Löhne, keine Auslagerungen, und Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Uni-Beschäftigte. #OutsourcingMustFall – so der Name der breiteren Bewegung - kämpft für die Durchsetzung dieser Forderung. Führend dabei die AktivistInnen der WASP. Einige Bildungsinstitutionen wurden in diesem Jahr bestreikt – mit Erfolg. Dort werden die Gehälter erhöht.
Es gilt, diesen Arbeitskampf weiterzuführen – Studierende und ArbeiterInnen, Schulter an Schulter. Trotz staatlicher Repressionen zeigt diese Methode Wirkung.
In Österreich werden ab dem Wintersemester 2016 Prüfungsantrittsgebühren eingeführt. Wenn der Widerstand dagegen erfolgreich werden soll, sollten sich die Studierenden das eine oder andere von den KollegInnen in Südafrika abschauen!

 

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Mit welcher Strategie gegen Donald Trump?

Dieser Artikel erschien zuerst am 21. März auf der englischsprachigen Webseite socialistworld.net
von Ty Moore und Jesse Lessinger, „Socialist Alternative“ (Schwesterorganisation der SLP und Sektion des CWI in den USA)

Um Trump zu stoppen, muss eine linke politische Alternative aufgebaut werden, die die arbeitenden Menschen im gemeinsamen Kampf gegen das Establishment vereinen kann.

Trump muss gestoppt werden. Dazu dürfen wir nicht bis zu den Präsidentschaftswahlen im November warten. Am Anfang wurde sein Wahlkampf noch als schlechter Scherz verstanden. Mittlerweile stellt er eine enorme Gefahr für die arbeitenden Menschen im Land dar. Die „Republican Party“ kann sich von Trump nicht freisprechen. Seit Jahrzehnten greift sie auf einen chiffrierten Rassismus, Sexismus und eine nationalistische Rhetorik zurück, um auf diese Weise Unterstützung bei Wahlen zu erhaschen. Die unverblümt vorgetragene Bigotterie von Trump ist folglich wie ein Frankenstein-Monster aus eigener Produktion.

Was Trump aber so gefährlich macht, ist sein populistisches Auftreten, das den Anschein macht, als sei es gegen das Establishment gerichtet. Damit wendet er sich an all jene, die von der korrupten und konzernfreundlichen Politik die Nase voll haben. Er lenkt die Wut hellhäutiger ArbeiterInnen und der Mittelschicht über die Erwerbslosigkeit, die Armut und den gesellschaftlichen Niedergang in Richtung nationalistischer, rassistischer und autoritärer „Lösungen“. In Wirklichkeit führt die spalterische Politik von Trump zur Schwächung der arbeitenden Menschen, die im kollektiven Kampf ansonsten enorme Möglichkeiten hätten. Für die herrschende Elite liefert er eine Menge Nebelschwaden.

Massenproteste in Verbindung zu einer linken Alternative

Über Jahrzehnte hat die von den Konzernen gestützte „Democratic Party“ versagt, um den arbeitenden Menschen eine Alternative anzubieten, Frauenrechte zu verteidigen oder EinwanderInnen vor Rassismus zu schützen. Ihre Kapitulation vor der Wall Street schafft den fruchtbaren Boden für rechte Populisten wie Trump und Cruz, die plötzlich als Alternative gegen das Establishment auftreten.

Wir brauchen eine mächtige Massenbewegung gegen diese Bedrohung von rechts. Den Anfang müssen miteinander koordinierte Massenproteste im ganzen Land bilden, über die die arbeitenden Menschen, Studierenden, Menschenrechtsorganisationen, die Bewegung „Black Lives Matter“, Gewerkschaften und alle anderen, die durch den Aufstieg von Trump Angstzustände bekommen, zusammengebracht werden.

Bei den Wahlkampfveranstaltungen von Trump ist es bereits zu heftigen Protesten gekommen, was zu Gewaltandrohungen durch einige seiner Anhänger geführt hat. Vergangene Woche haben die Vorsitzenden von mehr als 20 bekannten und progressiven Organisationen und Gewerkschaften (darunter auch MoveOn.org und die SEIU) einen Brief unterzeichnet, in dem sie „zu einer massiven, gewaltlosen Mobilisierung der arbeitenden Menschen, Studierenden, EinwanderInnen“ aufrufen, „um gegen das Mobbing und die Bigotterie von Trump aufzustehen“. Ferner soll dafür gesorgt werden, dass sich viele WählerInnen registrieren lassen, um Trump im November zu verhindern.

„Socialist Alternative“ unterstützt diese Initiative zwar, für uns besteht eine zentrale Frage jedoch darin, ob diese Organisationen die Proteste gegen Trump nun zu Kundgebungen für Clinton umfunktionieren. Oder werden sie eine authentische Alternative gegen das Establishment anbieten, um die Unterstützung für Trump zu untergraben?

Clinton wird nur für noch größere Unterstützung von Trump sorgen

Während ihre engen Verbindungen zum Establishment und der Wall Street Clinton zur perfekten Zielscheibe für die rechtspopulistischen Attacken von Trump machen, hat die Parole der politischen Revolution eines Bernie Sanders, der sich damit gegen die Klasse der Milliardäre richtet, das Format, die Linie von Trump zu durchkreuzen. Für Nationalismus, Rassismus und Sexismus gibt es zwar ein bedeutendes Potential, auf das Trump zurückgreifen kann. Sein Wahlkampf wird allerdings von einer tiefsitzenden Wut angetrieben, die vornehmlich unter Angehörigen der hellhäutigen Mittelschicht bzw. Arbeiterklasse anzutreffen ist, die von der Wirtschaftskrise in den Ruin getrieben worden und empört sind ob einer Politik, die sich von den Konzernen hat kaufen lassen.

Die Forderungen nach Arbeit zu einem Lohn, von dem man leben kann, kostenloser Bildung und Gesundheitsversorgung sowie Investitionen in unsere Schulen und Gemeinwesen, die Bernie Sanders vorbringt, haben das Potential, arbeitende Menschen rund um eine Alternative zu vereinen, die sich gegen das Establishment richtet. Aus diesem Grund sollte Sanders auch seine Kandidatur bis November als unabhängiger Kandidat aufrechterhalten, sollte er im Zuge der Vorwahlen bei den „Demokraten“ unterliegen. Denn dafür werden das gewichtige Partei-Establishment, die konzerntreuen Medien und die Wall Street mit ihren gemeinsamen Spendenkomitees schon sorgen, die dazu dienen, die „politische Revolution“ von Sanders vorzeitig zu beenden.

Einige wenden ein, dass dies nur Stimmen kosten würde und dass wir unbedingt für Clinton, das „kleinere Übel“, stimmen müssen, um Trump zu verhindern. Dabei gibt es 40 bis 45 „sichere“ Bundesstaaten, in denen eindeutig entweder der Kandidat der „Demokraten“ oder der der „Republikaner“ gewinnen wird. Es gibt folglich absolut keinen Grund für Sanders, nicht wenigstens in den anderen Staaten den Wahlkampf bis November weiter zu führen. Verbunden werden muss dies mit dem Projekt, eine neue Partei für die „99 Prozent der Bevölkerung“ aufzubauen, um auf diese Weise die Grundlage für künftige Wahlen zu schaffen. Abgesehen davon würden darüber auch die sozialen Bewegungen gestärkt. Bernie Sanders und seine AnhängerInnen sollten als taktische Frage diskutieren, ob es besser ist, wenn sein Name in einer kleinen Zahl von „swing states“ auf dem Wahlschein erscheint, um die Sorge vor dem Stimmenklau aus der Welt zu schaffen.

Die Alternative zu dieser Strategie – es Clinton, die bundesweit als Symbol für das korrupte Establishment steht, zu erlauben, als einzige Alternative zu Trump anzutreten – bedeutet, dem Rechtspopulismus noch mehr Platz einzuräumen. Wenn bei den Präsidentschaftswahlen keine linke Alternative zur Verfügung steht, dann wird Trump Clinton als Paradebeispiel dafür nehmen und buchstäblich das Monopol haben, wenn es um die Ausweitung der Revolte gegen das Establishment geht.

Auf der anderen Seite würde ein starkes Ergebnis für einen bis in den November hinein als unabhängiger Kandidat antretenden Bernie Sanders nicht nur die Unterstützung für Trump bröckeln lassen sondern auch die Gefahr einer starken Wahlkampagne von Trump bannen, die ansonsten allen möglichen rechtspopulistischen und rassistischen Kandidaten bei künftigen Wahlen die nötige Motivation böte, ebenfalls ins Rennen zu gehen.

