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Rote Seitenblicke: das weihnachtliche Spendensammeln und das Vermögen der katholischen Kirche

Fabian Lehr

Der Advent ist die große Zeit des Spendensammelns. Mit Inseraten, Postwurfsendungen und auf Weihnachtsmärkten wird man aufgefordert, Hilfsprojekte zu unterstützen. In erster Reihe stehen die katholische Kirche und ihre Vorfeldorganisationen. Dieselbe Kirche, die um ein paar Euro für die Armen bittet, ist allerdings eines der größten, reichsten und privilegiertesten Unternehmen Österreichs. Neben laufenden Einnahmen von jährlich rund 600 Millionen Euro kann sich auch das Vermögen der Kirche an Immobilien, Grund und Boden sehen lassen. In Österreich besitzt die katholische Kirche 215.000 Hektar land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche mit einem Marktwert von schätzungsweise 2,5 Milliarden Euro. Dazu kommen rund 200 000 Hektar Bauland, oft in Top-Lagen, mit einem kaum abschätzbaren Marktwert von vielen Milliarden. Das flüssige Finanzvermögen der Kirche beläuft sich hierzulande auf rund 1,6 Milliarden Euro, dazu kommt Immobilienbesitz im Wert von mindestens einer halben Milliarde. Und, last but not least, Unternehmensbeteiligungen: Die Kirche besitzt in ganz Österreich zahlreiche Unternehmen, darunter die Mediengruppe Styria und in Mehrheitsbesitz die Privatbank Schelhammer&Schattera. Via letzterer streicht die Kirche Millioneneinnahmen aus Lotterien und Casinos Austria ein. Vieles davon steuerbefreit. Wenn die katholische Kirche dazu aufruft, Arme und Kranke finanziell zu unterstützen, dann täte sie gut daran, dabei mit ihrem eigenen gewaltigen Vermögen anzufangen.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: 

Happy Birthday Rock’n Roll

"Wenn du die Welt verändern willst, musst du hinausgehen und sie ändern. Musik wird sie nicht verändern." (Pete Townshend)
Albert Kropf

Am Beginn vor 60 Jahren war Rock'n Roll mehr Schlagwort als eigenständiges Genre. Die ersten Elvis- Hits wurden in den Western & Country-Hitparaden geführt. Doch Rock’n Roll hat die Welt umgekrempelt. Für die Jugend war er von Beginn an eines und darin liegt auch seine soziale und politische Sprengkraft: Rebellion!

Rock’n Roll kann sich mit etwas Talent selbst beigebracht werden. Damit stand er für Jugendliche aus der Unterschicht offen. Die Musikbranche war „anrüchig“, „unehrenhaft“. Für die Kids aus der ArbeiterInnenklasse aber war es eine großartige Chance. Im Gegensatz zu bürgerlichen Jugendlichen hatten sie keine rosigen Zukunft. Ozzy Osborne schreibt, dass „Angst davor, fünfundvierzig Jahre lang in einer Fabrik zu arbeiten und dann gebrochen und ohne einen Penny zu sterben" ein Hauptantrieb für ihn war.

Der typische Black Sabbath Sound hängt mit einem Arbeitsunfall des Gitarristen Tony Iommis zusammen. An der Stanzmaschine in Birmingham verlor er seine Fingerkuppen, konnte nur mehr mit einer heruntergestimmten Gitarre spielen. Der Metal war geboren! 1979 kam in Britannien Thatcher an die Macht und sagte der Stahl- und Schwerindustrie den Kampf an. Das 1980er Album „British Steel“ von Judas Priest aus Birmingham ist eine Warnung an Thatcher: Greif die Stahlarbeiter an und du schneidest dich! Metal-Pionier Thomas Such fuhr im Ruhrpott zuerst ins Kohleberwerk ein, dann in den Proberaum. Die Musik-Helden stammten oft aus der Arbeiterklasse und hier nicht selten aus den schlimmsten Ecken.

