Türkei: Dem AKP-Regime stehen stürmische Zeiten bevor

Serge Jordan, CWI (vom 21. März 2018)

Solidarität mit Afrin in WIen

Solidarität mit Afrin in Linz

Deutsche Waffen werden

beim Einmarsch in Afrin benutzt

„Wenn die Demokratie dabei ist, erfolgreich über die muslimische Welt, vor allem in den arabischen Ländern, verbreitet zu werden, so ist es wesentlich, dieses türkische Beispiel hervorzuheben.“ Vor vierzehn Jahren waren dies die Worte von „The Economist“ bezogen auf deren türkischen Liebling Recep Tayyip Erdogan und seiner Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP). Heute greift dieses Magazin der Banken und Konzerne regelmäßig Erdogan als Möchtegern-Sultan an, der sein Land in den Ruin führt. Das fasst die vermehrt abgeneigte Haltung der westlichen herrschenden Klassen gegenüber der Türkei zusammen, der einstigen Werbetafel für demokratische Öffnung und blühende, freie Märkte.

In der Vergangenheit ist Erdogan von einem relativ fügsamen Machthaber zu einem etwas unberechenbaren Alleingänger angewachsen, der regelmäßig den westlichen Mächten auf die Zehen steigt. Im Nachspiel eines misslungenen Militärputsches gegen seinen Willen im Sommer 2016 wurde eine enorme staatliche Repression entfesselt. Das Wirtschaftswachstum, das immer noch wesentlich auf Papier basiert, hält Probleme bereit und verbirgt die steigende Unzufriedenheit der ArbeiterInnenklasse. Hoffnungen auf eine friedliche Lösung der kurdischen nationalen Frage sind durch den erneuten militärischen Schlachtzug der türkischen Armee, der sich nun in den Nordwesten des gegenwärtigen Syriens ausweitet, zerschlagen worden.

Eine starke Wirtschaft?

Finanziert durch einen reichlichen Zustrom an Auslandskapital seit 2001, ist der türkische Wirtschaftsaufschwung der treibende Motor für die langandauernde Machtkonzentration der AKP. Die Basis für den Wahlerfolg dieser Partei war also zum einen das Wirtschaftswachstum, zum anderen die Enttäuschung vieler Menschen mit den alten politischen und militärischen Institutionen sowie dem islamischen Glauben gewisser Bevölkerungsschichten.

Obwohl das Regime noch soziale Reserven besitzt, geht Erdogans Beliebtheitsgrad heutzutage, gerade unter ArbeiterInnen und JungwählerInnen, zweifelsohne in die abnehmende Richtung. Das veranschaulichte das Referendum im letzten April, welches darauf abzielte die persönliche Machtergreifung des Präsidenten zu konsolidieren: Das Regime war gezwungen die Abstimmung zu manipulieren, um die benötigte Mehrheit zu bekommen, doch das „Ja“ blieb weit unter den offiziellen Erwartungen, besonders in den Städten.

Massenhafte Prekarisierung von Arbeit, fanatische Privatisierung und krasse Ungleichheit haben den Mythos des All-Inclusive-Wachstums untergraben. Gemäß einer im Jänner durchgeführten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos, meinten 54% der ArbeiterInnen in der Türkei, sie würden „damit kämpfen über dir Runden zu kommen.“ Die Inflation liegt im zweistelligen Bereich (12%), was den Leuten die Löhne wegfrisst und besonders unter Jugendlichen die Arbeitslosigkeit steigen lässt. Berichten zufolge sind mehr als 400 ArbeiterInnen beim Bau eines neuen Megaflughafens in Istanbul ums Leben gekommen: Eine grausige Zahl die aufzeigt, dass die, von der Regierung unterstützten milliardenschweren Bauprojekte eine Profit-Goldgrube für regierungsnahe Immobilienmogule sind und unter kompletter Missachtung für die Leben von ArbeiterInnen umgesetzt werden.

