Fr 14.07.2017
Die Ausgangslage
Die kommenden Wahlen werden einen Wendepunkt in der österreichischen Politik darstellen. Das etablierte System befindet sich in einer tiefen Krise. Die ehemaligen Großparteien verabschieden sich von ihren traditionellen Strukturen und setzen auf autoritäre One-Man Selbstdarstellung. Auch „neuere“ Parteien wie die Grünen zeigen Auflösungserscheinungen, das Team Stronach schafft sich konsequenterweise gleich selbst ab.
Die Grundlagen für die Veränderungen in der Parteienlandschaft liegen in der tiefen kapitalistischen Krise. Diese drückt sich auf globaler und europäischer Ebene in immer größerer politischer Instabilität aus. Österreich kann sich diesem Sog nicht entziehen. Auch innerhalb Österreichs verschärfen sich die Widersprüche. Die etablierten Parteien können an wirtschaftliche Krise nicht mehr mit „normalen“ Methoden herangehen – etwa, indem beim WählerInnenklientel einer anderen Partei kürzen und ihr eigenes durch Zuckerl weiter an sich binden. Ihre als „Reformen“ getarnten, immer allgemeineren Kürzungspakete machen sie bei WählerInnen unbeliebt und verkleinern die Chancen gewählt zu werden. Das führt zu einer Lähmung der großen Parteien: sie sind eng mit den staatlichen Strukturen verwoben und können es sich nicht leisten, aus Regierungen oder gar Parlamenten zu fliegen. Gleichzeitig drängen die Unternehmen auf immer offensivere Maßnahmen, um ihre Krise auf den Rücken der Beschäftigten und Arbeitslosen abzuwälzen. Um dem heimischen Kapital Vorteile im immer härteren Kampf am Weltmarkt zu verschaffen, soll bei uns gespart werden. Das parlamentarische Geplänkel der etablierten Parteien wird dabei immer mehr zum Hindernis. ParteistrategInnen von SPÖ und ÖVP mögen die Inszenierungen von Kurz und Kern als clevere Strategien sehen, um ihre Parteien zu retten. Doch tatsächlich sind die beiden Ausdruck einer tiefergreifenden Entwicklung. In der Krise müssen die Interessen des Kapitals und ihre politische Umsetzung direkter miteinander verbunden werden. Banken und Konzerne rufen nach „Machern“ in der Politik. Kern und Kurz fühlen sich ihnen enger verbunden als den Parteiapparaten.
In den letzten Wochen wird es immer klarer, dass sich hinter Sebastian Kurz ein Gruselkabinett aus Industriebossen, BankerInnen und Immobilienmogulen verbirgt. Sie hoffen, nach der Wahl unter Schwarz-Blau einen Generalangriff auf unsere Rechte und Lebensstandards zu starten.
Aber auch eine mögliche Rot-Blaue-Regierung (oder eine andere Kombination) wird verschärfte Angriffe bedeuten. Auch Kern steht für einen offensiven pro-kapitalistischen Kurs, mit etwas netterem Image. Wie schnell dies zerplatzen kann, sehen wir gerade am autoritären Vorgehen des französischen Vorzeigeliberalen Macron. Rot-Blau würde vor Großangriffen auf gut organisierte Schichten der ArbeiterInnenklasse am Anfang wohl eher zurückschrecken – dafür umso mehr versuchen, uns nach rassistischen Kriterien zu spalten und „gute, brave, österreichische Arbeiter“ gegen Arbeitslose, MindestsicherungsbezieherInnen, MigrantInnen und Flüchtlinge aufhetzen. In Sachen staatlicher Rassismus und Repression gegen Flüchtlinge gibt es kaum noch Unterschiede zwischen Kern, Kurz und Strache.
Doch es gibt auch Widerstand gegen diesen kapitalistischen Wahnsinn. Im Gesundheitswesen gab es in den letzten Jahren in der Mehrheit der Bundesländer Proteste. Auch im Bildungswesen rumort es. In der LehrerInnengewerkschaft wird über Streik diskutiert und in Salzburg gingen SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern gegen die Bildungs“reform“ auf die Straße. Frauen lassen sich ihre mühsam erkämpften Rechte, die von einer konservativen Mehrheit bedroht werden, nicht einfach wegnehmen. Das Frauenvolksbegehren kann ein Startschuss für stärkeren und effektiveren Widerstand sein.
Noch immer helfen zehntausende auf freiwilliger Basis Flüchtlingen und kämpfen auch für deren Rechte. Zusätzlich gibt es immer wieder kleinere Bewegungen und Proteste gegen lokale Kürzungen: In Linz gab es Proteste gegen die Schließung von Jugendzentren. In der Steiermark sind Tausende im Widerstand gegen das Murkraftwerk. Angriffe auf Kollektivverträge werden in Zukunft öfter zu Aktionen wie der Stürmung der Wirtschaftskammer durch DruckerInnen in Wien führen.
Warum gibt es keine gemeinsame linke Kandidatur?
Stürmische Zeiten kommen auf uns zu. Nötig wäre daher der Aufbau und die Kandidatur einer neuen ArbeiterInnenpartei mit sozialistischem Programm, die sozialen Kämpfe zusammenführt und so die FPÖ zurückdrängt. Unter „ArbeiterInnen“ verstehen wir alle, die gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um über die Runden zu kommen – also auch Erwerbslose oder Angestellte. Eine ArbeiterInnenpartei wird nicht nur von ArbeiterInnen gewählt. Sie ist die Struktur, in der tausende ArbeiterInnen und Jugendliche demokratisch organisiert politisch aktiv sind. Unter sozialistischem Programm verstehen wir ein Programm, das sich konsequent für gleiche Rechte, gute und sichere Jobs und hochwertiges Wohnen für alle einsetzt. Das bedeutet die kompromisslose Ablehnung des kapitalistischen Kürzungsdiktats – und die Bereitschaft, mit diesem System und seiner Logik zu brechen. Die Entwicklung einer solchen Partei verzögert sich auch aufgrund des niedrigen Levels von Arbeitskämpfen und sozialen Bewegungen.
In der jetzigen Situation wäre ein breites kämpferisches und demokratisches linkes Bündnis wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung. Das würde auch dem Wunsch vieler entsprechen, die „zersplitterte Linke“ an einem Strang ziehen zu sehen. Es könnte Impulse für kommenden Widerstand und auch kommende Organisierung darstellen. Die SLP hat in den letzten Jahren, Monaten und Wochen, in der linken Initiative Aufbruch und darüber hinaus, alles mögliche versucht, dass es auch auf der Wahlebene EIN solches Bündnis von Organisationen, aber v.a. mit AktivistInnen der verschiedenen Bewegungen gibt. Denn viele Menschen sind aktiv, aber nicht in einer Organisation dabei. Eine gemeinsame Kandidatur könnte genau an solch „Unorganisierte“, die in ihrem Bereich aktiv sind, ein Angebot sein, sich auch längerfristig zu organisieren – und könnte damit ein Ansatz für eine echte neue linke Formation darstellen. Wir haben diskutiert, Angebote formuliert, zu Treffen eingeladen und das Gespräch mit anderen linken Organisationen gesucht. Leider erfolglos.
Als das Bündnis KPÖ Plus bekannt wurde, haben wir gehofft, dass sich hier eine Tür in Richtung eines solchen Bündnisses öffnet. Doch leider wurde von Seiten der KPÖ sowie der Jungen Grünen rasch klar gemacht, dass es sich um ein exklusives Bündnis von KPÖ und Teilen der Jungen Grünen handelt. Das „Plus“ steht nicht für „Andere“, sondern für eine Plattform der Jungen Grünen. Es handelt sich also nicht um ein breites Bündnis sondern um eines aus zwei Organisationen. Schon das geheime Zustandekommen (auch an den eigenen Mitgliedschaften vorbei) sowie die Ablehnung einer demokratischen Öffnung für die vielen AktivistInnen und Organisationen die es noch gibt, zeigen die Problematik von KPÖ Plus. Wer bei diesem Bündnis mitmachen will, hat kaum demokratischen Möglichkeiten zur echten Mitbestimmung des Programms oder der Gestaltung des Wahlkampfs. Wir verstehen zwar das Argument, dass „Nägel mit Köpfen“ gemacht werden müssen – aber gerade wenn das Ziel ist, längerfristige Organisierung über die Wahl hinaus zu schaffen, dann ist die aktive und demokratische Einbindung von AktivistInnen unerlässlich. Wieder hat die KPÖ eine Chance vertan. Eine starke Linke wird nicht mit einem solchen Anspruch entstehen.
Über die etwaige Kandidatur einer Liste Pilz ist noch viel im Unklaren. Die bisherigen Signale von Pilz weisen aber nicht in Richtung einer linken Kandidatur – Aufdeckertum ist zuwenig!
Für die SLP ist ein Eigenantritt nicht die erste Wahl. Wir haben und werden jede Initiative, die einen ernsthaften Schritt in Richtung neuer linker Formation bzw. neuer ArbeiterInnenpartei darstellt unterstützen. KPÖ Plus ist das leider nicht. Es erinnert in Methode und Selbstverständnis an frühere, ähnliche KP-„Bündnisse“.
Im Wahlkampf gemeinsam die brennenden Kämpfe führen
Für uns ist daher die Frage: Was hilft dem Aufbau einer neuen ArbeiterInnenpartei mit sozialistischem Programm am meisten? Die aktive Unterstützung von aufkeimenden und ausbrechenden Protesten und Klassenkämpfen ist hier der Dreh- und Angelpunkt. Vor und nach den Wahlen werden die Proteste im Gesundheits- und Bildungsbereich, gegen Abschiebungen und den Abbau demokratischer Rechte, gegen Flexibilisierung und 12-Stunden-Tag der zentrale Ansatzpunkt für Linke sein. Mit unserer Kandidatur wollen wir zentraler Teil dieser Proteste sein und mithelfen, sie zu stärken und erfolgreich zu machen. Es wird viele Themen geben, die von links aufgegriffen werden müssen. Es wird Proteste geben, die – selbst wenn sie keine Stimmen bringen – geführt werden müssen. Ob man auf derselben Liste kandidiert, ist dann zweitrangig. Wir hoffen auf viele gemeinsame Aktionen mit AktivistInnen von KPÖ+ bzw. der Jungen Grünen z.B. gegen das Murkraftwerk in Graz oder gegen den 12-Stunden-Tag. Insbesondere wird ein gemeinsames starkes gemeinsames linkes Auftreten gegen die FPÖ notwendig sein. Das gilt für die Auftakt- wie Abschlussveranstaltungen der FPÖ (in Wels bzw. Wien) im Wahlkampf, wie auch für ihre diversen anderen Aktionen.
Auf die Kämpfe nach der Wahl vorbereiten
Vor der Wahl ist nach der Wahl – da Mandate für eine linke Kandidatur bei dieser Wahl kaum das zentrale Ziel sein werden geht es v.a. darum, jene sozialistischen Kräfte im Wahlkampf zu stärken, denen es mit dem Aufbau einer neuen ArbeiterInnenpartei ernst ist. Indem die SLP in Wien und erstmals auch in Oberösterreich antreten will, versuchen wir beides.