Hat der Rock die Welt verändert? Die Jugendproteste der 1950er bis zur Punk-Bewegung waren von ihm getragen und undenkbar ohne ihn. Seit Ende des 20. Jahrhunderts ist Rock’n Roll allerdings, was seine sozialkritische Funktion und Basis angeht, zunehmend vom Rap eingeholt worden. Viele Musikstars sind reich und etabliert geworden, ihre Themen haben sich geändert. Das Verhältnis von Musik, Jugendkultur und Politik ist aber nach wie vor ungebrochen. Musik beeinflusst uns, ist aber selbst auch ein Produkt der Lebensumstände, aus denen sie kommt.

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John Lennon – ein Opfer christlichen Fundamentalismus

Vor 35 Jahren wurde John Lennon ermordet
Albert Kropf

Je nach Zeitzone starb am 8. bzw. 9. Dezember 1980 John Lennon an einem Schuss-Attentat vor seinem Wohnhaus in New York. Bis heute ist er mit seiner Musik, Texten, Statements und politischen Engagements vielen Menschen in Erinnerung geblieben. Als einziger der Beatles wuchs er in eher bürgerlichen Verhältnissen auf, während die anderen Beatles aus teilweise den schlimmsten Ecken Liverpools stammten. Seine Rebellion war deswegen auch immer eine Rebellion gegen die kleinbürgerliche Enge seiner Kindheit unter der Obhut seiner strengen und pedantischen Tante „Mimi“. Trotzdem haben ihn die Armut, aber vor allem der proletarische Stolz und die Traditionen von Liverpool und der Region nachhaltiger geprägt.

Er wurde schon früh zum „Rocker“ und in Folge zum Schrecken aller Stiefmütter und später durch seine politischen Aussagen und Engagements auch zum Schrecken des Establishments. Er polarisierte, stichelte und spitzte zu. Der US-amerikanische Präsident Nixon kämpfte persönlich für seine Ausweisung aus den USA. Er sah ihn ihm richtigerweise einen unliebsamen politischen Aktivisten, der seine Popularität im Kampf gegen den Krieg und zu manchen Zeiten auch für den Sozialismus nutzte. Das FBI verfolgte und überwachte Lennon über mehrere Jahre hinweg Tag und Nacht, das umfangreiche Dossier kann heute sogar über das Internet eingesehen werden.

Lennon wurde von Mark David Chapman, nachdem er ein Autogramm erhalten hatte, aus nächster Nähe erschossen. Chapman wird seitdem immer als geistig verwirrter Einzeltäter beschrieben. Das mag er auch gewesen sein. Auf jeden Fall war er aber ein christlicher Fundamentalist, der Gott und das Christentum mit dem Mord an Lennon für dessen „antichristliche“ Einstellung und Äußerungen rächen wollte. Mitte der 1960-iger Jahre meinte Lennon in einem Interview, die Beatles seien jetzt poulärer als Jesus Christus. In den USA wurden öffentliche Bücher- und Schallplattenverbrennungen maßgeblich von Ku-Klux-Klan organisiert und „abgefeiert“. Auch Mark David Chapman war dabei und schloss sich einer radikal evangelikalen, fundamentalistischen Sekte der „Born-Again-Christians“ an. 14 Jahre später fand die Polizei in seinem Hotel-Zimmer nach der Ermordung Lennons einen selbstgebauten Altar mit einer Bibel.

Wäre Chapman ein Muslim gewesen, würden wir heute sicherlich den ganzen Tag davon hören und lesen, dass heute vor 35 Jahren der freiheitsliebende Musiker und Aktivist John Lennon von einem muslemischen Attentäter ermordet wurde. Scharfmacher wie Mikl-Leitner oder Schäuble würden den Mord für den weiteren Abbau der Menschen- und Bürgerrechte und zur Aufrüstung verwenden. So aber erfahren wir nur von einem geistig verwirrten Einzeltäter.