Der Kampf für den Sozialismus

Stattdessen kann ein unabhängiger Wahlkampf von Sanders, der bis November fortgesetzt wird, den Weg für viele weitere unabhängige, linke und konzernfeindliche Kandidaturen in naher Zukunft bereiten. Wir müssen die Revolte gegen die Wall Street ausweiten, um den Wahlkampf von Bernie Sanders zu einer organisierten, nachhaltigen Bewegung der Millionen zu machen, die für den 15-Dollar-Mindestlohn, kostenlose Bildung, eine Gesundheitsversorgung für alle, ein Ende der Massen-Verhaftungen und die Verteidigung der Rechte von ArbeitnehmerInnen und EinwanderInnen kämpft.

Die wirklichen Wurzeln des rechtsgerichteten Populismus von Trump gehen in der Tat auf die Krise des Kapitalismus zurück und auf das völlige Versagen beider Parteien, diese Krise in den Griff zu bekommen. Wir brauchen einen neue Partei der 99 Prozent, um eine politische Alternative anzubieten und die Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer Religion, sexuellen Orientierung und Nationalität in einen gemeinsamen Kampf gegen die Herrschaft der Amerikas der Konzerne über unser Leben zusammenzuführen.

Wir müssen für eine neue Gesellschaft kämpfen, die als Antwort auf die Korruption, die massive Ungleichheit, den Rassismus und die Ausbeutung durch den Kapitalismus auf demokratischem Sozialismus aufbaut.

 

Frankreich auf der Straße: Tous ensemble, grève generale!

Stefan Gredler

Frankreich ist auf den Barrikaden. Hunderttausende, wenn nicht Millionen, Menschen - ArbeiterInnen, GewerkschafterInnen und allen voran eine massiv radikalisierte Jugend – waren in den vergangenen Wochen bei zahlreichen lokalen Mobilisierungen, Streiks, Demonstrationen auf den Straßen. Höhepunkte waren die bisherigen landesweiten Aktionstage: eine halbe Million TeilnehmerInnen am 9. März, über 1,2 Millionen am 31. März und 200 Demonstrationen und Versammlungen am 9. April. Auslöser dieser Mobilisierungen ist das neue Arbeitsgesetz „El Khomri“ – benannt nach der Arbeitsministerin Myriam El Khomri. Dieses Gesetz ist ein Generalangriff der verhassten Hollande-Valls-Regierung auf hart erkämpfte soziale Errungenschaften. Doch genau dagegen regt sich massiver Widerstand. Die Massen lassen sich die Attacken der Regierung und der Unternehmen nicht mehr gefallen – immer mehr rufen nach dem Generalstreik. Außerhalb Frankreichs sind diese Entwicklungen in den Medien kaum präsent – es zeigt, dass die Herrschenden europaweit erschrocken sind und versuchen, die französischen Massenmobilisierungen unter den Tisch zu kehren.

Le changement c’est quand? Zerschlagene Hoffnungen.

Seit 2012 sind Francois Hollande und seine „sozialistische“ Partei (PS) an der Macht. Unter seinem Wahl-Slogan „Le Changement, c’est maintenant“ – „Die Veränderung ist jetzt“ versprach er eine radikale Umverteilung von Vermögen (mit Spitzensteuersätze von 75%), den Kampf für soziale Gerechtigkeit und das Neuverhandeln des europäischen Fiskalpaktes. Auch wegen dieser Forderungen wurde er zum Präsidenten gewählt. Trotz der massiven Enttäuschungen über vorherige PS-Regierungen gab es auch Hoffnungen in diese „linke“ Regierung. Die Enttäuschung und v.a. Wut war rasch um so größer. Denn die Veränderung ist nicht gekommen, Hollands Versprechen wurden gebrochen, seine WählerInnenschaft einmal mehr verraten.

Frankreich ist seit 2007/08 nicht aus der Krise gekommen. Das Wirtschaftswachstum ist schwach. Gleichzeitig haben sich die Staatsschulden in den letzten zehn Jahren auf zwei Billionen Euro fast verdreifacht. Entlassungspläne multiplizieren sich mit einer extrem beschleunigten De-Industrialisierung. Die Arbeitslosigkeit ist heute auf einem Rekordhoch: knapp 3,6 Millionen Menschen – 26% der Jugend - sind ohne Arbeit. Die Armut steigt massiv. In einem Jahrzehnt hat sich die Obdachlosigkeit verdoppelt, ein Viertel von ihnen ist berufstätig. Viele stehen nur deshalb nicht auf der Straße, weil sie auch mit 30 und mehr noch bei den Eltern wohnen.

Auf der anderen Seite steht der PSA-Peaugot-Manager C. Tavarez als Repräsentant der Superreichen. Sein Gehalt hat sich im Jahr 2015 auf 5,24 Millionen Euro verdoppelt. Hollands Regierung sieht nur einen Weg aus dem Krisentunnel: die Angriffe auf hart erkämpfte Arbeitsrechte, Lebens- und Arbeitsstandards werden aggressiver. Die Regierung beschließt immer größere Kürzungen im Öffentlichen Dienst oder Einsparungen von Sozialausgaben. Sie zeigt damit klar, auf welcher Seite sie steht und auf welcher nicht. Die französische Sozialdemokratie ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die heutige Realität keinen Platz für reformistische Illusionen zulässt – entweder du kämpfst gegen die kapitalistischen Sachzwänge, oder du wirst ein Teil von ihnen. Als genau solcher Teil der Eliten und als ihr Vollstrecker in der Politik wird die PS-Regierung zu Recht wahrgenommen: 84% der Menschen in Frankreich glauben nicht, dass Hollande es schaffen wird, trotz „Arbeitslosenpaket“ (finanziert durch Einsparungen), die Arbeitslosigkeit tatsächlich zu senken. Bei den Kommunalwahlen im Dezember 2015 wurde die PS abgestraft. Gleichzeitig konnte Marine Le Pens rechtsextremer Front National (FN) massive Gewinne einstreichen und nur durch ein Wahlbündnis zwischen „linken“ und konservativen Kräften vorerst gestoppt werden. Doch das ist nur eine Seite der Medaille.

La résistance se forme – Widerstand formiert sich.

Der Unmut drückt sich nur zum Teil in der Wahlkabine aus (die Wahlbeteiligung bei jenen Kommunalwahlen im Dezember lag beim ersten Wahlgang unter 50%). Viel wesentlicher ist der Widerstand auf der Straße, am Arbeitsplatz, den Schulen und Universitäten. Diese Entwicklungen konnte man immer deutlicher während des letzten Jahres beobachten. Lange hatte es den Anschein, als wäre alles ruhig in Frankreich. Wo Widerstand existierte wurde er von der Gewerkschafts-Bürokratie alleine gelassen oder bewusst unterdrückt. Doch während des Jahres 2015 stiegen die Arbeitskämpfe an der Basis auf bis zu mehr als 200 Streiks pro Tag! Viele von ihnen spannten sich über einen längeren Zeitraum, manche waren erfolgreich. An vielen Arbeitsplätzen, rund um aktive Gewerkschaftsgruppen ist ein kämpferisches (Selbst-)Bewusstsein entstanden. Im Oktober 2015 wurden die Manager von Air France mit zerrissenen Hemden von hunderten Beschäftigten davon gejagt – sie wollten 2.900 Angestellten kündigen, bis heute haben sie es noch nicht geschafft. Als der Präsident auf Fabrikbesuch bei STX France, einer der weltweit größten Werften, erschien, verweigerte ihm ein CGT (der radikalste und mächtigste Gewerkschaftsverband)-Betriebsrat aus Solidarität mit seinen KollegInnen die Hand - „Verurteilen Sie die zunehmende Gewalt seitens der Unternehmen, Monsieur Hollande?“ fragt er. Hollandes Reaktion: „Ich lehne jede Form von Gewalt ab“. Wenige Monate später, wird sich herausstellen, dass er auch hier gelogen hat.

Regarde ta Rolex, l’heure de la révolte a sonné – Schau auf deine Rolex, die Stunde der Revolte hat geschlagen

Mit dem Arbeitsgesetz „El Khomri“ ist das Fass übergelaufen. Die französische 35-Stunden-Woche (die ohnehin nicht für alle Betriebe gilt) soll de facto abgeschafft, der Rahmen des Arbeitstages auf 12 Stunden, die Arbeitswoche auf 48h und in einzelnen Fällen sogar auf 60 Stunden pro Woche (!) ausgeweitet werden. Der Kündigungsschutz soll aufgelockert und prekäre Arbeitsverhältnisse ausgeweitet werden. Der französische Kapitalismus muss fit für den Wettbewerb sein, um die Profite der Superreichen zu sichern – als Vorbild soll das deutsche Hartz-VI-Modell dienen, das Millionen von Menschen in die Armut gedrängt hat. Doch um eine solche Situation zu schaffen, müssen zuvor die historischen Errungenschaften der französischen ArbeiterInnenbewegung aus dem Weg geschafft werden.

