Keine Profite mit Energieversorgung!

Stefan Brandl

Die Herrschenden erkennen die enorme soziale Sprengkraft der diversen Krisen und versuchen - eher hilflos - gegenzusteuern. Selbst Teile der ÖVP sprechen nun selbst von staatlicher Preiskontrolle.

 

Gewinnabschöpfung statt “Sonderdividenden”

Die aktuellste Forderung ist die nach Reduktion der Strompreiskosten. Die Regierung will damit in erster Linie die Energieversorgung der (Schwer-)Industrie und Wirtschaft für den kommenden Winter garantieren. Die Art, WIE Preiskontrolle gewährleistet wird, ist dabei von Bedeutung: Preiskontrolle alleine heißt noch nicht Preisstopp. Besonders pervers ist der Fall des (teil staatlichen) Verbunds Wien, der einen kleinen Teil der explodierenden Gewinne in Form von Sonderdividende an Aktionär*innen und Teilstreichung der extrem erhöhten Rechnung zurückgibt - und den Rest behält. Für 2022 wird ein Gewinn von mindestens 1.55 Milliarden € erwartet und im ersten Quartal bereits ein Plus von 256% verzeichnet. Die Arbeiter*innenbewegung braucht Zugriff auf alle Geschäftsbücher aller Energiekonzerne, um kontrollieren zu können, wie viel Gewinne tatsächlich gemacht werden. Diese müssen dann vollständig abgeschöpft werden, um Preise sichern zu können.

Der ÖGB präsentiert ein Modell für einen Energiepreis-Deckel für Haushalte. Der Grundbedarf von Haushalten soll jährlich mit 600€ (Strom) bzw. 780€ (Gas) abgedeckt werden. Ausgaben über dem Grundbedarf würden zu Marktpreisen gehandelt werden. Notwendig ist stattdessen die vollständige Kostenübernahme besagten Grundbedarfs; einerseits, um den explodierenden Energiepreisen für Privathaushalte entgegenzuwirken, andererseits weil durch die Inflation sowieso in allen anderen Lebensbereichen gespart werden muss. Können sich Unternehmen das nicht leisten, müssen sie in staatliches Eigentum überführt werden. Das gesellschaftliche Interesse muss ja wohl größer sein als das privatwirtschaftliche.

 

Vergesellschaftung: Verstaatlichung allein reicht nicht

Verstaatlichung allein ist kein Mittel zur “Re-Demokratisierung” der Produktion. Selbst bisher neoliberale Politiker*innen setzen auf Re-Verstaatlichung, wie beim französischen Energiekonzern EDF. In Zeiten der Krise kann der Staat Verstaatlichungen einsetzen, um relevante Infrastruktur besser gewährleisten zu können, um soziale Explosionen zu verhindern, aber v.a. um die heimische Wirtschaft am Laufen zu halten. Trotz Verstaatlichung: Solange für den kapitalistischen Markt und seine Profitlogik produziert wird, werden weiterhin Profite anstelle von Umwelt und Lebensstandard geschützt.

Wir stellen daher die Forderung nach Vergesellschaftung auf. Arbeiter*innen sollen die Kontrolle über die Produktion selbst in die Hand nehmen, um für Nachhaltigkeit und Leistbarkeit sorgen zu können. Schließlich können wir nur über Sachen bestimmen, die wir selbst kontrollieren. Andere Konzepte wie staatliche Subventionierung oder “Energiemarken” greifen nämlich genau diese Profite nicht an, sondern garantieren sie sogar. Durch Steuergelder, die dann woanders fehlen werden, sollen die Profite der Energiekonzerne finanziert werden: Eine Umverteilung von arm nach arm. Folglich kommt es darauf an, WER unsere Preise und Energie kontrolliert - Unternehmen, eine bürgerliche Regierung oder gewählte Vertreter*innen der Arbeiter*innenbewegung?

Und letztlich werfen alle bisher angesprochenen Bereiche Probleme auf, die nicht nationalstaatlich gelöst werden können. Inflation kann nicht auf nationaler Ebene gelöst werden. Preiskontrollen können bestenfalls auf “heimische” Produktion erhoben werden; bei einem Land mit hoher Import- und Exportquote absolut illusorisch. Energie-Unabhängigkeit ist letztlich keine Frage, auf welchen imperialistischen Staat - Russland, den USA oder z.B. Saudi-Arabien - und seine fossilen Rohstoffe man angewiesen ist, sondern wie nachhaltig, sichere und leistbare Energie bezogen bzw. gewonnen werden kann. Internationale Zusammenarbeit zwischen gewählten Vertreter*innen der Arbeiter*innen und eine demokratische Planung der Wirtschaft, inklusive Verkehr und Energie bietet alleinig die Möglichkeit auf leistbares Wohnen, Heizen und einen Ausweg aus allen Krisen.

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