 

Andere über uns: Last Shelter

Der Film „Last Shelter“ handelt vom Widerstand und auch vom persönlichen Kampf der Flüchtlinge, die in der Flüchtlingsbewegung 2012/13 die Votivkirche besetzten. Einer der „Hauptakteure“ des Films ist das Megafon der SLP, wie auch eine Reihe von SLP-AktivistInnen wie Numan. Ein Stück (Film-)Geschichte das zeigt, wie wichtig eine politische Partei mit richtiger Methode und richtigem Programm in einer solchen Bewegung ist.

 

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Warum trat ich der SLP bei?

Brandl Stefan, 18, Laakirchen

Ich hatte schon immer ein Interesse für Politik und hatte auch eine Funktion im damaligen Schülerparlament. Durch Bekannte innerhalb der SLP bin ich dann auf die Partei gekommen und war seither bei jeder Ortsgruppensitzung dabei. Einerseits weil man so ständig am Laufenden gehalten wird, was weltweit geschieht – andererseits weil wir auch theoretische Inhalte bzgl. Marxismus behandeln. Meine Kollegen und ich waren auf mehreren Demonstrationen vertreten, zu denen ich als Einzelperson vermutlich nicht gekommen wäre und wir haben so unsere Meinung kundgetan. Ich wollte nicht länger bloß mit der Gesamtsituation unzufrieden sein, sondern auch aktiv etwas verändern können, deswegen entschloss ich mich, der SLP beizutreten.

Ein weiterer Grund ist die Öffentlichkeitsarbeit, die wir leisten. Einerseits durch Zeitungsverkäufe und andererseits bei den schon erwähnten Demos: Ich finde es wichtig, dass Leute direkt auf der Straße angesprochen werden und ihnen eine Diskussion angeboten wird bzw. Informationen verbreitet werden; gleichzeitig helfen mir solche Aktionen, über meinen Schatten zu springen.

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Manche sind gleicher, auch im Internet

Jens Knoll

Der Gleichheitsgrundsatz ist ein nobler Zugang, doch gilt er nur in der Theorie. Gleiches Recht für alle Daten: Bisher war das der Grundsatz des Internets. Nicht zuletzt durch Edward Snowden und Dienste wie Tor (zur Datenanonymisierung) wurde dieser Grundsatz den Herrschenden ein Dorn im Auge. Die für die Herrschenden nötige Zensur war bis jetzt im Internet schwerer als in anderen Medien möglich. Ende Oktober wurde im EU Parlament auch über diesen Grundsatz abgestimmt. Denn nach monatelangem Konzernlobbying wurde nun das “Zweiklasseninternet” beschlossen. UserInnen können nun gegenüber anderen vorgezogen werden, wenn sie mehr bezahlen. Ihre Daten haben Vorrang, mit der Netzneutralität (also dem Gleichheitsgrundsatz) ist damit Schluss. Aber dafür zahlen wir ab 2017 keine Roaminggebühren mehr – yay! 

 

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Fußball für Flüchtlinge – oder?

Viele Fußballfans solidarisieren sich mit Flüchtlingen. Doch auch Geschäftermacherei ist im Spiel.
Christian Bunke

 „Islamists not welcome – Europe awake!“ Das war eine unmissverständliche Botschaft rechter Austria-Wien Fans bei einem Spiel vor wenigen Wochen. Doch viele Fußballfans teilen diese Sicht nicht. Das Engagement reicht von Patenschaften lokaler Teams mit Flüchtlingsgruppen, über Spendensammlungen bis hin zu Gratis-Eintritt für Flüchtlinge.