Doch 71% der französischen Bevölkerung lehnen das neue Arbeitsgesetz ab. Vor allem die Jugend hat es geschafft, durch regelmäßige Mobilisierungen, Schulblockaden und Demonstrationen Tausende von SchülerInnen und Studierenden auf die Straße zu bringen. Am 31. März waren somit 2.500 Gymnasien geschlossen, 250 wurden von den GymnasiastInnen selbst versperrt. Nach dem landesweiten Aktionstag kam es an der Pariser Universität Sorbonne zu einer weiteren Massenversammlung – auf den aufgehängten Transparenten steht „Wir machen weiter“ und „Generalstreik“. Die Regierung versucht in ihrer Propaganda ihr neues Arbeitsgesetz als „zukunftsfit“ für die junge Generation darzustellen. Doch besonders die Jugend sieht im kommenden Gesetz zu Recht ihre Zukunft bedroht. Schon jetzt sind fast 90% der neuen geschlossenen Arbeitsverträge prekäre Zeitverträge – ob arbeitslos, beschäftigt oder noch in Ausbildung, in der Schule oder auf der Uni, die Jugend ist die kämpferische und radikale Vorhut der Bewegung von unten. Doch dass die Jugendlichen gemeinsam mit den arbeitenden und organisierten Massen Widerstand leisten, verleiht dieser Bewegung erst ihre tatsächliche Wucht und treibt die Gewerkschaftsführung vor sich her. Dass die Spitzen der Gewerkschaftsverbände zu Massendemonstrationen aufrufen liegt am riesengroßen Druck von unten. Die PS-nahe CFDT-Führung wollte dem Gesetz zustimmen und fordert nun nur „Abänderungen“ - doch ihre Basis ist auf der Straße. Die CGT wurde von Anfang an von ihrer Mitgliedschaft weg von der Verhandlungsposition, und hin zu konkreten Mobilisierungen gedrängt. So mobilisierten am 31. März zahlreiche Gewerkschaften, die CGT, CGT-FO, FSU, SUD Solidaires, etc... gemeinsam: Tausende blockierten die Häfen von Le Havre und Rouen. EisenbahnerInnen, Air France Beschäftigte, StahlarbeiterInnen ließen Züge und Flüge ausfallen oder blockierten ihre Fabriken – sogar die Beschäftigten des Eiffelturms streikten. Mit diesen Mobilisierungen ist ein Stein ins Rollen gekommen, der so leicht nicht zum Stehen gebracht werden wird.

„Ich lehne jede Form der Gewalt ab“ - Président F. Hollande

Das weiß auch die Regierung. Sie versucht deshalb den rollenden Stein mit Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcken zum Stillstand zu zwingen. Bei den landesweiten Protesten kam es in dutzenden Städten zu massiver Repression. Die CRS, eine Polizei-Spezialeinheit bekannt für ihre mörderische Brutalität aus den Mai Tagen des Jahres '68, war auch im März 2016 in der ersten Reihe, um auf DemonstrantInnen los zu gehen. Seit 9. März steigt die Polizeigewalt massiv, vor allem gegen die revoltierende Jugend – so werden SchülerInnen durch die Straßen gejagt, auf den Boden geknüppelt oder bei Sitzblockaden mit Pfefferspray besprüht, das zeigen zahlreiche Videoaufnahmen. Doch dagegen wehren sich Tausende: Barrikaden werden gebaut und es kommt zu wilden Straßenschlachten mit der Polizei. Bis jetzt scheint die Gewalt der Hollande-Regierung die Menschen nicht einzuschüchtern. Im Gegenteil, trotz massiver medialer Hetze gegenüber den DemonstrantInnen gießt die Repression nur noch mehr Öl ins Feuer.

La lutte continue – Es ist noch lange nicht vorbei

Die Herrschenden Frankreichs können sich anschnallen, denn der massive Widerstand hat gerade einmal begonnen. Nach einem März der Massenmobilisierungen wird auch der April ein kämpferischer Monat in Frankreich – die Bewegung wird „El Khormi“ und die insgesamt immer schlechtere Lage der Jugendlichen, der Arbeitslosen und der Beschäftigten nicht akzeptieren. Seit 31. März ist der Place de la Republique in Paris besetzt, Hunderte fordern die Freiheit ihrer inhaftierten (Schul-)KameradInnen, es wird öffentlich diskutiert und Aktionen geplant. Der Skandal um die Panama-Papiere führt auch nach Frankreich, die karibischen Steuerflucht-Milliarden könnten den Widerstand weiter entfachen. Und auch der 1. Mai wird mit hoher Wahrscheinlichkeit 2016 in Frankreich seinem Namen als Kampftag der ArbeiterInnenbewegung gerecht werden.

Es geht nicht nur um das neue Arbeitsgesetz – sondern auch, sich gegen die ökonomische und physische Gewalt der Regierung, der Unternehmen und der Polizei zur Wehr zu setzen. Es geht darum, der widerlichen Dekadenz der Herrschenden die Stirn zu bieten und die Sachzwänge dieser Regierung der Chefetagen nicht mehr länger zu akzeptieren.
Es ist ein mächtiger Riese erwacht: die französische ArbeiterInnenklasse mit einer langen und kämpferischen Tradition, sowie einer Menge an Kampferfahrung. Dieser Riese hatte 1968 trotz wirtschaftlichen Aufschwungs das kapitalistische System in seinen Grundfesten erschüttert: Zehn Millionen Menschen legten nach Dutzenden Streiks, Besetzungen, Demonstrationen und Straßenschlachten die Arbeit nieder. Im November/Dezember 1995 kam es zu noch größeren Demonstrationen als im Mai 68' und einer Reihe von Generalstreiks im öffentlichen Dienst gegen Sozialkürzungen. Das sind die Traditionen und Erfahrungen der ArbeiterInnenbewegung, das ist Klassenkampf.
 

Que faire? Wie weiter?

Der jetzige Widerstand ist mit Sicherheit die größte Bewegung seit den Studierendenprotesten 2006 und geht in seiner Kraft und Wucht wahrscheinlich noch darüber hinaus. Frankreich zeigt uns, was die beste Antwort auf die schrecklichen Terrorattacken, das Erstarken der Rechten und aggressive Kürzungspolitik zugleich ist: der gemeinsame Widerstand von unten. Der Front National wird durch die Bewegung in den Hintergrund gedrückt. Seine Politik des Spaltens und der Angst, sowie die Hetze gegen migrantische KollegInnen ist in den Hintergrund gedrückt. Auch Hollands „nationale Einheit“, die er nach den Terroranschlägen im Jahr 2015 ausrief, ist angesichts der Klassenkämpfe Geschichte. Seine Politik des verlängerten Ausnahmezustandes hat das Land nicht sicherer gemacht, sondern Demonstrationen und Streiks verboten – doch auch damit ist die PS-Regierung gescheitert! Einmal mehr hat sich gezeigt, dass staatliche Repression durch die Bewegungen der Massen und nicht nur durch Petitionen oder Verfassungsgerichte bekämpft werden muss.

Die riesigen Mobilisierungen sind beeindruckend und geben Mut. Aber dass die Bewegung das Gesetz „El Khomri“ zu Fall bringen wird ist kein Automatismus. Der Druck auf die Gewerkschaftsspitzen muss aufrecht erhalten werden. Das Bewusstsein über die Notwendigkeit eines Generalstreiks ist bereits bei vielen Menschen vorhanden und es wächst über immer größere Schichten hinaus. Die weltweite Situation von wirtschaftlicher und sozialer Krise, Krieg, Terror, Abschiebungen und geschlossenen Grenzen – all das beeinflusst auch die Menschen, die in Frankreich auf den Straßen sind oder sich in diversen Arbeitskämpfen befinden. Ein Generalstreik kann das Gesetz stoppen, die Regierung zu Fall bringen und den Kapitalismus in seinen Grundfesten erschüttern. Ein Generalstreik, der ein sozialistisches Programm hat, sich nicht an die engen Grenzen der kapitalistischen Logik hält und der auch eine politische Alternative zu den jetzigen Parteien aufbaut ist aber längerfristig nötig. 41 Generalstreiks während den letzten fünf Jahren in Griechenland haben gezeigt, dass ein solches Programm nötig ist, damit die Herrschenden die Streiks nicht einfach aus sitzen können.

Immer mehr Menschen ist das bewusst - sie wissen, dass sie um ihre Zukunft kämpfen. Wichtige Teile der französischen ArbeiterInnenbewegung und der Jugend haben mit der Sozialdemokratie gebrochen, sie wollen kämpfen. Immer mehr Jugendliche und ArbeiterInnen sind auf der Suche nach einer politischen Alternative. Die SozialistInnen von Gauche Revolutionnaire, Schwesterorganisation der Sozialistischen LinksPartei, sind aktiv an den Universitäten, Schulen, Arbeitsplätzen, in den Gewerkschaften und auf der Straße um gemeinsam mit Tausenden die Bewegung gegen „El Khmori“ aufzubauen – und, um eine sozialistische Perspektive im Kampf für eine andere Gesellschaft aufzustellen.

http://www.gaucherevolutionnaire.fr/

„Einer der größten Proteste der isländischen Geschichte“ – Augenzeugeninterview zu den Ereignissen in Island

SLP-Aktivist Sebastian Kugler interviewte Künstler Sebastian Kraner, der zurzeit in Island studiert und sich mit den Protesten dort auseinandersetzt.

Sebastian Kugler, Vorwärts: Die #panamapapers scheinen ihr erstes Opfer gefordert zu haben. Der isländische Premier Gunnlaugsson ist zurückgetreten. Welche Vorwürfe gibt es gegen ihn?

Sebastian Kraner: Ich habe schon einige Analysen gelesen und jeder dieser Texte geht auf einen anderen Aspekt der Sache ein. Was faktisch passiert ist: Sigmundur Davíð Gunnlaugsson, seit heute nicht mehr Premier von Island, war, als er 2009 Parlamentarier wurde, noch eingetragener Teilhaber der Briefkastenfirma Wintris, welche seiner Frau gehört. Isländische Parlamentarier*innen sind jedoch verpflichtet, solche Dinge beim Eintreten ins Parlament öffentlich bekannt zu geben. Stattdessen verkaufte er seinen Anteil kurz danach um einen Dollar an seine Frau. Das Wintris-Investment umfasst vier Millionen US-Dollar.

Rechtlich gesehen ist Gunnlaugsson nach derzeitigem Einblick nichts anzuhaben, auch ethisch ist es debattierbar. Was jedoch die Wut der Bevölkerung schürt, ist Gunnlaugssons generelle Inszenierung, die Kritiker*innen ihm immer schon vorwarfen: Als Gatte einer sehr wohlhabenden Isländerin inszenierte er sich dennoch immer als Kämpfer für die sozial Schwachen. Dieses Bild ist nach diesen Veröffentlichungen jedoch komplett zerstört.

Isländer*innen, mit denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe, meinten überhaupt, dass sich alles schon zugespitzt hat: Gunnlaugsson agierte immer paranoider und sonderbarer. Nicht umsonst lag er mit seiner Partei in Umfragen schon Monate weit abgeschlagen vom letzten Wahlergebnis und die Opposition genoss zunehmend Zustimmung in der Bevölkerung.

V.: Was passierte nach Bekanntwerden der Vorwürfe? Welche Proteste gab bzw. gibt es? Wer ging auf die Straße und wofür?

 

K.: Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe gab der Premier dem schwedischen Fernsehen noch ein ziemlich peinliches Interview (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/island-video-island-video-1.2933378) und danach war wohl relativ klar, dass er da nicht ungeschoren rauskommen kann. Auf Facebook begann die Initiative Jaeja! (https://www.facebook.com/jaejajaejajaeja/?fref=ts) für eine Demonstration am vergangenen Montag zu mobilisieren (https://www.facebook.com/events/1717758765137121/).
„Jaeja" heißt nichts anderes als Jaja, im Sinne von „Nagut“ oder so. Wer hinter der Plattform steckt ist schwer auszumachen, vor allem wenn Mensch der isländischen Sprache nicht ganz mächtig ist. So wie viele politische Initiativen in Island von Privatpersonen organisiert sind, kann ich mir vorstellen, dass es gänzlich ohne politische Organisation dahinter stattfand, meine Hand ins Feuer kann ich dafür nicht legen.

Der Protest am Montag war einer der allergrößten in der isländischen Geschichte. Vertreten war, nach meinem Empfinden, ein repräsentativer Querschnitt durch die ganze Gesellschaft. Von Teenagern über Familien mit Kindern bis Senior*innen war alles dabei.

Das Motto war klar: Kosningar strax - Neuwahlen jetzt.

So auch die Stimmung bei der Demonstration. Das Parlament wurde mit Bananen und Skyr (isländisches Joghurt) beworfen, was von der Polizei geduldet wurde. Die Demo verlief komplett friedlich.

 

V.: Du beschäftigst dich ja mit der Wirtschaftskrise in Island bzw. den Reaktionen darauf. Inwiefern knüpfen die aktuellen Ereignisse an vorangegangenen Protesten bzw. bereits vorhandener Wut an? Was hat sich gegenüber früheren Bewegungen verändert?

 

K.: Okay, das komplett aufzurollen bedarf einer längeren Beschäftigung und eines längeren Textes, den ich gerne auch einmal liefere. Ich versuche es jetzt einmal mit radikaler Kürze:

Nachdem die für Island außergewöhnlich heftigen Proteste nach der Krise die damalige krisenverursachende konservative Regierung zum Rücktritt gezwungen haben, kehrte erst einmal Ruhe ein. Die darauf folgende „linke“ Regierung konnte mit ihrer Politik nicht überzeugen und wenige Jahre später wurden wiederum die Konservativen mehrheitlich gewählt. Diese sind bis jetzt im Amt.

Die Wut der Isländer*innen ist leider ebenso verdampft wie die Proteste damals: Eine Untersuchung einer schwedischen Sozialanthropologin zeigte, dass sich die Menschen mehrheitlich selbst für die „Maßlosigkeit“ vor dem Crash die Schuld geben.

Gunnlaugssons Machenschaften haben hier meiner Meinung nach dennoch auf einen Nerv in einem noch immer schmerzenden Zahn getroffen: Viele Isländer*innen sitzen immer noch auf hohen Schulden.

Dennoch ist der Unterschied zu 2008 deutlich: Die Menschen verlieren gerade nicht ihre Häuser oder Wohnungen und stehen vor dem Nichts, wie es damals für viele der Fall war. Insofern steht für die Individuen weniger am Spiel, daher besteht meiner Ansicht nach die Gefahr, dass diese Proteste schnell wieder verebben.

V.: Wie, denkst du, geht es nun weiter? Haben die Proteste das Potential, über den Austausch herrschender Figuren hinauszugehen? Was müsste deiner Meinung nach passieren, um die Proteste auf eine höhere Ebene zu heben?

 

K.: Derzeit ist noch alles offen. Die Opposition, die wie schon erwähnt, breite Unterstützung in der Bevölkerung hat, verlangt den Rücktritt der gesamten Regierung und Neuwahlen. Diesen hat der Präsident jedoch bisher nicht zugestimmt und der Rücktritt Gunnlaugssons ist meiner Ansicht nach ebenfalls noch weniger Wind in den Segeln der Bewegung.

Sollte der Widerstand durch die Bevölkerung bleiben, dann kann ich mir jedoch nicht vorstellen, dass die Regierung lange im Amt bleiben kann.

Auf die Frage woher die Motivation der protestierenden Menschen kam, kommentierte einer meiner Professoren heute sinngemäß, dass es einfach mal wieder Zeit war, auf die Straße zu gehen, und noch dazu das Wetter einen traumhaften Frühlingstag beschert hat. Ich persönlich meine aber doch ein bisschen mehr als das auf der Demo gesehen zu haben. Und die Isländer*innen sollten nicht unterschätzt werden. Auch heute [Dienstag] gab es noch Proteste für den Rücktritt der gesamten Regierung, wenn auch in kleinerem Ausmaß.

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass es zu gravierenden gesellschaftlichen Änderungen kommen wird, selbst wenn die Regierung zurücktritt. Die derzeit in den Umfragen führende Partei sind die Piraten unter Birgitta Jónsdóttir (bekannt durch Wikileaks , mehr unter https://de.wikipedia.org/wiki/Birgitta_Jónsdóttir).
Sie mischte sich auch bei der Demo unter das Volk und präsentiert interessante politische Parolen, die vor allem derzeit sehr gut hier ankommen. Eine Regierung mit den Piraten wäre garantiert die bessere Wahl für Island - ob sich dadurch jedoch wirklich großes verändert kann ich schwer einschätzen.

 


Kundgebung: Steuerflüchtige enteignen!

 

Wann: Freitag, 08.04, 16:30

Wo: Wien Mitte

 

Siehe auch: https://www.facebook.com/events/537600759756486/

 

Außführliche Stellungnahme der Sozialistischen LinksPartei zu den Enthüllungen der Panama-Leaks:  https://www.slp.at/artikel/84-panama-papers-steuerfl%C3%BCchtlinge-enteignen-7422

 

 


Alle Fotos von World Riots (https://www.facebook.com/internationalriot/posts/1061231717266517)

 

12.4. Panama Papers: Steuerflüchtlinge enteignen!

Das bisher größte Datenleak der Geschichte legt ein weltweites Netz an Steuerhinterziehung, Korruption und Geldwäsche offen. Es ist so offensichtlich wie nie zuvor: Während Millionen Menschen unter Krieg, Terror, Armut, Wohnungsnot und Hunger leiden, profitiert eine verschwindende Minderheit an Superreichen daran - und parken ihre Profite auch noch steuerschonend in Offshore-Konten und Briefkasten-Firmen. Über 6 Billionen (6.000.000.000.000) Euro an Vermögen der Superreichen befinden sich in Steuerparadiesen.

Ob legal oder illegal – es ist eine Riesensauerei!

Um was geht es? Panama zählt zu den „Steueroasen“ (Österreich ist übrigens auch eine solche, besonders beliebt bei Deutschen, die ihr Geld verstecken wollen). Hierher bringen die MillionärInnen und MilliardärInnen ihr Geld, um sie vor dem heimischen Finanzbehörden zu verstecken. Es handelt sich um nichts weiter als gigantische Steuerhinterziehung. Und wohl auch um Geldwäsche im großen Stil. Alleine dem österreichischen Staat gehen durch Steuerflucht jährlich mindestens fünf Milliarden Euro verloren (und das ist nur die Schätzung VOR Bekanntwerden der Panama Papers).

Hinzukommen die ganz legalen Möglichkeiten für Reiche und Konzerne, ihre Zahlungen an den Staat deutlich zu reduzieren. “Die große Steuerhinterziehung findet nicht im Ausland statt, sondern hier bei uns”, sagte der ehemalige Steuerfahnder Reinhard Kilmer bereits 2013 dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.

Egal ob legal oder illegal: der Kapitalismus bietet unzählige Möglichkeiten, damit die Reichen noch reicher werden. Und gleichzeitig wird behauptet, es sei nicht genug Geld da für Lohnerhöhungen, leistbare Wohnungen oder Flüchtlinge. Allein in Österreich besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung über 700 Milliarden Euro. Das ist eine Schätzung – denn genaue Daten gibt es keine, weil sich die Reichen hinter Firmengeheimnis und Bankgeheimnis verstecken. Aber BezieherInnen der Mindestsicherung müssen alles offenlegen. Und wer „unselbständig beschäftigt“ ist, kann erst gar nicht Steuern hinter ziehen – das können nur Selbstständige, und da offensichtlich um so leichter, je mehr Geld sie haben!

Lückenhafte Informationen

Eine geheime Quelle hat vor zwei Jahren verschiedenen Medien eine Unzahl von Daten zukommen lassen. Diese wurden von einem Medienverbund, dem „Internationalen Konsortium investigativer Journalisten“ (ICIJ), in Deutschland die „Süddeutschen Zeitung“, ausgewertet. Interessant ist, nach welchen Kriterien die Unterlagen untersucht wurden. Das ICIJ wird finanziert und betrieben vom US-amerikanischen „Center for Public Integrity“. Unterstützt und finanziert wird dieses Instituts von Stiftungen namhafter Konzerne: Ford Foundation, Carnegie Endowment, Rockefeller Family Fund, WK Kellogg Foundation oder die Open Society Foundation vom umtriebigen Hedgefonds-Manager George Soros.

Entsprechend lückenhaft sind dann auch die Informationen. „Die wichtigste Suche, die am Datensatz vorgenommen wurde, war die Suche nach Namen, die im Zusammenhang mit der Verletzung von UN-Sanktionen stehen.“ (nachdenkseiten.de, 4.4.2016) Dies sind dann eben Simbabwe, Nordkorea, Russland und Syrien. Der ehemalige Botschafter Großbritanniens in Usbekistan, Craig Murray, bringt es gut auf den Punkt. „Da rechnen Sie mal lieber nicht mit einer schonungslosen Offenlegung des westlichen Kapitalismus. Die dreckigen Geheimnisse der westlichen Unternehmen werden auch weiterhin verschlossen bleiben.“ (nachdenkseiten.de, 4.4.2016)

Was jetzt zentral ist, ist die gesamten Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen. Schluss mit der Untersuchung durch ausgewählte Medien, die ihrerseits wieder zu Staaten bzw. Unternehmen gehören. Das betroffene Geld gehört der Allgemeinheit – also müssen auch die Informationen offen geprüft werden. Alle Informationen müssen öffentlich zugänglich gemacht werden. Am besten für eine wirkliche Prüfung geeignet sind VertreterInnen von Organisationen, die unabhängig von den Interessen der Reichen und Mächtigen sind. Dazu gehören unabhängige NGOs aber v.a. die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung. In Österreich sind das Arbeiterkammern, ÖGB und Fachgewerkschaften – unter Einbeziehung und Kontrolle der Mitgliedschaft.

    Wer steht auf der Liste?

    Auffällig ist die Berichterstattung über jene, die man ausfindig gemacht hat. Da ist insbesondere von Putin und Assad die Rede. Beide werden von den westlichen Großmächten als Gegner identifiziert. Auf den Enthüllungslisten werden auch Lieblinge der Kapitalisten, wie der amtierende Präsident der Ukraine, Poroschenko, geführt. Prominente wie Fußballstar Lionel Messi sollen ebenso betroffen sein. Es erscheint aber komisch, dass keine namhaften westlichen Konzerne und bekannte Reiche genannt werden. Warum? Wenn manche nun von einer „westlichen Verschwörung“ reden, dann ist zwar ein Körnchen Wahrheit drinnen das die Veröffentlichungen eine Schlagseite haben, doch wäre es grundfalsch, sich jetzt schützend vor Putin&Co. zu stellen. Es ist klar, dass mit der Auswahl der veröffentlichten Profiteure auch ein politisches Ziel verbunden ist. Nämlich die eigene Vormachtstellung auszubauen, den Gegner zu diskreditieren und politische, wirtschaftliche und vielleicht sogar militärische Schritte z.B. des Westens gegen z.B. Russland (nicht unbedingt direkt, aber als Stellvertreterkriege bzw. um Syrien, Ukraine etc.) damit zu legitimieren. Das ändert aber nichts daran, dass Putin, der Assad-Clan & Co. Dreck am Stecken haben. Dass sie Teil eines internationalen korrupten kapitalistischen Netzwerks sind. Zu dem aber eben auch andere gehören, deren Namen bisher nicht veröffentlicht wurden. Westliche Banken, Konzerne und PolitikerInnen. Es ist daher umgehend notwendig: ALLE auf der Liste befindlichen Firmen und Personen zu veröffentlichen.

    Auch österreichische Unternehmen scheinen in den Panama Papers auf, darunter auch die Raiffeisen Bank International und die Hypo Vorarlberg. In Stellungnahmen versuchen sie, sich mit nichtssagenden Phrasen abzuputzen und weigern sich, genaue Auskünfte über die mafiösen Geschäfte zu machen, die nun ans Tageslicht gelangten. Die bisher bekannt gewordenen Namen sind nur die Spitze des riesigen kapitalistischen Eisberges. Mit Sicherheit sind dutzende oder auch mehr Personen und Firmen aus Österreich Teil dieses betrügerischen Netzwerks. Und es werden wohl viele dabei sein, die bei anderer Gelegenheit grossmundig erklären, dass „wir alle leider sparen müssen“. Wir fordern das alle betroffenen österreichischen Unternehmen sowie hierzulande ansässigen Personen öffentlich gemacht werden, die so Steuern hinterzogen haben bzw. Geld außer Landes gebracht haben, um sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern.

    Es zeigt sich glasklar: Es ist genug Geld für alle da

    Eigentlich wissen wir es ja ohnehin schon lange: es gibt keinen Mangel an Geld oder Werten. Es ist nur unglaublich ungleich verteilt. Alle paar Monate geht eine Schockwelle durch die Medien, wenn wieder einmal bekannt wird, das eine extrem kleine Gruppen von Menschen mehr besitzt als der Großteil der Bevölkerung. Die Panama Papiere sind ein weiteres Beispiel dafür und sie zeigen noch mehr: dass die, die ohnehin schon viel haben bzw. verdienen auch noch alles daran setzen, um noch reicher zu werden, egal ob es legal oder illegal ist. Die, die verantwortlich sind für Stellenabbau, für Arbeitslosigkeit, für Kürzungen bei der Mindestsicherung, für überteuerte Mieten. Die, die behaupten, es wäre kein Geld für die Menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen da. Die sind es auch, die Geld in irgendwelchen Offshore Firmen/Konten anlegen oder zumindest den rechtlichen Rahmen dafür schaffen und nichts dagegen tun. Wenn die PolitikerInnen sich jetzt schockiert geben, dann sind das nicht mehr als ein paar Krokodilstränen. Sie hoffen darauf, dass die Aufregung bald verfliegt, werden ein paar kosmetische Änderungen anbringen und machen dann weiter wie bisher.

    Mit all diesem Geld, dass uns allen gestohlen worden ist, könnte für alle Menschen in diesem Land, egal ob „Einheimische“ oder „Zugewanderte“ locker alles finanziert werden, was nötig ist. Gute Wohnungen zu günstigen Mieten wären kein Problem. Tausende LehrerInnen könnten eingestellt, der Öffentliche Nahverkehr deutlich ausgebaut und zum Nulltarif betrieben werden. Der Ausbau der Sozialleistungen und des Gesundheitswesen sowie des öffentlichen Verkehrs wäre möglich. Die Arbeitszeit könnte verkürzt und die Löhne erhöht werden. Und es wäre genug Geld da, damit niemand in Armut oder auf der Straße leben muss. Es wäre nicht die Frage Geld für „Unsere“ oder für Flüchtlinge – weil genug für alle da ist!

    Die Panama Papers zeigen: Es gibt genügend Reichtum auf der Welt, um allen Menschen ein gutes Leben zu garantieren. Doch in diesem System wird er nicht dafür eingesetzt Armut, Wirtschaftskrise und Fluchtursachen zu bekämpfen. In Island, in dem die Bevölkerung in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise eine massives Kürzungsprogramm erleiden musste und wo die Bevölkerung nun erfährt das ihr Premier sich Offshoremässig bereichert hat, gibt es seit Tagen wütende Proteste. Wenn weitere Informationen über beteiligte PolitikerInnen und KapitalistInnen bekannt werden, kann es auch in anderen Ländern zu solchen Protesten kommen. Bei diesen Protesten geht es vielleicht Anfangs um die widerliche Gier der Reichen. Doch nicht nur darum: es geht um das System, dass das alles möglich macht. Das den Reichtum, denn wir alle schaffen, nur wenigen gibt. Das Armut und Elend schafft. Das Krieg und Flucht schafft. Es ist pervers, aber es ist ein System das dazu führt, dass eine kleine Elite davon profitiert, worunter wir leiden!

    Wir brauchen ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, dass sich an den Bedürfnissen der Menschen und nicht an Profiten orientiert. Ein System, in dem der Reichtum den wir alle schaffen, für alle eingesetzt wird. In der Diktatur des Kapitalismus ist das nicht möglich. Ein bisschen Reichensteuer wird da nicht reichen. Dafür brauchen wir eine demokratische geplante Wirtschaft. Es ist an der Zeit, die Wut über das ungerechte System in Widerstand zu verwandeln. Diesen Kapitalismus können und wollen wir uns nicht mehr leisten!

    Wir fordern:

    • Die komplette und schonungslose Offenlegung der Panama Papers und der Finanzunterlagen aller darin erwähnten Unternehmen und Einzelpersonen!
    • Untersuchung der Unterlagen durch VertreterInnen von unabhängigen NGOs und Organisationen der ArbeiterInnenbewegung!
    • Die Enteignung der Profiteure von Steuerflucht, Korruption, Immobilienspekulation, Waffen- und Drogenhandel!
    • Verwendung des Reichtums für Investitionen in Bildung, Soziales, Jobs und Wohnungen für alle!
    • Unterstützung derer, die vor den Machenschaften der Reichen, Krieg und Terror fliehen mussten und Bekämpfung der Fluchtursachen!

     

    Wie Krieg und Ausbeutung den Terror in die Welt brachten

    Referat von Sonja Grusch auf den Sozialismustagen 2016 in Berlin

    Die jüngsten Anschläge in Belgien verbreiten Angst aber auch Wut. Wieder mussten Menschen, die auf dem Weg in den Urlaub, zu einem Familientreffen, im Rahmen ihres Jobs oder auch zu einem politischen Treffen war, mit ihrem Leben dafür bezahlen, dass sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Die Reaktionen sind vielschichtig: Betroffenheit und Mitgefühl, aber auch Wut. Die Politik nützt die Anschläge für weitere Aufrüstungen und Demokratieabbau – in Frankreich wird über einen Generalstreik gegen das neue Arbeitsgesetz diskutiert. Gut möglich, dass die Regierung Holland die Terroranschläge nutzt, um einen Streik zu verhindern.

    Auch die rechten HetzerInnen setzen zu einer neuen Welle von Rassismus an. Eine Welle, die dann von den etablierten Parteien benützt wird, um gegen Flüchtlinge vorzugehen und ihnen, wie z.B. in Teilen von Österreich, Sozialleistungen zu kürzen.

    Aber sie alle haben keine wirklichen Antworten auf die Frage: woher kommt der Terror und was kann man dagegen tun. Denn dass all ihre „Sicherheitsmaßnahmen“ und ihre Überwachung nicht gegen den Terror helfen ist spätestens seit den Anschlägen in Brüssel eindeutig. Die Betroffenheit der PolitikerInnen ist bestenfalls naiv, aber eher verlogen. Denn es ist ihre Politik, die den Terror erzeugt bzw. gefördert hat.

    Der Imperialismus teilt sich die Welt auf

    Heute liegt der Schwerpunkt des Terrors auf dem Nahen und Mittleren Osten. Die Herren Mark Sykes (ein englischer Diplomat) und Georges Picot (ein französischer Diplomat) haben 1916, also vor genau 100 Jahren, als Vertreter ihrer imperialistischen Staaten das sogenannte „Sykes-Picot Abkommen“ geschlossen. Mit dem Lineal wurden – wie auch in vielen Teilen Afrikas – die Grenzen der Staaten im Nahen Osten gezogen, die Einflussbereiche aufgeteilt und man hat sich verschiedener herrschender Eliten bzw. Gruppen bedient, um durch diese zu regieren. Diese künstliche Schaffung bzw. Teilung von Gebieten macht sich auch heute Isis/Daesh zu Nutzen, wenn sie die Region im islamischen „Staat“ vereinigen. Natürlich sind sie nicht wirklich anti-imperialistisch oder anti-kolonialistisch, aber sie können so auf der Politik des Imperialismus aufbauen.

    Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist der Kapitalismus in sein „höchstes Stadium“ – den Imperialismus – eingetreten. Lenin beschäftigt sich in seinem Buch „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ mit dieser neuen Periode im Kapitalismus und ihren Charakteristika: der Aufteilung der Welt, der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital, dem Finanzexport etc.. Alles Punkte, die auch heute noch wichtig und richtig sind und zeigen, dass die militärische Intervention durch imperialistische Staaten eine wichtige, aber nicht die einzige Intervention des Imperialismus ist.

    In Folge des Kolonialismus war die Welt aufgeteilt und die führenden Nationen sind immer stärker auch in Konflikt miteinander geraten um an dieser Aufteilung etwas zu ändern. Es ging also zunehmend darum, sich gegenseitig Einflussgebiete weg zu nehmen – auch und gerade auch mit Kriegen. Die verschiedenen Staaten, auch die bürgerlich-demokratischen, haben die Aufgabe, den optimalen Rahmen für die Ausdehnung und Profitmaximierung des jeweiligen nationalstaatlichen Kapitals zu sichern. Horst Köhler war der neunte deutsche Bundespräsident. Er musste 2010 zurücktreten, weil er einen für PolitikerInnen seltenen Anfall von Ehrlichkeit hatte als er meinte: „Dass ein Land unserer Größe … im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege.“

    Die Terror-Hydra ist ein Ergebnis imperialistischer Interventionen

    Der Anfang der Terrorspirale im Nahen Osten liegt in den 1980er Jahren. 1978 war in Afghanistan ein fortschrittliches Regime an die Macht gekommen. Es war säkular, führte eine Landreform durch und setze auf Industrialisierung – und es stand unter dem Einfluss der Sowjetunion. Also unterstützen die USA in Afghanistan die islamistischen Mudschaheddin im Kampf gegen die Sowjetunion unterstützt. Im Film Rambo 3 werden diese „Gotteskrieger“, die für einen islamistischen Staat kämpften, auch noch als die guten Bündnispartner dargestellt. Die Fehler des Stalinismus helfen dabei, das Rad der Geschichte zurück zu drehen

    Im Gegensatz zum heutigen Bild einer mittelalterlichen Region hat der ganze Nahe und Mittlere Osten eine fortschrittliche Geschichte, mit säkularen Regimes, einer modernen aufgeklärten Gesellschaft und v.a. auch einer reichen Geschichte an Kämpfen der ArbeiterInnenbewegung. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es Unabhängigkeitsbewegungen – brutal unterdrückt von den imperialistischen Staaten die sich nach dem Zerfall des osmanischen Reiches den Einfluss in der Region sichern wollten. So wurde z.B. ein Aufstand gegen die britische Besatzung blutig niedergeschlagen. Ab den 1930er Jahren bildeten sich starke Gewerkschaften und auch Kommunistische Parteien, in denen sich ArbeiterInnen aus den verschiedensten ethnischen und religiösen Gruppen zusammen schlossen um gegen Elend, Imperialismus und für eine bessere Welt zu kämpfen.

    Doch die damals schon stalinistische 3. Internationale verlangte von diesen KommunistInnen den Verzicht auf den Kampf gegen die Unterdrücker um die Sowjetunion zu sichern. Wie auch in Spanien und vielen anderen Beispielen wurden GenossInnen geopfert mit der Behauptung, dies wäre für den Erhalt des sozialistischen Mutterstaates nötig. Tatsächlich verlängerte das aber die Isolation der Sowjetunion als einzigem nicht-kapitalistischen Staat und stärkte zwar die Bürokratie vorübergehend, führte aber langfristig zum Untergang der Sowjetunion. Trotzki hatte schon Anfang des 20. Jahrhunderts in seiner „Theorie der Permanenten Revolution“ erkannt, dass der Kapitalismus alle Winkeln der Welt erobert hatte, die herrschende Klasse in den später entwickelten Staaten aber schwach und mit dem Imperialismus verbunden war. Und dass darum die nationale Befreiung bzw. die Befreiung vom Imperialismus Hand in Hand mit der Befreiung vom Kapitalismus gehen muss. Die StalinistInnen aber setzten auf ihre „Etappentheorie“ – für sie stand erst einmal die Errichtung bürgerlicher Staaten auf der Tagesordnung. Daraus folgte die Zusammenarbeit bzw. die Unterordnung unter bürgerlich-demokratische Kräfte.

    Auf dieser Basis aber konnte z.B. im Nahen Osten weder dauerhaft echte Unabhängigkeit erreicht werden, noch die Armut der großen Massen der Bevölkerung überwunden werden. Das Vakuum, das durch die Fehler des Stalinismus auf der Linken entstand konnte dann u.a. auch durch die verschiedenen Baath-Parteien bzw. später z.B. im Iran durch den islamischen Fundamentalismus gefüllt werden. Einige der regionalen Regimes, wie Nasser in Ägypten, die Assad-Familie in Syrien oder auch Gaddafi in Libyen konnten zwischen den Machtblöcken lavieren und sich so für eine Periode an der Macht halten – doch mit der Wirtschaftskrise die auch von den Herrschenden der Region für Kürzungspolitik verwendet wurde und Proteste provoziert hat sowie dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich der Griff des Imperialismus nach der Region wieder verstärkt. Denn die Region ist v.a. auch wegen ihrer riesigen Erdölvorkommen, dem wichtigsten Rohstoff, wirtschaftlich und politisch enorm wichtig.

    Wirtschaftskrise und Zusammenbruch des Stalinismus führen zu imperialistischen Offensiven

    Die Invasion der USA im Irak 2003 war daher nur die Fortsetzung der imperialistischen Politik mit dem Ziel, sich den Zugriff auf Öl direkter zu sichern. Die imperialistische Politik wurde seit den 1990er Jahren aggressiver und offensiver. Die Ursache dafür neben dem Wegfall der Sowjetunion auch die veränderte wirtschaftliche Lage. Der Kapitalismus befindet sich seit den 1980er Jahren in einer Depression, Aufschwünge können die Verschlechterungen der vorangegangenen Krise nicht wieder wett machen. Das Kapital sucht nach profitablen Anlagemöglichkeiten. Der Zusammenbruch des Stalinismus hat solche neuen Märkte geboten, in denen das über-akkumulierte (angehäufte) Kapital angelegt werden konnte. Das hat dem Kapitalismus eine Verschnaufpause gewährt. Doch da die grundlegenden Widersprüche nicht behoben wurden kam es nicht zu einem echten Aufschwung. Der wirtschaftliche Kuchen wurde kleiner, es wird seither immer schwerer für das Kapital, Profite zu machen und insbesondere, die Profitrate oben zu halten. Darum wird der Kampf zwischen den imperialistischen Staaten um die Kuchenstücke härter. Und darum auch die zunehmenden militärischen Abenteuer.

    Der Grund dafür ist nicht der religiöse Fundamentalist Georg Bush, der meinte, auf direkten Auftrag von Gott den Angriff auf den Irak befohlen zu haben. Grund waren viel mehr die Bestrebungen von u.a. US-amerikanischer Ölfirmen sich den direkten Zugriff aufs irakische Öl zu sichern. Denn Saddam Hussein hatte durchaus mit imperialistischen Staaten Förderverträge abgeschlossen – aber nicht mit den USA.

    Wieder versuchte der Imperialismus mit einer Teile-und-Herrsche-Politik die Oberhand zu behalten, spielten SunnitInnen gegen SchiitInnen aus. In Syrien ging es wohl auch darum, den Einfluss Russlands zurück zu drängen. Das Ergebnis ist eine Region die in Bürgerkriege und Terror zerfällt. Die imperialistische Intervention und die stalinistischen Fehler in den letzten rund 100 Jahren haben nicht „unsere westlichen modernen Werte“ gebracht sondern im Gegenteil, die feudal-mittelalterlichen Werte die in weiten Teilen bereits überwunden waren wieder zurück gebracht. Soviel zur „Wertedebatte“.

    Wobei es heute bei den imperialistischen Interventionen nicht mehr nur um direkte wirtschaftliche Interessen geht, sondern die Destabilisierung der Region an sich gefährlich ist. Doch die Hoffnung, durch noch mehr Intervention eine Stabilisierung zu erzeugen, ist eine trügerische. In den letzten Jahren folgte eine Reihe weiterer Interventionen, unter dem Vorwand eines „Krieges gegen den Terror“ – und das, obwohl der Terror doch v.a. ein Ergebnis genau dieser Politik war und ist. Tatsächlich hat der Terror seither nicht ab- sondern massiv zugenommen! Auf den Kampf gemeinsam mit den islamistischen Mudschaheddin gegen die Sowjetunion in den 1980er Jahren folgte der Kampf gegen deren Nachfolger, die Taliban. Als diese zurück geschlagen waren entstand aus dem Körper der Hydra der nächste Kopf, Al Kaida und nun Isis/Daesh. Angesichts dieser Entwicklung können Meldungen über eine Schwächung von Isis/Daesh nicht wirklich zu einem Aufatmen führen. Denn solange die Grundlagen für den Aufstieg solcher Terrororganisationen nicht beseitigt ist, wird eine neue, vielleicht noch schlimmere Organisationen, auf deren Niederlage folgen.

    Der Imperialismus aber auch die lokalen Regimes aber können diese Ursachen nicht beseitigen. Tatsächlich haben die lokalen Regimes, die der Imperialismus errichtet hat, kaum Einfluss und die militärische Interventionen haben der Bevölkerung Armut und Not gebracht. Geschätzte 650.000 Todesopfer haben Besatzung bzw. Krieg im Irak gekostet. Milliarden wurden für Waffen, Krieg und die Zerstörung der Länder ausgegeben. Menschenrechte sind mit Füßen getreten worden, imperialistische Truppen haben ZivilistInnen ermordet, Spitäler bombardiert und mit Diktatoren gepackelt.

    Dass Organisationen wie die Taliban, Al Kaida oder Isis/Daesh überhaupt Unterstützung aus Schichten der Bevölkerung bekommen hat mehrere Gründe:

    • Die Ablehnung der imperialistischen Intervention hat durch die konkrete negative Erfahrung noch zugenommen.

    • Die soziale Katastrophe in der Region die durch die Invasion des Imperialismus noch gestärkt wurde.

    • Die ethnischen bzw. religiösen Spaltungen, die bewusst geschürt wurden und werden.

    Forderungen nach einem imperialistischen Bombardement von z.B. Syrien oder dem Einsatz von Bodentruppen, bzw. alles was eine militärische Intervention durch imperialistische Staaten bedeutet sind darum auch keine Lösung, sondern werden die Situation noch verschlimmern, das hat sich ja u.a. auch in Libyen gezeigt.

    Auch die österreichische Politik und Wirtschaft ist verantwortlich!

    Der österreichische Imperialismus ist direkt verantwortlich für die dramatische soziale Situation in Bosnien-Herzegowina (BiH). Nach dem Zerfall Jugoslawiens bzw. den Kriegen am Balkan sahen gerade österreichische Unternehmen das Gebiet als willkommene Gelegenheiten zum Abbau von angehäuften Kapitalmengen. Investiert wurde aber nicht etwa in den Aufbau von Industrie, sondern in Banken und Versicherungen. Es war klassisch-imperialistischer Kapitalexport. Heute herrscht das kleine unscheinbare Österreich mit Hilfe eines imperialistischen Stadthalters und militärischer Unterstützung auch der EU in BiH.

    Wichtig ist auch, dass die rassistische Politik im Westen, z.B. in Österreich, migrantische Jugendliche dem islamischen Fundamentalismus in die Arme treibt. In Österreich herrscht seit Jahrzehnten staatlicher und sozial-wirtschaftlicher Rassismus. Jugendliche mit Migrationshintergrund haben eine weit geringere Chance auf Job oder Zukunft und sehen sich laufend mit Diskriminierungen konfrontiert. Es ist darum auch kein Zufall, wenn gerade aus Bosnien viele Kämpfer bzw. UnterstützerInnen von Isis/Daesh kommen.

      Es sind der Kapitalismus und seine Folgen die den Terror in die Welt gebracht haben

      Politik und Medien zeichnen nun ein Bild der massiven Bedrohung in Europa. „Unser Europa“ ist „im Herzen“ betroffen.Tatsächlich hat der Terror in den letzten Jahren massiv zugenommen, doch die entwickelten kapitalistischen Staaten sind vergleichsweise wenig betroffen. Das Institut für Economics and Peace IEP gibt für 2014 folgende Zahlen heraus:

      • Die Anzahl der Terroranschläge ist in den letzten Jahren dramatisch angestiegen und hat sich von 2002 bis 2014 verzehnfacht – auf 6334.

      • 2014: haben 32.658 Menschen als Opfer von Terroranschlägen verloren.

      • 78% aller Opfer starben in nur Pakistan, Nigeria, Syrien, Afghanistan und dem Irak.

      • Seit dem Jahr 2000 sind nur 3 % aller Todesopfer durch Terroranschläge in den westlichen Ländern

      • Und rund 80% aller Opfer von islamistischen Anschlägen sind Moslems bzw. Muslima.

      Die Terrorgefahr ist also auch in jenen Teilen der Welt am stärksten, die von der Politik des Imperialismus am härtesten betroffen sind.

      Es braucht einen „Kampf gegen den Terror“!

      Ja, es braucht einen Kampf gegen den Terror – doch um ihn wirklich führen zu können muss zuerst festgestellt werden, was Terror eigentlich ist! Eine Definition lautet z.B. „Der Terror ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen.“ (Wikipedia) Doch die verschiedenen imperialistischen Staaten verbreiten mithilfe ihrer regionalen Bündnispartner z.B. in Afrika, oder auch Kurdistan, Angst und Schrecken. Flüchtlingen wird Gewalt angedroht, wenn sie die Grenzen überschreiten wollen. Die Angst vor Jobverlust und Armut macht Menschen gefügig. Der tägliche Terror des Kapitalismus ist viel gefährlicher und tödlicher, als es irgendeine Terrororganisation je sein könnte.

      • 2014 gab es mindestens sechsmal so viel direkte Kriegstote wie Terroropfer.

      • Alle 3 Sekunden stirbt ein Kind – fast alle an den Folgen von Armut.

      • Alle 11 Minuten stirbt eine Frau an den Folgen einer illegal, also unsauber, durchgeführten Abtreibung.

      Dieser kapitalistische Terror regiert weltweit. Bei uns, in den entwickelten kapitalistischen Ländern, regiert er nicht in derselben brutalen und offenen Grausamkeit, wie im Großteil der Welt. Und zwar nicht, weil der Kapitalismus hier menschlicher wäre, sondern weil die ArbeiterInnenbewegung hier mehr erkämpft hat! Dieser kapitalistische Terror – ein System, dass die Bedürfnisse von Mensch und Natur dem Profit weniger unterwirft – das ist auch die Grundlage für die Zunahme des Terrorismus. Wollen wir also Terrorismus bekämpfen, dann müssen wir radikal sein – also das Problem an der Wurzel anpacken.

      Jana Hybaskova, Botschafterin der EU im Irak, hat zugegeben, dass EU-Staaten, und wohl auch Firmen aus der EU, mit Isis/Daesh gute Geschäfte machen. Auch Putin hat beim G20 Gipfel im November eine Liste mit Firmen präsentiert, die dasselbe machen – Firmen aus 40 Ländern, darunter auch aus G20 Staaten. Doch auf solche Informationen reagieren die Herrschenden nicht. Denn dann müssten sie ja die Verbrechen ihrer eigenen Regierungsmitglieder, GeldgeberInnen und Unternehmen offen legen! Wenn also die Regierungschefs auf den Terror mit Krokodilstränen und Aufrüstung reagieren wollen, dann muss das der Ansatzpunkt für einen echten Kampf gegen den Terror sein:

      Die Firmenbücher der großen Ölfirmen (Shell, Total, OMV, BP…) müssen offen gelegt werden und AktivistInnen der Anti-Kriegsbewegung und der ArbeiterInnenbewegung müssen genau untersuchen, woher die Gelder kommen.

      Als ersten Schritt müssen jene Firmen, die mit Isis Geschäfte machen enteignet werden. Dieses Geld muss für Flüchtlinge, aber v.a. zum Wiederaufbau der Region verwendet werden. Die Militärintervention in Afghanistan kostet pro Kopf etwa 4x soviel wie das pro-Kopf Einkommen – mit dem Geld hätte die Armut abgeschafft und die Grundlage für Terror beseitigt werden können.

      Auch die Waffenfirmen und andere Kriegstreiber müssen daran gehindert werden. Die Aktien der großen Rüstungsunternehmen sind in den letzten Jahren gestiegen. Deutschland ist der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt und zwischen 2003 und 2013 wurden Waffen im Wert von 15 Milliarden Euro exportiert worden. Sie gingen v.a. in den Nahen und Mittleren Osten und dort u.a. nach Saudi Arabien und Katar. Beides sind Staaten aus denen Unterstützung für Isis/Daesh kommt…. Wenn diese Firmen verstaatlicht und unter Kontrolle und Verwaltung der Beschäftigten gestellt werden, kann sichergestellt werden, dass niemand seinen Job verliert und sinnvolle Dinge produziert werden.

      Die ArbeiterInnenbewegung in den imperialistischen Ländern muss sich für volle soziale und demokratische Rechte für alle Menschen die hier leben einsetzen, um eine Spaltung der ArbeiterInnenklasse zu verhindern. Das ist auch notwendig, um multiethnische Arbeit gegen religiösen Fundamentalismus aufbauen zu können. Hierbei kann bei den starken Traditionen der ArbeiterInnenklasse in der Region angesetzt werden: der gewerkschaftlichen Organisierung im Iran, den Streiks in der irakischen Ölindustrie 2005, dem Generalstreik in den kurdischen Teilen des Iraks 2006 bzw. der „arabischen Revolution“ 2010. Denn nur eine starke und kämpferische ArbeiterInnenbewegung kann dem Kapitalismus und damit auch dem religiösen Fundamentalismus und damit auch dem Terrorismus den Boden entziehen.

      Ja, wir brauchen einen Kampf gegen den Terror – aber das ist v.a. ein Kampf gegen den weltweiten Terror des Kapitalismus.

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