Die SLP strebt die Kandidatur u.a. deshalb in Oberösterreich an, weil hier die direkten Auswirkungen der FPÖ-Politik zu spüren sind. Wir waren, sind und werden aktiver Teil der Proteste gegen diese Politik sein. Unser Ziel ist es, AktivistInnen aus verschiedenen Bewegungen eine politische Heimat anzubieten. Wir wollen zeigen, dass es nicht reicht, den Kapitalismus zu verbessern, sondern dass es nötig ist, ihn zu stürzen. Widerstand gegen die Parteien der Reichen ist das zentrale Ziel der Kandidatur der SLP. Während andere sich an Meinungsumfragen oder Sachzwängen orientieren, sagen wir klar, was notwendig ist. Und wir sagen auch: Veränderung kommt nicht von alleine, und auch nicht nur durch ein Kreuz am Stimmzettel. Wer will, dass sich was ändert, muss das selbst in die Hand nehmen.
Nach der Wahl soll es eine Widerstandskonferenz geben, auch wenn der Termin und die Details noch nicht fest stehen. Es wird darum gehen, den Widerstand gegen die neue Regierung von Anfang an auf eine organisierte Basis zu stellen und so hoffentlich die Angriffe der Reichen und ihrer Parteien besser zurückschlagen zu können. Denn dafür braucht es nicht nur stabilere Strukturen, sondern auch ein linkes Programm mit Forderungen und Vorschlägen, wie der Kampf gewonnen werden kann. Über dieses Programm und die Methoden des Widerstands könnten wir gemeinsam und demokratisch auf einer solchen Konferenz entscheiden. Die Aufgabe während des Wahlkampfs für alle Linken, egal ob sie nun antreten oder nicht, sollte es sein, diese Konferenz vorzubereiten und dafür zu mobilsieren. Für die SLP ist dabei besonders wichtig, auch viele GewerkschafterInnen und Menschen, di in ihren Betrieben aktiv sind, dort zu haben. Denn hier ist einerseits mit heftigen Angriffen zu rechnen und andererseits das stärkste Potential für Widerstand.
Werde aktiv mit der SLP!
Die SLP tritt an um den Widerstand gegen die kommenden Angriffe nach den Wahlen zu stärken. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass beim Wahlkampfauftakt der FPÖ deutlich wird, dass sie eine Partei der Reichen, des Rassismus und des Sexismus ist! Organisieren wir gemeinsam den Widerstand gegen die Kürzungspläne im Gesundheitswesen und bei den Pensionen. Protestieren wir gegen größere Schulklassen und fehlende Jobs. Fordern wir das Geld der Reichen, damit niemand in Armut leben muss.
Um unsere Zukunft zu verändern müssen wir dieses System durch ein demokratisches System ersetzen, in dem Menschen und nicht Profite im Zentrum stehen. Wenn du also willst, dass sich etwas ändert, dann werde mit uns aktiv! Unterstütz unsere Kandidatur mit einer Unterstützungserklärung, deiner Aktivität, einer Spende! Werde Mitglied in der SLP! Kämpf mit uns und unseren Schwesterorganisationen in über 40 Ländern gegen den Wahnsinn des Kapitalismus - und für eine bessere, eine sozialistische Welt. Das, und nicht weniger, ist notwendig.
Die Unterstützungserklärung zum selber ausdrucken findet ihr am Ende als Anhang. In den nächsten Tagen kommen noch genauere Informationen dazu wann, wie und wann eine Unterstützungserklärung für uns abgegeben werden kann.
Bisherige Stellungnahmen der SLP zu den Neuwahlen:
- Startschuss zum Wahlkampf: Was macht die Linke 16.5.2017
https://www.slp.at/artikel/startschuss-zum-wahlkampf-was-macht-die-linke...
- Die SLP und die Nationalratswahlen 20.6.2017
https://www.slp.at/artikel/die-slp-und-die-nationalratswahlen-8334
- KPÖ und Junge Grüne: Jetzt Chance für breite Linke nutzen
https://www.slp.at/artikel/kp%C3%B6-und-junge-gr%C3%BCne-jetzt-chance-f%...