Kein Friede in Sri Lanka

Verlängerung des Notstands und rassistische Pogrome
Franz Neuhold

Von 1983 bis heute, unterbrochen nur von kurzen Pausen, befand sich Sri Lanka im BürgerInnenkrieg. Nach den SinghalesInnen stellen die tamilisch sprechenden Menschen die größte Minderheit dar (17 % von 21 Millionen). Ihnen werden seit Jahrzehnten grundlegende demokratische Rechte vorenthalten. Derzeit sind über 250.000 Flüchtlinge von Mangel an Nahrung und medizinischer Versorgung bedroht, während rassistische Pogrombanden TamilInnen ermorden. Gleichzeitig hält das Parlament die quasi-diktatorischen Notstands-Gesetze aufrecht.

Pogrome mit staatlicher Duldung

In der Schlussphase des Krieges ging die Armee mit schwerer Artillerie auch gegen zivile Bereiche vor. So sind in manchen Dörfern über 90 Prozent der tamilischen Häuser zerstört worden. Die Militärpolitik der Regierung unter Präsident Rajapakse wird nun von chauvinistischen Banden fortgesetzt. Der parlamentarische Fraktionsführer der Tamil National Alliance, Mr. Sampanthan, spricht offen von “ethnischen Säuberungen”. Berichten der BBC zufolge waren Anfang Juni lediglich 2000 von über einer Viertel Million Flüchtlingen in ihre Dörfer zurückgekehrt. Die Regierung stellt sich oftmals mit dem Vorwand von möglichen “Verbindungen zu Terroristen” gegen eine Rückkehr von tamilischen Familien. Als Folge von Morden und Entführungen fliehen TamilInnen aus vielen Dörfern und verkaufen panikartig und weit unter Wert Land und Häuser an SinghalesInnen.

Nächste Krise vorprogrammiert

Der Krieg hat nicht zur Vereinigung der Insel geführt, sondern den Hass und die Spaltung vergrößert. Die Regierung wird die extrem hohen Kriegskosten der letzten 26 Jahre (täglich fünf Millionen Euro) allen ArbeiterInnen und armen Menschen in Rechnung stellen. Die Inflation bei den Lebensmittel-Preisen beträgt bis zu 30 %. In der Endphase des Krieges kam es überdies zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit im Privat- und öffentlichen Sektor. Ein geplanter IWF-Kredit über $ 1,9 Mrd. ist an eine Währungsabwertung von 50 % gebunden, was die Lebenshaltungskosten weiter nach oben treiben wird.
Spielball von Kapitalinteressen
Die UNO-Generalversammlung hat das heiße Thema des BürgerInnenkriegs noch nie angefasst, da wesentliche Kräfte wie die russische, chinesische und indische Führung nicht daran interessiert sind. Sri Lankas Regierung erhält verstärkt von sowohl Indien als auch China finanzielle und militärische Hilfe. Dies erklärt sich daraus, dass das Kapital schon in Wartestellung ist, um in den Wiederaufbau zu investieren. Die indischen Fahrzeughersteller Ashok Layland und Tata Mercedes verfügen bereits jetzt über ein quasi-Monopol bei Schwerfahrzeugen, während sich die Indian Oil Corporation den strategisch bedeutenden (Tiefsee-)Hafen von Trincomalee greift.

Lebensgefahr für SozialistInnen

Es kursieren Mordlisten von rassistischen Banden, die gegen NGO-AktivistInnen sowie indische und sri lankesische bzw. tamilische PolitikerInnen gerichtet sind. Darunter ist Siritunga Jayasuriya, Sekretär der United Socialist Party (USP), Schwesterpartei der SLP. Die USP kämpft seit langem für eine Einheit von singhalesischen, tamilischen und muslimischen ArbeiterInnen. Gleichzeitig verteidigt sie das Recht auf Selbstbestimmung von TamilInnen. Diese grundsätzliche Position hat die USP jedoch nie dazu geführt, sich mit Kritik an der Politik und den oftmals falschen Methoden der LTTE (tamilische Rebellenorganisation) zurückzuhalten.
Siritunga dazu in einer Erklärung: “Wir werden durch Todesdrohungen und Angriffe nicht zum Schweigen gebracht werden. Die singhalesischen ArbeiterInnen und armen Menschen, die heute feiern, stellen sich vor, dass der Frieden Wohlstand und ein besseres Leben für sie bringen wird. Wir erwarten, dass sie nicht nur mehr leiden müssen aufgrund der Kriegs-Verschuldung der Regierung and der kapitalistischen Krise, sondern auch, dass die Notstands-Gesetze gegen all jene eingesetzt werden, die versuchen, Streiks oder soziale Proteste zu organisieren.” Eine erste Regung des Widerstands ist bereits wahrzunehmen: am 10. Juni demonstrierten über 1.000 Menschen gegen die Unterdrückung der Pressefreiheit. Organisiert wurde die Demo von Gewerkschaften, der USP und anderen Oppositionsparteien.

  • Spenden zum Schutz der USP-AktivistInnen vor Übergriffen können an die SLP gerichtet werden (PSK 8812.733 – Verwendungszweck Sri Lanka). Wir garantieren die vollständige Übermittlung ohne irgendwelche Abzüge.
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