Die Klimakrise und die Arbeiter*innenbewegung

Wer sitzt aller in diesem Boot?
von Till Ruster

Klimadebatten in den Medien drehen sich fast immer nur um Fliegen, Autos oder Fleisch. Es geht immer darum, was “Du” tun oder lassen sollst. Dabei ist die größte und wichtigste Stellschraube die Produktion, auf die kaum eine Einzelperson Einfluss hat. Hier wird der Großteil der Energie verbraucht und ein großer Teil der Treibhausgase ausgestoßen. Die Antwort auf die Klimakrise muss eine gewaltige Umstellung der Produktion sein, alle anderen Maßnahmen sind eher Begleitmusik.

Davon sind vor allem Arbeiter*innen betroffen. Es geht um Veränderungen an Millionen Arbeitsplätzen, den Umbau von Industriezweigen und den Aufbau von ganz Neuen. Viele Konzerne gaukeln einen Umbau vor, indem sie Pseudo-Lösungen präsentieren, die nichts ändern (“Greenwashing”). Das zeigen auch absurde Irrwege wie “E-SUVs”. Krieg, Krise und Inflation haben nun selbst diese homöopathischen Initiativen zugunsten des alten fossilen Kapitals zurückgedrängt (siehe S.7). Kurzfristige Profite werden immer wichtiger sein als die Folgen. Selbst dort, wo nicht rein zum Schein umgestellt wird, interessieren sie die Interessen von Arbeiter*innen, z.B. nach einem sicheren Arbeitsplatz, überhaupt nicht. Damit beschwören sie einen scheinbaren Konflikt zwischen Beschäftigten und Klima. Die Umstellung der Produktion liegt in den falschen Händen, so kann es nicht funktionieren. Diese Aufgabe können nur die Beschäftigten stemmen, die als Expert*innen für ihre Bereiche alles neu organisieren können. Ja, es geht um eine sozialistische, demokratisch geplante Wirtschaft, aber es geht auch schon jetzt darum, die organisierte Arbeiter*Innenklasse für ihre Rolle bei der Lösung der Krise zu mobilisieren.

Die Arbeiter*innenbewegung muss eine Klimabewegung sein

Derzeit bringt die Klimabewegung keine Millionen mehr auf die Straße, wie das noch vor Corona mit Fridays for Future der Fall war. Viele der damals zentralen Aktivist*innen sind aber trotzdem noch aktiv. Manche sind bei der “Letzten Generation” gelandet, deren Methode wenig zielführend ist. Andere aber haben ihre Strategien verfeinert und wichtige Schlüsse gezogen: Sie erkennen die Bedeutung der Arbeiter*innenbewegung als Bündnispartner*in. Als letzten November die ÖBB streikten, organisierte Fridays for Future Solidaritäts-Aktionen mit den Beschäftigten. Schon als 2020 der Sozialbereich streikte, besuchten Klima-Aktivist*innen Streikversammlungen, um sich solidarisch zu zeigen und zusammen zu diskutieren. Immer wurden die Aktivist*Innen sehr gut aufgenommen: Die Klimakrise ist längst in der Arbeiter*Innenklasse angekommen, die Gewerkschaftsführungen tun aber nichts, als grün zu blinken. Seit Jahrzehnten ignorieren sie alles abseits ihrer “Kernthemen” und auch dort setzen sie fast ausschließlich auf “Verhandlungen”, ohne zu kämpfen - Niederlagen sind so vorprogrammiert.

Es ist allerhöchste Zeit, dass die Gewerkschaften sich einmischen und die Kapitalist*Innen davon abhalten, die Erde an die Wand zu fahren. In der Praxis stehen sie aber oft an der Seite der Konzerne - wie in Deutschland, um den Braunkohletagebau zu “retten”. Stattdessen wäre es ihre Aufgabe, wirklich für die Interessen der Beschäftigten zu kämpfen und für Erhalt der Jobs, z.B. als Unternehmen für Wiederaufforstung oder in einer nachhaltigen Energieindustrie zu streiten. Die Seite der Konzerne ist die Verliererseite für die Rettung des Klimas. Gewerkschaften haben dort nichts verloren - an der Seite der Klimabewegung aber alles zu gewinnen!

 

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