Im letzten Quartal 2017 registrierte die Türkei ein ökonomisches Wachstum von 11%, größer als irgendeine andere der weltweiten Top-20-Wirtschaften. Nach einem großen Rückschlag im Jahr davor, wird diese ökonomische Wende von den RegimebefürworterInnen als Bestätigung der wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte der AKP benutzt. Jedoch ist das kürzliche Wachstum hauptsächlich von einer massiven staatlichen Kreditspritze aufrechterhalten worden, da Erdogan sich für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im November 2019 rüstet (welche er möglicherweise früher ausrufen wird, bevor sich die Probleme zu offenbaren beginnen). Ein Unternehmensberater in Istanbul kommentierte letztes Jahr: „Die WählerInnen sind extrem beunruhigt aufgrund der Säuberungen und der staatlichen Repression. Erdogan kann das System nur zusammenhalten, indem er genug Geld hineinpumpt, um das Wachstum hoch zu halten, also wird er nicht auf die Bremse treten.“

Massenhafte Repression

Der Putschversuch gegen Erdogan im Juli 2016 bot ein Sprungbrett für die Säuberungen und hartes Durchgreifen. Damals ahnten das CWI und seine Sektion in der Türkei, die Sosyalist Alternatif, voraus, dass der fehlgeschlagene Putsch von einem umfassenden „Gegenputsch“ von Seiten Erdogans und seinen UnterstützerInnen gefolgt werden würde.

Seither ist der Ausnahmezustand, alle Opposition unterdrückend, im ganzen Land in Kraft. Die staatliche Repression wird mit aller Härte durchgesetzt, v.a. auch von bewaffneten Pro-AKP Milizen wie etwa den „Spezialeinheiten des Volkes“ (HÖH). Deren Selbstjustiztruppen wurde für ihre Aktivitäten ein legaler Blankoscheck in Form eines Dekretes vom letzten Dezember ausgestellt, um der regulären Staatsgewalt dabei zu helfen die Drecksarbeit gegen Regierungsgegner zu erledigen.

Die am weitesten links stehende Oppositionspartei, die HDP (Demokratische Partei der Völker) ist teilweise geschwächt worden. Neun Parlamentsmitglieder der Partei sind von ihrem Parlamentsstatus abgesetzt worden und viele ihrer Kader, Mitglieder und UnterstützerInnen wurden ins Gefängnis gesteckt. Insgesamt sind über die vergangenen 20 Monate etwa 150.000 angebliche oder echte RegierungsgegnerInnen aus ihren Jobs geschmissen und über 55.000 Menschen verhaftet worden. Viele JournalistInnen sind als Folge einer Mediensäuberung hinter Gittern. Die Regierung schloss hunderte von Magazinen, Zeitungen und Radiosendern, lässt aber Medienunternehmen, die regierungsnahen Medienmagnaten gehören, als einzige Clown-Show in der Stadt.

Als Ergebnis dieser hysterischen Razzien ist Angst mittlerweile ein starker Faktor in großen Teilen der Gesellschaft. Jedoch bieten diese repressiven Maßnahmen keine Garantie auf eine langfristige Stabilität des Regimes.

Letzten Sommer, mitten im Ausnahmezustand, scharte sich etwa eine Million Menschen, in einem „Marsch für Gerechtigkeit“ gegen Erdogans Herrschaft in Istanbul zusammen, die dem Aufruf der kemalistischen Oppositionspartei CHP (Republikanische Partei des Volkes, die den traditionellen säkularen Flügel der Kapitalistenklasse repräsentiert) gefolgt war. Diese Resonanz zeigt keine Massenunterstützung für die CHP. Eher deutet es an, dass irgendein Bruch in der jetzigen Situation die Fluttore für den passiven, aber wachsenden Ärger gegen das Regime öffnen kann.

Gegenwärtig gehen viele ArbeiterInnen und junge Menschen in die Deckung. Aber das ist kein allgemeines Phänomen und wir nicht von Dauer sein. Die großflächig abgehaltenen Proteste am Weltfrauentag, auf denen Slogans wie etwa „Wir sind nicht still, wir haben keine Angst, wir gehorchen nicht“ zu hören waren, sind eine kraftvolle Antwort auf die vorherrschende Mythos einer allmächtigen und unanfechtbaren Regierung. Und auch die ArbeiterInnenbewegung hat kürzlich bestätigt, dass sie eine Kraft sein wird, mit der gerechnet werden muss.

MetallarbeiterInnen trotzen der Regierung

Letzten Juli machte Erdogan gegenüber AuslandsinvestorInnen klar, dass der Ausnahmezustand ein potentielles Werkzeug zur Ruhigstellung von ArbeiterInnen wäre: „Wir erließen den Ausnahmezustand damit unsere Geschäftswelt bequem arbeiten kann.“ Ein praktischer Test kam im Jänner als 130.000 MetallarbeiterInnen damit drohten, in 180 Standorten im ganzen Land in den Streik zu treten. Der Streik, für den ein Beginn am 2. Februar 2018 vorgesehen war, wurde von der Regierung aus Gründen der „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ verboten.

Die Gewerkschaften entschieden sich der Regierung zu widersetzen, und richtigerweise die Anerkennung des Streikbanns zu verweigern bzw. den Kampf trotzdem fortzuführen. Die entschlossene Haltung der MetallarbeiterInnen zwang die Organisationen der Bosse, die einen dürftigen Lohnanstieg von 3.2% auf den Tisch gelegt hatten, einen Anstieg von 24.6% bei Löhnen und 23% auf soziale Leistungen zuzugestehen. Dieses Beispiel zeigt, inwiefern eine kämpferische Haltung von GewerkschaftsführerInnen einen wesentlichen Unterschied darin machen kann, ein scheinbares Kräftemessen zu Gunsten der Kapitalistenklasse zu erschüttern. Nach zwei Jahren ungebrochener Repression, hat so ein Brennpunkt größere Bedeutung und zeigt uns das Potential für ein zukünftiges Aufbrechen von Widerstand aus der ArbeiterInnenklasse. Die wachsende soziale Unzufriedenheit war sicherlich ein Beweggrund für das Regime, das Land, durch ein Aufstacheln des türkische Chauvinismus und eine Erhöhung des Drucks gegenüber den KurdInnen, zurück in den Kriegszustand zu versetzen.

Erneuter Krieg gegen die Kurden

Jenseits des Gebrauchs roher, staatlicher Gewalt hat der Verlust politischen und ökonomischen Auftriebs von Erdogan und seiner Clique sie dazu veranlasst, verschiedene Möglichkeiten zu nutzen um ihre Unterstützung künstlich hoch zu halten: Das Anstacheln von Nationalismus und Intoleranz gegenüber Minderheiten, das Drängen auf Islamisierung kultureller und sozialer Bräuche, die massive Verstärkung von Frauenunterdrückung, die Glorifizierung des Erbes des Osmanischen Reiches, das Hervorheben regionaler Hegemonie und die Wortgefechte mit dem westlichen Imperialismus und Israel.

Ein zentraler Teil dieser Strategie war die seit 2015 durchgeführte Politik der verbrannten Erde gegen die kurdische Minderheit , im Anschluss an den ersten größeren Wahlerfolg der pro-kurdischen HDP. Die zaghafte aber doch echte Auseinandersetzung dieser Partei mit Klassenfragen und sozialen Themen brachte die linksgerichtete Politisierung einer ganzen neuen Generation zum Vorschein und zeigte das Potenzial für einen Brückenbau zwischen polarisierten Communitys (kurdische-türkische) auf. Diese Brücke zu zerstören wurde zur Besessenheit des Regimes, genauso wie die Zerschlagung der kurdischen Bewegung im benachbarten Syrien – die dort seit 2013 ihre eigenen Institutionen aufbaut und somit ein ermutigendes Beispiel für die kurdische Minderheit in der Türkei und dem Wunsch nach Befreiung wurden.

All diese Bedenken regten Erdogan dazu an die „Operation Olivenzweig“ am 20. Jänner 2018 zu starten, also die Invasion Afrins, einer der drei mehrheitlich kurdischen Selbstverwaltungskantone in Nordwestsyrien (oder Rojava). Im Falle eines Erfolgs, würde dieser Militäreinsatz auch ein territoriales Druckmittel für die Türkei auf dem Macht-Schachbrett des syrischen Bürgerkriegs darstellen und außerdem Erdogans neoosomanische Ambitionen nach einer Ausweitung des geopolitischen Einflusses der Türkei im Nahen Osten befriedigen.

Der Amoklauf der türkischen Armee hat bereits hunderte Menschen getötet und zehntausende zur Flucht gezwungen. Am Boden wird das türkische Militär gestützt durch sunnitische Kämpfer aus der sogenannten Feien Syrischen Armee, Al-Nusra Front und anderen dschihadistischen Söldnern. Das Regime fürchtet, dass zu viele heimkehrende Leichensäcke türkischer Soldaten der gegenwärtig vorherrschenden Mehrheitsunterstützung für den Krieg unter ethnischen Türken Abbruch tun.

Vor dem Hintergrund der Ablehnung des westlichen Imperialismus durch die türkische Öffentlichkeit, konnte die enge Kooperation zwischen den AnführerInnen der Regierung in Rojava und der US-Regierung (die ursprünglich zum gemeinsamen Kampf gegen den IS geformt wurde) leider genutzt werden um der antiimperialistische Maskerade, in die sich das Regime in letzter Zeit hüllen will, ein bisschen Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die bisherige Abhängigkeit von US Luftschlägen hat viele kurdische Kämpfer und Unterstützer Rojavas unvorbereitet auf eine Situation zurückgelassen, wo die US Lufthoheit abwesend ist und die Kämpfer der YPG (Volksverteidigungseinheiten, die Milizen zur Verteidigung Rojavas) nur auf ihre einzige Kraft zählen können. Das Weiße Haus, sowie die Europäischen Regierungen haben rhetorisch gegen die Offensive in Afrin protestiert, aber keinen Finger gerührt diese zu verhindern. Sie können es sich kaum leisten ihre ganzen Beziehungen zur Türkei zu gefährden – was diese starke Nato-Macht wahrscheinlich in die Richtung von Putins Russland drängen würde.

Diese Faktoren, angesichts der massiven Lufthoheit der türkischen Armee, erklären teilweise, warum es so scheint, als wäre das Stadtzentrum Afrins von türkisch gestützten Kräften mit relativem Minimalaufwand am Sonntag, dem 18. März, eingenommen worden.

In den südöstlichen Kurdengebieten der Türkei brachen so weit keine beträchtlichen Reaktionen auf der Straße gegen die Invasion aus, im Gegensatz zu den Massenprotesten und Aufständen, die zur Zeit des IS-Angriffs auf Kobane 2014 stattfanden. Dies zeugt vom erdrückenden Staatsterror genauso wie der Verzweiflung , die in der kurdischen Bevölkerung in diesen Gebieten existiert, die noch immer den brutalen, vom Regime angeordneten Krieg 2015-2016 verarbeiten müssen.

Die internationale ArbeiterInnenbewegung muss sich dem Angriff des türkischen Regimes und der Besetzung Afrins entgegenstellen, um das Recht der Selbstbestimmung von KurdInnen aufrecht zu erhalten. Entscheidend ist, dass die kriegstreiberische Politik enorme Kosten für die in der Türkei lebenden ArbeiterInnen und Arme mit sich bringen wird, geschweige denn der Tatsache, dass solche militärischen Abenteuer finanziell auf die Schultern der türkischen SteuerzahlerInnen geladen werden.

In der Türkei sind Grenzstädte Ziele von Vergeltungsraketen seitens der YPG gewesen, was den Tod von ZivilistInnen zur Folge hatte. Die „Operation Olivenzweig“ streut noch zusätzliches Salz in die offenen Wunden ethnischer Spaltungen des Landes und gibt einen Vorwand für weitere anti-demokratische Maßnahmen, was den Machthabern und Bossen dabei helfen wird, die ArbeiterInnenklasse noch mundtoter zu machen. Im Jänner wurden 11 Mitglieder des Zentralrates der türkischen Medizinervereinigung wegen eines Statements gegen den Krieg mit dem Titel „Krieg ist eine Sache der öffentlichen Gesundheit“ , als „Terroristenliebhaber“ bezeichnet und verhaftet.

Die „Gute Partei“ und die Notwendigkeit einer Alternative für die ArbeiterInnenklasse

Erdogans impulsive, außenpolitische Entscheidungen und sein zunehmend größenwahnsinniger Weg der Herrschaft, schafft auch Unbehagen unter Teilen der Kapitalistenklasse, sowohl in der Türkei als auch international. Natürlich hatten sie nie ein Problem mit dem Bekenntnis der AKP zum Neoliberalismus, genauso wenig wie mit der blutrünstigen türkischen Staatsmaschinerie, zumindest solange sie effektiv dazu beiträgt, die Massen in Schach zu halten und sich als förderlich erweist, um Profite zu machen. Allerdings befürchten Manche nun, dass die Vorgehensweise des Präsidentendiktator das Land an den Rand sozialer Implosion oder des Bürgerkriegs führt.

Die Säuberungen der Regierung betrafen nicht nur Linke, GewerkschafterInnen und kurdische AktivistInnen. Sie wandten sich ebenfalls gegen einen Teil der ökonomischen Elite des Landes, um auf diesem Wege die Position einer handvoll regierungsnaher Unternehmen im inneren Kreis des Regimes zu konsolidieren. Hunderte von Firmen und Milliarden an Kapital wurden also beschlagnahmt und an Erdogan-freundliche Oligarchen übergeben.

Der Mangel an unternehmensfreundlichen Alternativen machte Erdogan zu einem „notwendigen Übel“, an das sich westliche Großunternehmen und Teile der kapitalistische Elite anzupassen hatten. Eine solche Alternative strebt auch die neugegründete IYI („Die gute Partei“) an. IYI wurde von Meral Aksener, einer Ex-Innenministerin und von der MHP abgespaltenem Politikerin, gegründet (letztere haben sich bei den nächsten Wahlen zum Parlament als Beiwagen an die AKP angeschlossen, da sie Angst hatten, an der 10% Hürde zu scheitern).

Die „Gute Partei“ versucht sich selbst als frisches Pferd, auf das die herrschende Klasse wetten kann, zu positionieren – als Vorbereitung auf die politische Situation nach Erdogan. Sie verspricht die geschädigten Beziehungen mit dem Westen wiederherzustellen, während sie versucht Wahlstimmen desillusionierter ArbeiterInnen, junger Leuten und Frauen, die kein Vertrauen in die AKP mehr haben, zu fangen.

So wie sich die Eliten auf die Zukunft vorbereiten, so sollten es auch ArbeiterInnen und Jugendliche tun. Trotz ihrer Rhetorik zu Gunsten der Armen, repräsentieren die CHP und die „Gute Partei“ nicht die Interessen der ArbeiterInnenklasse und unterdrückter Schichten. Zwar lehnen sie bestimmte Aspekte der AKP Politik ab, doch diese Parteien stimmen in ihrer pro-kapitalistischen Natur überein und heißen beide die mörderische Operation gegen Afrin gut.

Zur Zeit muss die Linke gegen den Strom von Nationalismus und Repression anschwimmen. Dabei wird die zunehmende Verbitterung sich mit der sich verschlechternden wirtschaftlichen, politischen und sozialen Situation nicht dauerhaft in Ruhe äußern, sondern im Gegenteil: Stürmische Zeiten werden dem AKP Regime bevorstehen. Der Charakter, den das künftige politische Geschehen in der Türkei annehmen wird, wird stark von der Fähigkeit der Linken abhängen sich selbst wieder zu einem glaubhaften Anziehungspol für Schichten, die gegen das derzeitige System in Aktion treten wollen, zu machen.

Die Verteidigung demokratischer und gewerkschaftlicher Rechte, die Freilassung politischer Gefangener, sowie die Rücknahme unfairer Entlassungen, der Kampf gegen Krieg und Staatsterror an KurdInnen und anderen Minderheiten sind wichtige Schlachtfelder für eine künftige vereinigte Front. Eine Front, die kurdische und türkische linke Organisationen miteinbezieht, ebenso wie kämpferische GewerkschafterInnen, AktivistInnen sozialer Bewegungen und HDP-UnterstützerInnen. Das kann die Bedingungen für den Wiederaufbau einer linken Massenbewegung schaffen, die für eine vereinigte ArbeiterInnenbewegung eintritt, welche nicht nur das bestehende Regime herausfordert, sondern die Herrschaft des Kapitals in der Türkei und der ganzen Region.

Während sie sich für so eine Bewegung einsetzen, wird Sosyalist Alternatif ein entschlossenes sozialistisches Programm nach vorne stellen; mit dem Ziel die Ressourcen der Türkei und der Region in öffentliches Eigentum zu überführen und die Wirtschaft demokratisch zu planen und es KurdInnen endlich zu ermöglichen selbständig und frei über ihre Zukunft zu entscheiden.