Das Umweltdesaster in Ungarn

“Die Schäden belaufen sich auf mindestens 30 Millionen Euro – die beiden Hauptaktionäre der MÁL besitzen zusammen ein Vermögen von 145 Millionen Euro”
Konstantin Schmied aus Budapest

Gekürzte Fassung eines Artikels von Konstantin Schmied aus Budapest
Am Montag den 4. Oktober ereignete sich in Ungarn einer der größten Industrieunfälle der Menschheitsgeschichte. Durch unsachgemäße Lagerung von giftigen Abfallprodukten in einem der größten Aluminiumwerke (MAL) wurden knapp eine Million Kubikmeter Rotschlamm freigesetzt.
Der hochgiftige Schlamm, der laut Greenpeace einen extrem hohen Gehalt an Arsen und Quecksilber sowie Blei und Cadmium aufweist, wurde „nahezu bedenkenlos unter freiem Himmel gelagert”. Durch einen Dammbruch des Lagerungsbeckens gelangte das Chemikaliengemisch in die Umwelt. Das Unternehmen behauptete, dass der Schlamm ungiftig sei. Nichtsdestotrotz ordneten die ungarischen Umweltbehörden die Evakuierung der ersten 800 DorfbewohnerInnen an. Zehn Menschen sind bisher gestorben.

Umweltschutz im Kapitalismus?

Dem Unternehmen ging es wenig um Umweltschutz, sondern um die Maximierung ihrer Profite. Laut Internetseite der Firma ist ihr hauptsächliches Ziel die Aluminium-Marktführerschaft in Zentraleuropa. Dieses Ziel wurde rücksichtslos verfolgt. MAL und andere Industrieverbände verhinderten bisher, dass strengere Umweltschutzgesetze eingeführt werden konnten. Es genügte in Ungarn, eine derartige Produktionsanlage mit 100.000.000 Forint (ca. 35.000 EUR) gegen (Umwelt-)Schäden aller Art zu versichern.

Welche Hilfe ist von der Orban-Regierung zu erwarten?

Die Schuld an dem Unglück lag laut Ministerpräsident Orban weder bei der Regierung noch beim Unternehmen. Er führte es auf „menschliches Versagen” zurück. Mit dieser Äußerung schob er die Verantwortung auf die ArbeiterInnen dieser Fabrik ab. Inzwischen solidarisieren sich die ersten ArbeiterInnen mit den betroffenen BewohnerInnen und helfen bei der Errichtung weiterer Schutzdeiche und unterstützen die HelferInnen beim Wegräumen des Giftschlammes. Die Regierung versucht nach wie vor das Ausmaß der Katastrophe zu verharmlosen.

Wer werden die VerliererInnen sein?

Weite Teile des verseuchten Gebietes sind unbewohnbar geworden. Laut Greenpeace wird Landwirtschaft auf dem vierzig Quadratkilometer großen Gebiet für Jahrzehnte nicht möglich sein. Wenn der Schlamm trocknet oder ein weiterer Damm bricht, können weitere Gebiete verseucht werden. Die Firma bat derweil den Betroffenen eine lächerliche Entschädigung von 400 Euro an.

Was tun gegen die Sauerei?

Während des stalinistischen Regimes wurden riesige Aluminiumwerke gebaut. Auf die Natur und die Menschen wurde dabei keine Rücksicht genommen. Nach der Privatisierung des großen Aluminiumtrustes in den 1990er Jahren zählten nur mehr Profite, andernfalls wäre es nicht zu diesem Desaster gekommen.
Der beste Weg, die Umwelt zu schützen ist eine Gesellschaft, in der es nicht um Profitmaximierung auf Kosten der Umwelt geht, sondern in der Entscheidungen demokratisch und unter Beteiligung aller Betroffenen getroffen werden. Deshalb fordern wir, Betriebe unter demokratische Selbstverwaltung der dort arbeitenden Menschen zu stellen. Dieses Ziel kann nur in einer echten demokratischen sozialistischen Gesellschaft verwirklicht werden.

Erscheint in Zeitungsausgabe: