“Wir haben nichts zu verlieren als unsere Kettenverträge!”

Sebastian Kugler, Universitätsassistent, Uni Wien

So lautet das - Karl Marx entnommene - Motto der “Initiative Unterbau”, die sich im November an der Uni Wien gegründet hat. Die Basisinitiative organisiert fakultätsübergreifend wissenschaftliches Personal gegen die Missstände bei den Arbeitsbedingungen: Nicht nur wird ein Großteil des Personals nur schlecht bezahlt und teilzeit beschäftigt (soll dafür aber Vollzeit Leistung erbringen) - die UG-Novelle von 2021 führte den berüchtigten §109 ein, laut dem man nur insgesamt 8 Jahre befristet für eine universitäre Institution arbeiten darf. 80% des wissenschaftlichen Personals bekommen jedoch nur solche befristeten Kettenverträge - im Gegensatz zu nur 6% der bundesweit unselbständig Beschäftigten! Das bedeutet in der Praxis: Nach 8 Jahren Berufsverbot am bisherigen Arbeitsplatz, und: Der Bund ist Vorreiter bei schlechten Beschäftigungsverhältnissen!

Dagegen formiert sich nun Widerstand. “Unterbau” will unbefristete Verträge und bessere Arbeitsbedingungen erkämpfen. Unter diesem System leiden nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Studierenden. So erzählte etwa eine Kollegin bei der von “Unterbau” einberufenen Vollversammlung, ein Professor hätte ihr geraten, “höchstens einen halben Tag pro Woche” mit der Vor- und Nachbereitung der Lehre zu verbringen, und den Rest der Zeit ins akademische Rattenrennen zu investieren - das absurde berufliche Pyramidenspiel, in dem nur das oberste 1% Professor*in werden und der Rest ums Auskommen kämpfen muss. Stattdessen braucht es viel mehr Stellen für Lehrende, um statt Massenabfertigung hochwertige Hochschulbildung zu garantieren.

Viele Kolleg*innen diskutieren nun auch einen kollektiven Eintritt in die Gewerkschaft GÖD - allerdings mit der Forderung, dass diese auch tatsächlich kämpfen soll. Denn nach den Demonstrationen am 30.11. und am 6.12. zum Start der KV-Verhandlungen stehen auch Streiks im Raum. Akademische Beschäftigte in Britannien und Kalifornien haben in diesen Wochen gezeigt, dass Streiks auch hier möglich und effektiv sind; doch sie müssen aktiv und demokratisch organisiert werden, Studierende einbinden und sich mit anderen Teilen des Bildungsbereichs wie Lehrer*innen und Kindergartenpädagog*innen zusammentun - Schichten, die selbst beginnen, sich zu bewegen bzw. schon protestiert haben. In so einer Bewegung darf kein Platz für Konkurrenzideologie und Standesdünkel sein - ein gemeinsamer Bildungsstreik ist notwendig, um den erforderlichen Druck für echte und dringend nötige Verbesserungen aufzubauen!

Unis ausfinanzieren - aber richtig!

1,2 Milliarden Euro fehlen den Unis laut Rektor*innenkonferenz, um den Betrieb in den nächsten zwei Jahren weiterführen zu können. Zweifelsohne muss eine Bildungsbewegung dieses und noch mehr Geld erkämpfen. Doch wenn dies nur der Aufrechterhaltung des Status Quo dient, ist damit nichts gewonnen. Die gesamte akademische Welt ist - insbesondere seit dem Bologna-Prozess - auf gnadenloser Konkurrenz und Profitorientierung aufgebaut: Was im Beruf zählt, ist nicht, wie gut man lehrt oder wie innovativ die Forschung ist, sondern wieviel Geld (“Drittmittel”) man aufstellt. Die Rektorate sind ein zentrales Instrument dieses Systems und stehen nicht an der Seite der Beschäftigten, ebensowenig wie das Bildungsministerium. Geld, das wir erkämpfen, muss mit einer Demokratisierung der autoritären Strukturen im Unibereich und einem Ende des Prinzips der “unternehmerischen Hochschule” verbunden sein. All dies sind Forderungen, die grundlegend an der Profitlogik des Kapitalismus rütteln - und letztlich auch nur umgesetzt werden können, wenn wir dieses System als gesamtes bekämpfen.

 

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