Manche Clubs praktizieren das schon seit Jahren, wie etwa der Wiener Sportklub. Andere haben erst vor einigen Monaten damit angefangen. Doch überall zeigt sich das soziale Element des Fußball, das bei vielen Fangruppen eine Selbstverständlichkeit ist. Fans von Wacker Innsbruck etwa laden jedes Jahr Obdachlose zu sich ins Stadion ein. Bei Blau-Weiß Linz gibt es seit 2007 eine antirassistische Faninitiative. Auch die österreichische Nationalmannschaft – die meisten ihrer Mitglieder haben Migrationshintergrund – fordert „refugees welcome“.

Doch manche falschen Freunde versuchen diese Hilfsbereitschaft für sich auszunutzen. Allen voran das deutsche Boulevardblatt Bild. Dieses Blatt hatte sich einen besonderen Werbegag ausgedacht. Die Mannschaften der deutschen Fußballigen sollten mit einem „Refugees Welcome“ Aufdruck auf ihren Trickots auflaufen. Nebst „Bild“-Werbelogo, versteht sich.

Längst nicht alle hatten darauf Lust. So verweigerten sich die Vereine Eisern-Union Berlin und FC St. Pauli. Letzterem hielt die „Bild“ dann auf Twitter vor, Flüchtlinge nicht willkommen heißen zu wollen. Eine Beleidigung - denn gerade St. Pauli hält seit Jahrzehnten antirassistische Ideale hoch. Auch gegen die „Bild“, die zu einem der widerlichsten Hetzblätter im deutschsprachigen Raum gehört. Folgerichtig zeigten viele Fankurven in den letzten Wochen diesem Organ mit Transparenten und Sprechchören die rote Karte.

Derweil organisieren gerade viele kleine Fußballvereine gelebte Integration. Der Ball kennt keine Sprache. In einer wachsenden Zahl von Orten spielen Flüchtlinge gleichberechtigt im örtlichen Verein mit. So sollte – und könnte – es eigentlich auch in der restlichen Gesellschaft laufen.

 

 

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Es braucht sozialistische Lösungen für die Umwelt

Für den lebenswerten Fortbestand von allen muss Umweltschutz das Thema der ArbeiterInnenbewegung werden!
Nikita Tarasov

Die Folgen der Umweltzerstörung und des Klimawandels treffen die ArbeiterInnenklasse, und vor allem ihre am meisten benachteiligten Elemente, am stärksten. Und das gilt weltweit, egal ob in Österreich, Bangladesch oder sonst wo. Nicht nur Wohlstand, sondern auch die Belastung durch Umweltverschmutzung und Gifte, ist ungleich verteilt: Während die Lohnabhängigen durch Abgase, Abfälle etc. von profitorientierten Betrieben ungleich stärker geschädigt werden und in dichtverbauten Gebieten leben, lassen es sich die Reichen in grünen Oasen gut gehen.

Durch den Anstieg der Durchschnittstemperatur in den kommenden Jahrzehnten wird es unter anderen Katastrophen auch öfter zu Dürren kommen. Natürlich ist so ein Szenario für die Reichen dieser Welt nicht so bedrohlich wie für die Massen. Ihre Häuser halten einem Taifun eher stand und sie haben das nötige Kleingeld, um woanders hin zu gehen bzw. sich auch bei steigenden Lebensmittelpreisen zu ernähren. Wenn es zu Umweltkatastrophen, wie Überschwemmungen, Dürren oder Flächenbränden, kommt, sind es die Armen, die am meisten leiden.

Gleichzeitig sind aber Bewegungen, die sich für Umweltschutz engagieren, leider größtenteils bürgerlich dominiert. Das Thema wird dabei aus dem Gesamtzusammenhang der kapitalistischen Produktionsweise gerissen und auf einer moralischen Ebene behandelt. Die Tatsache, dass „wir hier unten“ und „die da oben“ unterschiedliche Interessen haben, wird ausgeblendet. Und das ist ein Problem! Denn Lösungsansätze, die nur innerhalb der kapitalistischen Strukturen bleiben – die also nicht hinterfragen, warum Profitinteressen über den Interessen der Massen und der Umwelt stehen – und nicht bereit sind diese zu verändern, sind letztlich nutzlos. Doch wie soll die Umweltfrage richtig angegangen werden? Für eine langfristige, nachhaltige Lösung müssen die Klassenwidersprüche in den Vordergrund gebracht, aufgezeigt und gelöst werden. Dafür ist es aber auch notwendig, dass die Gewerkschaften aufhören, Umweltfragen in den Hintergrund zu drängen oder ganz zu ignorieren. Allzu oft erteilt die Gewerkschaftsführung ökologischen Bestrebungen mit dem Verweis von Erhalt oder Schaffung von Arbeitsplätzen eine Abfuhr. Doch das ist ein kurzsichtiges Argument: Die fortschreitende Zerstörung der Umwelt vernichtet mehr Arbeitsplätze, als durch fossile Energien geschaffen werden. Auch kann die Produktion zahlreicher Unternehmen umgestellt werden, ohne Leute zu feuern. Es ist die Aufgabe der Gewerkschaften, die Umweltbewegung und die ArbeiterInnen in einem Kampf für ein groß angelegtes Programm für echte „grüne Jobs“ zu vereinen. Dafür ist jedoch letztendlich ein Bruch mit den profitorientierten, ausbeuterischen Interessen der Bourgeoisie und des chaotischen freien Marktes nötig. Im Kapitalismus sind Umwelt und Mensch nur Mittel zum Zweck der Profiterbringung. Es braucht eine sozialistische, geplante Produktionsweise. Diese kann nur von unten erkämpft werden. Die Großkonzerne, die die Umwelt für Profit vernichten, müssen gestoppt werden – und am besten können das die Menschen, die dort arbeiten. ArbeiterInnen können sich organisieren, die Produktion stoppen, die Kontrolle übernehmen und mit Hilfe von AktivistInnen und ExpertInnen die Produktion klimafreundlich umgestalten, wie dies die ArbeiterInnen der griechischen Seifenfabrik VIO.ME getan haben. Die Produktionsmittel – Betriebe, Fabriken, etc. – müssen verstaatlicht und unter der demokratischen Leitung der betroffenen ArbeiterInnen geführt werden. Dann kann im Interesse der gesamten Gesellschaft und mit höchster Rücksicht auf die Umwelt produziert werden. Ziele und Entscheidungen werden in Gremien/Räten auf Betriebs-, Branchen-, nationaler und schließlich internationaler Ebene getroffen. Durch moderne Technologien und fortgeschrittene Marktforschung können Bedürfnisse und Wünsche präzise ermittelt werden. Umweltbelastende, ineffiziente Überproduktion kann so auf ein Minimum reduziert werden.

Das Potential dafür ist da: Von den USA, wo der Bau einer Bohrinsel von einer Masse an AktivistInnen blockiert wird und Hunderttausende am „People’s Climate March“ demonstriert haben, über Deutschland, wo sich Zehntausende Zügen mit Atommüll in den Weg stellen, bis nach China, wo Tausende Regierungsgebäude stürmen, um die Verseuchung von Trinkwasser durch die Industrie zu stoppen. Der Klimagipfel in Paris wird ebenfalls von Massendemonstrationen begleitet werden. Die SLP und ihre internationalen Schwesterorganisationen werden vor Ort an den Protesten teilnehmen.

 

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Klimakatastrophe ist Ergebnis des kapitalistischen Profitsystems

Weit über 90% des gegenwärtigen Klimawandels sind von Menschen gemacht.
Franz Neuhold

Die wesentlichen Gründe für den gegenwärtigen Klimawandel sind der (steigende) Ausstoß fossilen CO2 durch die Verbrennung von Erdöl, Erdgas und Kohle sowie der Verlust an Waldbestand in den höheren nördlichen Breiten und Tropen. Dabei wären die technologischen Möglichkeiten klimafreundlichen Wirtschaftens verfügbar. Doch richtungsweisende Entscheidungen folgen im Kapitalismus nicht berechtigten Wünschen und demokratischen Mehrheiten. Es herrschen die besitzenden Klassen. Selbst in Ländern, in denen formal demokratische Systeme existieren, bedeutet eine politische Maßnahme keineswegs, dass dies die Handlungen der Konzerne und wirtschaftlichen Strukturen ändert. Trotz herzerwärmender Reden durch Obama und UNO-Chef Ban Ki-moon: Die herrschenden Eliten in ihrer Gesamtheit legen gegenwärtig den Schwerpunkt vielmehr auf Projekte wie TTIP; dem genauen Gegenteil dessen, was nötig wäre.

Ein eindrucksvolles Beispiel der Widersinnigkeit herrschender „Klimapolitik“ ist das „Erneuerbare Energie-Gesetz“ (EEG) in Deutschland. Anstatt eine echte Energiewende zu bringen, vermittelt es den (falschen) Eindruck, die Erneuerbaren würden Energiekosten erhöhen. Das EEG ist letztlich staatlich festgeschriebene Umverteilung von unten nach oben. Das dahinter stehende und weiterhin fossil-dominierte Subventions-Regime wird nicht hinterfragt. Die steigenden Energiekosten sind Folge der Strommarkt-“Liberalisierung“ Ende der 90er sowie dem de-facto-Monopol der vier großen Energie-Konzerne am deutschen Markt. Den Bärenanteil am Anstieg des Anteils der Erneuerbaren haben unzählige Menschen, die sich engagieren und v.a. im Bereich Solaranlagen mutige Schritte setzen. Demgegenüber verhöhnt die Politik der großen Energiekonzerne all diese Anstrengungen.

Die Triebfeder zur vorgeblichen „Energiewende“ für Teile des deutschen Kapitals ist die Verbesserung der eigenen Position im „globalen Wettbewerb“ und künftige „Energie-Unabhängigkeit“. Der Horizont von Merkel & Co. endet bei den Bilanzen der führenden deutschen sowie in Deutschland operierenden Unternehmen. Und als Diener ihrer Herren kann und will die (kapitalistische) Regierung wirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen nicht in Einklang bringen.

Wenn Konzerne Hirnschmalz einbringen, dann um zu betrügen – wie beim VW-Abgas-Skandal. Eine geheime Software erkennt Testsituationen, um ein Spezialprogramm in der Abgasnachbehandlung zu starten, wodurch die Stickoxid-Emission im Grenzwert gehalten wird. Im alltäglichen Betrieb wird jedoch bis zum 40-fachen ausgestoßen! Zu genau solch kriminellem Verhalten führt uns die vielgepriesene „Konkurrenz“ im Kapitalismus. Auch auf der Ebene der Politik bleibt von der Illusion Grüner Parteien in den „freien Markt“ nur ein Scherbenhaufen: Ökosteuern sind Massensteuern und somit unsozial, während im Emissionshandel gerade mal CO2-Pakete hin- und hergeschoben werden.

Die nationalstaatliche Zwangsjacke ist wesentliches Merkmal des Kapitalismus und zementiert beim Klimawandel die strukturelle Hilflosigkeit. Die entscheidenden Ebenen wirtschaftlichen Handelns sind demokratischen Vorgängen entzogen. Unternehmen erpressen notfalls die Gesellschaft („Abwanderung“), und werden dies tun, solange keine international wirksame Planung von Ressourcen, Bedarf, Produktion und Verteilung stattfindet. Die internationale Arbeitsteilung benötigt eine völlig andere Eigentums-Struktur sowie politische Gliederung. Kurzum: ohne Bruch mit dem Kapitalismus ist Klimaschutz eine symbolische Angelegenheit. Ohne vollständiger Vergesellschaftung aller global relevanten Energiefirmen inklusive demokratischer Kontrolle durch Beschäftigte und KonsumentInnen wird sich an der Grundlage der Klimakatastrophe nichts ändern. Klimaschutz muss mittels Massenbewegungen gegen die herrschenden Zustände erkämpft werden.

Tatsache ist, dass mit der Ausbeutung fossiler Energiequellen noch immer Vermögen zu machen sind. Die mangelnde Nachhaltigkeit dieser Vorgangsweise kümmert die „Eliten“ nicht. Es ist das Wesen der Profitlogik, die gesamtgesellschaftlichen und langfristigen Auswirkungen nicht über die Bilanz zu stellen, sondern zu ignorieren. Der Gipfel des Zynismus ist das Gerede von „Freiheit“, die sich angeblich durch fossile Energie ergibt. Das bringt uns zu den sogenannten „KlimaskeptikerInnen“. Hierbei handelt es sich überwiegend um (sehr) wohlhabende Männer mit einem stark konservativen bis rechtsextremen Hintergrund. Die Finanzierung dieser Szene durch Energiekonzerne ist vielfach belegt. In den USA gibt es eine „Skeptiker“-Lobby; teils als Wurmfortsatz der schauerlichen „Tea-Party“ bei den Republikanern. In Österreich wird diese Rolle zunehmend von der FPÖ übernommen und schon mal die Klimaerwärmung angezweifelt. Im Regierungsübereinkommen in Oberösterreich steht dann auch das Bekenntnis „zu einer umsichtigen Umweltpolitik, welche auf die Bedürfnisse des Wirtschaftsstandortes Rücksicht nimmt und diesen nicht über Gebühr behindert.“

Aber auch der österreichische Staat befindet sich auf dieser Linie: trotz 31,5% Anteilen am OMV-Konzern wird nichts getan, um einen Kurswechsel einzuleiten. Der ehemalige Vorstandschef Roiss erklärte 2013, dass für die OMV „die Erneuerbaren“ kein Thema sind. Sein Nachfolger, Rainer Seele, wurde vor kurzem genau deshalb an die Spitze der OMV geholt, da er zuvor beim Erdölgiganten Wintershall im Bereich „upstreaming“ groß zugelangt hatte. Mit diesem Begriff wird die Fixierung auf Suche, Erschließung und Ausbeutung fossiler Lagerstätten schöngeschrieben. Zu den „Erneuerbaren“ kann die Werbeagentur ja ein kindergerechtes Werbefilmchen basteln.

So wie die Gründe des Klimawandels im Chaos der kapitalistischen Produktionsweise liegen, werden die Folgen ebendieses Klimawandels soziale Kämpfe verschärfen. Der Weltklimarat rechnet in seinem Synthesis- Report 2014 mit bedeutenden Einkommens-Verlusten sowie einer Verschärfung der wirtschaftlichen Lage in vielen Ländern. Gerade aufgrund der neo-kolonialen Unterdrückung werden existenzbedrohliche Zustände (Hunger, Kriege, Massenflucht) stetig zunehmen.

Der bekannte Klimaforscher Stefan Rahmstorf, der nicht im Verdacht steht, Sozialist zu sein, schreibt in seinem Buch „Der Klimawandel“: „Nach der Lektüre dieses Buches wird der Leser hoffentlich unserer Ansicht zustimmen, dass die Bewältigung des Klimawandels eine Feuertaufe für die im Entstehen begriffene Weltgesellschaft darstellt.“ Rahmstorf diskutiert auch die Potentiale sogenannten „Geo-Engineerings“. Gemeint sind damit teils gigantische Projekte, um CO2 zu binden oder die Auswirkungen des Klimawandels abzufedern. An dieser Stelle ist keine Bewertung möglich, ob oder welche dieser Maßnahmen überhaupt realisierbar und wirksam sein können. Doch aufgrund der Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus steht fest, dass diese „Feuertaufe der Weltgesellschaft“ in der Ablösung durch ein nachhaltig planendes, nicht-profitorientiertes und national-beschränktes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem liegen muss.

 

 

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