Die SPÖ in der Opposition

Die SPÖ blinkt nun sowohl links als auch rechts – ist ein Kurswechsel zu erwarten?
Thomas Hauer und Sebastian Kugler

„Opposition ist Mist“ – das galt in der SPÖ lange Zeit als Leitspruch. Dass der Mist Wirklichkeit geworden ist, hat die SPÖ vor allem sich selbst zu verdanken. An der Regierung hat sie in den letzten Jahren auf allen Ebenen Sozialabbau betrieben: vom bundesweiten Sparpaket bis zu regionalen „Spitalsreformen“, denen ganze Stationen und Spitäler zum Opfer fielen. Gleichzeitig hat sie die rassistische Logik von FPÖ & Co an der Regierung weitgehend übernommen und spielte immer wieder „ÖsterreicherInnen“ gegen „MigrantInnen“ aus: Kern weigerte sich, eine Handvoll minderjähriger Flüchtlinge im Rahmen eines Relocation-Programms aufzunehmen und schrieb im FPÖ-Stil einen Brief nach Brüssel – Doskozil ließ am Brenner Panzer gegen Flüchtlinge auffahren. Dadurch half die SPÖ, die Stimmung zu schaffen, die Schwarz-Blau an die Macht brachte: Berechtigte Wut über soziale Missstände, gegen jene gerichtet, die am wenigsten dafür können.

In Wien plakatiert die SPÖ nun gegen den 12-Stundentag, Mietwucher und Überwachungsstaat. All das wäre glaubwürdiger, wenn sie selbst nicht diese Politik umsetzen würde (siehe unten). Dennoch: Kann die Oppositionsrolle nicht zu einem Sinneswandel führen? Zumindest beim letzten mal war es nicht so. 2000-2007 war die SPÖ bereits in Opposition. 2005 stimmte sie dem neuen rassistischen Asylgesetz zu und trug auch die anderen rassistischen Maßnahmen mit. 2003 hing die Regierung durch Massenstreiks bereits in den Seilen – Doch die an die SPÖ gebundene ÖGB-Führung rettete Schwarz-Blau, indem sie die Streiks abbrach. Echte Oppositionspolitik geht anders: Wenn die SPÖ es ernst meint, dann sollen SPÖ-geführte Länder und Kommunen wie Wien sich weigern, die Kürzungspläne der Regierung und die Angriffe auf Grundrechte umzusetzen – ohne Ausreden auf „Sachzwänge“. Darauf zu hoffen ist aber zu wenig: Wir können es uns nicht mehr leisten, immer wieder von der SPÖ-Führung enttäuscht zu werden. Wir brauchen endlich eine neue ArbeiterInnenpartei, die kompromisslos für die Interessen von ArbeiterInnen, Frauen und MigrantInnen kämpft.

 

Die Sozialdemokratische Handschrift:

12-Stundentag

Bereits jetzt müssen Menschen in vielen Bereichen 12 Stunden zu arbeiten, was die SPÖ bis heute nicht stört. Der allgemeine 12-Stundentag war darüberhinaus sogar auch in Christian Kerns Plan A vorgesehen. war auch in Kerns Plan A vorgesehen. Die letzte allgemeine Arbeitszeitverkürzung gab es übrigens 1975 – seither war die SPÖ 35 Jahre an der Regierung.

Flüchtlingspolitik

Die Menschlichkeit, die viele PolitikerInnen im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 an sich entdeckt haben, hielt nicht lange. Bald danach war davon nicht mehr viel spürbar. Mit der SPÖ in der Regierung wurden bis Ende Oktober 2017 knapp 10.000 Menschen (13,4% mehr als im Vorjahr) abgeschoben, obwohl die Anträge zum Vergleichszeitraum 2016 mit 21.130 um 43,3% weniger waren.

Wien ist anders?

Die Wiener SPÖ stellt sich als Bollwerk gegen Schwarz-Blau dar. Dabei betreibt sie selbst rassistische Law and Order Politik betrieben: Bürgermeister Häupl billigte die Räumung des Protestcamps selbstorganisierter Flüchtlinge. Die Wiener „Hausordnung“ setzte viele FPÖ-Forderungen um. Im sozialdemokratischen Wien stiegen die Mieten in den letzten Jahren ungebremst, dafür kürzte die Regierung 7% der Spitalsbetten.

Eine Frage des Personals?

Max Lercher stieg als linke Hoffnung der SPÖ-Jugend auf. Doch die Ernüchterung setzte bald ein: Bereits 2011 stimmte er im steirischen Landtag für brutale Sozialkürzungen. Als Bundesgeschäftsführer rückt er noch weiter nach rechts. Im Jänner verkündete er stolz, Jörg Haider würde heute SPÖ wählen. Die Liste der SPÖ-Hoffnungsträger, die sich als Enttäuschungen entpuppten, wird somit um noch einen Namen länger…