183.000 ohne Versicherung - Regierung spart weiter!

Nach einer Studie des Gesundheitsministeriums sind mehr als 183.000 Menschen (2,4%) in Österreich nicht krankenversichert, Tendenz steigend.
Laura Rafetseder

Lapidarer Kommentar der ÖVP: 98 Prozent der österreichischen Bevölkerung kämen in den Genuss eines Krankenversicherungsschutzes. Damit sei deutlich dokumentiert, dass das österreichische Gesundheitssystem hervorragend sei und Vorbildcharakter für andere Staaten habe, so ÖVP-"Sozialsprecher" Tancsits. Die Zahlen könnte man aber auch anders interpretieren: Noch haben wir ein intaktes Gesundheitssystem. Dennoch fallen bereits jetzt 183.000 Menschen durch das soziale Netz. Es handelt sich hier um Vorboten einer Entwicklung die nicht nur in Richtung eines gewinnorientierten privaten Gesundheitssystems geht. Vor allem Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen – die sich oft selbst versichern müssten - können sich eine Versicherung zunehmend nicht mehr leisten.  

Millionenschulden der Unternehmer

Mehr als 160 Millionen Euro betragen allein die Beitragsrückstände der Wiener Bauwirtschaft bei der Gebietskrankenkasse. Ein Großteil davon ist auf den Sozialbetrug durch sogenannte Scheinfirmen zurückzuführen. Ausbaden müssen die daraus entstandenen Defizite – wenn es nach der Regierung geht - allerdings die Patienten.  Leistungsreduktionen sollen die den Abbau von Akutbetten, Privatisierungen, Personalabbau und Krankenhausschließungen im Rahmen der geplanten Gesundheitsagenturen beinhalten. Der Rechnungshof erwartet sich durch den Abbau oder die Umwandlung von Akutbetten in Pflegebetten ein Einsparungs-
potential von 2,9 Mrd. Euro.  

Spital offenhalten ein “Qualitätssicherungsproblem”?

Bei effizienterem Wirtschaften der Krankenhäuser, so Krankenkassenchef Kandlhofer (ÖVP), wären etwa in den Bereichen Personal und Einkauf rund 133 Millionen jährlich "lukrierbar". Man müsse sich überlegen,  ob es "in jedem Kaff eine Universitäts-Klinik braucht". Beate Hartinger (FPÖ), für die Krankenanstaltenverträge zuständige Geschäftsführerin im Hauptverband, ortet bei niedrigen Behandlungsfrequenzen in kleineren Spitälern ein "Qualitätssicherungsproblem":
“Wenn eine gynäkologische Station in einem Spital nur noch eine Geburt pro Tag durchführt, dann muss man sich schon die Frage stellen, ob es im Sinne der Qualitätssicherung für die Patienten nicht besser ist, eine solche Station in dringender benötigte Fächer umzuwidmen".
Mit derartiger Propaganda wird die Schließung von wichtigen Spitalsabteilungen vorbereitet - wie zum Beispiel derzeit im Wiener Hanuschkrankenhaus. In der Steiermark sollen die Notoperationen in kleineren Spitälern gestrichen und in sogenannte Leitspitäler verlagert werden. Dabei kann es zu einer Anfahrtszeit bis zu einer Stunde kommen – das kann im Notfall auch den Tod des Patienten bedeuten.

Beitragserhöhungen für ArbeitnehmerInnen

2004 kommt es voraussichtlich zu einer Steigerung der Beitragseinnahmen der Krankenversicherung im Ausmaß von 120 Millionen Euro - auf Kosten der ArbeitnehmerInnen. Insgesamt 6.1 Prozent mehr Beiträge muss die Masse der Bevölkerung bezahlen: Durch die "Harmonisierung" der Beitragsätze von ArbeiterInnen und Angestellten, die Schaffung eines Zusatzbeitrages für die Freizeitunfallversicherung, die Erhöhung des Beitragssatzes für Pensionisten und die zusätzliche Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage. Mit der Einführung der E-Card, die den Krankenschein ersetzen soll, soll die Krankenscheingebühr fallen. Stattdessen  wird es eine jährliche Gebühr für die Chipkarte geben. Auch weniger Arztbesuche will die Kassa bezahlen: Mehr Arztkontakte würden nicht automatisch bessere Gesundheit bedeuten – so Kandelhofer zynisch. Stehen wir also vor einer Entwicklung wie in den USA wo sich Menschen Arztbesuche und Operationen einfach nicht mehr leisten können?
Wir meinem:  Wenn sich die Gesellschaft Gesundheit  nicht “mehr leisten kann", dann muss am System etwas faul sein: In einer wirklich menschlichen Gesellschaft, einer sozialistischen Gesellschaft, ist der Maßstab für Effizienz die Gesundheit der Bevölkerung und nicht, ob das Gesundheitssystem kostendeckend arbeitet. Ein gemeinsamer Kampf von Beschäftigten, PatientInnen und AnrainerInnen ist notwendig um Krankenhausschließungen und die Angriffe auf das Gesundheitssystem zurückzuschlagen!

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