Gemeinsam gegen Sexismus und Kapitalismus

Weltweit gibt es die Stimmung, dass sich was ändern muss – nun brauchen die Proteste ein Programm.
Monika Jank

In den letzten Jahren gab es in verschiedenen Teilen der Welt zahlreiche Bewegungen, die von Frauen angeführt wurden oder woran sie maßgeblich beteiligt waren. Thematisch wurde eine sehr große Bandbreite aufgegriffen. So wurden Verbesserungen bezüglich des Selbstbestimmungsrechts  über den eigenen Körper wie die Legalisierung von Abtreibung in Irland erreicht und in Argentinien ein starker und bedeutender Schritt in diese Richtung gesetzt. Unter anderem in den USA, Deutschland und Österreich bekämpfen wir Vorstöße, die eben dieses Recht wieder einschränken wollen. Die erzkonservative Regierung Polens wurde von einer mächtigen Frauenbewegung in die Knie gezwungen.

Im Anschluss an ein Gerichtsurteil wegen Vergewaltigung durch die Gruppe „Manada“ (Rudel) kam es in Spanien zu Massenprotesten. Das Urteil selbst sowie die Tolerierung und Unterstützung von sexueller Gewalt durch die kapitalistische Justiz wurden angefochten. Unter #Ibelieveher und #Thisisnotconsent wurde in Irland und unter #YoTeCreo in Argentinien auf die Legitimierung von Vergewaltigungen hingewiesen, wenn Frauen sich „nicht richtig“ verhalten oder kleiden. 2015 protestierten in Argentinien zum ersten Mal unter dem Slogan „Ni Una Menos“ (Keine Weniger) Tausende gegen Frauenmorde. Diese Bewegung gegen Gewalt an Frauen breitete sich auf mehrere Länder Lateinamerikas und auch über die Amerikas hinaus aus. Aktuell wird für die Trennung von Staat und Kirche und eine ganzheitliche Sexualerziehung gekämpft. Die Größe der Bewegung spiegelt sich in der Zahl der Teilnehmer*innen des jährlichen Encuentro Nacional de Mujeres (Nationales Frauentreffen) wider. Zum 33. Treffen im Jahr 2018 kamen über 50.000 aus ganz Argentinien!

In vielen Ländern wurde mit der MeToo-Bewegung gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz protestiert. Dem schlossen sich weltweit Streiks in den Niederlassungen von McDonalds sowie Google an. Bei letzteren wurde neben sexueller Belästigung gleichermaßen gegen Lohnunterschiede und rassistische Diskriminierung protestiert. In einigen Maquiladoras - Montagebetrieben, die in Folge des Freihandelsabkommens NAFTA an der Grenze Mexiko/USA entstanden sind und in denen mehrheitlich Frauen angestellt sind - kam es Anfang des Jahres ebenfalls zu Streiks. In den USA führten 2018 Lehrer*innen zahlreiche „wilde“ Streiks durch, da die Gewerkschaft ihnen keine Unterstützung bot. In Österreich kam es Anfang 2018 und Anfang 2019 im Sozialbereich – wie die Lehrer*innen eine Branche, in der überdurchschnittlich viele Frauen beschäftigt sind – ebenfalls zu Streiks.

In Indien legte im Jänner ein 48stündiger Generalstreik mit circa 220 Millionen Teilnehmer*innen das Land lahm. In Sri Lanka kam es wegen der ausbeuterischen Verhältnisse in den Teeplantagen, wo v.a. Frauen arbeiten, zur Arbeitsniederlegung. Diese Beispiele zeigen Potenzial und Verantwortung von Gewerkschaften im Kampf gegen Sexismus und Unterdrückung der Frau - wenn sie dies wahrnehmen würden.

Auch als Antwort auf die Wahl von rechtsextremen, reaktionären und sexistischen Politikern wurden Demonstrationen in verschiedenen Ländern mit Massencharakter abgehalten, an denen maßgeblich Frauen teilnahmen. So besuchten circa 5 Millionen in weltweit mehr als 600 Demonstrationen den Women’s March on Washington kurz nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Gegen die Ernennung von Brett Kavanaugh zum Richter des obersten Gerichtshofs der USA (trotz zahlreicher Vorwürfe wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung) protestierten viele Frauen. Auch die Wahl von Jair Bolsonaro zum brasilianischen Präsidenten wurde von Protesten unter dem Hashtag #EleNão (#ErNicht) begleitet – findet er doch, dass Frauen weniger verdienen sollen um sich um die Kinder zu kümmern.

Diese zahlreichen Proteste sind ein Ausdruck der weltweiten Stimmung, den aktuellen Zu- oder besser Missstand nicht mehr zu akzeptieren und sich dagegen zu wehren. Damit diese Kämpfe erfolgreich werden, braucht es Perspektive und ein klares, sozialistisches Programm. Andernfalls können die Herrschenden und ihre Ideen diese dominieren und so deren Schlagkraft nehmen. Als Sozialist*innen sehen wir die Notwendigkeit, verschiedene Proteste untereinander zu verbinden und ihnen Programm zu bieten, mit dessen Hilfe Frauenunterdrückung und Kapitalismus überwunden werden können.

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