Marx hatte recht: Kein Kapitalismus ohne Krisen

Laura Rafetseder

Die Ursache der aktuellen Finanzkrise ist nicht nur die Gier der Wall-Street-Banker und der Spekulanten. Seit Mitte der 70er Jahre befindet sich der Kapitalismus in einer strukturellen Krise. Der lange Aufschwung davor war eine Ausnahmesituation einer scheinbar friedlichen Entwicklung des Kapitalismus mit wachsendem Wohlstand. Dieser „Nachkriegsaufschwung“ war aber nur möglich aufgrund des vorangegangenen Zweiten Weltkriegs, seiner Zerstörungen und der damaligen Fähigkeit der USA die Lokomotivfunktion für die Weltwirtschaft zu übernehmen. Die Entwicklung in den 1980er, 1990er Jahren und danach blieb deutlich hinter dieser langen Ausnahmeperiode zurück. Statt Investitionen in die Produktion verlegten sich die KapitalistInnen auf die Jagd nach immer höheren Profiten an der Börse. Dort werden aber keine neuen Werte geschaffen - sondern nur zwischen den Kapitalisten hin und her geschoben. Und: der Zusammenbruch des Stalinismus und der Rechtsruck der Sozialdemokratie stärkten die ideologische Basis des Neoliberalismus, der bis zuletzt andauerte.

Aufschwung auf Pump

Die schwachen Aufschwünge seit den 70er Jahren und die Periode des Neoliberalismus bedeuteten, dass die ArbeitnehmerInnen selbst von Wachstumsphasen kaum mehr profitierten. Durch Lohndruck, Sozialabbau und Privatisierung wurden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer. Gleichzeitig wurden durch die zunehmende Spekulation höchst riskante Blasen aufgebläht; Blasen die nun platzen.

Der jüngste Aufschwung, der dem Platzen der IT-Blase 2001 folgte, basierte zum größten Teil auf Pump; also der Ausdehnung von öffentlicher und/oder privater Verschuldung. Um die Krise von 2001 zu überwinden hatte die US-Notenbank die Leitzinsen gesenkt, um Kredite zu verbilligen und dadurch die Wirtschaft anzukurbeln. Das hat eine ungeheure Kreditblase geschaffen - Banken und SpekulantInnen arbeiteten mit Geld das sie sich nur per Kredit borgten. Vor allem der Immobilienmarkt wurde zum Spekulationsobjekt für alle möglichen Anlageformen; die Preise stiegen hier ins Unermessliche. Auch die ArbeitnehmerInnen in den USA sind schwer verschuldet. Wegen der stagnierenden bzw. sinkenden Reallöhne - und steigenden Immobilienpreise - mussten/konnten die Menschen hier immer höhere Hypotheken aufnehmen, um ihre laufenden Ausgaben bzw. ihren Wohnraum zu finanzieren. Nun ist der Markt zusammengebrochen, die Preise (und die damit verbundenen Anlagen) im Keller, die Schulden da und die Kaufkraft weg. Doch es war der US-Konsum, der bisher die Weltwirtschaft, und die Exporte aus China und anderen Ländern antrieb und finanzierte. Wie ein gedehntes Gummiband schnalzt die Entwicklung zurück. Gewaltige Summen haben sich über Nacht als faule Kredite erwiesen. Banken drohte die Zahlungsunfähigkeit. Von den USA ausgehend, taumelt inzwischen eine Region nach der anderen in die Krise.

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