Atomkraft – Nein Danke!

Franz Neuhold, Georg Kumer und Karin Wottawa

Bei den letzten Castortransporten in Deutschland haben mit 50.000 TeilnehmerInnen so viele wie noch nie demonstriert. Innerhalb weniger Stunden nach Bekanntwerden der atomaren Katastrophe in Japan kam es weltweit zu den ersten Massenprotesten. Sogar die offizielle Politik sah sich genötigt zu reagieren. Auch in Hongkong, den USA und Japan nehmen die Proteste zu. Millionen Menschen waren und sind in der Anti-AKW-Bewegungen aktiv. Und aktuell gibt es die Chance, eine neue Stärke und Bedeutung zu erlangen.

Bewegung erzwingt Volksabstimmung und Schließung

Die österreichische Politik war (und ist) nicht so atomkritisch, wie sie sich präsentiert. Die ÖVP ebnete bereits in den 60er Jahren den Weg für Kernenergie und beschloss den Bau des AKW Zwentendorf. Die SPÖ führte das Vorhaben weiter. Vorerst waren drei AKWs geplant (Zwentendorf, St. Pölten und St. Andrä in Kärnten, wo der Standort bis heute für Atomkraft gewidmet ist). Auch nach der Volksabstimmung 1978 und der Verabschiedung des Atomsperrgesetzes versucht die SPÖ 1985 (!) einen weiteren Anlauf Zwentendorf in Betrieb zu nehmen.

Die Anti-Atomkraftbewegung umfasste die verschiedensten politischen Lager. Aktive SPÖlerInnen, die Sozialistische Jugend, Gruppen von Studierenden, KünstlerInnen und SozialistInnen außerhalb der SPÖ kämpften gegen das Atomkraftwerk. Sogar Teile des ÖGB stellten sich gegen die offizielle Gewerkschaftslinie und traten gegen das AKW ein. Doch in der aufkommenden „Öko-Bewegung“ gab es auch rechte, teilweise auch ultra-rechte Strömungen. Umweltschutz ist nicht an sich „links“.

Protest alleine reicht nicht – es geht um die Systemfrage

Die Protestformen waren einfallsreich und vielfältig: Infotische, Plakataktionen, Demonstrationen und Tonträger waren nur einige der Mittel, um gegen das Kraftwerk zu kämpfen. Insgesamt entwickelte sich mit der erfolgreichen Protestbewegung das Bewusstsein, durch Widerstand politischen Einfluss nehmen und sich der Logik der Herrschenden widersetzen zu können. Erfolgreich war in Österreich auch die Protestbewegung rund um das geplante Kraftwerk Hainburg.

Aus Öko-Bewegungen sind auch politische Parteien hervorgegangen. Organisationen mit insgesamt Millionen Mitgliedern kämpfen für den Ausstieg aus der Kernenergie. Doch statt weniger, sollen global mehr AKWs gebaut werden. Das zeigt nicht die Nutzlosigkeit, gegen die großen Konzerne zu kämpfen, sondern die Notwendigkeit einer richtigen politischen Herangehensweise und eines entsprechenden Programms.

Denn die Bewegung gegen Zwentendorf kam nur insofern zu ihrem Ziel, als sie die Inbetriebnahme des AKWs verhindert hat. Und doch ist Österreich heute von AKWs umringt und es wird zunehmend Atomstrom „konsumiert“. Der Etappensieg konnte sich nicht ausweiten, weil die Profillogik der Herrschenden nicht in Frage gestellt wurde. Die wichtigsten deutschen Gewerkschaften sind gegen Atomenergie. Würden sie zu einem politischem Streik für den Ausstieg aufrufen,
würde sich das Kräfteverhältnis stark zu Gunsten der Anti-Atom-Bewegung verschieben.
Die Grenzen der Protestbewegungen lagen und liegen in der Verschränkung mit dem Profitsystem und dem Akzeptieren der Grenzen des Kapitalismus. Durch die Profitlogik hervorgerufene Umweltkatastrophen können aber nur verhindert werden, indem das dahinterliegende System abgeschafft wird. Die „Öko“ bzw. Grün-Parteien, die ihre Wurzeln auch in den Anti-AKW-Protesten hatten, stellen diese Profitlogik nicht in Frage. Der deutsche „Atomausstieg“ unter SPD-Grün war nach den Spielregeln der Atomlobby ausgerichtet. Wie jede Partei, die sich der Reform des Kapitalismus verschrieben hat, landeten sie dort, wo sie begonnen hatten, nur ohne Reformismus.

Eine neue Anti-AKW-Bewegung braucht daher ein klar anti-kapitalistisches Programm. Sie muss internationalistisch auftreten und nationalistische und rechte Kräfte aus ihren Reihen verbannen. Und sie muss Teil der ArbeiterInnenbewegung sein und die Kampfformen der ArbeiterInnenklasse einsetzen und nutzen, um den Ausstieg aus der Atomenergie und den Umstieg in saubere Energieformen zu ermöglichen.

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