Öffistreik = Klimastreik

von Jan Millonig

 „Wir sind stolz auf euch, dass ihr eure Arbeitsbedingungen vertretet und stehen bleibt! Auch wir sind froh, dass wir jetzt endlich die Klimabewegung auf unserer Seite haben.”, so grüßt eine Postbus-Betriebsrätin von der Initiative #wirfahrengemeinsam.at die deutsche Vorbildkampagne #wirfahrenzusammen. Das Bündnis zwischen „Fridays for Future“ und der deutsche Gewerkschaft ver.di anlässlich der Tarifverhandlungen [Kollektivverträge] im Nahverkehr ist tatsächlich eine erfreuliche und längst überfällige Entwicklung.

Zu Redaktionsschluss stand der gemeinsame Klimastreik am 1. März noch vor uns. Doch bereits Anfang Februar fanden erste Aktionen dieser Art in Deutschland statt. Der Bereich umfasst rund 90.000 Beschäftigte, doch bräuchte bis 2030 doppelt so viele, um die (ohnehin zu niedrigen) Klimaziele zu erreichen. „Fridays for Future“ hat erkannt, dass das nur mit besseren Arbeitsbedingungen geht. Denn auch dieser Bereich leidet unter massivem Personalmangel. Sie verlangen 100 Milliarden Euro für den öffentlichen Verkehr und fordern damit die Ampel-Regierung heraus. 

Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will!

Die Kampagne zeigt aber auch etwas Grundlegendes auf: Wir müssen als Arbeiter*innen selbst für Veränderung kämpfen und haben mit echten Streiks, also Arbeitsniederlegungen, ein wirksames Druckmittel dafür. So ist es auch kein Zufall, dass dieser Schulterschluss in Deutschland seinen Ursprung genommen hat, wo wir in den letzten Jahren mehrere große Streikwellen in der Pflege, bei Erzieher*innen und im öffentlichen Verkehr sahen. Bei Treffen der Initiative sprechen deshalb auch Aktivist*innen von ebendiesen Kämpfen, um ihre Erfahrungen zu teilen.

Dabei werden „instinktiv" die Kämpfe zur Rettung des Planeten, gegen den Rechtsruck und für Soziales verbunden. So heißt es in einem Video z.B.: „Wir brauchen eine Klimabewegung, die die Sorgen am Ende des Monats mit den Sorgen um das Ende der Welt verbindet.“

Wenn Klimaaktivist*innen, Busfahrer*innen, Pfleger*innen und Antifaschist*innen gemeinsam „Wir halten zusammen!“ in die Kamera rufen, dann ist das nichts anderes als ein grundlegendes Klassenbewusstsein, also die Erkenntnis, dass wir – die arbeitende Mehrheit – ein gemeinsames Interesse an guten Lebensbedingungen haben und dieses gemeinsam gegen die Herrschenden durchsetzen müssen.

Die Forderungen bleiben jedoch immer noch recht vage. So könnte z.B. eine klare Forderung nach “gratis Öffis für alle” die Logik des Profitsystems herausfordern. Denn was der Klimabewegung noch fehlt, ist eine klare Ansage was der „System Change“ bedeuten würde und müsste. Denn Profitinteressen, “freier Markt” und Expansionsdruck - kurz Kapitalismus - stehen grundsätzlich im Widerspruch zur notwendigen Planung der Ressourcen und des Verkehrs zum Wohle aller.

KlimaSTREIKS auch in Österreich organisieren!

Auch in Österreich haben sich die Gewerkschaft vida, “System Change Not Climate Change” und „Fridays for Future“ im Bündnis #wirfahrengemeinsam.at zusammengefunden. Doch aufgrund der zersplitterten Kollektivverträge in Österreich – eine Situation, die sich die Gewerkschaften leider selbst eingebrockt haben – hat diese einen weniger umfassenden Charakter und beschränkt sich zurzeit auf private Busunternehmen; obwohl dieselbe Gewerkschaft auch für die Eisenbahner*innen zuständig ist, wo es bereits beim Bahnstreik 2022 Solidaritätsaktionen von „Fridays for Future“ gegeben hat. Doch genau in diese Richtung sollten wir auch in Österreich hin zu den nächsten KV-Verhandlungen im Herbst arbeiten. Damit auch hierzulande bald Tausende streikende Beschäftigte die Klimademos mit roten Fahnen schmücken.

 

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