Blauer Postenschacher

Ene mene muh, und raus bist Du!
Michael Gehmacher

Österreich Ende Jänner: Es tagt ein Ausschuss der „ Versicherungsanstalt der Eisenbahnen“, die unter starkem Gewerkschaftseinfluss stehen. Auch der Gewerkschaftliche Linksblock (gestärkt durch die letzte ÖBB-Gewerkschaftswahl) sollte hier vertreten sein. Als der Vertreter des GLB das Sitzungsgebäude betritt,  wird seine Funktion und damit das GLB-Mandat einfach für beendet erklärt. Statt dessen wurde die Zahl der regierungstreuen „ Vertreter“ erhöht – „ Speed Kills“ eben.

Diese Vorgangsweise – kritische Stimmen raus, blauschwarze „Ja-Sager“ rein – wird auch auf unteren Ebenen bei den gesetzlichen Sozialversicherungen (SV) durchgezogen. So kämpft der GLB jetzt um seine Funktionen in den SV-Anstalten. Wie dieser Kampf ausgeht, war bis Redaktionsschluss noch unklar. Auf jeden Fall geht es hier nicht nur um gute „Posten“, sondern auch um die Möglichkeit, Sozialpolitik mitzugestalten. So ging es bei dem beschriebenen Ausschuss z.B. um Sozialleistungen für Unfallopfer oder Versicherte, die um zusätzliche Unterstützung ansuchten.

Blauschwarze Sozialholding

Der „Hauptverband der Sozialversicherungsanstalten“ ist das Koordinierungsgremium der einzelnen gesetzlichen Sozialversicherungen. Die FPÖ will das jetzt in eine Holding umwandeln. Auch bei der Frage, ob der derzeitige FSG´ler Sallmutter Präsident des Hauptverbandes bleibt oder nicht, geht es nicht um Posten. Es geht Blauschwarz darum, dass die Entscheidungen in der SV von regierungstreuen Generaldirektoren der neuen SV-Holding gefällt werden. Diese sollen von einem blauen Minister aus der Privatwirtschaft geholt werden. Geht der FP-Plan auf, wäre die Präsidentenfunktion nur mehr ein Repräsentationsposten.

Expertenregierung?

Der FPÖ geht es um die Zerschlagung und den Verkauf an die private Versicherungswirtschaft (daher auch eine Holding) und keineswegs um eine „Reform“ zugunsten der Versicherten. Und das wird vom FP-„Arbeitnehmervertreter“ und „Gegenkandidat“ Reinhard Gaugg offen zugegeben. Doch vorher müssen noch FP- Karrieristen mit Posten bedient werden. Der Mittelbau der blauen Funktionäre will für die Treue zu Haider belohnt werden. Daher kommt es jetzt in allen Bereichen zu einem “Austausch der Eliten”; von Rotschwarz zu Blauschwarz.
So war es möglich, dass der unfähige „N.A.Z.I.-Buchstabierer“ Reinhard Gaugg sich Hoffnung auf einen Posten machen konnte. Bei der momentanen Auseinandersetzung wird v.a. mit Gesetzen argumentiert. Konkret mit einem blauschwarzen Gesetz, die Kammer–Wahlen als Grundlage für die Postenbestellung heranzunehmen. Die wichtigen Entscheidungen fallen aber auf der politischen Ebene. Sallmutter spielt in dieser blauschwarzen Inszenierung die Rolle des Reibebaumes. So wird er linker dargestellt, als er ist. Die Regierung bläst zum Angriff auf ArbeitnehmerInneninstitutionen.

Demokratie statt blaue Bonzen!

Die meisten ArbeiterInnen sehen die Sozialverischerungen längst nicht mehr als „ihre Versicherungen“. Nach dem Krieg ist noch „richtig“ gewählt worden. Doch die Wahl wurde durch ein kompliziertes Ernennungsverfahren ersetzt. Die Sozialversicherungen sind zu Postenbeschaffern für SPÖ und ÖVP und zu Geldbeschaffern für die alte und neue Regierung geworden. Normale Versicherte müssen sich oft schikanös behandeln lassen, wenn sie eine Leistung wollen. Die Lösung ist weder die blauschwarze Regierungsanbindung noch ein schlichtes Beibehalten der jetzigen Pseudo-Selbstverwaltung. Stattdessen braucht es eine echte Selbstverwaltung, bei der die Versicherten und die Beschäftigten in demokratischen Wahlen ihre VertreterInnen wählen. VertreterInnen, die auch jederzeit wieder abgewählt werden können und nicht mehr verdienen, als die Versicherten, deren Interessen sie vertreten.
Anstatt gegen Sozialabbau zu kämpfen, wurden bisher asoziale Maßnahmen, wie die Krankenscheingebühr, mitgetragen. Daher ist heute kaum jemand bereit, dieses System zu verteidigen. Aber das wäre jetzt notwendig. Nur Druck von der Gewerkschaftsbasis hätte Sallmutter retten können; ohne echte Mobilisierung der Betroffen wäre Sallmutter immer ein Präsident von Regierungsgnaden geblieben, weil er sich ja nicht nur mit dem Sozialminister und den blauen „Gewerkschaftern“, sondern auch mit den Arbeitgebervertretern einigen hätte müssen. Die FSG- Spitze glaubt noch immer, dass sie ihre Posten durch den einen oder anderen Kuhhandel absichern können. Dazu sind sie auch bereit, kritische GLB´ler, UG´ler oder auch FSG´ler als Bauernopfer über die Klinge springen zu lassen. Damit füttern sie aber nur die Krokodile, die das nächste mal sie fressen werden.

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