Kollektivverträge unter Beschuss

Was fehlt, ist eine konsequente und nachhaltige Kampfstrategie gegen die Angriffe auf die Kollektivverträge.
Jan Millonig

Während die Gewerkschaftsspitzen immer noch auf Sozialpartnerschaft schwören, haben sich die Wirtschaftsbosse längst davon verabschiedet. Kollektivverträge (KV) werden zunehmend zu einer Beschränkung für ihre Profite in der sich zuspitzenden Konkurrenz am kapitalistischen Markt. Vom „Aufschwung“ ist hier nichts zu spüren, im Gegenteil: Industriellenvereinigung, ÖVP und FPÖ sind in der Offensive gegen ArbeitnehmerInnenrechte.

Schwarz-Blau hätt’s gern individueller, zwischen den einzelnen ArbeitnehmerInnen und ihren Chefs und weniger „zentrale Kollektivverträge“ (so im Regierungsprogramm). Doch alleine ist man viel eher der Unternehmerwillkür ausgeliefert als durch eine gemeinsame Vertretung, die für eine ganze Branche verhandelt und nicht nur einzelne Betriebe.

Mit „KV-Flucht“ bzw. der Aushöhlung von KV sind wir in immer mehr Branchen konfrontiert: Die Drucker stehen seit einem Jahr im Arbeitskampf um einen KV, nachdem ihr Arbeitgeberverband diesen 2016 aufkündigte. Im Marketingbereich streben die (grün dominierten) Arbeitgeber ein Ende des KV in der jetzigen Form an. Obwohl nach diesem KV jetzt schon schlecht bezahlt wird und ihn viele branchenfremde Unternehmen deswegen gerne anwenden, soll auch diese letzte Absicherung weg.

Die Gewerkschaft muss für KVs kämpfen, die diesen Namen auch verdienen, statt einen fatalen Deal nach dem anderen einzugehen. Wenn die (SPÖ-dominierte) Gewerkschaftsbürokratie weiter im Sinne „des Wirtschaftsstandortes“ verhandelt, werden die Bosse immer am längeren Hebel sitzen. Arbeitskämpfe, Streiks und eine konsequente Strategie bringen Erfolge, alles andere Verluste, das zeigt die Erfahrung.

Als vor sechs Jahren das AUA-Flugpersonal in die billigere Tochter Tyrolean verschoben wurde, entschied der Europäische Gerichtshof zwar für den ursprünglichen KV, doch unter dem Druck der Insolvenz akzeptierte der Betriebsrat einen deutlich schlechteren. Jetzt kämpfen die KollegInnen für einen KV, von dem man auch leben kann. Streiks sind ihre Antwort auf die aktuellen Rekordgewinne der AUA.

Erscheint in Zeitungsausgabe: