Der Konzern ÖGB: Was bringen Gewerkschaften als Kapitalisten?

Florentin Döller

Im Zuge der Zusammenlegung der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), der Gewerkschaft Metall-Textil (GMT) und drei kleineren Gewerkschaften zur `Neuen Gewerkschaft – G5` begann auch eine Diskussion über das Immobilienvermögen der GPA (10.000 Wohneinheiten, 50% der Shopping Mall im Wr. Gasmeter, 400 Millionen Euro). Insgesamt verfügt der ÖGB über eine Fülle von Beteiligungen an den verschiedensten Unternehmen, deren Wert sich laut News in Summe auf rund sechs Milliarden Euro beläuft.

Wirtschaftsmacht ÖGB

Die meisten ÖGB-Beteiligungen werden über die Gewerkschaftsbank BAWAG gehalten. Diese gehört seit kurzem wieder zur Gänze dem ÖGB. Über den Kaufpreis der Anteile der Bayerischen Landesbank wurde laut ÖGB-Finanzchef Weninger “Stillschweigen vereinbart”. Die BAWAG wiederum besitzt die PSK-Gruppe, die Sparda-Bank und die Verkehrskreditbank. Sie ist damit die viertgrößte Bankengruppe Österreichs. Weiters gehören dem ÖGB 41,5 % des Privatsenders ATV+, 20 % der Österreichischen Nationalbank sowie der Großteil der Österreichischen Lotterien. Weitere Beteiligungen gibt es noch bei den Casinos Austria, Cosmos/Köck, Atomic, Voest Alpine und Bösendorfer.

Der ÖGB als Kapitalist

Auf welcher Seite steht der ÖGB als “Kapitalist”? Als eine mögliche Antwort auf diese Frage kann die Ausgliederung des Zahlungsverkehrs bei der BAWAG/PSK gesehen werden. Diese wurde durch den Vorstand – wird vom ÖGB eingesetzt – trotz massiver Proteste des Betriebsrates durchgezogen. Die wirtschaftliche Tätigkeit des ÖGBs ist allerdings auch unmittelbar mit seinen SpitzenfunktionärInnen verbunden. So ist ÖGB-Finanzchef Weninger auch gleichzeitig Aufsichtsratspräsident der BAWAG/PSK. Hans Sallmutter, Vorsitzender der GPA, besitzt ein Prozent der GPA-Wohnbaugenossenschaft - ein Wert der sich auf rund vier Millionen Euro (!) beläuft.          

Was braucht eine Gewerkschaft?

Es ist außer Zweifel zu stellen, dass es für eine Gewerkschaft sehr wichtig ist unabhängig vom Kapital zu sein und daher über eine gewisse Infrastrukur (Gewerkschaftsheime, Medien, Druckereien, Verlage, ...) verfügen zu können. Aber wozu ist der ÖGB auch Aktionär der Österreichischen Lotterien und der Casinos Austria? Das Beispiel der Pleite des Gewerkschaftsbetriebs Konsum vor einigen Jahren, zeigte darüber hinaus wie heikel die Frage des Verhältnisses Wirtschaft und Gewerkschaft tatsächlich ist. Wirtschaftliche Aktivitäten die nicht unmittelbar in ein offensives Gesamtkonzept der ArbeiterInnenbewegung einbezogen sind – wie es die Konsumgenossenschaften als Schulen der Selbstverwaltung vor 100 Jahren im Gegensatz zum späteren Konsum waren - sind ein Mühlstein für kämpferische Gewerkschaftspolitik. Nicht wirtschaftlicher Erfolg im kapitalistischen System, sondern “was ist der politische Nutzen für die ArbeiterInnenbewegung (?)” kann die einzig gültige Richtschnur für wirtschaftliche Aktivitäten des ÖGB sein.

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