Di 21.01.2025
Die Nachricht über ein Waffenstillstandsabkommen wurde mit einem Ausbruch an Freunde nicht nur in Gaza, sondern auch in der Westbank und vielen Straßen weltweit gefeiert. Nach 471 Tagen Genozid und unerträglichem Leid endlich ein Hoffnungsschimmer. Es ist unvorstellbar, was die Menschen in Gaza in den 1,5 Jahren - unter Duldung des westlichen Imperialismus, unter anderem der österreichischen Bundesregierung - durchgemacht haben. Die Bilder von jubelnden Menschen in Gaza sind auch ein Symbol für die Widerstandskraft der palästinensischen Bevölkerung, die nach über 12.000 Bomben (Stand Anfang Dezember), die auf sie einschlugen, nicht aufgegeben haben. Hunderte palästinensische Verschleppte werden freikommen, die oft ohne Gerichtsurteil in israelische Foltergefängnisse geworfen werden, genauso wie die verbliebenen zivilen israelischen Geiseln. Obwohl gleichzeitig tausende - darunter viele Minderjährige in den israelischen Gefangenenlagern bleiben werden und es erste Berichte gibt laut denen, dass das Besatzungsregime schon damit beginnt willkürlich neue Palästinenser*innen aus der Westbank in Lager zu verschleppen.
Besonders bitter an der aktuellen Situation ist, dass es sich bei dem angenommenen Deal um fast genau denselben handelt, der schon vor rund 8 Monaten auf dem Tisch lag. Aber Biden weigerte sich damals, Druck auf Netanjahu auszuüben, um ihn zu einer Annahme des Deals zu zwingen. Zehntausende Tote, Verwundete und Traumatisierte gehen damit direkt auf das Konto von Biden und allen anderen westlichen Mächten. Der internationalen Solidaritätsbewegung ist es zu verdanken, dass der Druck und die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem Genozid aufrecht erhalten wurde. Beides hat wahrscheinlich auch dazu beigetragen, dass Trump Druck in Richtung eines Deals gemacht hat.
Die Feiern über den Waffenstillstand wurden auch schon von der Fortsetzung der israelischen Bombardierung überschattet. Zwischen Verlautbarung und Inkrafttreten des Waffenstillstandes ermordete die israelische Kriegsmaschinerie dutzende Menschen, darunter zahlreiche Kinder. Netanjahu hat den Deal sogar kurzzeitig wieder in Frage gestellt und die israelische Rechte mobilisiert bereits gegen den Deal. In der Westbank kommt es zu Pogromen rechtsextremer Siedler*innen. Der Finanzminister Smotrich kommentiert: “jetzt ist es Zeit mit aller Kraft weiterzumachen, den Streifen zu besetzen und zu reinigen und alle Schleusen der Hölle über Gaza zu öffnen bis Hamas komplett kapituliert und alle Geiseln zurück sind”. Und es ist keineswegs sicher, dass auf die erste Phase des Waffenstillstandes tatsächlich ein permanenter Waffenstillstand folgt. Das israelische Regime hat weiter das Ziel die Hamas zu zerstören und auch Trumps Aussagen rund um die Angelobung in denen er bezweifelt, dass der Waffenstillstand halten wird, deuten darauf hin, dass das israelische Besatzungsregime eine Wiederaufnahme des Genozids plant.
Heute Dienstag startete die israelische Armee die Operation “Iron Wall” im Westjordanland mit mehreren Todesopfern unter der palästinensischen Zivilbevölkerung. Das bestätigt nur die Spekulationen, dass Trump Netanjahu als Austausch für den Deal weitgehende Zugeständnisse bezüglich der Westbank gemacht hat.
Umso wichtiger ist es unseren Widerstand jetzt nicht aufzugeben. Es wird den Ausbau von internationalem Druck und den Aufbau einer Bewegung nicht nur gegen den Genozid, sondern auch gegen Besatzung und Apartheid brauchen um einen langfristigen Waffenstillstand und das Ende palästinensischer Unterdrückung, sowie die Befreiung Palästinas, zu erkämpfen. Weltweit - und auch in Österreich - hat der israelische Genozid, den alle online verfolgen konnten - einer neuen Generation das Außmaß an imperialistischer Ungerechtigkeit und Unterdrückung der palästinesischen Bevölkerung gezeigt. Jedes einzelne Opfer mahnt uns dazu, nicht wieder zum Status Quo zurückzukehren. Auch Aktivist*innen und die Proteste in Israel stehen jetzt vor einem Scheidepunkt: Entweder kämpfen Aktivist*innen auf israelischer Seite auch jenseits des Geiseldeals für einen permanenten Waffenstillstand und ein Ende von Besatzung und nationaler Unterdrückung als einzige Grundlage, um langfristig Frieden, Sicherheit und Wohlstand für alle zu erreichen. Oder man akzeptiert weiter den tagtäglichen Terror des Besatzungsregimes.
Gerade in Österreich war die Bewegung nicht dazu in der Lage, entscheidenden Druck auf Regierung und Konzerne aufzubauen. Vor allem auch, weil eine großer Teil der Linken sich passiv verhalten hat oder sogar, wie im Fall der ÖH und anderer Teile der Linken, sich auf die Seite des israelischen Staates gestellt haben. Nie wieder dürfen wir Strukturen in unseren Reihen akzeptieren, für die palästinensische Leben nichts wert sind. Wir haben jetzt den Auftrag, weiter Druck für einen permanenten Waffenstillstand aufzubauen und gleichzeitig eine langfristige Palästina-solidarische Bewegung in der österreichischen Linken, feministischen und Gewerkschaftsbewegung zu verankern. Das wird auch im Kampf gegen den anti-muslimischen und anti-arabischen Rassismus von FPÖVP von zentraler Bedeutung sein.