Betriebsrät*innen sollten unbequem sein

Tilman Ruster

Um die Interessen und Rechte der Beschäftigten zu vertreten, ist es natürlich angenehm, wenn man rasch und einfacher zu einem guten Deal mit den Chef*innen kommt. Allerdings laufen Vereinbarungen viel zu oft auf einer rein „zwischenmenschlichen“ Ebene und auf faule Kompromisse heraus. Viele Betriebsrät*innen fühlen sich durch die ständigen Aus- und Absprachen mit der Geschäftsführung dieser dann näher als den Kolleg*innen. Das Phänomen „Betriebsratskaiser“ fängt hier an...
Zum Glück haben Betriebsrät*innen mehr Möglichkeiten als nur gute Verhandlungs-Skills und Charme. Über Mobilisierung im Betrieb von Unterschriftenliste über Betriebsversammlung bis hin zu öffentlichen Aktionen und Streiks lässt sich der nötige Druck aufbauen. Alles, was wir an Rechten erkämpft haben, geht auf diese Art Druck zurück. Aber gerade auch linke, kämpferische Betriebsrät*innen berichten, wie schwierig es sein kann, die Kolleg*innen zu aktivieren. Eine Mischung aus Sorge um den Job, vordergründigem Desinteresse und dem Gefühl, „eh nix ausrichten zu können“ lähmt. Das hängt ganz sicher mit der Politik der Gewerkschaften der letzten Jahrzehnte zusammen, die Leute nur zu Dampfablass-Aktionen zu rufen, Arbeitskämpfe extrem undemokratisch zu führen und am Ende keinen Erfolg vorweisen zu können. Sowas stumpft ab. Es gibt sicher kein Patentrezept, wie damit umzugehen wäre, aber Betriebsrät*innen, die bei der SLP organisiert sind, arbeiten auf Basis folgender Prinzipien:
Keine Einzelkämpfer*innen: Ein Betriebsrat darf nicht einfach ein Abnick-Gremium sein, sondern sollte der Kern einer Betriebsgruppe sein, die sich ganzjährig trifft, in der diskutiert wird und die gemeinsam handelt.
Demokratisch: Es ist zwar wichtig, aber es reicht nicht, einfach ein Ohr für die Kolleg*innen zu haben. Auch Betriebsversammlungen dürfen keine Top-Down Veranstaltungen werden, sondern es muss Raum für Debatte und Abstimmungen sein – auch über Verhandlungsergebnisse.
Transparenz: Keine Geheimverhandlungen mit der Geschäftsführung, aber auch nicht mit den Gewerkschaftssekretär*innen!
So kann es gelingen, ein Klima unter den Kolleg*innen zu schaffen, das es auch möglich macht, sie aktiv in Kämpfe einzubinden, wenn diese nötig sind. Davon brauchen wir viel mehr!

Erscheint in Zeitungsausgabe: