Hongkong: Test für Demokratiebewegung

Nur eine Massenbewegung in ganz China kann die Ein-Parteien-Diktatur besiegen.
Sally Tang Mei-Ching, Socialist Action (CWI in Hong Kong)

Am 31.8. beschloss die chinesische Regierung neue restriktive Regeln für die kommenden Wahlen in Hongkong (HK). Die Bestimmung war vom Komitee des Nationalen Volkskongresses (NCP) erlassen worden – ein undemokratisches Scheinparlament, das durch die Ein-Parteiendiktatur der KP China (CCP) kontrolliert wird. Es wird nun zu einem Nominierungskomitee, das wie im Iran nur pro-Regime-Marionetten zulassen wird. Das ist ein elitärer Körper von 1.200 MillionärInnen, die der 1-Parteien Diktatur huldigen. Dieses Modell gibt der CCP 100 % Kontrolle.

Der Erlass hat große Wut in HK ausgelöst und wurde mit Massenprotesten mit mehr als einer halben Million Menschen beantwortet. SchülerInnen bereiten sich auf einen einwöchigen Streik vor und es gibt Pläne für eine Besetzung des Stadtzentrums durch „Occupy Central“ (OC). Die Menschen sind frustriert, weil der Kampf für das allgemeine Wahlrecht sich schon seit 30 Jahren zieht. Seit 1997 ist HK offiziell autonome Region Chinas mit eigener Währung, Rechtssystem und Finanzsystem. Die CCP ist beunruhigt über die „Protestkultur“ Hongkongs und möchte demokratische Rechte einschränken. Das steht im Gegensatz zu der Hoffnung Vieler auf mehr Demokratie. Die CCP ist alles andere als kommunistisch, sondern hat seit Deng Xiaopings Aufstieg in den späten 70ern zunehmend pro-kapitalistische Reformen eingeführt und das (zwar bürokratisch und stalinistisch verzerrte) Planwirtschaftsmodell der Mao-Ära fallen gelassen. Die heutige CCP wird von machtvollen Finanz- und Wirtschaftsclans um die Führungsfiguren und ihre Familien geführt. Das Vermögen von Präsident Xi Jinpings Familie beläuft sich laut Bloomberg auf 370 Mio Dollar. China ist eine besondere Form von Staatskapitalismus: Der Staat spielt noch eine Schlüsselrolle in der Wirtschaft, aber zunehmend entlang kapitalistischer Linien. In HK zieht die CCP die Schrauben immer stärker an. Die Polizei geht schärfer gegen Proteste vor und es gibt mehr Medienkontrollen und Kontrolle über das politische System. Die CCP will durch Massendruck erkämpfte demokratische Zugeständnisse zurücknehmen.

Die UnterstützerInnen des CWI sind in China, Taiwan und als Socialist Action in HK aktiv. Socialist Action ist Teil der Demokratiebewegung, unterstützt Arbeitskämpfe und den Kampf für Asyl- und MigrantInnenrechte. Wir unterstützen die Initiativen für Massenkämpfe, wie den Schulstreik, den wir als erste vorgeschlagen haben. Wir unterstützen Occupy Central und die Idee von Besetzungen.

Aber es gibt große Schwächen in der Strategie der Pro-Demokratie-Führung (Pan-Demokraten). Sie setzen auf Verhandlungen und Kompromisse mit dem Regime. Doch die Diktatur muss die volle Kontrolle behalten. Peking kann zwar Zugeständnisse machen, wenn es genug Massendruck spürt. Aber sie werden nur so weit gehen, das ihre Macht und Kontrolle nicht unterminiert wird. Wenn sie „Eine Person – eine Stimme“ zulassen, könnte jemand gewählt werden, den sie nicht kontrollieren können. Unter Druck einer Massenbewegung könnte diese neue Führung in Konflikt mit China geraten, was wiederum in China eine Kettenreaktion auslösen könnte, in der die Menschen offen die Diktatur herausfordern. Es wird daher keine demokratischen Wahlen unter dieser Diktatur geben. Was es braucht sind Massenkämpfe, um das Einparteiensystem zu beenden. Der Kampf in HK kann ein Katalysator sein, muss sich mit den Massen in China selbst verbünden. Daher betonen wir, dass Occupy Central nur ein Sprungbrett für eine weitere Eskalation in HK wie auch für einen Appell an die chinesischen Massen sein kann. Die zentrale Aufgabe nun ist es, den Kampf von unten und demokratisch aufzubauen, Streikkomitees in den Schulen zu gründen und sich auf die Betriebe auszuweiten.

Als SozialistInnen kämpfen wir für jede demokratische Reform, auch wenn sie beschränkt ist, weil sie die ArbeiterInnenklasse im Kampf für ihre Rechte stärkt. Wir unterstützen die Forderung nach „Öffentlicher Nominierung", auch wenn sie nicht weit genug geht. Wir sind die einzige Organisation, die fordert, dass das Nominierungskomitee abgeschafft wird. Aber selbst das ermöglicht nicht volle Demokratie. Die pandemokratische Führung fordert ein System, das „internationalen Standards“ entspricht. Wir erklären, dass die Wahlsysteme in Europa und den USA nicht demokratisch sind, weil sie von den Pro-Sparpolitik Parteien der KapitalistInnen dominiert werden. Für SozialistInnen sind der Schlüssel für Veränderung die ArbeiterInnen. Wir führen in HK eine Kampagne für eine unabhängige Partei der ArbeiterInnenklasse, die revolutionäre Forderungen mit der Notwendigkeit, mit dem Kapitalismus zu brechen, verbindet. In China müssen die pro-kapitalistischen Reformen zurückgenommen werden. Das aktuelle Scheinparlament in HK muss durch eine echte, demokratische Versammlung der ArbeiterInnenklasse ersetzt werden. Diese hat auch die Macht, die großen Unternehmen und Banken zu übernehmen, die Löhne und vor allem den Mindestlohn anzuheben und die Investitionen in Gesundheit und öffentliche Dienstleistungen zu erhöhen. Das hätte ein enormes Echo unter ArbeiterInnen in China – und wenn das passiert, sind die Tage der Ein-Parteien-Diktatur gezählt.

http://www.socialism.hk/

 

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