Wo ist das Rot im Rosa-Pink?

Sonja Grusch

Wien hat eine neue Regierung. Wer darüber schockiert ist, hat nicht verstanden, dass die SPÖ längst keine linke Partei mehr ist! Wer sich von der Koalition eine fortschrittliche Politik erwartet hat, eine andere wesentliche Sache falsch verstanden: Die Neos mögen sich zu Umwelt, Frauen und LGBTQ+ Themen positiv äußern, aber ihre konkrete Politik geht zu Lasten genau dieser. Z.B. die Ausschreibung der Salzburger Frauenhäuser durch die Neos Landesrätin Klambauer, was bedeutet, hier Kriterien von “Wirtschaftlichkeit” und “Konkurrenz” anzulegen, wo es Sicherheit und Schutz braucht. 

Unterm Strich bleibt also eine Koalition, die so tut, als ob sie sozial und fortschrittlich wäre und die doch zutiefst (neo)liberal ist. Ludwig hat die Neos v.a. deshalb ins Boot geholt, weil sie seinem Kurs mehr entsprechen als die Grünen, obwohl diese auch kein Rammbock gegen unsoziale Politik waren. Und dieser wird in der Praxis mehr Privatisierungen/Ausgliederungen, gerade auch im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich bedeuten.

Dass gerade die Bildungsagenden zu den Neos wandern zeigt, wie stark sich die Sozialdemokratie selbst von ihren reformistischen Wurzeln schon entfernt hat. Bildung als Möglichkeit, der Armut zu entkommen, war seit ihren Anfängen ein zentrales Thema der Sozialdemokratie. Die Neos hingegen fordern “volle personelle, finanzielle und pädagogische Autonomie” für die Schulen. Die Folge davon sind gleichgeschaltete Lehrer*innen und gut ausgestattete extra Schulen für die Elite und andere für die Masse. Nein, das wird nicht über Nacht kommen und es wird unter dem Deckmäntelchen von “mehr Freiheit” verkauft werden. Mit Montessori und Waldorf, aber frei vom Geld, sich die immer teurere Bildung zuzukaufen und frei vom Zugang zu allen Bildungsmöglichkeiten für alle. Dagegen braucht es echtes Rot, nicht SPÖ/Neos rosa-pink. 

 

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